5. September 2016 The Danish String Quartet Per Nørgård, Dmitri Schostakowitsch, Ludwig van Beethoven, Carl Nielsen, Danish Folk Tunes Berliner Festspiele in Zusammenarbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker Berliner Festspiele Berliner Festspiele in Zusammenarbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker Bildnachweise Titel: The Danish String Quartet © Nikolaj Lund S. 9 Weibliche Patientin des Hôtel Salpêtrière Paris im Zustand einer melancholischen Katalepsie, Foto: Albert Condé © Wellcome Library London S. 12 Artesella, Foto: privat S. 14 The Danish String Quartet © Caroline Bittencourt S. 16 Per Nørgård © Lars Skaanin S. 17 Dmitri Schostakowitsch 1950, Foto: Roger Rössung & Renate Rössing © Deutsche Fotothek S. 18 Ludwig van Beethoven, Lithographie nach einer Zeichnung von August von Kloeber, 1817 S. 20 The Danish String Quartet © Caroline Bittencourt Musikfest Berlin 2016 Montag, 5. September, 19:00 Uhr & 21:30 Uhr Konzertprogramm 6 Tomi Mäkelä: Amletus melancholicus in Imperium Moscoviticum 11 Wood Works – Interview mit The Danish String Quartet 16 Komponisten 20 Interpreten 24 Musikfest Berlin 2016 im Radio und Internet 26 Musikfest Berlin 2016 Programmübersicht 28 Impressum 3 5 Weitere Texte und Beiträge zum Musikfest Berlin lesen Sie im Blog der Berliner Festspiele: blog.berlinerfestspiele.de 4 Bitte schalten Sie Ihr Mobiltelefon vor Beginn des Konzerts aus. Bitte beachten Sie, dass Mitschnitte und Fotografieren während des Konzerts nicht erlaubt sind. Programm Montag, 5. September 1. Teil 19:00 Uhr Kammermusiksaal 18:00 Uhr Einführung mit Tomi Mäkelä Per Nørgård (*1932) Streichquartett Nr. 1 „Quartetto Breve“ (1952) Lento, poco rubato Allegro risoluto Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) Streichquartett Nr. 15 es-Moll op. 144 (1974) Elegie: Adagio – Serenade: Adagio – Intermezzo: Adagio – Nocturne: Adagio – Trauermarsch: Adagio molto – Epilog: Adagio. Adagio molto Pause Ludwig van Beethoven (1770–1827) Streichquartett Nr. 12 Es-Dur op. 127 (1823/24) Konzertende 1. Teil: ca. 21:00 Uhr 2. Teil: Late Night 21:30 Uhr Kammermusiksaal Danish Folk Tunes The Danish String Quartet spielt nordische Volkslieder, einschließlich einer Auswahl von Sätzen aus Carl Nielsens (1865–1931) Œuvre für Streichquartett bzw. für Orchester, bearbeitet für Streichquartett Konzertende 2. Teil: ca. 22:30 Uhr The Danish String Quartet Frederik Øland Violine Rune Tonsgaard Sørensen Violine Asbjørn Nørgaard Viola Fredrik Schøyen Sjölin Violoncello Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele / Musikfest Berlin Mit freundlicher Unterstützung der Wilhelm Hansen Fonden 5 1. Maestoso – Allegro 2.Adagio ma non troppo e molto cantabile 3. Scherzando vivace 4.Finale Essay 6 Amletus melancholicus in Imperium Moscoviticum Dänemark glänzt im „World Happiness Report“ von 2016 als „das glücklichste Land der Welt“. Der südskandinavischen Hafen- oder Wiesenidylle und naturnahen Lebenswelt der Hyperboreer von gestern und heute nähert sich das The Danish String Quartet erst am Ende des langen Abends, wogegen Per Nørgårds eher expressionistisch tiefsinniges „Quartetto breve“ den Abend einleitet. Als wohlverdiente Belohnung für die intellektuellen und emotionalen Strapazen des ersten Teils (Per Nørgård, Dmitri Schostakowitsch, Ludwig van Beethoven) demonstriert das DSQ zur späten Stunde seine Sicht auf dänische und „nordische“ Volksmusik. Akademische Genrevorstellungen zerbröseln, wenn traditionelle Musik des Nordens sich mit klanglichen und melodischen Idiomen des klassischen Streichquartettspiels aus drei Jahrhunderten verschmilzt. „Die Musik ist einfach, aber mit einem Hauch exotischer Melancholie“, kommentiert das Ensemble die Produkte des performativen Hörwissens. Dieses ungewöhn­ liche Repertoire wurde bereits 2014 auf der „Wood Works“-CD/LP vorgestellt. Die Stücke existieren zum Teil auch notiert, aber nicht herkömmlich vorkomponiert, vielmehr am Instrument ausgearbeitet. Und nicht jedes Stück strahlt Glückseligkeit aus, manches erinnert an das schwere Los herumziehender Fiddler beim Spiel um ihr täglich Brot. In Nørgårds „Quartetto breve“ von 1952, dessen Titel auf die kurze Aufführungsdauer hinweist, pocht der melancholische Zweifel am Daseinsgrund des Einzelnen wie in Prinz Hamlets Seele. Der junge Komponist schätzte die antinaturalistischen Errungenschaften der Schönberg-Schule und den expressiven Neoklassizismus, abseits jeder Wohlfahrts- und Landschaftsaffirmation. Nørgård war Schüler von Vagn Holmboe (1909–1996), einem Kulturvermittler, der hoffte, dass die jungen Dänen den Schatten von Carl Nielsen (1865–1931) und insbesondere dessen in Dänemark allgegenwärtige „folklighet“ (Volkstümlichkeit) überwinden. Vor 1933 war Holmboe einer von Ernst Tochs (1887–1964) Schülern im (noch-)kosmopolitischen Berlin. Tatsächlich weist das „Quartetto breve“ Spuren stilistischer Nähe zu Toch auf. Erst 1953, ein Jahr nach der Fertigstellung des Nørgårdschen „Quartetto breve“, beendete Toch in Los Angeles (im Exil) sein letztes Streichquartett (Nr. 13). Das Ende von Tochs Quartett besteht aus zwei moderat atonalen Abschnitten. Genau wie bei Nørgård folgt im Rahmen eines Gesamtverlaufs von etwa sechs Minuten einer langsamen Passage ein schneller und erregter Abschnitt. Diese Parallele markiert keinen