Abendprogramm The Danish String Quartet

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5. September 2016
The Danish String Quartet
Per Nørgård, Dmitri Schostakowitsch,
Ludwig van Beethoven, Carl Nielsen, Danish Folk Tunes
Berliner Festspiele in Zusammenarbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker
Berliner Festspiele
Berliner Festspiele in Zusammenarbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker
Bildnachweise
Titel: The Danish String Quartet © Nikolaj Lund
S. 9 Weibliche Patientin des Hôtel Salpêtrière Paris im Zustand einer melancholischen Katalepsie,
Foto: Albert Condé © Wellcome Library London
S. 12 Artesella, Foto: privat
S. 14 The Danish String Quartet © Caroline Bittencourt
S. 16 Per Nørgård © Lars Skaanin
S. 17 Dmitri Schostakowitsch 1950, Foto: Roger Rössung & Renate Rössing © Deutsche Fotothek
S. 18 Ludwig van Beethoven, Lithographie nach einer Zeichnung von August von Kloeber, 1817
S. 20 The Danish String Quartet © Caroline Bittencourt
Musikfest Berlin 2016
Montag, 5. September, 19:00 Uhr & 21:30 Uhr
Konzertprogramm
6
Tomi Mäkelä: Amletus melancholicus in Imperium Moscoviticum
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Wood Works – Interview mit The Danish String Quartet
16
Komponisten
20
Interpreten
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Musikfest Berlin 2016 im Radio und Internet
26
Musikfest Berlin 2016 Programmübersicht
28
Impressum
3
5
Weitere Texte und Beiträge zum Musikfest Berlin lesen Sie im Blog der Berliner Festspiele:
blog.berlinerfestspiele.de
4
Bitte schalten Sie Ihr Mobiltelefon vor Beginn des Konzerts aus.
Bitte beachten Sie, dass Mitschnitte und Fotografieren
während des Konzerts nicht erlaubt sind.
Programm
Montag, 5. September
1. Teil
19:00 Uhr
Kammermusiksaal
18:00 Uhr
Einführung mit
Tomi Mäkelä
Per Nørgård (*1932)
Streichquartett Nr. 1
„Quartetto Breve“ (1952)
Lento, poco rubato
Allegro risoluto
Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)
Streichquartett Nr. 15 es-Moll op. 144 (1974)
Elegie: Adagio – Serenade: Adagio – Intermezzo: Adagio –
Nocturne: Adagio – Trauermarsch: Adagio molto –
Epilog: Adagio. Adagio molto
Pause
Ludwig van Beethoven (1770–1827)
Streichquartett Nr. 12 Es-Dur op. 127 (1823/24)
Konzertende 1. Teil: ca. 21:00 Uhr
2. Teil: Late Night
21:30 Uhr
Kammermusiksaal
Danish Folk Tunes
The Danish String Quartet spielt nordische Volkslieder,
einschließlich einer Auswahl von Sätzen aus Carl
Nielsens (1865–1931) Œuvre für Streichquartett bzw.
für Orchester, bearbeitet für Streichquartett
Konzertende 2. Teil: ca. 22:30 Uhr
The Danish String Quartet
Frederik Øland Violine
Rune Tonsgaard Sørensen Violine
Asbjørn Nørgaard Viola
Fredrik Schøyen Sjölin Violoncello
Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin
Mit freundlicher Unterstützung der Wilhelm Hansen Fonden
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1. Maestoso – Allegro
2.Adagio ma non troppo e molto cantabile
3. Scherzando vivace
4.Finale
Essay
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Amletus melancholicus in Imperium Moscoviticum
Dänemark glänzt im „World Happiness Report“ von 2016 als „das glücklichste
Land der Welt“. Der südskandinavischen Hafen- oder Wiesenidylle und naturnahen Lebenswelt der Hyperboreer von gestern und heute nähert sich das The
Danish String Quartet erst am Ende des langen Abends, wogegen Per Nørgårds
eher expressionistisch tiefsinniges „Quartetto breve“ den Abend einleitet. Als
wohlverdiente Belohnung für die intellektuellen und emotionalen Strapazen des
ersten Teils (Per Nørgård, Dmitri Schostakowitsch, Ludwig van Beethoven)
demonstriert das DSQ zur späten Stunde seine Sicht auf dänische und „nordische“ Volksmusik. Akademische Genrevorstellungen zerbröseln, wenn traditionelle Musik des Nordens sich mit klanglichen und melodischen Idiomen des
klassischen Streichquartettspiels aus drei Jahrhunderten verschmilzt. „Die
Musik ist einfach, aber mit einem Hauch exotischer Melancholie“, kommentiert
das Ensemble die Produkte des performativen Hörwissens. Dieses ungewöhn­
liche Repertoire wurde bereits 2014 auf der „Wood Works“-CD/LP vorgestellt. Die
Stücke existieren zum Teil auch notiert, aber nicht herkömmlich vorkomponiert,
vielmehr am Instrument ausgearbeitet. Und nicht jedes Stück strahlt Glückseligkeit aus, manches erinnert an das schwere Los herumziehender Fiddler beim
Spiel um ihr täglich Brot.
In Nørgårds „Quartetto breve“ von 1952, dessen Titel auf die kurze Aufführungsdauer hinweist, pocht der melancholische Zweifel am Daseinsgrund des Einzelnen wie in Prinz Hamlets Seele. Der junge Komponist schätzte die antinaturalistischen Errungenschaften der Schönberg-Schule und den expressiven
Neoklassizismus, abseits jeder Wohlfahrts- und Landschaftsaffirmation. Nørgård war Schüler von Vagn Holmboe (1909–1996), einem Kulturvermittler, der
hoffte, dass die jungen Dänen den Schatten von Carl Nielsen (1865–1931) und
insbesondere dessen in Dänemark allgegenwärtige „folklighet“ (Volkstümlichkeit) überwinden. Vor 1933 war Holmboe einer von Ernst Tochs (1887–1964) Schülern im (noch-)kosmopolitischen Berlin. Tatsächlich weist das „Quartetto breve“
Spuren stilistischer Nähe zu Toch auf. Erst 1953, ein Jahr nach der Fertigstellung
des Nørgårdschen „Quartetto breve“, beendete Toch in Los Angeles (im Exil)
sein letztes Streichquartett (Nr. 13). Das Ende von Tochs Quartett besteht aus
zwei moderat atonalen Abschnitten. Genau wie bei Nørgård folgt im Rahmen
eines Gesamtverlaufs von etwa sechs Minuten einer langsamen Passage ein
schneller und erregter Abschnitt. Diese Parallele markiert keinen Einfluss, aber
eine Verwandtschaft. Als Vorbild für sein Streichquartett nannte Nørgård im
Nachhinein (1998) Jean Sibelius (1865–1957). Auch dieser Einzelgänger stand
William Shakespeares Hamlet sehr nahe. Zwischen Sibelius’ Quartett Nr. 4
„Voces intimae“ (1909) und Nørgårds „Quartetto breve“ (1952) gibt es sogar
thematische Parallelen. Sowohl bei Nørgård (im zweiten Teil Allegro risoluto) als
Essay
Das 15. Quartett des von schwerer Krankheit gezeichneten Dmitri Schostakowitsch (1906–1975), das im Frühjahr 1974 entstand, bezieht sich vage auf die
Tonart es-Moll mit der von Johann Sebastian Bach vorgelebten Intensität des
Ausdrucks – nach Hector Berlioz „très terne et très triste“, sehr trüb und traurig.
