Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und Bildungssoziologie

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Erziehungs- und Bildungssoziologie
Vorlesung, montags, 13.15-15.00 Uhr, PER 21, G120
Prof. Dr. Sascha Neumann
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Diskussionsfragen zum Film «Alphabet» (5-minütige
Murmelphasen):
1. Inwiefern ist das Bildungssystem ein «Abbild» der
gegenwärtigen Gesellschaft?
2. Ist Schule eine Institution, deren vordergründige Aufgabe
darin besteht, die nachfolgende Generation an die
Anforderungen der Gesellschaft anzupassen?
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Vorlesung am 16.03.2015
Teil I: Warum eigentlich Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie?
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«Die Bildungs- und Erziehungssoziologie untersucht Bildung und Erziehung als
gesellschaftlich situierte und strukturierte Praxis. Ihr grundlegender
Ausgangspunkt ist die Annahme, dass pädagogische Organisationen,
Institutionen, Praktiken und Theorien nur dann angemessen verstanden
werden können, wenn ihre Bezuge zu den Strukturen und Dynamiken
analysiert werden, die andere gesellschaftliche Teilbereiche kennzeichnen. Das
soziologische Interesse an Bildung und Erziehung richtet sich deshalb auf die
gesellschaftlichen Voraussetzungen von Erziehung und Bildung, den Einfluss
von gesellschaftlichen Strukturen und Dynamiken auf pädagogische
Institutionen, Theorien und Praktiken sowie auf die sozialen Folgen dessen,
was im Bildungs- und Erziehungssystem der Gesellschaft geschieht.»
(Bauer/Bittlingmayer/Scherr 2012, S. 13; Hervorh. SN)
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Was aber heisst Gesellschaft/Gesellschaftlichkeit?
«Gesellschaft…ein unergründlicher Grundbegriff der Soziologie»
(Jürgen Ritsert, 2000)
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Was aber heisst Gesellschaft/Gesellschaftlichkeit?
Diskutieren Sie diese Frage und bedenken Sie dabei auch die
Ausführungen von Armin Nassehi aus der Sendung
«Gesellschaft mit beschränkter Haftung»!
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Polykontexturalität
Ordnung
Einheit und
Differenzierung
Individuum
unsichtbar
Praxis
Gesellschaft
Das
Soziale
Wirtschaft,
Politik, Staat
Modernität,
Kontingenz,
Geschichte:
Wandel;
Zeitdiagnose
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Zusammenhang
Totalität
Warum eigentlich Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie?
• Differenz von Bildung und Erziehung:
«Der Erziehungsbegriff akzentuiert (…)Erfordernisse
der gesellschaftlichen An- und Einpassung, der Bildungsbegriff Prozesse der Individuierung
zum selbstbestimmungsfähigen Subjekt» (a.a.O., S. 14)
• Durkheim (1922): Gesellschaftliche Veränderungen schliessen immer auch
Veränderungen von Erziehung und Bildung ein>>Wie kann das Individuum
auf die gesellschaftliche Ordnung eingestellt werden
(Sozialisationsproblem)?
• Marx (1845): Erziehung und Bildung als Voraussetzung und Mittel
gesellschaftlicher Veränderung>>Wie kann Erziehung zum Umsturz
gesellschaftlicher Verhältnisse beitragen (Problem sozialer Ungleichheit)?
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Warum eigentlich Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie?
• Ausdifferenzierung einer eigenständigen Erziehungs- und Bildungssoziologie
erfolgt im deutschsprachigen Raum erst in den 1960er Jahren
• Hintergrund: Zweifel an der ökonomischen Leistungsfähigkeit des
Bildungssystems, aber auch an seiner Gerechtigkeit
(Bildungsreformdiskussion nach 1968)
• Kritik an tradierten Begabungsideologien und der Rolle des Bildungssystems
bei der Reproduktion sozialer Ungleichheit (Dahrendorfs «katholisches
Mädchen vom Lande»)
• Bezogen auf die Erziehungswissenschaft: Gesellschaftliche Bedingungen von
Erziehung und Bildung wurden bis weite in die 1960er Jahre hinein stark
vernachlässigt (Erbe der geisteswissenschaftlichen Pädagogik)
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Warum eigentlich Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie?
