Demokratie

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Islam und Demokratie
‫اإلسالم والديمقراطية‬
Amir M. A. Z A I D A N
Was ist Demokratie?
Sprachliche Bedeutung:
Demokratie: ein griechisches Wort abgeleitet
von „démos, Volk“ und „kratía, Herrschaft“.
Demokratie bedeutet somit sprachlich: die
Volksherrschaft
Unter dem Volk definierte man in Athen nur die
Gruppe der einheimischen freien Männer.
Sie waren in 4 Klassen unterteilt und hatten
unterschiedliche Wahlrechte.
Was ist Demokratie?
Terminus technicus:
Demokratie: ist ein allgemeiner Sammelbegriff
für Herrschaftsformen (Volksherrschaft?).
Wobei der Volksbegriff alle Bürger ab Vollendung des 18. (16.) Lebensjahres umfasst.
Die Demokratie ist als ein tragendes Verfassungsprinzip in Österreich (Artikel 1. B-VG)
fest verankert.
Demokratie im Duden (4 Bedeutungen)
1. a. politisches Prinzip, nach dem das Volk
durch freie Wahlen an der Machtausübung im
Staat teilhat
b. Regierungssystem, in dem die vom Volk
gewählten Vertreter die Herrschaft ausüben
2. Staat mit demokratischer Verfassung,
demokratisch regiertes Staatswesen
3. Prinzip der freien und gleichberechtigten
Willensbildung und Mitbestimmung in
gesellschaftlichen Gruppen
Demokratie heute
Die Demokratie hat sich entwickelt aber ist immer
gruppenbezogen (Bundeswahlen: nur Bürger).
Das Mehrheitsprinzip ist immer noch notwendig
aber nicht hinreichend, dazu sind noch nötig:
• Gleichheit der „Wahlberechtigten“: aktives Wahlrecht mit nur einer Stimme sowie passives Wahlrecht (kandidieren)
• Meinungsfreiheit und Zwanglosigkeit bei der
Entscheidung mit ausreichender Zeit sowie
Zugang zu allen maßgeblichen Informationen
• Alternativen
• 1900 gab es (Freedom House) 55 souveräne
Staaten aber keine Demokratie (Frauen: kein
Wahlrecht).
• 1950 gab es 80 souveräne Staaten, darunter 22
Demokratien.
• 1999 waren 192 souveräne Staaten, darunter 85
Demokratien.
Entscheidend für die Einstufung als Demokratie
sind zwei Kriterien:
• Politische Rechte (political rights) und
• Bürgerfreiheiten (civil liberties).
Der demokratische Staat
Anwendungsgebiet der Demokratie: Staatsführung
Merkmale des demokratischen Staats:
•Volk
•Territorium, in dem die Entscheidungen
innenpolitisch angewendet werden und das Volk
angesiedelt ist.
•Entscheidungsfindungsprozedur für politische
Normen (Referendum, Wahl eines Parlaments) und
festgelegtes Verfahren zum gewaltlosen
Regierungswechsel in Freiheit
•Souveränität: Keine ausländische Autorität
Demokratieformen
Demokratie: ist eine wandelbare Herrschaftsform!
- Unmittelbare bzw. Direkte Demokratie
Das Volk nimmt unmittelbar und unvertretbar am
Staatsgeschehen teil (Praxis: Plebiszitäre Demok.,
Plebiszit: eine Volksabstimmung über eine Sachfrage
als Ergänzung zur Wahl, Schweiz)
- Repräsentative Demokratie
Repräsentanten des Volkes werden für eine bestimmte
Zeit zur Machtausübung autorisiert.
Repräsentiert wird das Volk in den gesetzgebenden
Organen (Parlament, Rat) und in den gesetzesausführenden Organen (Regierung, Verwaltung).
• Verhältniswahlrecht: Der Wähler wählt
eine Partei, die seinen politischen
Vorstellungen entspricht. Im Parlament
sind die Parteien dann entsprechend den
Stimmanteilen vertreten.
• Mehrheitswahlrecht: Die Kandidaten
mit den meisten Stimmen im Wahlkreis
ziehen ins Parlament ein.
• Auch verschiedene Mischformen kommen
vor.