Auch hier sind die Stimmen intim und von Konventionen befreit. „Um mich kreist
der Tod, einen nach dem andern nimmt er mir, nahestehende und teure Menschen, Kollegen aus der Jugendzeit“, glaubte der zur schweren Melancholie neigende Komponist. Diesen Gedankenausbruch hatte der Tod des Cellisten Sergej
Schirinski während der Proben am Quartett Nr. 15 verursacht. Schirinski gehörte
zur ursprünglichen Besetzung des 1923 gegründeten Moskauer Beethoven-Quartetts, das sich im Laufe der Jahre zum künstlerischen Partner von Schostakowitsch entwickelt hatte. Im Falle des 15. Quartetts sprang das Leningrader Tanejew-Quartett für die Uraufführung ein. Das Hauptsujet des 15. Quartetts ist der
Tod. Der Verzicht auf Schwung und Rausch fordert die Quartettspieler heraus.
Wer glaubt, dass schnelle, lebendige Stücke auf höchstem Niveau schwerer vorzutragen sind als langsame, irrt sich. Nur gelegentlich (im zweiten Adagio) deutet sich ein Walzer an. Dem aller Musik innewohnenden Willen nach Bewegung
gibt Schostakowitsch am ehesten im letzten Satz, dem Epilog, nach, aber nur
vorübergehend und ausdrücklich nicht am Ende, wenn das Leben erstarrt.
7
auch bei Sibelius (im vierten Satz Allegretto ma pesante) wirkt das d-Moll-Motiv
d-e-f wie ein Signal und evoziert eine „Klage der beengten, aber nicht kraftlosen Brust“, wie Ferdinand Gotthelf Hand in seiner „Ästhetik der Tonkunst“ 1837
die Tonart beschrieb. Harald Eggebrecht bezeichnet Nørgårds Quartett als „ruppig, aggressiv“, manchmal auch minimalistisch. Diese Attribute benennen
wesentliche Stilmittel der nordischen Tradition, insbesondere der nordischen
Moderne ab 1890, also auch manches Werk von Sibelius. An der erst 2016 erschienenen Nørgård-Quartettaufnahme bewundert Eggebrecht, wie souverän das
DSQ „diese aufgeraute Tonsprache verstehen und verständlich machen kann,
mit ausgefeilter Instrumentaltechnik und bestechendem Sinn für das, was ein
Quartett erster Klasse ausmacht: das Vierergespräch, das kammermusikalische
Miteinander“ („Süddeutsche Zeitung“, 10.5.2016). Jedes Weltklasse-Quartett
beherrscht das „Vierergespräch“, aber das DSQ zelebriert zudem das Vergnügen
am Gespräch, unabhängig vom Thema, sogar im Streit, eben auch mal „ruppig,
aggressiv“. Den jungen Klavierspieler und Klangphantasten Nørgård faszinierte
das Cello mit vielen dunklen und wunderbar „ruppigen“ Tönen, mehr noch als
die Violine, im Gegensatz zu Jean Sibelius und Carl Nielsen, die Geiger waren.
Bereits in der Schule komponierte Nørgård für seinen Cellistenfreund ein Stück
für den gemeinsamen Auftritt. Im „Quartetto breve“ wirkt die Begeisterung für
Celloklänge noch nach.
8
Essay
Im ersten der sechs Adagios, aus denen das halbstündige Kunstwerk besteht,
verzichtet der Komponist auf laute Töne. Der Satz fordert die Konzentrations­
fähigkeit der Zuhörer heraus. Schostakowitsch soll empfohlen haben, so starr
zu musizieren, dass Ungeduldige (d. h. die meisten) den Saal verlassen. Die
Melodik bezieht sich zunächst nur auf den Ton es, der als Chiffre für den Buchstaben S (Anfangsbuchstabe von Schostakowitsch) zu verstehen ist. Das zweite
Adagio (Serenade) enthält ausdrucksstarke Crescendo-Motive (innerhalb eines
4/4-Taktes von ppp bis sffff), die wie Klagerufe wirken sowie einen kraftlosen
Walzer-Abschnitt, der die Zuhörer (zumal die wenigen Auserwählten, die nach
dem ersten Satz geblieben sind) vage an die süffigen Reize des Walzers aus der
„Jazz-Suite“ von 1934, die zum Populärsten in Schostakowitschs Œuvre zählt,
oder das luftig-melancholische Andante aus dem 1957er Klavierkonzert in F-Dur
erinnern können. Im dritten Satz des Quartetts (Intermezzo) drängt sich mit der
Virtuosität der Violine der Vergleich zu Schostakowitschs Violinkonzerten auf.
Der vierte Satz (Nocturne) besteht aus innig schönen Tönen, während der fünfte
Satz als Trauermarsch gewaltsame symphonische Charaktere enthält. Im letzten Adagio (Epilog) unterstreichen es-Moll-Klänge, umgeben von wirren Gestalten, das tonale Fundament des Werkes. Für die raffiniertesten Kenner der
so­wjeti­schen Kunst gibt es im Epilog noch einige Motive aus einem MarschThema, das Schostakowitsch um 1960 zu Grigori Kosinzews international mehrfach preisgekrönter „Hamlet“-Verfilmung komponierte. Selbstzitate sind
typisch für Schos­ta­kowitsch, hier jedoch wirken sie wie blasse Erinnerungen des
Künstlers an seinen Lebensweg. Das Stück endet in „morendo“, ersterbend, nur
noch leise verhauchend. Dass Schostakowitsch noch über ein Jahr leben musste,
konnte er ja nicht wissen.
Ludwig van Beethovens (1770–1827) 12. Quartett op. 127 entstand zwischen Mai
1824 und März 1825, gleich nach der Neunten Symphonie op. 125. Als op. 126
erschienen im gleichen Jahr die schon früher komponierten Klavier-Bagatellen.