«Wiederentdeckung» der Bildungssoziologie und des bildungssoziologischen Schlüsselthemas
von Bildung und sozialer Ungleichheit am Beginn des 21. Jahrhundert…
«Bildung ist seit etwa zehn Jahren zu einem gesellschaftlichen Zentralthema geworden
und Bildungsforschung hat gegenwärtig (wieder) Konjunktur. Die Expertise wissenschaftlicher
Expert/innen aus unterschiedlichen Disziplinen (Erziehungswissenschaft,
Ökonomie, Psychologie, Soziologie) wird in politischen und medialen Diskursen nachgefragt,
und populärwissenschaftliche Veröffentlichungen zu Fragen einer zeitgemässen
Bildung und Erziehung erzielen hohe Auflagen. Im wissenschaftlichen Diskurs konturiert
sich eine interdisziplinar ausgerichtete empirische Bildungsforschung, die durch
erhebliche Forschungsmittel gefordert und von der erwartet wird, für arbeitsmarkt- und
bildungspolitische Zwecke relevante Informationen zur Verfugung zu stellen und
dadurch einen Beitrag zur Beantwortung der Frage nach den Erfordernissen einer zeitgemässen
Modernisierung des Bildungssystems zu leisten» (a.a.O., S. 19)
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Warum eigentlich Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie?
Hintergründe:
• Politische Konjunktur der Wissensgesellschaft: Bildung als Faktor im
internationalen Wettbewerb (Humankapital)
• Pädagogik: «Lebenslanges Lernen» und «Bildung beginnt mit der Geburt»
(Schäfer 2005)
• PISA und die Folgen…: Internationale Vergleichsstudien erzeugen einen
Wettbewerb der Bildungssysteme und machen auf Phänomene der
Bildungsbenachteiligung, mithin auch der «Bildungsarmut» bestimmter
sozialer Milieus aufmerksam (z.B. Migranten)
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Warum eigentlich Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie?
Die «Wiederentdeckung» der Bildungssoziologie steht symptomatisch für die Vergesellschaftung
wissenschaftlicher Wissensproduktion:
«Der gegenwärtige Bildungsdiskurs hat eine erhebliche Nachfrage nach einer empirischen
Bildungsforschung erzeugt, die eine Datengrundlage für politische Entscheidungen
bereit stellt. Die Aufgabe soziologischer Analyse besteht jedoch nicht allein darin,
durch Theorieentwicklung und empirische Forschung zu einer weiteren Vertiefung des
Wissens über ökonomische Bildungserfordernisse und die Ursachen von Bildungsungleichheit
beizutragen, sondern auch die Prämissen des gesellschaftlichen Bildungsdiskurses
zu analysieren und zu hinterfragen. Bildungs- und Erziehungssoziologie ist
deshalb darauf verwiesen, sich nicht nur als Forschung über einen gesellschaftlichen
Teilbereich zu verstehen, sondern auch die gesellschaftlichen Bedingungen und Kontexte
von Erziehung und Bildung zu analysieren.» (a.a.O., S. 23)
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Diskutieren Sie folgende Frage in einer 5-minütigen
Murmelphase die folgende Frage:
Wie hängen Wissensproduktion in der Bildungsforschung und
gesellschaftliche Entwicklung miteinander zusammen?
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – soziale Ungleichheit
• Bildung und soziale Ungleichheit: Es geht nicht allein darum, wie
Bildungssysteme soziale Ungleichheit erzeugen, sondern inwiefern sie
Herkunftseffekte verstärken
• Chancengleichheit im Bildungssystem = leistungsfremde Merkmale
(Geschlecht, Wohnort, Hautfarbe, Bildungsstand und Vermögen der Eltern
etc.) sind ohne Einfluss
• These von der Reproduktion sozialer Ungleichheit als beherrschendes
Thema in der Bildungssoziologie
• Bildungssoziologische Forschung entlarvte dabei das Versprechen der
Chancengleichheit wiederholt als politische Programmatik, die in der
Bildungspraxis keine Entsprechung findet
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – soziale Ungleichheit
• Bildungssoziologie geht bei ihrer Kritik an bildungspolitischen
Entscheidungen selbst von einem normativen Hintergrund
aus: Bildungsungleichheit ist in einer demokratischen
Gesellschaft nicht hinnehmbar und es ist daher die Aufgabe
des Bildungssystems, sie zu verhindern.
