Stefan Obermair wurde 1973 in Bobingen/Bayern geboren. Er studierte Rechtswissenschaften in München. Dort absolvierte er 1999 und 2001 auch seine beiden juristischen Staatsprüfungen. Anschließend promovierte er an der Universität Augsburg. Zur Erstellung seiner Dissertation verbrachte er einen mehrmonatigen Forschungsaufenthalt an der Bodleian Library, Oxford. ISBN 3-86504-050-0 28 € Der Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Werbung Stefan Obermair 58 Juristische Reihe TENEA/ Die Harmonisierung des Wettbewerbsrechts gehört seit den Anfängen der Europäischen Gemeinschaft zu den Anliegen der Kommission. Trotzdem kann bis heute von einem einheitlichen europäischen Lauterkeitsrecht nicht die Rede sein. Dies ist umso bedauerlicher, wenn man berücksichtigt, dass eine Vielzahl von Unternehmen europaweit tätig ist. Das Fehlen eines einheitlichen Wettbewerbsrechts führt nicht nur zu einem zusätzlichen Aufwand an Zeit und Kosten, es verhindert unter Umständen sogar, dass sich kleine und mittlere Unternehmen grenzüberschreitend engagieren. Als weitere Folge machen Verbraucher wegen fehlenden Vertrauens in die fremde Rechtsordnung nur zögerlich von grenzüberschreitenden Angeboten Gebrauch. Ihnen entgehen dadurch erhebliche Vorteile. Der Grund für die zögerliche Harmonisierung des Lauterkeitsrechts liegt nicht zuletzt in den unterschiedlichen nationalen Auffassungen der Mitgliedsstaaten darüber, inwieweit und auf welche Art und Weise die Verbraucher vor unlauterer Werbung zu schützen sind. Eine besondere Bedeutung kommt dabei Deutschland und Großbritannien zu, bilden deren Rechtsordnungen doch die Extreme im Spektrum möglicher wettbewerbsrechtlicher Systeme. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu untersuchen, ob und inwieweit in den Rechtsordnungen Deutschlands und Großbritanniens Einigkeit darüber besteht, welche den Verbraucher betreffenden Werbepraktiken lauter bzw. unlauter sind und ob sich insofern allgemein gültige Grundsätze formulieren lassen. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf Werbung, die die wirtschaftlichen Interessen des Verbrauchers, insbesondere dessen Entscheidungsfreiheit, tangiert. Der Autor stellt insofern die maßgeblichen Tatbestände aus deutscher und britischer Sicht dar, unterzieht sie einer Rechtsvergleichung und erörtert, inwiefern sie zum Schutz der Verbraucherinteressen gerechtfertigt sind. Ferner untersucht er die Frage, wie die Durchsetzung des materiellen Rechts in Deutschland und Großbritannien erfolgt und inwieweit die unterschiedlichen Verfahren und Sanktionen geeignet sind, den Interessen der Verbraucher Geltung zu verschaffen. Abschließend stellt er den Regierungsentwurf zur Reform des UWG und den Vorschlag einer Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vor. STEFAN OBERMAIR Der Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Werbung in Deutschland und Großbritannien Juristische Reihe TENEA/ Bd. 58 Stefan Obermair wurde 1973 in Bobingen/Bayern geboren. Er studierte Rechtswissenschaften in München. Dort absolvierte er 1999 und 2001 auch seine beiden juristischen Staatsprüfungen. Anschließend promovierte er an der Universität Augsburg. Zur Erstellung seiner Dissertation verbrachte er einen mehrmonatigen Forschungsaufenthalt an der Bodleian Library, Oxford. ISBN 3-86504-050-0 28 € Der Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Werbung Stefan Obermair 58 Juristische Reihe TENEA/ Die Harmonisierung des Wettbewerbsrechts gehört seit den Anfängen der Europäischen Gemeinschaft zu den Anliegen der Kommission. Trotzdem kann bis heute von einem einheitlichen europäischen Lauterkeitsrecht nicht die Rede sein. Dies ist umso bedauerlicher, wenn man berücksichtigt, dass eine Vielzahl von Unternehmen europaweit tätig ist. Das Fehlen eines einheitlichen Wettbewerbsrechts führt nicht nur zu einem zusätzlichen Aufwand an Zeit und Kosten, es verhindert unter Umständen sogar, dass sich kleine und mittlere Unternehmen grenzüberschreitend engagieren. Als weitere Folge machen Verbraucher wegen fehlenden Vertrauens in die fremde Rechtsordnung nur zögerlich von grenzüberschreitenden Angeboten Gebrauch. Ihnen entgehen dadurch erhebliche Vorteile. Der Grund für die zögerliche Harmonisierung des Lauterkeitsrechts liegt nicht zuletzt in den unterschiedlichen nationalen Auffassungen der Mitgliedsstaaten darüber, inwieweit und auf welche Art und Weise die Verbraucher vor unlauterer Werbung zu schützen sind. Eine besondere Bedeutung kommt dabei Deutschland und Großbritannien zu, bilden deren Rechtsordnungen doch die Extreme im Spektrum möglicher wettbewerbsrechtlicher Systeme. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu untersuchen, ob und inwieweit in den Rechtsordnungen Deutschlands und Großbritanniens Einigkeit darüber besteht, welche den Verbraucher betreffenden Werbepraktiken lauter bzw. unlauter sind und ob sich insofern allgemein gültige Grundsätze formulieren lassen. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf Werbung, die die wirtschaftlichen Interessen des Verbrauchers, insbesondere dessen Entscheidungsfreiheit, tangiert. Der Autor stellt insofern die maßgeblichen Tatbestände aus deutscher und britischer Sicht dar, unterzieht sie einer Rechtsvergleichung und erörtert, inwiefern sie zum Schutz der Verbraucherinteressen gerechtfertigt sind. Ferner untersucht er die Frage, wie die Durchsetzung des materiellen Rechts in Deutschland und Großbritannien erfolgt und inwieweit die unterschiedlichen Verfahren und Sanktionen geeignet sind, den Interessen der Verbraucher Geltung zu verschaffen. Abschließend stellt er den Regierungsentwurf zur Reform des UWG und den Vorschlag einer Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vor. STEFAN OBERMAIR Der Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Werbung in Deutschland und Großbritannien Juristische Reihe TENEA/ Bd. 58 STEFAN OBERMAIR Der Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Werbung in Deutschland und Großbritannien Tenea (‘η Τενέα), Dorf im Gebiet von Korinth an einem der Wege in die → Argolis, etwas s. des h. Chiliomodi. Sehr geringe Reste. Kult des Apollon Teneates. T. galt im Alt. sprichwörtl. als glücklich, wohl wegen der Kleinheit […] Aus: K. Ziegler, W. Sontheimer u. H. Gärtner (eds.): Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike. Bd. 5, Sp. 585. München (Deutscher Taschenbuch Verlag), 1979. Stefan Obermair: Der Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Werbung in Deutschland und Großbritannien (Juristische Reihe TENEA/www.jurawelt.com; Bd. 58) Zugleich Universität Augsburg Dissertation 2004 Gedruckt auf holzfreiem, säurefreiem, alterungsbeständigem Papier © TENEA Verlag für Medien Berlin 2004 Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Digitaldruck und Bindung: Polyprint GmbH · 12489 Berlin Umschlaggestaltung: nach Roland Angst, München TENEA-Graphik: Walter Raabe, Berlin Printed in Germany 2004 ISBN 3-86504-050-0 Vorwort Die vorliegende Arbeit wäre ohne die Hilfe und Unterstützung zahlreicher Personen nicht oder nicht so zustandegekommen. Ihnen möchte ich an dieser Stelle danken. Mein Dank gilt an erster Stelle Herrn Prof. Dr. Möllers für die Bereitschaft, die Promotionsbetreuung zu übernehmen und für die Anregung des Themas. Ferner bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Becker für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Bei Fragen technischer Natur, insbesondere bei der Vorbereitung meines Forschungsaufenthalts in Oxford, konnte ich mich stets an Frau Dr. Gudrun Schmid und Herrn Jörg Schilder, LL.M. wenden. Für ihre freundliche Hilfsbereitschaft bedanke ich mich sehr herzlich. Mein Dank gilt ferner allen Institutionen, Vereinigungen und Behörden, die bereitwillig auf meine Anfragen Auskunft erteilt haben. Insbesondere bedanke ich mich bei der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V. und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. Bedanken möchte ich mich ferner bei meinem Computerexperten, Herrn Thomas Liebl, an den ich mich bei größeren und kleineren technischen Problemen stets wenden konnte. Mein Dank gilt weiterhin Herrn Korbinian Wagner und Herrn Michael Forster, die die Arbeit korrekturgelesen und mir wertvolle Hinweise gegeben haben. Ferner bedanke ich mich bei meinen Freunden und meiner Familie, die mir, nicht nur in den letzten zwei Jahren, immer zur Seite gestanden haben. Mein Dank gilt dabei insbesondere meiner Schwester Frau Irmi Zech und meiner Tante Schwester Lintrud Ebenberger. Letzterer ist es zu verdanken, dass in der Krankenhauskapelle von Dillingen stets ein Lichtlein in meinen Anliegen brennt. Auch hierfür bedanke ich mich recht herzlich. Besonderen Dank schulde ich meiner Freundin Frau Kristina Wagner. Seit vielen Jahren schon unterstützt, berät und ermutigt sie mich. Insbesondere bedanke ich mich bei ihr dafür, dass sie nicht immer meiner Meinung ist und mir so einen anderen Blick der Dinge vermittelt. Nicht zuletzt gilt mein ganz besonderer Dank meinen Eltern. Seit dem Tag meiner Geburt haben sie mir ihre Liebe und Fürsorge zuteil werden lassen und förderten mich in jeder erdenklichen Art und Weise. Sie haben damit maßgeblich dazu beigetragen, mich zu dem Menschen zu machen, der ich heute bin. Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ...............................................................................................................VII Literaturverzeichnis...................................................................................................................... IX Problemaufriss und Gang der Untersuchung ................................................................................. 1 1. TEIL: BEGRIFFSKLÄRUNG.................................................................................... 4 1. Kapitel: Der Begriff des „Verbrauchers“.........................................................................4 A. Definition des Verbrauchers in europäischen, deutschen und britischen Gesetzen, Abkommen, Richtlinien, Urteilen und Kodizes .................................................................... 4 I. Definitionen in europäischen Abkommen und Richtlinien.............................................. 4 II. Definitionen in deutschen Gesetzen ................................................................................... 6 III. Definitionen in britischen Gesetzen, Urteilen und Kodizes............................................... 7 IV. Zusammenfassung ............................................................................................................. 8 B. Verbraucherleitbild ................................................................................................................ 8 I. Bedeutung........................................................................................................................... 8 II. Das Verbraucherleitbild des EuGH.................................................................................... 9 III. Das Verbraucherleitbild des BGH.................................................................................... 11 IV. Das Verbraucherleitbild der britischen Rechtsprechung.................................................. 12 V. Rechtsvergleichung .......................................................................................................... 13 C. Funktion des Verbrauchers .................................................................................................. 14 I. Statische Modelle der Marktwirtschaft ............................................................................ 14 II. Dynamische Modelle der Marktwirtschaft....................................................................... 15 D. Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit des Verbrauchers............................................. 16 2. Kapitel: Der Begriff der „Werbung“ ..............................................................................17 A. Definition............................................................................................................................. 18 B. Formen der Werbung ........................................................................................................... 19 C. Funktion und Wirkung der Werbung................................................................................... 21 3. Kapitel: Zwischenergebnis...............................................................................................23 II 2. TEIL: DER MATERIELL-RECHTLICHE SCHUTZ DES VERBRAUCHERS 25 1. Kapitel: Deutschland ........................................................................................................26 A. Der Schutz vor unlauterer Werbung durch das UWG ......................................................... 26 B. Verbraucherschutzgedanken im UWG ................................................................................ 28 I. Die geschichtliche Entwicklung von Verbraucherschutzgedanken im Wettbewerbsrecht .......................................................................................................................................... 28 II. Schutz von Kollektiv- und/oder Individualinteressen durch das UWG? ......................... 30 III. Das UWG als Verbraucherschutzgesetz........................................................................... 32 C. Schutz der Willensbildung................................................................................................... 32 I. Erkennbarkeit von Werbung ............................................................................................ 32 II. Der Wahrheitsgrundsatz ................................................................................................... 35 III. Informationspflichten des Werbenden ............................................................................. 39 IV. Der Sachlichkeitsgrundsatz .............................................................................................. 40 V. Der Sachlichkeitsgrundsatz am Beispiel der gefühlsbetonten Werbung.......................... 43 1. Rechtsprechung .............................................................................................................. 43 2. Literatur.......................................................................................................................... 48 a) Die Beurteilung gefühlsbetonter Werbung durch Literatur, die der Rechtsprechung des BGH folgt............................................................................................................ 48 b) Die Beurteilung produktunabhängiger gefühlsbetonter Werbung durch die andere Ansicht ...................................................................................................................... 49 c) Die Beurteilung produktabhängiger gefühlsbetonter Werbung durch die andere Ansicht ...................................................................................................................... 51 d) Die Beurteilung der Schockwerbung durch die herrschende Lehre.......................... 52 D. Schutz der Willensbetätigung.............................................................................................. 53 I. Der psychologische Kaufzwang....................................................................................... 53 II. Die belästigende Werbung ............................................................................................... 54 1. Telefonwerbung ............................................................................................................. 55 2. Ansprechen in der Öffentlichkeit ................................................................................... 55 3. Haustürwerbung ............................................................................................................. 57 2. Kapitel: Großbritannien ..................................................................................................60 A. Verbraucherschutz und unlauterer Wettbewerb in Großbritannien..................................... 60 B. Schutz der Willensbildung................................................................................................... 62 I. Erkennbarkeit von Werbung ............................................................................................ 62 III II. Der Wahrheitsgrundsatz ................................................................................................... 63 1. Die Regelungen des Trade Descriptions Act 1968 ........................................................ 63 a) Die falsche Beschreibung von Waren ....................................................................... 63 b) Die falsche Beschreibung von Dienstleistungen....................................................... 66 2. Die Regelungen des Consumer Protection Act 1987 ..................................................... 67 3. Die Control of Misleading Advertising Regulations 1988............................................. 68 4. Die Regelungen des British Code of Advertising, Sales Promotion and Direct Marketing ........................................................................................................................................ 68 III. Informationspflichten des Werbenden ............................................................................. 69 IV. Der Sachlichkeitsgrundsatz ............................................................................................. 71 1. Die Zulässigkeit von Lotterien und Preisausschreiben .................................................. 71 2. Werbegeschenke, Warenproben, Zugaben und Rabatte................................................. 73 3. Gefühlsbetonte Werbung................................................................................................ 74 a) Das Verbot anstößiger Werbung ............................................................................... 75 b) Das Verbot der Angst- und Schockwerbung............................................................. 78 c) Werbung mit karitativen Engagement....................................................................... 83 d) Umweltwerbung........................................................................................................ 83 e) Werbung für Alkohol ................................................................................................ 83 C. Schutz der Willensbetätigung .............................................................................................. 84 3. Kapitel: Der materiell-rechtliche Schutz des Verbrauchers: Rechtsvergleichung und Kritik...................................................................................................................87 A. Schutz der Willensbildung................................................................................................... 87 I. Erkennbarkeit von Werbung ............................................................................................ 87 II. Der Wahrheitsgrundsatz ................................................................................................... 90 1. Angabe ........................................................................................................................... 90 2. Eignung zur Irreführung................................................................................................. 91 3. Relevanz ......................................................................................................................... 95 III. Informationspflichten....................................................................................................... 97 IV. Der Sachlichkeitsgrundsatz ............................................................................................. 98 1. Wertreklame ................................................................................................................... 99 2. Gefühlsbetonte Werbung...............................................................................................101 B. Schutz der Willensbetätigung .............................................................................................105 I. Der psychologische Kaufzwang......................................................................................105 II. Die belästigende Werbung ..............................................................................................107 IV 4. Kapitel: Zwischenergebnis............................................................................................. 109 3. TEIL: DAS VERFAHREN UND DIE SANKTIONEN ZUR WAHRUNG DER VERBRAUCHERSCHUTZBESTIMMUNGEN........................................111 1. Kapitel: Deutschland ...................................................................................................... 111 A. Verfahren ............................................................................................................................111 I. Die Parteien eines Wettbewerbsverfahrens.....................................................................111 1. Die Klagebefugten.........................................................................................................111 a) Der unmittelbar Verletzte.........................................................................................112 b) Die Mitbewerber ......................................................................................................113 c) Die Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen.............................................116 d) Die Verbrauchereinrichtungen .................................................................................119 e) Die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern ....................................123 2. Missbrauch der Klagebefugnis nach § 13 V UWG.......................................................123 3. Die Beklagten................................................................................................................126 a) Der Verletzer ............................................................................................................126 b) Haftung für Dritte.....................................................................................................127 c) Der Störer .................................................................................................................129 II. Außergerichtliche Verfahren...........................................................................................130 1. Die Abmahnung ............................................................................................................130 2. Das Verfahren vor den Einigungsstellen nach § 27 a UWG.........................................134 III. Gerichtliche Verfahren....................................................................................................135 1. Das Hauptsacheverfahren..............................................................................................135 2. Das Verfahren der einstweiligen Verfügung.................................................................136 B. Sanktionen ..........................................................................................................................139 I. Der Unterlassungsanspruch.............................................................................................140 II. Der Beseitigungs- und Widerrufsanspruch .....................................................................142 III. Der Schadensersatzanspruch...........................................................................................144 IV. Das Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG ...........................................................................146 2. Kapitel: Großbritannien ................................................................................................ 148 A. Organe, Verfahren und Sanktionen im Rahmen des TDA und des CPA ...........................148 I. Organe zur Überwachung und Verfolgung des TDA und CPA......................................148 V II. LACORS und das Home Authority Principle .................................................................149 III. Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens ..........................................................150 IV. Befugnisse der Trading Standards Officers.....................................................................153 V. Sanktionen .......................................................................................................................155 1. Strafrechtliche Sanktionen ............................................................................................155 a) Geld- und Freiheitsstrafen nach TDA und CPA ......................................................155 b) Entschädigung des Verletzten ..................................................................................156 2. Zivilrechtliche Sanktionen ............................................................................................158 a) Unterlassungsverfügung...........................................................................................158 b) Deliktsrechtliche Schadenersatzklagen von Verbrauchern......................................159 B. Das System der freiwilligen Selbstkontrolle der Werbewirtschaft.....................................160 I. Geschichtliche Entwicklung............................................................................................160 II. Die Organisation des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle......................................161 1. Das Advertising Standards Board of Finance und die Finanzierung des Systems........162 2. Die Advertising Standards Authority............................................................................162 3. Das Committee of Advertising Practice........................................................................163 4. Das gemeinsame Sekretariat .........................................................................................164 III. Das Verfahren im Rahmen des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle ......................164 IV. Sanktionen bei Verstößen gegen den Code.....................................................................167 V. Gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen der Advertising Standards Authority...168 VI. Die Bewertung des Systems in der Literatur...................................................................171 C. Die Unterbindung verbraucherschädlichen Verhaltens durch den Fair Trading Act 1973 und den Enterprise Act 2002 .....................................................................................................174 I. Der Fair Trading Act 1973 ..............................................................................................175 1. Der Director General of Fair Trading ...........................................................................175 2. Das Verfahren und die Sanktionen nach Part III Fair Trading Act 1973......................177 3. Schwächen des Fair Trading Act 1973 .........................................................................178 II. Der Enterprise Act 2002..................................................................................................180 1. Die neue Organisation des Office of Fair Trading........................................................180 2. Das Verfahren nach Part 8 Enterprise Act 2002 ...........................................................181 D. Das Verfahren nach den Control of Misleading Advertising Regulations 1988 ................186 VI 3. Kapitel: Das Verfahren und die Sanktionen zur Wahrung der Verbraucherschutzbestimmungen: Rechtsvergleichung und Kritik........................................... 189 A. Personen und Organe zur Überwachung und Verfolgung von Verstößen gegen Verbraucherschutzbestimmungen.......................................................................................189 B. Missbrauch der Klagebefugnis und Mehrfachverfolgung ..................................................193 C. Die Haftenden .....................................................................................................................193 D. Außergerichtliche Verfahren ..............................................................................................195 E. Gerichtliche Verfahren........................................................................................................197 F. Das Verfahren der freiwilligen Selbstkontrolle ..................................................................201 G. Sanktionen ..........................................................................................................................204 I. Unterlassung....................................................................................................................205 II. Beseitigung, Widerruf und berichtigende Werbung........................................................206 III. Schadensersatz.................................................................................................................209 IV. Rücktrittsrecht .................................................................................................................210 V. Strafrechtliche Sanktionen ..............................................................................................211 VI. Sanktionen des Systems der freiwilligen Werbeselbstkontrolle .....................................212 4. Kapitel: Zwischenergebnis............................................................................................. 214 4. TEIL: ERGEBNIS UND AUSBLICK .....................................................................216 1. Kapitel: Ergebnis ............................................................................................................ 216 2. Kapitel: Ausblick ............................................................................................................ 218 VII Abkürzungsverzeichnis AA ......................... Advertising Association Admin LR .............. Administrative Law Reports All E.R.Rep. ........... All England Law Reports Reprint All ER All ............. England Law Reports ASA ....................... Advertising Standards Authority ASBOF .................. Advertising Standards Board of Finance BCAP .................... British Code of Advertising, Sales Promotion and Direct Marketing BTLC ..................... Butterworths Trading Law Cases Bus LR .................. Business Law Review c ............................. Chapter CAP ....................... Committee of Advertising Practice Ch.App. .................. Law Reports, Chancery Appeal Cases Ch.D. ..................... English Law Reports Chancery Division CLJ ........................ Consumer Law Journal CMAR ................... Control of Misleading Advertising Regulations 1988/2000 CMLR ................... Common Market Law Reports col .......................... column (Spalte) CPA ....................... Consumer Protection Act 1987 CPR ....................... Consumer Policy Review Cr. App. R. (S) ...... Criminal Appeal Reports (Sentencing) Crim. L.R. ............ Criminal Law Review CTLR ..................... Computer and Telecommunications Law Review DGFT .................... Director General of Fair Trading DPP ....................... Director of Public Prosecutions VIII DTI ........................ Department of Trade and Industry EA ......................... Enterprise Act 2002 ed. .......................... Edition EIPR ...................... European Intellectual Property Review EMLR .................... Entertainment and Media Law Reports FSR ........................ Fleet Street Reports, European Law Centre FTA ....................... Fair Trading Act 1973 HC ......................... House of Commons IHL ........................ In-House Lawyer K.B. ....................... Law Reports, King´s Bench Division L.G.R. .................... Knight´s Local Government Reports L.R.Eq. .................. Law Reports, Equity Cases NCC ....................... National Consumer Council No. ......................... Number plc .......................... 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Trotzdem kann bis heute von einem einheitlichen europäischen Wettbewerbsrecht nicht die Rede sein. Dies ist umso bedauerlicher, wenn man berücksichtigt, dass eine Vielzahl von Unternehmen europaweit tätig ist. Das Fehlen eines einheitlichen Wettbewerbsrechts führt nicht nur zu einem zusätzlichen Aufwand an Zeit und Kosten, es verhindert unter Umständen sogar, dass sich kleine und mittlere Unternehmen grenzüberschreitend engagieren.1 Weitere Folge des uneinheitlichen Lauterkeitsrechts ist es, dass Verbraucher wegen fehlenden Vertrauens in die fremde Rechtsordnung nur zögerlich von grenzüberschreitenden Angeboten Gebrauch machen.2 Ihnen entgehen dadurch erhebliche Vorteile. So variiert der durchschnittliche Einzelhandelspreis eines Produkts innerhalb eines Mitgliedsstaates nur um 5%, während er um 20% vom EU-Durchschnitt abweichen kann.3 Sowohl auf Seiten der Unternehmen als auch der Verbraucher führt die mangelnde Harmonisierung des Lauterkeitsrechts somit zu erheblichen Nachteilen. Besonders die unterschiedlichen nationalen Auffassungen der Mitgliedsstaaten darüber, inwieweit und auf welche Art und Weise die Verbraucher vor unlauterer Werbung zu schützen sind, behindern eine Harmonisierung des Lauterkeitsrechts. Eine besondere Bedeutung kommt dabei Deutschland und Großbritannien zu, bilden deren Rechtsordnungen doch die Extreme im Spektrum möglicher wettbewerbsrechtlicher Systeme.4 So lässt das britische Recht als Ausdruck einer liberalen Geisteshaltung so weit wie möglich ungehinderten Wettbewerb zu, während in Deutschland ein äußerst restriktives Lauterkeitsrecht existiert. Zudem erfolgt in Großbritannien Verbraucherschutz durch straf- und verwaltungsrechtliche Mittel sowie dem System der freiwilligen Selbstkontrolle, während in Deutschland zivilrechtliche Verfahren verwendet werden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu untersuchen, ob und inwieweit in den Rechtsordnungen Deutschlands und Großbritanniens Einigkeit darüber besteht, welche den Verbraucher betreffenden Werbepraktiken lauter bzw. unlauter sind und ob sich insofern allgemein gültige Grundsätze formulieren lassen. Die Untersuchung konzentriert sich dabei auf Werbung, die die wirt1 11. 2 Vgl. auch Grünbuch zum Verbraucherschutz in der Europäischen Union vom 2.10.2001, KOM (2001) 531, S. Siehe hierzu die Begründung zum Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinien 84/450/EWG, 97/7/EG und 98/27/EG vom 18. 6. 2003, KOM (2003) 356 endgültig, Abs. 15, S. 4 f., herunterzuladen unter: http://europa.eu.int/eurlex/de/com/pdf/2003/com2003_0356de01.pdf, zuletzt abgerufen am 18. November 2003. 3 Bericht der Kommission, Wirtschaftsreform: Bericht über die Funktionsweise der gemeinschaftlichen Güterund Kapitalmärkte, KOM (2001) 736 endgültig, S. 6, herunterzuladen unter: http://europa.eu.int/eurlex/de/com/rpt/2001/ com2001_0736de01.pdf, zuletzt abgerufen am 18. November 2003. 4 Ohly/Spence, GRUR Int. 1999, 681 (682). 2 schaftlichen Interessen der Verbraucher, insbesondere deren Entscheidungsfreiheit, tangiert. Ferner untersucht die vorliegende Arbeit die Frage, wie die Durchsetzung des materiellen Rechts erfolgt und inwieweit die unterschiedlichen Verfahren und Sanktionen geeignet sind, den Interessen der Verbraucher Geltung zu verschaffen. Die Untersuchung beginnt mit einem einleitenden Teil. In diesem werden die Begriffe des Verbrauchers und der Werbung sowie deren Funktion im Markt geklärt. Zudem wird hier das Verbraucherleitbild der europäischen, deutschen und britischen Rechtsprechung dargestellt und verglichen. Ein weiterer Teil widmet sich der Darstellung der materiell-rechtlichen Verbraucherschutzvorschriften. Dabei erfolgt im Anschluss an die Länderberichte Deutschland und Großbritannien eine Rechtsvergleichung und Kritik. Innerhalb dieser Kapitel wird zwischen dem Schutz der Willensbildung und der Willensbetätigung unterschieden. Der deutsche Teil beschränkt sich hierbei auf eine Untersuchung der §§ 1 und 3 UWG. Im britischen Teil der Arbeit werden die Regelungen des Trade Descriptions Act 1968 (TDA)5, des Consumer Protection Act 1987 (CPA)6 und der Control of Misleading Advertising Regulations 1988/2000 (CMAR)7 dargestellt. Ferner werden die Regelungen des British Code of Advertising Sales Promotion and Direct Marketing (BCAP)8 erörtert. Weiterhin werden Entscheidungen der Advertising Standards Authority (ASA) untersucht. Das untersuchte Fallmaterial beschränkt sich dabei in der Regel auf Entscheidungen seit dem 13. Januar 1999. Seit diesem Zeitpunkt werden die Entscheidungen der ASA im Internet veröffentlicht9, so dass sie auch für den deutschen Leser einfach zugänglich sind. Abschließend werden die gefundenen Ergebnisse zusammengefasst. In einem dritten Teil werden die Verfahren und Sanktionen zur Durchsetzung der materiellrechtlichen Verbraucherschutzbestimmungen dargestellt. Wieder erfolgt im Anschluss an die Länderberichte Deutschland und Großbritannien eine Rechtsvergleichung und Kritik. Im Gegensatz zum materiell-rechtlichen Teil der Arbeit ist es hier jedoch nicht zweckmäßig, eine jeweils identische Untergliederung der Länderberichte zu wählen, weshalb jeweils ein gesonderter Aufbau erfolgt. Der rechtsvergleichende Teil orientiert sich an der Gliederung des Länderberichts Deutschlands. Abschließend werden wiederum die gefundenen Ergebnisse zusammengefasst. 5 1968 c 29. 1987 c 43. 7 SI 1988, No. 915. 8 CAP, The British Code of Advertising, Sales Promotion and Direct Marketing, 11th ed., 2003. 9 Http://www.asa.org.uk/Adjudications/search_form.asp, die ASA stellt dort eine Suchmaske zur Verfügung, die es ermöglicht, die zitierten Entscheidungen einfach aufzufinden. 6 3 Ein letzter Teil dient dazu, die gefundenen Ergebnisse in gebündelter Form nochmals darzustellen. Ferner wird hier der Regierungsentwurf zur Reform des UWG10 und der Vorschlag einer Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken11 kurz vorgestellt. 10 BT-Drucksache 15/1487, herunterzuladen unter http://www.bmj.bund.de/images/11596.pdf, zuletzt abgerufen am 18. November 2003. 11 Vorschlag für eine Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Fußn. 2). 4 1. Teil: Begriffsklärung Zur Konturierung des Themas der Untersuchung und um im Rahmen der vorliegenden Arbeit sachgerechte Ergebnisse erzielen zu können, ist es notwendig, die Bedeutung der Begriffe „Verbraucher“ und „Werbung“ zu klären und sich über die Funktionen des Verbrauchers und der Werbung im Marktgeschehen Klarheit zu verschaffen. Nur wenn die inhaltliche und funktionale Bedeutung beider Begriffe bestimmt ist, wird es im Rahmen der durchzuführenden Rechtsvergleichung möglich sein, unter Verbraucherschutzgesichtspunkten Kriterien für die rechtliche Grenzziehung zwischen zulässiger und unzulässiger Werbung sowie deren effektiver verfahrensmäßiger Durchsetzung zu erarbeiten. 1. Kapitel: Der Begriff des „Verbrauchers“ Im Rahmen der Klärung des Verbraucherbegriffs stellt sich nicht nur die Frage nach dessen Definition aus europäischer, deutscher und britischer Sicht, vielmehr sind auch die verschiedenen Verbraucherleitbilder sowie die Funktion des Verbrauchers im Wettbewerb darzustellen. Schließlich werden noch die Gründe für die besondere Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers erörtert. A. Definition des Verbrauchers in europäischen, deutschen und britischen Gesetzen, Abkommen, Richtlinien, Urteilen und Kodizes I. Definitionen in europäischen Abkommen und Richtlinien Der Begriff des Verbrauchers wird im EGV nicht definiert. Zwar wird er an mehreren Stellen verwandt, so z. B. in den Art. 33 I Lit. e, 40 II, 81 III, 82 Lit. b, 153 I EGV, eine Definition des Verbraucherbegriffs findet sich dort jedoch nicht. Diese enthalten dagegen das EuGVÜ, das EVÜ, sowie diverse Richtlinien. Nach Art. 13 I EuGVÜ ist ein Verbraucher eine Person, die einen Vertrag zu „einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann.“ Eine im Ergebnis gleichlautende Definition des Verbraucherbegriffs enthält Art. 5 I EVÜ. Dagegen ist nach Art. 2 der Richtlinie 85/577/EWG12 ein Verbraucher „eine natürliche Person, die … zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuge12 Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl. EG Nr. L 372 S. 31. 5 rechnet werden kann. Diese Definition des Verbraucherbegriffs verwenden auch die Richtlinien 87/102/EWG13, 93/13/EWG14 und 97/7/EG15. Eine vollkommen andere Bestimmung des Verbraucherbegriffs enthält Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 90/314/EWG16. Danach ist ein Verbraucher „die Person, welche die Pauschalreise bucht oder zu buchen sich verpflichtet…, oder jede Person, in deren Namen der Hauptkontrahent sich zur Buchung der Pauschalreise verpflichtet…, oder jede Person, der der Hauptkontrahent oder einer der übrigen Begünstigten die Pauschalreise abtritt…“ Die im vorliegenden Zusammenhang besonders interessierenden Richtlinien 84/450/EWG17 und 97/55/EG18 über irreführende und vergleichende Werbung verwenden zwar den Begriff des Verbrauchers, enthalten sich jedoch einer näheren Bestimmung. Bei einem Vergleich der dargestellten Definitionen, lassen sich erhebliche Unterschiede feststellen. So knüpfen die Richtlinien 85/577/EWG, 87/102/EWG, 93/13/EWG und 97/7/EG die Verbrauchereigenschaft an den Status einer natürlichen Person, während die Richtlinie 90/314/EWG sowie das EuGVÜ und EVÜ auch juristische Personen als Verbraucher erfassen. Ferner verlangen die Richtlinien 85/577/EWG, 87/102/EWG, 93/13/EWG und 97/7/EG, sowie die Art. 13 EuGVÜ und 5 EVÜ, dass die handelnde Person keinen beruflichen und geschäftlichen Zweck verfolgt, während dieser Umstand im Rahmen Pauschalreiserichtlinie keine Rolle spielt. Letztere erfasst schließlich im Gegensatz zu den übrigen Rechtsakten auch nicht unmittelbar am Vertragsschluss beteiligte Dritte als Verbraucher. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass im europäischen Recht keine einheitliche Definition des Verbraucherbegriffs existiert. Zwar knüpfen die verschiedenen Regelungen an den Verbraucherbegriff an, seine Bedeutung ergibt sich jedoch immer aus dem geregelten Sachgebiet heraus in dem Bestreben, konkrete, situationsspezifische Lösungen zu entwickeln.19 13 Art. 1 II Lit. a) der Richtlinie des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABl. EG Nr. L 42 S. 48. 14 Art. 2 Lit. b) der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 S. 29. 15 Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG Nr. L 144 S. 19. 16 Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen, ABl. EG Nr. L 158 S. 59. 17 Richtlinie 84/450/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung, ABl. EG Nr. L 250 S. 17. 18 Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Dezember 1997 zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung, ABl. EG Nr. L 290 S. 18. 19 Krämer, EWG-Verbraucherrecht, 1. Aufl. 1984, S. 22, Rebmann (Hrsg.), MünchKommBGB/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor §§ 13, 14 BGB, Rn. 80. 6 II. Definitionen in deutschen Gesetzen Auch in einer Reihe deutscher Gesetze wird der Terminus des „Verbrauchers“ verwandt. Eine Definition dieses Begriffs enthalten u. a. das LMBG, das EGBGB und das BGB.20 So ist nach § 6 I LMBG Verbraucher „derjenige, an den Lebensmittel… oder Bedarfsgegenstände zur persönlichen Verwendung oder zur Verwendung im eigenen Haushalt abgegeben werden.“ Art. 29 I EGBGB kennzeichnet den Verbraucher dadurch, dass der Vertragszweck, „nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Berechtigten (Verbrauchers) zugerechnet werden kann…“ § 13 BGB schließlich definiert den Verbraucher als „natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.“ Das UWG verwendet neben dem Begriff des „Verbrauchers“21 auch die Begriffe des „letzten Verbrauchers“22 sowie des „gewerblichen Verbrauchers“23, ohne jedoch eine Definition dieser Begriffe zu enthalten. Nach h. M. erfasst der Terminus des letzten Verbrauchers diejenigen Personen, die eine Ware erwerben, ohne sie weiterveräußern zu wollen.24 Letzte Verbraucher sind damit nicht ausschließlich private Verbraucher, sondern auch gewerbliche Verbraucher, sofern sie ihren privaten Bedarf an branchenfremden Waren decken.25 Entscheidendes Kriterium für den Begriff des Letztverbrauchers ist somit der Erwerb zur Befriedigung von privaten Bedürfnissen.26 Kennzeichnend für den gewerblichen Verbraucher ist dagegen die Befriedigung von gewerblichen Bedürfnissen.27 Der Begriff des Verbrauchers in § 13 II Nr. 3 UWG entspricht dem des privaten Verbrauchers.28 Zusammenfassend ist festzustellen, dass im deutschen Recht ebenso wie auf europäischer Ebene kein einheitlicher Verbraucherbegriff existiert.29 So erfassen obige Definitionen teilweise ausschließlich natürliche Personen30, teilweise natürliche und juristische Personen31. Teils darf der Vertragszweck keinen beruflichen Zwecken dienen32, teils darf er nur keinen selbständigen 20 Detaillierte Ausführungen zum Verbraucherbegriff in deutschen Gesetzen finden sich bei Medicus in: FS Kitagawa, 1. Aufl. 1992, S. 487 ff. und Schneider, BB 1974, 764 ff. 21 § 13 II Nr. 3 UWG. 22 §§ 6 a, 6 b UWG. 23 § 6 a UWG. 24 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. 2001, § 6 a UWG Rn. 9, Scherer, Privatrechtliche Grenzen der Verbraucherwerbung, 1. Aufl. 1996, S. 32. 25 BGH, GRUR 1978, 173 – Metro I, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 6 a UWG Rn. 12, a. A. Beater, Unlauterer Wettbewerb, 1. Aufl. 2002, § 26 Rn. 20. 26 A. A. Scherer (Fußn. 24), S. 32. 27 Schneider, BB 1974, 764 (768). 28 Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 30. 29 Dick, Das Verbraucherleitbild der Rechtsprechung, 1. Aufl. 1995, S. 12, Schneider, BB 1974, 764 (768). 30 So §§ 13 BGB, 6 I LMBG. 31 So Art. 29 I EGBGB. 32 So Art. 29 I EGBGB. 7 beruflichen Zwecken dienen33. Dem Verbraucherbegriff liegt somit auch im deutschen Recht kein einheitliches Verständnis zugrunde, vielmehr ergibt sich dessen Bedeutung immer aus einem konkreten Regelungszusammenhang heraus mit dem Ziel, bestimmten Personen oder Personengruppen einen besonderen Schutz zu gewähren.34 III. Definitionen in britischen Gesetzen, Urteilen und Kodizes In Großbritannien wird der Begriff des Verbrauchers in zahlreichen Gesetzen, meist speziellen Verbraucherschutzgesetzen, verwandt. Nicht immer erfolgt jedoch eine genaue Definition dieses Begriffs, so dass dessen exakte Bedeutung teilweise auch den Gerichten überlassen bleibt. Eine erste gesetzliche Definition erfolgte 1897 im Metropolis Water Act35. Dieser definierte den „Verbraucher von Wasser“ als „...jede Person, die mit Wasser beliefert wird…“36. Ähnlich versuchte früh schon die englische Rechtsprechung den Verbraucherbegriff zu bestimmen. So hat der Court of Appeal 1888 den Wasserverbraucher als Person definiert, die Wasser verbraucht oder die einen Anspruch hat, mit Wasser beliefert zu werden. 