Dem 12. Quartett gingen 14 Jahre ohne ein Streichquartett-Projekt voraus, was
für Beethoven ungewöhnlich ist. Nachdem der Amateurcellist und Mäzen Nikolai Borissowitsch Golyzin, Mitglied eines der hochrangigsten russischen Fürstenhäuser, Beethoven für gutes Geld um drei Quartette gebeten hatte (es geht um
op. 127, 130 und 132), konkretisierten sich dessen ohnehin vorhandene Pläne
zügig. Die technischen Ansprüche, die op. 127 an die Quartettspieler stellt, erklären die unbefriedigende Uraufführung durch das Beethoven an sich zugeneigte
Wiener Schuppanzigh-Quartett. Der Komponist, der von seinem Werk zu Recht
überzeugt war, war empört, schließlich hatte er sich nach einer langen Pause
einfallsreich an dieser besonderen Gattung verwirklicht. Das Misslingen der Aufführung vereitelte seinen eigenen Erfolg als Autor.
Nach Nørgård und Schostakowitsch wirkt der späte Beethoven zunächst entspannend, als möchte er sich an unsere durchschnittlichen Hörgewohnheiten
anpassen, doch wer genau hinhört, wird erschüttert. Besonders rätselhaft ist
der langsame Satz: ein Adagio, ma non troppo e molto cantabile. Dessen seltene,
Essay
9
10
Essay
„wunderbare Schönheit“, derer es „keiner Worte bedarf“ (Hugo Riemann), blendet, zumal wenn sie nach den noch etwas rauen, feierlich antastenden Klängen
des kurzen ersten Satzes erscheint. Unaufdringlich gibt Beethoven seiner
Klangstudie verschiedene Gesichter. Der ganze Satz wird oft prosaisch als
Thema mit Variationen klassifiziert, obwohl Beethoven selbst keine Variationen
markierte, nur Abschnitte mit moderaten Charakteränderungen, weshalb nun
unterschiedliche Zählungen bis hin zu sechs Teilen, umgeben von Thema und
Coda, kursieren. Die Einfachheit des Grundgedankens aus Tonleitern und Dreiklängen verleiht dem Satz eine große Ruhe, die über die Ausdruckscharaktere
und Modulationen hinwegträgt. Die Signatur der Entschleunigung ist der frei
schwebende 12/8-Takt des Anfangs, der sich nach und nach als Dominantsept­
akkord erkennbar macht, dabei aber vom vorwärts strebenden Metrum unabhängig bleibt. Dieses Klanggebilde, Wilhelm von Lenz zufolge eine „Treppe zwischen Himmel und Erde“, löst sich entspannt in die As-Dur-Tonika auf. Das Stück
(Adagio, ma non troppo e molto cantabile) hat keine cantable Melodieseligkeit,
sondern harmonisch und rhythmisch profilierten Klang, der von den vier Streichern des Quartetts abwechselnd aufgefrischt wird. Es wirkt auf den Hörer wie
ein mild duftender Frühsommernebel. Um sich so etwas Originelles vorstellen
zu können, mag es sogar vom Vorteil sein, dass man nahezu taub und somit von
der Hörroutine frei ist. Arnold Schönberg griff die Idee auf und kultivierte das
‚Singen‘ eines Ensembles in Akkorden in seinem Orchesterstück „Farben“ op. 16
Nr. 3 (1909) weiter.
In der zweiten Variation Andante con moto schlägt Beethoven einen moderat
tänzerischen Ton an und im Adagio molto espressivo verschiebt er die Tonalität
von As-Dur zu E-Dur. Etwas später in Tempo I stellt er die tonale Basis sowie die
etwas langsamere Bewegung wieder her. Etwa 17 Minuten dauert das langsame
Satzgefüge; das entspricht der Hälfte der Gesamtdauer des letzten Schostakowitsch-Quartetts. Der Zuhörer erlebt ein von griffigen Melodien abgelöstes Spiel
mit kammermusikalisch belebten Klängen, ein zeitlos wirkendes Mosaik, eine
Studie über Klänge und Linien. Umso ruppiger, durchaus verstörend, wirken
Andeutungen von Tanzcharakteren im dritten und vierten Satz. Hört man sie
direkt nacheinander, entsteht zwischen dem Schostakowitsch-Quartett und
dem langsamen Beethoven-Satz eine enge Beziehung. Schostakowitsch
beschränkt sich jedoch auf das Wesentliche. Seine Adagios schweben ohne
Umrahmung im Raum, während in Beethovens op. 127 die für die Gattung typischen Schubladen gefüllt bleiben. Von der zyklischen Routine weicht er erst durch
die Trennung der Großen Fuge op. 133 vom Quartett op. 130 (wie op. 127 für Nikolai
Golyzin vorgesehen) zu einem eigenständigen Werk für seinen wichtigsten Förderer und Schüler Erzherzog Rudolph ab. Eine Kuriosität jenseits der Werkgeschichte ist die Tatsache, dass Golyzin seine Zahlungsverpflichtungen trotz wiederholter Mahnungen weit über Beethovens Tod hinaus vernachlässigte.
Tomi Mäkelä
Interview
Wood Works und anderes Holzgewerk –
oder wie man nordische Volkstümlichkeit dem
Streichquartett zueignet.
Tomi Mäkelä im Gespräch mit The Danish String Quartet
Tomi Mäkelä: Diese Musik klingt ver­
edelt. Es kommen Effekte vor, die ich
nur aus der Streichquartett-Avantgarde kenne, aber die „Stücke“ sind
trotzdem volkstümlich-unterhaltsam
und einfach, wohl auch „authentisch
nordisch“. Und natürlich höre ich
melodische Fragmente, die auf mich
wie Volksmusik wirken. Aber mir ist
unklar, wie diese Musik entstanden
ist, denn sie ist anders als gewöhn­
liche Folklore-Bearbeitungen. Wer
von Ihnen hat was gemacht? Gibt es
einen „Autor“, so wie in der Klassik,
oder kann man sich die Entstehung
der einzelnen „Beiträge“ ähnlich vorstellen wie bei einer Rockgruppe, die
im Aufnahmestudio die fertigen
Produk­te aus einigen mitgebrachten
Ideen gemeinsam, manchmal aber
auch mit externer Hilfe, zaubert?
The Danish String Quartet: Vieles
bedarf genauer Überlegung, wenn
man etwas fürs Streichquartett
arrangiert. Für eine schöne Bearbeitung sind Zusammenklänge und
Stimmführung sehr wichtig, und da
wir keine Akkordinstrumente haben,
ist es schwer, über eine „Jamsession“
zum guten Ergebnis zu gelangen.
Um Zeit zu sparen und zugunsten
einer stringenten und kohärenten
Bearbeitung macht einer von uns von
einem Lied eine Version, und wenn
wir sie dann zusammen spielen und
darüber sprechen, justieren und
polieren wir sie. Nachdem wir das
Lied einige Male im Konzert gespielt
haben, findet es normalerweise
„seinen richtigen Platz“.