Einfluss, aber eine Verwandtschaft. Als Vorbild für sein Streichquartett nannte Nørgård im Nachhinein (1998) Jean Sibelius (1865–1957). Auch dieser Einzelgänger stand William Shakespeares Hamlet sehr nahe. Zwischen Sibelius’ Quartett Nr. 4 „Voces intimae“ (1909) und Nørgårds „Quartetto breve“ (1952) gibt es sogar thematische Parallelen. Sowohl bei Nørgård (im zweiten Teil Allegro risoluto) als Essay Das 15. Quartett des von schwerer Krankheit gezeichneten Dmitri Schostakowitsch (1906–1975), das im Frühjahr 1974 entstand, bezieht sich vage auf die Tonart es-Moll mit der von Johann Sebastian Bach vorgelebten Intensität des Ausdrucks – nach Hector Berlioz „très terne et très triste“, sehr trüb und traurig. Auch hier sind die Stimmen intim und von Konventionen befreit. „Um mich kreist der Tod, einen nach dem andern nimmt er mir, nahestehende und teure Menschen, Kollegen aus der Jugendzeit“, glaubte der zur schweren Melancholie neigende Komponist. Diesen Gedankenausbruch hatte der Tod des Cellisten Sergej Schirinski während der Proben am Quartett Nr. 15 verursacht. Schirinski gehörte zur ursprünglichen Besetzung des 1923 gegründeten Moskauer Beethoven-Quartetts, das sich im Laufe der Jahre zum künstlerischen Partner von Schostakowitsch entwickelt hatte. Im Falle des 15. Quartetts sprang das Leningrader Tanejew-Quartett für die Uraufführung ein. Das Hauptsujet des 15. Quartetts ist der Tod. Der Verzicht auf Schwung und Rausch fordert die Quartettspieler heraus. Wer glaubt, dass schnelle, lebendige Stücke auf höchstem Niveau schwerer vorzutragen sind als langsame, irrt sich. Nur gelegentlich (im zweiten Adagio) deutet sich ein Walzer an. Dem aller Musik innewohnenden Willen nach Bewegung gibt Schostakowitsch am ehesten im letzten Satz, dem Epilog, nach, aber nur vorübergehend und ausdrücklich nicht am Ende, wenn das Leben erstarrt. 7 auch bei Sibelius (im vierten Satz Allegretto ma pesante) wirkt das d-Moll-Motiv d-e-f wie ein Signal und evoziert eine „Klage der beengten, aber nicht kraftlosen Brust“, wie Ferdinand Gotthelf Hand in seiner „Ästhetik der Tonkunst“ 1837 die Tonart beschrieb. Harald Eggebrecht bezeichnet Nørgårds Quartett als „ruppig, aggressiv“, manchmal auch minimalistisch. Diese Attribute benennen wesentliche Stilmittel der nordischen Tradition, insbesondere der nordischen Moderne ab 1890, also auch manches Werk von Sibelius. An der erst 2016 erschienenen Nørgård-Quartettaufnahme bewundert Eggebrecht, wie souverän das DSQ „diese aufgeraute Tonsprache verstehen und verständlich machen kann, mit ausgefeilter Instrumentaltechnik und bestechendem Sinn für das, was ein Quartett erster Klasse ausmacht: das Vierergespräch, das kammermusikalische Miteinander“ („Süddeutsche Zeitung“, 10.5.2016). Jedes Weltklasse-Quartett beherrscht das „Vierergespräch“, aber das DSQ zelebriert zudem das Vergnügen am Gespräch, unabhängig vom Thema, sogar im Streit, eben auch mal „ruppig, aggressiv“. Den jungen Klavierspieler und Klangphantasten Nørgård faszinierte das Cello mit vielen dunklen und wunderbar „ruppigen“ Tönen, mehr noch als die Violine, im Gegensatz zu Jean Sibelius und Carl Nielsen, die Geiger waren. Bereits in der Schule komponierte Nørgård für seinen Cellistenfreund ein Stück für den gemeinsamen Auftritt. Im „Quartetto breve“ wirkt die Begeisterung für Celloklänge noch nach. 8 Essay Im ersten der sechs Adagios, aus denen das halbstündige Kunstwerk besteht, verzichtet der Komponist auf laute Töne. Der Satz fordert die Konzentrations­ fähigkeit der Zuhörer heraus. Schostakowitsch soll empfohlen haben, so starr zu musizieren, dass Ungeduldige (d. h. die meisten) den Saal verlassen. Die Melodik bezieht sich zunächst nur auf den Ton es, der als Chiffre für den Buchstaben S (Anfangsbuchstabe von Schostakowitsch) zu verstehen ist. Das zweite Adagio (Serenade) enthält ausdrucksstarke Crescendo-Motive (innerhalb eines 4/4-Taktes von ppp bis sffff), die wie Klagerufe wirken sowie einen kraftlosen Walzer-Abschnitt, der die Zuhörer (zumal die wenigen Auserwählten, die nach dem ersten Satz geblieben sind) vage an die süffigen Reize des Walzers aus der „Jazz-Suite“ von 1934, die zum Populärsten in Schostakowitschs Œuvre zählt, oder das luftig-melancholische Andante aus dem 1957er Klavierkonzert in F-Dur erinnern können. Im dritten Satz des Quartetts (Intermezzo) drängt sich mit der Virtuosität der Violine der Vergleich zu Schostakowitschs Violinkonzerten auf. Der vierte Satz (Nocturne) besteht aus innig schönen Tönen, während der fünfte Satz als Trauermarsch gewaltsame symphonische Charaktere enthält. Im letzten Adagio (Epilog) unterstreichen es-Moll-Klänge, umgeben von wirren Gestalten, das tonale Fundament des Werkes. Für die raffiniertesten Kenner der so­wjeti­schen Kunst gibt es im Epilog noch einige Motive aus einem MarschThema, das Schostakowitsch um 1960 zu Grigori Kosinzews international mehrfach preisgekrönter „Hamlet“-Verfilmung komponierte. Selbstzitate sind typisch für Schos­ta­kowitsch, hier jedoch wirken sie wie blasse Erinnerungen des Künstlers an seinen Lebensweg. Das Stück endet in „morendo“, ersterbend, nur noch leise verhauchend. Dass Schostakowitsch noch über ein Jahr leben musste, konnte er ja nicht wissen. Ludwig van Beethovens (1770–1827) 12. Quartett op. 127 entstand zwischen Mai 1824 und März 1825, gleich nach