• Gleichheitspostulat wird dabei zu einem Kriterium für die
Bewertung der Leistungen des Bildungssystems
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Diskutieren Sie folgende Frage in einer 5-minütigen
Murmelphase die folgende Frage:
Ist das Gleichheitspostulat ein zwingendes Kriterium für die
Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Bildungssystems?
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Aus: Heid 1988, S. 2
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – soziale Ungleichheit
• Bildung und Gleichheit gehören nicht zwingend zusammen: Bildung ist auch ein
elitärer Distinktionsbegriff (vgl. Büchner 2003, S. 8)
• Bildung diente historisch als Mechanismus, um die ständische Ordnung der
Gesellschaft in die moderne Gesellschaft «hinüber zu retten»
• Bis heute hat Bildung daher einen sozialen Disktinktions- und Prestigewert, der
über die Bedeutung von Bildung als blosser Lebensbewältigungskompetenz hinaus
geht
• Bildung entfaltete ihre ungleichheitsrelevante Wirkung über die Berechtigungsfunktion von Bildungsabschlüssen, aus denen auch die Allokationsfunktion
(Platzierung) des Bildungswesens und seine Selektionswirkungen (Auslese)
hervorgehen
• Bildung ist also ebenfalls ein vergesellschafteter Tatbestand: Dabei stellt sich auch
die Frage, wer darüber entscheidet, was als Bildung bzw. «gebildet» gilt und was
nicht (Bildung ist mehr als ein formaler Abschluss, nämlich ein soziales Merkmal…).
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – soziale Ungleichheit
-Ungleichheit kann entstehen durch… (Heid 1988):
• …die Gleichbehandlung Ungleicher
• …die Ungleichbehandlung Gleicher
-Ungleichheit= Ungleichartigkeit oder Ungleichwertigkeit ?
-Chancengleichheit meint nicht immer schon Nivellierung
von Ungleichheit>>die Forderung nach Chancengleichheit hat
Ungleichheit sowohl zur Voraussetzung wie als Zweck
-Die Öffnung des Bildungssystems bedingt zugleich seine
Schliessung
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Bildungssoziologie – soziale Ungleichheit
Heid (1988), S. 6f.
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Bildungssoziologie – soziale Ungleichheit
Heid (1988), S. 11
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – soziale Ungleichheit
• Soziale Ungleichheit bezieht sich auf die unterschiedlichen Teilhabe- und
Zugangschancen zu (knappen) gesellschaftlichen Ressourcen (Vermögen, Waren,
Prestige, Anerkennung etc.), auch im Zusammenhang mit bestimmten sozialen
Merkmalen (Geschlecht, Alter, Konfession, ethnische Herkunft, Sprache,
körperliche/geistige Beeinträchtigung)
• Soziale Ungleichheit wird «abgelesen» an der relativen Position in der
Sozialstruktur einer Gesellschaft
• Unterschiedliche Modelle aus der Soziologie sozialer Ungleichheit: Schicht(berufsnahe Statusgruppen, horizontal und vertikal), Klassen- (antagonistische
gesellschaftliche Gruppen) und Milieuansätze (Lebensführung, Selbstzuordnung)
• Zusammenfassend: Die bildungssoziologische Forschung stellt die Verengung der
Bildungsforschung auf Begabung und Leistung in Frage, indem sie die Ebene der
Persönlichkeitsentwicklung durch Bildung mit dem Berechtigungserwerb und den
daraus resultierenden Lebenschancen in Verbindung bringt (Büchner 2003, S. 13)
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Bildungssoziologie – soziale Ungleichheit
Forschungsthemen:
 Bildungsbeteiligung: Art, Dauer und Umfang der Beteiligung an formalen
Bildungsinstitutionen, insbes. in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft
 Bildungsentscheidungen: Selbstselektion niedriger sozialer Statusgruppen
im Zusammenhang mit eigenen Leistungs- und Erfolgserwartungen
 Bildungsbedeutsamkeit der Familie: sekundäre Herkunftseffekte als
transgenerationale Weitergabe von Einstellungen gegenüber Bildung
(Aspiration etc.) im Unterschied zu primären Effekten (familiale Ressourcen
für die Realisierung von Bildungsbeteiligung (Einkommen etc.))