TM: Aber wie werden die Stücke
fixiert – als Notentext oder irgendwie
anders, als Entwurf? Und bleibt es
bei der ersten fertigen Fassung oder
verändern sich die Bearbeitungen
von Aufführung zu Aufführung?
DSQ: Der Vorgang ist von Stück zu
Stück unterschiedlich. Einige Lieder
werden bei der Bearbeitung sofort
mehr oder minder vollständig fixiert,
meistens von Rune (erste Violine)
11
Seit ein paar Jahren tourt The Danish
String Quartet mit Bearbeitungen
nordischer Volksmusik, „Wood
Works“. Seit 2014 gibt es eine CD/LP
mit diesem Namen. Diese sowohl
avantgardistisch als auch spontan
wirkenden „Stücke“ sind vom Image
des jungen Ensembles nicht mehr zu
trennen. Doch um was geht es hier
eigentlich? Der Musiker und Musikwissenschaftler Tomi Mäkelä wollte
herausfinden, wie man diese Musik
zwischen dänischer Folklore, nordischer Neo-Folklore, europäischer
Klassik und globaler Avantgarde verorten kann, wer der Autor der Bearbeitungen ist und ob sich das spielerische Miteinander im Ensemble
anders gestaltet als bei Beethoven.
12
Interview
Interview
TM: Hat dieses Projekt, an dem Sie
alle schöpferisch und frei am Instrument arbeiten, Ihr Miteinander und
die kammermusikalische Interaktion
geändert, oder sogar das Image von
Ihnen als Musiker – im Rollenspiel,
wo es traditionelle Masken für Komponisten, Bearbeiter, Interpreten,
Volksmusiker usw. gibt?
DSQ: Etwas hat sich in unserer Art zu
spielen definitiv dadurch geändert,
dass wir all diese Volksmusik aufgeführt haben. Aber nicht so, dass wir
nun plötzlich klassische Musik volkstümlich spielen ... Das wäre ein sehr
primitiver Effekt, zumal man klassische Musik dadurch grundsätzlich in
eine bestimmte Schublade stecken
würde und „nicht-klassische“ Musik
in eine andere; und dann sollte klassische Musik irgendwie einseitig kontrolliert und nicht-klassische Musik
frei und wild sein. Wer etwas über
klassische Musik weiß, weiß sicher
auch, dass sie jede nur vorstellbare
menschliche Stimmung und Emotion
enthält.
Als wir damit anfingen, unser eigenes
Material auf der Bühne zu zeigen –
und auch wenn es nur Bearbeitungen
waren – passierte es aber, dass wir
das Gefühl hatten, die Musik und die
ganze Konzertsituation unmittelbar
in Besitz nehmen zu können. Normalerweise können klassische Musiker
sich hinter den Namen der Meister
ver­stecken. Sie können denken: „Du
hast das Konzert also nicht gemocht?
Vielleicht verstehst Du Beethoven
nicht und wahrscheinlich bist Du
beschränkt.“ Aber da wir nun die­
jenigen sind, die darauf bestehen, als
Streichquartett Volksmusik auf der
Bühne aufzuführen, sind wir auch
diejenigen, die sich den Respekt des
Publikums von Anfang an verdienen
müssen. Wir stehen quasi ohne Tradition da und müssen den Zuhörern
erklären, warum wir das spielen und
warum wir ihre Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen müssen.
13
oder Fredrik (Cellist). Andere Bearbeitungen wachsen im Plenum aus
einer kleinen Idee heraus.
Jedes Stück Musik ändert sich ziemlich oft, nachdem man begonnen hat
es öffentlich aufzuführen – ob Klassik,
Folk, Pop oder was auch immer.
Eigentlich lernt man als Musiker ein
Stück überhaupt erst dann wirklich
aufzuführen, wenn man es vor Publikum spielt. Im Falle von Beet­hoven
etwa haben wir das Gefühl, dass es
mindestens 10 bis 15 Aufführungen
bedarf, bevor wir das große Ganze
egal welches seiner Quartette
begreifen. Aber im Falle der traditionellen Musik („Volksmusik“) gibt es
ja keine ins Stein gemeißelte Partitur,
so dass wir die Möglichkeit haben,
die Bearbeitungen substantiell zu
verändern. Sehr selten ändern wir
jedoch etwas Fundamentales, aber
wir justieren Harmonien und Stimmführung, fügen Passagen hinzu,
machen einige Abschnitte länger,
gestalten neue quasi-improvisierte
Teile und runden Überleitungen ab.
14
Interview
Und dann lernten wir, dass es auch
mit klassischer Musik eigentlich
genau so ist. Wenn man die „Meister“
gut aufführen will, muss man die
Musik genau so besitzen, als ob man
sie selbst komponiert hätte. Wenn du
vom Publikum erwartest, still zu sein
und nur auf uns zu achten, solltest
du selbst wissen, warum; was du mit
der Musik sagen willst und warum
es wichtig ist, dass es gesagt wird.
TM: „Wood Works“ ist keine selbstverständliche Bezeichnung für eine CD
mit Volksmusikbearbeitungen und
nicht einmal für Streichinstrumente –
abgesehen von der Arbeit des Geigenbauers. Aber der Name deutet
auf Arbeit mit Holz in einer Werkstatt
hin. Ist es etwas typisch Nordisches,
handgemachte Holzsachen zu
mögen, so auch Holzhäuser, Holz-
boote usw.? Für gutes Holzhandwerk
und -design sind ja alle nordeuro­
päischen Länder bekannt.
DSQ: Ich glaube, dass die meisten
Menschen Holz mögen, weil es ein
lebendiges, schönes und warmes
Material ist. Ich denke nicht, dass
nordische Leute ein engeres Verhältnis zum Holz haben. Holz ist Teil fast
jeder Kultur überall in der Welt, in
irgendeiner Art und Weise. In Kirsten
Kjærs Museum (in Frøstrup,
Nord-West-Dänemark), wo wir die
Aufnahme machen durften, waren
wir von Bäumen, Holzstatuen und
Werkstätten umgeben. Der Platz war,
wie die Volksmusik meistens, so im
Einklang mit der Natur, dass wir
davon tatsächlich angeregt wurden.
Das ist einer der Gründe, warum wir
das Album „Wood Works“ nannten.
Interview
TM: Wenn „Wood Works“ auf dem
Konzertprogramm steht, so wie in
Berlin, wann entscheiden Sie die Auswahl der Stücke? Die Zuhörer bekommen ja keine Programmreihenfolge,
obwohl die Stücke ja Namen haben
(so auch auf der CD von 2014) und
auf vorhandene Volkslieder Bezug
nehmen. Das ist für Veranstalter und
Besucher klassischer Streichquartettkonzerte ungewöhnlich. Gibt es keine
Vereinbarung, bestimmte Stücke zu
spielen? Ist Spontaneität in diesem
Falle so wichtig?