der Neunten Symphonie op. 125. Als op. 126 erschienen im gleichen Jahr die schon früher komponierten Klavier-Bagatellen. Dem 12. Quartett gingen 14 Jahre ohne ein Streichquartett-Projekt voraus, was für Beethoven ungewöhnlich ist. Nachdem der Amateurcellist und Mäzen Nikolai Borissowitsch Golyzin, Mitglied eines der hochrangigsten russischen Fürstenhäuser, Beethoven für gutes Geld um drei Quartette gebeten hatte (es geht um op. 127, 130 und 132), konkretisierten sich dessen ohnehin vorhandene Pläne zügig. Die technischen Ansprüche, die op. 127 an die Quartettspieler stellt, erklären die unbefriedigende Uraufführung durch das Beethoven an sich zugeneigte Wiener Schuppanzigh-Quartett. Der Komponist, der von seinem Werk zu Recht überzeugt war, war empört, schließlich hatte er sich nach einer langen Pause einfallsreich an dieser besonderen Gattung verwirklicht. Das Misslingen der Aufführung vereitelte seinen eigenen Erfolg als Autor. Nach Nørgård und Schostakowitsch wirkt der späte Beethoven zunächst entspannend, als möchte er sich an unsere durchschnittlichen Hörgewohnheiten anpassen, doch wer genau hinhört, wird erschüttert. Besonders rätselhaft ist der langsame Satz: ein Adagio, ma non troppo e molto cantabile. Dessen seltene, Essay 9 10 Essay „wunderbare Schönheit“, derer es „keiner Worte bedarf“ (Hugo Riemann), blendet, zumal wenn sie nach den noch etwas rauen, feierlich antastenden Klängen des kurzen ersten Satzes erscheint. Unaufdringlich gibt Beethoven seiner Klangstudie verschiedene Gesichter. Der ganze Satz wird oft prosaisch als Thema mit Variationen klassifiziert, obwohl Beethoven selbst keine Variationen markierte, nur Abschnitte mit moderaten Charakteränderungen, weshalb nun unterschiedliche Zählungen bis hin zu sechs Teilen, umgeben von Thema und Coda, kursieren. Die Einfachheit des Grundgedankens aus Tonleitern und Dreiklängen verleiht dem Satz eine große Ruhe, die über die Ausdruckscharaktere und Modulationen hinwegträgt. Die Signatur der Entschleunigung ist der frei schwebende 12/8-Takt des Anfangs, der sich nach und nach als Dominantsept­ akkord erkennbar macht, dabei aber vom vorwärts strebenden Metrum unabhängig bleibt. Dieses Klanggebilde, Wilhelm von Lenz zufolge eine „Treppe zwischen Himmel und Erde“, löst sich entspannt in die As-Dur-Tonika auf. Das Stück (Adagio, ma non troppo e molto cantabile) hat keine cantable Melodieseligkeit, sondern harmonisch und rhythmisch profilierten Klang, der von den vier Streichern des Quartetts abwechselnd aufgefrischt wird. Es wirkt auf den Hörer wie ein mild duftender Frühsommernebel. Um sich so etwas Originelles vorstellen zu können, mag es sogar vom Vorteil sein, dass man nahezu taub und somit von der Hörroutine frei ist. Arnold Schönberg griff die Idee auf und kultivierte das ‚Singen‘ eines Ensembles in Akkorden in seinem Orchesterstück „Farben“ op. 16 Nr. 3 (1909) weiter. In der zweiten Variation Andante con moto schlägt Beethoven einen moderat tänzerischen Ton an und im Adagio molto espressivo verschiebt er die Tonalität von As-Dur zu E-Dur. Etwas später in Tempo I stellt er die tonale Basis sowie die etwas langsamere Bewegung wieder her. Etwa 17 Minuten dauert das langsame Satzgefüge; das entspricht der Hälfte der Gesamtdauer des letzten Schostakowitsch-Quartetts. Der Zuhörer erlebt ein von griffigen Melodien abgelöstes Spiel mit kammermusikalisch belebten Klängen, ein zeitlos wirkendes Mosaik, eine Studie über Klänge und Linien. Umso ruppiger, durchaus verstörend, wirken Andeutungen von Tanzcharakteren im dritten und vierten Satz. Hört man sie direkt nacheinander, entsteht zwischen dem Schostakowitsch-Quartett und dem langsamen Beethoven-Satz eine enge Beziehung. Schostakowitsch beschränkt sich jedoch auf das Wesentliche. Seine Adagios schweben ohne Umrahmung im Raum, während in Beethovens op. 127 die für die Gattung typischen Schubladen gefüllt bleiben. Von der zyklischen Routine weicht er erst durch die Trennung der Großen Fuge op. 133 vom Quartett op. 130 (wie op. 127 für Nikolai Golyzin vorgesehen) zu einem eigenständigen Werk für seinen wichtigsten Förderer und Schüler Erzherzog Rudolph ab. Eine Kuriosität jenseits der Werkgeschichte ist die Tatsache, dass Golyzin seine Zahlungsverpflichtungen trotz wiederholter Mahnungen weit über Beethovens Tod hinaus vernachlässigte. Tomi Mäkelä Interview Wood Works und anderes Holzgewerk – oder wie man nordische Volkstümlichkeit dem Streichquartett zueignet. Tomi Mäkelä im Gespräch mit The Danish String Quartet Tomi Mäkelä: Diese Musik klingt ver­ edelt. Es kommen Effekte vor, die ich nur aus der Streichquartett-Avantgarde kenne, aber die „Stücke“ sind trotzdem volkstümlich-unterhaltsam und einfach, wohl auch „authentisch nordisch“. Und natürlich höre ich melodische Fragmente, die auf mich wie Volksmusik wirken. Aber mir ist unklar, wie diese Musik entstanden ist, denn sie ist anders als gewöhn­ liche Folklore-Bearbeitungen. Wer von Ihnen hat was gemacht? Gibt es einen „Autor“, so wie in der Klassik, oder kann man sich die Entstehung der einzelnen „Beiträge“ ähnlich vorstellen wie bei einer Rockgruppe, die im Aufnahmestudio die fertigen Produk­te aus einigen mitgebrachten Ideen gemeinsam, manchmal aber auch mit externer Hilfe, zaubert? The Danish String Quartet: Vieles bedarf genauer Überlegung, wenn man etwas