37 Nach dem High Court of Justice ist nur derjenige ein Verbraucher von Eiern, der diese erwirbt, um sie zu konsumieren und nicht, um sie ausbrüten zu lassen.38 In neueren Gesetzen und Kodizes finden sich unterschiedliche Definitionen des Verbraucherbegriffs. So umschreibt der Fair Trading Act 1973 (FTA)39 den Verbraucher als jede Person, der Waren oder Dienstleistungen geliefert werden oder geliefert werden sollen, wobei der Lieferer in Ausübung eines Gewerbes handeln muss und der Belieferte die Waren nicht zu gewerblichen Zwecken erworben haben darf.40 Eine ähnliche Definition enthält auch Sec. 12 des Unfair Contract Terms Act 197741, nach der eine Person als Verbraucher handelt, wenn sie (a) den Vertrag weder zu Zwecken einer tatsächlichen noch beabsichtigten gewerblichen Tätigkeit abschließt und (b) der andere Vertragsteil beim Vertragsschluss zu gewerblichen Zwecken handelt42. Dagegen ist nach dem Enterprise Act 2002 (EA)43 eine Person auch dann Verbraucher, wenn sie Waren oder Dienstleistungen für eine beabsichtigte geschäftliche Tätigkeit erwirbt.44 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 So § 13 BGB. Dick (Fußn. 29), S. 12, Scherer (Fußn. 24), S. 32 f., Schneider, BB 1974, 764 (768). 1897 c 56. Sec. 5: „…any person who is supplied with water …“ Cook v. New River Company 38 Ch.D. 56 (62). Brierley v. Philips and another [1947] 1 All ER 269 (270). 1973 c 41. Sec. 137 (2) FTA. 1977 c 50. „(a)…he neither makes the contract in the course of a business nor holds himself out as doing so; and (b) the other party does make the contract in the course of a business;…” 2002 c 40. Sec. 210 (4)(b) EA. 8 Nach dem CPA ist für die Verbrauchereigenschaft erforderlich, dass die Lieferung oder Leistung an eine Person zu deren privaten Ge- oder Verbrauch erfolgt.45 Der BCAP schließlich definiert den Verbraucher als jeden potentiellen Empfänger von Marketing Kommunikation, gleichgültig ob dieser zu gewerblichen oder nicht gewerblichen Zwecken handelt.46 Zusammenfassend ist somit auch für das britische Recht feststellen, dass kein konsistenter Verbraucherbegriff existiert.47 Zwar geht eine Mehrheit der Definitionen in neueren Gesetzen wohl davon aus, dass es sich bei dem Verbraucher um den privaten Endverbraucher handelt, jedoch existieren auch weitere Definitionen, so dass sich auch hier der Verbraucherbegriff jeweils aus der konkret zu regelnden Materie ergibt. IV. Zusammenfassung Weder im europäischen noch im deutschen oder britischen Recht existiert ein einheitlicher Verbraucherbegriff. Vielmehr bestehen jeweils unterschiedliche Definitionen, deren Inhalt sich aus der zu regelnden Materie ergibt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird der Verbraucher im Sinne des privaten Letztverbrauchers verstanden. Dieser Verbraucherbegriff erscheint für die Untersuchung deshalb besonders geeignet, da sich Werbung zu einem ganz überwiegenden Teil an diesen richtet. Auch liegen gerade in der Person des privaten Letztverbrauchers die Umstände vor, die seine besondere Schutzbedürftigkeit begründen.48 B. Verbraucherleitbild I. Bedeutung Das Verbraucherleitbild wird im juristischem Schrifttum vor allem im Zusammenhang mit dem Tatbestand des § 3 UWG diskutiert. Insoweit hat es eine doppelte Funktion: erstens bei der Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Werbeaussage und zweitens bei der Ermittlung der rechtserheblichen Abweichung.49 Die Bedeutung eines Verbraucherleitbilds erschöpft sich jedoch nicht in der Feststellung der Geeignetheit einer Werbeaussage zur Irreführung der Verbraucher. Vielmehr ist es auch im 45 Sec. 20 (6) CPA. Clause 1.3 b: „a consumer is anyone who is likely to see a given marketing communication, whether in the course of business or not”. 47 Bone, Osborn´s Concise Law Dictionary, 9th ed. 2001, S. 101, Cartwright, Consumer Protection and the Criminal Law, 1st ed. 2001, S. 4. 48 Siehe hierzu unten: 1. Teil: 1. Kapitel:D. 49 Drexl, Das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht des Verbrauchers, 1. Aufl. 1998, S. 415. 46 9 Rahmen sonstiger verbraucherschützender Tatbestände erforderlich, ein Verbraucherleitbild zu verwenden. So ist z. B. auch für die wettbewerbsrechtliche Bewertung von belästigenden Werbemethoden von entscheidender Bedeutung, welches Verbraucherleitbild der Beurteilung zugrunde gelegt wird50, da ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher eher in der Lage sein wird, den unsachlichen Beeinflussungsversuchen eines Vertreters zu widerstehen, als ein flüchtiger, unterdurchschnittlich informierter und unintelligenter Verbraucher. Da ein Verbraucherleitbild somit für alle verbraucherschützenden Tatbestände erforderlich ist, ist ein einheitliches Verbraucherleitbild Voraussetzung für eine in sich widerspruchsfreie Beurteilung der verschiedenen wettbewerbsrechtlichen Tatbestände und Fallgruppen. Schließlich ist das Verbraucherleitbild auch für die Ausgestaltung des Verfahrens von entscheidender Bedeutung. So wird ist es einem uninformierten und unintelligenten Verbraucher kaum zumutbar sein, selbst für die Wahrung seiner Rechte zu sorgen. Vielmehr ist es insoweit zweckmäßig, Verbraucherverbänden die Durchsetzung seiner Rechte zu übertragen. Dagegen kann es einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher vielleicht sogar zumutbar sein, selbst für die Geltendmachung seiner Rechte zu sorgen. Für diesen kann es unter Umständen auch der einfachere und effektivere Weg sein, seine Rechte selbständig durchzusetzen, ohne sich an einen Dritten wenden zu müssen. II. Das Verbraucherleitbild des EuGH Der EuGH legt seinen Entscheidungen, sowohl zur Frage der Geeignetheit einer Werbebehauptung zur Irreführung der Verbraucher als auch zur Verwechslungsfähigkeit einer Marke, in ständiger Rechtsprechung das Verbraucherleitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers zugrunde.51 Ausdrücklich hat er dieses Verbraucherleitbild in dem Urteil „Gut Springenheide“52 formuliert. Bereits vorangegangene Entscheidungen belegen aber, dass der EuGH im Rahmen seiner Urteile schon früher auf dieses Verbraucherleitbild abstellte. So entschied er, dass die Bezeichnung „Clinique“ für ein kosmetisches Mittel nicht geeignet sei, den Verbraucher über tatsächlich nicht vorhandene medizinische Wirkungen des Produkts irrezuführen.53 Auch in seiner „Mars-Entscheidung“ führt der EuGH aus, dass von verständigen Verbrauchern erwartet werden könne, dass sie wüssten, dass 50 Hombrecher, Jura 2003, 153 (155), siehe auch Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl. 2002, § 1 UWG Rn. 107. EuGH, GRUR Int. 1998, 906 ff., ErwG 31, 37 – Gut Springenheide, GRUR Int. 1999, 345 ff., ErwG 36, 38 – Sektkellerei Kessler, GRUR Int. 1999, 734 ff., ErwG 26 – Lloyd. 52 EuGH, GRUR Int. 1998, 906 ff. – Gut Springenheide. 53 EuGH, GRUR Int. 1994, 231 ff. – Clinique. 51 10 zwischen der Größe von Werbeaufdrucken, die auf eine Erhöhung der Menge des Erzeugnisses hinweisen, und dem Ausmaß einer Erhöhung nicht notwendig ein Zusammenhang bestehen würde.54 Bei der Bestimmung der Auffassung des Durchschnittsverbrauchers berücksichtigt der EuGH die konkrete Situation, in der sich dieser zum maßgeblichen Zeitpunkt befindet. So führt er in einer Entscheidung zur Verwechslungsfähigkeit von Marken aus: „Allerdings ist zu berücksichtigen, daß sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern daß er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muß, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.“55 Die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers ist damit nicht statisch, sondern situationsadäquat. Das Verbraucherleitbild des EuGH ist ein normatives.56 Gleichwohl gesteht er den nationalen Gerichten zu, zur Ermittlung der Verkehrsauffassung auf Sachverständigengutachten oder Verbraucherbefragungen zurückzugreifen.57 Konsequenz des Verbraucherleitbilds eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers ist es, dass der EuGH58 andererseits versucht, den Verbraucher durch die Gewährleistung von Informationsmöglichkeiten zu schützen.59 Nützt er diese nicht, ist er auch nicht schutzwürdig.60 Dem Verbraucherleitbild des EuGH liegt somit ein Wettbewerbsmodell der informierenden Werbung und des sich informierenden Verbrauchers zugrunde.61 Letztlich hat das Verbraucherleitbild des EuGH aber weder einen wettbewerbsrechtlichen noch verbraucherschützenden Hintergrund62, sondern dient der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes.63 Diese erfordert einen verständigen Verbraucher, der die Fähigkeit besitzt, 54 EuGH, GRUR Int. 1995, 804, ErwG 24 – Mars. EuGH, GRUR Int. 1999, 734, ErwG 26 – Lloyd. 56 EuGH, GRUR Int. 1998, 906, ErwG 31 – Gut Springenheide. 57 EuGH, GRUR Int. 1998, 906, ErwG 37 – Gut Springenheide. 58 EuGH, GRUR Int. 1990, 955, ErwG 14 ff. – GB-Inno-BM, EuGH, GRUR Int. 1993, 763, ErwG 17 – Yves Rocher. 59 Ähnlich Roth in: FS Mestmäcker, 1. Aufl. 1996, S. 725 ff. (728). 60 Martin-Ehlers, Die Irreführungsverbote des UWG im Spannungsfeld des freien europäischen Warenverkehrs, 1. Aufl. 1996, S. 89. 61 Fezer, WRP, 1995, 671 (674). 62 Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 43. 63 Meyer, WRP 1993, 215 (224), Leisner, EuZW 1993, 655 (659), Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 43 f., Dauses, EuZW 1995, 425 (429), Doepner, WRP 1997, 999 (1007 f.), Martin-Ehlers (Fußn. 60), S. 89, Roth (Fußn. 59), S. 728. 55 11 sich frei zwischen den Produkten verschiedener Mitgliedsstaaten entscheiden zu können.64 Abweichende nationale Verbraucherleitbilder sollen den freien Warenverkehr nicht beeinträchtigen können.65 Das Verbraucherleitbild des EuGH bezweckt damit eine Rechtsangleichung unter den Mitgliedsstaaten auf einem Niveau, das unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten weitesgehenste Warenverkehrsfreiheit ermöglicht.66 III. Das Verbraucherleitbild des BGH Der BGH beurteilte früher in ständiger Rechtsprechung die Geeignetheit einer Werbeangabe zur Irreführung anhand der Auffassung eines flüchtigen und unkritischen Durchschnittsverbrauchers.67 Gegen Ende der 90er Jahre wurden jedoch in der Rechtsprechung des BGH Tendenzen ersichtlich, die darauf schließen ließen, dass das Gericht nicht mehr ausschließlich auf dieses Verbraucherleitbild abstellt, sondern mehr einen an Informationen interessierten Verbraucher im Blick hat und dabei auch die konkrete Situation berücksichtigt, in der der Verbraucher mit der Werbeangabe konfrontiert wird.68 Schließlich stellte der BGH in der Entscheidung „Orient-Teppichmuster“69 klar, dass für die Ermittlung der Verkehrsauffassung das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgeblich sei. Der Grad der Aufmerksamkeit ist dabei abhängig von der jeweiligen Situation.70 Maßgeblich ist dabei besonders die Bedeutung der beworbenen Ware oder Dienstleistung für den angesprochenen Verbraucher, so dass sich dessen Aufmerksamkeit beim Erwerb von geringwertigen Gütern des täglichen Bedarfs eher am unteren Rand bewegen wird.71 Dagegen wird sich der Verbraucher beim Kauf von hochwertigen und teuren Waren, wie z. B. eines Autos, hinreichend informieren, Vergleichsangebote einholen und das betreffende Produkt erst nach reiflicher Überlegung erwerben.72 Das Verbraucherleitbild des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers ist nunmehr gefestigte Rechtsprechung des BGH.73 64 Martin-Ehlers (Fußn. 60), S. 89. Roth (Fußn. 59), S. 728 f. 66 Ähnlich Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 44. 67 BGH, GRUR 1965, 365 (366) – Englisch Lavendel, BGH, GRUR 1982, 564 (566) – Elsässer Nudeln, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 Rn. 33. 68 BGH, WRP 1997, 179 (181 f.) – Energiekosten-Preisvergleich II, BGH, GRUR 1998, 1037 (1038) – Schmuck-Set, GRUR 1999, 256 (257) – 1.000,- DM Umwelt-Bonus. 69 BGH, GRUR 1999, 619 – Orient-Teppichmuster. 70 BGH, GRUR 1999, 619 (621) – Orient-Teppichmuster. 71 BGH, GRUR 1999, 619 (621) – Orient-Teppichmuster. 72 BGH v. 13. 3. 2003, I ZR 146/00, S. 7, herunterzuladen unter: http://www.bundesgerichtshof.de/entscheidungen/entscheidungen.php. 73 Vgl. BGH NJW 2001, 153 (154) – Möbel-Umtauschrecht, BGH NJW 2001, 3193 (3195) – Anwalts- und Steuerkanzlei, BGH, GRUR 2001, 1061 (1063) – Mitwohnzentrale, BGH v. 13. 3. 2003, I ZR 146/00, S. 7, herun65 12 Die maßgebliche Verkehrsauffassung ermittelt der BGH grundsätzlich empirisch. Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, dass in der Praxis insoweit nur selten eine Beweisaufnahme stattfindet, sondern der Richter zumeist auf Grundlage eigener Sachkunde entscheidet.74 Dies gilt insbesondere deshalb, weil ein Großteil der Wettbewerbsverfahren im einstweiligen Rechtsschutz stattfindet75, wo sich eine Verkehrsbefragung schon aus Zeitgründen verbietet.76 IV. Das Verbraucherleitbild der britischen Rechtsprechung Die britische Rechtsprechung legt ihren Urteilen in Fällen fehlerhafter Warenbeschreibungen sowie bei Streitigkeiten über die Verwechslungsfähigkeit einer Marke seit jeher das Verbraucherleitbild eines Durchschnittsverbrauchers zu Grunde.77 Gower QC führt insoweit in „Burleigh v. Van den Berghs and Jurgens Ltd“78 aus, dass die Warenbeschreibung geeignet sein müsse, durchschnittlich vernünftige Mitglieder der Öffentlichkeit, d. h. der einkaufenden Öffentlichkeit, irrezuführen. Er fährt fort: „Es ist wichtig sich daran zu erinnern, dass es sich hierbei um durchschnittliche Personen handelt. Es reicht nicht aus überzeugt zu sein, dass eine unüblich nachlässige Person von der Aufmachung irregeführt wird. Es reicht nicht aus überzeugt zu sein, dass eine legasthenische, ungebildete, kurzsichtige oder unterdurchschnittlich intelligente Person irregeführt wird.“79 In neueren Entscheidungen80 hat die britische Rechtsprechung ausdrücklich das Verbraucherleitbild des EuGH übernommen. Judge Jacob legt insoweit dar, dass das Verbraucherleitbild, das der EuGH in der Entscheidung „Gut Springenheide“ gebraucht habe, sich mit dem Verbraucherleitbild decke, das im englischen Recht traditionell in Passing off-Fällen und bei Markenrechtsverletzungen verwandt werde.81 Auch nach der britischen Rechtsprechung ist der Verbraucher daher durchschnittlich informiert, aufmerksam und verständig.82 Die Eigenschaf- terzuladen unter: http://www.bundesgerichtshof.de/entscheidungen/entscheidungen.php. 74 Keßler, WRP 1993, 571 (576), Ahrens, WRP 2000, 812 (814), Bornkamm, WRP 2000, 830 (832). 75 Siehe unten: 3. Teil: 1. Kapitel:A.III.2. 76 Ähnlich Ahrens, WRP, 2000, 812 (814). 77 Concentrated Foods Ltd v. Champ 8 [1944] 1 All ER 272 (276), O´Keefe, The Trade Descriptions Act 1968, st 1 ed. 1968, S. 20. 78 [1987] BTLC 337. 79 [1987] BTLC 337 (339): „It is important that we should remember that we are dealing with the average person. It is not enough that we should be sure that an unusually careless person might be mislead by the packaging. It is not enough that we should be sure that a person who is dyslexic, illiterate, short-sighted or of less than average intelligence should be misled.” 80 Bach Flower Remedies Ltd v. Healing Herbs Ltd [2000] RPC 513, British Airways plc v. Ryanair Ltd [2001] FSR 541. 81 British Airways plc v. Ryanair Ltd [2001] FSR 541 (552). 82 Bach Flower Remedies Ltd v. Healing Herbs Ltd [2000] RPC 513 (527), siehe auch West (trading as Eastenders) v. Fuller Smith & Turner plc, 31 January 2003, unreported, Lexis-Nexis Transcript. 13 ten und Fähigkeiten, insbesondere auch die Aufmerksamkeit dieses Durchschnittsverbrauchers, sind abhängig von der konkreten Situation, in der sich dieser befindet. So wird nach Judge Pumfrey83 ein Verbraucher bei dem Kauf eines 50 Penny Artikels am Bahnhofskiosk andere Erwägungen anstellen als bei einer einmaligen Investition in Höhe von 50.000 ₤. Auch beim Erwerb von pharmazeutischen Präparaten wird der Durchschnittsverbraucher nach dem High Court of Justice mit besonderer Aufmerksamkeit vorgehen.84 Das Verbraucherleitbild, das die englische Rechtsprechung verwendet ist ein normatives. Verbraucherbefragungen oder der Anhörung von Experten über die Verbrauchermeinung stehen die Gerichte zumeist skeptisch gegenüber.85 So meint Judge Blackburne, eine Verbraucherbefragung sei nur insoweit zulässig, als der Richter aus seinem eigenen Erfahrungsschatz heraus die Irreführungsgefahr nicht beurteilen könne.86 Judge Jacob hält die Befragung von Experten über die Verbrauchermeinung für grundsätzlich unnütz.87 Bezeichnend für die kritische Haltung britischer Gerichte bezüglich Verbraucherbefragungen sind schließlich die Ausführungen von Morritt L.J. in „Bach Flower Remedies Ltd v. Healing Herbs Ltd”.88 Er meint, es sei für das Gericht wenig hilfreich, wenn von den Parteien fortwährend Einzelpersonen als Prototyp des Verbrauchers zur Befragung angeboten würden, da es einen solchen Prototyp per definitionem nicht gebe und der Fall nicht durch das Zählen von Köpfen gelöst werden könne.89 V. Rechtsvergleichung Zwischen den Verbraucherleitbildern des EuGH, des BGH und der britischen Rechtsprechung bestehen faktisch keine Unterschiede.90 Zwar handelt es sich bei dem Verbraucherleitbild des BGH grundsätzlich um ein empirisch ermitteltes, wohingegen der EuGH und die britische Rechtsprechung ein normatives Verbraucherleitbild vertreten. Im Ergebnis jedoch dürften EuGH, BGH und die britische Rechtsprechung zu gleichen Ergebnissen gelangen. So stellen alle drei letztlich auf das situationsadäquate Verständnis des durchschnittlich verständigen und informierten Verbrauchers ab. Ferner erscheinen auch die unterschiedlichen dogmatischen Ansätze bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses weniger gravierend, wenn man berücksich83 Reed Executive plc and another v. Red Business Information Ltd and others [2003] RPC 12, 207 (242). American Home Products Corporation v. Knoll Aktiengesellschaft [2003] RPC 10, 175. 85 A. G. Spalding and Brother v. A. W. Gamage Ltd [1915] RPC 273, Dalgety Spillers Food Ltd v. Food Brokers Ltd [1994] FSR 504, Isaac Oren and another v. Red Box Toy Factory Ltd and others [1999] FSR 785, Bach Flower Remedies Ltd v. Healing Herbs Ltd [2000] RPC 513, weniger kritisch Thermos Ltd v. Aladdin Sales and Marketing Ltd [2000] FSR 402. 86 Dalgety Spillers Food Ltd v. Food Brokers Ltd [1994] FSR 504 (527). 87 Isaac Oren and another v. Red Box Toy Factory Ltd and others [1999] FSR 785 (791). 88 [2000] RPC 513. 89 Bach Flower Remedies Ltd v. Healing Herbs Ltd [2000] RPC 513 (526). 90 Ahrens, WRP 2000, 812 (814 f.), Bornkamm, WRP 2000, 830 (834 f.), beide hinsichtlich des Verbraucherleitbilds des EuGH im Vergleich zu dem des BGH. 84 14 tigt, dass auch im deutschen Wettbewerbsprozess nur selten eine Beweisaufnahme über das maßgebliche Verkehrsverständnis stattfindet, sondern der Richter zumeist auf Grundlage eigener Sachkunde entscheidet. Schließlich versuchen sowohl der BGH als auch der EuGH sowie die britischen Gerichte mit ihrer Methode die Ist-Auffassung des Durchschnittsverbrauchers zu ermitteln.91 Daraus erklärt sich auch, wenn es der EuGH in der Entscheidung „Gut Springenheide“92 ausdrücklich gestattet, die Verkehrsauffassung alternativ empirisch zu ermitteln. Er geht dabei davon aus, dass beide Methoden grundsätzlich zum gleichen Ergebnis führen werden, weil beide eben auf die Ermittlung der Ist-Auffassung gerichtet sind.93 C. Funktion des Verbrauchers Die Funktion des Verbrauchers im Marktgeschehen ist abhängig von dem zugrunde liegenden Wirtschaftssystem. Zur Klärung der Funktion des Verbrauchers in einem marktwirtschaftlichen System ist es deshalb erforderlich, sich dessen theoretische Grundlagen zu verdeutlichen. Zur Erklärung der Funktionszusammenhänge zwischen Produktion und Verbrauch innerhalb unseres Wirtschaftssystems haben die Wirtschaftswissenschaften verschiedene Denkmodelle entwickelt. Es handelt sich dabei um statische und dynamische Modell. I. Statische Modelle der Marktwirtschaft Statische Modelle unterstellen, dass auf allen Märkten vollkommener Wettbewerb herrscht. Bedingung dafür ist, dass erstens jedes Gut von einer größeren Anzahl von Unternehmen hergestellt und angeboten und von einer größeren Anzahl von Käufern nachgefragt wird, zweitens Markttransparenz besteht, d. h. die Angebots- und Nachfragesituation auf dem Markt ist für jedes Gut jedem Beteiligten gut bekannt, und drittens jedes Gut soweit gleichartig ist, dass es jedem Nachfrager gleichgültig ist, von welchem der zahlreichen Anbieter er dieses erwirbt und auch aus anderen Gründen keine Präferenzen von Nachfragern für bestimmte Anbieter und umgekehrt bestehen.94 Auf diesem Markt treffen sowohl Produzenten als auch Verbraucher ihre Entscheidungen so, dass sie jeweils Nutzenmaximierung erreichen.95 Bei dem Verbraucher handelt es sich damit um einen homo oeconomicus, der vollständig informiert ist und immer die für ihn beste Alter- 91 Ahrens, WRP 2000, 812 (814 f.), hinsichtlich EuGH und BGH sowie Seibt, GRUR 2002, 465 (467), hinsichtlich EuGH. 92 EuGH, GRUR Int. 1998, 906 ff, ErwG 37 – Gut Springenheide. 93 Ähnlich Ahrens, WRP 2000, 812 (814 f.). 94 Stobbe, Gesamtwirtschaftliche Theorie, 1. Aufl. 1975, S. 288, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Allg. Rn. 14. 95 Kirchgässner, Homo oeconomicus, 1. Aufl. 1991, S. 67. 15 native wählt.96 Ferner herrscht Konsumentensouveränität, d. h. der Verbraucher kann erstens frei über die Art und Menge der zu erwerbenden Güter entscheiden, und zweitens die Produzenten orientieren sich bei der Produktion an den Wünschen der Konsumenten und nehmen keinen Einfluss auf deren Präferenzen.97 Der Verbraucher ist somit der aktive Marktpartner. Zur Beschreibung eines realitätsnahen Bildes des marktwirtschaftlichen Systems sind statische Modelle jedoch untauglich.98 So wird in Wirklichkeit eben nicht jedes Gut von einer größeren Anzahl von Produzenten hergestellt und angeboten.99 Ferner existiert in der Realität keine vollkommene Markttransparenz. Diese ist schon allein deshalb limitiert, weil die Informationsbeschaffung Aufwand verursacht.100 Weiterhin sind die Güter der verschiedenen Anbieter nicht homogen, sondern unterscheiden sich meist mehr oder weniger.101 Auch widerspricht die Annahme, der Konsument habe keine Präferenzen, der Wirklichkeit. Diese ergeben sich zwingend schon aus der Standortverteilung. Ferner existiert in realiter auch kein einheitlicher Preis, da die Anbieter mit größerem Marktanteil meist in der Lage sind eine eigene Preispolitik zu betreiben.102 Schließlich widerspricht auch das Bild des homo oeconomicus der Realität. So handelt der Verbraucher in Wirklichkeit oft nicht ökonomisch, sondern irrational und unökonomisch.103 II. Dynamische Modelle der Marktwirtschaft Da statische Modelle nicht geeignet sind, das marktwirtschaftliche System wirklichkeitsnah zu beschreiben, haben die Wirtschaftswissenschaften weitere, dynamische Modelle entwickelt. In diesen herrscht unvollkommener Wettbewerb und keine vollkommene Markttransparenz. Ferner entspricht das Verhalten des Verbrauchers nicht dem eines homo oeconomicus. Vielmehr ist das Entscheidungsverhalten des Konsumenten beeinflusst von zahlreichen Faktoren wie Aktiviertheit und Involvement, Emotionen, Motiven, Einstellungen, Werten, Persönlichkeit und sozialen Bestimmungsfaktoren.104 Die Verbraucher sind in diesen Systemen die passive Seite, während der aktive Part den Produzenten zufällt.105 Sie allein bestimmen zunächst die Art, den Preis und die Qualität der herzu96 Kirchgässner (Fußn. 95), S. 70. Stobbe (Fußn. 94), S. 289. 98 Stobbe (Fußn. 94), S. 292, Scherer (Fußn. 24), S. 25. 99 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Allg. Rn. 14. 100 Stobbe (Fußn. 94), S. 292. 101 Stobbe (Fußn. 94), S. 292, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Allg. Rn. 14. 102 Stobbe (Fußn. 94), S. 292. 103 Meyer-Dohm, Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit, 1. Aufl. 1965, S. 67, Beater (Fußn. 25), § 2 Rn. 77 f. 104 Meffert, Marketing, 9. Aufl. 2000, S. 109 ff., Trommsdorff, Konsumentenverhalten, 3. Aufl. 1998, S. 42 ff., Beater (Fußn. 25), § 2 Rn. 80 ff. 105 Stobbe (Fußn. 94), S. 292, Jaumann, WiVerw 1977, 201 (203). 97 16 stellenden Güter.106 Der Verbraucher entscheidet anschließend durch seine Kaufentscheidung über den Absatzerfolg der verschiedenen Produkte und somit über den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmers und dessen Bestehen im Wettbewerb.107 Nur das Angebot hat Erfolg, das am besten den Bedürfnissen der Verbraucher entspricht.108 Dies führt dazu, dass sich in einem dynamischen Prozess Angebot und Preis ständig ändernd an die Wünsche des Verbrauchers anpassen.109 Dieser hat damit eine Schiedsrichterfunktion zwischen den Wettbewerbern inne, deren korrektes Funktionieren zentrale Bedingung unserer Wettbewerbsordnung ist110 und die letztlich inhaltlich mit dem Begriff der Konsumentensouveränität im Sinne von Konsumfreiheit übereinstimmt.111 Der Verbraucher kann nämlich nur dann seine Schiedsrichterfunktion erfüllen, wenn er sich frei für das beste Angebot entscheiden kann. Die Konsumentensouveränität ist damit Voraussetzung für das Funktionieren unserer Wettbewerbsordnung.112 D. Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit des Verbrauchers Obwohl der Verbraucher durch seine Konsumentscheidung auf das Angebotsverhalten der Unternehmer einwirken kann, steht er diesen oft dennoch nicht als gleichwertiger Marktpartner gegenüber. Die strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers resultiert dabei besonders aus zwei Gründen. Ein erster Grund liegt in der ungleichen Verteilung von Marktmacht zwischen Anbieter und Konsumenten. Während Letztere sehr wenig Marktmacht besitzen, haben Erstere sehr viel. Die Marktmacht der Unternehmer entsteht dabei dadurch, dass diese als aktiver Teil über Verhaltensalternativen und –spielräume verfügen, während die Verbraucher nur in der Lage sind zu reagieren.113 So bestimmen die Unternehmer in der Regel Geschäftsablauf und – modalitäten, während die Verbraucher nur über das Ob des Vertragsschlusses entscheiden. Hinzu kommt, dass der einzelne Konsument dem Unternehmer in geschäftlicher Erfahrung meist unterlegen ist und oft auch seine Interessen rechtlich nicht durchzusetzen vermag.114 Diese ungleiche Verteilung der Marktmacht verstärkt sich noch mit zunehmender Unternehmenskonzentration.115 106 Mähling, MA 1984, 172 (178). Lange/Treis, MA 1972, 333, Scherer (Fußn. 24), S. 35. 108 Beater (Fußn. 25), § 2 Rn. 10. 109 Luckenbach, WiSt 1973, 399 (400), Jaumann, WiVerw 1977, 201, Mähling, MA 1984, 172 (178), Scherer (Fußn. 24), S. 36, Beater (Fußn. 25), § 2 Rn. 10. 110 Scherer (Fußn. 24), S. 36, Beater (Fußn. 25), §§ 2 Rn. 10, 13 Rn. 22, ähnlich Loewenheim, GRUR 1975, 99 (104). 111 Luckenbach, WiSt 1973, 399, Scherer (Fußn. 24), S. 36, Beater (Fußn. 25), § 2 Rn. 18. 112 Luckenbach, WiSt 1973, 399, Lehmann, GRUR 1974, 689 (690), Scherer (Fußn. 24), S. 36, 38 f., zur Kritik an der Annahme der Konsumentesouveränität vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, Konsumentenverhalten, 7. Aufl. 1999, S. 653 ff. 113 Reich, Markt und Recht, 1. Aufl. 1977, S. 181 f. 114 Schricker, RabelsZ 36 (1972), 315 (317), Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 31. 115 Reich (Fußn. 113), S. 182, v. Hippel, Verbraucherschutz, 3. Aufl. 1986, S. 3. 107 17 Der zweite Grund für die strukturelle Unterlegenheit der Verbrauchers liegt in der asymmetrischen Verteilung von Informationen.116 Während die Verbraucher aufgrund der Vielzahl der Angebote meist nicht in der Lage sind, die einzelnen Produkte hinsichtlich Preis, Qualität und sonstigen Konditionen zu vergleichen, besitzen die Anbieter diese Informationen und verfügen meist auch über eine sehr gute Kenntnis des relevanten Marktes.117 Besonders hinsichtlich der Produktqualität besitzen die Unternehmer einen Wissensvorsprung gegenüber den Konsumenten. Diese müssen, wollen sie sich über die Qualität des angebotenen Produkts informieren, oft erheblich Zeit und Kosten investieren.118 Aber selbst wenn sie dazu grundsätzlich bereit sind, ermöglicht die Natur zahlreicher Produkte eine Überprüfung ihrer Qualität, wenn überhaupt, erst mit Gebrauch.119 Der Verbraucher ist daher oftmals gezwungen, den Angaben des Anbieters zu vertrauen. Der Konsument ist somit aufgrund eines Informationsgefälles dem Unternehmer unterlegen. Diese strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers besteht im besonderem Maße bei sozial schwachen Konsumenten. Diese sind aufgrund ihrer fehlenden Liquidität und besonders stark ausgeprägter Informationsdefizite übermäßig anfällig für wirtschaftlich nachteilige Geschäfte.120 Aufgrund der dargestellten strukturellen Unterlegenheit der Verbraucher sind diese besonders durch die Rechtsordnung zu schützen. Dieser besondere Schutz ist nicht nur erforderlich, weil die strukturelle Unterlegenheit der Verbraucher zu individuellen Nachteilen führen kann, sondern auch, weil die Verbraucher hierdurch in der Ausübung ihrer Schiedsrichterfunktion beeinträchtigt werden. Da es, wie oben bereits festgestellt121 , zu den Voraussetzungen unserer Wett• bewerbsordnung gehört, dass die Verbraucher ihre Schiedsrichterfunktion ungehindert wahrnehmen können, birgt die strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers auch Risiken für die Funktionsfähigkeit unserer Wettbewerbsordnung in sich. In diesem Sinne ist Verbraucherschutz zugleich Wettbewerbsschutz. 2. Kapitel: Der Begriff der „Werbung“ Zur Klärung des Begriffs der „Werbung“ ist zuerst dessen Definition aus rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht darzustellen. Sodann folgt ein Überblick über die verschiedenen 116 Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, 1. Aufl. 1983, S. 63 ff., Teske in: Recht und Risiko, 1. Aufl. 1988, S. 401. 117 Dauner-Lieb (Fußn. 116), S. 63. 118 Dauner-Lieb (Fußn. 116), S. 63. 119 Vgl. Nelson, Journal Of Political Economy 1974, 729, der zwischen Suchgütern, Erfahrungsgütern und Vertrauensgütern differenziert. 120 V. Hippel (Fußn. 115), S. 5, Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 35. 121 Vgl. 1. Teil: 1. Kapitel:C.II. • 18 Formen der Werbung. Dieser dient auch der Abgrenzung von anderen Formen der Öffentlichkeitsarbeit, die nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind. Schließlich ist nach den Funktionen und Wirkungen der Werbung zu fragen, um so Übereinstimmungen und Konfliktpunkte mit den Interessen der Verbraucher herauszuarbeiten. A. Definition Bei der Definition von Werbung ist zwischen Wirtschaftswerbung einerseits und nicht kommerzieller Werbung, insbesondere zur Verfolgung politischer, religiöser, kultureller oder sozialer Ziele andererseits zu unterscheiden.122 Dabei ist im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nur Erstere von Interesse. Zum einen ist nämlich nur Werbung zur Verfolgung von wirtschaftlichen Zwecken vom Anwendungsbereich des UWG erfasst.123 Zum anderen bezieht sich auch der Begriff des Verbrauchers auf die Position einer Person im Markt, so dass außerhalb des Bereichs der Wirtschaftswerbung nicht von Verbrauchern als Rezipienten einer Werbebotschaft die Rede sein kann.124 Im Folgenden ist daher immer Wirtschaftswerbung gemeint, auch wenn aus sprachlichen Gründen in der Regel von Werbung die Rede ist. Lerche definiert Wirtschaftswerbung „als diejenige Tätigkeit, die der gewerblichen Anpreisung von Waren oder Diensten bzw. dem Gewinn von Kunden dient.“125 Für Hefermehl ist Werbung dagegen „jede an eine andere Person gerichtete geschäftliche Anpreisung von Waren oder Leistungen, mag sie sich an einen größeren Personenkreis wenden (öffentliche Werbung) oder sich unter vier Augen abspielen.“126 Albers wiederum definiert Werbung als „planmäßige Beeinflussung von Einzelpersonen oder Gruppen…, mit dem Ziel, Meinungen zu bilden oder zu beeinflussen und das Nachfrageverhalten zu steuern, d. h. es entweder zu stabilisieren… oder zu verändern…“127 Andere Definitionen erfassen mit dem Begriff Werbung dagegen „alle bewußten Versuche, Menschen unter Einsatz spezifischer Werbemittel im Sinne der Marketingziele zu beeinflussen.“128 Art. 2 I der Richtlinie 84/450/EWG129 bezeichnet Werbung schließlich als „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern.“ 122 Kaiser, Werbung, Theorie und Praxis werblicher Beeinflussung, 1. Aufl. 1980, S. 3, Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon, 7. Aufl. 1989, Band 5 S. 956 f. 123 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG, Rn. 208. 124 Ähnlich Scherer (Fußn. 24), S. 21. 125 Lerche, Werbung und Verfassung, 1. Aufl. 1967, S. 11. 126 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), vor §§ 3 – 8 UWG, Rn. 1. 127 Albers in: Lexikon der ökonomischen Bildung, 3. Aufl. 2000, S. 549. 128 Dichtl/Issing, Vahlens großes Wirtschaftslexikon, 2. Aufl. 1993, Band 2, S. 2344. 129 Richtlinie 84/450/EWG (Fußn. 17). 19 Bei einem Vergleich der dargestellten Definitionen ergibt sich, dass keine einheitliche Definition des Begriffs der Werbung existiert. Dennoch lassen sich Gemeinsamkeiten insofern feststellen, als die rechtswissenschaftlichen Definitionen besonders die Anpreisung von Waren zu Zwecken der Absatzförderung betonen. Dagegen legen die wirtschaftswissenschaftlichen Definitionen den Schwerpunkt auf die Beeinflussung des Konsumentenverhaltens. Zusammenfassend ist Wirtschaftswerbung somit Beeinflussung des Nachfrageverhaltens der Verbraucher durch die Anpreisung von Waren und Dienstleistungen zu Zwecken der Absatzförderung. B. Formen der Werbung Die verschiedenen Werbeformen lassen sich nach mehreren Gesichtspunkten klassifizieren. Als Kriterien können dabei u.a. die eingesetzten Werbemedien und die inhaltliche Ausgestaltung der Werbebotschaft dienen.130 Unter Berücksichtigung der eingesetzten Werbemedien kann zwischen folgenden Werbeformen differenziert werden131: Klassische Medienwerbung, Direktwerbung, PoP-Werbung, Personal Selling, und Mund-zu-Mund-Werbung. Der Begriff „klassische Medienwerbung“ bezeichnet Werbung, die sich mittels Massenmedien indirekt an ein breites, nicht namentlich erfasstes Publikum richtet. Dagegen richtet sich die Direktwerbung mittels eines selbständigen Werbemittels direkt an den Empfänger. Beispiele hierfür sind Brief- und E-Mail-Werbung. Bei der PoPWerbung132 wird der Verbraucher direkt am Ort des Verkaufs, in der Regel also im Geschäft, mit den Werbebotschaften, z. B. durch Hinweisschilder, Plakate oder durch Verteilung von Gratisproben, konfrontiert. Personal Selling wiederum bezeichnet Werbung im Rahmen eines persönlichen Verkaufsgesprächs. Mund-zu-Mund-Werbung schließlich kennzeichnet Werbung im persönlichen Gespräch unter Bekannten. Bei einer Einteilung anhand der inhaltlichen Ausgestaltung der Werbebotschaft ist zunächst zwischen Firmen- und Produktwerbung zu differenzieren.133 Während es Aufgabe der Firmenwerbung ist, einem Unternehmen Bekanntheit und ein positives Image zu verleihen, steht bei der Produktwerbung die Anpreisung eines bestimmten Produkts inmitten.134 Nach dieser groben Unterscheidung kann weiter zwischen emotionaler Werbung, Slice-of-life-Werbung, Testimonialwerbung und Leitbildwerbung differenziert werden.135 Bei der emotionalen Werbung soll 130 Kaiser (Fußn. 122), S. 6 ff., Dichtl/Issing (Fußn. 128), S. 2344 f. Zum Ganzen: Kaiser (Fußn. 122), S. 7 f., Dichtl/Issing (Fußn. 128), S. 2344. 132 Werbung am „Point of Purchase”. 133 Kaiser (Fußn. 122), S. 8, Dichtl/Issing (Fußn. 128), S. 2345. 134 Kaiser (Fußn. 122), S. 8 f. 135 Kaiser (Fußn. 122), S. 9, Dichtl/Issing (Fußn. 128), S. 2345. 131 20 durch die Verwendung emotional aktivierender Botschaftselemente die Aufnahmebereitschaft des Empfängers gesteigert werden.136 Dagegen werden bei der Slice-of-life-Werbung die Produktvorteile indirekt in einer lebensnahen Umgebung demonstriert.137 Bei der Testimonialwerbung wird das Produkt von Personen beworben, die das Publikum als fachkundig empfindet. Die Fachkunde kann sich dabei aus der beruflichen Qualifikation des Werbenden oder einer bereits erfolgten Erprobung des Produkts durch den Werbenden ergeben.138 Bei der Leitbildwerbung schließlich wird die Werbebotschaft durch bekannte Persönlichkeiten übermittelt.139 Begrifflich von der Werbung zu unterscheiden ist die Verkaufsförderung (sog. Sales Promotion), die Public Relations und das Sponsoring. Es handelt sich insoweit jedoch nicht um gänzlich andere Instrumente des Marketing, vielmehr bestehen auch inhaltliche Überschneidungen.140 Bei der Verkaufsförderung werden verschiedene absatzpolitische Instrumente genutzt, um den Absatz kurzfristig zu stimulieren. Zu solchen Sales Promotion-Maßnahmen zählen u.a. Produktproben, Sonderpreise, Zugaben und Gewinnspiele. Wie sich aus dieser Aufzählung ergibt, sind die Maßnahmen der Sales Promotion teilweise identisch mit der PoP-Werbung, die daher auch zur Verkaufsförderung gerechnet wird.141 Ziel der Public Relations ist es, die Beziehungen des Unternehmens zur Öffentlichkeit (Lieferanten, Abnehmer, Aktionäre, Behörden usw.) zu pflegen und eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen. Maßnahmen hierzu sind z. B. die Abhaltung von Pressekonferenzen, verständliche Gestaltung der Geschäftsberichte, Durchführung von Betriebsbesichtigungen, Errichtung von Stiftungen und Sportstätten. Überschneidungen zwischen PR und Werbung ergeben sich im Bereich der Firmenwerbung. Insoweit ist keine genaue Abgrenzung möglich.142 Beim Sponsoring schließlich erfolgt eine finanzielle Förderung eines bestimmten Ereignisses, wie einer Sport- oder Kulturveranstaltung oder einer bestimmten Fernsehsendung, wofür im Gegenzug der Name des Unternehmens genannt wird.143. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist sowohl Werbung als auch Sales Promotion. Dagegen werden Maßnahmen im Rahmen von Public Relations und Sponsoring nicht näher erörtert. 136 Kaiser (Fußn. 122), S. 9. Dichtl/Issing (Fußn. 128), S. 2345. 138 Kaiser (Fußn. 122), S. 9, Dichtl/Issing (Fußn. 128), S. 2345. 139 Kaiser (Fußn. 122), S. 9, Dichtl/Issing (Fußn. 128), S. 2345. 140 Kaiser (Fußn. 122), S. 8, Beater (Fußn. 25), § 2 Rn. 73. 141 Kaiser (Fußn. 122), S. 13 ff. 142 Kaiser (Fußn. 122), S. 18 ff., Beater (Fußn. 25), § 2 Rn. 74. 143 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 41, Beater (Fußn. 25), § 2 Rn. 73. 137 21 C. Funktion und Wirkung der Werbung Die Beantwortung der Frage nach der Funktion und Wirkung der Werbung in unserem marktwirtschaftlichen System hängt eng zusammen mit den Denkmodellen, die die Wirtschaftswissenschaften zu dessen Erklärung kreiert haben.144 Legt man den Überlegungen nämlich statische Modelle zugrunde, ergibt sich als Antwort, dass in derartigen Modellen Werbung überhaupt keine Funktion hat. Da diese Modelle vollkommene Märkte, vollkommene Markttransparenz und einen Verbraucher, der sich als homo oeconomicus verhält und keine Präferenzen hat, unterstellen, verkaufen sich in diesen Systemen die qualitativ und preislich günstigsten Angebote praktisch von selbst, während die schlechten Angebote auch mittels Werbung nicht konkurrenzfähig sind.145 Im Rahmen der dynamischen Modelle dient Werbung der Kommunikation zwischen Anbietern und Nachfragern. Werbung hat insoweit vor allem eine Informations- und Stimulationsfunktion.146 Gegenstand der Informationsfunktion ist es, auf bestimmte Produkte und deren Eigenschaften, Qualität, Nutzen, Preise und Erhältlichkeit hinzuweisen.147 Sie dient sowohl Anbietern als auch Nachfragern. Insbesondere für die Verbraucher ist Werbung die wichtigste Informationsquelle über die Existenz von bestimmten Produkten, deren Eigenschaften, Nutzen und Erwerbsmodalitäten. Werbung dient dabei vor allem bei der Neueinführung von Produkten dem Informationsbedürfnis der Verbraucher, während diese hinsichtlich etablierter Produkte meist eine gute Marktkenntnis besitzen und durch Werbung keine wesentlichen Informationen mehr erhalten.148 Dem Konsument werden in der Werbung Informationen weder vollständig noch neutral vermittelt.149 Ferner ist zu berücksichtigen, dass nicht jede Produktinformation die Markttransparenz verbessert. Vielmehr gibt es auch für den Verbraucher wertlose Informationen wie detaillierte technische Angaben oder chemische Bezeichnungen, die keinen Beitrag zu einer besseren Marktübersicht leisten.150 Andererseits ist in den Wirtschaftswissenschaften heute anerkannt, dass auch scheinbar uninformative Werbung für die Verbraucher wichtige Informationen enthält. Schon allein die Tatsache, dass ein bestimmtes Produkt beworben wird, stellt ein Signal für dessen Qualität dar.151 Sie informiert den Verbraucher darüber, dass der Unternehmer hohe 144 Vgl. oben: 1. Teil: 1. Kapitel:C. Möller, Gesellschaftliche Funktionen der Konsumwerbung, 1. Aufl. 1970, S. 10 f., Scherer (Fußn. 24), S. 24. 146 Albers (Fußn. 127), S. 549. 147 Staatslexikon (Fußn. 122), S. 960, Albers (Fußn. 127), S. 549. 148 Schmalen in: Kaiser (Fußn. 122), S. 66, Scherer (Fußn. 24), S. 21. 149 Albers (Fußn. 127), S. 549. 150 Schmalen in: Kaiser (Fußn. 122), S. 66. 151 Nelson, Journal Of Political Economy 1974, 729 (732), van den Bergh/Lehmann, GRUR 1992, 588 (592 f.), Menke, GRUR 1993, 718 (720). 145 22 Werbeausgaben getätigt hat. Damit diese rentabel sind, ist es erforderlich, dass die Verbraucher das Produkt dieses Unternehmers wählen und nicht zu einem anderen Produzenten wechseln. Das aber wäre bei einem Produkt von schlechter Qualität der Fall. Für den Verbraucher sind hohe Werbeausgaben daher ein Signal dafür, dass der Anbieter eine nur geringe Motivation für kurzfristige Qualitätsverschlechterung hat.152 Die Stimulationsfunktion der Werbung ist für die Anbieter von besonderer Bedeutung. Sie beinhaltet, dass Werbung die Verbraucher dazu veranlassen soll, das beworbene Produkt zu kaufen.153 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Marktbedingungen heute von zunehmend gesättigten Märkten und ausgereiften Produkten von weitgehend homogener Produktqualität gekennzeichnet sind.154 In dieser Situation ist zusätzlicher Absatz nur durch die Schaffung neuer bzw. der Modifizierung vorhandener Bedürfnisse zu erzielen.155 Gleichzeitig verfügen die Verbraucher mit steigendem Einkommen über mehr Kaufkraft, die nicht zum Erwerb lebensnotwendiger Güter eingesetzt werden muss, sondern frei verwendbar ist.156 Die Stimulationsfunktion der Werbung dient nun dazu, bei den Verbrauchern neue Bedürfnisse und damit neue Märkte zu schaffen und vorhandenen Bedarf zu lenken.157 Die Schaffung und Lenkung von Bedarf ist häufig Gegenstand von Werbekritik. Gegenstand dieser Kritik ist, dass durch suggestive Werbeappelle unechte Bedürfnisse geweckt sowie bestehende Bedürfnisse manipuliert werden, letztlich also der Verbraucher zum Erwerb von Produkten verleitet wird, die er eigentlich nicht will und braucht und die Konsumentensouveränität somit untergraben wird.158 Richtig an dieser Kritik ist, dass Werbung offen oder latent vorhandene Bedürfnisse verstärken kann. Dagegen kann sie grundsätzlich keine vollkommen neuen Bedürfnisse wecken.159 Ferner ist zu berücksichtigen, dass soziale Wirkungszusammenhänge das Konsumentenverhalten wesentlich stärker beeinflussen als Werbeappelle.160 Die Präferenzordnung der Verbraucher ist daher auch vor einer Werbemaßnahme bereits vielfältig manipuliert, wobei für die Rationalität einer Bedürfnisrangfolge kein objektiver Maßstab existiert.161 Auch gibt es bisher keine Anhaltspunkte dafür, dass die Änderung der Präferenzstruktur infolge von Werbung auf eine Beeinträchtigung der individuellen Wahl- und Entscheidungsfreiheit des Konsumenten zurückzu152 Menke, GRUR 1993, 718 (720). Albers (Fußn. 127), S. 549. 154 Kroeber-Riel in: Tietz, Handwörterbuch des Marketing, 2. Aufl. 1995, Spalte 2701. 155 Pepels, Marketing, 2. Aufl. 1998, S. 17. 156 Stobbe (Fußn. 94), S. 293. 157 Stobbe (Fußn. 94), S. 293, Albers (Fußn. 127), S. 549. 158 Loewenheim, GRUR 1975, 99 (105), Staatslexikon (Fußn. 122), S. 960, Albers (Fußn. 127), S. 549. 159 Schmalen in: Kaiser (Fußn. 122), S. 66. 160 Möller (Fußn. 145), S. 117, Schmalen in: Kaiser (Fußn. 122), S. 66, Mähling, MA 1984, 172 (178). 161 Schmalen in: Kaiser (Fußn. 122), S. 68. 153 23 führen ist. Von einer Beeinträchtigung der Konsumentensouveränität kann daher keine Rede sein. Diese läge vielmehr vor, wenn man dem Verbraucher nur die Befriedigung elementarer Bedürfnisse ermöglichen würde.162 Schließlich wird auch von Vertretern der Industrie konstatiert, dass der Verbraucher inzwischen weitgehend gegen Werbung resistent ist und seine Konsuminteressen in steigendem Maße die Maßstäbe für den Produktbereich setzen.163 3. Kapitel: Zwischenergebnis Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Rahmen unseres marktwirtschaftlichen Systems der Verbraucher – im Sinne des privaten Letztverbrauchers – durch seine Kaufentscheidung über den Erfolg der verschiedenen Angebote entscheidet. Er hat daher eine Schiedsrichterrolle inne, die zentrale Voraussetzung für das Funktionieren unserer Wettbewerbsordnung ist. Diese Schiedsrichterrolle kann der Verbraucher nur wahrnehmen, wenn er sich frei für das beste Angebote entscheiden kann. In diesem Sinne ist auch der Terminus der Konsumentensouveränität zu verstehen. Die Werbung dient in unserem Wirtschaftssystem sowohl der Information als auch der Beeinflussung des Verbrauchers. Sie ist für den Verbraucher die wichtigste Quelle für produktspezifische Informationen und unterstützt ihn insofern auch bei der Wahrnehmung seiner Schiedsrichterrolle. Ferner hat Werbung die Funktion, Bedarf zu schaffen und zu lenken und damit den Absatz zu fördern. Auch insofern ist sie Voraussetzung für das marktwirtschaftliche System. Die Beeinflussung des Verbrauchers durch Werbung hat auch nicht die Beeinträchtigung seiner Konsumentensouveränität zur Folge. Vielmehr kann der Verbraucher seine Kaufentscheidung frei und ungehindert treffen. Da jedoch die Verbraucher aufgrund von Macht- und Informationsassymmetrien den Produzenten grundsätzlich strukturell unterlegen sind, ist sowohl zum Schutz vor individuellen Nachteilen als auch des Wettbewerbs als Institution der Verbraucher durch die Rechtsordnung zu schützen. Das Wettbewerbsrecht, speziell im Bereich des Schutzes des Verbrauchers vor unlauterer Werbung, hat dabei besonders auf den Ausgleich von Informationsassymmetrien zu achten. Für die Bestimmung des Schutzniveaus ist das Verbraucherleitbild von entscheidender Bedeutung. EuGH, BGH und britische Rechtsprechung gehen insofern übereinstimmend von einem 162 163 Luckenbach, WiSt 1973, 399 (401). V. Benningsen-Foerder, MA 1988, 336 (337). 