TM: Wo hatten Sie das „beste“ Pub­
likum für diese Art Musik, also ein
Publikum, das Ihnen das Gefühl
gegeben hat, die in dieser Musik
enthaltene fruchtbare Spannung
zwischen Volksmusik und Avant­garde, Bearbeitung und Kunstwerk,
Spon­taneität und Übung zu spüren,
und wo verkauft sich die Aufnahme
am besten? Und übrigens:
Bekommen Sie Fanpost?
DSQ: Den besten „Wood Works“Event gab es bis jetzt wohl in New
York, als wir in einem „alternativen“
Club spielten. Die Szenerie war perfekt, das Publikum war entspannt
und offen, und der Sound, den die
Das Interview führte Tomi Mäkelä.
Juni 2016
15
DSQ: Ja, wir entscheiden über
die Stücke erst ziemlich spät und
fügen auch immer wieder neue
Stücke hinzu, die nicht auf der
„Wood Works“­-CD zu finden sind.
Das Projekt ist nicht abgeschlossen.
dortigen Tontechniker produzierten,
phänomenal. Überhaupt passt eine
entspannte Bar- oder Clubatmosphä­re zu dieser Musik sehr gut, aber
auch Zuhörer in größeren Konzert­
sälen begrüßen sie als Kontrast und
Abwechslung.
Ich weiß nicht, wo wir die meisten
CDs zur Zeit verkaufen, aber wahrscheinlich in den USA. Wir haben
dort viel getourt und bekamen sogar
einige gute Besprechungen. Die Menschen dort scheinen sich für tradi­
tionelle Musik zu interessieren.
Und ja, wir bekommen manchmal
Fanpost und sie ist immer sehr willkommen. Gerade was „Wood Works“
angeht, weil das in so vieler Hinsicht
ein persönliches, charakteristisches
Produkt für uns ist.
Biografien / Komponisten
16
Per Nørgård
Per Nørgård, geboren 1932 in einem Vorort
Kopenhagens, ist ein Einzelgänger der
neuen Musik, der sich nicht auf eine
bestimmte stilistische Position festlegen
lässt. Als sehr produktiver Komponist hat
er in einem kaum überblickbaren Schaffen
zahlreiche avantgardistische und tradi­
tionelle Stilmittel erprobt. Dabei bilden
allge­meine polare Vorstellungen wie die
Dichotomie von Ordnung und Chaos oder
Idyll und Katastrophe Konstanten seines
musikalischen Denkens.
Per Nørgård studierte bei dem dänischen
Symphoniker Vagn Holmboe in Kopenhagen, bei dem er mit 17 Jahren anfing, Privatunterricht zu nehmen, und bei Nadia
Boulanger in Paris. Nørgårds kompositorische Anfänge standen im Zeichen nordischer Komponisten, vor allem von Jean
Sibelius und Carl Nielsen. Zu Beginn der
1960er Jahre kam Nørgård in engen Kontakt mit der europäischen Avantgarde,
was sein Schaffen grundlegend veränderte.
Viele experimentelle Werke dieser Zeit
basieren auf der so genannten Unendlichkeitsreihe, deren Töne durch die Wieder­
holung einfacher mathematischer Prozesse erzeugt werden. Ähnlich gewichtige
Anregungen empfing Nørgård später in
größeren zeitlichen Abständen auf Reisen
nach Indonesien und Südasien, von der
Begeg­nung mit den Arbeiten des schizophrenen Künstlers Adolf Wölfli und durch
die Auseinandersetzung mit den Schrecken
des Ersten Weltkrieges. Daneben finden
sich immer wieder Reflexe von Naturerlebnissen in seiner Musik. Als Professor für
Komposition hat Per Nørgård in einer über
30-jährigen Lehrtätigkeit vor allem am
Konservatorium in Århus großen Einfluss
auf eine jüngere Generation von Komponistinnen und Komponisten genommen.
Dmitri Schostakowitsch
Wer in den frühen 1920er Jahren im damaligen Leningrad ein Kino besuchte, konnte
mit etwas Glück eine besondere Erfahrung
machen. Am Klavier saß ein hoch gewachsener, kurzsichtiger Heranwachsender von
nicht einmal 20 Jahren, der mit unfehlbarem dramatischen Instinkt die Begleitung
zum gerade laufenden Stummfilm impro­
visierte: Dmitri Schostakowitsch. Für den
jungen, soeben wegen „Unreife“ vom Konservatorium verwiesenen Schostakowitsch
war die Arbeit als Kinopianist gewiss nur
ein der Not des Augenblicks geschuldeter
Broterwerb. Aber sie sollte in seinem
Lebensweg durchaus eine Rolle spielen.
Durch die Kinomusik kam er in Kontakt mit
dem avantgardistischen Theater Wsewolod
Emiljewitsch Meyerholds, der schließlich
zu seinen ersten Opernprojekten führte. Vor
allem aber entsprach diese Art der Musik
seinen künstlerischen Neigungen und seiner Fähigkeit zur unmittelbar anschau­
lichen plastischen musikalischen Erfindung.
Mit Leichtigkeit konnte Schostakowitsch
dem mit dem Aufkommen des Tonfilms
entstehenden Bedarf nach eigens komponierter Musik nachkommen und so macht
Biografien / Komponisten
17
die Filmmusik, die er als nebensächlich
ansah, etwa ein Drittel seines gesamten
Schaffens aus.
Schostakowitschs Talent war arrivierten
älteren Kollegen wie Alexander Glasunow,
dem Rektor des Konservatoriums, nicht
verborgen geblieben. Durch sie gefördert
konnte Schostakowitsch sein Studium
doch noch abschließen, und zwar mit der
Uraufführung seiner 1. Symphonie am
12. Mai 1926. Mit dieser ebenso distanziert
iro­nischen wie unzweifelhaft meisterhaften Partitur errang der noch nicht ganz
20 Jahre alte Komponist umgehend internationale Beachtung. Schostakowitschs
Aufstieg war nun unaufhaltsam. Er komponierte Werk um Werk und legte in der
kurzen Phase der progressiven sowjetischen Avantgarde immer waghalsigere
Partituren vor. Mit radikaler Lust am
Experiment türmte er wüste Dissonanzen
aufeinander, entwarf weite Klangflächen
jenseits traditioneller Harmonik, gestaltete
unvorhersehbare, aber überzeugende
Formverläufe, ließ sich vom Jazz anregen
und bezog grell parodistische Elemente in
seine Werke ein. Aus dieser Zeit stammt
auch ein legendäres Husarenstück, das wie
wenig anderes den künstlerischen Übermut
und die exzeptionelle Begabung Schostakowitschs zeigt. Nachdem er auf einer kleinen Gesellschaft ein kurzes Stück amerikanischer Unterhaltungsmusik gehört hatte,
wettete er, dass er im Stande sei, das
soeben Gehörte aus der Erinnerung niederzuschreiben. Er ließ sich für zwei Stunden
in einem Nebenzimmer einschließen und
kehrte dann mit der frisch fertig gestellten,
neu instrumentierten Partitur zurück.