 Bildungsarmutsforschung: Bedeutung von geringer/höherer Bildung für die
gesellschaftliche Positionierung in Bezug auf Basiskompetenzen bei
bestimmten «Risikogruppen»
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – soziale Ungleichheit
Zentrales Desiderat der bildungssoziologischen Forschung:
«Was passiert eigentlich im Klassenzimmer?»
d.h.: Wie werden die Effekte im Bildungs- und Unterrichtsalltag genau
hervorgebracht, welche die Bildungsforschung immer wieder
nachweist?
(Büchner 2003, S. 21; vgl. auch Heid 1988, S. 12)
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – Sozialisation
• Ausgangspunkt: «Hobbesian problem of social order» (Wrong 1961)
• Sozialisationsforschung geht also von der Unwahrscheinlichkeit sozialer
Ordnungsbildung aus
• «Sozialisation» kann man also verstehen als Antwort auf die Frage, wie
soziale Ordnung entsteht
• Wie sind kollektive Bindungen trotz individueller Interessen möglich?
• Es geht um das Problem «sozialer Ordnung» unter dem Gesichtspunkt einer
Gesellschaft, die aus Einzelnen bzw. einzelnen Teilen besteht und von
diesen (mit-)gestaltet und verändert wird
• Sozialisationstheorien setzen die Prägewirkungen durch soziale
Umweltbedingungen als Erklärung ein, um diese Frage zu beantworten
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – Sozialisation
Diskutieren Sie folgende Frage in einer 5-minütigen
Murmelphase:
Von welchen Voraussetzungen muss man ausgehen, damit
sich die Frage nach der Möglichkeit sozialer Ordnung
überhaupt so stellt wie sie von der Sozialisationstheorie
gestellt wird?
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – Sozialisation
Prämissen der Sozialisationstheorie:
- Unterscheidung von Individuum und
Gesellschaft bzw. Person und Umwelt
- Unterscheidung von Natur und Kultur
- Unterscheidung von Sein und Werden
- Unterscheidung von Handeln und Struktur
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Bildungssoziologie – Sozialisation
• Abgrenzung gegenüber:
 biologistischen Reifungskonzepten
 intentionalistischen Konzepten von Erziehung
 idealistischen Persönlichkeitstheorien
• Sozialisationstheorie betont das Zugleich von Individuierung und
Vergesellschaftung
• Gesellschaftlichkeit des Aufwachsens wird als Anforderung an die individuelle
Entwicklung wie auch als deren Ermöglichungsbedingung begriffen
• Hauptmotiv der Sozialisationsforschung war zunächst - bis etwa in die 1970er Jahre
hinein – die Frage, wie heranwachsende Individuen in ein gegebenes soziales
Gefüge integriert und an dessen Anforderungsstruktur angepasst werden können
(Bauer 2012, S. 473).
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Klassische sozialisationstheoretische Ansätze
• Emile Durkheim (1902/03): Erziehung, Moral und Gesellschaft
• Wie ist soziale Ordnung unter den Bedingungen einer arbeitsteilig
organisierten und sich wandelnden Gesellschaft möglich
• Sozialisation als Unterstellung unter unpersönliche Regeln: Verinnerlichung
kollektiver Moralbestände durch das Individuum
• Schlüsselfunktion des Erziehungssystems bei der moralischen
«Sozialmachung» des Menschen
• Kinder befinden sich noch gleichsam in einem vorsozialen Zustand: Sie
müssen zugunsten des Fortbestands der Gesellschaft «gezähmt» werden
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – Sozialisation
Klassische sozialisationstheoretische Ansätze
• Durkheim begründet diese Auffassung unter Rückgriff auf die sogenannte
Rekapitulationsthese, die im 19. Jahrhundert relativ breit vertreten wurde:
Charles Darwin, Herbert Spencer, Johann Friedrich Herbart, früher bereits:
Jean-Jaques Rousseau, Johann Heinrich Pestalozzi
• Kernaussage: Kinder durchlaufen in ihrer Entwicklung noch einmal die
Evolution der menschlichen Gattung
• Dies muss allerdings in beschleunigter Weise geschehen, um Anschluss an
die kulturelle Entwicklung der Menschheit zu gewinnen
• Dazu bedarf es einer rationalisierten Form der Sozialisation, d.h.: Erziehung
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Bildungssoziologie – Sozialisation
Klassische sozialisationstheoretische Ansätze
• Talcott Parsons (1964): Sozialstruktur und Persönlichkeit
• Strukturfunktionalistische Rezeption von Durkheims Problemstellung:
Gesellschaften als komplexe Systeme, die Strukturen ausbilden, in denen
bestimmte Funktionen für das Gesamtsystem erfüllt werden
• Das Sozialisationsproblem ist das Problem des Erhaltens dieser Ordnung
und nicht ihre Veränderung
• Sozialisation ist die Verinnerlichung der Werte und Normen, die den
Fortbestand der Ordnung sichern
• Internalisierung von Bedürfnisdispositionen, die rollengeleitetes Handeln
hervorbringen
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – Sozialisation
Klassische sozialisationstheoretische Ansätze
• Parsons zeichnet ein Bild von einem Kind, das vorgängig durch die
Erwachsenen als Sozialisationsagenten zu dem wird, was es werden soll.