Demokratie-Abgrenzung
Klassische Abgrenzung:
1. Monarchie: Herrschaft einer Gruppe von
Adelsfamilien.
2. Oligarchie: Herrschaft von Wenigen (Adel spielt
keine Rolle).
Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus 1987
werden in Russland reiche Unternehmer, die keine
politischen Ämter bekleiden, aber hinter den
Kulissen die Fäden ziehen, als Oligarchen
bezeichnet.
Demokratie-Abgrenzung
3. Theokratie: "Gottesherrschaft" (in Wirklichkeit
Herrschaft von religiösen Führern)
4. Diktatur: Herrschaft von Leuten, die mit Ge-walt
die Macht an sich gerissen haben und sich mit
Gewalt an der Macht halten (oft: Militär-diktatur)
Demokratische Staaten sind oft Republiken.
Großbritannien, BENELUX-Länder, Skandinavien
sind konstitutionelle Monarchien mit demokratischen. Grundrechten und Einschränkung der Macht
des Monarchen, deshalb demokratisch.
Moderne Abgrenzung:
1. Totalitäres Regime: Herrschaft einer kleinen
Gruppe von Machthabern auf der Grundlage
einer Ideologie, die allgemeine Geltung für alle
Lebensbereiche beansprucht und meist Züge einer
Ersatzreligion annimmt. Es duldet keine
Abweichung von der Staatsideologie. Gegner
werden mit Folter, Konzentrationslagern und
Völkermord mundtot gemacht.
(Beispiele?)
2. Autoritäres Regime: Herrschaft einer kleinen
Gruppe von Machthabern, ohne ausgeprägte
Staatsideologie und tolerieren gewisse Freiheiten
(z.B. wirtschaftliche und kulturelle), solange ihre
Herrschaft nicht gefährdet wird. Wichtigstes Ziel
autoritärer Regimes ist Er-haltung der eigenen
Macht und die persönliche Bereicherung auf Kosten
des Staates.
Beispiele?
3. Gottesstaat: Herrschaft einer kleinen Gruppe mit
für alle verbindlichen religiösen Traditionen und
Moralvorstellungen.
Beispiele?
Demokratie
versus
Islam?
Islam versus Demokratie?
Der Islam
Die Demokratie
• Umfassende Lebensweise und
beinhaltet z. B. rituelle Handlungen, umfassende Gebote.
• Nur Herrschaftsform
(Regierungsform), keine
umfassende Lebensweise
• Jen- und diesseitsbezogen
• Nur diesseitsbezogen
• Er beinhaltet keine eindeutige
Herrschaftsform sondern nur
Herrschaftsrichtlinien.
• Herrschaft der Mehrheit,
freie Wahlen, politischer
Pluralismus
• In Opposition zu nicht-islam- • In Opposition zur Diktatur
konformen Lebensweisen,
nicht zum Schöpfer und
ohne gewaltsame Abschaffung nicht zum Islam
Die islamische Herrschaftsform und die
Demokratie - Gemeinsamkeiten
- Herrschaft des Volkes/ der Ummah
- Wahrung von Werten und Rechten: wie
Freiheit, Gleichheit, soziale Gerechtigkeit,
Menschenrechte, etc.
- Gewaltenteilung: die Gesetzgebung
(Legislative), die Vollziehung/Vollstreckung
(Exekutive) und die Rechtsprechung
(Judikative)
Islam und Demokratie - Problemfelder
-Der Begriff „Volk“ unterliegt der „nationalen
Idee“ in der Demokratie, aber im Islam dem
„Diin“ und nicht der Nation.
-Die „Volksherrschaft“ in der Demokratie ist
theoretisch unbegrenzt, aber im Islam kann sie
nur im Rahmen der eindeutigen Geboten des
Islam stattfinden.
In der Demokratie regiert nur das Volk,
während im Islam die Ummah und die
islamischen Gebote regieren.