24 situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich verständigen und informierten Verbraucher aus. 25 2. Teil: Der materiell-rechtliche Schutz des Verbrauchers Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist der Schutz des Verbrauchers vor wirtschaftlich nachteiligen Entscheidungen. Diese können durch diverse Werbemethoden verursacht werden. Denkbar ist dabei zum einen, dass Werbung in den Bereich der Willensbildung eingreift. Der Verbraucher macht insofern Umstände zum Gegenstand seiner Entscheidungsgrundlage, die entweder unzutreffend, irreführend oder unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unsinnig sind. Zum anderen kann Werbung den Bereich der Willensbetätigung tangieren. In diesem Fall trifft der Verbraucher innerlich zwar eine sinnvolle Entscheidung, dennoch gibt er aufgrund bestimmter Umstände, wie z. B. psychologischem oder moralischem Druck, eine andersartige Willenserklärung ab.164 Den Fällen der Beeinträchtigung der Willensbildung und der Willensbetätigung ist damit gemein, dass in beiden Fällen der Verbraucher aufgrund einer Werbemethode einen Vertrag schließt, der seine wirtschaftlichen Interessen negativ tangiert und den er ohne die fragliche Werbung nicht abgeschlossen hätte. Neben der Unterscheidung nach dem Zeitpunkt, zu dem eine Werbemethode in den Entscheidungsprozess des Verbrauchers eingreift, wird im Folgenden ferner nach der Art und Weise, auf die eine Werbung den Entscheidungsvorgang tangiert, differenziert. Diese weitere Unterscheidung basiert auf den Anforderungen, die nach deutschem Verständnis an eine lautere Werbung zu stellen sind. Danach hat Werbung zuförderst wahr zu sein. Der Wahrheitsgrundsatz beherrscht als oberster Grundsatz das gesamte Wettbewerbsrecht.165 Ausfluss des Wahrheitsgrundsatzes ist es auch, dass Werbung dem Verbraucher als solche erkennbar zu sein hat.166 Dagegen braucht Werbung grundsätzlich nicht vollständig zu sein.167 Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Fehlen bestimmter Informationen jedoch dazu führen, dass die betreffende Werbung irreführend ist und dem Wahrheitsgebot zuwider läuft.168 Schließlich besteht nach h. M.169 für Werbung ein Sachlichkeitsgebot, nach dem zwischen Werbung und beworbenen Gegenstand ein innerer sachlicher Zusammenhang bestehen soll.170 Im Folgenden ist im Rahmen der Länderberichte einleitend zu untersuchen, welche Gesetze und Kodizes die Verbraucher in Deutschland und Großbritannien materiell-rechtlich vor unlauterer 164 Ähnlich unterscheidet Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 49 zwischen dem Schutz der Entscheidungsgrundlage und des Entscheidungsprozesses. 165 BGH, GRUR 1995, 744 (747) – Feuer, Eis & Dynamit I, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 5. 166 BGH, GRUR 1995, 744 (747) – Feuer, Eis & Dynamit I, siehe auch unten: 2. Teil: 1. Kapitel:C.I. 167 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), vor §§ 3 – 8 UWG Rn. 7. 168 Siehe unten: 2. Teil: 1. Kapitel:C.III. 169 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), vor §§ 3 – 8 UWG Rn. 6, v. Gamm, Wettbewerbs- und Wettbewerbsverfahrensrecht, 5. Aufl. 1987, (Fußn. 172), § 24 Rn. 1 ff., Gloy/Gloy, Handbuch Wettbewerbsrechts, 2. Aufl. 1997, § 14 Rn. 16. 170 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), vor §§ 3 – 8 UWG Rn. 6. 26 Werbung schützen. Sodann ist zu erörtern wie diese die Verbraucher während der Willensbildung und Willensbetätigung schützen. Im Rahmen der Willensbildung wird dabei zwischen der Erkennbarkeit von Werbung, dem Wahrheitsgrundsatz, den Informationspflichten des Werbenden und dem Sachlichkeitsgrundsatz differenziert. Dagegen erübrigt sich bei der Diskussion des Schutzes der Willensbetätigung eine entsprechende Unterscheidung. Die insoweit in Betracht kommenden Werbemethoden können von den obigen Grundsätzen ausschließlich dem Sachlichkeitsgrundsatz zuwiderlaufen. Innerhalb der Länderberichte ist es nur möglich, jeweils die Grundsätze darzustellen. Insbesondere würde eine detaillierte Erörterung des Wahrheitsgrundsatzes den Rahmen der Arbeit sprengen. Die Darstellung des Sachlichkeitsgrundsatzes erfolgt dagegen in detaillierterer Weise. Dies hat seinen Hintergrund in der lebhaften Diskussion, mit der in der deutschen Literatur über die Existenzberechtigung des Sachlichkeitsgrundsatzes gestritten wird. 1. Kapitel: Deutschland A. Der Schutz vor unlauterer Werbung durch das UWG In Deutschland erfolgt der Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Werbung primär durch das UWG. Dessen zentrale Norm ist die Generalklausel in § 1 UWG. Diese beherrscht das gesamte Lauterkeitsrecht.171 Ergänzt wird sie durch die kleine Generalklausel in § 3 UWG sowie durch eine Reihe von Einzeltatbeständen in den §§ 2, 6 ff. und 14 bis 17 UWG. Das Eingreifen einer Sondervorschrift schließt jedoch die Anwendbarkeit von § 1 UWG nicht aus.172 Bei den Tatbeständen des UWG handelt es sich grundsätzlich um zivilrechtliche Regelungen. Nur ausnahmsweise bedient sich der Gesetzgeber zusätzlich strafrechtlicher Mittel zur Unterbindung unlauteren Wettbewerbsverhaltens, so z. B. im Fall der strafbaren Werbung nach § 4 UWG oder der progressiven Kundenwerbung gemäß § 6 c UWG. Die Tatbestände des UWG erfordern grundsätzlich ein Handeln „im geschäftlichen Verkehr“ „zu Zwecken des Wettbewerbs“. Diese beiden Tatbestandsmerkmale besitzen somit Relevanz für das gesamte Unlauterkeitsrecht. Sie werden daher im Folgenden kurz erläutert. Durch das Tatbestandsmerkmal des „geschäftlichen Verkehrs“ sollen rein private und hoheitli- 171 RGZ 79, 327, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 1. BGH, GRUR 1962, 45 (48) – Betonszusatzmittel, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 1, v. Gamm (Fußn. 169), § 4 Rn. 18. 172 27 che Tätigkeiten vom Anwendungsbereich des UWG ausgenommen werden.173 Eine Handlung erfolgt dann im geschäftlichen Verkehr, wenn sie der Förderung eines beliebigen, auch fremden, Geschäftszwecks dient.174 Erforderlich ist hierzu, dass die Handlung nach außen hervortritt.175 Rein betriebsinterne Vorgänge erfolgen daher nie im geschäftlichen Verkehr. Unerheblich ist schließlich, ob die Handlung mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen und ob tatsächlich ein Gewinn erzielt wird.176 Das Tatbestandsmerkmal „zu Zwecken des Wettbewerbs“ dient dazu, den Anwendungsbereich des UWG auf die Fälle zu beschränken, in denen ein Gewerbetreibender Einfluss auf eine Wettbewerbsbeziehung zu einem Konkurrenten nimmt.177 Es besteht aus einer objektiven und einer subjektiven Komponente. Objektiv ist erforderlich, dass die Handlung geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer Person zuungunsten einer anderen Person, zu der der Handelnde oder ein Dritter in einem Wettbewerbsverhältnis steht, zu fördern.178 Ausreichend ist dabei die Förderung von fremdem Wettbewerb.179 Ein Wettbewerbsverhältnis liegt vor, wenn die Gewerbetreibenden den gleichen Kundenkreis ansprechen und sich so durch den Absatz ihrer Waren oder Dienstleistungen gegenseitig behindern oder stören können.180 Dies kann ebenso bei Gewerbetreibenden verschiedener Wirtschafts- und Handelsstufen der Fall sein, so dass auch zwischen diesen ein Wettbewerbsverhältnis bestehen kann.181 Zusätzlich zu dieser objektiven Komponente ist subjektiv die Absicht des Handelnden erforderlich, eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines Wettbewerbers zu fördern.182 Dabei muss es sich nicht um das ausschließliche Motiv handeln. Sie darf jedoch auch nicht völ- 173 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 208 ff., Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, 6. Aufl. 2001, S. 21. 174 RGZ 79, 321 (322), BGH, GRUR 1974, 733 (734) – Schilderverkauf, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 208 ff., Emmerich (Fußn. 173), S. 21. 175 BGH, GRUR 1971, 119 – Branchenverzeichnis, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 208, Emmerich (Fußn. 173), S. 21. 176 BGH, GRUR 1962, 254 (255) – Fußball-Programmheft, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 208, Emmerich (Fußn. 173), S. 21. 177 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 214 ff., Emmerich (Fußn. 173), S. 22 f. 178 RGZ, GRUR 1930, 977, BGH, GRUR 1997, 473 (474) – Versierter Ansprechpartner, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 215, Emmerich (Fußn. 173), S. 23. 179 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 215, Emmerich (Fußn. 173), S. 23. 180 RGZ 118, 133 (136), BGH, GRUR 1951, 283 (284) – Möbelbezugsstoffe, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 216, Emmerich (Fußn. 173), S. 24. 181 BGH, GRUR 1955, 598 (600) – Matern, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 226, Emmerich (Fußn. 173), S. 24. 182 RG, MuW 1927, 53 (55), BGH, GRUR 1952, 410 (413) – Constanze I, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 232, Emmerich (Fußn. 173), S. 23, 25. 28 lig in den Hintergrund treten.183 Das Vorliegen einer Wettbewerbsabsicht ist in der Regel nicht zu beweisen, sondern bei Vorliegen einer objektiven Wettbewerbshandlung zu vermuten.184 B. Verbraucherschutzgedanken im UWG I. Die geschichtliche Entwicklung von Verbraucherschutzgedanken im Wettbewerbsrecht Das UWG bezweckte ursprünglich einen rein individualrechtlichen Schutz der Konkurrenten vor unlauteren Geschäftspraktiken. Der Gedanke des Verbraucherschutzes spielte dagegen bei der Schaffung des UWG keine Rolle.185 So führt die Gesetzesbegründung zum UWG 1896 aus: „Der Schutz des konsumierenden Publikums gegen Übervorteilungen ist nicht der unmittelbare Zweck eines gegen den unlauteren Wettbewerb gerichteten Gesetzes, wenngleich Maßregeln, die in den gegenseitigen Beziehungen der Gewerbetreibenden Treu und Glauben zu befestigen bestimmt sind, mittelbar auch dem Interesse ihrer Abnehmer entgegenkommen werden.“186 Auch das Reichsgericht betrachtete das UWG ursprünglich rein als Gesetz zum Schutz der Wettbewerber. So stellt es in einer Entscheidung aus dem Jahr 1911 fest, dass das UWG nicht dem Schutz des Publikums vor Übervorteilung diene, sondern „…nur den einzelnen Gewerbetreibenden selbst in seiner Privatrechtsphäre gegen Beeinträchtigungen bei der freien Ausübung seiner Erwerbstätigkeit durch unlautere Wettbewerbshandlungen…“ schütze.187 Obwohl das UWG somit ursprünglich nur dem Schutz der Konkurrenten dienen sollte, wurde faktisch Verbraucherschutz bereits erreicht, bevor in Rechtsprechung und Lehre überhaupt die Idee aufkam, bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit einer Wettbewerbshandlung die Interessen der Allgemeinheit und der Verbraucher zu berücksichtigen.188 Diesen Gedanken machte sich das Reichsgericht erst Ende der 20er Jahre zu Eigen. In einem Urteil betreffend die Klagebefugnis von gewerblichen Verbänden führt es aus, „daß die Unterlassungsklage, die an sich nur den Konkurrenten schützen soll, in Wahrheit doch – wie das ganze Wettbewerbsgesetz – den Auswüchsen des Wettbewerbs auch im öffentlichen Interesse entgegentreten und daher die Verfolgung der betreffenden Rechtsverletzungen nicht dem Belieben des unmittelbar Verletzten 183 RG, MuW 1930, 68 (69), BGH, GRUR 1952, 410 (413), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 234, Emmerich (Fußn. 173), S. 23. 184 BGH, GRUR 1952, 410 (413), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 41, Emmerich (Fußn. 173), S. 23. 185 H. M. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 41, Beater (Fußn. 25), § 1 Rn. 14, a. A. Emmerich (Fußn. 173), S. 10, Ekey/Klippel/Kotthoff/Meckel/Plaß, Heidelberger Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 1. Aufl. 2000, E 2 Rn. 4 . 186 Abgedruckt bei Bachem/Roeren, Das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes vom 1. Juli 1896, 1. Aufl. 1896, S. 24. 187 RGZ 75, 370 (373). 188 Schricker, GRUR Int. 1970, 32 (33), Thiedig, Suggestivwerbung und Verbraucherschutz, 1. Aufl. 1973, S. 72. 29 allein überlassen will.“189 In einer anderen Entscheidung190 betont es, dass das UWG sowohl der Reinerhaltung des Verkehrs im Interesse des Publikums als auch dem Schutze der Mitbewerber dient. Auch nach der „Diamantine-Entscheidung“ verfolgt das UWG den Zweck, „nicht nur den redlichen Wettbewerb zu schützen, sondern auch im öffentlichen Interesse den Auswüchsen des Wettbewerbs überhaupt…“191 entgegenzuwirken. Den Grundsatz, dass das Wettbewerbsrecht nicht nur die Interessen der Wettbewerber schützt, sondern auch den Belangen der Allgemeinheit dient, hat der BGH nach dem 2. Weltkrieg in mehreren Entscheidungen bestätigt. So untersagte er mit diesem Argument belästigende Hausbesuche von Bestattungsunternehmen192, die kostenlose Abgabe von Anzeigenblättern193 und das Verschenken von Waren in großen Mengen194. Mitte der 30er Jahre folgte auch die Literatur der Rechtsprechung des Reichsgerichts. So führt Hoffmann 1936 aus, dass das Wettbewerbsgesetz zwar zunächst den einzelnen Wettbewerber, darüber hinaus aber auch die Allgemeinheit schützt.195 Ebenso stellt Ulmer 1937 fest, dass Ziel der Wettbewerbsordnung nicht nur der Individualschutz der Konkurrenten ist.196 Im Gegensatz zur Rechtsprechung und Literatur, die bis dahin keine klare Trennung zwischen Interessen der Verbraucher und der Allgemeinheit vorgenommen hatten197, sondern die Verbraucher lediglich als Teil der Allgemeinheit begriffen198, unterschied Ulmer199 klar zwischen dem Schutz des Interesses des Volksganzen und dem Schutz der Interessen der Abnehmer. Zahlreiche Autoren folgten ihm und betonten die Inkongruenz von Allgemein- und Verbraucherinteressen.200 Diese Inkongruenz resultiert aus der Tatsache, dass die Verbraucher nur eine Gruppe darstellen und nur gemeinsam mit den Unternehmern die Allgemeinheit bilden.201 Ferner kann sich eine Werbung auch nur an Teile der Konsumenten richten, so dass auch insofern wiederum keine Kongruenz zwischen Verbraucherschaft und Allgemeinheit existiert.202 Der entscheidende Gesichtspunkt ergibt sich letztlich aber aus dem Inhalt des Allgemeininteresses. Dieser besteht in 189 RGZ 120, 47 (49). RG, MuW 1930, 230 (231). 191 RG, GRUR 1936, 810 (812). 192 BGH, GRUR 1955, 541 – Bestattungswerbung. 193 BGH, GRUR 1956, 223 – Anzeigenblatt. 194 BGH, GRUR 1957, 365 – Suwa. 195 Hoffmann, JW 1936, 153 (156). 196 Ulmer, GRUR 1937, 769 (772). 197 Ulmer, GRUR 1937, 769 (772), Rinck in: FS OLG Celle, 1. Aufl. 1961, S. 166 f. 198 Sack, NJW 1975, 1303 (1304). 199 Ulmer, GRUR 1937, 769 (772). 200 Burmann, WRP 1968, 258 (260), Fezer, Teilhabe und Verantwortung, 1. Aufl. 1986, S. 545, Hefermehl in: Wirtschaftspraxis und Rechtswissenschaft, 1. Aufl. 1972, S. 185, Nastelski, GRUR 1969, 322 (323), Reich/Wegener, JuS 1974, 561 (563), Sack, ÖJZ 1976, 309 (310), Samwer, GRUR 1969, 326 (327), Schricker, GRUR Int. 1970, 32 (39). 201 Schricker, GRUR Int. 1970, 32 (39). 202 Nastelski, GRUR 1969, 322 (323), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 80. 190 30 der Erhaltung eines funktionsfähigen und ordnungsgemäßen Wettbewerbs.203 Diesem Ziel können für die Verbraucher vorteilhafte als auch nachteilige Wettbewerbshandlungen entgegenwirken. Handelt es sich um für die Verbraucher grundsätzlich vorteilhafte Handlungen, widersprechen die Interessen der Konsumenten den Interessen der Allgemeinheit, während sich im Fall von für die Verbraucher nachteiligen Geschäftspraktiken die Interessen der Allgemeinheit und der Verbraucher entsprechen. Es kann daher zwar sein, dass sich die Interessen der Verbraucher mit den Interessen der Allgemeinheit im Einzelfall decken, zwingend ist dies jedoch nicht.204 Nachdem der Gesetzgeber durch Einführung des Klagerechts für Verbraucherverbände in § 13 I a UWG (a.F.) den Verbraucherschutz als eigenständigen Schutzzweck anerkannt hat205, ist heute allgemeine Meinung, dass das UWG auch die Interessen der Verbraucher schützt.206 II. Schutz von Kollektiv- und/oder Individualinteressen durch das UWG? Ist der Verbraucherschutz als Schutzzweck des UWG somit anerkannt, stellt sich die weitere Frage, ob das Wettbewerbsrecht nur die Kollektivinteressen der Verbraucherschaft oder auch die Individualinteressen der einzelnen Konsumenten schützen will. Diese Frage ist insofern von Bedeutung, als bei einer Verneinung des individualschützenden Charakters der UWG-Normen zugleich feststeht, dass der einzelne Konsument keine Ansprüche auf die Vorschriften des UWG stützen kann. Die Rechtsprechung hat zu dieser Frage bisher nur spärlich Stellung genommen. So hat das LG Frankfurt207 den Schutzgesetzcharakter von § 1 UWG verneint, da das Wettbewerbsrecht nicht den Einzelnen schützen wolle. Es hat dabei jedoch nicht zwischen dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit und der Verbraucher unterschieden, sondern den Normen des UWG nur allgemeinschützenden Charakter zugesprochen und infolgedessen den Schutz von Interessen einzelner Verbraucher abgelehnt. Der BGH hat dagegen den Schutzgesetzcharakter von § 1 und 3 UWG in einzelnen Entscheidungen bejaht.208 Jedoch waren Gegenstand dieser Urteile immer Klagen von Wettbewerbern, nie von Verbrauchern. In seiner „Prüfzeichen-Entscheidung“209 wiederum hat er einen Schadensersatzanspruch eines Kunden aufgrund §§ 823 II BGB iVm 3 UWG abgelehnt. Für die Frage des individualschützenden Charakters von § 3 UWG gibt die203 Ulmer, GRUR 1937, 769 (772), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 81. Nastelski, GRUR 1969, 322, Sack, ÖJZ 1976, 309 (310), Samwer, GRUR 1969, 326 (327). 205 Siehe insoweit die Gesetzesbegründung, BT-Drucksache IV/2217, S. 4. 206 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 79, Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. UWG Rn. 23 f. 207 LG Frankfurt, NJW 1964, 501. 208 BGH, GRUR 1955, 351 (357) – GEMA, BGH NJW 1980, 1224 (1225) – BMW-Importe, differenzierend BGH, GRUR 1964, 567 (568) – Lavamat. 209 BGH, GRUR 1975, 150 – Prüfzeichen. 204 31 se Entscheidung jedoch nichts her. Zwar stellt der BGH in Leitsatz 2 fest, dass § 3 UWG kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 II BGB sei. In den Entscheidungsgründen trifft er jedoch keine Aussage über den individualschützenden Charakter von § 3 UWG, sondern lehnt einen Schadenersatzanspruch aus Gesichtspunkten der Anspruchskonkurrenz heraus ab. In der Literatur begreift die h. M.210 die Normen des UWG als Vorschriften auch zum Schutz der einzelnen Konsumenten. Sie gelangt zu dieser Auffassung aufgrund der geänderten Funktion des UWG vom reinen Mitbewerberschutz hin zu einem Schutz der Interessen der Allgemeinheit und der Verbraucher. Da verbraucherbezogene unlautere Wettbewerbshandlungen ausschließlich den einzelnen Verbraucher treffen würden, sei es nicht sinnvoll, den verbraucherschützenden Zweck des UWG ausschließlich auf die Verbraucherschaft in ihrer Gesamtheit zu beziehen, den einzelnen Verbraucher von diesem Schutzzweck jedoch auszuschließen.211 Nach Ansicht anderer Autoren212 bezwecken die Vorschriften des UWG dagegen keinen Schutz der einzelnen Verbraucher, sondern nur der Kollektivinteressen der Verbraucherschaft. Melullis begründet dies damit, dass der Schutz des einzelnen Verbrauchers nicht Normzweck, sondern nur Reflex des jeweiligen wettbewerbsrechtlichen Verbots sei. Im Übrigen sei auch das Klagerecht der Verbrauchervereinigungen nicht zum Schutz der einzelnen Verbraucher, sondern nur zur Erreichung einer umfassenderen Verfolgung von Wettbewerbsverstößen geschaffen worden.213 Köhler meint dagegen, dass der einzelne Verbraucher nicht in den Schutzbereich der UWG-Normen falle, ergebe sich aus einem Umkehrschluss zu § 13 a UWG.214 Der Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers sei durch das Vertragsrecht, einschließlich § 13 a UWG, gewährleistet, der Schutz seiner sonstigen Rechte durch § 823 I BGB, so dass für eine Heranziehung des § 823 II BGB auch kein Bedürfnis bestehe.215 210 Fezer (Fußn. 200), S. 545, Fricke, GRUR 1976, 680 (681 ff.), Hefermehl in: FS Robert Fischer, 1. Aufl. 1979, S. 202, Lindacher, BB 1975, 1311 (1312), Raiser in: Summum ius summa iniuria, 1. Aufl. 1963, 156 f., Reich/Tonner/Wegener, Verbraucher und Recht, 1. Aufl. 1976, S. 250, Sack, NJW 1975, 1303 (1305), ders., ÖJZ 1976, 309 (313), Schricker, GRUR 1974, 579 (580); ferner alle diejenigen, die die Normen des UWG als Schutzgesetze i.S.v. § 823 II BGB zu Gunsten des Verbrauchers qualifizieren, da dies voraussetzt, dass die betreffende Norm auch einen individuellen Schutzzweck verfolgt, vgl. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 342. Im Einzelnen sind dies: Nordemann, Wettbewerbs- und Markenrecht, 8. Aufl. 1996, Rn. 548, Traub, GRUR 1980, 673 (676) sowie für § 3 UWG: Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 440, Lehmann, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1. Aufl. 1981, S.106 f. 211 Sack, ÖJZ 1976, 309 (313), ähnlich Fricke, GRUR 1976, 680 (683). 212 Beater (Fußn. 25), § 28 Rn. 5 f., 26, Ekey/Klippel/Kotthoff/Meckel/Plaß (Fußn.185), § 13 UWG Rn. 4, Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. UWG Rn. 42, § 3 UWG Rn. 5, Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung, 2. Aufl. 1995, Rn. 358, Walz, JZ 1974, 106 (107). 213 Melullis (Fußn. 212), Rn. 358. 214 Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. UWG Rn. 42. 215 Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. UWG Rn. 42. 32 III. Das UWG als Verbraucherschutzgesetz Einigkeit besteht in der Literatur darüber, dass es sich beim UWG nicht um ein Verbraucherschutzgesetz handelt.216 Gegenstand des Wettbewerbsrechts ist der Schutz der Lauterkeit des Wettbewerbs. Ob eine Wettbewerbshandlung diese gefährdet, beurteilt sich gleichrangig nach den Interessen der Konkurrenten, der Allgemeinheit und der Verbraucher.217 Die Interessen der Konsumenten sind dabei nur insoweit zu berücksichtigen, als durch ihre Verletzung der Wettbewerb verfälscht wird.218 Das UWG bezweckt daher stets nur einen wettbewerbsbezogenen Verbraucherschutz.219 Von einzelnen Autoren wird eine mangelhafte Berücksichtigung der Interessen der Verbraucher in der Rechtsprechung und Literatur kritisiert. Inhaltlich richtet sich diese Kritik gegen eine immer noch bestehende Dominanz des Konkurrentenschutzdenkens im Wettbewerbsrecht.220 So werde im Konflikt meist den Interessen der Wettbewerber der Vorrang vor den Verbraucherinteressen eingeräumt. Besitzstände der Unternehmer würden durch die Rechtsprechung sogar dann geschützt, wenn sie dem Informationsinteresse des Verbrauchers entgegenständen.221 Die Rechtsprechung betreibe daher materiell-rechtlich keinen Verbraucherschutz.222 Sie trage zwar den Schutz der Konsumenteninteressen verbal mit, ohne jedoch die inhaltlich notwendigen Konsequenzen zu ziehen.223 Den Fallgestaltungen der verbraucherbezogenen Unlauterkeit liege in Wirklichkeit der Gedanke zugrunde, dass der Verbraucher nicht in wettbewerbswidriger Weise in den Konkurrenzkampf hineingezogen werden soll.224 C. Schutz der Willensbildung I. Erkennbarkeit von Werbung Werbung soll den Verbraucher dazu veranlassen, das beworbene Produkt zu kaufen.225 Um dieses Ziel zu erreichen, neigen Unternehmer dazu, die Vorteile ihres Produkts übermäßig herauszustellen. Die Verbraucher wiederum stehen Werbung heute oftmals kritisch gegenüber 216 24. 217 Hefermehl (Fußn. 200), S. 186 f., Burmann, WRP 1973, 313 (316), Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. UWG Rn. Hefermehl (Fußn. 200), S. 187, Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. UWG Rn. 24. Hefermehl (Fußn. 200), S. 187. 219 Hefermehl (Fußn. 200), S. 187, Burmann, WRP 1973, 313 (316). 220 Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 4 f., Burmann, WRP 1973, 313 (317), Mertens, ZHR 139 (1975) 438 (449), Reich/Tonner/Wegener (Fußn. 210), S. 90 ff., Tonner, NJW 1987, 1917 (1918 ff.). 221 Mertens, ZHR 139 (1975) 438 (449), ähnlich Reich/Tonner/Wegener (Fußn. 210), S. 92. 222 Tonner, NJW 1987, 1917 (1918). 223 Tonner, NJW 1987, 1917 (1919), Beater, Verbraucherschutz und Schutzzweckdenken im Wettbewerbsrecht, 1. Aufl. 2000, S. 19. 224 Burmann, WRP 1973, 313 (317). 225 Zur Stimulationsfunktion von Werbung siehe oben: 1. Teil: 2. Kapitel:C. 218 33 und schenken Werbeaussagen nur wenig Glauben. Die Werbenden versuchen daher teilweise diesen Abwehrmechanismus der Konsument zu umgehen und ihre Werbung so zu gestalten, dass der Verbraucher die subjektive Färbung der von ihm rezipierten Information nicht bemerkt. Die Methoden, derer sich die Unternehmer dabei bedienen können, sind vielfältig. Im Einzelnen kann zwischen der Tarnung von Werbung mittels Gutachten, der redaktionellen Werbung, dem Product Placement, dem Sponsoring und der subliminalen Werbung unterschieden werden. Im Folgenden werden die Regelungen hinsichtlich Product Placement, des Sponsoring und der subliminalen Werbung nicht näher dargestellt. Es existieren insoweit bereits einschlägige Regelungen in der EU-Fernsehrichtlinie226, so dass aus Sicht der Rechtsvergleichung weitere Ausführungen von nur geringem Interesse sind. Ausgangspunkt der Rechtsprechung des RG und des BGH zur Tarnung von Werbung war die Verwendung wissenschaftlicher Gutachten zu werblichen Zwecken. Die Beklagten verwandten Gutachten zu Werbezwecken, die den Eindruck erweckten, durch neutrale Dritte verfasst worden zu sein, während deren Autoren jedoch in Wirklichkeit in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Werbenden standen. Sowohl das RG227 als auch der BGH228 beurteilten diese Werbepraktiken als Verstoß gegen § 1 UWG. Sie stellten dabei darauf ab, dass diese Werbemethode besonders geeignet ist, den Konsumenten in seiner Kaufentscheidung zu beeinflussen, da dieser denkt von neutraler und fachkundiger Seite informiert zu werden und daher das Urteil des Sachverständigen zur Richtschnur für seine Kaufentscheidung macht.229 Die Unlauterkeit dieser Werbemethode folgerten das RG und der BGH jedoch nicht aus der Verletzung von Interessen der Verbraucher, sondern aus der Verletzung von Interessen der Konkurrenten230 bzw. der Allgemeinheit231. Diese werden dadurch verletzt, dass sich der werbende Unternehmer durch die Täuschung der Konsumenten einen Vorsprung vor seinen Konkurrenten verschafft.232 Dies gilt unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens.233 Sittenwidrig ist es ferner, die Verbraucher über die Person des Gutachters, dessen wissenschaftlichen Ruf oder den wissenschaftlichen Rang des Gutachtens zu täuschen.234 Ebenso wie die Tarnung von wissenschaftlichen Gutachten zu Werbezwecken ist es unlauter, 226 Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (EU-Fernsehrichtlinie) vom 3.10.1989, ABl. EG Nr. L 298 S. 23. 227 RG, GRUR 1937, 60. 228 BGH, GRUR 1961, 189 – Rippenstreckmetall. 229 RG, GRUR 1937, 60 (63). 230 RG, GRUR 1937, 60 (63). 231 BGH, GRUR 1961, 189 (191) – Rippenstreckmetall. 232 RG, GRUR 1937, 60 (63), BGH, GRUR 1961, 189 (191) – Rippenstreckmetall. 233 RG, GRUR 1937, 60 (63), BGH, GRUR 1961, 189 (191) – Rippenstreckmetall. 234 BGH, GRUR 1961, 189 (191) – Rippenstreckmetall, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 28, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 39. 34 dem Verbraucher den werbenden Charakter von Information dadurch zu verheimlichen, dass diese als redaktionelle Beiträge neutraler Medien dargestellt werden. Das Urteil der Sittenwidrigkeit folgt dabei aus ähnlichen Erwägungen wie im Fall von getarnten Gutachten.235 Das daraus sich ergebende Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Teil ist nicht nur allgemeine Meinung, sondern hat als gefestigte Standesauffassung der Zeitungsverleger, Journalisten und Werbungstreibenden auch Niederschlag in den ZAW-Richtlinien236 gefunden. Es ist nicht nur im Lauterkeitsrecht, sondern auch in den verschiedenen Landespressegesetzen, wie z. B. Art. 9 BayPrG, in § 7 III RfStV sowie in Art. 10 I der EU-Fernsehrichtlinie237 gesetzlich verankert. Es bezweckt sowohl Schutz der Unabhängigkeit der Medien als auch des Verbrauchers vor Täuschungen über den werbenden Charakter redaktioneller Beiträge.238 Das Trennungsgebot gilt nicht nur für den Bereich der Printmedien und des Rundfunks, sondern ebenso für das Internet239 und nach h. M.240 grundsätzlich auch für Kinofilme. Wird das Trennungsgebot missachtet, ist die betreffende Werbung nach h. L.241 grundsätzlich irreführend i.S.v. § 3 UWG, da redaktionell gestaltete Beiträge die Angabe enthalten, dass es sich um neutrale Information und nicht um eine Werbeaussage handelt.242 Teilweise wird in der Literatur jedoch darauf hingewiesen, dass § 3 UWG durch getarnte Werbung nicht erfüllt wird, da es an einer Angabe fehlt.243 Letztlich spielt dieser Streit jedoch keine Rolle, da getarnte Werbung unstreitig sittenwidrig gemäß § 1 UWG ist.244 Darüber hinaus wird durch getarnte Werbung grundsätzlich auch das Persönlichkeitsrecht des Umworbenen verletzt. Dieses gebietet es, dass der Verbraucher Werbung erkennen und seine Entscheidung bewusst auf dieser Grundlage treffen kann.245 Für die Printmedien ergibt sich aus dem Trennungsgebot die Unzulässigkeit redaktioneller Werbung, d. h. sowohl von redaktionell gestalteten entgeltlichen Anzeigen, als auch von unentgeltlichen redaktionellen Beiträgen mit Werbecharakter.246 Das Verbot der Tarnung von Werbung erfordert insoweit, dass Werbung klar als solche, auch für den flüchtigen Leser, erkennbar 235 BGH, GRUR 1968, 382 (384) – Favorit II, BGH, GRUR 1975, 75 (77) – Wirtschaftsanzeigen – publicrelations. 236 Abgedruckt bei Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG, Anhang X, S. 1266 ff. 237 Richtlinie 89/552/EWG (Fußn. 226). 238 BGH, GRUR 1990, 611 (615) – Werbung im Programm, Fuchs, GRUR 1988, 736, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 40. 239 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 45 a, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 72, Lehmler, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs, 1. Aufl. 2002, S. 269. 240 BGH, GRUR 1995, 744 (747) – Feuer, Eis & Dynamit I, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 44 b, Henning-Bodewig, GRUR Int. 1991, 858 (868), Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 40, a. A. Ahrens, GRUR 1995, 307 (309), Paschke/Reuter, DZWir 1996, 45 (46). 241 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 30, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 43. 242 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 38 a, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 43. 243 Henning-Bodewig, GRUR Int. 1987, 538 (546), Ahrens, GRUR 1995, 307 (310). 244 BGH, GRUR 1975, 75 (77) – Wirtschaftsanzeigen – public-relations, Fuchs, GRUR 1988, 736 (740), Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 43. 245 BGH, GRUR 1995, 744 (747) – Feuer, Eis & Dynamit I, Henning-Bodewig, GRUR Int. 1987, 538 (547). 246 BGH, GRUR 1968, 382 – Favorit II, BGH, GRUR 1975, 75 – Wirtschaftsanzeigen – public-relations, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 31, Gloy/Ahrens (Fußn. 169), § 59 Rn. 36 ff. 35 ist.247 Andererseits ist es den Medien durchaus gestattet über Unternehmen oder Produkte in Wahrnehmung ihrer Informationsaufgabe zu berichten. Zwar können solche Berichte Werbeeffekte mit sich bringen, dennoch liegt darin kein Verstoß gegen das Trennungsgebot, wenn die sachliche Unterrichtung der Verbraucher im Vordergrund steht und die Werbewirkung nur zwangsläufige Nebenfolge der Berichterstattung ist.248 Die sachliche Information endet dort, wo die konkrete Art der Berichterstattung nicht mehr durch die publizistische Informationsaufgabe der Medien veranlasst und gerechtfertigt ist.249 Dies beurteilt sich anhand von Indizien. Diese sind nicht nur für die Existenz eines publizistischen Anlasses, sondern auch für das Vorliegen der Wettbewerbsabsicht entscheidend.250 Als Indizien können die durch den Anlass nicht mehr berechtigte Form der Berichterstattung und insbesondere die Annahme eines Entgelts dienen.251 Das Verbot redaktioneller Werbung gilt nicht nur für den Bereich der Printmedien, sondern auch für den Rundfunk. Für Informationssendungen im Fernsehen und Hörfunk erfolgt die Abgrenzung von sachlicher Information und Werbung insoweit nach denselben Grundsätzen wie bei den Printmedien.252 II. Der Wahrheitsgrundsatz Der deutsche Gesetzgeber hat das Verbot irreführender Werbung in § 3 UWG manifestiert. Daneben kann irreführende Werbung auch gegen § 1 UWG verstoßen.253 Ferner enthalten noch eine Reihe weiterer Vorschriften innerhalb und außerhalb des UWG spezielle Verbote irreführender Werbung.254 Schließlich ist in diesem Bereich noch die Richtlinie 84/450/EWG255 zu beachten. Es würde den Rahmen der Arbeit jedoch sprengen, auf all diese Regelungen im Einzelnen einzugehen. Im Folgenden wird daher nur das Verbot irreführender Werbung nach § 3 UWG dargestellt. Dies ist die Zentralnorm zur Bekämpfung unwahrer und irreführender Werbeangaben. Jedoch existiert auch insoweit schon eine derart detaillierte und umfangreich Kasuistik, dass es im Folgenden nur möglich sein wird, die Grundzüge des Irreführungsverbots darzustellen. Der Tatbestand des § 3 UWG setzt ein Handeln „im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des 247 BGH, GRUR 1996, 791 (792) – Editorial II, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 31, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 40. 248 BGH, GRUR 1993, 565 (566) – Faltenglätter, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 52. 249 OLG Saarbrücken, WRP 1987, 507 (508), Gloy/Ahrens (Fußn. 169), § 59 Rn. 42. 250 Fuchs, GRUR 1988, 736 (737), Gloy/Ahrens (Fußn. 169), § 59 Rn. 42. 251 Fuchs, GRUR 1988, 736 (737), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 35 ff. 252 BGH, GRUR 1990, 611 (615) – Werbung im Programm, Sack, ZUM 1987, 103 (120 f.). 253 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 4, Emmerich (Fußn. 173), S. 178. 254 Vgl. hierzu: Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 144 ff., Reich/Micklitz, Verbraucherschutz in der Bundesrepublik Deutschland, 1. Aufl. 1980, Rn. 94, 96 ff. 255 Fußn. 17. 36 Wettbewerbs“ voraus. Sodann muss die Werbung eine Angabe enthalten. Diese muss geschäftliche Verhältnisse betreffen und irreführend sein. Letzteres erfordert nach der Rechtsprechung auch, dass die Irreführung wettbewerbsrechtlich relevant ist. Abschließend ist im Rahmen einer Interessensabwägung zu prüfen, ob eine Irreführung ausnahmsweise hinzunehmen ist. Ebenso wie § 1 UWG erfordert § 3 UWG ein Handeln „im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs“. Zur Bedeutung dieser Tatbestandsmerkmale kann auf obige Ausführungen256 verwiesen werden. Sodann muss die Werbung eine Angabe enthalten. Der Begriff der Angabe ist weit auszulegen.257 Er umfasst alle Werbeaussagen, die nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise mit den Mitteln des Beweises auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin überprüfbar sind.258 Keine Angaben sind daher Äußerungen, die dem Wahrheitsbeweis nicht zugänglich sind, wie etwa Werturteile und Meinungsäußerungen.259 Ausreichend ist insofern jedoch, wenn die Aussage einen nachprüfbaren Tatsachenkern enthält.260 Auch Werbeaussagen, die keine sachliche Information vermitteln, stellen keine Angaben dar.261 Dies kann insbesondere bei übertriebenen Kaufappellen der Fall sein.262 Inhaltlich muss die Angabe „geschäftliche Verhältnisse“ betreffen. Der Begriff ist weit auszulegen und umfasst alles, was der gewerblichen Tätigkeit des Werbenden im Wettbewerb irgendwie förderlich ist.263 § 3 UWG enthält insoweit einen nicht abschließenden Beispielskatalog.264 Gleichgültig ist schließlich die Form der Angabe, so dass diese schriftlich, mündlich, optisch, akustisch, mittelbar und unmittelbar, ausdrücklich und konkludent gemacht werden kann.265 Liegt nach dem soeben Ausgeführten eine Angabe über geschäftliche Verhältnisse vor, muss diese ferner „irreführend“ sein. Das ist dann der Fall, wenn sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen unrichtigen Eindruck erweckt.266 Für die Bejahung einer Irreführung ist es jedoch nicht erforderlich, dass eine solche bereits konkret eingetreten ist. Vielmehr ist es schon 256 257 12. 258 12. 259 12. 260 261 14. 262 Vgl. 2. Teil: 1. Kapitel:A BGH, GRUR 1963, 482 (483) – Hollywood Duftschaumbad, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. BGH, GRUR 1963, 482 (483) – Hollywood Duftschaumbad, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. BGH, GRUR 1963, 482 (483) – Hollywood Duftschaumbad, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 13, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 3 UWG Rn. 92. BGH, GRUR 1963, 482 (483) – Hollywood Duftschaumbad, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 14. BGH, GRUR 1964, 33 (36) – Bodenbeläge, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 121. 264 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 122. 265 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 18, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 3 UWG Rn. 99. 266 BGH, GRUR 1955, 37 (40) – Cupresa-Seide, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 3 UWG Rn. 106. 263 37 ausreichend, wenn die Angabe die Eignung zur Irreführung in sich trägt.267 Aus der Definition der Irreführung ergibt sich ferner, dass sich die Wahrheit oder Unwahrheit einer Angabe nicht anhand eines objektiven, sondern eines subjektiven Maßstabs beurteilt. Die Verkehrsauffassung bestimmt den inhaltlichen Gehalt des Wahrheitsgrundsatzes.268 Es können daher auch objektiv wahre Werbeaussagen gegen das Irreführungsverbot verstoßen269, während andererseits unwahre Werbeaussagen nicht zwingend das Irreführungsverbot verletzen müssen270. Entscheidend ist allein, ob durch die Angabe ein nicht unerheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise irregeführt wird.271 Bei übertriebenen Kaufappellen kann eine Irreführung deshalb ausscheiden, wenn für die maßgeblichen Verkehrskreise diese unschwer als solche erkennbar sind.272 Die Praxis ist insoweit jedoch sehr zurückhaltend. So sind Werbeaussagen bekannter Markenhersteller nach der Verkehrsauffassung stets ernst gemeint, soweit sie inhaltlich überprüfbar sind.273 Maßgebliche Verkehrskreise sind die von der Werbung angesprochenen Teile des Verkehrs.274 Meist werden dies die Endverbraucher sein. Jedoch kann sich eine Werbung auch nur an Teile der Verbraucherschaft oder ausschließlich an das Fachpublikum richten.275 Wendet sich eine Werbung ganz allgemein an die Verbraucher, beurteilt der BGH die Übereinstimmung von Verkehrsverständnis und Wirklichkeit anhand der Sicht eines situationsadäquat durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers.276 Werden von diesen nicht unerhebliche Teile irregeführt, verstößt die betreffende Werbung gegen § 3 UWG. Um nicht unerhebliche Teile handelt es sich dann, wenn mindestens 10% - 15% der Verbraucherschaft irregeführt werden.277 Der BGH verwendet insoweit jedoch keine starre Irreführungsquote. Vielmehr kann diese je nach Art und Grad der Irreführung variieren.278 Eine höhere Irreführungsquote ist insbesondere grundsätzlich auch dann erforderlich, wenn es sich um eine objektiv wahre Angabe handelt, die von den Verbrauchern nur subjektiv falsch verstanden wird.279 267 BGH, GRUR 1955, 409 (411) – Vampyrette, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 3 UWG Rn. 106. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 23. 269 BGH, GRUR 1955, 37 (40) – Cupresa-Seide, BGH, GRUR 1958, 39 (40) – Rosenheimer Gummimäntel, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 25. 270 BGH, GRUR 1957, 285 (286) – Erstes Kulmbacher, BGH, GRUR 1958, 444 (446) – Emaillelack, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 24. 271 BGH, GRUR 1955, 37 (40) – Cupresa-Seide, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 27. 272 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 60 ff., Emmerich (Fußn. 173), S. 183 f. 273 BGH, GRUR 1965, 365 (367) – Lavamat II, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 61. 274 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 31, v. Gamm (Fußn. 169), § 36 Rn. 10. 275 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 31, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 3 UWG Rn. 113 ff. 276 Zum Verbraucherleitbild des BGH siehe oben: 1. Teil: 1. Kapitel:B.III. 277 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 27 f., Köhler/Piper (Fußn. 50), § 3 UWG Rn. 149. 278 BGH, GRUR 1987, 171 (172) – Schlussverkaufswerbung, BGH, GRUR 1992, 66 (68) – Königl.-Bayerische Weisse, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 31. 279 BGH, GRUR 1987, 171 (172) – Schlussverkaufswerbung, BGH, GRUR 1992, 66 (68) – Königl.-Bayerische Weisse, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 3 UWG Rn. 150. 268 38 Werden nicht unerhebliche Teile der maßgeblichen Verkehrskreise irregeführt, ist zusätzlich ist noch erforderlich, dass die Irreführung auch wettbewerbsrechtlich relevant ist. Die traditionelle Auffassung hat dieses Erfordernis sehr weit gezogen und es ausreichen lassen, wenn der Verbraucher aufgrund der Angabe angelockt und motiviert wird, sich näher mit einem Angebot zu beschäftigen, das er sonst vielleicht ignoriert hätte.280 Der BGH hat dementsprechend auch die Angabe „Hollywood Duftschaumbad“ als irreführend betrachtet, weil das betreffende Produkt nicht in Los Angelos produziert worden war.281 Auch die Bezeichnung „Königl.Bayerische Weisse“ beurteilte er als irreführend, weil die betreffende Brauerei keinen Bezug zum bayerischen Königshaus hatte.282 Ebenso war es nach dem OLG Koblenz unlauter damit zu werben, eine Tiefkühlpizza sei im Steinofen gebacken, wenn dies tatsächlich nicht der Fall war, sie sich aber auch qualitativ von einer Steinofenpizza nicht unterschied.283 In seiner jüngeren Rechtsprechung legt der BGH strengere Maßstäbe an das Relevanzkriterium an.284 Als relevant betrachtet er eine Werbeaussage nunmehr nur dann, wenn diese für die Kaufentscheidung eines nicht unerheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise von Bedeutung ist.285 Dem liegt die Auffassung zugrunde, dass es nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts ist, den Verbraucher vor jedweder Fehlvorstellung zu schützen.286 Täuschende Werbeangaben, die für die Kaufentscheidung bedeutungslos sind, bleiben daher im Rahmen des § 3 UWG außer Betracht.287 Zulässig ist es daher mit der Angabe „Tageszulassung 0 km“ zu werben, auch wenn das betreffende Fahrzeug länger als einen Tag zugelassen war.288 Auch die Werbung für ein Mobiltelefon ist nicht zu beanstanden, wenn der Händler zwar von dem beworbenen Produkt keines vorrätig hat, jedoch über einen Vorrat an baugleichen Geräten verfügt, die lediglich von der Telekom mit ihrer eigenen Marke und Typenbezeichnung versehen worden sind.289 Bei Werbung für Last-Minute-Reisen ist nicht der Zeitraum zwischen Angebot und Reiseantritt entscheidend, sondern, dass es sich um ein Angebot aus einem besonders günstigen Reisekontingent handelt.290 280 BGH, GRUR 1961, 241 (242) – Socsil, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 89 a, Jacobs/Lindacher/Teplitzky (Hrsg.), GK-Lindacher, UWG ., 1. – 11. Lieferung 1991 – 1995, § 3 Rn. 123 ff., zur Kritik an dieser Auffassung siehe Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 134 ff. 281 BGH, GRUR 1963, 482 – Hollywood Duftschaumbad. 282 BGH, GRUR 1992, 66 – Königl.-Bayerische Weisse. 283 OLG Koblenz, WRP 1989, 332. 284 Dies betonen auch Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 137, Emmerich (Fußn. 173), S. 196 und Wuttke, WRP 2003, 839. 285 BGH, GRUR 1998, 949 (951) – D-Netz-Handtelefon, BGH, GRUR 2000, 914 (915) – Tageszulassung II, ebenso BGH, GRUR 2003, 628 (630) – Klosterbraucherei, wo der BGH jedoch annimmt, die Angabe ein Bier stamme aus einer Klosterbrauerei, sei für den Kaufentschluss des Verbrauchers relevant. 286 BGH, GRUR 1991, 852 (855) – Aquavit, BGH, GRUR 1998, 949 (951) – D-Netz-Handtelefon, BGH, GRUR 2000, 914 (915) – Tageszulassung II. 287 BGH, GRUR 1991, 852 (855 f.) – Aquavit, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 3 UWG Rn. 202. 288 BGH, GRUR 2000, 914 – Tageszulassung II. 289 BGH, GRUR 1998, 949 – D-Netz-Handtelefon. 290 BGH, GRUR 2000, 239 (241) – Last-Minute-Reise. 39 Sind alle bisher erörterten Tatbestandsmerkmale erfüllt, ist schließlich noch im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob die Irreführungsgefahr nicht zugunsten anderer schützenswerter Interessen und Rechtsgüter ausnahmsweise hinzunehmen ist.291 Als solche kommen vor allem schutzwürdige Besitzstände sowie das Interesse an der Verwendung bestimmter Fachausdrücke in Betracht.292 III. Informationspflichten des Werbenden Werbung braucht grundsätzlich nicht vollständig zu sein.293 Dennoch gibt es Konstellationen, in denen der Unternehmer verpflichtet ist, den Verbraucher in der Werbung über bestimmte negative Punkte seines Angebots aufzuklären. Unterlässt er dies, ist die betreffende Werbung irreführend und verstößt gegen § 3 UWG. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass den Werbenden eine Aufklärungspflicht trifft. Diese kann sich zunächst aus Gesetz, Vertrag oder vorangegangenem Tun ergeben.294 Darüber hinaus kann der Unternehmer aber auch dann verpflichtet sein, den Verbraucher über bestimmte negative Produkteigenschaften zu informieren, wenn dies zu dessen Schutz unter Berücksichtigung der berechtigten Unternehmerinteressen unerlässlich ist.295 Voraussetzung dafür ist zunächst, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Werbung konkludent einen Inhalt entnehmen, der der Wirklichkeit nicht entspricht.296 Dies kann entweder vor dem Hintergrund geschehen, dass aufklärende Hinweise in ähnlichen Fällen allgemein üblich sind oder dass derartige Angebote normalerweise bestimmte Eigenschaften aufweisen, von deren Vorliegen die Verbraucher deshalb mangels abweichender Informationen ausgehen.297 Kumulativ dazu muss es sich bei der verschwiegenen Tatsache um einen zentralen Punkt des Angebots handeln, der geeignet ist, den Kaufentschluss der angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen.298 Die Rechtsprechung hat dies bisher vor allem für die Eigenschaft als Auslaufmodell bei Haushalts-299 und Sportgeräten300 sowie für die Aktualität von Modeartikeln301 angenommen. Des Weiteren können Aufklä291 BGH, GRUR 1957, 285 (287) – Erstes Kulmbacher, BGH, GRUR 1960, 563 (566) – Sektwerbung, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 97 ff. 292 BGH, GRUR 1957, 285 (287) – Erstes Kulmbacher, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 101 ff., Emmerich (Fußn. 173), S. 197. 293 BGH, GRUR 1952, 416 (417 f) – Dauerdose, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), vor §§ 3-8 UWG Rn. 7, § 3 UWG Rn. 47. 294 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 48, Gloy/Helm (Fußn. 169), § 49 Rn. 46. 295 BGH, GRUR 1999, 1122 (1123) – EG-Neuwagen I, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 3 UWG Rn. 103. 296 BGH, GRUR 1987, 707 (709) – Ankündigungsrecht I, GK-Lindacher (Fußn. 280), § 3 Rn. 182, Gloy/Helm (Fußn. 169), § 49 Rn. 46. 297 Loewenheim, GRUR 1980, 14 (16). 298 Loewenheim, GRUR 1980 (16), Gloy/Helm (Fußn. 169), § 49 Rn. 47. 