• Eine überragende Bedeutung wird dabei dem Verhältnis zur Mutter
zugeschrieben
• Die Sozialisation der Kinder vollzieht sich in einem Gefüge persönlicher
Abhängigkeiten, das Individuum ist dem Prozess der Vergesellschaftung
mehr oder minder ausgeliefert
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – Sozialisation
Kritik am strukturzentrierten Paradigma
 Ab 1960er/70er Jahre: Kritik am klassischen auf Vergesellschaftung eingestellten
Sozialisationskonzept
 Aufhebung der Dichotomie von Individuierung und Vergesellschaftung (Mead, Denzin)
 Mead etwa konzipiert den Vorgang der Rollenübernahme als einen reflexiven Prozess,
der in Situationen und Interaktionen stattfindet und eine identitätsbildende Wirkung
entfaltet; das Individuum ist hier der (immer noch vorgängig gedachten) Gesellschaft
und ihren Sozialisationsagenten weit weniger ausgeliefert
 Denzin schliesst an Mead an, hebt aber die sozial situierte Produktivität der
Sozialisanden hervor: Die Ordnung wird nicht mehr vorausgesetzt, sondern in ihrer
Entstehung aus dem Sozialisationsgeschehen selbst erschlossen werden
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Bildungssoziologie – Sozialisation
Subjektzentriertes Paradigma
 Hintergrund ist auch die Frage: Kann der Mensch überhaupt als ein nichtsoziales Wesen vorgestellt werden?
 Selbstorganisation: Hurrelmann (1983) betont die Rolle des «produktiv
realitätsverarbeitenden Subjekts»
 Selbstsozialisation (Zinnecker 2000), interpretative Reproduktion (Corsaro
2005)
 Das Ordnungsproblem tritt zugunsten der Eigenaktivität der Individuen zurück
 Individuation tritt stärker in den Vordergund: Autonome
Persönlichkeitsentwicklung als immer schon aktiv handelndes Subjekt
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Paradigmenwechsel in der Sozialisationsforschung im Zeitverlauf (Bauer 2012, S. 475)
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – Sozialisation
Diskussionstand in der Soialisationstheorie heute
• Bedeutungsverlust der Sozialisationstheorie, ohne dass das Sozialisationstheorie
erledigt wäre
• Bauer (2012, S. 476 ff.) beobachtet eine Neuauflage strukturorientierter Ansätze,
die nunmehr aber stärker zwischen Sozialisations- und Individuationsperspektive
vermitteln
• Beispiel Habitutstheorie Pierre Bourdieus: «Habitus» als vermittelndes Organ
zwischen Struktur und Praxis
• Es geht darum, die Dichotomie zwischen Strukturreproduktion und autonomer,
umweltunabhängiger Persönlichkeitsentwicklung zu vermeiden
• Neue Nahrung erhält die Sozialisationsforschung durch die intensivierte
Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang von Bildung und sozialer
Ungleichheit: Wie beeinflussen soziale Herkunft und strukturelle Bedingungen die
Chancen und Grenzen der Integration in die Gesellschaft?