Immanente demokratische Prozesse im Islam
ِ ‫ثَََلثَةٌ ََل تَرتَِفع ص ََلتُهم فَو َق رء‬
… ََ ‫ َر ُج ٌل أَم َ ْوًً َوُُ ْم َُُ ََ ِرُُو‬،‫وس ِه ْم ِشْب ًرا‬
ُُ ْ ْ ُ َ ُ ْ
Von drei Betenden wird das Gebet nicht angenommen: von
einem Mann, der als Imam vor einer Gruppe vorbetet,
während diese ihn nicht mag, … (Ibnu-madschah)
ِ
ِ ‫ِخي ر أَئِمتِ ُكم اَ ِذين ُُِتبُّونَهم وُُِيبُّونَ ُكم وتُصلُّو ََ علَي ِهم ويصلُّو ََ علَي ُكم و ِشرار أَئِمتِ ُكم اَ ِذ‬
‫ضونَ ُك ْم‬
ُ ‫ضونَ ُه ْم َويُْبغ‬
ُ ‫ين تُْبغ‬
ُ َ َ ْ ْ َ َ َُ ْ ْ َ َ َ ْ
َ ُْ
َُ
َ ْ
َ ْ
… ‫َوتَ ْل َعنُونَ ُه ْم َويَ ْل َعنُونَ ُك ْم‬
Die Besten eurer Herrscher/Imame sind diejenigen, die ihr
mögt und die euch mögen und für die ihr Bittgebete sprecht
und die für euch Bittgebete sprechen. Doch die Schlimmsten
eurer Herrscher/Imame sind diejenigen, welche ihr hasst und
die euch hassen und die ihr verdammt und die euch
verdammen. (Muslim)
Immanente demokratische Prozesse im Islam
Frage:
Was bedeutet ALLAAH (ta‘aala) ist der Souverän/Alhaakim? Steht es nicht im Widerspruch zu
Demokratie?
Antwort:
Der Begriff „Souverän“ bedeutet: ER hat
- sowohl eine kosmische Souveränität (Er schafft,
bestimmt und verwaltet:
‫أو لم يروا أنا نأتي األرض ننقصها من أطرافها وهللا يحكم ال معقب لحكمه وهو سريع الحساب‬
Nehmen sie etwa nicht wahr, dass Wir Uns der Erde
zuwenden und sie bei ihren Enden weniger machen. Allah
bestimmt (yahkumu), es gibt niemanden, der Seine
Bestimmung (hukmihi) danach abändern könnte… (13:41)
Immanente demokratische Prozesse im Islam
- als auch eine Souveränität, den Menschen
Verpflichtungen aufzuerlegen: ER gebietet,
verbietet und lässt wählen (Halaal, Haraam,
‘Ibaadah, etc.) hat.
Doch ALLAAH (ta‘aala) hat uns nicht in allen
Bereichen Verpflichtungen und Normen auferlegt
und uns diese Aufgabe überlassen.
Im Quraan und im Hadiith heißt es:
‫ين‬
َ ‫ع ْن َها ِح‬
َ ‫يَا أَيُّ َها الَّ ِذ‬
ُ َ ‫ع ْن أ َ ْشيَا َء ِإ ْن ت ُ ْبدَ لَ ُك ْم ت‬
َ ‫سؤْ ُك ْم َو ِإ ْن ت َ ْسأَلُوا‬
َ ‫ين آ َ َمنُوا َال ت َ ْسأَلُوا‬
َّ ‫ع ْن َها َو‬
َّ ‫عفَا‬
َ ُ‫اَّلل‬
.‫َفُور َح ِِيم‬
َ ُ‫اَّلل‬
َ ‫يُن ََّز ُل ْالقُ ْرآ َ ُن ت ُ ْبدَ لَ ُك ْم‬
Ihr, die den Iimaan verinnerlicht habt! Fragt nicht nach
Dingen, die, wenn sie euch verdeutlicht würden, euch unangenehm wären. Doch wenn ihr danach fragt, während der
Quraan hinabgesandt wird, werden sie euch verdeutlicht.
