TEILCHENPHYSIK FÜR FORTGESCHRITTENE Vorlesung am 18. April 2006 Robert Klanner Universität Hamburg, IExpPh Sommersemester 2006 ÜBERBLICK 1. Die quantenmechanische Beschreibung von Elektronen 2. Feynman-Regeln und –Diagramme 2.1 Axiomatische Einführung der Regeln der QED 2.2 Ableitung der Regeln (1) 2.3 Das Matrix-Element der e–-Streuung 2.4 Ableitung der Regeln (2) 2.5 Fermi’s Goldene Regel und Wirkungsquerschnitte 2.6 Kinematik der 22-Streuung (Mandelstam-Variablen) 2.7 Wirkungsquerschnitt der 22-Streuung a+bc+d 2.8 Berechnung des Matrix-Elements 2.9 Crossing und wichtige QED-Prozesse 2.10 PETRA und das JADE-Experiment 2.11 Helizität und Chiralität 2.12 d-Funktionen TSS SS06: Teilchenphysik II 2 2.1 DIE FEYNMAN-REGELN DER QED Feynman entwickelte eine bildhafte Sprache zur Beschreibung von Teilchenreaktionen (hier nur QED, also Photonen, Leptonen): – Vertizes: Umwandlung von Teilchen, Teilchenzahländerung: ? ? ? – äußere Linien: (Anti)Fermionen, Photonen – innere Linien (Propagatoren): z.B. in – innere Photonen mit Impuls q: (“Propagator”) – innere Spin-1/2-Teilchen, Impuls p, Masse m i g q2 pm i 2 p m2 – Vertex mit Ladung Qe: iQe (+-Funktion zur Energieerhaltung) d4p 2 4 – Schleifen: Integration über mögliche Impulse: q-p Zuordnung: p p ( E, p), s 1 2 u ( p, s ) – einlaufende Fermionen: u ( p, s ) – auslaufende Fermionen: – einlaufende Antifermionen: v ( p, s ) – auslaufende Antifermionen: v ( p, s ) – Photon-Absorption/Emission: (Polarisationsvektor , 0 , 0, , Coulomb-Eichung 0=0) TSS q p q Ableitung des Matrixelements / des Wirkungsquerschnitts des Prozesses durch (geschicktes) Multiplizieren der Beiträge. SS06: Teilchenphysik II 3 2.1 DIE FEYNMAN-REGELN DER QED e– Zeit u ( p3 ) u ( p4 ) ie 4 ( p3 p1 q) – ie 4 ( p4 p2 q) i e– u( p1 ) g q2 u( p2 ) – g e2 (e) 2 (e) g ( ) ie u ( p3 ) u( p1 ) 2 u ( p4 ) u( p2 ) ie j j i 2 j j( ) 2 q q q 2 Aus diesem Grunde spricht man von der Strom-Strom-Wechselwirkung (es fehlt noch eine -Funktion für die globale Energie-Impuls-Erhaltung)! Die Feynman-Diagramme stellen Glieder einer Stöungsreihe in der Kopplung e dar: Dabei treten reelle (Abstrahlung von Teilchen im Anfangs- oder Endzustand) und virtuelle (Schleifen-)Korrekturen auf. TSS SS06: Teilchenphysik II 4 2.2 “ABLEITUNG” DER REGELN Wir betrachten ein Elektron im A , A elektromagnetischen Feld A: Die Dirac-Gleichung erhält einen Potentialterm: i m ( x) e A ( x) Diese Gleichung löst man mithilfe einer GreensFunktion K(x-x’) mit dem Ansatz (E-Dynamik!): i mK ( x x) 4 ( x x) ( x) e d 4 xK ( x x) A ( x) ( x) Jetzt Störungsrechnung – zweiter Term rechts wird als kleine Störung behandelt! ( 0 ) ( x) ( x) 1.Näherung: Problem: Dies ist eine Integralgleichung für Lösung muss iterativ erfolgen durch Entwicklung nach Potenzen von e. TSS ( x) ( x) e d 4 xK ( x x) A ( x) ( x) 0. Näherung: Falls man K(x-x’) gefunden hat, dann gilt: Aufgaben: – Finden von K(x-x’) – Iterative Lösung obiger Gleichung – Interpretation von K(x-x’) Generell: Zu einer Lösung einer inhomogenen Gleichung kann man immer eine Lösung der homogenen Gleichung hinzuaddieren! (1) ( x) ( x) e d 4 xK ( x x) A ( x) ( 0 ) ( x) ( x) ( x) ( x) e d 4 xK ( x x) A 2.Näherung: ( 2) ( x) ( x) e d 4 xK ( x x) A ( x) (1) ( x) ( x) e d 4 xK ( x x) A ( x) ( x) e 2 d 4 xK ( x x) A ( x) d 4 xK ( x x) A ( x) ( x) SS06: Teilchenphysik II 5 2.2 “ABLEITUNG” DER REGELN (1) ~ K ( p) Weiter durch Berechnung der FourierTransformierten von K(x-x’): K ( x x' ) 2 4 i mK ( x x) Einsetzen in … … ergibt: 4 ~ d pK ( p) exp ip x x 