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III. Klassische Ansätze,Positionen und Studien der Erziehungs- und Bildungssoziologie
us
Schlüsselthemen:
Sozialisation
Gesellschaftliche
Bedingungen des
Aufwachsen
Bildung und soziale Ungleichheit
Effekte der
gesellschaftlichen
Bedingungen auf
Bildungskarrieren
Ansätze und paradigmatische Positionen
Funktionalismus Konflikttheorie Interaktionismus Institutionalismus Postmoderne
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – Sozialisation
Diskutieren Sie folgende Frage in einer 5-minütigen
Murmelphase:
Wie lassen sich Sozialisationsforschung und Forschung zur sozialen
Ungleichheit im Bildungssystem aufeinander beziehen?
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Klassische Ansätze, Positionen und Studien der Erziehungs- und
Bildungssoziologie
Paradigmen:
• Strukturfunktionalismus
• Konflikttheorie
• Interaktionismus
• Institutionalismus
• Einzelne Ansätze: Bernstein, Bourdieu…
• Methodenfragen
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Klassische Ansätze, Positionen und Studien der Erziehungs- und
Bildungssoziologie
Funktionalismus
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Verständnis von Gesellschaft betont wechselseitige Interdependenz der sozialen Teilsysteme: Wie gut ist eine Gesellschaft integriert?
Prozesse und Bedingungen der Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung im Zentrum des
Interesses
Gesellschaft ist auf ein «einigendes Band» angewiesen, das die sozialen Gruppen
zusammenhält
Durkheim: Schule spielt dabei eine zentrale Rolle>>Sichert die moralische Einheit
Konsens gilt als gesellschaftlicher Normalzustand; Konflikt gilt als problematisch, weil er
Zusammenbruch des Normenhaushalts anzeigt
Thema: Beitrag des Bildungssystems zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Ordnung
durch die Vermittlung bestimmter kognitiver Fähigkeiten, politischer und sozialer Werte
(Demokratie, Patriotismus etc.) sowie Selektionswirkungen, die der gesellschaftlichen
Arbeitsteilung Rechnung tragen
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Klassische Ansätze, Positionen und Studien der Erziehungs- und
Bildungssoziologie
Konflikttheorie
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Alternative zum Strukturfunktionalismus: Das Bildungssystem dient nicht dem
Allgemeininteresse, sondern als den Interessen bestimmte (herrschender)
Gesellschaftsgruppen
«Die herrschenden Werte sind die Werte der Herrschenden»
Vorwurf an den Funktionalismus: Verwechselt den Sollzustand mit dem Istzustand
(funktionalistischer Fehlschluss)
Schulen sind soziale Kampffelder; Leistungsideologie verdeckt die Machtverhältnisse im
ungleichen Kampf um gesellschaftliche Anerkennung durch Bildung
Marx als intellektueller Inspirateur: Konflikt zwischen «Arbeit» und «Kapital» als Triebfeder
gesellschaftlicher Über- und Unterordnungsdynamiken
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Klassische Ansätze, Positionen und Studien der Erziehungs- und
Bildungssoziologie
Interaktionismus
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Erweiterung gegenüber strukturfunktionalistischen und konflikttheoretischen Ansätzen:
Beide rücken zu sehr die makrosoziologische Ebene ins Zentrum
Interaktionismus setzt dem konkrete Beobachtungen des Alltags in Schulen und
Bildungsinstitutionen entgegen
Lassen das alltägliche «fremd» erscheinen und stellen dessen Selbstverständlichkeit in Frage:
z.B. Leistungsbeurteilung in der Schulklasse
Die soziale Konstruktion der Wirklichkeit steht im Mittelpunkt
Erving Goffman: Wie wird in fraglos hingenommenen Interaktionen die Gesellschaft
zusammen gehalten?