299 BGH, GRUR 1999, 757 – Auslaufmodell I, BGH, GRUR 2000, 616 – Auslaufmodell III. 300 BGH, GRUR 1982, 374 – Ski-Auslaufmodell, BGH, GRUR 1987, 45 – Sommerpreiswerbung. 301 OLG Hamm, GRUR 1983, 593 – Marken-Jeans. 40 rungspflichten im Rahmen der Werbung für Kraftfahrzeuge, insbesondere hinsichtlich deren Ausstattung und einer bereits laufenden Garantiefrist, bestehen.302 IV. Der Sachlichkeitsgrundsatz Nach der Rechtsprechung und breiten Teilen der Literatur soll Werbung sachlich sein. Gemäß Callmann, dem Begründer des Sachlichkeitsgrundsatzes, beinhaltet dies, dass im Wettbewerb nur Handlungen statthaft sind, die in sachlichem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit stehen.303 Des Weiteren widerspricht es dem Grundsatz der Sachlichkeit, „Handlungen vorzunehmen, die ein anderes Ziel verfolgen, als im Kunden den Wunsch nach Abschluß des dem Unternehmen typischen kaufmännischen Geschäftes zu erwecken.“304 Zu solchen Handlungen zählt Callmann insbesondere Preisausschreiben, Zugaben und Lotterien. Das Unlautere an diesen Geschäftspraktiken sieht er darin begründet, dass die Kunden durch unsachliche, d. h. geschäftsfremde Umstände angelockt werden sollen. Es müsse vermieden werden, dass es dem Kunden mehr auf die Zugabe als auf die Ware ankommt.305 Nach heutigem Verständnis erfordert der Sachlichkeitsgrundsatz darüber hinaus, dass zwischen Werbung und beworbenen Produkt ein innerer sachlicher Zusammenhang existiert.306 Die Rechtsprechung hat sich alsbald der Auffassung Callmanns angeschlossen.307 Gleichwohl war der Sachlichkeitsgrundsatz zu keiner Zeit unbestritten, sondern erhielt von Anfang an sowohl Zustimmung308 als auch Kritik309. Diese Kritik ist bis in die heutige Zeit nicht verstummt, sondern hat im Gegenteil an Umfang und Intensität zugenommen, so dass der Sachlichkeitsgrundsatz inzwischen von zahlreichen Autoren310 Widerspruch erfahren hat.311 Indes darf über diese Kritik hinweg nicht verkannt werden, dass noch heute namhafte Vertreter312 das Sachlichkeitsgebot propagieren. Jedoch ist insoweit zu beachten, dass auch diese die grundsätzliche Zulässigkeit von unsachlicher Werbung betonen und nur dann einen Verstoß gegen das Wett302 BGH, GRUR 1992, 171 – Vorgetäuschter Vermittlungsauftrag, BGH, GRUR 1999, 1122 – EG-Neuwagen I, BGH, GRUR 1999, 1125 – EG-Neuwagen II. 303 Callmann, Der unlautere Wettbewerb, 1. Aufl. 1929, S. 37. 304 Callmann (Fußn. 303), S. 38. 305 Callmann (Fußn. 303), S. 38. 306 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), vor §§ 3 – 8 UWG Rn. 6. 307 OLG Hamm, MuW 1931, 288, KG, GRUR 1937, 950, zu Entscheidungen des BGH vgl. unten: 2. Teil: 1. Kapitel:C.V.1. 308 Neuert, GRUR 1931, 347 (352), Wertheimer, JW 1929, 3097 f. 309 Rosenthal, Wettbewerbsgesetz, 8. Aufl. 1930, § 1, Note 34, Ulmer, Sinnzusammenhänge im modernen Wettbewerbsrecht, 1. Aufl. 1932, S. 28 f. 310 So z. B. von Bieler, GRUR 1972, 530 f., Lehmann, GRUR 1975, 239 ff., Scherer (Fußn. 24), S. 52 ff., Sosnitza, Wettbewerbsbeschränkungen durch die Rechtsprechung, 1. Aufl. 1995, S. 86 ff., Spengler, WuW 1956, 721 (723 f.), Tetzner, WuW 1956, 586 (590 f.) sowie, die in Fußn. 370 aufgezählten Autoren. 311 Zum Inhalt dieser Kritik siehe unten: 2. Teil: 1. Kapitel:C.V.2.b) und c). 312 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), vor §§ 3 – 8 UWG Rn. 6, v. Gamm (Fußn. 169), § 24 Rn. 1 ff., Gloy/Gloy (Fußn. 169), § 14 Rn. 16. 41 bewerbsrecht annehmen wollen, wenn weitere Umstände hinzutreten oder die Unsachlichkeit ein gewisses Maß überschreitet.313 Wann dies konkret der Fall ist, beurteilen diese Autoren nicht anhand bestimmter Grundsätze unter Berücksichtigung der Verbraucherinteressen, sondern anhand einer umfangreichen Kasuistik.314 In neuerer Zeit schließlich betonen einige Autoren, dass die Unsachlichkeit einer Werbung zwar deren Wettbewerbswidrigkeit nicht zu begründen vermag, dass umgekehrt aber die Sachlichkeit einer Werbung Indiz für deren Lauterkeit sein könne.315 Von praktischer Relevanz ist das Sachlichkeitsgebot vor allem für die Bereiche der gefühlsbetonten Werbung und der Wertreklame. Aber auch in den Fällen der Nötigung, der belästigenden Werbung sowie der Werbung mit Autoritäten spielt der Sachlichkeitsgrundsatz eine Rolle.316 Für den Schutz der Verbraucher während der Willensbildung kann von den angesprochenen Werbepraktiken zum einen die Wertreklame, zum anderen die gefühlsbetonte Werbung von Bedeutung sein. Unter dem Begriff der Wertreklame werden eine Vielzahl von Werbepraktiken erfasst, die den Kunden dadurch zu gewinnen versuchen, dass ihm im Falle des Vertragsschlusses über den eigentlichen Vertragsgegenstand hinaus eine zusätzliche Ware oder Leistung kostenlos oder stark verbilligt gewährt wird.317 Diese zusätzlichen Waren oder Leistungen können in Zugaben und Rabatten, Warenproben, Werbegeschenken, unentgeltlicher Kundenbeförderung, Werbefahrten, Kopplungsgeschäften, Preisausschreiben und vielem Anderen mehr bestehen.318 Die vielfältigen Formen der Wertreklame können jedoch nicht nur die Willensbildung, sondern auch die Willensbetätigung des Verbrauchers beeinflussen. Es ist daher zu differenzieren: Soweit sich der Verbraucher für das Angebot entscheidet, weil es ihm unter Berücksichtigung der zusätzlichen Ware oder Leistung als günstig erscheint und er dadurch zum Vertragsschluss motiviert wird, handelt es sich um Fälle, bei denen die Wertreklame im Rahmen der Willensbildung relevant ist.319 Hat sich der Konsument dagegen bereits gegen das beworbene Produkt entschieden und entschließt sich nur deshalb zum Vertragsschluss, weil er sich aufgrund der zusätzlich gewährten Leistung dazu verpflichtet fühlt oder aus sonstigen Gründen keine alternative Handlungsmöglichkeit besitzt, ist die freie Willensbetätigung des Verbrauchers betroffen. Diese ist auch in den Fällen der Nötigung, der Werbung mit Autoritäten sowie mit Einschränkungen der belästigenden Werbung tangiert. Im Folgenden werden nur jene 313 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), vor §§ 3 – 8 UWG Rn. 6, v. Gamm (Fußn. 169), § 24 Rn. 1 ff., Gloy/Gloy (Fußn. 169), § 14 Rn. 16. 314 Scherer (Fußn. 24), S. 53. 315 Henning-Bodewig, GRUR 1997, 180 (189), Wassermeyer, Diskriminierende Werbung, 2000, S. 154 f., Wünnenberg, Schockierende Werbung, 1. Aufl. 1996, S. 188. 316 V. Gamm (Fußn. 169), §§ 26 ff., Lehmann, GRUR 1975, 239, Sosnitza (Fußn. 310), S. 87 f. 317 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 85, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 192. 318 Gloy/Klosterfelde/Jaeger-Lenz (Fußn. 169), § 50 Rn. 76. 319 Ebenso Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 55 für die Fälle des rechtlichen Kaufzwangs. 42 Spielarten der Wertreklame erörtert, die Einfluss auf die Willensbildung des Verbrauchers haben. Alle anderen Konstellationen werden an späterer Stelle behandelt.320 Sowohl der Gesetzgeber als auch die Rechtsprechung und die h. M. standen der Wertreklame lange Zeit sehr kritisch gegenüber. So waren die meisten Formen der Wertreklame grundsätzlich unzulässig.321 Die Bedenken basierten dabei auf der Überlegung, dass der Konsument durch die Möglichkeit eine zusätzliche Leistung zu erhalten, von der Qualität und den Preis des Produkts abgelenkt wird und sich deshalb nur aus sachfremden Überlegungen für dieses entscheidet.322 In neuerer Zeit sind jedoch Tendenzen zur Liberalisierung des Lauterkeitsrecht erkennbar, die auch die Fallgruppe der Wertreklame betreffen. So hat der Gesetzgeber durch die Aufhebung der ZugabeVO und des Rabattgesetzes zu erkennen gegeben, dass Zugaben und Rabatte nunmehr grundsätzlich zulässig sind. Diesem gesetzgeberischen Willen folgend, beurteilt nunmehr auch die Rechtsprechung323 und weite Teile der juristischen Literatur324 Wertreklame weit weniger streng. So sind Zugaben, Werbegeschenke, Vorspann- und Kopplungsangebote jetzt grundsätzlich zulässig.325 Fraglich ist indes, ob auch Gewinnspielwerbung nunmehr in der Regel erlaubt ist.326 Der BGH hat sich insofern noch nicht explizit geäußert. Jedoch hat er in neueren Entscheidungen327 zu erkennen gegebenen, dass er dieser nach wie vor wohl eher kritisch gegenübersteht. Die Willensbildung des Verbrauchers kann schließlich durch gefühlsbetonte Werbung betroffen sein. Insoweit wird dem Konsumenten versprochen durch seine Kaufentscheidung nicht nur das beworbene Produkt zu erhalten, sondern daneben auch mittel- oder unmittelbar einen bestimmten sozialen oder gesellschaftspolitisch erwünschten Zweck zu fördern. Dieser Umstand wird somit Teil der Entscheidungsgrundlage des Verbrauchers und ist folglich relevant für dessen Willensbildung. 320 Siehe unten: 2. Teil: 1. Kapitel:D. BGH, GRUR 1976, 248 (249) – Vorspannangebot, BGH, GRUR 1984, 463 (464) – Mitmacher-Tour, v. Gamm (Fußn. 169), § 26 Rn. 13, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 86. 322 BGH, GRUR 1973, 591 (593) – Schatzjagd, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 85. 323 BGH, GRUR 2002, 979 (980 f.) – Koppelungsangebot II, BGH, GRUR 2003, 538 (539) – Gesamtpreisangebot. 324 Beater (Fußn. 25), § 16 Rn. 47 ff., Cordes, WRP 2001, 867, Emmerich (Fußn. 173), S. 166 ff., Dittmer, BB 2001, 1961, Heermann, WRP 2001, 855, Hoß, MDR 2001, 1094, Köhler, GRUR 2001, 1067, Pluskat, WRP 2002, 1381 ff., Steinbeck, ZIP 2001, 1741. 325 BGH, GRUR 2002, 979 (981) – Kopplungsangebot II, BGH, GRUR 2003, 538 (539) – Gesamtpreisangebot, Köhler, GRUR 2001, 1067 (1069), ders., GRUR 2003, 729 (731). 326 Als weiterhin unzulässig betrachten diese Dittmer, BB 2001, 1961 (1964), Heermann, WRP 2001, 855 (864) und Hoß, MDR 2001, 1094 (1097), a. A. sind dagegen Cordes, WRP 2001, 867 (872) sowie Köhler, GRUR 2001, 1067 (1075). 327 BGH, GRUR 2002, 979 (981) – Kopplungsangebot II, BGH, GRUR 2002, 1003 (1004) – Gewinnspiel im Radio. 321 43 Die gefühlsbetonte Werbung ist aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung, insbesondere auch des Bundesverfassungsgerichts, seit fast einem Jahrzehnt Gegenstand einer lebhaften Diskussion in der Literatur. Gleichzeitig eignen sich gerade die Fälle der gefühlsbetonten Werbung hervorragend, um die Argumentation der Rechtsprechung und der Literatur für und wider den Sachlichkeitsgrundsatz darzustellen. Die gefühlsbetonte Werbung wird daher im Folgenden unter dem Aspekt des Sachlichkeitsgebots näher erörtert. V. Der Sachlichkeitsgrundsatz am Beispiel der gefühlsbetonten Werbung Die Fallgruppe der gefühlsbetonten Werbung ist von hoher praktischer Relevanz. Fast keine Werbung versucht heute noch ihr Ziel durch reine sachliche Information zu erreichen. Vielmehr wird immer auch an das Gefühl des Verbrauchers appelliert, um diesen zu einer Kaufentscheidung zu veranlassen. Die Bandbreite der angesprochenen Gefühle reicht dabei von Liebe und Glück über Mitleid, Hilfsbereitschaft und soziale Verantwortung bis hin zu Angst und Besorgnis. Im Folgenden werden mit dem Begriff „gefühlsbetonte Werbung“ nur die Werbepraktiken bezeichnet, in denen ein Appell an das soziale Verantwortungsbewusstsein des Verbrauchers erfolgt. Daneben werden auch die Fälle der Schockwerbung erörtert, soweit der Sachlichkeitsgrundsatz für deren wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Bedeutung ist. Die Angstwerbung wird dagegen nicht dargestellt, da sie in Deutschland von nur geringer praktischer Bedeutung ist.328 1. Rechtsprechung Der BGH hat zur Zulässigkeit gefühlsbetonter Werbung erstmals in der „KünstlerpostkartenEntscheidung“329 Stellung genommen. In diesem Fall vertrieb die Beklagte Postkarten, die von behinderten Künstlern mit dem Mund oder Fuß gemalt worden waren. Die Klägerin wandte sich dagegen, dass die Beklagte mit diesem Umstand für den Erwerb der Postkarten warb. Der BGH beanstandete diese Werbung jedoch nicht. Er war der Ansicht, dass in der sachlichen Aufklärung über die Herstellungsart nichts Wettbewerbswidriges erblickt werden könne, auch wenn sich diese günstig auf den Kaufentschluss der Verbraucher auswirke. Dies gelte selbst dann, wenn sich der Käufer weniger wegen der Güte der Ware zum Kauf entschließe, sondern um die Arbeit körperbehinderter 328 Siehe hierzu BGH, GRUR 1986, 902 – Angstwerbung, OLG Saarbrücken, WRP 1992, 510, OLG Hamburg, NJW-RR 1994, 110, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 176 a, Schnorbus, GRUR 1994, 15, Tetzner, MDR 1975, 281. 329 BGH, GRUR 1959, 277 – Künstlerpostkarten. 44 Menschen anzuerkennen und zu unterstützen. Bei der Herstellungsart handle es sich um ein Leistungselement besonderer Art. Der Hinweis darauf und der damit verbundene Appell an das Gefühl der Verbraucher halte sich daher noch im Rahmen des zulässigen Wettbewerbs.330 Obwohl der BGH damit die gefühlsbetonte Werbung im konkreten Fall für zulässig erachtete, stellte er nur drei Tage später die grundsätzliche Unzulässigkeit gefühlsbetonter Werbung fest, soweit sie edle Gefühle wie Hilfsbereitschaft und Mitleid des Umworbenen auszunutzen sucht.331 Dadurch, so der BGH, würde „in unsachlicher, wettbewerbswidriger Weise von den im Leistungswettbewerb für die Willensentschließung des Käufers wesentlichen Umständen abgelenkt.“332 Die grundsätzliche Wettbewerbswidrigkeit gefühlsbetonter Werbung unterstreicht der BGH auch in den beiden nachfolgenden Entscheidungen.333 Zu einer gewissen Lockerung dieses Grundsatzes kam es durch das Urteil „Unicef-Grußkarten“334. Der BGH stellt darin fest, dass seine Rechtsprechung zur Wettbewerbswidrigkeit der gefühlsbetonten Werbung nicht auf die karitative Tätigkeit gemeinnütziger Organisationen anzuwenden ist.335 Zwar sei, so der BGH, an der Rechtsprechung zur gefühlsbetonten Werbung grundsätzlich festzuhalten. Jedoch betrachte der Verkehr den Verkauf von Grußkarten durch das Unicef-Kinderhilfswerk von vornherein nur als eine besondere Unterstützungs- und Spendenaktion. Daher seien auch die in diese Richtung gehenden Werbehinweise wettbewerbsrechtlich unbedenklich.336 Auch in den darauf folgenden Entscheidungen hält der BGH an seiner Rechtsprechung zur gefühlsbetonten Werbung fest.337 Maßgeblicher Gesichtspunkt ist für den BGH dabei, wie auch schon im Urteil „Blindenseife“338, die unsachliche Beeinflussung des Verbrauchers und die daraus resultierende Verfälschung des Leistungswettbewerbs.339 Auch Werbung, die auf die Belange des Umweltschutzes abstellt, beurteilt der BGH nach diesen Kriterien als grundsätzlich wettbewerbswidrig.340 Zulässig ist eine an das Mitleid, die Hilfsbereitschaft oder soziale Verantwortung appellierende 330 BGH, GRUR 1959, 277 (279) – Künstlerpostkarten. BGH, GRUR 1959, 143 (144) – Blindenseife. 332 BGH, GRUR 1959, 143 (144) – Blindenseife. 333 BGH, GRUR 1965, 485 – Versehrtenbetrieb, BGH, GRUR 1968, 44 – Schwerbeschädigtenbetrieb. 334 BGH, GRUR 1976, 308 – Unicef-Grußkarten. 335 BGH, GRUR 1976, 308 – Unicef-Grußkarten. 336 BGH, GRUR 1976, 308 (310) – Unicef-Grußkarten. 337 BGH, GRUR 1976, 699 – Die 10 Gebote heute, BGH, GRUR 1987, 534 – McHappy-Tag, BGH, GRUR 1991, 542 – Biomöbel mit Fahrpreiserstattung, BGH, GRUR 1991, 545 – Tageseinnahmen für Mitarbeiter. 338 BGH, GRUR 1959, 143 (144) – Blindenseife. 339 BGH, GRUR 1976, 699 (700) – Die 10 Gebote heute, BGH, GRUR 1987, 534 (535) – McHappy-Tag, BGH, GRUR 1991, 542 (543 f.) – Biomöbel mit Fahrpreiserstattung, BGH, GRUR 1991, 545 – Tageseinnahmen für Mitarbeiter. 340 BGH, GRUR 1991, 542 (543) – Biomöbel mit Fahrpreiserstattung. 331 45 Werbung nach dem BGH nur dann, wenn zwischen dem Appell an das Gefühl der Verbraucher und dem beworbenen Produkt ein sachlicher Bezug besteht.341 Dieser liegt dann vor, wenn in der Werbung bestimmte Eigenschaften eines Produkts, wie z. B. Umweltfreundlichkeit oder Herkunft aus einer bestimmten Region, besonders hervorgehoben werden und dadurch auch das Gefühl der Verbraucher angesprochen wird.342 Ausreichend ist nach den Ausführungen des BGH in dem Urteil „Generika-Werbung“343 auch ein bloß mittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen der beworbenen Ware und dem Appell an das soziale Verantwortungsgefühl, die Hilfsbereitschaft oder das Mitleid des Kunden. Ein derartiger mittelbarer Zusammenhang ist etwa dann vorhanden, wenn bei der Werbung für Generika damit geworben wird, dass ein Teil des Erlöses in die Arzneimittelforschung fließt.344 Der Zusammenhang besteht dabei darin, dass jedes Arzneimittel Ergebnis der Forschung ist.345 Ferner berücksichtigte der BGH in dieser Entscheidung, dass Adressat der Werbung die Ärzteschaft war, für die die Verwendung des Erlöses zur Arzneimittelforschung von fachlichem Interesse sein konnte.346 Ebenfalls als wettbewerbsrechtlich zulässig hat der BGH die Werbekampagne eines Schmerzmittelherstellers beurteilt, bei der dieser in Zeitungsanzeigen Missstände in der Politik und Verwaltung angeprangert hatte.347 Entscheidend war für den BGH dabei, dass durch die Werbung zwar eine Solidarisierung von Teilen der Bevölkerung mit dem werbenden Unternehmen erfolgt, die dessen kritische Haltung gegenüber Politkern teilen, jedoch kein Appell an das soziale Gewissen oder die Hilfsbereitschaft des Verbrauchers stattfindet. Es fehle daher, so der BGH, „eine tiefgehende emotionale Einwirkung auf seine Gefühlslage, deren kommerzielle Ausbeutung das Unwerturteil des § 1 UWG rechtfertigen könnte.“348 In den Fällen der Schockwerbung formuliert der BGH den die Unlauterkeit begründenden Umstand wie folgt: „Der Vorwurf des sittenwidrigen Werbeverhaltens … liegt im Kern darin begründet, daß diese mit der lediglich auf sie als publizierendes Unternehmen hinweisenden Darstellung des Elends einer ölverseuchten Kreatur und schwerarbeitender Kleinkinder aus der Dritten Welt bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher Gefühle des Mitleids und der 341 BGH, GRUR 1965, 485 (488) – Versehrtenbetrieb, BGH, GRUR 1976, 308 (310) – Unicef-Grußkarten, BGH, GRUR 1991, 545 – Tageseinnahmen für Mitarbeiter. 342 BGH, GRUR 1994, 828 (829) – Unipor-Ziegel, BGH, GRUR 1995, 742 (744) – Arbeitsplätze bei uns, BGH, GRUR 1996, 367 (368) – Umweltfreundliches Bauen. 343 BGH, GRUR 1999, 1100 (1101) – Generika-Werbung. 344 BGH, GRUR 1999, 1100 – Generika-Werbung. 345 BGH, GRUR 1999, 1100 (1101) – Generika-Werbung. 346 BGH, GRUR 1999, 1100 (1101) – Generika-Werbung. 347 BGH, GRUR 1997,761 – Politikerschelte. 348 BGH, GRUR 1997, 761 (765) – Politikerschelte. 46 Ohnmacht weckt, sich dabei als gleichermaßen betroffen darstellt und damit eine Solidarisierung der Einstellung solchermaßen berührter Verbraucher mit dem Namen und zugleich mit der Geschäftstätigkeit ihres Unternehmens herbeiführt.“349 Eine derartige Werbung kann nach Auffassung des BGH auch dann sittenwidrig sein, wenn es sich lediglich um eine produktunabhängige Imagewerbung und nicht um eine Werbung für ein bestimmtes Produkt handelt. Er meint im Gegenteil sogar, dass eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein könnte, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem beworbenen Produkt und dem dargestellten Elend besteht.350 So wäre nach Ansicht des BGH im Falle der ölverschmutzten Ente die Verwendung des beanstandeten Fotos zulässig, wenn es sich dabei um die Werbung eines chemischen Unternehmens handeln würde, das ölfressende bakterielle Substanzen produziert.351 Zur Zulässigkeit gefühlsbetonter Werbung hat in jüngster Zeit auch das Bundesverfassungsgericht Stellung genommen. In der Entscheidung „Tier- und Artenschutz“352 führt es aus, dass es sich bei den streitgegenständlichen Werbeaussagen um Meinungen i.S.v. Art. 5 I GG handelt.353 Die Freiheit der Meinungsäußerung, so das BVerfG, sei durch die allgemeinen Gesetze beschränkt, zu denen auch § 1 UWG zähle. Eine Einschränkung der Meinungsfreiheit zugunsten des Schutzgutes des § 1 UWG setze jedoch die Feststellung einer Gefährdung des an der Leistung orientierten Wettbewerbs voraus. Dabei kann, so das Bundesverfassungsgericht, „von den Tatbestandselementen der von der Rechtsprechung zu § 1 UWG entwickelten Fallgruppen ... eine aus praktischer Erfahrung gewonnene Indizwirkung für die Sittenwidrigkeit und die Gefährdung des Leistungswettbewerbs ausgehen. Allerdings müssen die Fachgerichte prüfen, ob die Indizwirkung im konkreten Fall auch angesichts der sich daran anschließenden Rechtsfolgen, der Einschränkung der Meinungsfreiheit, gegeben ist. Die angegriffene Äußerung muss nach den Umständen des Einzelfalls so schwer wiegend sein, dass eine Gefährdung des Leistungswettbewerbs besteht.“354 Das Bundesverfassungsgericht kritisiert, dass in den angegriffenen Urteilen die Sittenwidrigkeit der beanstandeten Werbung und eine Gefährdung des Wettbewerbs nicht konkret festgestellt worden ist. Es wird, so das Bundesverfassungsgericht, „nicht deutlich gemacht, auf welche Weise und in welchem Maße die für sittenwidrig erachtete Werbung Gefährdungen für den an 349 BGH, GRUR 1995, 595 (596) – Kinderarbeit, ähnlich BGH, GRUR 1995, 598 (599) – Ölverschmutzte Ente, BGH, GRUR 1995, 600 (601) – H.I.V. Positive. 350 BGH, GRUR 1995, 595 (596) – Kinderarbeit, BGH, GRUR 1995, 598 (599) – Ölverschmutzte Ente. 351 BGH, GRUR 1995, 598 (599) – Ölverschmutzte Ente. 352 BVerfG, NJW 2002, 1187 – Tier- und Artenschutz. 353 BVerfG, NJW 2002, 1187 (1188) – Tier- und Artenschutz. 354 BVerfG, NJW 2002, 1187 (1188) – Tier- und Artenschutz. 47 der Leistung orientierten Wettbewerb auslöst, obwohl die Marktteilnehmer üblicherweise einer Vielzahl von suggestiven Werbeeinflüssen ausgesetzt sind, ohne dass in diesen eine entsprechende Gefährdung gesehen wird.“355 Das Bundesverfassungsgericht fährt fort: „Es ist nicht nachvollziehbar dargelegt, warum es im Leistungswettbewerb als unbedenklich gilt, etwa den Glanz gesellschaftlicher Prominenz oder das Versprechen sportlicher Anerkennung als Kaufanreiz für bestimmte Produkte zu nutzen, dass andererseits aber der...Appell an das Mitgefühl mit Tieren die Grenzen des Zulässigen überschreitet.“356 Es genüge zum Beleg einer Gefährdung des Leistungswettbewerbs nicht, dass die Werbung bei den Verbrauchern Motive des sozialen Engagements anspreche. Diesen stehe es nach Art. 2 I GG frei, auf Grund welcher Motive sie am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilnehmen würden. Es sei daher begründungsbedürftig, Werbung als sittenwidrig einzuordnen, wenn der Werbende sich nicht nur auf Angaben zu Preis und Qualität beziehe, sondern durch weitere Informationen zum Kauf motivieren wolle.357 Die Instanzgerichte folgten der Rechtsprechung des BGH zur gefühlsbetonten Werbung bisher einhellig.358 So wird es in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung für sittenwidrig erachtet, wenn eigennützige Unternehmen mit Unterstützung folgender Projekte, Einrichtungen und Personen werben: Kinder-359, Alten- und Pflegeheime360, ehemalige Strafgefangene, Analphabeten361 und Behinderte362, Umweltschutzprojekten363, Tiergärten364 und des Breitensports365. Ferner ist auch eine Werbung, mit der an das Standesgefühl der Rechtsanwälte und Notare appelliert wird, nach dem KG wettbewerbswidrig.366 Als zulässig wurde dagegen Werbung durch Appell an politische Überzeugungen367 und mittels Angabe der nationalen Herkunft einer Ware368 beurteilt. 355 BVerfG, NJW 2002, 1187 (1189) – Tier- und Artenschutz. BVerfG, NJW 2002, 1187 (1189) – Tier- und Artenschutz. 357 BVerfG, NJW 2002, 1187 (1189) – Tier- und Artenschutz. 358 A. A. nunmehr aber OLG Hamburg, EWiR 2003, 291 und OLG Hamm, WRP 2003, 396 – Regenwaldprojekt, die dem BVerfG folgend gefühlsbetonte Werbung als grundsätzlich zulässig erachten. 359 LG Mainz, WRP 1972, 400. 360 LG Trier, NJW 1976, 755. 361 OLG Hamburg, WRP 1981, 469. 362 OLG Karlsruhe, WRP 1981, 542, OLG Hamburg, GRUR 1986, 261, OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 864. 363 KG, WRP 1984, 607, OLG Hamburg, GRUR 1987, 386, OLG Köln, WRP 1993, 346, OLG Stuttgart, NJWEWettbR 1998, 223. 364 KG, NJW-RR 1987, 675. 365 OLG Hamburg, NJW-RR 1988, 556. 366 KG, WRP 1998, 391. 367 KG, WRP 1985, 417. 368 OLG Rostock, WRP 1995, 970. 356 48 2. Literatur In der Literatur existiert keine einheitliche Meinung hinsichtlich der Beurteilung gefühlsbetonter Werbung. Vielmehr gibt es insofern drei große, etwa gleich starke Gruppen, die voneinander unterschieden werden können. Eine Meinung folgt dabei der Rechtsprechung des BGH und betrachtet gefühlsbetonte Werbung ohne sachlichen Bezug als grundsätzlich sittenwidrig.369 Gegen diese Ansicht wendet sich eine zweite Gruppe von Autoren, die die gefühlsbetonte Werbung als grundsätzlich lauter beurteilen.370 Ein dritter Teil der Literatur vertritt ferner eine differenzierende Auffassung, wonach gefühlsbetonte Werbung nur dann zulässig sein soll, wenn sie ohne konkreten Produktbezug erfolgt.371 Hinsichtlich der Schockwerbung schließlich spricht sich die h. L.372 für deren wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit aus, wobei nicht nur wettbewerbsrechtliche, sondern auch grundgesetzliche Überlegungen eine Rolle spielen. Auf Letztere wird im Rahmen der folgenden Ausführungen jedoch nicht eingegangen, da sie unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes keine Rolle spielen. a) Die Beurteilung gefühlsbetonter Werbung durch Literatur, die der Rechtsprechung des BGH folgt Der Teil der Literatur, der dem BGH folgt, betont, dass eine an das Gefühl der Verbraucher appellierende Werbung nicht per se wettbewerbswidrig sei.373 Unlauter sei es aber, wenn edle Gefühle, wie Mitleid, Hilfsbereitschaft und soziale Verantwortung aus eigennützigem Gewinnstreben angesprochen würden, ohne dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Werbung und der beworbenen Ware oder Leistung bestehe.374 369 Bamberger: FS Piper, 1. Aufl. 1996, S. 41 ff., Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 185 ff., v. Gamm (Fußn. 169), § 25 Rn. 19, Gloy/Jacobs/Hasselblatt (Fußn. 169), § 50 Rn. 22 ff., Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 336 ff., Lehmler (Fußn. 239), S. 48 f., Meyer-Cording, JZ 1964, 310, Nordemann (Fußn. 210), Rn. 193 ff., 206, Schramm, GRUR 1976, 689, Schünemann, Wettbewerbsrecht, 1. Aufl. 1989, S. 65 f., Ulmer/Reimer, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der EWG, Band III: Deutschland, 1. Aufl. 1968, Tz. 849. 370 Artmann, WBl 1998, 474 (475 ff.), Bernet, Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der gefühlsbetonten Werbung, 1. Aufl. 1978, S. 61 ff., Bußmann, GRUR 1959, 281, Emmerich (Fußn. 173), S. 165, Keßler, WRP 1999, 146 (150 ff.), Koppensteiner, WBl 1995, 1 (7 ff.), Kort, WRP 1997, 526 (529 ff.), Rödding, DB 1969, 1877 (1879 f.), Scherer (Fußn. 24), S. 170 ff., Sosnitza (Fußn. 310), S. 92 ff. 371 Ackermann, Wettbewerbsrecht, 1. Aufl. 1997, S. 122 ff., Cordes, Umweltwerbung, 1. Aufl. 1994, S. 45 ff., Federhoff-Rink, GRUR 1992, 643 (651 ff.), dies., Umweltschutz und Wettbewerbsrecht, 1. Aufl. 1994, S. 59 f., 242 ff., Füger, Umweltbezogene Werbung, 1. Aufl. 1993, S. 295 ff., Hollerbach/Kapp, DB 1998, 1501 (1502 ff.), Lange, WRP 1999, 893 (895 ff.), Teichmann/van Krüchten, WRP 1994, 704, wohl auch Hartwig, WRP 1997, 825 (829 ff.), der nur zur Zulässigkeit von Imagewerbung Stellung nimmt. 372 Gärtner, Zum Einfluß der Meinungsfreiheit auf § 1 UWG am Beispiel der Problemwerbung, 1. Aufl. 1998, S. 27 ff., 185 ff., 219 f., Grigoleit/Kersten, DVBl 1996, 596 ff., Hartwig, WRP 1997, 825 ff., Hoffmann-Riem, ZUM 1996, 1 ff., Jestaedt, Jura 2002, 552 ff., Koppensteiner, WBl 1995, 1 ff., Löffler, AfP 1993, 536 ff., Möllers, WuB V B. § 1 UWG 3.01, Reichold, WRP 1994, 219 ff., Schricker, EWiR 1995, 919 ff., Sosnitza, GRUR 1993, 540 ff. 373 Meyer-Cording, JZ 1964, 310 (312 f.), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 185, v. Gamm (Fußn. 169), § 25 Rn. 15, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 336, Schramm, GRUR 1976, 689, a. A. Schünemann (Fußn. 369), S. 65 f. 374 Schramm, GRUR 1976, 689 (690 f.), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 186 a, Bamberger 49 In diesem Fall werde der Verbraucher in unsachlicher, dem Leitbild des Leistungswettbewerbs widersprechender Weise in seiner Kaufentscheidung beeinflusst.375 Es werde versucht, das Mitleid des Verbrauchers zu erregen und dieses als entscheidende Kaufmotivation auszunutzen.376 Dies hätte zur Folge, dass sich der Verbraucher nicht mehr frei über die zur Auswahl stehenden Leistungen entscheiden könne.377 Er kaufe die Ware nicht mehr, weil er sie benötige, sondern um sein Gefühl zu befriedigen.378 Zu missbilligen sei daher nicht das soziale Engagement des Werbenden, sondern dessen Ausnutzung zu eigenen kommerziellen Interessen.379 Dass nur der Appell an edle, altruistische Gefühle die Sittenwidrigkeit begründen soll, rechtfertigt sich nach Bamberger dadurch, dass wirtschaftlicher Wettbewerb mit Nächstenliebe, Solidarität und Mitleid wenig zu tun hätte.380 Während diese Gefühle geeignet erschienen, Bindung zu erzeugen, enthielte der wirtschaftliche Wettbewerb die Tendenz zur Normübertretung und bedürfe deshalb der Kontrolle durch den Staat.381• b) Die Beurteilung produktunabhängiger gefühlsbetonter Werbung durch die andere Ansicht Soweit die Literatur gefühlsbetonte Werbung ohne sachlichen Bezug nicht für grundsätzlich unlauter hält, besteht insoweit Einigkeit, dass jedenfalls gefühlsbetonte Werbung ohne konkreten Produktbezug wettbewerbsrechtlich zulässig ist. Es handelt sich dabei vor allem um Imagewerbung und Social Sponsoring, durch die beim Verbraucher eine positive Grundeinstellung zum werbenden Unternehmen hervorgerufen werden soll, ohne dass für bestimmte Produkte geworben wird. Solche Werbung verstößt nach dieser Auffassung weder gegen den Leistungswettbewerb noch wird der Verbraucher dadurch in unsachlicher Weise beeinflusst.382 Die Information über das karitative Engagement eines Unternehmens, so diese Auffassung, sei wohl kaum bestimmende Grundlage für die Kaufentscheidung des Verbrauchers.383 Auch befinde sich dieser in keiner Zwangslage. Es sei fernliegend, anzunehmen, der Verbraucher habe das Gefühl, mit seiner Kaufentscheidung selbst das Gemeinschaftsanliegen im öffentlichen Interesse zu fördern.384 Und auch wenn er seine Kaufentscheidung gegen das sponsernde Unter- (Fußn. 369), S. 49, vorsichtiger formulierend Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 337. 375 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 185, Lehmler (Fußn. 239), S. 49. 376 V. Gamm (Fußn. 169), § 25 Rn. 19. 377 Meyer-Cording, JZ 1964, 310 (313 f.), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 185. 378 Gloy/Jacobs/Hasselblatt (Fußn. 169), § 50 Rn. 22. 379 Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 337. 380 Bamberger (Fußn. 369), S. 52. 381 Bamberger (Fußn. 369), S. 53. 382 Federhoff-Rink, GRUR 1992, 643 (652), Hollerbach/Kapp, DB 1998, 1501 (1504). 383 Federhoff-Rink, GRUR 1992, 643 (652). 384 Federhoff-Rink, GRUR 1992, 643 (652), Cordes (Fußn. 371), S. 54, Hollerbach/Kapp, DB 1998, 1501 • 50 nehmen treffe, hätte er deshalb kein schlechtes Gewissen, da das Unternehmen den sozialen Zweck gleichwohl unterstütze.385 Ferner verkenne die Rechtsprechung, dass nach Erkenntnissen der Verbraucher- und Marketingforschung, der „homo oeconomicus“, der seine Kaufentscheidung nur auf Grundlage von Qualität und Preis treffe, in Wahrheit nicht existiere.386 So verspreche fast jede Werbung neben einem Grundnutzen irgendeinen subjektiven Zusatznutzen, wie Status, Lebensgefühl, Erfolg oder Beliebtheit.387 Der Verbraucher befriedige mit dem Erwerb einer Ware nicht nur materielle, sondern auch emotionelle Bedürfnisse.388 Deshalb seien bei Kaufentscheidungen oftmals rationale und emotionale Elemente untrennbar miteinander verbunden.389 Es müsse daher zulässig sein, im Rahmen der Werbung stärker oder ausschließlich die einen oder anderen Elemente zu betonen.390 Jegliche Differenzierung der Rechtsprechung nach ökonomischen und außerökonomischen Gesichtspunkten erscheine danach willkürlich.391 Ferner kritisiert dieser Teil der Literatur die Aussage des BGH, der Kunde solle durch den Appell an sein Gefühl von den für den Kauf wesentlichen Umständen wie Preis und Qualität abgelenkt und bestimmt werden, sich aus sachfremden Gesichtspunkten zum Kauf zu entschließen. Welche Umstände „wesentlich“ seien, so die Vertreter dieser Meinung, sei vom Verbraucher selbst zu bestimmen, der die Leistung für sich und mit seinen Mitteln erwerbe.392 Jegliche Kategorisierung von Werbung als informativ oder sachlich bedeute daher, den Verbraucher von außen die Entscheidungsrelevanz vorzugeben.393 Der Verbraucher benötige jede Information, die er selbst für entscheidungsrelevant halte.394 Nur dann könne Werbung zur Markttransparenz beitragen. Diese sei die logische Vorstufe einer rationalen Kaufentscheidung, so dass die Betonung des Zusatznutzens die Markttransparenz nicht verzerre, sondern erst ermögliche.395 (1504). 385 Hollerbach/Kapp, DB 1998, 1501 (1504). 386 Artmann, WBl 1998, 474 (475 f). 387 Bernet (Fußn. 370), S. 76, Sosnitza (Fußn. 310), S. 93, Hartwig, WRP 1997, 825 (830), Lange, WRP 1999, 893 (897). 388 Teichmann/van Krüchten, WRP 1994, 704 (705), Artmann, WBl 1998, 474 (476). 389 Sosnitza (Fußn. 310), S. 100, Teichmann/van Krüchten, WRP 1994, 704 (705), Artmann, WBl 1998, 474 (476). 390 Teichmann/van Krüchten, WRP 1994, 704 (705). 391 Sosnitza (Fußn. 310), S. 99 f. 392 Teichmann/van Krüchten, WRP 1994, 704 (706), Koppensteiner, WBl 1995, 1 (7). 393 Sosnitza (Fußn. 310), S. 96. 394 Sosnitza (Fußn. 310), S. 96, Keßler, WRP 1999, 146 (152). 395 Hartwig, WRP 1997, 825 (831). 51 Ebenfalls kritisiert wird die Unterscheidung zwischen altruistischen und egoistischen Gefühlen. Hinter einer solchen künstlichen Differenzierung verberge sich die These, der Verbraucher sei bei einer Ansprache guter Emotionen schutzwürdiger als bei einer Ansprache negativer. Dies sei jedoch eine reine Behauptung und könne nicht belegt werden. Die Wirkung und Intensität der Gefühle bestimme sich nicht nach der Art und dem Typ der Gefühle, sondern vielmehr nach dem Menschen, der sie besitze.396 Die Rechtsprechung versuche offenbar aus einem intuitiven Unbehagen heraus soziales Engagement und Profit streng auseinander zu halten.397 Es sei jedoch prinzipiell nur positiv zu bewerten, wenn sich gewinnorientierte Unternehmen über ihren eigentlichen Unternehmensgegenstand hinaus auch für soziale Zwecke engagierten.398 Unnötig sei es daher, auch noch eine altruistische Motivation zu fordern, die bei gewinnorientierten Unternehmen niemals vorliegen könne.399 Die sehr strenge Rechtsprechung zur gefühlsbetonten Werbung begründe sich somit nicht aus Überlegungen des Verbraucherschutzes, sondern aus einer besonderen Art des Konkurrentenschutzes, nämlich der Privilegierung bestimmter Anbietergruppen, wie z. B. echten karitativen Unternehmen, auf die diese Rechtsprechung keine Anwendung fände.400 •• c) Die Beurteilung produktabhängiger gefühlsbetonter Werbung durch die andere Ansicht Soweit in der Literatur gefühlsbetonte Werbung nicht für generell sittenwidrig betrachtet wird, besteht Uneinigkeit darüber, wie produktabhängige gefühlsbetonte Werbung wettbewerbsrechtlich zu beurteilen ist. Während ein Teil der Literatur diese Art der Werbung für sittenwidrig hält, hat ein anderer Teil keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken. Soweit produktabhängige gefühlsbetonte Werbung für unlauter gehalten wird, erfolgt dies mit dem Argument, der Verbraucher werde bei dieser Fallgestaltung unter moralischen Druck gesetzt und in seiner Kaufentscheidung wesentlich und unsachlich beeinflusst.401 Durch die rechtliche Koppelung des sozialen Engagements an den Erwerb einer Ware oder Dienstleistung werde der Käufer unter Kaufzwang gesetzt. Denn dieses sei von der Kaufentscheidung des Verbrauchers abhängig.402 Der Käufer werde vor die Wahl gestellt, die Ware zu kaufen oder 396 Hartwig, WRP 1997, 825 (828, in Fußn. 43), Lange, WRP 1999, 893 (896). Sosnitza (Fußn. 310), S. 100, Hollerbach/Kapp, DB 1998, 1501 (1503). 398 Sosnitza (Fußn. 310), S. 100. 399 Sosnitza (Fußn. 310), S. 100, Hollerbach/Kapp, DB 1998, 1501 (1503). 400 Scherer (Fußn. 24), S. 175 f. 401 Federhoff-Rink, GRUR 1992, 643 (652), Cordes (Fußn. 371), S. 54. 402 Federhoff-Rink, GRUR 1992, 643 (652). 397 •• 52 dem sozialen Zweck seinen Beitrag vorzuenthalten.403 Der Leistungswettbewerb werde somit verfälscht.404 Dieser Argumentation widerspricht die Gegenmeinung. Auch bei produktabhängiger Werbung bewirke diese nur ein positives Image des betreffenden Unternehmens bei den Verbrauchern. Dadurch werde jedoch noch keine Zwangssituation hergestellt, durch die der Verbraucher in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt werde.405 Selbst wenn im Einzelfall die Werbung geeignet sein sollte, kaufentscheidend zu wirken, so sei doch nicht ersichtlich, warum sich der Verbraucher nicht frei gegen das beworbene Produkt entscheiden könne.406 Schließlich werde der Konsument kaum ein Produkt erwerben, das in keiner Weise seinen Vorstellungen von Preis und Qualität entspricht. Es lägen dem Kaufentschluss daher keineswegs ausschließlich sachfremde Motive zugrunde. Die Möglichkeit, einen sozialen Zweck zu unterstützen, gäbe daher nur den letzten Ausschlag.407 Auf diese Weise verschaffe sich der Werbende aber einen Vorsprung vor seinem nicht sozial werbenden Konkurrenten.408 Dies zu verhindern und nicht der Verbraucherschutz sei daher auch der eigentliche Grund für das Verbot derartiger Werbung durch die Rechtsprechung.409 d) Die Beurteilung der Schockwerbung durch die herrschende Lehre Eine herrschende Ansicht in der Literatur spricht sich für die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Benetton-Werbebilder aus. Sie betont, die Schockwerbung sei keiner der bekannten Fallgruppen zuordenbar.410 Insbesondere sei sie kein Fall der gefühlsbetonten Werbung. Während bei der gefühlsbetonten Werbung der Appell an das Gefühl als entscheidende Kaufmotivation ausgenutzt werde, fehle bei der schockierenden Werbung ein derartiger Zusammenhang. Durch den Erwerb eines Benetton-Produkts werde weder der dargestellten Bedrohung vorgebeugt noch den abgebildeten Notleidenden geholfen.411 Auch liege die Annahme nicht nahe, der Betrachter der Werbeanzeigen empfinde die Firma Benetton als ebenso betroffen wie sich selbst und solidarisiere sich deshalb mit ihr. Da die Anzeigen mit Empörung und Entsetzen in 403 Füger (Fußn. 371), S. 296, Hollerbach/Kapp, DB 1998, 1501 (1504). Federhoff-Rink, GRUR 1992, 643 (652). 405 Scherer (Fußn. 24), S. 178. 406 Sosnitza (Fußn. 310), S. 96. 407 Artmann, WBl 1998, 474 (477). 408 Scherer (Fußn. 24), S. 178 f. 409 Scherer (Fußn. 24), S. 179. 410 Löffler, AfP 1993, 536 (538 f.), Gärtner (Fußn. 372), S. 72 ff., Hoffmann-Riem, ZUM 1996, 1 (8 f.), Möllers, WuB V B. § 1 UWG 3.02 (S. 618), Reichold, WRP 1994, 219 (221 ff.), Sosnitza, GRUR 1993, 540 (541 ff.), Wassermeyer (Fußn. 315), S. 162 ff., Wünnenberg (Fußn. 315), S. 62 ff. 411 Henning-Bodewig, WRP 1992, 533 (536), Löffler, AfP 1993, 536 (539), Reichold, WRP 1994, 219 (221 f.), Sosnitza, GRUR 1993, 540 (542), Wassermeyer (Fußn. 315), S. 164 ff., Wünnenberg (Fußn. 315), S. 68 f. 404 53 der Bevölkerung aufgenommen worden seien, sei es schwer vorstellbar, dass sich der Verbraucher mit dem Verursacher solcher Reaktionen solidarisch fühle.412 Die Benetton-Werbung sei daher nicht geeignet, den Verbraucher unsachlich zu beeinflussen. 413 D. Schutz der Willensbetätigung Die freie Willensbetätigung des Verbrauchers kann auf vielfältige Art und Weise tangiert werden. Neben der Beeinträchtigung durch, in der Praxis eher seltene und stets wettbewerbswidrige, physische Nötigung414, sind insbesondere Werbepraktiken von Bedeutung, bei denen der Verbraucher mittelbar zu einer bestimmten Entscheidung gezwungen wird. Es handelt sich dabei vor allem um Verkaufsmethoden, die unter dem Stichwort „psychologischer Kaufzwang“ zusammengefasst werden. Daneben kann die freie Willensbetätigung des Verbrauchers aber auch in den Fällen der belästigenden Werbung beeinträchtigt werden. I. Der psychologische Kaufzwang Das Ziel die Entscheidung des Verbrauchers zugunsten des beworbenen Produkts zu beeinflussen, ist jeder Werbung wesensimmanent.415 Die psychologische Beeinflussung des Verbrauchers ist daher grundsätzlich wettbewerbsgemäß.416 Unlauter ist es jedoch, den Konsumenten in eine psychologische Zwangslage zu bringen, in der dieser mit sachfremden Mitteln entgegen seinem Willen zum Vertragsschluss bestimmt wird.417 Oftmals kann dies bei den Fällen der Wertreklame418 der Fall sein, wenn sich der Kunde aufgrund der ihm gewährten Vergünstigung zum Vertragsschluss moralisch verpflichtet fühlt.419 Des Weiteren kann der Verbraucher bei Beteiligung an Gewinnspielen einem psychologischen Kaufzwang ausgesetzt sein, besonders wenn er dazu das Geschäft des Veranstalters zu betreten hat.420 Auch auf Werbefahrten kann die suggestive Beeinflussung die Gefahr eines psychologischen Kaufzwangs begründen, zumal wenn die Fahrt oder die Bewirtung unentgeltlich erfolgt421 oder der Teilnehmer den Besuch der 412 Schricker, EWiR 1995, 919 (920), Hartwig, WRP 1997, 825 (834), ebenfalls dieser Ansicht, jedoch mit anderer Begründung sind Grigoleit/Kersten, DVBl 1996, 596 (597). 413 Henning-Bodewig, WRP 1992, 533 (536), Löffler, AfP 1993, 536 (539), Reichold, WRP 1994, 219 (221 f.), Sosnitza, GRUR 1993, 540 (542), Wassermeyer (Fußn. 315), S. 164 ff., Wünnenberg (Fußn. 315), S. 68 f. 414 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 46, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 99. 415 Zur Stimulationsfunktion der Werbung siehe oben: 1. Teil: 2. Kapitel:C. 416 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), vor §§ 3-8 UWG Rn. 3, Gloy/Jacobs/Hasselblatt (Fußn. 169), § 50 Rn. 4. 417 BGH, GRUR 1971, 322 – Lichdi Center, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 89, v. Gamm (Fußn. 169 ), § 25 Rn. 15. 418 Zum Begriff siehe bereits oben:2. Teil: 1. Kapitel:C.IV. 419 BGH, GRUR 1972, 603 (604) – Kunden-Einzelbeförderung, v. Gamm (Fußn. 169), § 25 Rn. 24, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 201. 420 BGH, GRUR 1973, 418 f. – Das goldene A, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 157 ff., Emmerich (Fußn. 173), S. 158 f. 421 Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 203, a. A. Emmerich (Fußn. 173), S. 156. 54 Werbeveranstaltung faktisch nicht vermeiden kann422. Unlauter ist es schließlich, wenn durch den Einsatz von Autoritätspersonen, wie Dienstvorgesetzten, Lehrern, Bürgermeistern usw. versucht wird, deren Untergebene zum Vertragsschluss zu veranlassen, da in diesem Fall das Risiko besteht, dass der Untergebene der Kaufempfehlung der Autoritätsperson nur folgen wird, um individuelle Nachteile zu vermeiden.423 II. Die belästigende Werbung Außer in den Fällen des psychologischen Kaufzwangs kann die freie Willensbetätigung des Verbrauchers durch belästigende Werbung beeinträchtigt werden. Es sind darunter Werbemethoden zu verstehen, die dem Werbeadressaten ohne oder gegen seinen Willen Werbebotschaften gleichsam aufdrängen.424 Dies allein reicht jedoch nicht aus, um die Unlauterkeit einer Werbemaßnahme zu begründen, da im Alltag jede Person mit zahlreichen Werbebotschaften konfrontiert wird und sich wohl nur der geringste Teil der Bevölkerung diesen freiwillig aussetzt. Es ist daher zusätzlich erforderlich, dass die unerwünschte Werbung ein gewisses Maß an Belästigung überschreitet.425 Dies ist dann der Fall, wenn der Werbeadressat durch die Art der Werbung derart belästigt oder überrumpelt wird, dass ihm eine sachliche Prüfung des Angebots unmöglich ist und er seine Kaufentscheidung nur trifft, um einer weiteren Werbung zu entgehen.426 Im Einzelnen handelt es sich bei den Werbepraktiken, die unter dem Stichwort belästigende Werbung erfasst werden, um Ansprechen von Verbrauchern in der Öffentlichkeit, Telefon-, Telefax, Briefkasten-, E-Mail- und SMS-Werbung, Zusendung unbestellter Ware und Haustürwerbung. Die freie Willensbetätigung des Verbrauchers kann jedoch nicht in allen diesen Fällen tangiert werden. Vielmehr kann diese nur beim Ansprechen des Verbrauchers in der Öffentlichkeit sowie der Telefon- und Haustürwerbung beeinträchtigt werden, da nur in diesen Fällen ein persönlicher Kontakt mit dem Werbenden besteht, dessen Beendigung der Verbraucher mit dem Vertragsschluss zu erreichen versuchen kann.427 422 BGH, GRUR 1986, 318 (320) – Verkaufsfahrten, Nordemann (Fußn. 210), Rn. 190 c. Gloy/Jacobs/Hasselblatt (Fußn. 169), § 50 Rn. 9, Nordemann (Fußn. 210), Rn. 168, 170. 424 Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 107. 425 OLG Düsseldorf, JW 1931, 474, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 57, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 107. 426 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 57, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 107. 427 Ähnlich Beater (Fußn. 25), § 16 Rn. 44, der jedoch auch die Zusendung unbestellter Ware zu diesen Werbepraktiken zählt. 423 55 1. Telefonwerbung Die Zulässigkeit der Telefonwerbung ist in mehreren Richtlinien428 geregelt. Insbesondere die Fernabsatzrichtlinie sieht für Werbung mittels Fernkommunikationstechniken, mit Ausnahme von Telefax und Voice-Mail-Systemen, grundsätzlich ein Opt-Out-System vor.429 Werbung mit Hilfe dieser Techniken, insbesondere Telefonwerbung, ist daher grundsätzlich als zulässig zu betrachten.430 Da Art. 14 S. 1 der Richtlinie den Mitgliedstaaten jedoch erlaubt strengere Bestimmungen zu erlassen oder aufrechtzuerhalten, um für die Verbraucher ein höheres Schutzniveau sicherzustellen, hat Deutschland insofern auf die Umsetzung der Richtlinie verzichtet.431 Nach ständiger Rechtsprechung des BGH und nach ganz h. L. verstößt Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ohne deren vorheriges Einverständnis nämlich gegen § 1 UWG. Begründet wird dies zumeist damit, dass durch den unerwünschten Telefonanruf in die Individualsphäre des Verbrauchers eingegriffen und dieser dadurch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wird.432 Dagegen spielt der Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers nur eine untergeordnete Rolle und wird nur vereinzelt von Autoren betont.433 2. Ansprechen in der Öffentlichkeit Die h. M. beurteilt das Ansprechen von Passanten in der Öffentlichkeit von jeher als sittenwidrig.434 Die Unlauterkeit ergibt sich dabei sowohl aus dem Umstand, dass durch das ungewollte Ansprechen des Verbrauchers in dessen Individualsphäre eingegriffen wird, als auch daraus, dass der Verbraucher in seiner Entscheidungsfreiheit unzulässig beeinträchtigt wird und die Ware oftmals nur deshalb kauft, um das Verkaufsgespräch zu beenden.435 428 So in der Fernabsatzrichtlinie, Richtlinie 97/7/EG (Fußn. 15), der Richtlinie 97/66/EG vom 15. Dezember 1997 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation, ABl. EG Nr. L 24 S. 1 und der E-Commerce-Richtlinie, Richtlinie 2000/31/EG vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“), ABl. EG Nr. L 178 S. 1. 