fürs Streichquartett arrangiert. Für eine schöne Bearbeitung sind Zusammenklänge und Stimmführung sehr wichtig, und da wir keine Akkordinstrumente haben, ist es schwer, über eine „Jamsession“ zum guten Ergebnis zu gelangen. Um Zeit zu sparen und zugunsten einer stringenten und kohärenten Bearbeitung macht einer von uns von einem Lied eine Version, und wenn wir sie dann zusammen spielen und darüber sprechen, justieren und polieren wir sie. Nachdem wir das Lied einige Male im Konzert gespielt haben, findet es normalerweise „seinen richtigen Platz“. TM: Aber wie werden die Stücke fixiert – als Notentext oder irgendwie anders, als Entwurf? Und bleibt es bei der ersten fertigen Fassung oder verändern sich die Bearbeitungen von Aufführung zu Aufführung? DSQ: Der Vorgang ist von Stück zu Stück unterschiedlich. Einige Lieder werden bei der Bearbeitung sofort mehr oder minder vollständig fixiert, meistens von Rune (erste Violine) 11 Seit ein paar Jahren tourt The Danish String Quartet mit Bearbeitungen nordischer Volksmusik, „Wood Works“. Seit 2014 gibt es eine CD/LP mit diesem Namen. Diese sowohl avantgardistisch als auch spontan wirkenden „Stücke“ sind vom Image des jungen Ensembles nicht mehr zu trennen. Doch um was geht es hier eigentlich? Der Musiker und Musikwissenschaftler Tomi Mäkelä wollte herausfinden, wie man diese Musik zwischen dänischer Folklore, nordischer Neo-Folklore, europäischer Klassik und globaler Avantgarde verorten kann, wer der Autor der Bearbeitungen ist und ob sich das spielerische Miteinander im Ensemble anders gestaltet als bei Beethoven. 12 Interview Interview TM: Hat dieses Projekt, an dem Sie alle schöpferisch und frei am Instrument arbeiten, Ihr Miteinander und die kammermusikalische Interaktion geändert, oder sogar das Image von Ihnen als Musiker – im Rollenspiel, wo es traditionelle Masken für Komponisten, Bearbeiter, Interpreten, Volksmusiker usw. gibt? DSQ: Etwas hat sich in unserer Art zu spielen definitiv dadurch geändert, dass wir all diese Volksmusik aufgeführt haben. Aber nicht so, dass wir nun plötzlich klassische Musik volkstümlich spielen ... Das wäre ein sehr primitiver Effekt, zumal man klassische Musik dadurch grundsätzlich in eine bestimmte Schublade stecken würde und „nicht-klassische“ Musik in eine andere; und dann sollte klassische Musik irgendwie einseitig kontrolliert und nicht-klassische Musik frei und wild sein. Wer etwas über klassische Musik weiß, weiß sicher auch, dass sie jede nur vorstellbare menschliche Stimmung und Emotion enthält. Als wir damit anfingen, unser eigenes Material auf der Bühne zu zeigen – und auch wenn es nur Bearbeitungen waren – passierte es aber, dass wir das Gefühl hatten, die Musik und die ganze Konzertsituation unmittelbar in Besitz nehmen zu können. Normalerweise können klassische Musiker sich hinter den Namen der Meister ver­stecken. Sie können denken: „Du hast das Konzert also nicht gemocht? Vielleicht verstehst Du Beethoven nicht und wahrscheinlich bist Du beschränkt.“ Aber da wir nun die­ jenigen sind, die darauf bestehen, als Streichquartett Volksmusik auf der Bühne aufzuführen, sind wir auch diejenigen, die sich den Respekt des Publikums von Anfang an verdienen müssen. Wir stehen quasi ohne Tradition da und müssen den Zuhörern erklären, warum wir das spielen und warum wir ihre Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen müssen. 13 oder Fredrik (Cellist). Andere Bearbeitungen wachsen im Plenum aus einer kleinen Idee heraus. Jedes Stück Musik ändert sich ziemlich oft, nachdem man begonnen hat es öffentlich aufzuführen – ob Klassik, Folk, Pop oder was auch immer. Eigentlich lernt man als Musiker ein Stück überhaupt erst dann wirklich aufzuführen, wenn man es vor Publikum spielt. Im Falle von Beet­hoven etwa haben wir das Gefühl, dass es mindestens 10 bis 15 Aufführungen bedarf, bevor wir das große Ganze egal welches seiner Quartette begreifen. Aber im Falle der traditionellen Musik („Volksmusik“) gibt es ja keine ins Stein gemeißelte Partitur, so dass wir die Möglichkeit haben, die Bearbeitungen substantiell zu verändern. Sehr selten ändern wir jedoch etwas Fundamentales, aber wir justieren Harmonien und Stimmführung, fügen Passagen hinzu, machen einige Abschnitte länger, gestalten neue quasi-improvisierte Teile und runden Überleitungen ab. 14 Interview Und dann lernten wir, dass es auch mit klassischer Musik eigentlich genau so ist. Wenn man die „Meister“ gut aufführen will, muss man die Musik genau so besitzen, als ob man sie selbst komponiert hätte. Wenn du vom Publikum erwartest, still zu sein und nur auf uns zu achten, solltest du selbst wissen, warum; was du mit der Musik sagen willst und warum es wichtig ist, dass es gesagt wird. TM: „Wood Works“ ist keine selbstverständliche Bezeichnung für eine CD mit Volksmusikbearbeitungen und nicht einmal für Streichinstrumente – abgesehen von der Arbeit des Geigenbauers. Aber der Name deutet auf Arbeit mit Holz in einer Werkstatt hin. Ist es etwas typisch Nordisches, handgemachte Holzsachen zu mögen, so auch Holzhäuser, Holz- boote usw.? Für gutes Holzhandwerk und -design sind ja alle nordeuro­ päischen Länder bekannt. DSQ: Ich glaube, dass die meisten Menschen Holz mögen, weil es ein lebendiges, schönes und warmes Material ist. Ich denke nicht, dass nordische Leute ein engeres