Stigma- und Labeling-Theorie: Wie beeinflusst die Erwartung bestimmter Personen
gegenüber Anderen deren Beurteilung und deren institutionelle Karrieren
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Klassische Ansätze, Positionen und Studien der Erziehungs- und
Bildungssoziologie
Interaktionismus
• Rist (1970, 1973, 1977): Wie beeinflussen schulische Praktiken (Etikettierungen,
Klasseneinteilungen…) die Reproduktion sozialer Ungleichheit?>>Erwartungen der
Lehrpersonen, gegründet class, race und gender, «verpflanze» sich in die
Selbstwahrnehmung der Schüler_innen und wirken sich auf Leistungen aus
• Befund: Schulsystem schreibt das fort, was es zu überwinden beansprucht
• Leistungsideologie als Deckmantel, der diese Prozesse vordergründig legitimiert,
hintergründig aber verschleiert
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Klassische Ansätze, Positionen und Studien der Erziehungs- und
Bildungssoziologie
Institutionalismus
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Ansatzpunkt: Weltweite Verbreitung der Institution Schule (Universalismus des
Schulsystems, Schule als «Weltkultur»)
Schulen haben sich global seit dem 19. Jahrhundert in ähnlicher weise entwicklet
Globalisierung des Modells der institutionellen Massenerziehung
Widerspruch zum Funktionalismus: Bildungsexpansion folgt nicht automatisch einer
Verbreitung der Demokratie, aber auch nicht nur den Erfordernissen des
Arbeitsmarktes
Expansion der Bildungssysteme beruht auf dem Glauben daran, dass Bildung die
Voraussetzung für die Zivilgesellschaft
Dynamik der institutionellen Entwicklung steht im Horizont universeller Glaubenssätze
(staatliche Finanzierung, möglichst Beschulung aller, gesellschaftliche Vorteile durch
Bildung…), beruht aber auch auf Konfliktkonstellationen zwischen unterschiedlichen
Gruppen
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Positionen und Studien der Erziehungs- und Bildungssoziologie
Basil Bernsteins Code-Theorie
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Basil Bernstein: Britischer Soziologe dessen Werk die Bildungssoziologie nachhaltig
beeinflusst hat
Zentrale Problemstellung: Wie hängen Erziehungs- und Bildungsprozesse in Schule und
Familie mit der Reproduktion sozialer Klassen und deren Ungleichheit zusammen?
Frühe Arbeiten: Untersuchung klassenspezifischer Sprachunterschiede und ihrer
Auswirkungen auf Unterschiede im schulischen Lernen
Spätere Arbeiten: Versuch der Verknüpfung der Analyse gesellschaftlicher Macht- und
Klassenstrukturen und der Analyse von Mikroprozessen im schulischen
Interaktionsgeschehen
Bernstein verbindet das Denken mehrerer sozialogischer Schulen miteinander: Wber,
Marx und Durkheim
In der deutschsprachigen Erziehungswissenschaft wurde Bernstein Anfang der 1970er
Jahre stark rezipiert: vgl. etwa Klaus Mollenhauer (1972): Theorien zum
Erziehungsprozess. München: Juventa
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DEPARTEMENT ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTEN
Positionen und Studien der Erziehungs- und Bildungssoziologie
Basil Bernsteins Code-Theorie
• «Code»als zentraler Begriff: Bezeichnet eine «regulatives Prinzip», das
verschiedenen Systemen der Informationsübermittlung zugrunde liegt (z.B. der
Vermittlung von Wissen im Klassenzimmer)
• Zentral für seine Arbeiten über die Auswirkungen kassenspezifischer Sprachcodes
• «Class, Codes and Control (1973ff.)»: sozioligistische Theorie als
Gesellschaftstheorie, welche die Beziehung zwischen Klassenzugehörigkeit,
Familiensozialisation und sozialer Reproduktion untersucht
• Unterscheidung zwischen dem «restringierten» Code der Arbeiterklasse und dem
«elaborierten» Code der Mittelschicht
• Restringierter Code: kontextabhängig und partikularistisch
• Elaborierter Code: kontextunabhängig und universalistisch
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Positionen und Studien der Erziehungs- und Bildungssoziologie
Basil Bernsteins Code-Theorie
• Empirisches Beispiel:
Arbeiterkinder benutzen bei der Verbalisierung einer Bildergeschichte häufig