ALLAAH hat sie euch vergeben. Und ALLAAH ist
allvergebend, allnachsichtig. (5:101)
َّ
‫ َو َح َّر َم أشيَا َء فَال‬،‫ض ِيعُوها‬
َ ُ ‫ض أ ْشيا َء فَال ت‬
َ ‫ وفَ َر‬،‫إن هللاَ حدَّ حد ُودا ً فَال تـ َ ْعـتـَدو َها‬
.‫ع ْنها‬
َ ‫س َك‬
َ ‫ان فَال ت َ ْب َحثوا‬
َ ‫ت‬
َ ‫ َو‬،‫تَنت َ ِه ُكوها‬
َ َ ‫عن أشيَاءٍ َر ْح َمةً ِب ُك ْم‬
ِ َ‫َير نَسي‬
Gewiss, ALLAAH hat Grenzen gesetzt, so überschreitet sie
nicht! Auch hat ER Dinge geboten, so vernachlässigt sie nicht!
ER hat Dinge verboten, so verletzt sie nicht! Und ER ließ
manche Dinge unerwähnt bleiben aus Gnade euch gegenüber,
ohne dass ER sie vergessen hätte, so forscht nicht nach ihnen!
(Ü. v. Ad-daraqutniy)
ْ ‫س َؤا ِل ِه ْم َو‬
‫عَِى أ َ ْن ِبيَا ِئ ِه ْم فَإِذَا‬
َ ‫عو ِني َما ت َ َر ْكت ُ ُك ْم ِإنَّ َما َهَِ َك َم ْن َك‬
ُ َ‫د‬
ُ ‫ان قَ ْبَِ ُك ْم ِب‬
َ ‫اخ ِت َال ِف ِه ْم‬
َ َ ‫اجتَنِبُوهُ َو ِإذَا أ َ َم ْرت ُ ُك ْم ِبأ َ ْم ٍر فَأْتُوا ِم ْنهُ َما ا ْست‬
.‫ط ْعت ُ ْم‬
َ ‫ع ْن‬
ْ َ‫ش ْيءٍ ف‬
َ ‫نَ َه ْيت ُ ُك ْم‬
Lasst mich, solange ich euch lasse! Denn diejenigen
vor euch sind nur aufgrund ihrer Fragerei und
Streitigkeiten mit ihren Propheten untergegangen.
Wenn ich euch etwas verbiete, dann meidet es, und
wenn ich euch etwas gebiete, dann vollzieht davon,
was ihr könnt. (Ü. v. Al-buchaariy und Muslim)
َّ ‫اَّللُ ِفي ِكتَا ِب ِه َو ْال َح َرا ُم َما َح َّر َم‬
َّ ‫ْال َح َال ُل َما أ َ َح َّل‬
.ُ‫ع ْنه‬
َ ‫س َك‬
َ ‫عفَا‬
َ ‫ع ْنهُ فَ ُه َو ِم َّما‬
َ ‫ت‬
َ ‫اَّللُ ِفي ِكتَا ِب ِه َو َما‬
Halaal ist das, was ALLAAH in Seiner Schrift für
halaal erklärte; und Haraam ist das, was ALLAAH in
Seiner Schrift für haraam erklärte; und das, was ER
unerwähnt bleiben ließ, ist von dem, was ER vergab.“
(Ü. v. At-tirmidhiy und Ibnu-maadschah)
‫ي‬
‫ي‬
‫ي‬
‫ي‬
‫ي‬
‫ي‬
‫ي‬
َّ ‫َح َّل‬
َّ
ٌ
‫اَّلل‬
‫ه‬
‫ب‬
‫ا‬
‫ت‬
‫ك‬
‫ِف‬
‫ح‬
‫فهو‬
‫ه‬
‫ب‬
‫ا‬
‫ت‬
‫و‬
،
‫ل‬
‫َل‬
‫ح‬
‫فهو‬
‫م‬
‫م‬
‫ر‬
‫ح‬
‫ا‬
‫س‬
‫ا‬
‫و‬
‫ام‬
‫م‬
‫ر‬
‫ت َع ْن ُه‬
‫ك‬
.