Später ließ er das Stückchen unter dem
Titel „Tahiti-Trott“ op.16 veröffent­lichen.
Im westlichen Ausland wurde Schostakowitsch als Exponent einer neuen, sowjetischen Kultur wahrgenommen, von offizieller russischer Seite wurde sein Schaffen
indes höchst kritisch gesehen. Die partei­
treue Presse bezichtigte ihn „konterrevo­
lutionärer“ Tendenzen und rügte eine
mangeln­­de Verklärung des sowjetischen
Daseins. Am 28. Januar 1936 erschien in
der Parteizeitung „Prawda“ unter der Über
schrift „Chaos statt Musik“ ein Artikel, der
offenbar direkt von Stalin inspiriert war
und in dem Schostakowitsch scharf angegriffen wurde. Kurz zuvor hatte Stalin eine
Vorstellung von Schostakowitschs Oper
„Ledi Makbet“ empört verlassen. In einer
Zeit rücksichtsloser politischer Säuberungen und Schauprozesse musste der Komponist von diesem Tag an um sein Leben
fürchten. Künstlerfreunde wie Meyerhold
wurden verschleppt und umgebracht,
auch Schostakowitschs Schwager wurde
liquidiert. Seine Oper wurde umgehend
18
Biografien / Komponisten
abgesetzt, seine gerade entstandene
4. Symphonie musste er zurückziehen und
Schostakowitsch rechnete damit, jeden
Augenblick von Polizei oder Geheimdienst
abgeholt zu werden. Tatsächlich fiel er
aber nicht in völlige Ungnade, im Gegenteil, ihm wurde sogar eine Professur angetragen und 1937 durfte seine 5. Symphonie
aufgeführt werden. Mit diesem Stück
gelang Schostakowitsch Außerordentliches.
Während es an der Oberfläche den von
der Partei ausgegebenen Forderungen der
„Volksverbundenheit“ und „Heroik“ genügt,
lässt die Musik für verständige Hörer
gleichzeitig keinen Zweifel an einer grundsätzlich oppositionellen Haltung gegenüber dem totalitären Regime.
Nach dem Erfolg der 5. Symphonie verlief
Schostakowitschs Leben in einem absurden Auf und Ab zwischen Stalinpreisen für
seine Filmmusiken, seinen patriotischen
Kompositionen und den bedrohlichen
Anfeindungen und Verboten seiner auto­
nomen Werke. Dieses Muster setzte sich
nach Stalins Tod fort, auch wenn Schostakowitschs Leben nun nicht mehr gefährdet
war. Anknüpfungspunkte für Kritik bot er
genug, allein schon durch seine Beschäf­
tigung mit jüdischer Musik, die von der
Parteilinie strikt verboten war. Ende 1959
wurde bei Schostakowitsch eine unheilbare
Rückenmarkskrankheit diagnostiziert und
während seine Werke vor allem auch im
Ausland immer größere Anerkennung fanden, verbrachte er immer längere Zeit in
Krankenhäusern und Sanatorien. Dennoch
komponierte er immer weiter und schuf
ein eindringliches Spätwerk, das in kargen,
oft wie abgestorben wirkenden, dabei
höchst ausdrucksstarken Klanglandschaften um die Themen von Tod und Resignation kreist. Dmitri Schostakowitsch starb
am 9. August 1975 in Moskau.
Ludwig van Beethoven
Der Zugang zur Biografie Ludwig van
Beethovens (1770–1827) ist durch zahlreiche Klischeevorstellungen und Legendenbildungen, Quellen von zweifelhafter
Glaubwürdigkeit und viele offene, unlös­bar scheinende Fragen wie die nach der
Iden­tität der „Unsterblichen Geliebten“
verstellt. Die äußeren Fakten seines Lebens
sind im Grunde schmal. Beethoven wurde
am 16. oder 17. Dezember 1770 in Bonn als
Sohn eines einfachen Musikers in Verhältnisse geboren, die wir heute als gefährdet,
wenn nicht zerrüttet beschreiben würden.
Nach erstem Musikunterricht beim Vater
übernahm 1780 der Bonner Kapellmeister
Christian Gottlob Neefe die musikalische
Unterweisung Beethovens. Sein Schüler
entwickelte sich so schnell, dass er von
1782 an in der Bonner Hofkapelle angestellt
war. 1787 starb Beethovens Mutter.
Sein Vater versank im Alkoholismus und
Beethoven übernahm die Verantwortung
für die Familie.
Ein Stipendium des Kurfürsten ermöglichte
Beethoven 1792 einen Aufenthalt in Wien,
wo er für ein gutes Jahr Unterricht bei
Joseph Haydn und für längere Zeit auch
bei anderen Lehrern erhielt. Als Bonn 1794
französisch besetzt wurde, fielen die Zahlungen des Kurfürsten aus und Beethoven
lebte von da an als freier Musiker in Wien.
Dabei machte er sich zunächst vor allem
Biografien / Komponisten
19
als Klavierspieler und als Improvisator
einen Namen, veröffentlichte aber bald
schon stetig neue Kompositionen. Von 1803
an entstanden in unbegreiflich dichter
Fülle die Meisterwerke, die wir in erster
Linie mit seinem Namen verbinden wie die
Symphonien von der Dritten, der „Eroica“,
bis zur Achten.
In den späten 1790er Jahren hatte sich
bei Beethoven erstmals ein Gehörleiden
bemerkbar gemacht, das unaufhaltsam
voranschritt und bis 1820 zur völligen Taubheit führte. Von seiner Umwelt zunehmend
isoliert entwickelte Beethoven Züge eines
Sonderlings. Vergällt wurde dem Komponisten das Leben durch das Feilschen mit
seinen Verlegern, durch seinen chronisch
schlechten Gesundheitszustand und eine
finanzielle Misere, die sich kaum erklären
lässt, da Beethoven gute Honorare und
jährliche Zuwendungen adeliger Gönner
und Freunde erhielt. Von 1815 an kam noch
die Sorge um seinen Neffen hinzu, für dessen Erziehung sich Beethoven nach dem
Tod seines Bruders verantwortlich fühlte.
Gleichzeitig entstand im letzten Lebensjahrzehnt ein vergeistigtes Spätwerk, das
zu den Höhepunkten der Musikgeschichte
zählt.
Biografien / Interpreten
20
The Danish String Quartet
Das Danish String Quartet verkörpert
grundlegende Eigenschaften: einen ausgeglichenen Klang, eine tadellose Intonation
und eine höchst ausgewogene Balance.