Verhältnis zum Holz haben. Holz ist Teil fast jeder Kultur überall in der Welt, in irgendeiner Art und Weise. In Kirsten Kjærs Museum (in Frøstrup, Nord-West-Dänemark), wo wir die Aufnahme machen durften, waren wir von Bäumen, Holzstatuen und Werkstätten umgeben. Der Platz war, wie die Volksmusik meistens, so im Einklang mit der Natur, dass wir davon tatsächlich angeregt wurden. Das ist einer der Gründe, warum wir das Album „Wood Works“ nannten. Interview TM: Wenn „Wood Works“ auf dem Konzertprogramm steht, so wie in Berlin, wann entscheiden Sie die Auswahl der Stücke? Die Zuhörer bekommen ja keine Programmreihenfolge, obwohl die Stücke ja Namen haben (so auch auf der CD von 2014) und auf vorhandene Volkslieder Bezug nehmen. Das ist für Veranstalter und Besucher klassischer Streichquartettkonzerte ungewöhnlich. Gibt es keine Vereinbarung, bestimmte Stücke zu spielen? Ist Spontaneität in diesem Falle so wichtig? TM: Wo hatten Sie das „beste“ Pub­ likum für diese Art Musik, also ein Publikum, das Ihnen das Gefühl gegeben hat, die in dieser Musik enthaltene fruchtbare Spannung zwischen Volksmusik und Avant­garde, Bearbeitung und Kunstwerk, Spon­taneität und Übung zu spüren, und wo verkauft sich die Aufnahme am besten? Und übrigens: Bekommen Sie Fanpost? DSQ: Den besten „Wood Works“Event gab es bis jetzt wohl in New York, als wir in einem „alternativen“ Club spielten. Die Szenerie war perfekt, das Publikum war entspannt und offen, und der Sound, den die Das Interview führte Tomi Mäkelä. Juni 2016 15 DSQ: Ja, wir entscheiden über die Stücke erst ziemlich spät und fügen auch immer wieder neue Stücke hinzu, die nicht auf der „Wood Works“­-CD zu finden sind. Das Projekt ist nicht abgeschlossen. dortigen Tontechniker produzierten, phänomenal. Überhaupt passt eine entspannte Bar- oder Clubatmosphä­re zu dieser Musik sehr gut, aber auch Zuhörer in größeren Konzert­ sälen begrüßen sie als Kontrast und Abwechslung. Ich weiß nicht, wo wir die meisten CDs zur Zeit verkaufen, aber wahrscheinlich in den USA. Wir haben dort viel getourt und bekamen sogar einige gute Besprechungen. Die Menschen dort scheinen sich für tradi­ tionelle Musik zu interessieren. Und ja, wir bekommen manchmal Fanpost und sie ist immer sehr willkommen. Gerade was „Wood Works“ angeht, weil das in so vieler Hinsicht ein persönliches, charakteristisches Produkt für uns ist. Biografien / Komponisten 16 Per Nørgård Per Nørgård, geboren 1932 in einem Vorort Kopenhagens, ist ein Einzelgänger der neuen Musik, der sich nicht auf eine bestimmte stilistische Position festlegen lässt. Als sehr produktiver Komponist hat er in einem kaum überblickbaren Schaffen zahlreiche avantgardistische und tradi­ tionelle Stilmittel erprobt. Dabei bilden allge­meine polare Vorstellungen wie die Dichotomie von Ordnung und Chaos oder Idyll und Katastrophe Konstanten seines musikalischen Denkens. Per Nørgård studierte bei dem dänischen Symphoniker Vagn Holmboe in Kopenhagen, bei dem er mit 17 Jahren anfing, Privatunterricht zu nehmen, und bei Nadia Boulanger in Paris. Nørgårds kompositorische Anfänge standen im Zeichen nordischer Komponisten, vor allem von Jean Sibelius und Carl Nielsen. Zu Beginn der 1960er Jahre kam Nørgård in engen Kontakt mit der europäischen Avantgarde, was sein Schaffen grundlegend veränderte. Viele experimentelle Werke dieser Zeit basieren auf der so genannten Unendlichkeitsreihe, deren Töne durch die Wieder­ holung einfacher mathematischer Prozesse erzeugt werden. Ähnlich gewichtige Anregungen empfing Nørgård später in größeren zeitlichen Abständen auf Reisen nach Indonesien und Südasien, von der Begeg­nung mit den Arbeiten des schizophrenen Künstlers Adolf Wölfli und durch die Auseinandersetzung mit den Schrecken des Ersten Weltkrieges. Daneben finden sich immer wieder Reflexe von Naturerlebnissen in seiner Musik. Als Professor für Komposition hat Per Nørgård in einer über 30-jährigen Lehrtätigkeit vor allem am Konservatorium in Århus großen Einfluss auf eine jüngere Generation von Komponistinnen und Komponisten genommen. Dmitri Schostakowitsch Wer in den frühen 1920er Jahren im damaligen Leningrad ein Kino besuchte, konnte mit etwas Glück eine besondere Erfahrung machen. Am Klavier saß ein hoch gewachsener, kurzsichtiger Heranwachsender von nicht einmal 20 Jahren, der mit unfehlbarem dramatischen Instinkt die Begleitung zum gerade laufenden Stummfilm impro­ visierte: Dmitri Schostakowitsch. Für den jungen, soeben wegen „Unreife“ vom Konservatorium verwiesenen Schostakowitsch war die Arbeit als Kinopianist gewiss nur ein der Not des Augenblicks geschuldeter Broterwerb. Aber sie sollte in seinem Lebensweg durchaus eine Rolle spielen. Durch die Kinomusik kam er in Kontakt mit dem avantgardistischen Theater Wsewolod Emiljewitsch Meyerholds, der schließlich zu seinen ersten Opernprojekten führte. Vor allem aber entsprach diese Art der Musik seinen künstlerischen Neigungen und seiner Fähigkeit zur unmittelbar anschau­ lichen plastischen musikalischen Erfindung. Mit Leichtigkeit konnte Schostakowitsch dem mit dem Aufkommen des Tonfilms entstehenden Bedarf nach eigens komponierter Musik nachkommen und so macht Biografien / Komponisten 17 die Filmmusik, die er als nebensächlich ansah, etwa ein Drittel seines gesamten Schaffens aus. Schostakowitschs Talent war arrivierten