َ
َ
َ َ ََ ٌ ََ
َ‫اَّللُ يِف ك‬
َ ُ َ َّ َ َ َ
َ ‫َما أ‬
َ
‫ فَاقبلوا يمن ي‬،‫فَ هو عفو‬
َّ َ‫ ف‬،ُ‫هللا َعافييَ تَه‬
‫ َوَما َكا َن‬:‫ ُثَ تََل‬.‫إن هللاَ ملْ يَ ُك ْن لييَ ْنسى َشيئا‬
َ َ ٌ َ َُ
.‫ك نَ يسيًّا‬
َ ُّ‫َرب‬
Was ALLAAH in seiner Schrift für halaal
erklärte, ist halaal; und was ER für haraam
erklärte, ist haraam; und was ER unerwähnt
bleiben ließ, ist eine Nachsichtigkeit. So nehmt
von ALLAAH Seine Nachsicht an, denn gewiss
ALLAAH würde nichts vergessen. Dann
rezitierte er: “‫ان َرب َُّك نَ ِسيًّا‬
َ ‫ َو َما َك‬und dein HERR
vergisst nie” (19:64) (Ü. v. Al-haakim)
Fazit:
Die Aussage, dass nur ALLAAH (ta‘aala)
Gesetze und Normen erlässt und dass
Menschen dies nicht dürfen, deshalb sei
Demokratie nicht islam-konform,
ist eindeutig falsch!
Immanente demokratische Prozesse im Islam
Frage:
Darf man im nicht-islamischen Staat wählen?
Antwort:
- Die Verpflichtung zur Schadensminimierung gilt
für den Muslim überall, auch im nicht-islamischen
Staat.
- Die Wahl ist nicht zwischen Islam und Kufr oder
zwischen ALLAAH ta‘aala und Götzen, sondern
zwischen Parteiprogrammen zu Themen, die fast zu
„masaalih-mursalah/ ohne konkrete Gebote“ zählen
(Verwaltung, Verkehr, Gesundheit, Bildung, etc.).
- Auch die Wahl zwischen „richtig und richtiger“ bzw.
„schlecht & schlechter“ muss getroffen werden.
Immanente demokratische Prozesse im
Islam
- Der Muslim muss immer für das „Gute“ bzw.
„weniger Schädliche“ nach Kräften eintreten
(Hadiith: Wer von euch etwas Verwerfliches sieht,
soll es mit der Hand beseitigen, wenn er dies nicht
vermag, dann mit dem Wort, und wenn er dies nicht
vermag, dann muss er es im Herzen verabscheuen,
denn dies ist das Schwächste des Iman).
- Die Wahl ist in Europa eine der wichtigsten und
effektivsten Möglichkeit für das „Gute“ bzw. „das
Bessere“ einzutreten.
- Die Teilnahme an der Wahl wird selbst zu einer
islamischen Pflicht, wenn man dadurch Schaden
minimieren kann, denn „das, ohne es eine Pflicht
Immanente demokratische Prozesse im Islam
Frage:
Darf man nicht im Islam und in islamischen Ländern
entwickelte demokratische Prozesse übernehmen?
Antwort:
Die Demokratieprozesse gehören zu den masaalih
mursalah (nicht festgelegte Normen, die von
Menschen festgelegt werden. Beispiele:
Grabenschlacht, Dawaawin von Umar, etc.)
Immanente demokratische Prozesse im
Islam
Die Herrschaftsform im Islam ist Teil der
„masaalih-mursalah“.
Ihre Umsetzung ist dem Menschen überlassen.
Somit ist die Demokratie im Islam ein Verfahren
- zur Wahl des Herrschers,
- zur Umsetzung der Schura-Prinzipien,
- zur Umsetzung von „amr bil-ma‘ruf“/
Aufforderung zum Guten/Besseren,
Immanente demokratische Prozesse im
Islam
Frage:
Ist das Mehrheitsprinzip islam-konform?
Antwort:
1. Das Mehrheitsprinzip in Bezug auf Kufr und Iimaan
versagt:
(116 :‫وإن تطع أكثر من في األرض يضِوك عن سبيل هللا )األنعام‬
Würdest du auf die meisten der Erdenbewohner hören, würden sie dich
vom Wege Allaahs verleiten! (6:116)
(103 :‫وما أكثر الناس ولو حرصت بمؤمنين )يوسف‬
Die meisten Menschen - selbst dann, solltest du dich darum bemühen,
werden keine Iimaan-Bekennenden sein. (12:103)
(13 :‫وقِيل من عبادي الشاكرون )سبأ‬
Immanente demokratische Prozesse im
Islam
Frage:
Ist das Mehrheitsprinzip islam-konform?