Neben den technischen und interpretatorischen Fähigkeiten vermittelt das Quartett
eine mitreißende Freude am Musizieren, die
es erfolgreich zu Konzerten und Festivals
weltweit führt, unter anderem in die Alice
Tully Hall in New York oder die Wigmore Hall
in London. All diese Eigenschaften sicherten
dem Quartett ab 2013 eine dreijährige Einladung bei der begehrten Chamber Music
Society des Lincoln Centers und dessen
CMS Two Program; gleichzeitig erfolgte die
Ernennung zum New Generation Artist für
2013–2015 von BBC Radio 3.
Seit seinem Debüt 2002 zeichnet es sich
durch seine Leidenschaft für skandinavische Komponisten aus, deren Musik es oft
in ungewöhnlichen Programmen zeitgenössischer Musik präsentiert. Gleichzeitig
weisen die Musiker sich als profunde
Kenner der Meister der Klassik aus.
In der Saison 2015/16 hat das Danish String
Quartet seine Debüt-CD beim Label ECM
Records veröffentlicht mit Werken von
Thomas Adès, Per Nørgård und Hans
Abrahamsen. Ferner ist das Quartett in
dieser Saison erstmals in China auf
Tournee gegangen und wird bei den Festivals Mostly Mozart Festival, Maverick Concerts, Cape Cod Chamber Music Festival,
Toronto Summer Music Festival und Ottawa
Chamberfest zu Gast sein. Internationale
Highlights beinhalten Konzerte in Berlin,
Kopenhagen, Glasgow, London sowie ein
Debüt im Louvre in Paris. Mit steigender
Popularität zählt das Danish String Quartet mittlerweile zu den begehrtesten
Streichquartetten der Welt. Ihr Repertoire
ist vielfältig und reicht von Carl Nielsen,
Hans Abrahamsen, Thomas Adés und
Dmitri Schostakowitsch bis hin zu Ludwig
van Beethoven, Felix Mendelssohn
Bartholdy, Claude Debussy und Joseph
Haydn. Zurzeit befindet sich das Quartett
in seiner dritten Saison des CMS Two Programms, in dessen Rahmen es alle vier
Streichquartette von Nielsen im Rose
Studio sowie ein Abschlusskonzert des
Beet­hoven-Zyklus an der Alice Tully Hall
spielen wird. Das Quartett hat des Weiteren sein Debüt beim Savannah Music
Festival im Frühling 2016 gegeben.
Die beiden Geiger Frederik Øland und Rune
Tonsgaard Sørensen, sowie der Bratscher
Asbjørn Nørgaard hatten sich schon als
Kinder in einem Sommercamp getroffen,
wo sie zusammen Fußball spielten und
musizierten. Als Jugendliche trafen sie die
Entscheidung, ein Streichquartett zu gründen und studierten am Königlich Dänischen Konservatorium in Kopenhagen.
2008 kam der norwegische Cellist Fredrik
Schøyen Sjölin zu den drei Dänen hinzu.
Professor Tim Frederiksen von der Royal
Academy of Music in Kopenhagen war ihr
wichtigster Lehrer und Mentor. Darüber
hinaus hat das Ensemble Meisterklassen
beim Tokyo Quartet und Emerson String
Quartet besucht. Musiker wie Alasdair
Tait, Paul Katz, Hugh Maguire, Levon
Chilingirian, Are Sandbakken und Jan-Erik
Gustafsson haben unter anderem das
Ensemble nachhaltig beeinflusst.
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2017
DORNRÖSCHEN
Sonntag, 22. Januar
SCHWANENSEE
Sonntag, 5. Februar
A CONTEMPORARY
EVENING
Sonntag, 19. März
EIN HELD UNSERER
ZEIT
Sonntag, 9. April
2016
DAS GOLDENE
ZEITALTER
Sonntag, 16. Oktober
im
Delphi Filmpalast
und Filmtheater
am Friedrichshain
DER HELLE BACH
Sonntag, 06. November
DER NUSSKNACKER
Sonntag, 18. Dezember
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Das Musikfest Berlin 2016 im Radio und Internet
24
Deutschlandradio Kultur Die Sendetermine
Sa
3.9.
19:05 Uhr
Symphonieorchester des
Bayerischen Rundfunks
Live-Übertragung
Mi
7.9.
20:03 Uhr
„Quartett der Kritiker“
Aufzeichnung vom
6.9.
Do
8.9.
20:03 Uhr
Münchner Philharmoniker
Aufzeichnung vom
6.9.
So
11.9.
20:03 Uhr
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Live-Übertragung
Mi
14.9.
20:03 Uhr
F. Busoni zum 150. Geburtstag:
GrauSchumacher Piano Duo
Aufzeichnung vom
Do
15.9.
20:03 Uhr
Berliner Philharmoniker
Live-Übertragung
Fr
16.9.
20:03 Uhr
Bayerisches Staatsorchester
Aufzeichnung vom
14.9.
Sa
17.9.
21:30 Uhr
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
„Die besondere Aufnahme“
Aufzeichnung vom
16.9.
Di
20.9.
20:03 Uhr
Staatskapelle Berlin
Live-Übertragung
Do
22.9.
20:03 Uhr
Junge Deutsche Philharmonie
Aufzeichnung vom
11.9.
Di
27.9.
20:03 Uhr
IPPNW-Benefizkonzert
Aufzeichnung vom
10.9.
Di
4.10.
20:03 Uhr
Hommage à Pierre Boulez
Pierre-Laurent Aimard
Tamara Stefanovich
Aufzeichnung vom
12.9.
Deutschlandradio Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, digital und über Livestream
auf www.dradio.de zu empfangen.
Neu beim Musikfest Berlin
Ausgewählte Einführungsveranstaltungen finden Sie zum Nachhören auf:
www.berlinerfestspiele.de/einfuehrungen
4.9.
kulturradio vom rbb Die Sendetermine
Do
8.9.
20:04 Uhr
Konzerthausorchester Berlin
Live-Übertragung
im Rahmen des ARD Radiofestival
Do
8.9.
20:04 Uhr
Chor und Orchester der
Deutschen Oper Berlin
Aufzeichnung vom
in Ausschnitten
im Anschluss an die
Live-Übertragung des
Konzerthausorchesters
Berlin vom
7.9.
8.9.
So
25.9.
20:04 Uhr
Berliner Philharmoniker
„Berliner Philharmoniker“
Aufzeichnung vom
9.9.
Sa
1.10.
20:04 Uhr
Chor und Orchester der
Deutschen Oper Berlin
„Konzert am Samstagabend“
Aufzeichnung vom
7.9.
Sa
15.10.
18:04 Uhr
Hommage à Artur Schnabel
Szymanowski Quartett
Aufzeichnung vom
11.9.
25
kulturradio vom rbb ist in Berlin über 92,4 MHz, Kabel 95,35, digital und über Livestream
auf www.kulturradio.de zu empfangen.
