Hüftprothesen rechtliche Aspekte

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Gynäkologisches und
Geburtshilfiches in der
Rechtsprechung
Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner LL.M.
Universität Wien - Juridicum
Implanon „Wrongful conception“
Deutschland OLG Karslruhe

Implantation
Schwangerschaft der Patientin (21 Jahre, nicht verheiratet, vor Antritt einer
neuen Stelle)
Geburt eines gesunden Kindes

Klage auf den Kindesunterhalt beider Eltern (ca € 200.000)

Urteil:






Implantat konnte nicht gefunden werden, Wirkstoff konnte im Blut nicht
nachgewiesen werden
Gutachten:
 Ungewollter Verlust des Röhrchens ist nicht möglich
 Versagerrate: 0%
Vermutung der fehlerhaften Implantation
Praktisches Training laut Herstellerangaben notwendig

Familienplanung ist auch dann schützenswert, wenn die Patientin noch kein
Kind geboren hat

Auch der Unterhalt des Vaters ist zu ersetzen, da er durch den
Behandlungsvertrag der Kindesmutter mitgeschützt wird – Vertrag mit
Schutzwirkung Dritter
Implanon „Wrongful conception“
Deutschland – LG Köln

Implantation
Schwangerschaft einer Mutter mit abgeschlossener Familienplanung (3 Kinder)
Geburt eines gesunden Kindes

Klage auf den Kindesunterhalt beider Eltern (ca € 210.000)

Urteil:
 Dokumentation:
 Stäbchen von Arzt, Assistentin und Patientin getastet (schriftlich bestätigt)
 Begleiterscheinung der Gestagenwirkung (länger anhaltenden azyklischen
Blutungen und Kopfschmerzen)



Erhobener Sachverhalt des GA:
 Implantat konnte nicht gefunden werden und Wirkstoff konnte im Blut nicht
nachgewiesen werden

Gutachten:
 Wahrscheinlichste Ursache: Fehler bei Implantation
 Glaubhafte Tastbefunde
 Mögliches Therapieversagen

Behandlungsfehler ist nicht die einzige denkbare Ursache: Keine Haftung
Haftung für Urlaubsvertreter
Behandlungsvertrag
niedergelassener Arzt

Niedergelassener Arzt – Patient


Haftung des niedergelassenen Arztes bei Verletzung des
Behandlungsvertrages (zB mangelhafte Aufklärung, Behandlungsfehler)
Haftung für jene Personen, derer sich der Arzt bei
Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient
Haftung für Urlaubsvertreter

Verweis auf anderen niedergelassenen Facharzt:



Eigener Behandlungsvertrag mit „Vertreter“
Indizien:
 Behandlung in Ordination des „Vertreters“
 Direkte Abrechnung des Honorars durch
„Vertreter“
 Auftreten in eigenem Namen
Keine Haftung für Fehler des „Vertreters“
Haftung für Urlaubsvertreter

Vertrag mit „Urlaubsvertreter“ für die Dauer der
Abwesenheit die Patienten zu behandeln:




Behandlung im Rahmen des eigenen
Behandlungsvertrages durch „Vertreter“
Kein eigener Behandlungsvertrag mit „Vertreter“
Indizien:
 Behandlung in Ordination des „Vertretenen“
 Abrechnung des Honorars durch „Vertretenen“
 Auftreten des Vertreters im Namen des
Vertretenen „für ….“
Haftung für Fehler des „Vertreters“
Haftung für Geräte







Verpflichtung sich mit der Funktionsweise der Apparate vertraut zu
machen, soweit ihm dies zumutbar ist.
Verpflichtung, diese Geräte instand zu halten, sie zu kontrollieren und
gegebenenfalls von spezialisiertem Personal warten zu lassen.

Kontrollen, jeglicher, die Benutzung und den Zweck des Geräts
betreffende Funktion, z.B. durch optische Kontrolle eines
Intubationsgerätes vor der Operation.