Antwort:
2. Das Mehrheitsprinzip in Bezug auf Idschtihaad und
Ahkaam-Dhanniyah (mehrdeutige Normen) ist islamkonform und erwünscht (Al-dschumhuur):
‫ وهو من االثنين أبعد‬،‫إن الشيطان مع الواحد‬
Der Satan begleitet den Einzelnen, doch von Zweien hält er sich
entfernter! (At-tirmidhiy)
‫لو اجتمعتما عِى مشورة ما خالفتكما‬
(Der Gesandte zu Abu-bakr und ‘Umar): Würdet ihr in einer Frage
gleicher Meinung sein, würde ich euch nicht widersprechen. (Ahmad)
ُ ‫َما َرأَيْتُ أ َ َحدًا أ َ ْكث َ َر َم‬
َّ ‫صَِّى‬
َّ ‫سو ِل‬
‫سَِّ َم‬
ُ ‫ص َحابِ ِه ِم ْن َر‬
ْ َ ‫ورة ً ِأل‬
َ ُ‫اَّلل‬
َ ‫عَِ ْي ِه َو‬
َ ِ‫اَّلل‬
َ ‫ش‬
Nie habe ich jemanden erlebt, der sich mit seinen Gefährten mehr berät
Immanente demokratische Prozesse im
Islam
‫س ااَوا ِ ْاَأ ا ْع ا‬
ْ ‫ض اَللا ٍة فاإِذاا ارأ ا ْيت ُ ْم‬
‫م ِم‬
َّ ‫اخ ِت اَلفًا فاعالا ْي ُك ْم ِبال‬
‫علاى ا‬
‫ِإ َّن أ ُ َّم ِتي اَل ت ا ْجت ا ِم ُع ا‬
Meine Ummah einigt sich nicht auf einen Irrtum!
Solltet ihr Abweichungen erleben, so haltet euch an
die Mehrheit. (Ibnu-maadschah)
Beispiele aus der Sunnah:
- Der Gesandte in Badr
- Der Gesandte in Uhud
- ‘Umar beim Vorschlagen seines Nachfolgers
Demokratische Prozesse im Fiqh und Politik
Idschma‘ und Demokratie?
‘Urf und Demokratie?
Schura und Demokratie?
Danke für die
Aufmerksamkeit
Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
Erstes Hauptstück
A. Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1. Österreich ist eine
demokratische Republik. Ihr Recht geht
vom Volk aus.
Wahlrecht in Athen gab es nur für folgende
vier Männergruppen:
Großgrundbesitzer und Großkaufleute
1. Klasse (etwa 300)
Reiche Kaufleute, Handwerker, Bauern
2. Klasse (etwa 900)
Mittlere Handwerker, Bauern
3. Klasse (etwa 8.000)
Lohnarbeiter und kleine Bauern
4. Klasse (etwa 30.000)
Die Volksversammlung wählte die Vertreter
für Regierungsaufgaben:
(Areopag)
oberste Aufsicht, höchste Rechtssprechung
Wahlrecht: 1. Klasse
(Rat der 400)
einfache Regierungsgeschäfte
Wahlrecht: 1., 2., 3. Klasse
(Geschworenengericht)
einfache Rechtssprechung
Wahlrecht: 1., 2., 3., 4. Klasse
Herrschaftsrichtlinien im Islam
•Die Ummah bestimmt und entlässt den Regierenden
(übliches Modell in der Chilaafah: die Bai‘ah)
•Die Mitverantwortung der Ummah (Kooperation:
Birr/Taqwa, Walaa einander gegenüber)
•Die Freiheit (Diin, allgemein: „Sei kein Jasager! ..“,
Kritik der Herrscher: „Der größte Dschihaad …“)
•Gleichheit aller Menschen („Taqwa-Maßstab“)
•Vielfalt der Religionen und Ethnien (gottgewollt!)
•Gerechtigkeit (Verbot der Unterdrückung)
•niemand steht über dem Gesetz (Charta von
Madiinah)
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