Digital Concert Hall Die Sendetermine
Sa
3.9.
19:00 Uhr
Symphonieorchester
des Bayerischen Rundfunks
Digital Concert Hall
Live-Übertragung
So
4.9.
19:00 Uhr
The John Wilson Orchestra
Digital Concert Hall
Live-Übertragung
Di
6.9.
20:00 Uhr
Münchner Philharmoniker
Digital Concert Hall
Live-Übertragung
Do
8.9.
20:00 Uhr
Konzerthausorchester Berlin
Digital Concert Hall
Live-Übertragung
Sa
10.9.
19:00 Uhr
Berliner Philharmoniker
Digital Concert Hall
Live-Übertragung
So
11.9.
11:00 Uhr
Junge Deutsche Philharmonie
Digital Concert Hall
Live-Übertragung
Di
13.9.
20:00 Uhr
Orquesta Sinfónica
Simón Bolívar de Venezuela
Digital Concert Hall
Live-Übertragung
Mi
14.9.
20:00 Uhr
Bayerisches Staatsorchester
Digital Concert Hall
Live-Übertragung
Sa
17.9.
19:00 Uhr
Berliner Philharmoniker
Digital Concert Hall
Live-Übertragung
www.digitalconcerthall.com
Veranstaltungsübersicht
2.9.
19:00
Kammermusiksaal
GrauSchumacher Piano Duo
Fr
2.9.
21:30
Kammermusiksaal
Isabelle Faust
Sa
3.9.
19:00
Eröffnungskonzert
Philharmonie
Symphonieorchester des
Bayerischen Rundfunks
Daniel Harding
So
4.9.
11:00
Kammermusiksaal
F. Busoni zum 150. Geburtstag:
GrauSchumacher Piano Duo
So
4.9
13:00
Kunstbibliothek am
Kulturforum
Ausstellungseröffnung
„BUSONI: Freiheit für die Tonkunst!”
So
4.9
19:00
Philharmonie
The John Wilson Orchestra
John Wilson
Mo
5.9.
19:00
21:30
Kammermusiksaal
The Danish String Quartet
Late Night: Folk Tunes
Di
6.9.
18:00
Ausstellungsfoyer des
Kammermusiksaals
„Quartett der Kritiker“
Di
6.9.
20:00
Philharmonie
Münchner Philharmoniker
Valery Gergiev
Mi
7.9.
20:00
Philharmonie
Chor und Orchester der
Deutschen Oper Berlin
Donald Runnicles
Do
8.9.
20:00
Philharmonie
Konzerthausorchester Berlin
Iván Fischer
Fr
9.9.
20:00
Haus der Berliner Festspiele
Ensemble intercontemporain
Matthias Pintscher
Fr
Sa
9.9.
10.9.
20:00:
19:00
Philharmonie
Berliner Philharmoniker
Andris Nelsons
Sa
10.9.
20:00
Kammermusiksaal
IPPNW-Benefizkonzert
26
Fr
11.9.
11:00
Philharmonie
Junge Deutsche Philharmonie
Jonathan Nott
So
11.9.
17:00
Haus des Rundfunks
Hommage à Artur Schnabel
So
11.9.
20:00
Philharmonie
Deutsches Symphonie-Orchester
Berlin
Jakub Hrůša
Mo
12.9.
19:00
Kammermusiksaal
Hommage à Pierre Boulez:
Pierre-Laurent Aimard
Tamara Stefanovich
Di
13.9.
20:00
Philharmonie
Orquesta Sinfónica Simón Bolívar
de Venezuela
Gustavo Dudamel
Mi
14.9.
20:00
Philharmonie
Bayerisches Staatsorchester
Kirill Petrenko
Do
Fr
Sa
15.9.
16.9.
17.9.
20:00
20:00
19:00
Philharmonie
Berliner Philharmoniker
John Adams
Fr
16.9.
18:30
Konzerthaus Berlin
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Rundfunkchor Berlin
Frank Strobel
Sa
17.9.
19:00
Kammermusiksaal
Tabea Zimmermann &
Ensemble Resonanz
So
18.9.
20:00
Haus der Berliner Festspiele
Varèse & Zappa:
Ensemble Musikfabrik
Mo
Di
19.9.
20.9.
20:00
20:00
Philharmonie
Staatskapelle Berlin
Daniel Barenboim
27
So
Impressum
Musikfest Berlin
Veranstaltet von den Berliner Festspielen
in Zusammenarbeit mit der
Stiftung Berliner Philharmoniker
Künstlerischer Leiter: Dr. Winrich Hopp
Organisation: Anke Buckentin (Ltg.),
Kathrin Müller, Thalia Hertel, Ina Steffan
Presse: Patricia Hofmann, Jennifer Wilkens
28
Programmheft
Herausgeber: Berliner Festspiele
Redaktion: Dr. Barbara Barthelmes
Mitarbeit: Anke Buckentin
Komponistenbiografien: Dr. Volker Rülke
Gestaltung: Ta-Trung, Berlin
Grafik: Christine Berkenhoff und
Fleck · Zimmermann | Visuelle
Kommunikation, Berlin
Herstellung: enka-druck GmbH, Berlin
Stand: August 2016.
Programm- und Besetzungsänderungen
vorbehalten.
Copyright: 2016 Berliner Festspiele,
Autoren und Fotografen
Berliner Festspiele
Ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen
des Bundes GmbH
Gefördert durch die Beauftragte der
Bundesregierung für Kultur und Medien
In Zusammenarbeit mit der
Stiftung Berliner Philharmoniker
Intendant: Dr. Thomas Oberender
Kaufmännische Geschäftsführerin: Charlotte Sieben
Presse: Claudia Nola (Ltg.), Sara Franke,
Patricia Hofmann, Jennifer Wilkens
Redaktion: Christina Tilmann (Ltg.),
Dr. Barbara Barthelmes, Jochen Werner,
Anne Philipps Krug
Internet: Frank Giesker, Jan Köhler
Marketing: Stefan Wollmann (Ltg.),
Gerlind Fichte, Christian Kawalla
Grafik: Christine Berkenhoff
Vertrieb: Uwe Krey, Florian Schinagl
Ticket Office: Ingo Franke (Ltg.), Simone Erlein,
Frano Ivic, Gabriele Mielke, Marika Recknagel,
Torsten Sommer, Alexa Stümpke
Hotelbüro: Heinz Bernd Kleinpaß (Ltg.), Frauke Nissen
Protokoll: Gerhild Heyder
Technik: Andreas Weidmann (Ltg.)
Berliner Festspiele, Schaperstraße 24, 10719 Berlin
T +49 30 254 89 0
www.berlinerfestspiele.de, [email protected]
Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH,
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Die Berliner Festspiele werden
gefördert durch
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