4 ( x x) ~ p mK ( p) I 4 Auf analoge Weise kann man sich aus der inhomogenen Wellengleichung des Viererpotentials eines geladenen Teilchens mit dem Strom J … A ( x) qJ … und einer Greens-Funktion … D ( x x) g 4 ( x x) … den Propagator des Photons verschaffen: Mit kleiner Rechnung (Übung) zeigt man: g ~ D (q) 2 q pm ~ K ( p) 2 p m2 Das ist aber der Propagator des Elektrons! K beschreibt nur virtuelle Teilchen, da p2-m20 sein muss! Einsetzen des Ergebnisses in die FourierTransformation ergibt (länglich): K ( x x) i (2 ) 3 d 3 pe ip( x x ) iE ( t t ) K ( x x) i (2 ) 3 d 3 peip( x x) iE (t t ) TSS 0E p m 2E 0 E p m 2E Warum heisst K(x-x’) Propagator? K(x-x’) bewirkt die zeitliche Veränderung eines freien Dirac-Spinors von x nach x’ (der Beweis ist ziemlich lang): ( x) i d 3 xK ( x x) 0 ( x) t t t t SS06: Teilchenphysik II 6 2.3 MATRIXELEMENT DER e–-STREUUNG Nun Beschreibung von Teilchenreaktionen (Streuprozessen). Kollimierter e–-Strahl, der an Potential A gestreut wird: pi Streuwelle Streuung t t t t1 Potential Einlaufende ebene Welle Die “Wahrscheinlichkeit” für den Übergang f (das “Matrixelement”) ist dann gegeben durch (QM!): S fi f streu f S i d 3 x2 f ( x2 ) streu ( x2 ) d 3 x2 f ( x2 ) Si ( x2 ) Einsetzen des Ausdrucks erster Ordnung … pf ( x)i ( x) S fi e d 4 x d 3 x2 f ( x2 ) K ( x2 x) A t t2 ( x)i ( x) ie d 4 x f ( x) A … denn (siehe vorher): Detektor, d Von der Streuwelle streu wird nur Anteil mit pf gemessen Entwickle streu nach ebenen Wellen und projiziere f(pf) heraus: streu S i 1 T i , S Streumatri x streu wird entwickelt: z.B. f ( x) i d 3 x2 f ( x2 ) K ( x2 x) K(x2-x’) extrapoliert die am Detektor gemessene Funktion f(x2) in das Target bei x’ zurück. Dieses Wissen benutzen wir jetzt, um den Ansatz für die Beschreibung des Matrixelements auf der Folie vorher zu rechtfertigen. (1) ( x)i ( x) streu ( x2 ) i ( x2 ) e d 4 xK ( x2 x) A TSS SS06: Teilchenphysik II 7 2.4 ABLEITUNG DER REGELN (2) Hier die ausführliche Rechnung: ( x)i ( x) S fi ie d 4 x f ( x) A Was aber ist z.B. in epep das Potential A? Rückgriff auf Berechnung des -Propagators (nicht explizit gezeigt) A ( x) eJ e f( p) i( p) mit i ( x) u ( p2 )e ip x , f ( x) u ( p4 )e ip x 2 4 eJ (p ) ( x) eu ( p4 ) u ( p2 )e i ( p4 p2 ) x und mit A ( x) e d 4 xD ( x x) J ( x) g iqx e d q ( p4 p2 q) 2 e u ( p4 ) u ( p2 ) q 4 4 folgt nach einiger Rechnung: S (fi1) ie 2 (2 ) 4 4 ( p3 p4 p1 p2 ) 1 (e) J J ( p) 2 q Damit ist also die axiomatische Einführung der Feynman-Regeln gerechtfertigt! TSS SS06: Teilchenphysik II 8 2.5 FERMIS GOLDENE REGEL UND WIRKUNGSQUERSCHNITTE Problem: Wirkungsquerschnitt divergiert! 2 S fi ( E f Ei ) Dann hat WQS großes Maximum bei Ef=Ei – aber Unschärfe erlaubt kleine Abweichungen! 2 Ursache ist die Annahme von ebenen Wellen und nicht von Wellenpaketen. Wie kann man dieses Problem lösen? ( x)i ( x) S fi ie d 4 x f ( x) A S fi it dte T S fi TSS 2 sin( T 2) , ( 2) sin( T 2) f ( ) ( 2) 2 2 M ( E f ) 2T 2 Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit: w 2 M ( E f ) E f Ei 2 ( E f ) Energiezus tandsdicht e 2 Problem tritt auf, weil Zeit-Integration über unendliches Intervall! Also: Integriere nur von (–T/2) bis (+T/2)! 2 2 dW S fi ( E f )dE f , W S fi ( E f )dE f M ( E f ) f ( )d M dt exp i ( E f Ei )t T Man definiert die Übergangswahrscheinlichkeit der Reaktion: 2 Der Wirkungsquerschnitt wird definiert als: w 2 M ( E f ) jein jein mit der Stromdichte der einlaufenden Teilchen jein. Die Einheit des WQS ist m2, die von jein s-1m-2. SS06: Teilchenphysik II 2 9