Der Arzt müsse zwar nicht persönlich jedes Gerät überprüfen, sondern
könne spezialisiertes Personal einsetzen, doch müsse er sich dann für
deren Fehlverhalten entlasten.
Verpflichtung die Geräte immer so einzusetzen, dass Schäden durch ihren
Umgang möglichst vermieden werden.
umfassende Sicherheitsvorkehrungen im Hinblick auf mögliche
Fehlfunktionen, insbesondere Programmfehler beim Einsatz von EDV im
Bereich der Diagnose und Therapie, zu treffen.
Handhabung muss durch entsprechende Ausbildung des Bedienpersonals
sichergestellt werden,
Funktionsstörungen müssen vom Bedienpersonal erkannt werden
können.
Koordination von Arzt, Hilfspersonal und medizinischem Gerät muss so
geregelt und eingerichtet werden, dass Bedienungsunfälle möglichst
ausgeschlossen werden.
Organisationsfehler
Fall 1

Sachverhalt:









Perinatalzentrum
17.25: Steilflankiger Abfall der Herzfrequenz und therapieresistente Bradykardie
und erfolglose Einleitung Akutotolyse
Kontrolle der kindlichen Herzreaktionen mit Ultraschall
Vaginale Untersuchung
Organisation des OP-Teams
Aufklärung und Einverständniserklärung
17.55: Entbindung durch Notsectio
Sauerstoffunterversorgung: schwere Gehirnschäden
Urteil:



Ab 17.25 vitale kindliche Indikation für Notsectio
Max tolerierbare E – E Zeit: 20 Minuten
Grober Behandlungsfehler: Beweislastumkehr hinsichtlich der eingetretenen
Schäden
Organisationsfehler
Fall 2

Sachverhalt: Belegpatientin

Belegarztrahmenvertrag zwischen Beleghaus und Anästhesist: Anreisezeit 45 Minuten

Geburtshelfer erklärt sich in Kenntnis der langen Anreisezeit mit Konditionen des
Anästhesisten einverstanden

Ablauf:
 4.00: Blasensprung
 9.15: Wehetropf und CTG durch Hebamme
 9.30: Herzfrequenz 200 s/min
 9.45: Verabreichung von Isoptin durch Hebamme
 10.00-11.00: Herzfrequenz 160 s/min
 11.00: Untersuchung durch Belegarzt ohne in die CTG-Kurve Einsicht zu nehmen
 12.00: Blutungen aus der Scheide
 13.15: Herzfrequenz 70 s/min
 14.15: Rufen des Belegarztes
 14.20: Anordnung der Notsectio
 14.25: Verständigung des Anästhesisten
 15.00: Eintreffen des Anästhesisten
 15.24: Geburt des Kindes

Schwere Gehirnschäden des Kindes
Organisationsfehler
Fall 2

Urteil:

Belegarzt:




Verpflichtung um 11 Uhr in die CTG-Kurve Einsicht nehmen
müssen
Es wäre ihm die fehlerhafte Verabreichung von Isoptin
aufgefallen.
Mangels technischer Voraussetzungen für eine
Mikroblutuntersuchung: Verpflichtung zur Schnittentbindung.
Beleghaus:

Organisationsverschulden durch Vereinbarung einer zu langen
Anreisezeit
Aufklärungsfehler
Fall 3

Sachverhalt:
 Geburt eines gesunden Kindes
 Ausschabung unmittelbar nach der Geburt
 starke Blutungen 14 Tage nach der Geburt: 2.Kürettage
 Diagnose: Asherman-Syndrom


Ein Jahr danach Totgeburt in der 17.SW
Urteil:
 Risiko eines Asherman-Syndroms aufklärungsbedürftig



Patientin konnte nicht glaubwürdig darlegen, dass sie bei korrekter
Aufklärung in einen echten Entscheidungskonflikt gekommen
wäre.



komplette nicht therapierbare Unfruchtbarkeit
erhebliche Belastung für die Lebensführung einer Frau mit
Kinderwunsch
keine Alternativen zu den Ausschabungen
Lebensgefahr
Keine Haftung
Kuriositäten aus der
Gerichtsbarkeit
Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner LL.M.
Universität Wien - Juridicum
Aufklärungspflicht
Anwälte als Patienten



Ohrenoperation
postoperative Einheilungsproblemen,
Ohrgeräuschen und Infekten
Behauptung des Patienten (Rechtsanwalt) nicht
aufgeklärt worden zu sein
Aufklärungspflicht
Anwälte als Patienten

Beweiswürdigung:
„Der Senat hält es überdies für wenig
wahrscheinlich, dass ein erfahrener Arzt, dem
bekannt ist, dass der Patient Rechtsanwalt ist,
diesen dennoch, wie vom Kläger behauptet,
überhaupt nicht über Risiken einer geplanten
Operation aufklärt. Nach der Erfahrung des Senats
hat die Mitteilung des Patienten, dass er Jurist
ist, im Regelfall zur Folge, dass der Patient, ob
er will oder nicht, eine exzessive Aufklärung
erhält.“
Aufklärungspflicht
Anwälte als Patienten

Behauptung:
„Der HNO-Arzt hat sich während der Operation gewaltsam
auf meinem Kopf abgestützt und dadurch die Platten
meines Schädels verschoben.“

Beweiswürdigung: Das Gericht hielt dieser Behauptung
sachlich entgegen, dass der Operateur weder die
Möglichkeit habe noch für diesen eine Notwendigkeit
bestehe, sich mit irgendeinem Körperteil auf den Kopf des
Patienten aufzustützen.