429 Art. 10 I und II der Richtlinie (Fußn. 15). 430 Schultke-Nölke, NJW 1998, 210 (211), Lorenz, JuS 2000, 833 (842), Ziem, MMR 2000, 129 (132). 431 Strittig ist im Hinblick auf Art. 14 S. 2 der Richtlinie, ob diese strengere Bestimmungen beliebigen Inhalts oder nur hinsichtlich des Vertriebs bestimmter Waren und Dienstleistungen erlaubt. Dabei vertritt die h. M. erstere Ansicht, siehe: BGH WRP 2000, 722 (724), Hoeren, WRP 1997, 993 (995), Fikentscher/Möllers, NJW 1998, 1337 (1343), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 70 a, Günther, CR 1999, 172 (174), Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 140, Lorenz, JuS 2000, 833 (842), a. A. LG Berlin, MMR 1999, 43 (44), Böhm, MMR 1999, 643 (647), Ziem, MMR 2000, 129 (133). 432 BGH, GRUR 1970, 523 (524) – Telefonwerbung I, BGH, GRUR 1995, 220 – Telefonwerbung V, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 67, Emmerich (Fußn. 173), S. 153. 433 Beater (Fußn. 25), § 16 Rn. 42. 434 BGH, GRUR 1960, 431 – Kfz-Nummernschilder, OLG Hamm, MuW 1913, 157, OLG Stuttgart, NJW 1956, 146, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 60 ff., Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 109 ff. 435 BGH, GRUR 1965, 315 (316) – Werbewagen, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 60. 56 Eine andere Ansicht vertritt jedoch das OLG Frankfurt a. M. in seiner neueren Rechtsprechung.436 Es ist der Meinung, das individuelle Ansprechen von Passanten sei grundsätzlich zulässig, da diese Werbeform inzwischen zum Alltag in den Geschäftszonen der Städte gehöre.437 Nur bei Vorliegen besonderer Umstände hält es das Ansprechen von Passanten für unlauter.438 Es gehe davon zwar eine gewisse Belästigung aus, „die Passanten können ihr aber, solange nicht besondere Umstände vorliegen, durch Nichtbeachtung oder eine kurze abweisende Bemerkung ausweichen und tun dies tatsächlich in aller Regel.“439 Das OLG Frankfurt a. M. sieht sich in seiner Auffassung auch durch § 1 I Nr. 3 HaustürWG bestärkt, da dort die fraglichen Werbeformen grundsätzlich als zulässig erachtet werden. Die diesbezüglichen Ausführungen des BGH in der „Werbung am Unfallort IV-Entscheidung“440 hält das OLG für auf Fälle des Ansprechens am Unfallort beschränkt.441 Schwab meint darüber hinaus, der Verbraucher könne sich durch Abtauchen im Passantenstrom mit Leichtigkeit dem Werbegespräch entziehen.442 Ferner sei der Durchschnittsverbraucher durchaus in der Lage, seine ablehnende Haltung hinsichtlich eines Gesprächs oder eines bestimmten Angebots zum Ausdruck zu bringen.443 Unlauter sei ein Ansprechen von Verbrauchern in der Öffentlichkeit deshalb nur dann, wenn deren offenkundiger Wille, keine weiteren Informationen zu erhalten, ignoriert werde.444 Weniger streng als beim Ansprechen von Straßenpassanten ist die Rechtsprechung, wenn Verbraucher auf Messen oder Jahrmärkten angesprochen werden. Dies hält sie für grundsätzlich zulässig, weil Besucher dort damit rechnen müssten, angesprochen zu werden445 und daher kein Zwang zu einer unerwarteten wirtschaftlichen Entscheidung vorläge.446 Ebenso hält die Rechtsprechung das bloße Verteilen von Werbezetteln oder –geschenken an Passanten für zulässig447, da dadurch für den Beworbenen keine Situation eintrete, in der der Verbraucher sich zum Betreten eines bestimmten Geschäfts veranlasst sehe.448 436 OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2001, 1050, diesem folgend Emmerich (Fußn. 173), S. 152 und Schwab, GRUR 2002, 579. 437 OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2001, 1050. 438 OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2001, 1050 (1051). 439 OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2001, 1050 (1050 f.). 440 BGH, GRUR 2000, 235 – Werbung am Unfallort IV. 441 OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2001, 1050 (1051). 442 Schwab, GRUR 2002, 579 (581). 443 Schwab, GRUR 2002, 579 (582). 444 Schwab, GRUR 2002, 579 (586). 445 BGH, GRUR 1965, 315 (317) – Werbewagen, OLG Stuttgart, NJW 1955, 146 (147). 446 BGH, GRUR 1965, 315 (317) – Werbewagen. 447 BGH, GRUR 1994, 639 – Pinguin-Apotheke, OLG Koblenz WRP 1974, 283. 448 BGH, GRUR 1994, 639 (640) – Pinguin-Apotheke. 57 3. Haustürwerbung Die Rechtsprechung hegt gegen die Zulässigkeit von unerwünschten Vertreterbesuchen seit je her keine Bedenken. Nur wenn besonderer Umstände hinzutreten, kann Haustürwerbung danach gegen § 1 UWG verstoßen. Solche Umstände können sowohl in der Art als auch in dem Gegenstand der Werbung begründet sein. Als sittenwidrig beurteilt die Rechtsprechung unerwünschte Haustürwerbung grundsätzlich dann, wenn im Vorfeld der Hausbesuch schriftlich oder telefonisch angekündigt oder eine Einladung provoziert worden ist.449 Auch wenn der Vertreter den Verbraucher über den Grund seines Besuches täuscht450 oder der Hausbesuch durch einen Laienwerber erfolgt451, hat dies in der Regel die Unlauterkeit des Vertreterbesuchs zur Folge. Sittenwidrig ist Haustürwerbung ferner, wenn der Verbraucher durch Verbots- oder Hinweisschilder klar zum Ausdruck gebracht hat, keine Vertreterbesuche zu wünschen.452 Schließlich ist es generell unzulässig für Bestattungsleistungen oder Grabsteine mittels Hausbesuchen zu werben.453 Den maßgeblichen Umstand für die grundsätzliche Lauterkeit der Haustürwerbung erblickt der BGH darin, dass trotz deren belästigenden Charakters niemand gezwungen wird, die Haustüre zu öffnen und sich der unerwünschten Werbung auszusetzen.454 Auch hält er im Vergleich zur Telefonwerbung eine andere wettbewerbsrechtliche Beurteilung für gerechtfertigt, da Telefonanrufe zu jeder Tageszeit möglich sind und schwerer als Werbemaßnahme erkannt und abgewiesen werden können.455 Ferner besteht nach dem BGH ein weiterer Unterschied in dem geringen Aufwand, der für Werbung mittels Telefon nötig ist und damit Werbung in größerem Umfang und auch zu wiederholtem Male ermöglicht.456 Auch die instanzgerichtliche Rechtsprechung betrachtet den unbestellten Vertreterbesuch in Übereinstimmung mit dem BGH als grundsätzlich zulässig.457 Kritische Stimmen kommen nur vom LG Hamburg458, das Parallelen zwischen der unerwünschten Telefonwerbung und dem unbestellten Vertreterbesuch zieht. Denn auch bei der Haustürwerbung ist nach dem LG Ham- 449 BGH, GRUR 1959, 277 – Künstlerpostkarten, BGH, GRUR 1968, 648 – Farbbildangebot, BGH, GRUR 1973, 81 - Gewinnübermittlung, BGH, GRUR 1994, 380 – Lexikothek. 450 OLG Stuttgart, WRP 1976, 400. 451 BGH, GRUR 1974, 341 – Campagne. 452 LG Hamburg, WRP 1987, 272. 453 BGH, GRUR 1955, 541 – Bestattungswerbung, BGH, GRUR 1971, 317 (318) – Grabsteinaufträge II. 454 BGH, GRUR 1959, 277 (280) – Künstlerpostkarten, BGH, GRUR 1968, 648 (649) – Farbbildangebot. 455 BGH, GRUR 1994, 380 (381) – Lexikothek. 456 BGH, GRUR 1994, 380 (382) – Lexikothek. 457 KG Berlin, WRP 1971, 132, OLG Stuttgart, WRP 1976, 400 (401), OLG Hamburg, WRP 1992, 728. 458 LG Hamburg, WRP 1987, 272. 58 burg der Beworbene in der Zwangslage, nach dem Klingeln die Haustüre öffnen und sich mit der Werbung auseinandersetzen zu müssen.459 Die h. L.460 hält den unbestellten Vertreterbesuch zwar generell für zulässig, eine starke und im Vordringen befindliche Mindermeinung461 beurteilt unerwünschte Haustürwerbung jedoch als grundsätzlich sittenwidrig. Sie betont, dass entgegen der Rechtsprechung von unerwünschter Haustürwerbung keinesfalls eine geringere Belästigung als von unerwünschter Telefonwerbung ausgehe, vielmehr seien beide Werbemethoden durchaus vergleichbar.462 So müsse der Verbraucher beim Klingeln des Telefons- bzw. der Türglocke das Telefon abheben bzw. die Haustüre öffnen, wenn er erfahren wolle, wer mit ihm sprechen möchte.463 Da es sich aber um einen wichtigen Anrufer bzw. Besuch handeln könnte, sei der Verbraucher praktisch gezwungen, das Telefon abzuheben bzw. die Haustüre zu öffnen. Damit werde er aber auch gezwungen, sich mit der Werbung des Anbieters auseinanderzusetzen.464 Da es jeder Person aber freistehen müsse, zu entscheiden, ob sie überhaupt eine bestimmte Werbung zur Kenntnis nehmen wolle, werde ihre Entscheidungsfreiheit insoweit schon unzulässig beeinträchtigt.465 Stehe der Vertreter dann persönlich vor einem, sei es nur unter Verletzung des Gebots der Höflichkeit möglich, die Türe wieder zu schließen, weshalb diese Möglichkeit in der Regel nicht wahrgenommen werde.466 Die Telefonwerbung könne dagegen viel einfacher durch Auflegen des Hörers unterbunden werden.467 Sie sei daher sogar die weniger belästigende Alternative.468 Sei es dem Vertreter gelungen, den Verbraucher in ein Gespräch zu verwickeln, wäre es für diesen oftmals nur durch einen Vertragsschluss möglich, das unerwünschte Gespräch zu been- 459 LG Hamburg, WRP 1987, 272 (273). Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 75 b, Emmerich (Fußn. 173), S. 152, Freund, Das Persönlichkeitsrecht des Umworbenen, 1. Aufl. 1983, S. 227 ff., v. Gamm (Fußn. 169), § 25 Rn. 28, Gilles, Das Recht des Direktmarketing, 1. Aufl. 1982, Rn. 141 ff., Gloy/Jacobs/Hasselblatt (Fußn. 169), § 50 Rn. 42 ff., Klaka, GRUR 1971, 321, Krüger-Nieland, GRUR 1974, 561, Lehmann, GRUR 1974, 133, Nordemann (Fußn. 210), Rn. 180, Schade, Geschäfte an der Haustür durch unbestellte Vertreter, 1. Aufl. 1978, S. 140 ff., Schünemann (Fußn. 369), S. 57 f. 461 Beater (Fußn. 25), § 16 Rn. 43, Fernández-Nóvoa, GRUR Int. 1973, 436 (440), Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 119 ff., Rödding, DB 1969, 1877, Scherer, (Fußn. 24), S. 114 ff., Timm in: Erichsen, Recht der Persönlichkeit, 1. Aufl. 1996, S. 357 ff., Ulrich in: FS Vieregge, 1. Aufl. 1995, S. 908 ff., Völp, WRP 1973, 63, ders., GRUR 1979, 435, wohl auch: v. Falckenstein, Die Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken durch Verbraucherverbände, 1. Aufl. 1977, S. 99 ff. 462 Ulrich (Fußn. 461), S. 911 f., Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 119, Scherer (Fußn. 24), S. 120, Timm (Fußn. 461), S. 362 f. 463 Scherer (Fußn. 24), S. 120, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 119. 464 Scherer (Fußn. 24), S. 120. 465 Scherer (Fußn. 24), S. 120 f. 466 Scherer (Fußn. 24), S. 121. 467 Ulrich (Fußn. 461), S. 912, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 119, Scherer (Fußn. 24), S. 120, Timm (Fußn. 461), S. 363. 468 Timm (Fußn. 461), S. 363. 460 59 den.469 Dadurch sei aber die „Entschließungsfreiheit hinsichtlich der konkreten Kaufentscheidung und des generellen Konsumbedürfnisses“ beeinträchtigt.470 Ferner, so die Vertreter dieser Meinung, sei die unerwünschte Haustürwerbung auch belästigender als das Ansprechen in der Öffentlichkeit.471 Als Straßenpassant könne der Verbraucher einem unerwünschten Werbegespräch schon räumlich leichter ausweichen.472 Schon das einfache Weitergehen genüge in der Regel, um nicht mit unerwünschten Werbebotschaften konfrontiert zu werden.473 Zudem erleichtere die Nähe anderer Personen und die Anonymität der Masse die Abwehr von unerwünschten Werbegesprächen.474 Es sei daher für den Verbraucher schwieriger, einen Werber an der Haustür als auf der Straße abzuwehren.475 469 Völp, GRUR 1979, 63 (64), Scherer (Fußn. 24), S. 121. Scherer (Fußn. 24), S. 122. 471 Völp, GRUR 1979, 63 (64), v. Falckenstein (Fußn. 460), S. 102, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 119, Ulrich (Fußn. 461), S. 912. 472 Ulrich (Fußn. 461), S. 912 f. 473 Ulrich (Fußn. 461), S. 913, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 119. 474 Ulrich (Fußn. 461), S. 913. 475 Ulrich (Fußn. 461), S. 913, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 119. 470 60 2. Kapitel: Großbritannien A. Verbraucherschutz und unlauterer Wettbewerb in Großbritannien In Großbritannien gibt es keine dem deutschen § 1 UWG vergleichbare Generalklausel, noch existiert ein einheitliches Wettbewerbsrecht, das sowohl dem Schutz der Konkurrenten als auch der Verbraucher dient. Der Begriff des „unfair competition“ ist dem englischen Rechtssystem weitgehend fremd. Verbraucherschutz ist in Großbritannien traditionell eine Domäne des Straf- und Verwaltungsrechts. Schon im 13. Jahrhundert sicherten die ersten Eichgesetze gewisse Verhaltensstandards im Wettbewerb, indem sie Maße und Gewichte für Brot und Bier festlegten und Zuwiderhandlungen unter Strafe stellten.476 Gleichwohl war damals die Intention des Gesetzgebers mehr der Schutz der ehrlichen Händler vor unehrlichen Konkurrenten als der Schutz der Verbraucher.477 Heute existieren zahlreiche einzelbereichsregelnde Gesetze, die dem Schutz der Verbraucher und der Öffentlichkeit vor bestimmten Geschäftspraktiken dienen. Insbesondere gibt es eine Vielzahl von Bestimmungen, die in den verschiedensten Bereichen den Verbraucher vor irreführenden Werbeangaben schützen. Zu den wichtigsten Regelungen zählen hierbei das Verbot der falschen Beschreibung von Waren und Dienstleistungen und von irreführenden Preisangaben, geregelt im TDA und CPA. Konkurrentenschutz bezwecken diese Gesetze nicht.478 Dieser erfolgt im britischen Recht daher vornehmlich durch die deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlagen des common law und der equity. Zusätzlich zu den strafrechtlichen Mitteln des Verbraucherschutzes schuf der britische Gesetzgeber Anfang der 70er Jahre mit dem FTA die Möglichkeit für staatliche Stellen, namentlich den Director General of Fair Trading (DGFT), gegen verbraucherschädliches Geschäftsgebaren mittels verwaltungsrechtlicher Unterlassungsverfügungen vorzugehen. Auch bei der Umsetzung der Richtlinien 84/450/EWG479 und 97/55/EG480 über irreführende und vergleichende Werbung in nationales Recht durch die CMAR entschied sich der britische Gesetzgeber für den Gebrauch von verwaltungsrechtlichen Mitteln, um deren Einhaltung sicherzustellen. Diese Linie verfolgt der britische Gesetzgeber auch im EA, der jedoch nicht nur staatlichen Stellen, sondern auch 476 Ohly, Richterrecht und Generalklausel im Recht des unlauteren Wettbewerbs, 1. Aufl. 1995, S. 46, Oughton/Lowry, Textbook on Consumer Law, 2nd ed. 2000, S. 12. 477 Harvey/Parry, The Law of Consumer Protection and Fair Trading, 6th ed. 2000, S. 1 f., Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 12. 478 Ohly (Fußn. 476), S. 46 f. 479 Fußn. 17. 480 Fußn. 18. 61 privaten Organisationen die Möglichkeit eröffnet, bei Verletzung einer Vielzahl von Verbraucherschutzgesetzen Unterlassungsverfügungen zu erwirken. Im Bereich der Werbung ist schließlich das System der freiwilligen Selbstkontrolle von erheblicher Bedeutung. Es existieren insoweit diverse von anerkannten Verbänden statuierte und kontrollierte Verhaltenskodizes. An erster Stelle ist dabei der BCAP zu nennen, der regelmäßig vom Committee of Advertising Practice (CAP) erstellt wird und Verhaltensrichtlinien für die Werbewirtschaft enthält. Er ist zur Zeit in seiner 11. Auflage in Kraft. Der BCAP erfasst grundsätzlich alle Werbe-, Sales Promotion und Direktmarketingmaßnahmen481, ausgenommen von Rundfunk-, Fernseh-482 und Telefonwerbung483, für die entsprechende Codes der Independent Television Commission, der Radio Authority und dem Independent Committee for the Supervision of Standards of Telephone Information Services existieren, sowie private484 und mündliche Werbung485.486 Der BCAP gliedert sich in 5 große Bereiche: Zu Beginn enthält er allgemeine Regeln487, anschließend folgen besondere Regelungen zu Sales Promotion-488 und Direktmarketing-Maßnahmen489. Des Weiteren beinhaltet er noch Vorschriften hinsichtlich der Werbung für bestimmte Werbebereiche490, wie z. B. Werbung gegenüber Kindern oder Werbung für Alkohol oder Tabak. In einem abschließenden Teil491 wird schließlich die Arbeitsweise des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle dargestellt. In seinem allgemeinen Teil enthält der BCAP, ähnlich einer Generalklausel, Grundprinzipen, die jede Kommunikation zu Werbezwecken zu beachten hat. Danach soll jede Marketingkommunikation legal, anständig, aufrichtig und wahr sein492, mit Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Verbraucher und der Gesellschaft abgefasst werden493, den im Geschäftsleben allgemein anerkannten Grundsätzen des fairen Wettbewerbs entsprechen494 und Werbung nicht in Verruf bringen495. 481 Clause 1.1 BCAP. Clause 1.2 a BCAP. 483 Clauses 1.2 b und i BCAP. 484 Clause 1.2 e und 1.2 h BCAP. 485 Clause 1.2 i BCAP. 486 Jergolla, Die Werbeselbstkontrolle in Großbritannien, 1. Aufl. 2003, S. 18 ff. 487 Clauses 2.1 bis 24. 1 BCAP. 488 Clauses 27.1 bis 38.3 BCAP. 489 Clauses 41.1 bis 43.12 BCAP. 490 Clauses 46.1 bis 55.1 BCAP. 491 Clauses 60.1 bis 61.15 BCAP. 492 Clause 2.1 BCAP: „All marketing communications should be legal, decent, honest and truthful.“ 493 Clause 2.2 BCAP: „All marketing communications should be prepared with a sense of responsibility to consumers and to society.” 494 Clause 2.3 BCAP: „All marketing communications should respect the principles of fair competition generally accepted in business.“ 495 Clause 2.4 BCAP: „No marketing communications should bring advertising into disrepute.“ 482 62 B. Schutz der Willensbildung I. Erkennbarkeit von Werbung In Großbritannien gibt es nur wenige gesetzliche Regelungen, die das Tarnen von Werbemaßnahmen untersagen. Diese betreffen ausschließlich subliminale Werbetechniken. Denkbar erscheint jedoch, dass getarnte Werbung gegen die CMAR verstößt, allerdings erfolgt insofern keine Diskussion in der Rechtsprechung oder Literatur.496 Da gesetzliche Bestimmungen größtenteils fehlen, sind die Kodizes der freiwilligen Selbstkontrolle von besonderer Bedeutung. Diese enthalten diverse Regelungen hinsichtlich getarnter Werbung. Zu erwähnen sind dabei Clauses 22.1, 23.1 und 23.2 BCAP. Clause 22.1 BCAP legt insofern fest, dass Händler, Verleger und Inhaber sonstiger Medien sicherzustellen haben, dass jede Kommunikation zu Werbezwecken so konzipiert und präsentiert wird, dass ihr Werbecharakter klar erkennbar ist. Clause 23.2 BCAP schreibt darüber hinaus vor, dass „advertisement features“, z. B. durch die Überschrift „advertisement feature“, klar als Werbung zu kennzeichnen sind. Der Begriff „advertisement features“ erfasst dabei jene Konstellationen, die im deutschen Recht mit „redaktioneller Werbung“ bezeichnet werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nach Clause 23.1 BCAP vom BCAP nur solche redaktionelle Werbung erfasst wird, für deren Veröffentlichung eine Gegenleistung in Geld oder auf andere Art und Weise erbracht wird und deren Inhalt der Werbende kontrolliert. Erforderlich ist somit, dass der Werbende eine Gegenleistung in Geld oder Geldeswert erbringt. Diese kann auch darin bestehen, dass der Unternehmer zu einem späteren Zeitpunkt in der betreffenden Zeitung eine bezahlte Anzeige schaltet. 497 Darüber hinaus muss der Werbende den Inhalt des Beitrags kontrollieren können. So ist es Unternehmen zwar grundsätzlich gestattet der Presse Informationen zur Verfügung zu stellen, um eine redaktionelle Werbung handelt es sich aber, wenn der Firma die volle Kontrolle über die inhaltliche Gestaltung des Artikels eingeräumt wird.498 496 Lediglich Morton [1997] 1 CTLR 49 (50) nimmt insofern an, dass subliminale Werbung gegen die CMAR verstößt. 497 CAP, Help Note on Advertisement Features, 2003, S. 2. 498 CAP (Fußn. 497), S. 2. 63 II. Der Wahrheitsgrundsatz In Großbritannien beinhalten eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen Verbote irreführender Angaben bezüglich der verschiedensten Waren und Dienstleistungen.499 Besondere Bedeutung kommt dabei vor allem dem TDA zu. Weniger Relevanz haben indessen der CPA und die CMAR. Sie werden daher nur kurz erörtert. Eine wichtige Rolle spielen dagegen auch in diesem Bereich die Regelungen der freiwilligen Selbstkontrolle. Die einschlägigen Regelungen des BCAP werden abschließend dargestellt. 1. Die Regelungen des Trade Descriptions Act 1968 Der TDA enthält Verbote bezüglich der falschen Beschreibung von Waren und Dienstleistungen. Es handelt sich dabei jedoch nicht um spezifisch verbraucherschützende Verbotstatbestände, sondern um gegenüber jeder Person geltende Verbote unabhängig davon, welche Position diese im Markt innehat.500 Zentrale Regelungen des TDA sind die Secs. 1(1) und 14 (1), die die entsprechenden Verbotstatbestände enthalten. a) Die falsche Beschreibung von Waren Sec. 1 (1) TDA bestimmt, dass jede Person ein Vergehen begeht, die im Geschäftsverkehr (a) eine Ware mit einer falschen Beschreibung versieht oder (b) Waren liefert oder anbietet, die mit einer falschen Beschreibung versehen sind.501 Bei dem Täter kann es sich sowohl um natürliche als auch juristische Personen handeln. Auch Letztere können sich nach britischen Strafrecht strafbar machen.502 Im Übrigen werden sowohl natürlichen als auch juristischen Personen die Handlungen ihrer Angestellten zugerechnet.503 Dies besagt jedoch nicht, dass die Angestellten nicht selbst haften können. Im Gegenteil können sich auch Angestellte nach Sec. 23 TDA strafbar machen, wobei in der Praxis jedoch normalerweise der Arbeitgeber sanktioniert wird.504 499 Vgl. insofern die Übersicht nur der wichtigsten Regelungen bei Miller/Harvey/Parry, Consumer and Trading Law, 1st ed. 1998, S. 576. 500 Lowe/Woodroffe, Consumer Law And Practice, 5th ed. 1999, Rn. 13.03, Ohly in: Schricker, Recht der Werbung in Europa, 1. Aufl. 1995, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, Rn. 31. 501 „ Any person who, in the course of a trade or business, (a) applies a false trade description to any goods; or (b) supplies or offers to supply any goods to which a false trade description is applied; shall, subject to the provisions of this Act, be guilty of an offence.” 502 Ulmer/v. Westerholt, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Band 6, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, 1. Aufl. 1981, Tz. 314, Ohly (Fußn. 500), Rn. 32. 503 Bragg, Trade Descriptions, 1st ed. 1991, S. 7 f. 504 Bragg (Fußn. 503), S. 9, Ohly (Fußn. 500), Rn. 39. 64 Der Täter hat die Tathandlung im Geschäftsverkehr vorzunehmen. Der Begriff „im Geschäftsverkehr“ ist eng auszulegen, so dass Neben- oder Hilfsgeschäfte nicht darunter subsumiert werden können.505 Weiterhin muss eine Warenbeschreibung vorliegen. Sec. 2 (1) TDA enthält insofern eine abschließende Liste von 10 Punkten, auf die sich die Angabe direkt und indirekt beziehen muss, um eine Warenbeschreibung i.S.v. Sec. 1 TDA zu sein.506 Die aufgezählten Eigenschaften reichen dabei von der Menge und Größe über den Produktionsort und die Produktionsart und die Zweckgeeignetheit bis hin zu Warentests und deren Ergebnissen. Nicht enthalten ist jedoch die Verfügbarkeit einer Ware, so dass Lockvogelangebot nicht dem TDA unterfallen.507 Der Handelnde muss des Weiteren dem Kunden die Warenbeschreibung vor oder bei der Lieferung der Ware gegeben haben. Nachträgliche Angaben erfasst Sec. 1 TDA nicht.508 Die Warenbeschreibung muss sich ferner auf eine bewegliche Sache beziehen. Immobilien sind keine Waren i.S.d. TDA.509 Schließlich muss die Warenbeschreibung falsch sein und zwar nach Sec. 4 (1) TDA zu einem nicht unerheblichen Grad. Dies erfordert, dass die Angabe tatsächlich überprüfbar510 und geeignet ist, den Kunden zum Kauf zu veranlassen511. Angaben und Versprechen, die sich ausschließlich auf zukünftige Ereignisse beziehen, sind nach englischem Verständnis nicht überprüfbar und unterfallen daher nicht dem TDA.512 Ist eine nachprüfbare Angabe gegeben, beurteilt sich deren Richtig- oder Unrichtigkeit anhand eines verständigen Durchschnittskunden.513 Es können daher, wie Sec. 3 (2) TDA ausdrücklich feststellt, auch wahre Angaben falsch sein, wenn der Durchschnittskunde durch sie irregeführt wird. Andererseits unterfallen objektiv falsche Angaben nicht dem TDA, wenn der Kunde diese richtig versteht.514 Auch bloße marktschreierische Anpreisungen sind nicht geeignet den Kunden zum Kauf zu verlocken und sind daher zulässig.515 Nach der Rechtsprechung liegt eine derartige marktschreierische Anpreisung dann vor, wenn die Verbraucher die Angaben als nicht ernst gemeint auffassen. Dies ist insbe- 505 Davies v. Sumner [1984] 3 All ER 831, Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 13.05. Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 13.15. 507 Ulmer/v. Westerholt (Fußn. 502), Tz. 335. 508 Wickens Motors (Gloucester) Ltd v. Hall [1972] 3 All ER 759, Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 13.14. 509 Ohly (Fußn. 500), Rn. 34. 510 Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 510. 511 O´Keefe (Fußn. 77), S. 20, Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 510. 512 R v. Sunair Holidays Ltd [1973] 2 All ER 1233, Ulmer/v. Westerholt (Fußn. 502), Tz. 323, Crown, Advertising Law and Regulation, 1st ed. 1998, S. 119. 513 Vom Durchschnittsverbraucher kann in diesem Kontext nicht gesprochen werden, da der TDA, wie gesehen, auch Gewerbetreibende schützt. Die obigen Ausführungen zum Verbraucherleitbild gelten aber entsprechend, da auch insoweit die Rechtsprechung den Maßstab eines „ordinary man“ verwendet. Siehe daher oben: 1. Teil: 1. Kapitel:B.IV. 514 Donnelly v. Rowlands [1971] 1 All ER 9, Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 510. 515 Cadbury Ltd v. Halliday [1975] 2 All ER 226, Bragg (Fußn. 503), S. 43, Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 510. • 506 65 sondere dann der Fall, wenn die Werbung nur bloße Behauptungen enthält ohne diese näher zu substantiieren.516 Weitere Ausführungen zu den Tathandlungen beinhalten die Secs. 4 bis 6 TDA. Sec. 4 TDA beschreibt dabei die erste Tatbestandsalternative der Sec. 1 (1) TDA näher. Für den Bereich der Werbung ist insofern besonders Sec. 4 (1)(c) TDA von Bedeutung, nach der das Versehen einer Ware mit einer falschen Warenbeschreibung auch darin bestehen kann, eine Angabe in einer Art und Weise zu gebrauchen, die potentiell auf bestimmte Waren bezogen verstanden werden kann.517 Sec. 4 (1)(c) TDA umfasst damit Angaben in Inseraten518, Werbebroschüren519 sowie grundsätzlich jeder Art von Werbematerial.520 Ferner ergibt sich aus Sec. 4 (1)(c) TDA, dass sich auch derjenige strafbar machen kann, der eine Werbeanzeige veröffentlicht, denn auch er gebraucht die falsche Warenbeschreibung.521 Nach Sec. 4 (2) TDA sind insbesondere auch falsche mündliche Angaben unzulässig. Hinsichtlich der zweiten Tatbestandsalternative stellt Sec. 6 TDA klar, dass der Begriff des Angebots untechnisch zu verstehen ist, so dass auch eine bloße invitatio ad offerendum den Tatbestand erfüllt.522 Regelungen speziell für den Bereich der Werbung enthält schließlich Sec. 5 TDA. Sec. 5 (2) TDA bestimmt insofern, dass, wenn in einer Werbung sich eine Warenbeschreibung auf eine bestimmte Warenart bezieht, die Warenbeschreibung für jedes Produkt dieser Warenart gilt, gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Werbung schon existiert.523 Subjektiv ist zur Tatbestandsverwirklichung kein Verschulden erforderlich. Die Haftung für ein Vergehen nach Sec. 1 (1)(b) kann jedoch unter gewissen, strengen Voraussetzungen durch die Verwendung von Haftungsausschlüssen vermieden werden. Für die Tatbestandsalternative der Sec. 1 (1)(a) TDA besteht diese Möglichkeit nicht.524 Jedoch enthalten die Secs. 24 und 25 TDA Exkulpationsmöglichkeiten für beide Tatbestandsalternativen. So kann sich nach Sec. 24 (1) TDA der Angeklagte darauf berufen, dass (a) das Vergehen auf einen Fehler oder auf das Vertrauen auf eine ihm von dritter Seite bereitgestellte Information, auf dem Tun oder Unterlassen einer dritten Person, einem Unfall oder einer sonstigen außerhalb seines Einflussbereichs 516 De Beers Abrasive v. General Electric [1975] FSR 323 (328), Ohly (Fußn. 500), Rn. 77, 80. „A person applies a trade descriptions to goods if he …- (c) uses the trade description in any manner likely as referring to the goods.” 518 Rees v. Munday [1974] 3 All ER 506. 519 British Gas Corp. v. Lubbock [1974] 1 All ER 188. 520 Ulmer/v. Westerholt (Fußn. 502), Tz. 330. 521 Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 497. 522 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 13.12. 523 „The trade description shall be taken as referring to all goods of the class, whether or not in existence at the time the advertisement is published-…” 524 Spilsbury, Guide to Advertising and Sales Promotion Law, 1st ed. 1998, S. 83, Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 13.22. 517 66 liegenden Ursache zurückzuführen ist, und (b) dass er jede vernünftige Vorkehrung getroffen und mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt hat, um die Begehung des Vergehens durch ihn oder durch ihn beaufsichtigte Personen zu verhindern.525 In der Praxis spielt die Berufung auf einen Fehler eine untergeordnete Rolle, da sich ein Fehler und die nach (b) zusätzlich nötige erforderliche Sorgfalt grundsätzlich ausschließen.526 Dagegen berufen sich Einzellhändler häufig auf die 2. Tatbestandsalternative der Sec. 24 (1)(a) TDA und argumentieren, dass sie nicht wissen konnten, ob die ihnen von ihrem Lieferanten zur Verfügung gestellten Informationen richtig oder falsch waren.527 Für juristische Personen ist vor allem die 3. Tatbestandsalternative von Bedeutung. Sie können sich dadurch von Handlungen ihrer Angestellten exkulpieren528, jedoch nach der Rechtsprechung nicht von Handlungen ihrer leitenden Angestellten.529 Die letzte Tatbestandsalternative spielt wiederum keinerlei Rolle.530 Einen speziellen Exkulpationstatbestand für den Bereich der Werbung enthält schließlich Sec. 25 TDA. Er gestattet Verlegern und ähnlichen Personen sich damit zu verteidigen, dass ihnen die Verletzung des TDA durch eine Anzeige nicht bewusst gewesen war und dass sie auch keine diesbezüglichen Anhaltspunkte hatten.531 b) Die falsche Beschreibung von Dienstleistungen Die zweite zentrale Regelung des TDA ist dessen Sec. 14 (1) TDA, durch die falsche Angaben bezüglich Dienstleistungen untersagt werden. Abgesehen von der inhaltlichen Natur der Angabe entspricht die Tatbestandsstruktur im Wesentlichen dem der falschen Warenbeschreibung532 und wird deshalb nicht näher besprochen. Eine Besonderheit der Sec. 14 (1) TDA findet sich jedoch im subjektiven Tatbestand. Dieser erfordert, dass der Täter mindestens „recklessly“ gehandelt hat. Das ist nach Sec. 14 (2)(b) TDA der Fall, wenn dem Täter die Richtigkeit der Angabe gleichgültig ist.533 Die Rechtsprechung geht jedoch einen Schritt weiter und verpflichtet den Handelnden sich aktiv über die Richtigkeit der Angabe Gedanken zu machen. Wo er diese 525 „…(a) that the commission of the offence was due to a mistake or to reliance on information supplied to him or to the act or default of another person, an accident or some other cause beyond his control; and (b) that he took all reasonable precautions and exercised all due diligence to avoid the commission of such an offence by himself or any person under his control.” 526 Bragg (Fußn. 503), S. 179, Ohly (Fußn. 500), Rn. 38. 527 Bragg (Fußn. 503), S. 180, Ohly (Fußn. 500), Rn. 38. 528 Bragg (Fußn. 503), S. 185, Ohly (Fußn. 500), Rn. 39. 529 Tesco Supermarkets Ltd v. Nattras [1971] 2 All ER 127, Bragg (Fußn. 503), S. 185 f., Ohly (Fußn. 500), Rn. 39. 530 Bragg (Fußn. 503), S. 189. 531 „…and did not know and had nor reason to suspect that its publication would amount to an offence under this Act.” 532 Ulmer/v. Westerholt (Fußn. 502), Tz. 338. 533 „…a statement made regardless whether it is true or false…” 67 Pflicht verletzt, handelt er „recklessly“.534 „Recklessness“ entspricht somit nach deutschem Verständnis der einfachen Fahrlässigkeit.535 Ob sich der Angeklagte erfolgreich auf einen Haftungsausschluss berufen kann, erscheint fraglich. Unsicher ist insoweit schon deren grundsätzliche Zulässigkeit.536 Des Weiteren bereitet auch deren tatsächliche Ausgestaltung und Verwendung erhebliche Probleme, so dass sich in der Praxis noch kein Angeklagter erfolgreich auf die Verwendung eines Haftungsausschlusses berufen konnte.537 Unstreitig stehen dem Täter dagegen die Exkulpationsmöglichkeiten der Secs. 24 und 25 TDA zur Verfügung.538 2. Die Regelungen des Consumer Protection Act 1987 Der CPA enthält Verbote hinsichtlich irreführender Preisangaben. Maßgeblich ist insbesondere Sec. 20 (1) CPA, der irreführende Preisangaben hinsichtlich Waren und Dienstleistungen verbietet. Im Gegensatz zum TDA muss die Angabe hier gegenüber einem Verbraucher erfolgen. Ein weiterer Unterschied zum TDA besteht darin, dass sich nur der Inhaber, nicht aber dessen Angestellte nach Sec. 20 (1) CPA strafbar machen können.539 Sec. 20 (2) CPA stellt klar, dass auch nachträglich unrichtig gewordene Preisangaben ein Vergehen darstellen können. Eine Definition des Begriffs „Irreführung“ enthält Sec. 21 CPA. Es werden darin Konstellationen abschließend540 aufgezählt, bei deren Vorliegen eine Preisangabe irreführend ist. Sec 21 CPA unterscheidet insofern zwischen Konstellationen, bei denen einerseits über den Preis541 und andererseits über die Methode der Preisberechnung542 irregeführt wird. Maßstab ist insoweit sowohl der objektive Inhalt der Preisangabe als auch, wie der Verbraucher subjektiv die Preisangabe vernünftigerweise auffassen darf.543 Haftungsausschlüsse sind unter dem CPA unüblich und wohl auch grundsätzlich unzulässig.544 Jedoch stellen die Secs. 24 und 39 CPA wieder Exkul• pationsmöglichkeiten bereit. Es handelt sich dabei großteils um ähnliche Tatbestände wie im Rahmen des TDA. 534 MFI Warehouses Ltd v. Nattrass [1973] 1 All ER 762, Cartwright (Fußn. 47), S. 164. Ohly (Fußn. 500), Rn. 43. 536 Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 530 f. 537 Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 531. 538 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 13.44. 539 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 14.09. 540 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 14.13., wohl auch Howells/Weatherill, Consumer Protection Law, 1st ed. 1995, S. 354, a. A. Walker, Consumer Protection Act 1987 a practical guide, 1st ed. 1987, S. 106. 541 Sec. 21 (1) CPA. 542 Sec. 21 (2) CPA. 543 Secs. 21 (1), (2) CPA. 544 Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 559. 535 • • 68 3. Die Control of Misleading Advertising Regulations 1988 Der Erlass der CMAR erfolgte in Umsetzung der Richtlinie 84/450/EWG in nationales Recht. Materiell-rechtlich wiederholen die Regelungen der CMAR 1988 weitgehend die Bestimmungen der Richtlinie fast wörtlich. Auch die Definitionen der Begriffe „Werbung“ und „irreführend“ hat der britische Gesetzgeber direkt Art. 2 (1) bzw. (2) der Richtlinie 84/450/EWG entnommen. Irreführend ist nach Sec. 2 (2) CMAR daher eine Werbung, wenn sie „in irgendeiner Weise – einschließlich ihrer Aufmachung – die Personen, an die sie sich richtet oder die von ihr erreicht werden, täuscht oder zu täuschen geeignet ist und die infolge der ihr innewohnenden Täuschung ihr wirtschaftliches Verhalten beeinflussen kann…“545 Aus dieser Definition hat die englische Rechtsprechung gefolgert, dass eine Werbung zwei Kriterien zu erfüllen hat, um irreführend zu sein: Zum einen muss sie ihre Adressaten täuschen oder geeignet sein zu täuschen.546 Entscheidend ist dabei der subjektive Eindruck des Verbrauchers, so dass auch objektiv richtige Werbeaussagen irreführend sein können.547 Zum anderen muss die Werbung, das wirtschaftliches Verhalten der Verbraucher beeinflussen.548 Dieses Kriterium ist nach der Rechtsprechung erfüllt, wenn die Werbung es wahrscheinlich mache, dass deren Adressaten das beworbene Produkt kauften.549 4. Die Regelungen des British Code of Advertising, Sales Promotion and Direct Marketing Die Wahrheit von Werbeaussagen gehört zu den Grundprinzipien des BCAP.550 Die konkrete Bedeutung dieses Grundprinzips wird in Clause 7.1 BCAP näher erläutert. Danach soll keine Marketingkommunikation durch Ungenauigkeit, Doppeldeutigkeit, Übertreibung, Auslassung oder auf andere Art und Weise irreführen oder wahrscheinlich irreführen.551 Entscheidend ist insoweit das Verständnis der Verbraucher, so dass auch richtige Angaben den Verbraucher irreführen können.552 Auch Superlative sollen nur spärlich verwandt werden, so soll beispielsweise die Behauptung, man habe ein Produkt perfektioniert, nur dann gebraucht werden, wenn auch tatsächlich keine weitere Verbesserung mehr möglich ist.553 Zulässig sind nach Clause 3.4 • 545 „…an advertising is misleading if in any way, including its presentation, it deceives or is likely to deceive the persons to whom it is addressed or whom it reaches and if, by reason of its deceptive nature, it is likely to affect their economic behaviour…” 546 Director General of Fair Trading v. Tobyward Ltd and another [1989] 2 All ER 266 (270). 547 OFT, Briefing Misleading Advertisements, 2000, S. 2. 548 Director General of Fair Trading v. Tobyward Ltd and another [1989] 2 All ER 266 (270). 549 Director General of Fair Trading v. Tobyward Ltd and another [1989] 2 All ER 266 (270). 550 Siehe oben: 2. Teil: 2. Kapitel:A. 551 „No marketing communication should mislead, or be likely to mislead, by inaccuracy, ambiguity, exaggeration, omission or otherwise.” 552 CAP, AdviceOnline Entry zum Thema „Truthfulness“. 553 CAP (Fußn. 552). • 69 BCAP dagegen offensichtliche Unwahrheiten und Übertreibungen, sofern diese die Richtigkeit oder Wahrnehmung der Werbung in keiner erheblichen Weise beeinträchtigen. Die ASA legt diese Regelung jedoch sehr eng aus, so dass sie kaum angewendet wird.554 Zulässig ist es dagegen, wenn ein Unternehmer nur seine Meinung zum Ausdruck bringt. Diese kann inhaltlich auch die Qualität oder Attraktivität der eigenen Produkte zum Gegenstand haben. Es muss jedoch klar sein, dass es sich um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt.555 Die ASA berücksichtigt bei der Entscheidung, ob eine Werbung irreführend im Sinne von Clause 7.1 BCAP ist, nicht die Wichtigkeit der betreffenden Angabe für die Kaufentscheidung des Verbrauchers.556 So wurde beispielsweise in „C W Anderson & Sons“ eine Werbung untersagt, in der ein Bestattungsunternehmer mit der unzutreffenden Behauptung warb, er sei seit zehn Jahren als Bestattungsunternehmer tätig.557 Speziell für die Werbung mit Preisangaben enthält der BCAP weitere Regelungen. Danach soll jeder Preis klar angegeben werden und sich auf das in der betreffenden Werbung erwähnte oder abgebildete Produkt beziehen.558 Ferner sollen Werbeslogans in Bezug zum Preis dem Verbraucher nicht mehr Vorteile vorspiegeln als er tatsächlich erhält.559 Schließlich sollen zu Vergleichszwecken angegebene unverbindliche Preisempfehlungen richtig sein.560 III. Informationspflichten des Werbenden Informationspflichten können den Werbenden auf mehrere Art treffen. Zum einen kann er aufgrund gesetzlicher Regelungen verpflichtet sein, in seiner Werbung bestimmte Informationen offen zu legen. Insofern bestehen in Großbritannien jedoch wenige gesetzliche Regelungen. So verpflichtet beispielsweise Sec. 2 (1) Business Advertisements (Disclosure) Order 1977561 den gewerblichen Verkäufer von Waren in Werbeanzeigen die gewerbliche Natur des Geschäftes offen zu legen. Nach Sec. 15 Energy Act 1976562 können Automobilhersteller verpflichtet werden die Ergebnisse von amtlich durchgeführten Kraftstoffverbrauchstests zu veröffentlichen. 554 Jergolla (Fußn. 486), S. 133. Clause 8.1 BCAP. 556 Ebenso Jergolla (Fußn. 486), S. 139 f. 557 C W Anderson & Sons, 9th August 2000. 558 Clause 15.1 BCAP: „Any stated price should be clear and should relate to the product advertised. Marketers should ensure that prices match the products illustrated...“ 559 Clause 15.4 BCAP: „Price claims…should not exaggerate the availability of benefits likely to be obtained by consumers.” 560 Clause 15.5 BCAP: „A recommended retail price (RRP), or similar, used as a basis of comparison should be genuine…“ 561 SI 1977/1918. 562 1976 c 76. 555 70 Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass obwohl der Werbende zwar grundsätzlich nicht zur Preisgabe bestimmter Informationen verpflichtet ist, durch Verschweigen von Informationen die betreffende Werbeaussage irreführen kann.563 So kann nach Sec. 2 (1) TDA eine Warenbeschreibung auch indirekt gegeben werden. Ebenso bestimmt Sec. 21 (1) CPA, dass eine Preisangabe auch aufgrund Auslassungen irreführend sein kann. Auch nach den CMAR kann eine Werbung durch Auslassungen irreführen.564 Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der juristischen Literatur spielen diese Konstellationen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Dennoch haben die Gerichte bereits vor Erlass obiger Gesetze entschieden, dass das Unterschlagen bestimmter Informationen eine Aussage falsch machen kann.565 Im Regelungsbereich des TDA besteht nach dem High Court of Justice für einen Gebrauchtwagenverkäufer demgemäß die Verpflichtung, potentielle Käufer über einen falschen Tachometerstand zu informieren.566 Dagegen soll er nicht verpflichtet sein über vorgenommene Reparaturen selbständig Auskunft zu geben.567 Bezüglich Sec. 21 (1) CPA sowie den CMAR ist keine entsprechende Rechtsprechung ersichtlich. Weiterhin obliegen dem Werbenden im Rahmen des BCAP gewisse Informationspflichten. So bestimmt Clause 15.3 BCAP, dass, wenn der Preis eines Produkts vom Erwerb eines anderen abhängig ist, die insoweit zu erfüllenden Voraussetzungen klar zum Ausdruck gebracht werden müssen.568 Clause 16.1 BCAP schreibt vor, dass auf die Limitiertheit von Warenvorräten hinzuweisen ist. Bei Gewinnspielen hat der Werbende nach Clause 34.1 BCAP dem Verbraucher eine Vielzahl von Information mitzuteilen. Ebenso umfangreiche Informationspflichten bestehen nach Clauses 42.2 und 42.3 BCAP im Rahmen des Direktmarketing. Schließlich bestimmt Clause 7.1 BCAP, dass eine Werbung nicht durch Auslassungen irreführen soll.569 Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn wichtige Informationen weggelassen werden.570 Als Verstoß gegen diese Regel wurde es von der ASA beispielsweise betrachtet, dass Ryanair in einer Werbeanzeige im Februar nicht erwähnte, dass die entsprechenden Flüge erst im Sommer erhältlich seien.571 Insgesamt ist aber auch in diesem Bereich die Irreführung von Verbrauchern durch Weglassen von Informationen eher die Ausnahme. 563 O´Keefe (Fußn. 77), S. 20, Cartwright (Fußn. 47), S. 185. OFT (Fußn. 547), S. 2. 565 Peek v. Gurney [1861 – 73] All E.R.Rep. 116, R v. Bishirgian [1936] 1 All ER 586. 566 Howard Farrand v. Lyndy Lazarus and Others [2002] 3 All ER 175. 567 Cotte v. Douglas Seaton [1972] 3 All ER 750. 568 „If the price of one product is dependent on the purchase of another, the extent of any commitment by consumers must be made clear.” 569 Siehe bereits oben: 2. Teil: 2. Kapitel:B.II.4. 570 CAP (Fußn. 552). 571 Ryanair Ltd, July 1998 adj_2658.htm, die Entscheidungen des Jahres 1998 sind herunterzuladen von der Homepage der ASA unter: http://www.asa.org.uk/Adjudications/index.asp. 564 71 IV. Der Sachlichkeitsgrundsatz Der Sachlichkeitsgrundsatz im deutschen Sinne ist dem britischen Recht fremd. Es existieren daher auch keine gesetzlichen Verbote der Wertreklame und der gefühlsbetonten Werbung. Ebenso wenig verstößt es gegen britisches Recht Unfallbeteiligte am Unfallort anzusprechen oder Bestattungsleistungen durch Hausbesuche zu vermarkten. Eine Ausnahme stellt daher insoweit die Veranstaltung von Preisausschreiben und Lotterien dar, für die detaillierte gesetzliche Regelungen bestehen. Die, nach deutschem Verständnis, Lückenhaftigkeit des britischen Rechts im Bereich der unsachlichen Werbung, gleicht teilweise der BCAP aus, der Bestimmungen zur Wertreklame und zur gefühlsbetonten Werbung enthält. Im Folgenden wird zuerst die Zulässigkeit von Lotterien und Preisausschreiben zu Werbezwecken erörtert, bevor dann auf die übrigen Fälle der Wertreklame und die gefühlsbetonte Werbung eingegangen wird. Im Gegensatz zum entsprechenden Abschnitt im deutschen Teil der Untersuchung erscheint es wenig zweckmäßig, anhand der gefühlsbetonten Werbung sich eingehend mit dem Sachlichkeitsgrundsatz im britischen Recht zu beschäftigen. Da dieser dem britischen Recht vollkommen unbekannt ist, gibt es weder Rechtsprechung noch Literatur noch Entscheidungen der ASA, die sich mit diesem beschäftigen. Stattdessen wird im Rahmen der gefühlsbetonten Werbung untersucht, ob die ASA bei ihrer Entscheidungen zur anstößigen Werbung, zur Angst- und Schockwerbung sowie zur Werbung für Alkohol einen sachlichen Zusammenhang zwischen Werbung und Produkt berücksichtigt. 1. Die Zulässigkeit von Lotterien und Preisausschreiben Die Zulässigkeit von Lotterien und Preisausschreiben beurteilt sich maßgeblich nach dem Lotteries and Amusements Act 1976572. Gleichwohl definiert dieser nicht den Begriff der Lotterie. Nach der klassischen Definition des House of Lords im Fall Imperial Tobacco Ltd v. AttorneyGeneral573 hat eine Lotterie aber folgende drei Merkmale aufzuweisen: die Verteilung von Gewinnen und zwar abhängig von den Regeln des Zufalls, wobei der Teilnehmer die Gewinnchance entgeltlich erworben hat. Nach Sec. 1 Lotteries and Amusements Act 1976 ist die Veranstaltung von Lotterien grundsätzlich verboten. Zwar finden sich in den Secs. 2 – 4 Lotteries and Amusements Act 1976 insoweit Ausnahmetatbestände, jedoch sind diese vorliegend vernachlässigbar. Im Gegensatz dazu sind 572 1976 c 32. [1980] 1 All ER 866 (877) unter Bezugnahme auf Reader´s Digest Association v. Williams [1976] 3 All ER 737 (739). 573 72 Preisausschreiben nach Sec. 14 des Gesetzes unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Die Unterscheidung von Lotterien und Gewinnspielen ist daher von erheblicher Bedeutung. Sie besteht zum einen darin, dass bei Lotterien der Zufall über einen Gewinn entscheidet, während bei Preisausschreiben für einen Erfolg Geschick oder persönliche Fertigkeiten erforderlich sind.574 Ist sowohl Glück als auch Geschick für einen Gewinn nötig, erfolgt die Abgrenzung nach dem Schwerpunkt des Gewinnspiels.575 Zum anderen ist die Teilnahme an einer Lotterie immer entgeltlich, während die Frage der Entgeltlichkeit bei Preisausschreiben keine Rolle spielt.576 Liegt keine nach Sec. 1 Lotteries and Amusements Act 1976 verbotene Lotterie vor, weil das Gewinnspiel eine gewisse Geschicklichkeit des Teilnehmers erfordert, handelt es sich um ein Preisausschreiben, dessen Zulässigkeit sich nach Sec. 14 Lotteries and Amusements Act 1976 beurteilt. Danach sind jede Art von Preisausschreiben zu gewerblichen Zwecken unzulässig, bei denen der Gewinn nicht von bestimmten Fähigkeiten des Teilnehmers abhängig ist. Andernfalls sind Preisausschreiben grundsätzlich zulässig und können auch zu Zwecken der Absatzförderung eingesetzt werden.577 Es bestehen dann auch keine Bedenken, wenn die Teilnahme am Preisausschreiben an den Erwerb einer Ware gekoppelt wird578 oder die Teilnehmer in ein Geschäft gelockt werden, um damit den Umsatz zu steigern579.580 Neben dem Lotteries and Amusements Act 1976 enthält auch der BCAP in den Clauses 33 – 35 Regelungen bezüglich Gewinnspielen. Es handelt sich dabei um sehr detaillierte Bestimmungen, auf die im Folgenden nicht im Einzelnen eingegangen werden kann. Grundsätzlich können aber diese Clauses wie folgt charakterisiert werden. Clause 33 BCAP verweist auf die soeben dargestellten gesetzlichen Verbote von Gewinnspielen. Clause 34 BCAP enthält einen umfangreichen Katalog von Informationspflichten, die der Veranstalter im Zuge von Gewinnspielen zu erfüllen hat.581 Da diese Informationspflichten zu erfüllen sind, bevor ein Kauf getätigt wird, ergibt sich hieraus inzident, dass Gewinnspiele auch an den Erwerb einer Ware gekoppelt werden dürfen. Clause 35 BCAP enthält schließlich sonstige Regelungen hinsichtlich Gewinnspiele. Insbesondere werden darin diverse Irreführungsverbote aufgestellt. 