älteren Kollegen wie Alexander Glasunow, dem Rektor des Konservatoriums, nicht verborgen geblieben. Durch sie gefördert konnte Schostakowitsch sein Studium doch noch abschließen, und zwar mit der Uraufführung seiner 1. Symphonie am 12. Mai 1926. Mit dieser ebenso distanziert iro­nischen wie unzweifelhaft meisterhaften Partitur errang der noch nicht ganz 20 Jahre alte Komponist umgehend internationale Beachtung. Schostakowitschs Aufstieg war nun unaufhaltsam. Er komponierte Werk um Werk und legte in der kurzen Phase der progressiven sowjetischen Avantgarde immer waghalsigere Partituren vor. Mit radikaler Lust am Experiment türmte er wüste Dissonanzen aufeinander, entwarf weite Klangflächen jenseits traditioneller Harmonik, gestaltete unvorhersehbare, aber überzeugende Formverläufe, ließ sich vom Jazz anregen und bezog grell parodistische Elemente in seine Werke ein. Aus dieser Zeit stammt auch ein legendäres Husarenstück, das wie wenig anderes den künstlerischen Übermut und die exzeptionelle Begabung Schostakowitschs zeigt. Nachdem er auf einer kleinen Gesellschaft ein kurzes Stück amerikanischer Unterhaltungsmusik gehört hatte, wettete er, dass er im Stande sei, das soeben Gehörte aus der Erinnerung niederzuschreiben. Er ließ sich für zwei Stunden in einem Nebenzimmer einschließen und kehrte dann mit der frisch fertig gestellten, neu instrumentierten Partitur zurück. Später ließ er das Stückchen unter dem Titel „Tahiti-Trott“ op.16 veröffent­lichen. Im westlichen Ausland wurde Schostakowitsch als Exponent einer neuen, sowjetischen Kultur wahrgenommen, von offizieller russischer Seite wurde sein Schaffen indes höchst kritisch gesehen. Die partei­ treue Presse bezichtigte ihn „konterrevo­ lutionärer“ Tendenzen und rügte eine mangeln­­de Verklärung des sowjetischen Daseins. Am 28. Januar 1936 erschien in der Parteizeitung „Prawda“ unter der Über schrift „Chaos statt Musik“ ein Artikel, der offenbar direkt von Stalin inspiriert war und in dem Schostakowitsch scharf angegriffen wurde. Kurz zuvor hatte Stalin eine Vorstellung von Schostakowitschs Oper „Ledi Makbet“ empört verlassen. In einer Zeit rücksichtsloser politischer Säuberungen und Schauprozesse musste der Komponist von diesem Tag an um sein Leben fürchten. Künstlerfreunde wie Meyerhold wurden verschleppt und umgebracht, auch Schostakowitschs Schwager wurde liquidiert. Seine Oper wurde umgehend 18 Biografien / Komponisten abgesetzt, seine gerade entstandene 4. Symphonie musste er zurückziehen und Schostakowitsch rechnete damit, jeden Augenblick von Polizei oder Geheimdienst abgeholt zu werden. Tatsächlich fiel er aber nicht in völlige Ungnade, im Gegenteil, ihm wurde sogar eine Professur angetragen und 1937 durfte seine 5. Symphonie aufgeführt werden. Mit diesem Stück gelang Schostakowitsch Außerordentliches. Während es an der Oberfläche den von der Partei ausgegebenen Forderungen der „Volksverbundenheit“ und „Heroik“ genügt, lässt die Musik für verständige Hörer gleichzeitig keinen Zweifel an einer grundsätzlich oppositionellen Haltung gegenüber dem totalitären Regime. Nach dem Erfolg der 5. Symphonie verlief Schostakowitschs Leben in einem absurden Auf und Ab zwischen Stalinpreisen für seine Filmmusiken, seinen patriotischen Kompositionen und den bedrohlichen Anfeindungen und Verboten seiner auto­ nomen Werke. Dieses Muster setzte sich nach Stalins Tod fort, auch wenn Schostakowitschs Leben nun nicht mehr gefährdet war. Anknüpfungspunkte für Kritik bot er genug, allein schon durch seine Beschäf­ tigung mit jüdischer Musik, die von der Parteilinie strikt verboten war. Ende 1959 wurde bei Schostakowitsch eine unheilbare Rückenmarkskrankheit diagnostiziert und während seine Werke vor allem auch im Ausland immer größere Anerkennung fanden, verbrachte er immer längere Zeit in Krankenhäusern und Sanatorien. Dennoch komponierte er immer weiter und schuf ein eindringliches Spätwerk, das in kargen, oft wie abgestorben wirkenden, dabei höchst ausdrucksstarken Klanglandschaften um die Themen von Tod und Resignation kreist. Dmitri Schostakowitsch starb am 9. August 1975 in Moskau. Ludwig van Beethoven Der Zugang zur Biografie Ludwig van Beethovens (1770–1827) ist durch zahlreiche Klischeevorstellungen und Legendenbildungen, Quellen von zweifelhafter Glaubwürdigkeit und viele offene, unlös­bar scheinende Fragen wie die nach der Iden­tität der „Unsterblichen Geliebten“ verstellt. Die äußeren Fakten seines Lebens sind im Grunde schmal. Beethoven wurde am 16. oder 17. Dezember 1770 in Bonn als Sohn eines einfachen Musikers in Verhältnisse geboren, die wir heute als gefährdet, wenn nicht zerrüttet beschreiben würden. Nach erstem Musikunterricht beim Vater übernahm 1780 der Bonner Kapellmeister Christian Gottlob Neefe die musikalische Unterweisung Beethovens. Sein Schüler entwickelte sich so schnell, dass er von 1782 an in der Bonner Hofkapelle angestellt war. 1787 starb Beethovens Mutter. Sein Vater versank im Alkoholismus und Beethoven übernahm die Verantwortung für die Familie. Ein Stipendium des Kurfürsten ermöglichte Beethoven 1792 einen Aufenthalt in Wien, wo er für ein gutes Jahr Unterricht bei Joseph Haydn und für längere Zeit auch bei anderen Lehrern erhielt. Als Bonn 1794 französisch besetzt wurde, fielen die Zahlungen des Kurfürsten aus und Beethoven lebte von da an als