Im Ergebnis hielt man die Ausführungen des Arztes für
glaubwürdiger und wies die Klage ab.
Schönheitschirurgie
Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner LL.M.
Universität Wien - Juridicum
Rechtliche Rahmenbedingungen und
Grenzen bei kosmetischen Eingriffe

Medizinisch indizierte Heilbehandlungen:



wenn lege artis durchgeführt = keine Körperverletzung
 Aufklärung und Einwilligung erforderlich
wenn nicht lege artis durchgeführt = Körperverletzung
Medizinisch nicht indizierte Eingriffe:


immer Körperverletzungen
Rechtfertigung durch Einwilligung
 Keine Rechtfertigung möglich,
• wenn der Eingriff gegen die guten Sitten verstößt
– „Ablehnung aller billig und gerecht Denkender“
• Ö: Verstümmelung der Genitalien
• Ö: Verletzung der Genitalien, die geeignet sind, eine
nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens
herbeizuführen
Schamlippen-OP

Ö: Strafrechtsänderungsgesetz 2009
 Genitalverstümmelung
 Verletzung der Genitalien, die geeignet sind, eine nachhaltige
Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen

Mat:



rel und soz bedingte Eingriffe zur Beeinträchtigung des sex
Empfindens
Nicht umfasst:
• Genitalpiercing (keine Verstümmelung, keine nachhaltige
Beeinträchtigung ..)
• Beschneidung bei Knaben (nicht geeignet, das sex Empfinden zu
beeinträchtigen)
• Geschlechstumwandlung (med indiziert)
D: Gesetzesvorschläge
Aufklärung bei Schönheits-OPs

Sonderstellung: keine med Indikation


Zusätzlicher Aufklärungsbedarf:




psychisches und ästhetisches Bedürfnis
Risiko des Misslingens der Operation
Erfolgsaussichten des Eingriffes
Wirkungsdauer und die Notwendigkeit weiterer Eingriffe
Entscheidungen:







Brustvergrößerungen: Sensibilitätsstörungen, Kapselfibrose, Deformationen
(Augmentationsplastik), beschleunigtes Durchhängen bei schwacher
Gewebsstruktur (Notwendigkeit von weiteren Eingriffen), Wundheilstörungen;
Brustverkleinerung: Narbenbildung, Taschenbildung unter der Achsel (Ströbeck);
Korrektur des Augenlids: ästhetisch unbefriedigendes Ergebnis, Infektion, Blutung,
unvollständiger Lidschluss, Narbenbildung, Erblindung;
Facelifting: Knotenbildung, dauerhafte Missempfindung.
Hautstraffung im Gesicht: versteckte Faltenbildung bei Voroperation;
Entfernung von Fettpolstern (operativ): Wundheilstörungen;
Lippenkorrektur (Silikon): Bindegewebsveränderungen und
Entzündungsreaktionen.
Aufklärung bei Schönheits-OPs

Sachverhalt:


Behandlungsvertrag:
 Straffung eines Doppelkinns und des Halsbereichs
 „mit einem möglichst natürlichen Ergebnis“.
Urteil:


besonders strenge Anforderungen an die ärztliche Aufklärungspflicht
ausdrückliche Aufklärung, dass das angestrebte Ziel aus vom Arzt nicht
beeinflussbaren physiologischen oder psychologischen Gründen ganz oder
teilweise nicht erreicht werden könnte.

Verpflichtung, offen und schonungslos darüber aufzuklären, dass die
Zielvorstellungen des Patienten durch die kosmetische Operation nicht
immer gänzlich verwirklicht werden können.
 insbesondere, wenn der Arzt selbst eine bestimmte Vorstellung über
das zukünftige Aussehen hervorruft.

Konkret keine Haftung, da angesichts der vereinbarten Vorgabe eines
möglichst natürlichen Ergebnisses den Behauptungen der Patientin kein
Glaube geschenkt wurde, dass sie in ihrer Erwartungshaltung enttäuscht
worden ist.
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