574 Huntley in Campbell: Unfair Trading Practices, 1996, 1st ed. 1997, S. 315 ff. (324). DPP v. Bradfute & Associates Ltd [1967] 1 All ER 112, Huntley (Fußn. 574), S. 324, Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 570. 576 Ulmer/v. Westerholt (Fußn. 502), Tz. 452, Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 571. 577 Ulmer/v. Westerholt (Fußn. 502), Tz. 460. 578 Witty v. World Service Ltd [1935] All E.R.Rep. 243. 579 Whitebread & Co. Ltd v. Bell [1970] 2 All ER 64. 580 Ulmer/v. Westerholt (Fußn. 502), Tz. 460. 581 Siehe bereits oben: 2. Teil: 2. Kapitel:B.III. 575 73 2. Werbegeschenke, Warenproben, Zugaben und Rabatte Werbegeschenke, Warenproben, Zugaben und Rabatte sind in Großbritannien grundsätzlich zulässig. Eine Reglementierung erfolgt insoweit nur durch den Trading Stamps Act 1964582, der das Rabatmarkenwesen regelt. Keinesfalls handelt es sich bei ihm jedoch um eine Kodifizierung des Rabattrechts.583 Vielmehr verbietet er bestimmte unseriöse Praktiken in Verbindung mit der Vergabe von Wertmarken.584 So schreibt Sec. 3 Trading Stamps Act 1964 vor, dass Wertmarken ab 25 Pence durch die Veranstalter der Rabattmarkenaktion, falls gewünscht, gegen Bargeld eingelöst werden müssen. Sec. 6 des Gesetzes verbietet es, derart mit dem Geldwert von Wertmarken zu werben, dass dieser in Beziehung zu dem Betrag gesetzt wird, den der Kunde aufwenden muss, um diese zu erwerben. Ferner verbietet Sec. 6 Trading Stamps Act 1964 auch täuschende und irreführende Werbeangaben. Außer dem Trading Stamps Act 1976 sind vorliegend auch die Regelungen des CPA zu beachten. So stellt es einen Verstoß gegen Sec. 20 CPA dar, wenn eine als kostenlos beworbene Zugabe, Warenprobe oder Geschenk in Wirklichkeit nicht kostenlos ist.585 Dagegen ist Sec. 14 TDA bei kostenlosen Warenlieferungen nicht einschlägig.586 Ferner können noch weitere gesetzliche Regelungen zu beachten sein, so z. B. bei der kostenlosen Abgabe von Nahrungsmittel die allgemeinen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen des Food Safety Act 1990587 oder bei Zugaben die kartellrechtlichen Bestimmungen des Competition Act 1998588.589 Schließlich regelt auch der BCAP unter welchen Bedingungen kostenlose Angebote und Warenproben zulässig sind. Clause 32.1 BCAP bestimmt insoweit, dass kostenlose Warenlieferungen vom Kauf eines anderen Produkts abhängig gemacht werden dürfen. Auf vom Kunden zu tragende Kosten ist in jeder Art von Werbematerial hinzuweisen. Ein Angebot soll nur dann als kostenlos bezeichnet werden, wenn der Verbraucher nicht mehr zu zahlen hat als, a) die geringst möglichen, unvermeidbaren Kosten, die entstehen, wenn die Kunden auf das Angebot antworten, b) die wahren Fracht- und Lieferkosten und c) die Fahrt- und Nebenkosten, die entstehen, wenn die Kunden das Angebot abholen.590 Des Weiteren darf bei Zugaben der 582 1964 c 71. Ulmer/v. Westerholt (Fußn. 502), Tz. 513. 584 Ulmer/v. Westerholt (Fußn. 502), Tz. 514. 585 Bragg (Fußn. 503), S. 129, Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 563. 586 Huntley (Fußn. 574), S. 357, a. A. bezüglich Rabattmarken Lawson, Advertising Law, 1st ed. 1978, S. 179. 587 1990 c 16. 588 1998 c 41. 589 Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 563 f. 590 „A free offer may be conditional on the purchase of other items. Consumers´ liability for costs should be made clear in all material featuring the offer. An offer should be described as free only if consumers pay no more than: a) the minimum, unavoidable cost of responding to the promotion… b) the true cost of freight or delivery • 583 74 Werbende nicht dadurch seine Kosten zu amortisieren versuchen, indem er den Preis, die Qualität oder die Zusammensetzung der Hauptware ändert.591 Darüber hinaus ist es ihm untersagt, Teile eines Warenpakets als „kostenlos“ zu beschreiben, wenn die Kosten für dieses Element tatsächlich im Paketpreis enthalten sind.592 Nach dieser ganz neuen Bestimmung ist es Händler z. B. untersagt, beim Verkauf von Vertragshandys damit zu werben, das Angebot enthalte in einem bestimmten Umfang freie Sprechzeit.593 Schließlich soll nach Clause 32.4 S. 1 BCAP ein Angebot nicht als kostenlose Warenprobe bezeichnet werden, wenn zu deren Erwerb ein Produkt erworben werden muss, dessen Kaufpreis nicht erstattet wird.594 3. Gefühlsbetonte Werbung In Großbritannien bestehen keine gesetzlichen Verbote gefühlsbetonter Werbung.595 Zwar gibt es vereinzelt allgemeine gesetzliche Bestimmungen, die grundsätzlich auch auf Werbung anwendbar sind, wie z. B. das Verbot des öffentlichen Zurschaustellens unsittlichen Materials in Sec. 1 Indecent Displays (Control) Act 1981596, praktische Bedeutung bei der Kontrolle gefühlsbetonter Werbung haben sie jedoch nicht. Allenfalls insoweit spielen gesetzliche Verbote eine Rolle, als auch gefühlsbetonte Werbung dem Irreführungsverbot des TDA unterliegt.597 So verstieß beispielsweise eine Werbung gegen den TDA, in der fälschlicherweise ein Produkt als ozonfreundlich beschrieben wurde, in Wahrheit jedoch extrem ozonschädlich war.598 Auch in der juristischen Literatur spielt die gefühlsbetonte Werbung keinerlei Rolle. Lediglich Huntley599 erwähnt sie am Rande, ohne jedoch deren Zulässigkeit oder Unzulässigkeit näher zu diskutieren. Nicht einmal die Werbekampagne der Firma Benetton, die Gegenstand mehrerer Entscheidung der ASA war600, hatte eine eingehende Diskussion in der englischen Literatur zur Folge. Mangels gesetzlicher Bestimmungen sind bei der Kontrolle gefühlsbetonter Werbung wiederum die Regelungen des BCAP von wesentlicher Bedeutung. Zu nennen sind dabei die Verbote der c) the cost, including incidental expenses, of any travel involved if consumers collect the offer.” Clause 32.2 BCAP. 592 Clause 32.3 BCAP: „Promoters should not describe an individual element of a package as “free” if the cost of that element is included in the package price.” 593 CAP, AdviceOnline Entry zum Thema „free offers“. 594 „Promoters should not use the term “free trial”…where a non-refundable purchase is required. 595 Ohly (Fußn. 500), Rn. 94, Huntley (Fußn. 574), S. 325. 596 1981 c 42. 597 Huntley (Fußn. 574), S. 325. 598 Berichtet bei Huntley (Fußn. 574), S. 325. 599 Fußn. 574, S. 325. 600 Siehe dazu unter: 2. Teil: 2. Kapitel:B.IV.3.b). 591 • 75 anstößigen Werbung sowie der Angst- und Schockwerbung. Ferner regelt der BCAP die Konditionen für Werbung mit der Unterstützung wohltätiger Organisationen und die Zulässigkeit von Umweltwerbung. Schließlich enthält auch noch die Spezialmaterie der Werbung für Alkohol Verbote an das Gefühl appellierender Werbung. Im Folgenden werden die soeben aufgezählten Regelungen näher besprochen. Anhand einschlägiger Beispiele wird dabei versucht, die Auslegung der verschiedenen Bestimmungen, insbesondere die Berücksichtigung eines Sachzusammenhangs zwischen Werbung und Produkt, durch die ASA näher darzustellen. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungen der ASA allenfalls recht kurz, meist gar nicht begründet sind, sondern sich mit der Feststellung eines bzw. keines Verstoßes gegen den Code begnügen. Der Herausarbeitung klarer Kriterien und Prinzipien ist diese Spruchpraxis leider wenig zuträglich. a) Das Verbot anstößiger Werbung Clause 5.1 BCAP enthält, gleich einer Generalklausel, ein Verbot anstößiger Werbung. Danach soll Kommunikation zu Marketingzwecken nichts beinhalten, was möglicherweise ernsthaft oder weit verbreitet Anstoß erregt. Besonders soll es vermieden werden im Hinblick auf Rasse, Religion, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Behinderung Anstoß zu erregen. Die Einhaltung des Codes wird nach dem Kontext, dem Medium, dem Publikum und dem herrschenden Sittenverständnis beurteilt.601 Gleichwohl darf Werbung nach Clause 5.2 BCAP durchaus geschmacklos sein. In der Praxis hat sich die ASA oftmals mit sexuell anstößiger Werbung zu beschäftigen. So waren in den „Top Ten“ der Werbeanzeigen, aufgrund derer die ASA die meisten Beschwerden erhielt, in den Jahren 2000 und 1997 jeweils fünf, in den Jahren 1998 und 1999 jeweils drei, die durch sexuelle Anspielungen, insbesondere die Darstellung spärlich bekleideter Damen, auffielen.602 Die ASA berücksichtigt bei der Beurteilung derartiger Werbung zum einen den sachlichen Zusammenhang zwischen dem beworbenen Produkt und dem verwandten Werbefoto, zum anderen ist für ihr Urteil auch das Medium maßgebend, in welchem die Anzeige publiziert 601 „Marketing communications should contain nothing that is likely to cause serious or widespread offence. Particular care should be taken to avoid causing offence on the grounds of race, religion, sex, sexual orientation or disability. Compliance with the Code will be judged on the context, medium, audience, product and prevailing standards of decency.” 602 Siehe die ASA, Statistics: Top 10 advertisers by complaints 1997, ASA, Statistics: Top 10 advertisers by complaints 1998, ASA, Statistics: Top 10 advertisers by complaints 1999, ASA, Statistics: Top 10 advertisers by complaints 2000. 76 wird.603 Insbesondere für Damenunterwäsche, Gesundheitsprodukte und Kosmetika darf nach dem CAP mit „nackten Tatsachen“ geworben werden.604 Ausdrücklich weist die ASA jedoch in ihren Entscheidungen nur selten daraufhin, dass das betreffende Werbefoto gerade wegen des Zusammenhangs mit dem beworbenen Produkt zulässig ist. Dies geschah beispielsweise bei Anzeigen für Unterwäsche. So war in einem Fall605 eine spärlich bekleidete Dame in aufreizender Pose zu sehen. Die Anzeige trug die Überschrift „Höschen ´runter“. Die ASA urteilte, dass im Zusammenhang mit einer Werbung für Damenunterwäsche die Anzeige keinen Anstoß bei der Bevölkerung errege.606 In gleicher Weise argumentierte die ASA bei einem Werbeplakat, ebenfalls für Unterwäsche, bei dem ein Paar sich in Unterwäsche gegenüberstand und gerade dabei war, sich diese gegenseitig auszuziehen.607 Da die Beschwerdeführer argumentiert hatten, die Anzeige sei Kindern nicht zumutbar, ging die ASA in ihrer Begründung sogar einen Schritt weiter und führte aus, dass bei Berücksichtigung des Kontexts die Anzeige nicht unzumutbar für Kinder sei.608 Ferner begründete die ASA die Zulässigkeit von ähnlichen Werbeplakaten und Annoncen für Erotikshops609, Modeschauen610, Aufklärungssendungen611, Toilettenpapier612 und Betten613 mit dem vorliegenden Sachbezug. Selbst wenn aber ein Sachbezug zwischen Werbefoto und beworbenen Produkt besteht, ist dies noch keine Garantie für die Zulässigkeit der jeweiligen Werbung. So hat die ASA in mehreren Fällen die Verwendung von zu freizügigen Werbefotos trotz vorliegenden Sachbezugs untersagt. So beinhaltete die Briefwerbung für ein Potenzmittel folgende drei Bilder: erstens eine Frau die einen nackten Mann umarmte und dabei dessen Gesäß griff, zweitens ein küssendes Paar und drittens einen Mann, der hinter einer Frau stand, deren Hals küsste und in ihr Kleid griff, um ihre Brüste zu berühren.614 Die ASA tolerierte zwar den sehr deutlichen Text der Briefwerbung, da es sich um Werbung für ein Potenzmittel handelte, die Fotos bezeichnete sie jedoch als überflüssig und potentiell anstößig.615 Ebenso beanstandet wurde die Broschüre für ein Theaterstück namens „666“. Sie enthielt ein Foto von 4 Männern in Teufelskostümen, wobei Bestandteil des Kostüms ein großer orangefarbener Phallus war.616 Die ASA gestand zwar 603 CAP, AdviceOnline Entry zum Thema „Nudity“. CAP (Fußn. 603). 605 Heaven or Hell Corsetry, 10th May 2000. 606 Heaven or Hell Corsetry, 10th May 2000. 607 Dolce & Gabbana, 15th May 2002. 608 Dolce & Gabbana, 15th May 2002. 609 Scandals, 20th November 2002. 610 The Arches, 12th April 1999. 611 Channel Four Television Corporation, 11th October 2000. 612 Kimberly-Clark Ltd, 11th October 2000. 613 The Iron Bed Company, 30th October 2002. 614 Francois Legrand Editions, 28th August 2002. 615 Francois Legrand Editions, 28th August 2002. 616 The Lowry Centre Ltd, 20th November 2002. 604 77 ein, dass die Darstellung der männlichen Glieder für das Theaterstück relevant waren, gleichwohl beurteilte sie diese als potentiell anstößig. Auch Werbung für Parfüm617, Unterwäsche618 sowie eine DVD namens „The Lover’s Guide“619 beurteilte die ASA ohne weitere Begründung, entgegen obiger Regel, als geeignet, ernsthaft und weit verbreitet Anstoß zu erregen. Die beanstandeten Werbebilder enthielten dabei Darstellungen von Paaren oder auch nur Frauen während sexueller Handlungen. Ebenso wie ein bestehender Sachbezug die Zulässigkeit einer Werbung begründen kann, kann das Fehlen eines Sachbezugs zu deren Unzulässigkeit führen. So verstieß die Annonce einer Immobilienfirma, in der diese mit einer nur spärlich bekleideten Dame in aufreizender Pose und dem Slogan „Inspirierte Investition“ warb, gegen den BCAP.620 Die ASA führt in ihrer Entscheidung aus, dass das Werbefoto im Zusammenhang mit einer Werbung für eine Immobilienfirma Clause 5.1 BCAP verletze.621 Dies nahm sie auch für mehrere Werbeanzeigen eines Frisörsalons an, die ihre Aufmerksamkeit den weiblichen und männlichen Genitalien widmeten, diese teilweise sogar zeigten und mit dem Slogan warben „Keine Sorge, jeder wird auf ihre Haare blicken“.622 Die ASA urteilte, dass die Darstellung und Bezugnahme auf Sexualorgane anstößig sei und nur dem Zweck dienten, Aufmerksamkeit zu erregen, und dass es im Zusammenhang mit einer Werbung für einen Frisörsalon unannehmbar sei, einen Penis zu zeigen.623 Als unzulässig beurteilte die ASA ferner Werbung mit nackten oder leicht bekleideten Models für Handys624, Computer625, einen Wettservice626, einen Radiosender627 sowie Ersatzwindschutzscheiben628, weil die jeweils verwandten Werbefotos überflüssig und irrelevant für das beworbene Produkt waren. Selbst wenn kein sachlicher Bezug zwischen der Darstellung eines spärlich bekleideten Models und dem beworbenen Produkt besteht, verstößt die betreffende Werbung nicht automatisch gegen den BCAP. So wurden in einem Fall Appartements in Manchester mit dem Foto einer Frau beworben, die sich auf ihren Vorderarmen und Knien befand und nur schwarze Unterwäsche und eine schwarze Augenmaske trug. Der dazu gehörende Text lautete: „SEX IN THE CITY, vier fantastische Appartements können jetzt besichtigt werden. Sei da, wo ´was los ist“.629 Die 617 Euroitalia, 27th February 2002, Calvin Klein Cosmetics, 21st August 2002. Gossard (UK) Ltd, 8th November 2000. 619 Video Collection International, 3rd July 2002. 620 Saxon Homes, 6th December 2000. 621 Saxon Homes, 6th December 2000. 622 James Worrall Hairdressing, 5th April 2000. 623 James Worrall Hairdressing, 5th April 2000. 624 The The Phone People Direct, 6th December 2000. 625 Symark Software Ltd, 10th March 1999. 626 Spreadex Ltd, 17th July 2002. 627 Fusion 107.3, 6th February 2002. 628 Sussex Windscreens, 10th January 2001. 629 Wilson Connoly, 4th December 2002. 618 • 78 ASA urteilte, dass diese Werbung im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften zwar vielleicht geschmacklos wirke, potentiell anstößig sei sie aber nicht.630 Ebenso unbeanstandet blieb eine Anzeige für Immobilienmakler, in der ein nacktes Paar beim Grillen zu sehen war. Die Frau war ab der Hüfte aufwärts abgebildet. Auf Höhe des männlichen Genitals hielt sie ein Grillwürstchen.631 Argument der ASA war hier, dass die Anzeige in einem Magazin erschien, das ausschließlich von Erwachsenen gelesen werde.632 Auch die Werbung für ein Internetmagazin für Frauen mit der Rückansicht einer nur mit Slip bekleideten Frau, die sich gerade in ihr Gesäß kniff, empfand die ASA weder als anstößig noch als überflüssig.633 Einen Kinowerbespot für Mineralwasser, in dem eine leidenschaftliche Liebeszene zu sehen war, bezeichnete die ASA als frech, nicht jedoch als anstößig.634 Ebenso durfte mit allenfalls spärlich bekleideten Models für Juweliere635, Wein636, einen Bücherversand637 und einen Heimwerkerservice638 geworben werden. Lediglich im Fall Theo Fennell plc begründete die ASA ihre Entscheidung mit dem Zielpublikum der veröffentlichenden Zeitschriften.639 In den übrigen Entscheidungen begnügte sie sich damit festzustellen, dass die Anzeigen nicht anstößig seien. Schließlich war auch die Werbung für ein Unternehmen, das Schlepper vertrieb, zulässig, in der eine Dame in schwarzem Bikini zu sehen war.640 Die ASA urteilte, die Abbildung der Frau sei zwar vorliegend überflüssig, anstößig sei sie jedoch nicht. 641 Neben dem Kontext berücksichtigt die ASA bei ihren Entscheidungen auch das für die Veröffentlichung benutzte Medium, wobei Werbeplakate, die sich ungezielt an die breite Öffentlichkeit richten, strengeren Anforderung unterliegen als Werbeanzeigen in Zeitschriften mit klar definiertem Publikum.642 Für die vorliegende Untersuchung spielt dieser Umstand keine Rolle, da insoweit weder der Sachlichkeitsgrundsatz noch die Beeinflussung der Verbraucherentscheidung tangiert wird. Von einer näheren Erörterung wird daher abgesehen. b) Das Verbot der Angst- und Schockwerbung Der BCAP enthält in Clause 9.1 ein Verbot von Angst- und Schockwerbung. Darin heißt es: „Keine Kommunikation zu Werbezwecken soll ohne guten Grund Angst oder Besorgnis verur630 Wilson Connoly, 4th December 2002. Douglas & Gordon, 3rd October 2001. 632 Douglas & Gordon, 3rd October 2001. 633 Associated New Media t/a CharlotteStreet.com, 5th April 2000. 634 Highland Spring Ltd, 11th October 2000. 635 Theo Fennell plc, 26th February 2003. 636 Virgin Wines, 24th January 2001. 637 Bertelsmann AG t/a Bol.com, 9th February 2000. 638 Caledonia Design, 7th February 2001. 639 Theo Fennell plc, 26th February 2003. 640 MasterMover International Ltd, 10th March 1999. 641 MasterMover International Ltd, 10th March 1999. 642 ASA Monthly Report 1995, Nr. 44, S. 1, Stafford-Miller Ltd, 8th December 1999. 631 79 sachen. Werbende sollen nicht schockierende Texte oder Bilder verwenden nur um Aufmerksamkeit zu erregen“.643 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz findet sich in Clause 9.2 BCAP, wonach Angstwerbung zulässig ist, um im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrunds für vorsichtiges oder gegen gefährliches und unkluges Verhalten zu werben. Nach Ausführungen der ASA ist es grundsätzlich erlaubt auf echte Gefahren hinzuweisen, jedoch unzulässig, irrationale Ängste zu verursachen und diese dann zu Werbezwecken auszunützen.644 Des Weiteren berücksichtigt die ASA auch in diesem Bereich den sachlichen Zusammenhang zwischen den beängstigenden Werbeinhalten und dem beworbenen Produkt. Eine Reklame läuft daher weniger Gefahr gegen Clause 9.1 BCAP zu verstoßen, wenn schon der Werbegegenstand bei den Verbrauchern Besorgnis verursachen kann und deshalb auch die Werbung nicht ohne Angst erregende Inhalte auskommt.645 In der Praxis wird vor allem bei Reklame im Gesundheitsbereich oftmals an die Ängste der Verbraucher appelliert. Generell unzulässig ist derartige Werbung nach Clause 50.14 BCAP nur für Arzneimittel. Im Übrigen beanstandet die ASA diese zumeist nur dann, wenn sie unwahre oder unbeweisbare Behauptungen enthält. Zulässig war daher die Werbung für einen Gesundheitstest mit dem Text: „Eine von zwölf Frauen wird irgendwann in ihrem Leben Brustkrebs bekommen. Jährlich gibt es über 24.000 neue Fälle.“646 Die ASA hielt die Werbung weder für unzutreffend noch für Panik machend.647 Ebenso für zulässig erachtete sie eine Reklame, in der vor den Gefahren von Fußpilz gewarnt wurde. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass sich die Infektion im ganzen Körper ausbreiten und auf andere Personen übertragen könne.648 Die ASA begründete ihre Entscheidung damit, dass die Werbung zutreffend die Gefahren von Fußpilzerkrankungen schildere und daher nicht Angst machend sei.649 Ferner akzeptierte sie eine Anzeige für Impfungen, die eine detaillierte Schilderung der Folgen einer Hepatitis A Infektion enthielt, weil diese nicht übertrieb.650 Unzulässig war dagegen eine Briefwerbung eines Krebsforschungsinstituts, in der dieses in Bezug auf Prostatakrebs behauptete, dass in jedem Mann eine Zeitbombe schlummere.651 Die ASA bezeichnete diesen Satz als gefühlserregend und unbewiesen. Die Werbung untersagte sie, weil diese die Risiken übertreibe und grundlos Angst errege.652 Ebenso kritisierte die ASA eine 643 „No marketing communication should cause fear or distress without good reason. Marketers should not use shocking claims or images merely to attract attention.” 644 ASA, Case Report 153 (1988), S. 1 645 CAP, Help Note on Voluntary Sector Marketing, 2003, S. 2. 646 British United Provident Association t/a BUPA, 11th February 1999. 647 British United Provident Association t/a BUPA, 11th February 1999. 648 Stepwise UK, 16th October 2002. 649 Stepwise UK, 16th October 2002. 650 SmithKline Beecham plc, 6th December 2000. 651 The Institute of Cancer Research, 8th December 1999. 652 The Institute of Cancer Research, 8th December 1999. 80 Reklame für eine alternative Krebsbehandlung. In der Anzeige wurde u. a. behauptet, es gebe nicht eine effektive Krebstherapie, über 90% der Patienten, die eine Chemotherapie erhielten, würden binnen Monaten nach deren Beginn sterben, jährlich würden 3 Millionen Menschen an Krebs sterben und 5 Millionen daran erkranken.653 Die ASA urteilte, dass die unbewiesenen Behauptungen übermäßig Panik erregen und bei Krebspatienten Besorgnis verursachen würden.654 Als nicht notwendigerweise wahr und übermäßige Panikmache empfand sie auch die Werbung einer Gesellschaft für Prostataprobleme, in der diese ausführte: „Jede Nacht bei Ihrem Gang zur Toilette warnt Sie Ihre Prostata, dass sie sich stark verschlechtern könnte.“655 Die Werbung eines Unternehmens von Wasserfiltersystem, die behauptete, dass Leitungswasser krank machen könne und beschrieb, welche Stoffe und Organismen sich alle im Leitungswasser befinden könnten, untersagte die ASA als irreführend und unnötigerweise Angst erregend.656 Neben der Richtigkeit der Information ist auch der sachliche Zusammenhang zwischen Angst machender Werbeaussage und beworbenem Produkt für die Beurteilung der ASA relevant. Im untersuchten Fallmaterial finden sich insofern jedoch nur Entscheidungen, in denen die ASA die Zulässigkeit einzelner Werbungen mit dem bestehenden Sachzusammenhang begründete, nicht jedoch umgekehrt deren Unzulässigkeit mit dem fehlenden Sachzusammenhang. Im Bereich der Gesundheitswerbung mag dies noch verständlich erscheinen, da hier oftmals ein Sachzusammenhang besteht, jedoch finden sich auch in anderen Bereichen keine Entscheidungen, in denen der fehlende sachliche Zusammenhang ausschlaggebend für die Unzulässigkeit einer Werbung war. Zulässig wegen des vorliegenden Sachzusammenhangs war beispielsweise eine Briefwerbung für eine Krankenversicherung, die folgenden Text enthielt: „Tatsache 1: Einer von zwei Briten wird in seinem Leben eine ernsthafte Krankheit, wie Krebs oder eine Herzkrankheit erleiden. Tatsache 2: Einer von sechs männlichen und eine von einundzwanzig weiblichen Dreißigjährigen wird einen Herzinfarkt erleiden bevor er 65 ist.“657 Die ASA führt in ihrer Entscheidung aus, dass im Zusammenhang mit einer Krankenversicherung die Werbung bei ihren Lesern keine übermäßige Angst verursachen würde.658 Mit der gleichen Begründung gestattete sie die Werbung für die Mitgliedschaft in einer privaten Gesundheitsfürsorge, in der es u. a. hieß: „Stellen Sie sich vor, ihr Kind ist krank und hat Schmerzen…und Sie wissen, dass sie (sic) 653 Health4Us Foundation, 30th October 2002. Health4Us Foundation, 30th October 2002. 655 The Prostate Society, 10th April 2002. 656 EHSP, 9th June 1999. 657 The The Burns-Anderson Independent Network plc t/a Norfolk & Suffolk Insurance Services Ltd, 13th January 1999. 658 The The Burns-Anderson Independent Network plc t/a Norfolk & Suffolk Insurance Services Ltd, 13th January 1999. 654 81 mehrere Monate auf die erlösende Ohroperation warten werden muss.“659 Zulässig war schließlich auch die Werbung der British Heart Foundation mit dem Bild einer älteren Frau in einem Nachthemd und einer durchsichtigen Plastiktüte über dem Kopf. Der dazugehörende Text lautete: „Ich habe Herzversagen und so fühle ich mich jeden Morgen.“ Anschließend folgt die Erklärung, dass Herzversagen bedeute, dass das Herz nicht richtig arbeite. Flüssigkeit könne sich in den Lungen sammeln und das Atmen erschweren. Allein Treppensteigen könne zur völligen Erschöpfung führen und für den Großteil der Erkrankten gebe es keine Heilungsmöglichkeit.660 Die ASA betrachtete das Werbefoto als schockierend und Besorgnis erregend. Gleichwohl hielt sie die Anzeige für gerechtfertigt, um die Bevölkerung hinsichtlich Herzversagen zu sensibilisieren.661 Nicht nur im Gesundheitsbereich, auch in anderen Gebieten verwenden Unternehmer Angstwerbung, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf ihre Produkte zu lenken. Auch insofern berücksichtigt die ASA einerseits den Sachzusammenhang, andererseits die Korrektheit der Aussage. So war die Werbung eines Anbieters von Telefondienstleistungen zulässig, in der dieser sich gegen den Handel von Fleisch von Urwaldtieren aussprach. Die Anzeige zeigte den abgetrennten Kopf eines Primaten in einer Schüssel auf einem Tisch. Im Begleittext wies das Unternehmen nicht nur auf die ernsten Gefahren für Primaten und das Ökosystem durch derartige Praktiken, sondern auch auf seinen Telefonservice hin und betonte, dass es die Hälfte seines Gewinns einer Gesellschaft zum Schutze der weltweiten Artenvielfalt spenden würde.662 Die ASA bemerkte zwar, dass die Abbildung einige Leser aufregen oder beängstigen würde, hielt sie aber für gerechtfertigt, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Handel mit dem Fleisch von Urwaldtieren und die Besorgnis des Werbenden über dessen Umwelteffekte zu lenken.663 Zulässig war ferner die die Reklame einer Heizungswartungsfirma mit dem Satz: „Schlecht gewartete Heizungen können töten!“ In Anbetracht der tatsächlichen Gefahren durch schlecht gewartete Heizungen beurteilte die ASA diese Werbung nicht als übermäßig Angst erregend.664 Ebenso durfte für Alarmanlagen sehr plastisch mit Verbrechensstatistiken geworben werden.665 Das Foto einer Schulklasse in einer Werbung einer Firma für Computersicherheit mit dem Text: „Sehen sie nicht unschuldig aus? Jetzt sind sie 14, 30% davon werden fähig sein sich in ihr Computersystem zu hacken“, war nach Meinung der ASA zulässig, da tatsächlich Gefahren durch Viren und Hacker bestünden und die Darstellung dieser Gefahren relevant für 659 Unat Direct Insurance Management Ltd, 8th November 2000. British Heart Foundation, 19th June 2002. 661 British Heart Foundation, 19th June 2002. 662 Earth Call Telecommunications, 13th September 2000. 663 Earth Call Telecommunications, 13th September 2000. 664 Heat Complete Ltd, 12th April 1999. 665 European Environmental Controls Ltd, 12th May 1999. 660 82 das beworbene Produkt war.666 Auch eine Anzeige für eine Einkommenssicherungsversicherung, in der sehr deutlich die Folgen von Arbeitslosigkeit und wie es dazu kommen könne beschrieben wurden, erlaubte die ASA, weil dadurch vorsichtiges finanzielles Verhalten gefördert werde.667 Unzulässig war dagegen die SMS-Werbung für ein Computerspiel mit dem Text: „Bitte melden Sie sich sofort bei Ihrem örtlichen Rekrutierungszentrum der Armee für Ihren zweiten Einsatz. Commandos 2 auf PC. Echter als die Wirklichkeit – ab heute im Handel, von Eidos.“668 Die ASA meinte insofern, dass der erste Eindruck der Werbung bei deren Rezipienten Besorgnis erregen könnte.669 Auch ein Plakat für ein Spiel für Sony Playstation, auf dem eine, bis auf die Füße, mit einem Tuch bedeckte Leiche auf einer Bahre zu sehen war, empfand die ASA als realistisch und makaber und daher als unzulässig.670 Gegen den BCAP verstieß ferner die Anzeige eines Jeansherstellers, bei der abgepacktes Fleisch zu sehen war.671 Die Packungen zeigten menschliche Gesichter und Hände und trugen die Schriftzüge „Menschliches Gesicht, weiblich“, „Menschliches Gesicht, männlich“ und „Menschliche Hände, männlich“. Die ASA verbot die Annonce als unzulässige Schockwerbung.672 Auch die Mehrheit der Plakate der Benetton Schockwerbekampagne verstießen nach Meinung der ASA gegen den BCAP. Unzulässig war daher das Bild eines blutverschmierten Neugeborenen673, eines Soldaten mit einem menschlichen Knochen in Händen674, eines Tarnanzugs und eines blutverschmierten T-Shirts mit Einschussloch675 sowie eines erkennbar leidenden AIDSKranken676. Ausführungen zum Sachlichkeitsgrundsatz machte die ASA in ihren Entscheidungen jedoch nicht. Vielmehr beanstandete sie nur die Darstellung von Gewalt, um Schock und Besorgnis zu erregen.677 Als zulässig beurteilte die ASA dagegen die Abbildung von Todeskandidaten mit der Überschrift „Zum Tode verurteilt“678 sowie drei Plakate, auf denen menschliche Körperteile mit dem Stempel „H.I.V. positiv“679 zu sehen waren. In ersterem Fall legte sie dar, dass das Thema Todesstrafe zwar sehr starke Gefühle wecke, Benetton hätte aber nicht die 666 Sendmail Ltd, 13th September 2000. Norwich Union t/a Norwich Union Healthcare Ltd, 9th June 1999. 668 Eidos Interactive Ltd, 14th November 2001. 669 Eidos Interactive Ltd, 14th November 2001. 670 Sony Computer Entertainment (UK), 11th February 1999. 671 Blink Hard Core Supplies t/a Blink Jeans Company, 15th September 1999. 672 Blink Hard Core Supplies t/a Blink Jeans Company, 15th September 1999. 673 Benetton Spa, ASA Monthly Report 1991, Nr. 6, S. 9. 674 Benetton Spa, ASA Monthly Report 1992, Nr. 11, S. 8. 675 Benetton Spa, ASA Monthly Report 1994, Nr. 35, S. 7. 676 Benetton Spa, ASA Monthly Report 1992, Nr. 11, S. 9. 677 Benetton Spa, ASA Monthly Report 1992, Nr. 11, S. 8, ähnlich Benetton Spa, ASA Monthly Report 1992, Nr. 11, S. 9 und Benetton Spa, ASA Monthly Report 1994, Nr. 35, S. 7. 678 Benetton (UK) Ltd, 14th June 2000. 679 Benetton Spa, ASA Monthly Report 1993, Nr. 31, S. 9. 667 83 Todesstrafe trivialisiert oder ohne guten Grund Besorgnis erweckt.680 In letzterem Fall honorierte die ASA, dass Benetton eine Diskussion anstoßen und auf das Abstempeln von AIDSKranken aufmerksam machen wollte. Gleichwohl empfahl sie in Zukunft, keine zweideutigen Werbefotos mehr zu verwenden.681 Auch die Darstellung eines ölverschmutzten Wasservogels gestattete die ASA.682 Insoweit erfolgte jedoch keine nähere Begründung. c) Werbung mit karitativen Engagement In Clause 37.1 a – i regelt der BCAP die Konditionen für Werbung mit der Unterstützung von karitativen Organisationen. Diese Regelungen enthalten jedoch ausschließlich Informationspflichten des Werbenden sowie Irreführungsverbote. Die Möglichkeit eines Unternehmens, grundsätzlich mit seinem karitativen Engagement zu werben, beschränken sie indes nicht. d) Umweltwerbung Die Zulässigkeit von Umweltwerbung regelt der BCAP in den Clauses 49.1 bis 5. Der BCAP enthält insofern jedoch nur Irreführungsverbote. Im Übrigen darf uneingeschränkt mit der Umweltfreundlichkeit des Produkts oder mit dem Umweltengagement des Unternehmers geworben werden. e) Werbung für Alkohol Spezielle Verbote gefühlsbetonter Werbung enthält der BCAP in den Regelungen über Werbung für alkoholische Getränke. Nach Clause 46.3 Alt. 2 BCAP soll Kommunikation zu Werbezwecken nicht suggerieren, dass Trinken Langeweile, Einsamkeit oder andere Probleme besiegen kann.683 Clause 46.7 BCAP bestimmt, dass keine Kommunikation zu Werbezwecken suggerieren soll, dass irgendein alkoholisches Getränk mentale, physische oder sexuelle Fähigkeiten, Beliebtheit, Attraktivität, Männlichkeit, Weiblichkeit oder die sportliche Leistungsfähigkeit steigern kann.684 Des Weiteren soll nach Clause 46.9 S. 1 BCAP Kommunikation zu Werbezwecken das Trinken von Alkohol nicht als den Hauptgrund für Erfolg in einer persönlichen Beziehung oder einem gesellschaftlichen Ereignis darstellen.685 Gemäß Clause 46.10 680 Benetton (UK) Ltd, 14th June 2000. Benetton Spa, ASA Monthly Report 1993, Nr. 31, S. 9. 682 Benetton Spa, ASA Monthly Report 1993, Nr. 23, S. 8, es handelt sich dabei jedoch nicht um das Plakat „Ölverschmutzte Ente“, sondern um ein ähnliches Motiv. 683 „Marketing communications should…neither…nor suggest that drinking can overcome boredom, loneliness or other problems.” 684 „Marketing communications should not suggest that any alcoholic drink…can enhance mental, physical or sexual capabilities, popularity, attractiveness, masculinity, femininity or sporting achievements. 685 „Marketing communications should not portray drinking alcohol as the main reason for the success of any personal relationship or social event.” 681 84 BCAP soll es schließlich weder als Herausforderung dargestellt werden Alkohol zu trinken, noch soll suggeriert werden, dass Menschen, die trinken, deshalb mutig, hart oder kühn sind.686 In der Praxis handelt es sich meist um Werbung, die Alkoholkonsum im Kontext mit sexuellem Erfolg darstellt und die daher von der ASA auf ihre Vereinbarkeit mit den Clauses 46.7 und 46.9 BCAP hin überprüft wird. Dagegen war im untersuchten Fallmaterial keine Reklame, bei der ein Verstoß gegen 46.3 Alt. 2 BCAP erörtert wurde. Auch Clause 46.10 spielt nur eine marginale Rolle. Insoweit wurde nur ein Fall durch die ASA diskutiert. In diesem enthielt eine Werbung den Hinweis: „Achtung dieses Produkt enthält erheblich Alkohol.“687 Die ASA urteilte, dieser Hinweis würde von den meisten Menschen wohl als nicht ernst gemeint aufgefasst werden und beinhalte, dass diejenigen, die das Getränk probierten, mutig und kühn wären.688 C. Schutz der Willensbetätigung Der Verbraucher wird in Großbritannien nur sehr vereinzelt in seiner freien Willensbetätigung geschützt. Wie bereits dargestellt689, unterliegt die Gewährung von Zugaben oder sonstiger Leistungen wie auch die Veranstaltung von Preisausschreiben nur wenigen Beschränkungen, so dass insofern auch kein Schutz des Verbrauchers existiert, falls dieser im Rahmen derartiger Werbepraktiken in eine psychologische Zwangslage gerät. Ebenso wenig existieren gesetzliche Beschränkungen der Werbung mit Autoritäten oder von Verkaufsfahrten. Nur wenn der Kunde mittels rechtswidriger Drohung zum Vertragsschluss genötigt wird, erfüllt dies sowohl den deliktsrechtlichen Tatbestand der Intimidation690 als auch diverse allgemeine strafrechtliche Tatbestände691. Ferner hat der Verbraucher gegen den Unternehmer in diesem Fall vertragsrechtliche Ansprüche.692 Auch für den Bereich des Schutzes des Verbrauchers vor den belästigenden Werbemethoden der Haustür- und Telefonwerbung sowie des Ansprechens in der Öffentlichkeit existieren nur vereinzelte gesetzliche Regelungen. So ist das Ansprechen von Passanten in der Öffentlichkeit grundsätzlich zulässig.693 Dies gilt ebenso für unaufgeforderte Vertreterbesuche.694 Auch hin686 „Drinking alcohol should not be portrayed as a challenge, nor should it be suggested that people who drink are brave, tough or daring for doing so.” 687 Soho Drinks Ltd, 14th August 2002. 688 Soho Drinks Ltd, 14th August 2002. 689 Siehe oben: 2. Teil: 2. Kapitel:B.IV.1. und 2. 690 Huntley (Fußn. 574), S. 320, sowie allgemein zur Intimidation: Oliphant in: Grubb, The Law Of Tort, 1st ed. 2002, S. 1244 ff. 691 So z. B. Secs. 3 ff. Public Order Act 1986 (1986 c 64), Sec. 2 Criminal Damage Act 1971 (1971 c 48). 692 Huntley (Fußn. 574), S. 320. 693 Groom in: Schotthöfer, Handbuch des Werberechts in den EU-Staaten einschliesslich Norwegen, Schweiz, Liechtenstein und USA, 2. Aufl. 1997, Werberecht in Großbritannien, Rn. 34, Studie des Instituts für Europäisches Wirtschafts- und Verbraucherrecht e.V., Volume III, 2000, S. 270. 694 Ohly (Fußn. 500), Rn. 92. 85 sichtlich des Einsatzes von Laienwerbern bestehen keine rechtlichen Bedenken.695 Nur der Abschluss von Kreditgeschäften und Investmentverträgen mittels Haustürgeschäften ist durch Secs. 48 ff. Consumer Credit Act 1974696 und Sec. 56 Financial Service Act 1986697 gesetzlich verboten. Des Weiteren stellt es nach Sec. 4 A der Consumer Protection (Cancellation of Contracts Concluded Away from Business Premises) Regulations 1987698, durch die der britische Gesetzgeber die Richtlinie 85/577/EWG699 in nationales Recht umgesetzt hat, eine Straftat dar, wenn der Unternehmer es unterlässt, den Verbraucher schriftlich auf sein Widerrufsrecht hinzuweisen. Der britische Gesetzgeber hat diese Bestimmung erst 1998 eingefügt. Von praktischer Bedeutung ist sie indes nicht. So sind keine Fälle ersichtlich, in denen wegen Verstoßes gegen diese Bestimmung Anklage erhoben worden wäre. Schließlich schützten auch noch die allgemeinen deliktsrechtlichen Regelungen den Konsumenten vor unerwünschten Vertreterbesuchen. So verwirklicht es die Tatbestände des trespass to land sowie der privat nuisance, wenn ein Vertreter trotz eines gegenteiligen Hinweisschildes ein fremdes Grundstück betritt.700 Lässt sich der Verbraucher dennoch auf ein Verkaufsgespräch ein, kann er dieses zu jedem Zeitpunkt beenden.701 Im Bereich der freiwilligen Selbstkontrolle bestimmt Clause 42.7 BCAP, dass jeder Werbende, der beabsichtigt, Personen zu besuchen, die auf seine Werbung antworten, dies in seiner Werbung oder in einem darauf folgenden Schreiben klarstellen muss. Um dem Verbraucher eine adäquate Möglichkeit zu bieten, den Vertreterbesuch abzulehnen, soll der Werbende freigemachte Antwortpostkarten oder eine kostenlose Service Hotline zur Verfügung stellen.702 Fälle, in denen die ASA aufgrund dieser Regelung, eine Untersuchung eingeleitet hätte, sind indes nicht ersichtlich. Die Zulässigkeit der Telefonwerbung ist wegen der diesbezüglich bestehenden europarechtlichen Regelungen703 sehr detailliert geregelt. Großbritannien hat sich insofern in Umsetzung der Richtlinie 97/66/EG704 durch die Telecommunications (Data Protection and Privacy) Regu695 Groom (Fußn. 693), Rn. 43. 1974 c 39. 697 1986 c 60. 698 SI 1987/2117. 699 Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl. EG Nr. L 372 S. 31. 700 Younger, Report of the Committee of Privacy, 1st ed. 1972, S. 124, Ohly (Fußn. 500), Rn. 93. 701 Younger (Fußn. 700), S. 125. 702 „If marketers intend to call on respondents personally, this should be made clear in the marketing communication or in a follow-up mailing. To allow consumers an adequate opportunity to refuse a personal visit, marketers should provide a reply-paid postcard or Freephone telephone contact instructions.” 703 Siehe Fußn. 428. 704 Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation 97/66/EG, ABl. EG Nr. L 24 S. 1. 696 86 lations 1999705 für ein Opt-Out-System entschieden.706 Telefonanrufe bei natürlichen Personen zu Werbezwecken sind folglich grundsätzlich zulässig, solange sich diese nicht beim Telefon Preference Service registrieren lassen.707 Unzulässig sind dagegen in der Regel nach Sec. 22 Telecommunications (Data Protection and Privacy) Regulations 1999 Werbeanrufe mittels Automated Calling Systems.708 Schließlich existieren auch im Bereich der Telefonwerbung Regelungen der freiwilligen Selbstkontrolle. Besonders zu nennen ist dabei der Code of Practice der Direct Marketing Association (DMA)709, der in Clause 9 insofern detaillierte Regelungen enthält. Nach Clause 9.5 DMA Code ist zu Beginn des Gesprächs klar auf dessen Werbecharakter hinzuweisen. Telefonanrufe zur Unzeit, in der Regel zwischen 8 Uhr abends und 9 Uhr morgens, sind gemäß Clause 9.12 DMA Code verboten. Zu Beginn des Gesprächs hat der Werbende den Verbraucher zu fragen, ob ihm der Anruf genehm ist.710 Während des Gesprächs hat er stets höflich zu sein.711 Auf den Verbraucher Druck auszuüben712 ist ihm ebenso untersagt wie dessen Wunsch, das Gespräch zu beenden, zu missachten713. Des Weiteren ist es verboten, Minderjährige714, Personen, die nicht im Telefonbuch verzeichnet sind715 oder Verbraucher an deren Arbeitsplatz716 anzurufen. Auch die Auswahl von Telefonnummern nach dem Zufallsprinzip ist gemäß Clause 9.20 DMA Code nicht erlaubt. 705 SI 1999/2093. Kilian, GRUR Int. 2000, 198 (199), Institut für Europäisches Wirtschafts- und Verbraucherrecht e.V. (Fußn. 693), S. 264. 707 Sec. 25 Telecommunications (Data Protection and Privacy) Regulations 1999. 708 Kilian, GRUR Int. 2000, 198 (200), Institut für Europäisches Wirtschafts- und Verbraucherrecht e.V. (Fußn. 693), S. 264. 709 DMA, Code of Practice, 2nd ed. 710 Clause 9.13 DMA Code. 711 Clause 9.14 DMA Code. 712 Clause 9.15 DMA Code. 713 Clause 9.16 DMA Code. 714 Clause 9.19 DMA Code. 715 Clause 9.21 DMA Code. 716 Clause 9.22 DMA Code. 706 87 3. Kapitel: Der materiell-rechtliche Schutz des Verbrauchers: Rechtsvergleichung und Kritik Nachdem in den Länderberichten die wesentlichen Regelungen sowie die dazugehörige Rechtsprechung dargestellt wurden, durch die die Verbraucher in Deutschland und Großbritannien materiell-rechtlich vor unlauterer Werbung geschützt werden, wird im Folgenden der Frage nachgegangen, ob sich das Schutzniveau in beiden Rechtsordnungen entspricht. Zu diesem Zweck werden sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten herausgearbeitet. Ferner ist zu erörtern, in welchem Umfang das Verbraucherinteresse Schutz vor Werbung erfordert, d. h. welche Werbemethoden unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes als unlauter qualifiziert werden müssen. Schließlich ist kritisch zu hinterfragen, ob die Rechtsordnungen in Deutschland und Großbritannien diesen Kriterien gerecht werden oder ob insofern eine Unteroder Überregulierung stattfindet. Die Darstellung hält sich im Folgenden an die bereits aus den Länderberichten bekannte Gliederung, so dass zwischen dem Schutz der Willensbildung einerseits und dem Schutz der Willensbetätigung andererseits differenziert wird. Auch innerhalb dieser Gliederungspunkte wird die oben eingeführte Einteilung beibehalten. A. Schutz der Willensbildung I. Erkennbarkeit von Werbung Verbraucher stehen Werbung häufig kritisch gegenüber. Derart vermittelten Informationen schenken sie oft nur wenig oder keinen Glauben. Informationen aus neutralen Quellen werden die Verbraucher dagegen eher vertrauen, zumal wenn sie von fachkundiger Seite stammen. Je nach dem Grad, zu dem ein Verbraucher eine Quelle als seriös beurteilt, wird er die durch sie vermittelten Informationen zum Bestandteil seiner Entscheidungsgrundlage machen. Bei Informationen aus neutralen Quellen ist dies folglich häufiger der Fall als bei Informationen aus der Werbung. Damit der Verbraucher sich seinen Willen in korrekter Art und Weise bilden kann ist es daher erforderlich, dass ihm erkennbar ist, welche für den Kaufentschluss relevanten Informationen717 aus einer neutralen Quelle stammen und welche im Sinne des Anbieters gefärbt sind.718 717 718 Siehe dazu unten: 2. Teil: 3. Kapitel:A.II.3. Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 32, ähnlich Scherer (Fußn. 24), S. 63. 88 Sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien wird der Verbraucher daher vor getarnter Werbung geschützt. In Großbritannien findet dieser Schutz primär durch die Regelungen der freiwilligen Selbstkontrolle statt. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass grundsätzlich auch die CMAR getarnte Werbung verbieten. Unter den Tatbestand von Sec. 2 (2) CMAR ist auch getarnte Werbung zu subsumieren. Dadurch, dass diese dem Verbraucher ihren werblichen Charakter verheimlicht, täuscht sie ihn über diesen Umstand.719 Zugleich ist diese Täuschung geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers zu beeinflussen. Dieser wird aufgrund der Täuschung die rezipierten Informationen im Rahmen seiner Willensbildung anders gewichten, was wiederum seinen Kaufentschluss beeinflussen kann. Getarnte Werbung verstößt somit gegen die CMAR. Inhaltlich stimmen die Regelungen des UWG und BCAP darin überein, dass Werbung klar als solche zu kennzeichnen ist. Anzeigen in den Printmedien sind daher durch eine entsprechende Überschrift vom redaktionellen Teil zu trennen. Diese muss derart gewählt sein, dass sie es dem Leser ermöglicht, den entsprechenden Text als Werbung zu erkennen. Anzeigen sind daher sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien mit der Überschrift „Werbung“ oder „Anzeige“ zu kennzeichnen. Für den Leser nicht klar zuordenbare Überschriften wie „advertorial“ sind dagegen zu unterlassen.720 • Unzulässig sind in Deutschland und Großbritannien auch grundsätzlich redaktionelle Beiträge mit Werbecharakter, sofern sie nicht als Werbung gekennzeichnet sind. Unterschiede ergeben sich insofern, als vom BCAP nur solche redaktionelle Werbung erfasst wird, für deren Veröffentlichung eine Gegenleistung in Geld oder Geldeswert erbracht wird und deren Inhalt der Werbende kontrolliert. Der Begriff der „redaktionellen Werbung“ ist damit in Großbritannien enger gefasst als in Deutschland. Zwar ist hier wie dort zu berücksichtigen, ob der Werbende für die Veröffentlichung ein Entgelt gezahlt hat. Während dies in Deutschland aber nur ein Kriterium für die Frage ist, ob die konkrete Art der Berichterstattung durch die publizistische Informationsaufgabe der Medien veranlasst und gerechtfertigt ist, ist es in Großbritannien Teil der Definition des Begriffes „redaktionelle Werbung“. Zwar ergeben sich in der Praxis insoweit keine großen Unterschiede, als ein Verleger oder Redakteur selten vollkommen unentgeltlich einen entsprechenden Artikel verfassen und/oder veröffentlichen wird. Dennoch ist festzustellen, dass der Verbraucher in Ausnahmefällen, in denen redaktionelle Werbung unentgeltlich z. B. als Freundschaftsdienst erfolgt, durch den BCAP nicht geschützt wird. 719 720 Ebenso Morton [1997] 1 CTLR 49 (50). CAP (Fußn. 497), S. 3. • 89 Diese Schutzlücke vergrößert sich noch dadurch, dass redaktionelle Werbung nach dem BCAP nur dann unzulässig ist, wenn der Werbende den Inhalt des Beitrags kontrolliert. Dieses Kriterium erscheint wenig geeignet, um einen zulässigen redaktionellen Beitrag von unzulässiger redaktioneller Werbung abzugrenzen. So ist es einerseits zu weit, andererseits zu eng. Zu weit ist es, da allein die Möglichkeit, den Inhalt des Artikels zu kontrollieren, noch nichts über den werblichen Charakter des Berichts aussagt. Beispielsweise ist es durchaus denkbar, dass ein Unternehmen sich nur deshalb ein Kontrollrecht ausbedingt, um sicherzustellen, dass die von ihm der Presse zur Verfügung gestellten Informationen auch korrekt wiedergegeben und nicht verfälscht werden. Obwohl in diesem Fall also eine sachlich gehaltene Information des Lesers erfolgt, ist nach dem BCAP ein entsprechender Artikel als Werbung zu kennzeichnen. Dies hat zur Folge, dass der Verbraucher über die Qualität der rezipierten Informationen irregeführt wird und damit nicht in der Lage ist, diese richtig zu gewichten. Letztlich erleidet der Verbraucher somit einen Informationsverlust, der seinen Willensbildungsprozess negativ tangiert. Zu eng ist dieses Kriterium, da redaktionelle Werbung auch ohne ein derartiges Kontrollrecht vorliegen kann. Besteht auf Seiten eines Verlegers oder Redakteurs die Absicht, im Rahmen eines Artikels für ein Unternehmen versteckt zu werben, wird er durchaus selbst in der Lage sein, den Bericht entsprechend zu gestalten. Für den Unternehmer besteht in diesem Fall daher gar kein Anlass, sich ein Kontrollrecht auszubedingen. Die Regelungen des BCAP gewähren somit keinen ausreichenden Schutz des Verbrauchers vor redaktioneller Werbung. Bedenklich ist insbesondere, dass sogar, wenn für die Veröffentlichung eines Artikels von Seiten des Werbenden ein Entgelt gezahlt worden ist, nur dann eine redaktionelle Werbung vorliegt, wenn zusätzlich der Werbende den Inhalt der Berichts kontrolliert. Der Umstand, dass ein Presseorgan für die Veröffentlichung eines Artikels von Seiten eines Unternehmers eine Gegenleistung erhält, stellt aber allein schon die Neutralität des Presseorgans in Frage und lässt keine sachgerechte Berichterstattung erwarten. Vielmehr wird sich der betreffende Verleger, Redakteur oder Journalist regelmäßig dem Unternehmer verpflichtet fühlen und entsprechend positiv über dessen Unternehmen oder Produkte berichten. Besser erscheint es deshalb, wie im deutschen Recht, darauf abzustellen, ob die konkrete Art der Berichterstattung durch die publizistische Informationsaufgabe der Medien noch veranlasst und gerechtfertigt ist, wobei schon die Annahme eines Entgelts die Vermutung begründet, dass die Berichterstattung zu Werbezwecken erfolgt. Zwar kann die deutsche Regelung zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen sobald kein Entgelt gezahlt wird, jedoch führt sie unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes zu sachgerechten Ergebnissen. Sie ermöglicht der Presse, in an- 90 gemessener Weise über Unternehmen und deren Produkte zu berichten und so dem Verbraucher wichtige Informationen zu vermitteln. Andererseits verhindert sie, dass der Verbraucher im Sinne eines Unternehmers gefärbte Informationen rezipiert, ohne deren werblichen Charakter erkennen zu können. II. Der Wahrheitsgrundsatz Der Verbraucher kann nur dann sachgerechte Entscheidungen treffen, wenn sein Kaufentschluss auf wahren Informationen beruht. Andernfalls ist seine Kaufentscheidung durch die Unternehmer manipuliert.721 Es besteht dann sowohl die Gefahr, dass er für sich nachteilige Verträge abschließt722 als auch, dass er seiner Schiedsrichterrolle im Wettbewerb nicht mehr gerecht und dieser verfälscht wird723. Es liegt daher nicht nur im Interesse der Verbraucher, sondern auch der Wettbewerber und der Allgemeinheit, Werbung mit unwahren, irreführenden Informationen zu verhindern.724 1. Angabe Der Verbraucher ist grundsätzlich nur vor Angaben zu schützen, die der Werbende im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit macht. Nur soweit, als Verbraucher im Marktgeschehen einem Unternehmer gegenüberstehen, besteht eine Konstellation, die den besonderen Schutz der Verbraucher rechtfertigt.725 Tritt dagegen ein Verbraucher als Anbieter auf, verfügt er grundsätzlich nicht über die einem Unternehmer typischerweise zur Verfügung stehende Marktmacht. Vielmehr will er seine Ware möglichst schnell verkaufen, um wirtschaftliche Nachteile, wie z. B. Wertverlust zu vermeiden. Es besteht daher auf seiner Seite eine größere Bereitschaft, sich die Vertragskonditionen von der Gegenseite diktieren zu lassen. Auch besitzen private Anbieter in der Regel nicht den für das Verhältnis Verbraucher – Unternehmer charakteristischen Informationsvorsprung. Es ist daher sachgerecht, dass sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien der Verbraucher grundsätzlich nur vor Angaben geschützt wird, die zu gewerblichen Zwecken erfolgen. Werbeangaben von Privatpersonen unterfallen weder dem UWG, noch dem TDA, CPA oder den CMAR. Lediglich der BCAP erfasst auch Angaben im nicht gewerblichen Bereich.726 721 Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 81. Präambel der Richtlinie 84/450/EWG (Fußn. 17). 723 Präambel der Richtlinie 84/450/EWG (Fußn. 17), Emmerich (Fußn. 173), S. 178 f., Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 81. 724 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 3, Emmerich (Fußn. 173), S. 179. 725 Siehe oben: 1. Teil: 1. Kapitel:D. 726 Jergolla (Fußn. 486), S. 74 f. 722 91 Um den Begriff der Angabe zu geschäftlichen Verhältnissen näher zu bestimmen, hat der deutsche Gesetzgeber in § 3 S. 1 UWG einen nicht abschließenden Beispielskatalog angefügt. Dieser Technik bedient sich auch das britische Recht in Sec. 2 (1) TDA und Sec. 21 CPA. Bei der Umsetzung der Richtlinie 84/450/EWG durch die CMAR 1988 hat der britische Gesetzgeber dagegen darauf verzichtet, den Beispielskatalog von Art. 3 der Richtlinie zu übernehmen. Inhaltlich entsprechen sich die Beispielskataloge von UWG einerseits und TDA/CPA andererseits weitgehend. Die Beispielskataloge im TDA/CPA sind etwas umfassender als der in § 3 S. 1 UWG. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass, im Gegensatz zum UWG, die aufgeführten Beispiele im Rahmen von TDA und CPA abschließende Regelung darstellen. Bei den aufgeführten Angaben handelt es sich jeweils um produkt- und preisbezogene Informationen. Unternehmensbezogene Angaben enthalten sie dagegen nicht. Der Verbraucher wird insofern in Großbritannien nur durch die CMAR und den BCAP, nicht jedoch durch den TDA geschützt. Dies gilt ebenso für Angaben hinsichtlich der Verfügbarkeit einer Ware. Weder in Deutschland noch in Großbritannien werden die Verbraucher vor tatsächlich nicht überprüfbaren Werbeaussagen, insbesondere Meinungsäußerungen und Werturteilen geschützt. Die Verbraucher benötigen insoweit aber auch keinen Schutz. Zwar mag es vereinzelt vorkommen, dass Verbraucher derartigen Äußerungen ein gewisses Gewicht beimessen, weit überwiegend stehen sie Werbung aber sowieso kritisch gegenüber, so dass leere Floskeln und Meinungen des Werbenden für ihre Kaufentscheidung bedeutungslos sind. Die Rechtslage in Deutschland und Großbritannien stimmt auch darin weitgehend überein, dass die Verbraucher vor Werbeangaben in jedweder Form zu schützen sind. Eine Ausnahme ergibt sich insofern nur im Rahmen des BCAP, der mündlich gemachte Werbeaussagen nicht erfasst. Diese Einschränkung ist jedoch nicht Ausdruck der Überlegung, dass Verbraucher insofern keines Schutzes bedürfen, sondern resultiert aus dem Umstand, dass der BCAP Werbeaussagen im direkten Gespräch grundsätzlich nicht erfasst. Dies hat wohl seinen Hintergrund darin, dass derartige Werbung mit den Mitteln der freiwilligen Selbstkontrolle nicht effektiv sanktioniert werden kann. 2. Eignung zur Irreführung Sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien werden die Verbraucher bereits dann vor irreführenden Werbeangaben geschützt, wenn konkret noch kein Verbraucher getäuscht worden ist. Im deutschen Recht sowie den CMAR ergibt sich dies daraus, dass die Angabe lediglich ge- 92 eignet sein muss, den Verbraucher irrezuführen. Der BCAP erfasst Angaben, die wahrscheinlich irreführen, so dass auch hier eine Irreführung konkret noch nicht stattgefunden haben muss. Die einschlägigen Tatbestände von TDA und CPA wiederum knüpfen die Strafbarkeit ausschließlich an das Machen einer falschen Angabe, ohne dass ein konkreter Erfolg eingetreten sein muss. Auch insofern ist es daher unerheblich, ob im Einzelfall Verbraucher getäuscht worden sind. Hintergrund dieser übereinstimmenden deutschen und britischen Regelungen sind neben präventiven wohl praktische Überlegungen. An sich würde es aus Verbraucherschutzgesichtspunkten nämlich ausreichen, die Verbraucher erst dann zu schützen, wenn zumindest ein Mitglied aus ihrer Gruppe irregeführt worden ist. Da es Hintergrund des Wahrheitsgrundsatzes ist, die Kaufentscheidung des Verbrauchers vor Manipulationen seitens der Werbenden zu schützen, ist es grundsätzlich nicht erforderlich, mit gesetzlichen Mitteln zu intervenieren, solange sich diese Gefahr nicht realisiert hat. Weder die Verbraucher noch die Konkurrenten noch der Wettbewerb als Institution hat in diesem Fall einen Schaden erlitten. Jedoch wäre eine solche Regelung vollkommen unpraktikabel. Es müssten dann jeweils konkret getäuschte Verbraucher ermittelt werden. Dies würde sich schon deshalb als schwierig darstellen, weil irregeführte Verbraucher regelmäßig eben gerade nicht realisieren, dass sie getäuscht worden sind – hätten sie die Täuschung bemerkt, wäre es dem Unternehmer ja nicht möglich gewesen sie irrezuführen – und sich deshalb auch nicht bei den zuständigen Stellen melden werden. Ferner ist auch fraglich, ob sich Verbraucher, die die Irreführung bemerkt haben, tatsächlich melden würden oder ob sie nicht, aus Scham oder um Ärger zu vermeiden, lieber unerkannt bleiben wollen. Es würde die Kläger und Verfolgungsbehörden folglich vor zahlreiche praktische Probleme stellen, irregeführte Verbraucher zu ermitteln. Dies würde es erheblich erschweren, irreführende Werbeangaben zu verfolgen und zu unterbinden und somit die Interessen der Verbraucher zu schützen. Es ist daher aus Verbraucherschutzgesichtspunkten durchaus konsequent, irreführende Werbeangaben bereits in einem Stadium zu sanktionieren, in dem eine Irreführung konkret noch nicht eingetreten ist. Die Eignung zur Irreführung einer Werbeangabe beurteilt sich in Deutschland und Großbritannien – mit Ausnahme von Sec. 21 CPA – übereinstimmend anhand eines subjektiven Maßstabs aus Sicht der angesprochenen Verbraucher. Dies ist auch grundsätzlich richtig und konsequent, da der Verbraucher insofern keines Schutzes bedarf, als er eine Werbeaussage, sei sie auch objektiv noch so falsch, richtig versteht. Andererseits kann die Anwendung eines subjektiven Maßstabs dazu führen, dass objektiv richtige Informationen irreführend und damit unzulässig 93 sind, weil sie vom Verbraucher falsch interpretiert werden. Der Unternehmer kann sich daher nicht darauf verlassen, mit richtigen Informationen in jedem Fall werben zu dürfen, sondern muss sich zusätzlich immer fragen, wie wohl der Verbraucher die entsprechende Angabe auffassen wird. Dies kann dazu führen, dass sich Unternehmen im Zweifel entschließen, eine bestimmte Information im Rahmen ihrer Werbung nicht zu verwenden. Da die Verbraucher aber ein Interesse daran haben, im Rahmen ihrer Willensbildung möglichst viele Informationen zu sammeln, ist dies auch aus ihrer Sicht eine missliche Situation. Die Gerichte sollten daher bei der Beurteilung des irreführenden Charakters einer wahren Werbeangabe äußerst zurückhaltend vorgehen. Den Verbraucher, dessen Sicht die britischen und mittlerweile auch deutschen Gerichte bei der Beurteilung der Irreführungsgefahr zu Grunde legen, ist der durchschnittlich verständige, informierte und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher.727 Mit diesem Verbraucherleitbild ist es nicht vereinbar, dass die deutsche Rechtsprechung annimmt, der Verbraucher nehme jede noch so übertriebene Werbeaussage für bare Münze, sofern diese inhaltlich nur überprüfbar ist. Ein durchschnittlich verständiger, informierter und situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher weiß, dass Werbung den Sinn und Zweck hat, Produkte anzupreisen und deshalb zu Übertreibungen neigt. Solange diesem Verbraucher keine über Slogans hinausreichende Informationen vermittelt werden, nimmt er eine Werbung grundsätzlich nicht ernst. Dieser Meinung sind auch die britischen Gerichte728, die insofern der Realität erheblich näher stehen als die deutsche Rechtsprechung. Es ist jedoch anzumerken, dass sich in neueren Entscheidungen729 auch der BGH von seiner bisherigen Rechtsprechung zu lösen scheint und dem Verbraucher in größerem Maße zutraut, werbliche Übertreibungen von sachlicher Information zu unterscheiden. Während die britische Rechtsprechung die Sicht des Durchschnittsverbrauchers normativ ermittelt, stellt die deutsche Rechtsprechung diese grundsätzlich empirisch fest. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch in Deutschland nur in seltenen Fällen tatsächlich eine Verkehrsbefragung stattfindet730, so dass auch deutsche Gerichte großteils auf normative Wertungen zurückgreifen. Es besteht dann – genau wie in Großbritannien – die Gefahr, dass der Richter sein – meist aufgeklärtes – Verständnis mit dem des Durchschnittsverbrauchers gleichsetzt.731 Auf diese Art substituiert das Verständnis einer intellektuellen Oberschicht das Verständnis des Be727 Siehe oben: 1. Teil: 1. Kapitel:B.V. Nicht jedoch die ASA, siehe auch Jergolla (Fußn. 486), S. 133. 729 BGH, GRUR 2002, 182 – Das Beste jeden Morgen, BGH, GRUR 2002, 982 (984) – Die „Steinzeit“ ist vorbei. 730 Siehe oben: 1. Teil: 1. Kapitel:B.III. 731 Schricker in: FS Zweigert, 1. Aufl. 1990, S. 537 (563), Gloy/Jacobs/Schulte-Beckhausen (Fußn. 169), § 26 Rn. 49, Seibt, GRUR 2002, 465 (467). 728 94 völkerungsdurchschnitts, so dass große Teile der Verbraucherschaft bei der Ermittlung der Verkehrsauffassung unberücksichtigt und damit schutzlos bleiben.732 Wird das Verkehrsverständnis dagegen empirisch ermittelt, führt dies im Zusammenspiel mit der Verwendung niedriger Irreführungsquoten in der Regel zu dem gegenteiligen Ergebnis, dass das Verständnis intellektuell unterprivilegierter Schichten an die Stelle des Verständnisses des Durchschnittsverbrauchers gesetzt wird.733 Da es den durchschnittlichen Verbraucher als Person nicht gibt, kann eine Verkehrsbefragung nicht unter Durchschnittsverbrauchern stattfinden. Vielmehr erfolgt die Verkehrsbefragung anhand einer repräsentativ ausgewählten Gruppe, die aus Menschen mit ganz unterschiedlichen intellektuellen Fähigkeiten besteht.734 Werden in einer solchen Gruppe 20% der Befragten durch eine Werbeaussage irregeführt und infolgedessen die Werbung als irreführend beurteilt, wird das Verständnis besonders leichtgläubiger oder intellektuell unterprivilegierter Verbraucher an die Stelle der breiten Mehrheit gesetzt. Dieser entgehen dann für die Bildung ihres Kaufentschlusses wichtige Informationen.735 Um dieses Ergebnis zu vermeiden, sollten daher von der Rechtsprechung grundsätzlich höhere Irreführungsquoten gefordert werden, wobei in besonders sensiblen Bereichen, wie z. B. der Gesundheitswerbung, auch niedrigere Irreführungsquoten zuzulassen sind. Grundsätzlich wäre es jedoch zu begrüßen, wenn sich auch die deutsche Rechtsprechung ein normatives Verbraucherleitbild zu Eigen machen würde.736 Nachdem in der Praxis das Verkehrsverständnis sowieso nur in Ausnahmefällen empirisch ermittelt wird, wäre es ehrlicher, insofern gleich auf Verkehrsbefragungen zu verzichten und sich einzugestehen, dass die Frage, ob eine Werbung die Verbraucher irreführt, faktisch meist nur mittels normativer Wertungen beantwortet werden kann. Dabei ist auch zu bedenken, dass die h. M. bereits bisher normative Gesichtspunkte bei der Beurteilung der Irreführungsgefahr berücksichtigt hat, indem sie beispielsweise eine Interessenabwägung durchführt.737 Auch deshalb wäre es ehrlicher, gleich auf ein normatives Verbraucherleitbild abzustellen, anstatt eine empirisch ermittelte Irreführung normativ zu korrigieren.738 Um jedoch die Risiken eines normativen Verbraucherleitbildes möglichst zu begrenzen, haben die Gerichte bei der Ermittlung des Verständnisses des Durchschnittsverbrauchers äußerst sorgfältig abzuwägen und im Zweifel eine Irreführung eher zu bejahen als abzulehnen. 732 Ähnlich Schricker (Fußn. 731), S. 537 (564), Gloy/Jacobs/Schulte-Beckhausen (Fußn. 169), § 26 Rn. 49. Ähnlich Schünemann (Fußn. 369), S. 137, Sosnitza (Fußn. 310), S. 182 ff. 734 Ähnlich Gloy/Jacobs/Schulte-Beckhausen (Fußn. 169), § 26 Rn. 49. 735 Schünemann (Fußn. 369), S. 137, a. A. Doepner, WRP 1997, 999 (1004). 736 Ebenso, jedoch mit anderer Begründung Westermann, GRUR 2002, 403 ff. 737 Schünemann (Fußn. 369), S. 138. 738 Schünemann (Fußn. 369), S. 138. 733 95 3. Relevanz Der Verbraucherschutz erfordert nicht, dass der Verbraucher vor jedweder Fehlvorstellung geschützt wird. Vielmehr ist er nur hinsichtlich solcher Umstände zu schützen, die er im Rahmen seiner Willensbildung berücksichtigt, die also Teil der Entscheidungsgrundlage werden.739 Jegliche über dieses erforderliche Maß hinausgehende Regulierung entspricht nicht mehr dem Verbraucherinteresse und ist daher zu vermeiden. Relevant für den Verbraucher sind stets Angaben über den Preis. Dies gilt insbesondere auch für betriebliche Kalkulationsfaktoren, die der Werbende im Rahmen seiner Werbung offen legt und die auf ein besonders günstiges Angebot schließen lassen.740 Entscheidungsrelevant können ferner produktbezogene Angaben, insbesondere Informationen über die Qualität und Beschaffenheit einer Ware oder Dienstleistung sein.741 Insoweit ist es jedoch schwierig, allgemeine Aussagen zu treffen. Vielmehr ergibt sich die Wichtigkeit einer bestimmten Information zumeist aus der Art des beworbenen Produkts.742 So spielt die Herkunftsangabe bei Wein eine durchaus wichtige Rolle, wohingegen der Produktionsort eines Duftschaumbades nur wenige Verbraucher interessiert. Neben produktbezogenen Angaben können schließlich unternehmensbezogene Informationen für den Verbraucher relevant sein.743 Jedoch lassen sich auch hier keine allgemeinen Aussagen • treffen. Für den Verbraucher kann beispielsweise die Größe und Marktstellung eines Unternehmens eine wichtige Information sein, da sie unter Umständen Rückschlüsse auf die Qualität oder Preisgünstigkeit der vertriebenen Ware zulässt. Ebenso kann es einem Verbraucher wichtig sein, ob sich ein Unternehmen sozial engagiert, ob es versucht Arbeitsplätze zu erhalten oder zu schaffen, indem es nur im Inland produziert oder ob es im Inland Steuern zahlt. Ferner können die Eigentumsverhältnisse, das Alter oder die Tradition eines Unternehmens für die Kaufentscheidung des Verbrauchers relevant sein. Dagegen wird dessen Rechtsform in der Regel unbedeutend sein. In Deutschland wurde in Rechtsprechung und Literatur diese Unterscheidung zwischen für den Verbraucher wichtigen und unwichtigen Informationen lange Zeit nicht beachtet. Vielmehr stellte diese darauf ab, ob die Angabe geeignet ist, dass sich der Verbraucher näher mit dem Angebot beschäftigt. Da es aber eben gerade Aufgabe von Werbung ist, die Aufmerksamkeit 739 Ähnlich Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 138. Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 139. 741 Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 140. 742 Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 142. 743 A. A. Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 140. 740 • 96 ihrer Rezipienten zu erregen, wurde der Verbraucher fast vor jedweder Fehlvorstellung geschützt, auch wenn sie für seine Kaufentscheidung noch so unbedeutend war.744 Dem Verbraucherinteresse wurde durch diese Rechtsprechung nicht ausreichend Rechnung getragen. Es ist daher zu begrüßen, dass der BGH in seiner neueren Rechtsprechung in zunehmenden Maße darauf abstellt, ob die betreffende Werbeaussage für die Kaufentscheidung eines nicht unerheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise von Bedeutung ist, wenngleich er in Einzelfällen den Kreis der kaufentscheidenden Angaben etwas weit zieht745. Er nähert sich damit zugleich der englischen Rechtsprechung an, die sowohl im Rahmen des TDA als auch der CMAR von jeher darauf abstellt, ob die entsprechende Angabe geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Kunden zu beeinflussen. Dabei ist bezüglich des TDA jedoch zu beachten, dass dort die Angabe eine bestimmte, gesetzlich definierte Eigenschaft der Ware betreffen muss. Der TDA schützt den Kunden daher nur davor, durch produktbezogene Informationen irregeführt zu werden. Dagegen bietet er keine Möglichkeit, auch gegen irreführende unternehmensbezogene Angaben vorzugehen. Hinsichtlich produktbezogener Informationen bietet der TDA allerdings einen sehr umfangreichen Schutz. So unterfällt grundsätzlich jede falsche Angabe über gegenständliche Eigenschaften einer Ware dem TDA.746 Zwar enthält der Katalog der Sec. 2 (1) TDA auch Eigenschaften einer Ware, wie z. B. deren Produktionsort, die nur selten für die Kaufentscheidung des Kunden relevant sind. Dadurch, dass die Rechtsprechung aber darauf abstellt, dass die falsche Angabe geeignet sein muss, den Kunden zum Kauf zu veranlassen, kann auch insofern im Einzelfall sinnvoll zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen unterschieden werden. Die englische Rechtsprechung trägt damit auch der Erkenntnis Rechnung, dass produktbezogene Eigenschaften nicht starr als wichtig oder unwichtig qualifiziert werden können, sondern immer im Einzelfall nach Art des beworbenen Produkts zwischen für die Kaufentscheidung relevanten und irrelevanten Angaben zu differenzieren ist. Im Gegensatz zum TDA unterscheidet der CPA nicht zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen. Da der CPA die Verbraucher aber ausschließlich vor falschen Preisangaben schützt, diese jedoch stets kaufentscheidungsrelevant sind, ist eine solche Unterscheidung auch nicht angebracht. Die ASA berücksichtigt bei der Entscheidung, ob eine Werbung irreführend im Sinne von Clause 7.1 BCAP ist, nicht die Wichtigkeit der betreffenden Angabe für die Kaufentscheidung 744 Ähnlich Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 133. Siehe z. B. BGH, GRUR 2003, 628 (630) – Klosterbrauerei. 746 Siehe Sec. 2 (1)(e) TDA. 745 97 des Verbrauchers.747 Der BCAP schützt den Verbraucher somit allumfassend vor jedweder Fehlvorstellung. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um produkt- oder unternehmensbezogene Informationen handelt. Im Rahmen des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle der Werbung erfolgt somit, ähnlich der älteren deutschen Rechtsprechung, eine Überregulierung des Irreführungsschutzes, die letzten Endes zu Lasten der Verbraucher geht. Es ist jedoch anzumerken, dass Entscheidungen wie „C W Anderson & Sons“748 die Ausnahme bilden. Die ASA erhält nämlich von Verstößen gegen den BCAP meist nur durch Verbraucherbeschwerden Kenntnis.749 Da sich diese aber nur dann beschweren, wenn sie sich von einer Werbung in entscheidender Art und Weise getäuscht fühlen, findet insofern schon eine Vorauswahl statt. Die ASA hat daher in der Regel nur über Werbung zu entscheiden, die tatsächlich auch die Verbraucherinteressen tangieren. III. Informationspflichten Weder in Deutschland noch in Großbritannien hat Werbung vollständig zu sein. In keiner der beiden Rechtsordnungen existiert ein Rechtssatz, der besagt, dass der Verbraucher über alle Einzelheiten des beworbenen Produkts zu informieren ist. Dies ist auch sachgerecht. Der Unternehmer hat ein Interesse daran, in der Werbung sein Produkt möglichst positiv zu beschreiben und Nachteile zu verschweigen. Dies weiß auch der Verbraucher, der deshalb in der Regel nicht erwartet, in der Werbung objektiv und vollständig informiert zu werden.750 Darüber hinaus würden weit reichende Informationspflichten des Werbenden auch die Markttransparenz zu Lasten des Verbrauchers verschlechtern.751 Da dem Verbraucher neben wichtigen auch großteils unwichtige Informationen vermittelt werden würden, müsste er zuerst aus der Flut der Informationen die wichtigen Informationen herausfiltern. Dies kann sich im Einzelfall aber durchaus schwierig darstellten. Gelingt es ihm nicht, würde sich die Markttransparenz verschlechtern, da ihm in diesen Fällen wichtige Informationen verloren gingen. Informationspflichten sind daher nur insoweit sinnvoll, als sie Umstände betreffen, die für den Kaufentschluss des Verbrauchers relevant sind. Auch insoweit existiert aber weder in Deutschland noch in Großbritannien ein Rechtssatz, nach dem ein Werbender dem Verbraucher alle für ihn wichtigen Informationen mitzuteilen hat. So ist beispielsweise der Preis einer Ware sicherlich eine Information, die der Verbraucher im Rahmen seiner Willensbildung berücksichtigt. 747 Ebenso Jergolla (Fußn. 486), S. 139 f. 9th August 2000. 749 Siehe unten: 3. Teil: 2. Kapitel:B.III. 750 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 47, Loewenheim, GRUR 1980, 14 (15). 751 Siehe dazu auch oben: 1. Teil: 2. Kapitel:C. 748 98 Dennoch muss der Unternehmer dem Verbraucher den Preis der Ware grundsätzlich nicht mitteilen. Es obliegt seinem Ermessen mit dem Preis seiner Ware zu werben. Dem Verbraucher andererseits steht es frei, sich vor dem Kauf einer Ware über dessen Preis zu informieren und er wird dies regelmäßig auch tun. Nur wenn er denkt, alle für seinen Kaufentschluss relevanten Informationen erhalten zu haben, wird er es unterlassen, weitere Informationen einzuholen. Dies ist genau der Punkt, in dem die deutschen und britischen Irreführungsverbote eingreifen. Sie untersagen Werbung, die dem Verbraucher relevante Informationen vorenthält, ohne dass es dieser bemerkt, weil er konkludent von einem (unzutreffenden) Sachverhalt ausgeht. So gehen Käufer von Elektro- oder Sportartikel mangels anderweitiger Angaben davon aus, dass es sich bei dem beworbenen Produkt um ein aktuelles Modell handelt. Ebenso unterstellen Käufer eines Gebrauchtwagens, dass der Tachometerstand dessen zurückgelegte Fahrstrecke exakt wiedergibt. Die Verbraucher erkundigen sich infolgedessen nicht mehr nach den relevanten Produkteigenschaften und werden somit durch die Auslassung irregeführt. Es ist somit festzustellen, dass sich die Frage nach Informationspflichten des Werbenden im Rahmen der Irreführungstatbestände so nicht stellt. Vielmehr geht es um die Frage, ob der Unternehmer den Verbraucher dadurch irreführt, dass er eine relevante Information nicht erwähnt. Diese Frage ist nach den allgemeinen Grundsätzen zum Wahrheitsgrundsatz zu beantworten.752 Insbesondere ist zu beachten, dass der Verbraucher nur vor solchen Irreführungen zu schützen ist, die für seinen Kaufentschluss relevant sind.753 Insoweit als der BCAP den Werbenden ver• pflichtet, den Verbraucher aktiv über bestimmte Umstände zu informieren, betrifft dies Ausnahmesituationen, wie z. B. die Veranstaltung eines Gewinnspiels oder eines Fernabsatzgeschäftes, in denen der Verbraucher aufgrund der besonderen Situation besonderen Schutzes bedarf. IV. Der Sachlichkeitsgrundsatz Im Gegensatz zum deutschen Recht ist der britischen Rechtsordnung der Gedanke, dass Werbung sachlich sein soll, vollkommen fremd. Lediglich im Bereich der freiwilligen Selbstkontrolle spielen Sachlichkeitsüberlegungen eine gewisse Rolle, jedoch haben diese dort eine vollkommen andere Funktion als das Sachlichkeitsgebot im deutschen Recht. Als Konsequenz daraus, dass das britische und deutsche Recht hinsichtlich des Sachlichkeitsgrundsatzes differieren, werden die Verbraucher in Deutschland auf ganz anderem Niveau vor unsachlicher Werbung 752 753 Siehe oben: 2. Teil: 3. Kapitel:A.II. Siehe oben: 2. Teil: 3. Kapitel:A.II.3. • 99 geschützt als die britischen Verbraucher. Die Unterschiede betreffen dabei hauptsächlich den Bereich der gefühlsbetonten Werbung. Aber auch innerhalb der Fallgruppe der Wertreklame bestehen noch Differenzen. 1. Wertreklame Nach britischem Verständnis ist es grundsätzlich zulässig, den Verbraucher durch die Gewährung zusätzlicher Leistungen zum Vertragsschluss zu motivieren. Es macht dabei keinen Unterschied, ob diese zusätzliche Leistung in der Gewährung einer Zugabe, einem Kopplungsangebot oder der Möglichkeit, an einem Gewinnspiel teilzunehmen, besteht. Insoweit als das britische Recht sehr detailliert die Zulässigkeit von Gewinnspielen und Preisausschreiben regelt, erfolgt dies nicht, um die Verbraucher vor unlauterer Werbung, sondern um diese vor den Gefahren des Glückspiels zu schützen. In Deutschland entspricht die Rechtslage nunmehr weitgehend der britischen. So sind auch hier Zugaben, Werbegeschenke, Vorspann- und Kopplungsangebote jetzt grundsätzlich zulässig. Ausschließlich die Gewinnspielwerbung stößt in der deutschen Rechtsprechung wohl noch auf Bedenken, so dass hier die deutsche Rechtslage von der britischen divergiert. Die Annäherung des deutschen an das britische Recht resultiert sowohl aus Änderungen der Gesetzeslage als auch aus einem Wandel der Rechtsprechung. Sie ist unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes zu begrüßen. Die Überlegung, dass der Konsument durch die Möglichkeit, eine zusätzliche Leistung zu erhalten, von Qualität und Preis des Produkts abgelenkt wird und sich deshalb nur aus sachfremden Überlegungen für dieses entscheidet, rechtfertigt nämlich kein weitgehendes Verbot der Wertreklame. Selbst wenn die Annahme zutreffen sollte, der Verbraucher entscheide sich hauptsächlich wegen der zusätzlichen Ware oder Leistung für das beworbene Produkt, ist dagegen grundsätzlich nichts einzuwenden. Erfolgt die zusätzliche Leistung oder Ware im Vorfeld des Vertragsschlusses, wie dies z. B. bei Werbegeschenken der Fall ist, erhält der Verbraucher eine Ware, für die er keinen Gegenwert aufzuwenden braucht. Der Unternehmer verfolgt dabei das Ziel, auf sich aufmerksam zu machen und bei dem potentiellen Kunden Sympathien zu wecken. Der Verbraucher, der ein solches Werbegeschenk erhält, weiß, dass der Unternehmer aus Gründen der Geschäftsförderung und nicht aus purem Altruismus handelt. Er ist daher in der Lage, das Geschenk des Werbenden richtig einzuordnen. Deshalb wird er sich auch kaum allein aus Gründen der Sympathie für diesen Unternehmer entscheiden. Vielmehr können diese Überlegungen allenfalls den letzten Ausschlag geben, wenn sich der Verbraucher zwischen mehre- 100 ren annähernd gleichwertigen Produkten zu entscheiden hat. Da die Art, mit der sich ein Unternehmen nach außen präsentiert, letztlich auch ein Qualitätsmerkmal darstellt, ist es dann aber keinesfalls sachfremd, wenn er sich für das sympathischere Unternehmen entscheidet. Es stößt daher auch auf keine Bedenken, wenn der Verbraucher allein aus Gründen der Sympathie ein Produkt eines bestimmten Unternehmens erwirbt. Es ist nämlich die ureigenste Entscheidung des Verbrauchers, wie er die verschiedenen Entscheidungsfaktoren gewichtet.754 Eine Kaufentscheidung aus Gründen der Sympathie ist daher genauso sachlich wie aus Gründen des Preises oder der Qualität eines beworbenen Produkts. Auch die Fälle der Wertreklame, in denen eine zusätzliche Leistung oder Ware von dem Erwerb eines Produkts abhängig ist, sind aus verbraucherschutzrechtlicher Sicht unbedenklich. Die zusätzliche Leistung oder Ware ist hier ein Teil des Angebots. Es handelt sich daher nicht um sachfremde Überlegungen, wenn sich der Verbraucher für ein solches Angebot entscheidet, sondern um eine Frage der Preiswürdigkeit des gesamten Angebots.755 Dies gilt ebenso für die Konstellationen, in denen die zusätzliche Leistung in der Möglichkeit, an einem Gewinnspiel teilzunehmen, besteht.756 Auch diese ist ein geldwerter Vorteil, der im Rahmen der Preiswürdigkeit eines Angebots zu berücksichtigen ist. Selbst wenn sich der Verbraucher nur deshalb zum Erwerb eines Produktes entscheidet, um an einem Gewinnspiel teilnehmen zu können, erleidet er dadurch keinen wirtschaftlichen Nachteil. Vielmehr ist der Kaufpreis eben die Gegenleistung für eine Gewinnchance. Das Urteilsvermögen des Verbrauchers wird durch die Aussicht auf einen möglichen Gewinn jedenfalls nicht getrübt.757 Zumal dem durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Verbraucher kann man getrost die Entscheidung überlassen, ob er eine Packung Salzstangen kaufen möchte, um ein Mountainbike gewinnen zu können.758 Erforderlich ist aus Gründen des Verbraucherschutzes in den Fällen, in denen mehrere Produkte oder Leistungen miteinander verbunden sind, jedoch, dass der Verbraucher über den Preis oder die Qualität der verschiedenen Bestandteile nicht irregeführt wird. Dieser Grundsatz ist sowohl im deutschen als auch im britischen Recht anerkannt. Der BGH führt in seinem Urteil „Kopplungsangebot II“759 insofern aus, dass den Werbenden zwar grundsätzlich keine Pflicht trifft, den Wert der Zugabe anzugeben760, dass eine solche Pflicht aber im Einzelfall bestehen kann, wenn der Verbraucher andernfalls über den Wert der Zusatzleistung getäuscht oder unzurei754 Ähnlich Teichmann/van Krüchten, WRP 1994, 704 (706), Koppensteiner, WBl 1995, 1 (7), für die gefühlsbetonte Werbung. 755 Köhler, GRUR 2001, 1067 (1068 f.) 756 Cordes, WRP 2001, 867 (872), Köhler, GRUR 2001, 1067 (1075). 757 Sosnitza, GRUR 2003, 739 (743). 758 Sosnitza, GRUR 2003, 739 (743). 759 BGH, GRUR 2002, 979 (981) – Koppelungsangebot II. 760 Ebenso BGH, GRUR 2003, 538 (539) – Gesamtpreisangebot. 101 chend informiert wird. Unzulässig ist es ferner, den unentgeltlichen Teil eines Angebots herauszustellen ohne gleichzeitig deutlich auf zusätzlich anfallende Kosten hinzuweisen.761 Diese Grundsätze gelten auch im englischen Recht. Dort ist der Kunde laut BCAP bei Zugaben auf ihn treffende Kosten hinzuweisen.762 Der BCAP763 geht jedoch noch einen Schritt weiter und untersagt es, Teile eines Warenpakets als kostenlos zu bezeichnen, obwohl in Wirklichkeit deren Kosten im Paketpreis mitenthalten sind764. Diese Regelung geht an den Belangen des Verbraucherschutzes vorbei. Der Verbraucher weiß in diesem Fall genau, welche Leistungen das Gesamtangebot enthält und welchen Preis er dafür zu bezahlen hat. Ob er sich darüber täuscht, wie der Unternehmer den Paketpreis kalkuliert und ob dieser kostenlose Leistungen enthält, ist daher unbeachtlich.765 Diese Überlegungen gelten auch für den Fall, dass der Unternehmer die Kosten der Zugabe dadurch zu amortisieren versucht, dass er den Preis der Hauptware erhöht. Die entsprechende Bestimmung im BCAP766 verdient daher nur insoweit Zustimmung, als sie es untersagt, die zusätzlichen Kosten durch eine Verschlechterung der Qualität der Hauptware zu amortisieren. Diese kann der Verbraucher nicht erkennen, so dass er insofern zu schützen ist. 2. Gefühlsbetonte Werbung In Großbritannien ist – im Gegensatz zu Deutschland – der Gedanke, dass an das Gefühl appellierende Werbung rechtlichen Restriktionen unterliegen könnte, weitgehend fremd. Ein Ausnahme stellen insofern die Regelungen des BCAP zur Angst- und Schockwerbung sowie zur Werbung für alkoholische Getränke dar. Bei Letzteren handelt es sich zwar nicht um Konstellationen, die im deutschen Recht typischerweise als gefühlsbetonte Werbung erfasst werden. Gleichwohl ist zu betonen, dass auch insoweit Werbung inmitten steht, die an das Gefühl der Verbraucher appelliert. Der Unterschied besteht dabei nur in der Art der angesprochenen Gefühle. Geht es bei der gefühlsbetonten Werbung nach deutschem Verständnis um Werbung, die sich an das soziale Verantwortungsgefühl der Verbraucher wendet, untersagt der BCAP767 • Werbung, die Alkoholkonsum mit persönlichem Erfolg, Attraktivität oder Männlichkeit verbindet. Im Gegensatz zum deutschen Recht stellt der BCAP insofern auch nicht darauf ab, ob zwischen Werbung und beworbenen Produkt ein sachlicher Bezug besteht. Dies ist im Fall von Al761 BGH, GRUR 2002, 979 (981) – Koppelungsangebot II. Clause 32.1 BCAP. 763 Clause 32.3 BCAP. 764 Clause 32.3 BCAP. 765 Ebenso Beater (Fußn. 25), § 16 Rn. 62 für das deutsche und schweizerische Recht. 766 Clause 32.2 BCAP. 767 Clauses 36.7, 36.9, 36.10 BCAP. 762 • 102 koholwerbung auch nicht erforderlich, da es hier regelmäßig an einem sachlichen Bezug zwischen dem beworbenen Produkt und den suggerierten Gefühlen fehlen wird. Tatsächlich führt – zumindest regelmäßiger – Alkoholkonsum nämlich eher zum Gegenteil von persönlichem Erfolg und Attraktivität und genau dies ist auch der Grund, weshalb der BCAP Werbung für Alkohol Restriktionen unterwirft. Es geht um den Schutz der Verbraucher vor den Gefahren des Alkohols. Die Überlegung, dass der Verbraucher durch den Appell an sein Gefühl eine irrationale und unsachliche Entscheidung trifft, spielt dagegen keine Rolle. Gleichwohl zeigen diese Bestimmungen des BCAP sehr deutlich, dass die Organe der freiwilligen Selbstkontrolle ebenso wie die deutsche Rechtsprechung an das Gefühl appellierende Werbung als höchst wirksam betrachten. Werbung mit sachlichen Argumenten wie dem Geschmack eines Getränks oder sogar dessen Alkoholgehalt ist nach dem BCAP nämlich erlaubt. Die größten Ähnlichkeiten hinsichtlich des Sachlichkeitsgrundsatzes weist das englische mit dem deutschen Recht im Bereich der Angst- und Schockwerbung auf. Der BCAP768 untersagt • diese Werbemethoden, sofern sie ohne guten Grund verwandt werden. Die ASA berücksichtigt bei ihren Entscheidungen dabei auch, ob zwischen Werbung und beworbenen Produkt ein sachlicher Zusammenhang besteht. Dieser dient, im Gegensatz zum deutschen Recht, jedoch lediglich dazu, eine Werbung als zulässig zu rechtfertigen und nicht, um diese als unzulässig zu qualifizieren. Ansatzpunkt der ASA und des CAP ist dabei, dass es grundsätzlich zulässig ist, auf Gefahren hinzuweisen. Unzulässig ist es jedoch, irrationale Ängste zu erwecken und diese zu Werbezwecken auszunützen, oder anders formuliert: Es ist nur erlaubt, aus realen Gefahren, nicht aber aus irrationalen Gefahren zu Werbezwecken Kapital zu schlagen. Da nun aber gerade im Gesundheitsbereich, in dem Angstwerbung oftmals stattfindet, tatsächlich reale, Existenz bedrohende Gefahren bestehen, ist ein Großteil dieser Werbung zulässig. Dies gilt ebenso für Werbung für Sicherheitsprodukte und Versicherungen, in der sehr wirkungsvoll auf reale Gefahren und Risiken hingewiesen werden kann, deren Vermeidung gerade der Zweck der beworbenen Produkte ist. Anhand dieser Beispiele wird sehr deutlich, wie ungeeignet der Sachlichkeitsgrundsatz ist, um verbraucherschädliche von verbraucherunschädlicher Werbung abzugrenzen. Gerade in Fällen, in denen an reale Ängste der Verbraucher appelliert wird und das beworbene Produkt eine praxistaugliche Möglichkeit bietet, diese Gefahren zu minimieren oder zu vermeiden, besteht ein sachlicher Zusammenhang zwischen Werbung und beworbenen Produkt. Gerade diese Art Werbung ist es aber auch, für die der Verbraucher aufgrund seiner Ängste höchst empfänglich 768 Clause 9.1 BCAP. • 103 und bereit ist, sich im Sinne des Werbenden beeinflussen zu lassen. Besteht dagegen kein Sachzusammenhang zwischen Werbung und beworbenen Produkt, kann der Verbraucher seine Ängste nicht dadurch bekämpfen, dass er das beworbene Produkt erwirbt. Es besteht daher aber auch kein sehr großes Risiko, dass er von der Werbung in irgendeiner Art beeinflusst wird. Diesen Gesichtspunkt verkennt der BGH, wenn er in der Entscheidung „Ölverschmutzte Ente“769 argumentiert, diese Werbung wäre zulässig, wenn mit dem Foto für ein Unternehmen geworben worden wäre, das ölfressende bakterielle Substanzen produziert. Gerade weil eben kein Sachzusammenhang zwischen einem Bekleidungsunternehmen und den Folgen einer Ölkatastrophe besteht, ist diese Werbung auch nicht geeignet, den Verbraucher in irgendeiner Art zu beeinflussen770, sondern dient lediglich dazu, auf das werbende Unternehmen aufmerksam zu machen. Dies ist aber Zweck jeder Werbung und aus Verbraucherschutzgesichtspunkten vollkommen unbedenklich. Im englischen Recht ist es, anders als nach der deutschen Rechtsprechung erlaubt, wenn ein Unternehmen mit seinem karitativen Engagement für sich wirbt. Dies verdeutlicht die ASAEntscheidung im Fall „Earth Call Telecommunications“771, in dem es die ASA als zulässig beurteilt hat, in der Werbung für einen Anbieter von Telefondienstleistungen auf dessen Umweltengagement hinzuweisen. Dieser Entscheidung ist vollumfänglich zuzustimmen. Entgegen der Rechtsprechung des BGH und einem Teil der Literatur stößt derartige Werbung unter Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes auf keinerlei Bedenken. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um produktabhängige oder produktunabhängige Werbung handelt. Selbst wenn der karitative Zweck direkt durch den Erwerb eines Produkts unterstützt wird, befindet sich der Verbraucher nicht in der Zwangslage, die Ware zu kaufen oder dem karitativen Zweck seine Unterstützung zu verweigern.772 In der heutigen Zeit ist es der Verbraucher gewöhnt, mit der Bitte um eine Spende konfrontiert zu werden, sei es durch Obdachlose bei einem Gang durch die Stadt oder auf sonstige Art und Weise durch soziale Einrichtungen und Organisationen. Durch die Vielzahl der an ihn herangetragenen Bitten ist er es aber ebenso gewöhnt, diese abzulehnen, ohne sofort ein schlechtes Gewissen zu haben. Es ist daher nicht ersichtlich, warum sich der Verbraucher verpflichtet fühlen sollte, ein derart beworbenes Produkt zu kaufen. Darüber hinaus wird er wohl kaum ein Produkt erwerben, das er weder braucht noch will, ausschließlich um einen karitativen Zweck zu unterstützen.773 In diesem Fall wäre es weitaus einfacher und effizienter für ihn, den wohltätigen Zweck direkt durch eine Spende und nicht durch den Kauf ei769 BGH, GRUR 1995, 598 (599) – Ölverschmutzte Ente. Hoffmann-Riem, ZUM 1996, 1 (7 f.). 771 Earth Call Telecommunications, 13th September 2000. 772 Sosnitza (Fußn. 310), S. 96, a. A. Füger (Fußn. 371), S. 296, Hollerbach/Kapp, DB 1998, 1501 (1504). 773 Artmann, WBl 1998, 474 (477). 770 104 nes unerwünschten Produkts zu fördern. Die Möglichkeit, einen karitativen Zweck zu unterstützen, gibt daher in der Regel nur den letzten Ausschlag.774 Entscheidet sich der Verbraucher für ein Produkt, weil er damit gleichzeitig einen sozialen Zweck unterstützt, stellt dies zwar eine unsachliche Entscheidung in dem Sinne dar, dass er bei seiner Kaufentscheidung Faktoren berücksichtigt, die weder mit dem Preis noch mit der Qualität der Ware zusammenhängen. Es ist jedoch nicht erkennbar, warum der Verbraucherschutz es erfordern sollte, dass der Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung ausschließlich Preis und Qualität der Ware berücksichtigt.775 Vielmehr obliegt es ihm, selbst zu entscheiden, welche Umstände er im Rahmen seines Willensbildungsprozesses mehr oder weniger gewichtet.776 Nebenbei erwähnt ist es auch illusorisch zu denken, es gäbe rein sachliche Werbung. Vielmehr enthält jede Werbung auch emotionale Elemente, ohne dass die Rechtsprechung daran jedoch Anstoß nehmen würde.777 Darauf weist auch das BVerfG in seiner Entscheidung „Tier- und Artenschutz“778 zutreffenderweise hin. Im Gegensatz zur Werbung mit Gefühlen wie Status, Lebensgefühl, Erfolg oder Beliebtheit, hat Werbung mit der Unterstützung eines sozialen Zweckes jedoch den Vorteil, dass der Verbraucher auch wirklich erhält, was die Werbung verspricht.779 Kauft er nämlich einen Kasten Bier, um damit ein Regenwaldprojekt zu unterstützen, kann er in der Regel sicher sein, dass er diesen Zweck auch erreicht. Erwirbt er jedoch eine Packung einer bestimmten Zigarettenmarke, um beim Rauchen derselben das Gefühl von Männlichkeit und grenzenloser Freiheit zu erlangen, ist es höchst fraglich, ob ihm dies auch tatsächlich gelingen wird oder ob nicht seine Erwartungen insoweit enttäuscht werden. Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass gefühlsbetonte Werbung nicht gegen Belange des Verbraucherschutzes verstößt und deshalb durch die deutsche Rechtsprechung als zulässig beurteilt werden sollte. Es steht zu hoffen, dass das Urteil „Tier- und Artenschutz“780 des BVerfG eine entsprechende Entwicklung eingeleitet hat und der BGH seine bisherige Rechtsprechung überdenkt.781 In Großbritannien ist derartige Werbung dagegen schon jetzt zulässig. Die diesbezügliche Spruchpraxis der ASA ist zu begrüßen. Es darf insoweit jedoch nicht verkannt werden, dass deren Hintergrund nicht der Verbraucherschutz, sondern das Ansehen der Werbung in der Öffentlichkeit ist. Dies wird bereits durch Clause 2.4 BCAP deutlich, die be774 Artmann, WBl 1998, 474 (477). Ähnlich jetzt auch OLG Hamm, WRP 2003, 396 (397) – Regenwaldprojekt. 776 Teichmann/van Krüchten, WRP 1994, 704 (706), Koppensteiner, WBl 1995, 1 (7), Kießling/Kling, WRP 2002, 615 (618 f.). 777 Bernet (Fußn. 370), S. 76, Hartwig, WRP 1997, 825 (830), Lange, WRP 1999, 893 (897), Sosnitza (Fußn. 310), S. 93. 778 BVerfG, NJW 2002, 1187 (1189) – Tier- und Artenschutz. 779 Artmann, WBl 1998, 474 (476). 780 BVerfG, NJW 2002, 1187 – Tier- und Artenschutz. 781 Ebenso Hartwig, WRP 2003, 582 (599). 775 105 stimmt, dass Werbung sich selbst nicht in Verruf bringen darf. Da Werbung mit der Unterstützung eines sozialen Zwecks in der öffentlichen Meinung aber sehr positiv aufgenommen wird, gibt es für die ASA auch keinen Grund diese zu untersagen. Vor diesem Hintergrund wird sowohl die Regelung der Angst- und Schockwerbung klar als auch warum die ASA bei sexuell anstößiger Werbung deren sachlichen Bezug teilweise berücksichtigt. Soweit nämlich schon der Werbegegenstand geeignet ist, in der Öffentlichkeit Anstoß zu erregen, ist das Risiko, dass sich diese über die Werbung an sich echauffiert, weitaus geringer, als wenn mit sexuell anstößigen oder Angst erregenden Motiven überflüssigerweise für Produkte geworben wird, die damit in keinerlei Zusammenhang stehen. Mit Verbraucherschutz hat dies alles nichts zu tun. Da die Organe der freiwilligen Selbstkontrolle ausschließlich das Image von Werbung pflegen, ergibt sich dieser nur als Reflex. Soweit die ASA in ihrer Spruchpraxis den Sachlichkeitsgrundsatz berücksichtigt, erfolgt dies daher vor einem vollkommen anderen Hintergrund als das Sachlichkeitsgebot des deutschen Rechts. B. Schutz der Willensbetätigung Die Rechtsordnungen Deutschlands und Großbritanniens schützen den Verbraucher übereinstimmend in seiner Willensbetätigungsfreiheit, wenn und soweit er zum Vertragsschluss genötigt wird. Die Gemeinsamkeiten enden aber schnell, sobald der Eingriff in subtilerer Art und Weise erfolgt. Erhebliche Differenzen bestehen daher in den Bereichen des psychologischen Kaufzwangs und der belästigenden Werbung. Auf diese wird im Folgenden eingegangen. I. Der psychologische Kaufzwang Nach deutschem Verständnis ist es unlauter, den Verbraucher einer Situation auszusetzen, in der er sich aus moralischen oder gesellschaftlichen Gründen verpflichtet fühlt, entgegen seinem Willen einen Vertrag abzuschließen.782 Dem englischen Recht sind solche Überlegungen dagegen vollkommen fremd. Die Rechtsordnungen Deutschlands und Großbritanniens vertreten damit genau entgegengesetzte Extrempositionen, als deren Folge die Verbraucher vollkommen unterschiedlich vor derartigen Werbepraktiken geschützt werden. Die unterschiedliche Beurteilung des psychologischen Kaufzwangs resultiert dabei aus dem Verbraucherleitbild, das die jeweilige Rechtsordnung für sich entwickelt hat. Die deutsche Auffassung basiert dabei immer noch auf dem Bild des schwachen und schutzbedürftigen Verbrauchers, dem es nicht möglich ist, einer Situation moralischen oder psychologischen Drucks zu widerstehen.783 Eine Anpas782 783 Kritisch hierzu: Emmerich (Fußn. 173), S. 179. Ähnlich Weiler, WRP 2002, 871 (873). 