freier Musiker in Wien. Dabei machte er sich zunächst vor allem Biografien / Komponisten 19 als Klavierspieler und als Improvisator einen Namen, veröffentlichte aber bald schon stetig neue Kompositionen. Von 1803 an entstanden in unbegreiflich dichter Fülle die Meisterwerke, die wir in erster Linie mit seinem Namen verbinden wie die Symphonien von der Dritten, der „Eroica“, bis zur Achten. In den späten 1790er Jahren hatte sich bei Beethoven erstmals ein Gehörleiden bemerkbar gemacht, das unaufhaltsam voranschritt und bis 1820 zur völligen Taubheit führte. Von seiner Umwelt zunehmend isoliert entwickelte Beethoven Züge eines Sonderlings. Vergällt wurde dem Komponisten das Leben durch das Feilschen mit seinen Verlegern, durch seinen chronisch schlechten Gesundheitszustand und eine finanzielle Misere, die sich kaum erklären lässt, da Beethoven gute Honorare und jährliche Zuwendungen adeliger Gönner und Freunde erhielt. Von 1815 an kam noch die Sorge um seinen Neffen hinzu, für dessen Erziehung sich Beethoven nach dem Tod seines Bruders verantwortlich fühlte. Gleichzeitig entstand im letzten Lebensjahrzehnt ein vergeistigtes Spätwerk, das zu den Höhepunkten der Musikgeschichte zählt. Biografien / Interpreten 20 The Danish String Quartet Das Danish String Quartet verkörpert grundlegende Eigenschaften: einen ausgeglichenen Klang, eine tadellose Intonation und eine höchst ausgewogene Balance. Neben den technischen und interpretatorischen Fähigkeiten vermittelt das Quartett eine mitreißende Freude am Musizieren, die es erfolgreich zu Konzerten und Festivals weltweit führt, unter anderem in die Alice Tully Hall in New York oder die Wigmore Hall in London. All diese Eigenschaften sicherten dem Quartett ab 2013 eine dreijährige Einladung bei der begehrten Chamber Music Society des Lincoln Centers und dessen CMS Two Program; gleichzeitig erfolgte die Ernennung zum New Generation Artist für 2013–2015 von BBC Radio 3. Seit seinem Debüt 2002 zeichnet es sich durch seine Leidenschaft für skandinavische Komponisten aus, deren Musik es oft in ungewöhnlichen Programmen zeitgenössischer Musik präsentiert. Gleichzeitig weisen die Musiker sich als profunde Kenner der Meister der Klassik aus. In der Saison 2015/16 hat das Danish String Quartet seine Debüt-CD beim Label ECM Records veröffentlicht mit Werken von Thomas Adès, Per Nørgård und Hans Abrahamsen. Ferner ist das Quartett in dieser Saison erstmals in China auf Tournee gegangen und wird bei den Festivals Mostly Mozart Festival, Maverick Concerts, Cape Cod Chamber Music Festival, Toronto Summer Music Festival und Ottawa Chamberfest zu Gast sein. Internationale Highlights beinhalten Konzerte in Berlin, Kopenhagen, Glasgow, London sowie ein Debüt im Louvre in Paris. Mit steigender Popularität zählt das Danish String Quartet mittlerweile zu den begehrtesten Streichquartetten der Welt. Ihr Repertoire ist vielfältig und reicht von Carl Nielsen, Hans Abrahamsen, Thomas Adés und Dmitri Schostakowitsch bis hin zu Ludwig van Beethoven, Felix Mendelssohn Bartholdy, Claude Debussy und Joseph Haydn. Zurzeit befindet sich das Quartett in seiner dritten Saison des CMS Two Programms, in dessen Rahmen es alle vier Streichquartette von Nielsen im Rose Studio sowie ein Abschlusskonzert des Beet­hoven-Zyklus an der Alice Tully Hall spielen wird. Das Quartett hat des Weiteren sein Debüt beim Savannah Music Festival im Frühling 2016 gegeben. Die beiden Geiger Frederik Øland und Rune Tonsgaard Sørensen, sowie der Bratscher Asbjørn Nørgaard hatten sich schon als Kinder in einem Sommercamp getroffen, wo sie zusammen Fußball spielten und musizierten. Als Jugendliche trafen sie die Entscheidung, ein Streichquartett zu gründen und studierten am Königlich Dänischen Konservatorium in Kopenhagen. 2008 kam der norwegische Cellist Fredrik Schøyen Sjölin zu den drei Dänen hinzu. Professor Tim Frederiksen von der Royal Academy of Music in Kopenhagen war ihr wichtigster Lehrer und Mentor. Darüber hinaus hat das Ensemble Meisterklassen beim Tokyo Quartet und Emerson String Quartet besucht. Musiker wie Alasdair Tait, Paul Katz, Hugh Maguire, Levon Chilingirian, Are Sandbakken und Jan-Erik Gustafsson haben unter anderem das Ensemble nachhaltig beeinflusst. LESEANREGUNG In neue Richtungen denken CICERO Illustration: Martin Haake n probelese Das Magazin für ungezähmte Gedanken. Mit Essays, Reportagen und Bildern, die den Horizont erweitern. Jeden Monat neu am Kiosk oder unter shop.cicero.de probelesen. 2017 DORNRÖSCHEN Sonntag, 22. Januar SCHWANENSEE Sonntag, 5. Februar A CONTEMPORARY EVENING Sonntag, 19. März EIN HELD UNSERER ZEIT Sonntag, 9. April 2016 DAS GOLDENE ZEITALTER Sonntag, 16. Oktober im Delphi Filmpalast und Filmtheater am Friedrichshain DER HELLE BACH Sonntag, 06. November DER NUSSKNACKER Sonntag, 18. Dezember YORCK.DE 128 DAS MAGAZIN DER BERLINER PHILHARMONIKER ABO ✆ BESTELLEN SIE JETZ T! Te l e f o n: 040 / 468 605 117 @ E - M a i l: [email protected] O n l i n e: www.berliner-philharmoniker.de/128 Das Musikfest Berlin 2016 im Radio und Internet 24 Deutschlandradio Kultur Die Sendetermine Sa 3.9. 19:05 Uhr Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Live-Übertragung Mi 7.9. 20:03 Uhr „Quartett der Kritiker“ Aufzeichnung vom 6.9. Do 8.9. 20:03 Uhr Münchner Philharmoniker Aufzeichnung vom 6.9. So 11.9. 