Pronomen, so dass die Geschichte ohne das Betrachten der Bilder nicht nachvollzogen
werden kann; Mittelklassejungen hingegen benutzen vor allem Substantive, so dass es
genügt, ihnen zuzuhören
• Weil in der Schule ein elaborierter Code verlangt wird, sind Arbeiterkinder in der
Schule durchweg benachteiligt, gleichzeitig ist der restringierte Code für sie jedoch
funktional, um in der Lebenswelt der Arbeiter zurechtzukommen
• Bernsteins Analyse liess für Grossbritannien nachvollziehbar werden, wie Schulen
genau jene Klassenunterschiede hervorbringen, die sie eigentlich abschaffen
wollen und sollen
• Bernstein bezeichnete dies als eine «Verschwendung des Bildungspotentials der
Arbeiterklasse»
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Positionen und Studien der Erziehungs- und Bildungssoziologie
Pierre Bourdieu: Kulturelles Kapital und symbolische Gewalt
• frz. Kultursoziologe; zuletzt bis zu seinem Tod 2002 Professor am Collège de France
in Paris
• Bildungssoziologisches Hauptwerk: Bourdieu, P./Passeron, J. C. (1970): «La
Reproduction. Éléments pour une théorie du système d'enseignement»^; dt.: Die
«Die Illusion der Chancengleichheit» (1971)
• Bourdieu versteht auch die kulturelle Sphäre – ergo auch die Sphäre von Erziehung
und Bildung – als eine, die nach ökonomischen Prinzipien funktioniert, ohne jedoch
ökonomistisch zu sein, also einseitig auf die Wirtschaft finalisiert zu sein
• Begriff des kulturellen Kapitals bringt dies zum Ausdruck: Erweitert die
Kapitaltheorie von Marx um eine weitere Komponente
• Die Verfügungsmacht über kulturelles Kapital spielt bei der Reproduktion der
Ungleichheit zwischen den sozialen Klassen eine mindestens so wichtige Rolle wie
ökonomisches und soziales Kapital
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Positionen und Studien der Erziehungs- und Bildungssoziologie
Pierre Bourdieu: Kulturelles Kapital und symbolische Gewalt
• Ober- und Mittelklassen besitzen neben ökonomischem vor allem auch kulturelles
Kapital: Sprache, bestimmtes kulturell hoch bewertetes Wissen, körperliche und
soziale Ausdruckformen, Kenntnisse von Kunst, Literatur, Musik, Essgewohnheiten
• Dieses Kapital hat unter Gebildeten wie auch in Bildungsinstitutionen einen hohen
Tauschwert und entscheidet letztlich auch über den Bildungserfolg
• Ober- und mittelschichttypische Formen kulturellen Kapitals sind Bestandteil von
Curricula und Unterricht; dies bedingt einen gleichsam «natürlichen» Vorsprung
der oberen Klassen, der dann politisch als Form der Begabung verklärt wird
• «Symbolische Gewalt»: Macht zur Durchsetzung von Bedeutungen, die deswegen
als legitim gilt, weil sie ihre Wirksamkeit verschleiert; führt zur freiwilligen
Unterwerfung der Unterworfenen unter die sie Unterwerfenden; Bsp.: Wer
bestimmt darüber, was im Lehrplan steht und was nicht?
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Schlüsselprobleme der Erziehungs‐ und
Bildungssoziologie – Sozialisation
Diskutieren Sie folgende Frage in einer 5-minütigen
Murmelphase:
Kennen Sie Beispiele, welche die Befunde und Thesen Bernsteins und
Bourdieus in ihrer Gültigkeit auch heute noch bestätigen?
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Methodologische Fragen bildungssoziologischer Forschung
• Seit den 1960er Jahren: Vorherrschaft quantitativer Methoden, Arbeit mit grossen
Datenvolumen
• Gefahr der Verfehlung, die festgestellten Effekte auf ihre Gründe hin analysieren zu
können
• Qualitative Forschung zu schulischen Praktiken als komplementäre Strategie: Wie
wird hervorgebracht, was die quantitative Forschung als Reproduktion identifiziert
• Heute: Politik sieht experimentelle Forschung mit randomisierten Gruppen nach
dem «what-works»-Modell als Goldstandard der Bildungsforschung
• Orientierung am Modell der medizinischen und pharmazeutischen Forschung
• Interesse der Politik: Belege dafür, wie sich welche Massnahmen auf welche
Gruppen auswirken
• Kombination quantitativer und qualitativer Verfahren als zukünftige
Herausforderung
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