20:03 Uhr Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Live-Übertragung Mi 14.9. 20:03 Uhr F. Busoni zum 150. Geburtstag: GrauSchumacher Piano Duo Aufzeichnung vom Do 15.9. 20:03 Uhr Berliner Philharmoniker Live-Übertragung Fr 16.9. 20:03 Uhr Bayerisches Staatsorchester Aufzeichnung vom 14.9. Sa 17.9. 21:30 Uhr Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin „Die besondere Aufnahme“ Aufzeichnung vom 16.9. Di 20.9. 20:03 Uhr Staatskapelle Berlin Live-Übertragung Do 22.9. 20:03 Uhr Junge Deutsche Philharmonie Aufzeichnung vom 11.9. Di 27.9. 20:03 Uhr IPPNW-Benefizkonzert Aufzeichnung vom 10.9. Di 4.10. 20:03 Uhr Hommage à Pierre Boulez Pierre-Laurent Aimard Tamara Stefanovich Aufzeichnung vom 12.9. Deutschlandradio Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, digital und über Livestream auf www.dradio.de zu empfangen. Neu beim Musikfest Berlin Ausgewählte Einführungsveranstaltungen finden Sie zum Nachhören auf: www.berlinerfestspiele.de/einfuehrungen 4.9. kulturradio vom rbb Die Sendetermine Do 8.9. 20:04 Uhr Konzerthausorchester Berlin Live-Übertragung im Rahmen des ARD Radiofestival Do 8.9. 20:04 Uhr Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin Aufzeichnung vom in Ausschnitten im Anschluss an die Live-Übertragung des Konzerthausorchesters Berlin vom 7.9. 8.9. So 25.9. 20:04 Uhr Berliner Philharmoniker „Berliner Philharmoniker“ Aufzeichnung vom 9.9. Sa 1.10. 20:04 Uhr Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin „Konzert am Samstagabend“ Aufzeichnung vom 7.9. Sa 15.10. 18:04 Uhr Hommage à Artur Schnabel Szymanowski Quartett Aufzeichnung vom 11.9. 25 kulturradio vom rbb ist in Berlin über 92,4 MHz, Kabel 95,35, digital und über Livestream auf www.kulturradio.de zu empfangen. Digital Concert Hall Die Sendetermine Sa 3.9. 19:00 Uhr Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Digital Concert Hall Live-Übertragung So 4.9. 19:00 Uhr The John Wilson Orchestra Digital Concert Hall Live-Übertragung Di 6.9. 20:00 Uhr Münchner Philharmoniker Digital Concert Hall Live-Übertragung Do 8.9. 20:00 Uhr Konzerthausorchester Berlin Digital Concert Hall Live-Übertragung Sa 10.9. 19:00 Uhr Berliner Philharmoniker Digital Concert Hall Live-Übertragung So 11.9. 11:00 Uhr Junge Deutsche Philharmonie Digital Concert Hall Live-Übertragung Di 13.9. 20:00 Uhr Orquesta Sinfónica Simón Bolívar de Venezuela Digital Concert Hall Live-Übertragung Mi 14.9. 20:00 Uhr Bayerisches Staatsorchester Digital Concert Hall Live-Übertragung Sa 17.9. 19:00 Uhr Berliner Philharmoniker Digital Concert Hall Live-Übertragung www.digitalconcerthall.com Veranstaltungsübersicht 2.9. 19:00 Kammermusiksaal GrauSchumacher Piano Duo Fr 2.9. 21:30 Kammermusiksaal Isabelle Faust Sa 3.9. 19:00 Eröffnungskonzert Philharmonie Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Daniel Harding So 4.9. 11:00 Kammermusiksaal F. Busoni zum 150. Geburtstag: GrauSchumacher Piano Duo So 4.9 13:00 Kunstbibliothek am Kulturforum Ausstellungseröffnung „BUSONI: Freiheit für die Tonkunst!” So 4.9 19:00 Philharmonie The John Wilson Orchestra John Wilson Mo 5.9. 19:00 21:30 Kammermusiksaal The Danish String Quartet Late Night: Folk Tunes Di 6.9. 18:00 Ausstellungsfoyer des Kammermusiksaals „Quartett der Kritiker“ Di 6.9. 20:00 Philharmonie Münchner Philharmoniker Valery Gergiev Mi 7.9. 20:00 Philharmonie Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin Donald Runnicles Do 8.9. 20:00 Philharmonie Konzerthausorchester Berlin Iván Fischer Fr 9.9. 20:00 Haus der Berliner Festspiele Ensemble intercontemporain Matthias Pintscher Fr Sa 9.9. 10.9. 20:00: 19:00 Philharmonie Berliner Philharmoniker Andris Nelsons Sa 10.9. 20:00 Kammermusiksaal IPPNW-Benefizkonzert 26 Fr 11.9. 11:00 Philharmonie Junge Deutsche Philharmonie Jonathan Nott So 11.9. 17:00 Haus des Rundfunks Hommage à Artur Schnabel So 11.9. 20:00 Philharmonie Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Jakub Hrůša Mo 12.9. 19:00 Kammermusiksaal Hommage à Pierre Boulez: Pierre-Laurent Aimard Tamara Stefanovich Di 13.9. 20:00 Philharmonie Orquesta Sinfónica Simón Bolívar de Venezuela Gustavo Dudamel Mi 14.9. 20:00 Philharmonie Bayerisches Staatsorchester Kirill Petrenko Do Fr Sa 15.9. 16.9. 17.9. 20:00 20:00 19:00 Philharmonie Berliner Philharmoniker John Adams Fr 16.9. 18:30 Konzerthaus Berlin Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Rundfunkchor Berlin Frank Strobel Sa 17.9. 19:00 Kammermusiksaal Tabea Zimmermann & Ensemble Resonanz So 18.9. 20:00 Haus der Berliner Festspiele Varèse & Zappa: Ensemble Musikfabrik Mo Di 19.9. 20.9. 20:00 20:00 Philharmonie Staatskapelle Berlin Daniel Barenboim 27 So Impressum Musikfest Berlin Veranstaltet von den Berliner Festspielen in Zusammenarbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker Künstlerischer Leiter: Dr. Winrich Hopp Organisation: Anke Buckentin (Ltg.), Kathrin Müller, Thalia Hertel, Ina Steffan Presse: Patricia Hofmann, Jennifer Wilkens 28 Programmheft Herausgeber: Berliner Festspiele Redaktion: Dr. Barbara Barthelmes Mitarbeit: Anke Buckentin Komponistenbiografien: Dr. Volker Rülke Gestaltung: Ta-Trung, Berlin Grafik: Christine Berkenhoff und Fleck · Zimmermann | Visuelle Kommunikation, Berlin Herstellung: enka-druck GmbH, Berlin Stand: August 2016. 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