106 sung an das neue Verbraucherleitbild des Durchschnittsverbrauchers ist insoweit noch nicht erfolgt. In Großbritannien wird dagegen seit jeher das Verbrauchleitbild des Durchschnittsverbrauchers verwandt. Diesem traut der britische Gesetzgeber zu, dass er sich in derartigen Situationen behauptet und sich nicht zum Vertragsschluss drängen lässt. Vom Standpunkt des Verbraucherschutzes aus kann weder der einen noch der anderen Ansicht vollkommen zugestimmt werden. Vielmehr beurteilen beide Rechtsordnungen die Fälle des psychologischen Kaufzwangs zu undifferenziert und werden daher den Belangen des Verbraucherschutzes nur teilweise gerecht. Zuzustimmen ist der deutschen Rechtsprechung784 und h. L.785 insoweit, als sie davon ausgeht, dass Situationen existieren, in denen es dem Verbraucher schwer fällt, entgegen moralischen oder sozialen Normen einen Vertrag nicht abzuschließen. Dies gilt einerseits für die Fälle der Wertreklame, in denen der Verbraucher ein Geschäft zu betreten hat, um dort eine kostenlose Ware zu erhalten und sich dann aber verpflichtet fühlt, noch ein weiteres Produkt zu erwerben. Andererseits gilt es auch für Laien- und Autoritätswerbung, bei der der Verbraucher glaubt, aus Höflichkeit oder um individuelle Nachteile zu vermeiden, einen Vertrag abzuschließen zu müssen. Dabei verkennt die h. M. jedoch, dass in Fällen der Wertreklame sich der Verbraucher freiwillig und bewusst in diese Situation begibt.786 Der Verbraucher weiß, dass er sich in das konkrete Geschäft begeben muss, um die kostenlose Ware zu erhalten oder um an einem Gewinnspiel teilnehmen zu können. Es ist ihm dabei auch klar, dass es dabei zum persönlichen Kontakt mit Verkaufspersonal kommen kann und er aus der Anonymität der Masse heraustritt. Schließlich ist ihm bewusst, dass es ihm in dieser Situation peinlich sein kann, eine kostenlose Ware oder Leistung von einer fremden Person zu erhalten ohne selbst eine Gegenleistung zu erbringen. Den Verbraucher trifft die psychologische Zwangslage daher keinesfalls unvorbereitet, weshalb von ihm auch erwartet werden kann, dem Druck standzuhalten und nicht aus Verlegenheit eine ungewollte Ware zu erwerben.787 Selbst wenn er sich über alle diese Umstände vor dem Betreten des Geschäfts keine Gedanken gemacht hat, hat er sich trotzdem freiwillig und aus eigenem Entschluss in die für ihn peinliche Situation begeben. Er erscheint deshalb auch nicht schutzwürdig. Zumal vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher kann erwartet werden, dass er sich vorher die Konsequenzen seines Handeln überlegt.788 784 BGH, GRUR 1971, 322 – Lichdi Center, BGH, GRUR 1998, 475 (476) – Erstcoloration. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 89, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. 201, a. A. Weiler, WRP 2002, 871 (873). 786 Weiler, WRP 2002, 871 (873). 787 A. A. BGH, GRUR 1998, 475 (476 f.) – Erstcoloration. 788 Ähnlich Weiler, WRP 2002, 871 (873). 785 107 Ganz anders ist die Situation dagegen in den Fällen der Autoritäten- und Laienwerbung. Hier trifft die psychologische Zwangslage den Verbraucher vollkommen unvorbereitet und ohne dass er dazu einen Beitrag geleistet hätte. Vielmehr ist es der Werbende, der durch einen Mittelsmann an den Verbraucher herantritt und so die Drucksituation produziert. Hinzu kommt, dass der Verbraucher einer Person gegenübersteht, die ihm entweder nahe steht oder eine ihm überlegene Position innehat. Verweigert er in dieser Situation den Vertragsschluss, kann dies im ersteren Fall negative Auswirkungen auf das Verhältnis zu der ihm nahe stehenden Person, im letzteren Fall auf sein berufliches Fortkommen oder seinen gesellschaftlichen Status haben. Der Verbraucher befindet sich daher nicht nur in einer für ihn unangenehmen Situation, sondern sieht sich zusätzlich mit drohenden Sanktionen konfrontiert. In dieser Lage ist es nur zu verständlich, wenn er dem Druck nicht standhält, sondern sich entgegen seinem eigentlichen Willen entschließt, das beworbene Produkt zu erwerben. Vor derartigen Werbemethoden hat das Recht den Verbraucher daher zu schützen und seine Willensbetätigungsfreiheit zu garantieren. Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass das britische Recht den Verbraucher nicht ausreichend vor psychologischem Kaufzwang schützt, indem es Werbung mittels Autoritätspersonen und Laien erlaubt. In Deutschland findet dagegen eine Überregulierung der Fallgruppe des psychologischen Kaufzwangs statt. So sind die Fälle der Wertreklame aus Verbrauchersicht unbedenklich und sollten deshalb von der Rechtsprechung und h. M. nicht weiter unter dem Aspekt des psychologischen Kaufzwangs als wettbewerbswidrig beurteilt werden. Ein Mittelweg zwischen der deutschen und der britischen Rechtslage wäre somit unter Verbraucherschutzgesichtspunkten wünschenswert. II. Die belästigende Werbung Vor belästigenden Werbemethoden werden die Verbraucher in Deutschland und Großbritannien teils auf ähnlichem, teils auf sehr unterschiedlichem Niveau geschützt. Übereinstimmungen bestehen dabei vor allem im Bereich der Haustürwerbung. Diese ist in beiden Staaten grundsätzlich zulässig. Der Verbraucher kann sich vor unerwünschten Vertreterbesuchen aber schützen, indem er seinen Willen durch ein entsprechendes Hinweisschild artikuliert. Diese Beurteilung der Haustürwerbung ist sachgerecht und entspricht den Belangen des Verbraucherschutzes. Aufgrund ihrer Informationsfunktion hat Werbung eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Willensbildung des Verbrauchers.789 Sie erfolgt daher grundsätzlich auch im Interesse des Verbrauchers. Werbeverbote sind folglich möglichst restriktiv zu handhaben. An789 Siehe dazu: 1. Teil: 2. Kapitel:C. 108 dernfalls werden dem Verbraucher wichtige Informationsmöglichkeiten abgeschnitten. Es ist daher der Entscheidung des Verbrauchers zu überlassen, ob er sich, auch auf die Gefahr hin, dass ihm ein unerwünschter Vertrag aufgedrängt wird, mittels Haustürwerbung informieren lassen möchte. Will er aber auf diese Informationsmöglichkeit verzichten, kann ihm auch zugemutet werden, diesen Willen auf so einfache Weise wie durch ein Hinweisschild zu äußern.790 Andererseits hat der Werbende den artikulierten Willen des Verbrauchers zu respektieren. Es ist daher konsequent, dass sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien der Verbraucher das Verkaufsgespräch jederzeit beenden kann. Ebenso darf sich der Werbende die Zustimmung des Verbrauchers nicht erschleichen. Diesen Gedanken vertritt nicht nur die deutsche Rechtsprechung, sondern auch der BCAP in Clause 42.7. Für die Telefonwerbung ergibt sich aus dem soeben Gesagten entsprechend, dass diese als grundsätzlich zulässig zu beurteilen ist. Es ist daher aus Verbraucherschutzgesichtspunkten zu begrüßen, dass der britische Gesetzgeber sich für ein Opt-Out-System entschieden hat. Auf diese Weise ist es Verbrauchern möglich, mit nur geringem Aufwand entsprechender Werbung zu entgehen. Der Verbraucher hat sich dazu einfach registrieren zu lassen. Durch die deutsche Rechtsprechung erfolgt hingegen eine Überregulierung, als deren Folge dem Verbraucher wichtige Informationsmöglichkeiten verloren gehen. Eine Überregulierung erfolgt in Deutschland auch hinsichtlich des Ansprechens von Passanten auf öffentlichen Straßen und Plätzen zu Werbezwecken. Während in Großbritannien diese Werbemethode zutreffenderweise als zulässig betrachtet wird, glaubt die in Deutschland h. M.791, aus Verbraucherschutzgesichtspunkten dagegen intervenieren zu müssen. Schon deren Ansatzpunkt, der Verbraucher werde hierdurch in seiner Entscheidungsfreiheit unzulässig beeinträchtigt und kaufe eine Ware oftmals nur deshalb, um das Verkaufsgespräch zu beenden, kann indes nicht überzeugen. Zutreffend gehen das OLG Frankfurt a. M.792 und Schwab793 davon aus, dass die Verbraucher derartige Werbepraktiken gewohnt sind und es für sie ohne größere Schwierigkeiten möglich ist, ein Verkaufsgespräch zu vermeiden. Selbst wenn sich aber ein Verbraucher auf ein Verkaufsgespräch eingelassen hat, kann er dieses jederzeit ohne weiteres durch einfaches weitergehen beenden. Warum er zu diesem Zweck einen Vertrag schließen sollte, ist nicht ersichtlich. 790 119. 791 Lehmann, GRUR 1974, 133 (138), a. A. Scherer (Fußn. 24), S. 129, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 1 UWG Rn. BGH, GRUR 1965, 315 – Werbewagen, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 60 ff. OLG Frankfurt a. M., NJW-RR 2001, 1050 (1050 f.). 793 GRUR 2002, 579 (581). 792 109 4. Kapitel: Zwischenergebnis Die Untersuchung der materiell-rechtlichen Verbraucherschutzbestimmung hat gezeigt, dass das britische Recht in vielen Bereichen liberaler ist als das deutsche. Wegen der Lückenhaftigkeit des britischen Rechts haben dort die Regelungen der freiwilligen Werbeselbstkontrolle eine wichtige ergänzende Funktion. Hinsichtlich der einzelnen untersuchten Bereiche sind folgende Ergebnisse festzuhalten: 1. Werbung hat für den Verbraucher als solche erkennbar zu sein. Dieser Grundsatz ist sowohl im deutschen als auch im britischen Recht verankert, wenngleich dessen Einhaltung in Großbritannien tatsächlich ausschließlich mittels der freiwilligen Selbstkontrolle kontrolliert wird. Die ASA hat dabei jedoch keine tauglichen Kriterien zur Abgrenzung von zulässiger redaktioneller Berichterstattung von unzulässiger redaktioneller Werbung entwickelt. Der britische Verbraucher wird in diesem Bereich daher nur unvollständig geschützt, während in Deutschland ein ausreichender Schutz besteht. 2. Werbung hat grundsätzlich wahr zu sein. Übereinstimmend schützen die Rechtsordnungen Deutschlands und Großbritanniens den Verbraucher vor irreführenden Werbeangaben. Den einschlägigen Regelungen unterfallen dabei nur Werbeangaben zu gewerblichen Zwecken. Deren Form ist hierbei gleichgültig. Übereinstimmend ist es dabei ausreichend, wenn die Werbeangabe lediglich geeignet ist, den Verbraucher irrezuführen. Ein konkreter Erfolg braucht noch nicht eingetreten zu sein. Die Eignung zur Irreführung beurteilt sich dabei grundsätzlich anhand eines subjektiven Maßstabs. Unterschiede bestehen insofern, als die deutsche Rechtsprechung ein empirisches Verbraucherleitbild vertritt, während die englische Rechtsprechung ein normatives verwendet. Da jedoch in der Praxis auch in Deutschland nur selten eine Verbraucherbefragung stattfindet, sind die Unterschiede tatsächlich weit weniger gravierend. Es wäre jedoch wünschenswert, dass auch die deutsche Rechtsprechung in Zukunft die Eignung zur Irreführung anhand eines normativen Verbraucherleitbilds beurteilt. Ist eine Angabe geeignet, den Verbraucher zu täuschen, ist sie gleichwohl nur dann zu untersagen, wenn sie auch geeignet ist, dessen wirtschaftliches Verhalten zu beeinflussen. Diesen Grundsatz erkennt der BGH in neueren Urteilen ebenso an wie die britische Rechtsprechung. Dass die ASA diesen Grundsatz bei ihren Entscheidungen unberücksichtigt lässt, ist aus Verbraucherschutzgesichtspunkten zu bedauern. 3. Werbung hat grundsätzlich nicht vollständig zu sein. Informationspflichten bestehen sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien nur insoweit, als der Verbraucher durch eine Werbeaussage konkludent über relevante Informationen getäuscht wird. 110 4. Das Sachlichkeitsgebot ist dem britischen Recht weitgehend fremd. Soweit es die ASA im Rahmen ihrer Entscheidungen berücksichtigt, erfolgt dies nicht zum Zweck des Verbraucherschutzes, sondern um des Ansehens der Werbung in der Öffentlichkeit willen. Unterschiede ergeben sich dadurch vor allem im Bereich der gefühlsbetonten Werbung. Es ist zu kritisieren, dass diese nach deutschem Verständnis unzulässig ist. Ebenso ist der Sachlichkeitsgrundsatz an sich ungeeignet, verbraucherschädliche von –unschädlicher Werbung abzugrenzen. Zugaben, Vorspann- und Kopplungsangebote sind sowohl nach deutschem als auch nach britischem Recht nunmehr zulässig. Ein Ausnahme besteht insoweit nur noch hinsichtlich der Gewinnspielwerbung, die nach deutschem Recht wohl nach wie vor unzulässig ist. Der Verbraucherschutz erfordert ein derartiges Verbot jedoch nicht. Erforderlich ist bei Kopplungsangeboten nur, dass der Verbraucher nicht irregeführt wird. Dieser Grundsatz ist in Deutschland und Großbritannien gleichermaßen anerkannt. Im Rahmen des BCAP erfolgt hierbei jedoch eine Überregulierung, die nicht den Verbraucherinteressen dient. 5. Werbung, die in Deutschland der Fallgruppe des psychologischen Kaufzwangs unterfällt, ist in Großbritannien grundsätzlich erlaubt. Dies ist insoweit zu begrüßen, als es die Fälle der Wertreklame betrifft. Autoritäten- und Laienwerbung tangiert dagegen die Verbraucherinteressen und ist daher zu untersagen. Weder in Deutschland noch in Großbritannien wird die Rechtslage daher den Interessen der Verbraucher vollständig gerecht. 6. Haustürwerbung ist sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien grundsätzlich erlaubt. Soweit der Verbraucher keine Vertreterbesuche wünscht, kann ihm zugemutet werden, einen entsprechenden Willen zu äußern. Diesen hat auch der Werbende zu respektieren. Ebenso ist es unzulässig, sich die Zustimmung des Verbrauchers zu erschleichen. Hinsichtlich der Telefonwerbung hat sich Deutschland für ein Opt-In-System entschieden, während Großbritannien ein Opt-Out-System installiert hat. Letzterem ist aus Verbrauchersicht der Vorzug zu geben. Das Ansprechen von Passanten zu Werbezwecken ist in Deutschland grundsätzlich verboten, während es in Großbritannien erlaubt ist. Auch hier wird die britische Rechtslage den Belangen des Verbraucherschutzes besser gerecht. 111 3. Teil: Das Verfahren und die Sanktionen zur Wahrung der Verbraucherschutzbestimmungen Um den Verbraucher wirksam vor unlauterer Werbung zu schützen, ist es nicht ausreichend, sich auf die materiell-rechtlichen Verbotstatbestände zu konzentrieren. Vielmehr ist es zusätzlich erforderlich, dass zur Überwachung und Ahndung von Verstößen geeignete Verfahren und wirksame Sanktionen zur Verfügung stehen. Zu untersuchen ist im Folgenden daher zum einen, wer zur Verfolgung von unlauteren Werbepraktiken in den jeweiligen Rechtsordnungen verpflichtet bzw. ermächtigt ist und wie diese Personen bzw. Organe ihre Kompetenzen qualitativ und quantitativ wahrnehmen. Schwierigkeiten bereitet der Untersuchung insofern, dass in Deutschland keine amtlichen Statistiken hinsichtlich Wettbewerbsverfahren geführt werden. Die Arbeit beruht insoweit daher großteils auf Angaben privater Organisationen gegenüber dem Verfasser sowie auf Schätzungen, die teilweise von Praktikern in der Literatur gemacht werden. Sodann ist die Ausgestaltung der gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren und deren Bewertung in der Literatur darzustellen. Schließlich ist zu untersuchen, welche Sanktionen den Gerichten und Organen zur Ahndung von Verstößen zur Verfügung stehen und in welchem Umfang diese davon Gebrauch machen. 1. Kapitel: Deutschland A. Verfahren I. Die Parteien eines Wettbewerbsverfahrens 1. Die Klagebefugten In Deutschland erfolgt die Überwachung der lauterkeitsrechtlichen Verbotstatbestände grundsätzlich mit den Mitteln des Zivilrechts. Den daneben vereinzelt bestehenden strafrechtlichen Bestimmungen kommt weder im Rahmen der vorliegenden Untersuchung noch in der Rechtswirklichkeit eine besondere Bedeutung zu. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Kontrolle von wettbewerbswidrigen Geschäftspraktiken in die Hände der an einem fairen Wettbewerb interessierten Kreise zu legen.794 Dabei hat er zwischen zwei Kategorien von Klagebefugten differenziert:795 Aktivlegitimiert ist zum einen der durch einen Verstoß gegen das UWG 794 795 Pastor/Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozeß, 4. Auflage 1999, Kap. 23 Rz. 2. Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 104. 112 unmittelbar Verletzte. Er kann Gläubiger von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen jeglicher Art sein. Daneben sind nach § 13 II Nr. 1 – 4 UWG auch die Mitbewerber, bestimmte gewerbliche Verbände und Verbraucherverbände sowie Industrie- und Handels- oder Handwerkskammern aktivlegitimiert. Anders als der unmittelbar Verletzte können sie jedoch nur Gläubiger von Abwehransprüchen sein.796 § 13 II UWG ist eine wettbewerbsrechtliche Besonderheit und erklärt sich aus der Überlegung, dass die Verfolgung von unlauteren Geschäftspraktiken ausschließlich durch den unmittelbar Verletzten zur Sicherung eines fairen Wettbewerbs nicht ausreicht.797 Zudem trägt er der Natur der UWG-Normen Rechnung, die nicht nur den Schutz von Individualinteressen der Wettbewerber, sondern auch von Kollektivinteressen der Verbraucher und der Allgemeinheit bezwecken.798 Im Folgenden wird zuerst die Klagebefugnis des unmittelbar Verletzten erörtert, bevor dann, entsprechend dem Aufbau vom § 13 II UWG, die Aktivlegitimation der Mitbewerber, Verbände und Kammern dargestellt wird. a) Der unmittelbar Verletzte Die Klagebefugnis des unmittelbar Verletzten ist im UWG nicht ausdrücklich geregelt. Sie folgt nach ganz h. M. jedoch unmittelbar aus der verletzten Norm.799 Unmittelbar verletzt ist dabei derjenige, in dessen geschützte Rechtsposition durch die Verletzungshandlung eingegriffen worden ist oder eingegriffen zu werden droht.800 Der Kreis der unmittelbar Verletzten umfasst alle Gewerbetreibenden, die zu dem Verletzter in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen.801 Dieses Erfordernis ist in der Literatur und teilweise auch in der Rechtsprechung jedoch nicht unumstritten.802 Nach h. M. folgt es aus dem Tatbestandsmerkmal „zu Zwecken des Wettbewerbs“ in den §§ 1 und 3 UWG, das dadurch im Hinblick auf die Klagebefugnis näher umschrieben wird.803 Eine a. A. will den Kreis der unmittelbar Verletzten dagegen ausschließ796 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 UWG Rn. 4. Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 2, zu den Gründen siehe unten: 3. Teil: 1. Kapitel:A.I.1.c). 798 Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 104. 799 BGH, GRUR 1966, 445 (446) – Glutamal, BGH, GRUR 1999, 177 (178) – umgelenkte Auktionskunden, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 UWG Rn. 84, a. A. Borck, WRP 1994, 719 (721 f.). 800 BGH, GRUR 1991, 223 (224) – Finnischer Schmuck, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 UWG Rn. 13, Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl. 2002, Kap. 13 Rn. 2. 801 BGH, GRUR 1998, 1039 (1040) – Fotovergrößerung, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 216 ff., § 13 UWG Rn. 19, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 UWG Rn. 84, siehe zum konkreten Wettbewerbsverhältnis bereits oben: 2. Teil: 1. Kapitel:A. 802 A. A. sind OLG Hamburg, GRUR 1995, 438 f., OLG Bremen, WRP 1996, 19 (21), Sack in: FS v. Gamm, 1. Aufl. 1990, S. 161 (174 ff.), Dieselhorst, WRP 1995, 1 (2 ff.), GA, WRP 1997, 298 ff., v. Linstow, WRP 1994, 787, kritisch auch GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 UWG Rn. 14, Nägele, WRP 1996, 997 (999), Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 7. 803 BGH, GRUR 1998, 1039 (1040) – Fotovergrößerung, BGH, GRUR 2001, 78 – Falsche Herstellerpreisempfehlung, Bornkamm, GRUR 1996, 527 (530), Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 UWG Rn. 84, a. A. Sack (Fußn. 797 113 lich abstrakt nach dem Schutzzweck der verletzten Norm bestimmen.804 Konsequenz dieser Auffassung ist es, dass bei Verletzung von primär verbraucherschützenden Tatbeständen, wie z. B. § 3 UWG, Gewerbetreibende nie unmittelbar verletzt sind.805 Einzelne Verbraucher sind nie klagebefugt, da es sich bei den unmittelbar Verletzten immer um Gewerbetreibende handeln muss. Ihnen vermitteln die Normen des UWG nach h. M.806 – unabhängig von der Frage, ob diese auch den Schutz der einzelnen Verbraucher bezwecken807 – keine eigene Klagebefugnis. Dies ergibt sich nach Dieselhorst aus der Entstehungsgeschichte und Systematik des UWG. So habe der Gesetzgeber durch die Einführung einer Klagebefugnis der Verbraucherverbände und die Schaffung des § 13 a UWG eindeutig zu erkennen gegeben, dass er eine Klagebefugnis für einzelne Verbraucher als nicht zweckmäßig erachte und dass diese auf die Ansprüche des § 13 a UWG beschränkt sein sollten.808 Bornkamm verneint die Klagebefugnis einzelner Verbraucher mit dem Hinweis, dass ein Wettbewerbsverhältnis nur zwischen Mitbewerbern bestehen kann.809 Köhler untermauert dieses Ergebnis schließlich mit der rechtspolitischen Überlegung, dass „sich kaum feststellen läßt, ob und inwieweit der einzelne Verbraucher durch unlautere Wettbewerbsmaßnahmen in seiner Freiheit der Kaufentscheidung fühlbar beeinträchtigt wird.“810 Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass derjenige Verbraucher, der sich gegen unlautere Wettbewerbspraktiken zur Wehr setzen möchte, kaum von der Werbemaßnahme beeinflusst werde.811 b) Die Mitbewerber Die Klagebefugnis der Mitbewerber ist § 13 II Nr. 1 UWG geregelt. Durch ihre Klagebefugnis sollen sie zum einen im Allgemeininteresse zur Wahrung des lauteren Wettbewerbs beitragen.812 Zum anderen befreit sie diese von dem Zwang, gegenüber wettbewerbswidrigen Geschäftspraktiken ihrer Konkurrenten untätig bleiben oder sogar, um sich ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, sich ebenfalls unlauterer Werbemethoden bedienen zu müssen.813 802) S. 161 (174 ff.). 804 OLG Bremen, WRP 1996, 19 (21), v. Linstow, WRP 1994, 787, Dieselhorst, WRP 1995, 1 (4 ff.), kritisch hierzu: Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 19 c, GA, WRP 1997, 298 (299 f.) 805 V. Linstow, WRP 1994, 787, Dieselhorst, WRP 1995, 1 (4 ff.). 806 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 322, Bornkamm, GRUR 1996, 527 (529), Dieselhorst, WRP 1995, 1 (5 f.), GK-Köhler (Fußn. 296), Vor § 13 B Rn. 224, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 4, sowie die in Fußn. 212 aufgeführten Autoren, a. A. Nordemann, Rn. 548, Sack, WRP 1982, 615 (622 ff.), Schricker, GRUR Int. 1975, 111 (117 ff.). 807 Siehe dazu oben: 2. Teil: 1. Kapitel:B.II. 808 Dieselhorst, WRP 1995, 1 (6). 809 Bornkamm, GRUR 1996, 527 (528 f.). 810 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 224. 811 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 224, ähnlich Tillmann, BB 1994, 1793 (1795). 812 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 9, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 10. 813 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 9. 114 Tatbestandlich setzt § 13 II Nr. 1 UWG voraus, dass der Anspruch von einem Gewerbetreibenden geltend gemacht wird. Dies ist jeder, „der eine auf Dauer angelegte und auf Erwerb abzielende wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.“814 Der Begriff ist in einem weiten Sinne auszulegen.815 Erfasst sind daher auch Freiberufler816 und Idealvereine817. Weiter erfordert der Tatbestand des § 13 II Nr. 1 UWG, dass der Mitbewerber Waren gleicher oder verwandter Art wie der Verletzter vertreibt. Durch dieses Tatbestandsmerkmal wird der sachlich relevante Markt bestimmt.818 Es wird durch die h. M. sehr weit ausgelegt.819 Erforderlich ist danach, dass sich die Waren oder Leistungen aufgrund ihrer Ähnlichkeit nach der Verkehrsanschauung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit, gegenseitig im Absatz behindern können.820 Zwischen Verletzer und Mitbewerber hat somit der Sache nach ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis zu bestehen.821 Neben dem sachlichen Markt müssen die Wettbewerber, wie sich aus dem Tatbestandsmerkmal „auf dem selben Markt“ ergibt, sich ferner auch auf dem örtlichen Markt begegnen.822 Notwendig ist daher, dass Verletzer und Mitbewerber nicht nur ähnliche Waren vertreiben, sondern darüber hinaus sich auch um den gleichen Kundenkreis bemühen und sich somit als Wettbewerber gegenüberstehen.823 Ein Teil der Literatur folgert daraus, dass ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis nicht ausreicht, sondern vielmehr ein konkretes erforderlich ist.824 Letztlich ist dieser Streit jedoch nicht von Bedeutung, da beide Auffassungen inhaltlich darin übereinstimmen, dass die Werbemaßnahme unmittelbar geeignet sein muss, auf den potentiellen Kundenkreis des Mitbewerbers einzuwirken.825 Darüber hinaus besteht Einigkeit, dass ein Konkurrent nicht klagebefugt ist, wenn er nur rein theoretisch beeinträchtigt sein kann.826 814 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 28, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 11. RGZ 99, 189 (190 f.), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 12, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 11. 816 BGH, GRUR 1981, 529 – Rechtsberatungsanschein, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 12, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 11. 817 BGH, GRUR 1976, 370 (371) – Lohnsteuerhilfevereine, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 12, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 11. 818 Emmerich (Fußn. 173), S. 350, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 13. 819 BGH, GRUR 1997, 479 (480) – Münzangebot, BGH, GRUR 2001, 260 – Vielfachabmahner, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 14, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 13. 820 BGH, GRUR 1955, 598 (600) – Werbeidee, BGH, GRUR 2001, 260 – Vielfachabmahner, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 33, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 13. 821 BT-Drucksache 12/7345 S. 10, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 33, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 21, a. A. v. Linstow, WRP 1994, 787 (788), in diesem Sinne wohl auch Melullis (Fußn. 212), Rn. 368. 822 BT-Drucksache 12/7345 S. 11, BGH, GRUR 1998, 489 (491) – Unbestimmter Unterlassungsantrag III, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 16, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 12 a. 823 BGH, GRUR 1997, 145 (146) – Preisrätselgewinnauslobung IV, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 16, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 14. 824 V. Linstow, WRP 1994, 787 (788), in diesem Sinne wohl auch Melullis (Fußn. 212), Rn. 368. 825 Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 12 a. 826 BGH, GRUR 1998, 1039 (1040) – Fotovergrößerung, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 21, Melullis (Fußn. 212), Rn. 374 f. 815 115 Schließlich muss die angegriffene Wettbewerbshandlung geeignet sein, den Wettbewerb auf dem örtlichen und sachlichen Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Der Gesetzgeber beabsichtigte mittels Einfügung dieses Tatbestandsmerkmal durch die UWG-Novelle 1994 die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch abstrakt betroffene Mitbewerber und gewerbliche Verbände, deren Klagebefugnis grundsätzlich im Allgemeininteresse besteht, auf solche Wettbewerbsverstöße zu beschränken, deren Konsequenzen so erheblich sind, dass die Interessen der Allgemeinheit ernsthaft tangiert werden.827 Die Verfolgung von Bagatellverstößen aus rein finanziellen Motiven sollte unterbunden werden.828 Als Folge der Einführung dieses Tatbestandsmerkmals hat die Abgrenzung von unmittelbar Verletztem und abstrakt betroffenen Mitbewerbern an Bedeutung gewonnen, da bei Ersterem auch Bagatellverstöße die Klagebefugnis begründen.829 Das Tatbestandsmerkmal der Eignung zur wesentlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung ist nicht schon bei jeder einfachen Verletzung einer UWG-Norm anzunehmen.830 Erforderlich ist vielmehr, dass die Auswirkungen der unlauteren Werbemethode auf das Wettbewerbsgeschehen so schwerwiegend sind oder sein können, dass die Interessen der Konkurrenten, der Verbraucher und der Allgemeinheit ernsthaft tangiert werden.831 Ob dies der Fall ist, beurteilt sich anhand aller Umstände des Einzelfalls, wobei sowohl subjektive als auch objektive Kriterien zu berücksichtigen sind.832 Miteinzubeziehen sind daher die Marktstärke833 und der Verschuldensgrad des Verletzers, das Schutzgut der verletzten Norm, Intensität und Häufigkeit des Verstoßes, die Anreizwirkung der Werbung auf den Verbraucher834, der Grad der Nachahmungsgefahr835 sowie die Größe des erzielten Wettbewerbsvorsprungs836.837 Bei irreführenden Werbeangaben ist des Weiteren zu berücksichtigen, ob die irreführende Angabe geeignet ist, den Verbraucher zum Kaufvertragsschluss zu veranlassen838 und in welchem Maß der Verbraucher in seinen wirt827 BT-Drucksache 12/7345 S. 11. Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 15, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 32. 829 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 UWG Rn. 84, a. A. Kisseler, WRP 1994, 768 (771 f.), Bernreuther, WRP 1995, 452 (455). 830 BGH, GRUR 1995, 122 (123) – Laienwerbung für Augenoptiker, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 15, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 35. 831 BT-Drucksache 12/7345 S. 11, BGH, GRUR 1995, 122 (123 f.) – Laienwerbung für Augenoptiker, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 15, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 23 Rn. 36. 832 BGH, GRUR 1995, 122 (124) – Laienwerbung für Augenoptiker, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 18 b, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 15. 833 KG, GRUR 1995, 133 (134) – Hohe handwerkliche Qualität, v. Linstow, WRP 1994, 787 (788), Melullis (Fußn. 212), Rn. 385. 834 BGH, GRUR 1997, 927 (929) – Selbsthilfeeinrichtung der Beamten, BGH, GRUR 1999, 1119 (1121) – RUMMS. 835 BGH, GRUR 1995, 122 (124) – Laienwerbung für Augenoptiker. 836 BGH, GRUR 1995, 122 (124) – Laienwerbung für Augenoptiker, BGH, GRUR 2001, 258 (259) – Immobilienpreisangaben. 837 Ekey/Klippel/Kotthoff/Meckel/Plaß (Fußn. 185), § 13 Rn. 15 ff., Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 15. 838 Ekey/Klippel/Kotthoff/Meckel/Plaß (Fußn. 185), § 13 Rn. 20 sowie Gröning WRP 1994, 775 (783 ff.), der die Absatzbeeinflussung als allgemein gültiges Wesentlichkeitskriterium diskutiert. 828 • 116 schaftlichen Interessen dadurch betroffen wird839. Eine bewusste und systematische Irreführung von Kunden ist dabei stets geeignet, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen.840 Im Schrifttum ist die Beschränkung der Klagebefugnis auf wesentliche Wettbewerbsverstöße teilweise auf herbe Kritik gestoßen. So wurde dem Gesetzgeber vorgeworfen, der Sache nach unlauteren Wettbewerb zu fördern.841 Es sei falsch, einerseits wettbewerbsrechtliche Grenzen zu ziehen, auf ihre Einhaltung aber zu verzichten.842 Fraglich sei auch, ob gesetzliche Vorschriften noch als sinnvoll betrachtet werden könnten, deren Nichtbeachtung durch den Gesetzgeber selbst als marginale Wettbewerbsverstöße betrachtet würden.843 Sachgerechter sei es vielmehr, Überregulierung einerseits zu vermeiden, wodurch andererseits dann nicht dereguliert werden müsste.844 c) Die Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen Die Klagebefugnis der unmittelbar Verletzten und der Mitbewerber reicht nicht aus, um einen lauteren Wettbewerb sicherzustellen. Kaufleute prozessieren in der Regel nämlich eher ungern gegen Konkurrenten, da der aus Wettbewerbsverstößen resultierende Schaden bei dem einzelnen Mitbewerber oftmals nur gering ist und den Zeit- und Kraftaufwand eines Prozesses nicht lohnt.845 Hinzu kommt, dass sie oftmals das Prozess- und Kostenrisiko scheuen846 und befürchten müssen, ihrerseits durch den Beklagten verklagt zu werden847. Für Wettbewerber ist es daher die zumeist angenehmere Alternative, die unlautere Geschäftspraktik zu übernehmen als dagegen vorzugehen.848 Vor dem Hintergrund dieses Interventionsdefizits seitens der Konkurrenten hat sich der Gesetzgeber entschlossen, die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen nicht ausschließlich diesen zu überlassen, sondern zusätzlich den Verbänden eine Klagebefugnis einzuräumen.849 Die Verbände tragen somit zur Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs bei und nehmen mithin eine öffentliche Ordnungsfunktion im Wirtschaftsleben wahr.850 Den Unternehmern eröffnet die Klagebe839 16. 840 BGH, GRUR 1997, 758 (760 f.) – Selbsternannter Sachverständiger, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. BGH, GRUR 1995, 358 (360) – Folgeverträge II, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 16. Borck, WRP 1994, 349 (351). 842 Beater, ZHR 159 (1995), 217 (221). 843 Bauer in: FS Vieregge (Fußn. 460), S. 21 ff. (22). 844 V. Linstow, WRP 1994, 787 (789). 845 Lindacher, ZZP 103 (1990), 397 (400). 846 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 2. 847 Lehrmann, WRP 1972, 285 (286), Gloy, WRP 1999, 34 (35). 848 Lehrmann, WRP 1972, 285 (286), Fikentscher, Wirtschaftsrecht, Bd. 2, 1. Aufl. 1983, S. 370, ähnlich Jahn/Pirrwitz, GRUR 1988, 884 (889). 849 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 2. 850 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 2, siehe auch Gloy, WRP 1999, 34, der die Verbände „als eine Art „Ombudsmann“ in einem anderen rechtlichen Gewand“ bezeichnet. 841 117 fugnis der Verbände die Möglichkeit, durch die Einschaltung eines Verbandes ihre Anonymität zu wahren.851 Dennoch besteht die Klagebefugnis eines Verbandes grundsätzlich unabhängig von der Verletzung von Rechten seiner Mitglieder.852 Der klagende Verband agiert daher nicht als Sachwalter der Interessen seiner Mitglieder, sondern verfolgt eigene Rechte.853 Bei den Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen ist zwischen Interessenverbänden im engeren und weiteren Sinn zu unterscheiden.854 Bei Ersteren handelt es sich um Verbände, die die Interessen eines bestimmten Wirtschafts- oder Gewerbezweiges oder einer Berufsgruppe wahrnehmen.855 Es existiert insofern eine Vielzahl856 von klagebefugten, vereinsrechtlich organisierten Berufsvertretungen wie Anwaltsvereine857, Buch- und Zeitschriftenhändlerverbände858, Blindenverbände859 sowie öffentlich-rechtlich organisierte Kammern freier Berufe wie Anwaltskammern860, Architektenkammern861 oder Handwerksinnungen862.863 Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen im weiteren Sinn sind branchenübergreifende Zusammenschlüsse von Gewerbetreibenden zum Zweck der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.864 Es handelt sich dabei um die sog. Wettbewerbsvereine. Der wichtigste dieser Wettbewerbsvereine ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Bad Homburg, der alle Industrie- und Handelskammern, der Deutsche Handwerkskammertag und zahlreiche Handwerkskammern als Mitglieder angehören. Obgleich die Anzahl der Wettbewerbsvereine im Vergleich zu den Interessensverbände im engeren Sinn ungleich geringer ist865, sind sie in der Praxis bei der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen von erheblicher Bedeutung866. So war allein die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs im Jahr 2002 mit 21.447 Sachvorgängen867 befasst, in denen sie in 874 Fällen868 Klage erhob. 851 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 2. BGH, GRUR 1960, 379 (380) – Zentrale, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 1. 853 Melullis (Fußn. 212), Rn. 402, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 1. 854 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 48, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 6. 855 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 49, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 21. 856 Siehe Urbanczyk, Zur Verbandsklage im Zivilprozeß, 1. Aufl. 1981, S. 26, der die Anzahl der Interessenverbände im engeren Sinn auf rund 5000 schätzt. 857 RGZ 99, 189, LG Köln, GRUR 1953, 258. 858 BGH, GRUR 1954, 167 – Kundenzeitschrift. 859 BGH, GRUR 1965, 485 – Versehrtenbetrieb. 860 BGH, GRUR 1997, 914 (915) – Die Besten II, BGH, GRUR 1998, 835 (836) – Zweigstellenverbot, a. A. Lambsdorff, Handbuch des Wettbewerbsverfahrensrechts, 1. Aufl. 2000, Rn. 836, der auch die Klagebefugnis von anderen öffentlich-rechtlicher Berufskammern in Frage stellt. 861 BGH, GRUR 1980, 855 (856) – Innenarchitektur. 862 BGH, GRUR 1996, 70 (71) – Sozialversicherungsfreigrenze. 863 Weitere Beispiele finden sich bei Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 30 a und GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 49 ff. 864 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 48, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 23. 865 Burchert, MD 1994, 416 (425) geht von 20 aktiven Wettbewerbsvereinen aus, siehe auch die Aufzählung bei Lambsdorff (Fußn. 860), Rn. 841. 866 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 9, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 23. 867 Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, Jahresrückblick 2002, I. 868 Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Fußn. 867), I 1. 852 118 Voraussetzung für die Klagebefugnis eines gewerblichen Verbandes ist zuerst dessen Rechtsfähigkeit, an die § 50 I ZPO die Parteifähigkeit knüpft. Sodann muss er laut seiner Satzung der Förderung gewerblicher Interessen dienen. Es muss sich dabei um den Hauptzweck des Verbandes handeln.869 Nicht klagebefugt sind sog. Mischverbände, die gleichrangig sowohl gewerbliche als Verbraucherinteressen fördern. Grund dafür ist der Interessenkonflikt, der sich aus der Vertretung von Unternehmer- und Verbraucherinteressen ergibt und der eine sachgerechte Verfolgung von Wettbewerbsverstößen beeinträchtigen kann.870 Die Klagebefugnis eines Verbandes erfordert ferner, dass diesem „eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“871. Ziel der Regelung ist es, die Klagebefugnis der gewerblichen Verbände auf die Wettbewerbsverstöße zu beschränken, gegen die auch zumindest ein Teil ihrer Mitglieder hätte vorgehen können.872 Die Tatbestandsmerkmale „Gewerbetreibende, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“ entsprechen daher der Regelung in § 13 II Nr. 1 UWG.873 Nicht erforderlich ist, dass die so betroffenen Gewerbetreibenden unmittelbar dem klagenden Verband angehören. Vielmehr genügt es, wenn sie dem Verband mittelbar in dem Sinne angehören, dass sie Mitglied eines Verbandes oder einer Vereinigung sind, die ihrerseits Mitglied des Interessenverbandes ist.874 Wann dem Verband eine „erhebliche“ Anzahl von Mitbewerbern angehört, ist weniger quantitativ, sondern primär qualitativ zu bestimmen.875 Erforderlich und ausreichend ist danach, dass dem Verband Gewerbetreibende nach Anzahl, Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in einem Umfang angehören, der sicherstellt, dass die einschlägige Branche auf dem relevanten örtlichen Markt repräsentativ vertreten ist und der gewährleistet, dass der Verband nicht nur die Interessen einzelner oder weniger Mitglieder, sondern der Gewerbetreibenden der betreffenden Branche, verfolgt.876 Der Verband muss des Weiteren nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sein, seine satzungsgemäßen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen. In personeller 869 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 59, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 14. BGH, GRUR 1983, 129 (130) – Mischverband I, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 70, Melullis (Fußn. 212), Rn. 413. 871 § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. 872 Melullis (Fußn. 212), Rn. 415, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 20. 873 Siehe dazu oben: 3. Teil: 1. Kapitel:A.I.1.b). 874 BGH, GRUR 1995, 122 – Laienwerbung für Augenoptiker, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 23 c, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 21, a. A. Lambsdorff (Fußn. 860), Rn. 802 ff. 875 Melullis (Fußn. 212), Rn. 417. 876 BGH, GRUR 1996, 804 (805 f.) – Preisrätselgewinnauslobung III, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 23, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 30 d. 870 119 Hinsicht muss er daher über geeignete Mitarbeiter verfügen, deren juristische Qualifikation es erlaubt, den Markt zu beobachten und Geschäftspraktiken wettbewerbsrechtlich zu beurteilen.877 Typische und durchschnittlich schwer zu erkennende Wettbewerbsverstöße muss er selbst erkennen, abmahnen und verfolgen können.878 Eine entsprechende Tätigkeit muss der Verband auch tatsächlich regelmäßig ausüben.879 In sachlicher Hinsicht hat er über die notwendigen sachlichen Mittel, wie Büroräume, Telefon usw. zu verfügen.880 Finanziell muss er imstande sein, die Fixkosten, die aus seiner Existenz und seiner Grundausstattung und Grundtätigkeit erwachsen881 sowie gegnerische Kostenerstattungsansprüche882 abzudecken.883 Schließlich setzt die Klagebefugnis der gewerblichen Verbände noch voraus, dass die angegriffene Handlung geeignet ist, den Wettbewerb auf dem relevanten Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Dieses Tatbestandsmerkmal entspricht der Regelung in § 13 II Nr. 1 UWG.884 Obige Ausführungen885 gelten daher entsprechend. d) Die Verbrauchereinrichtungen Die Klagebefugnis der Verbrauchereinrichtungen resultiert aus der Erfahrung, dass Gewerbetreibende sowohl als Einzelne, als auch soweit sie in einem Verband zusammengeschlossen sind, teilweise bestimmte wettbewerbswidrige Werbeformen dulden.886 Dabei ist auch zu be• rücksichtigen, dass die Interessen der Unternehmerschaft, gleichgültig, ob diese in Form eines Verbandes organisiert sind, nicht immer den Interessen der Verbraucherschaft entsprechen, sondern diesen teilweise zuwiderlaufen.887 Obwohl die gewerblichen Interessenverbände bei der Verfolgung von unlauteren Geschäftspraktiken auch im Allgemeininteresse tätig werden, ist daher eine Klagebefugnis der Verbraucherverbände erforderlich, um die Interessen der Verbraucher zu wahren.888 In der Praxis ist die Klagebefugnis der Verbrauchervereinigungen im Vergleich zur Klagebefugnis der gewerblichen Verbände dagegen nur von untergeordneter Bedeutung. Der Grund da877 BGH, GRUR 1984, 691 (692) – Anwaltsabmahnung, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 66, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 17, a. A. Lambsdorff (Fußn. 860), Rn. 792 hinsichtlich der Einschaltung von Rechtsanwälten zur Durchführung von Mahn- und Klagetätigkeiten. 878 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 66, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 17. 879 BGH, GRUR 1984, 691 (692) – Anwaltsabmahnung, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 66, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 17, a. A. Lambsdorff (Fußn. 860), Rn. 793 zum Erfordernis der regelmäßigen Klagetätigkeit. 880 Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 22. 881 BGH, GRUR 1990, 282 (285) – Wettbewerbsverein IV. 882 KG, WRP 1982, 650 (651). 883 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 18, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 22. 884 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 27, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 30 h. 885 3. Teil: 1. Kapitel:A.I.1.b). 886 BT-Drucksache 4/2217, S. 3, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 84. 887 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 84. 888 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 84. • 120 für liegt in deren begrenzten Ausstattung mit personellen und finanziellen Mitteln.889 Auch ist die Anzahl der Verbrauchervereinigungen, die Wettbewerbsverstöße verfolgen, im Vergleich zu den gewerblichen Interessenverbänden gering. So sind in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG zwar 65 Vereinigungen eingetragen, davon handelt es sich aber schon bei 34 um Mieterschutzvereinigungen, denen auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts keine Bedeutung zukommt. Unter den restlichen 31 befinden sich 16 Verbraucherzentralen einschließlich des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (VZBV), der großteils die Abmahn- und Klagetätigkeit für die Verbraucherzentralen wahrnimmt. Nur die Verbraucherzentralen Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen gehen selbst gegen Wettbewerbsverstöße vor.890 Von den verbleibenden 15 Verbrauchervereinigungen entfaltet keine eine umfangreichere Abmahntätigkeit. Lediglich einzelne Verstöße werden teilweise verfolgt. Die Wichtigste der Verbrauchervereinigungen ist die VZBV. Diese behandelt jährlich 8.000 – 10.000 Verbraucherbeschwerden, wobei sie jedoch nur in ca. 1.300 Fällen Unternehmen abmahnt und in ca. 180 Fällen Klage erhebt. Insbesondere Anträge im Wege des einstweiligen Rechtschutzes erfolgen wegen des Schadensersatzrisikos gemäß § 945 ZPO nur ausnahmsweise in wenigen Fällen.891 Die Klagebefugnis besteht für deutsche Verbrauchervereinigungen nur, wenn sie in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen sind. Ausländische Verbraucherverbände müssen in das Verzeichnis der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 4 der Richtlinie 98/27/EG892 eingetragen sein. Da die Klagebefugnis ausländischer qualifizierter Einrichtungen nur insofern von Bedeutung ist, als deutsche Unternehmen durch grenzüberschreitende Geschäftspraktiken in einem anderen EU-Staat gegen dort geltendes Wettbewerbsrecht verstoßen893, werden im Folgenden nur die Eintragungsvoraussetzungen nach deutschem Recht näher dargestellt. Diese regelt § 4 II UKlaG. Erforderlich ist danach zunächst die Rechtsfähigkeit des Verbandes. Sodann hat er satzungsgemäß die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend wahrzunehmen. Es genügt hierzu nicht, wenn er ausschließlich die Interessen seiner Mitglieder vertritt, auch wenn diese Verbraucher sind. Vielmehr hat er die kol889 V. Falckenstein, WRP 1978, 502 (506), v. Hippel (Fußn. 115), S. 103 f., Reich/Micklitz (Fußn. 254), S. 120 f., Tonner, NJW 1987, 1917 (1921 f.). 890 Die Aufzählung beruht auf Angaben gegenüber dem Verfasser. Soweit Verbraucherzentralen nicht aufgezählt sind, haben diese entweder angegeben nicht selbst abzumahnen oder dem Verfasser keine Auskunft erteilt. 891 Die Angaben basieren auf Auskunft der VZBV gegenüber dem Verfasser. 892 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutze der Verbraucherinteressen, ABl. EG Nr. L 166 S. 51. 893 Siehe Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 98/27/EG (Fußn. 892). 121 lektiven Interessen der Verbraucherschaft wahrzunehmen.894 Dies hat gerade durch Aufklärung und Beratung zu erfolgen. Es muss der Hauptzweck des Verbandes sein, Verbraucher aufzuklären und zu beraten, wohingegen die Klagebefugnis aus § 13 II Nr. 3 UWG nur ein Hilfsmittel zur Unterstützung der Verbandstätigkeit, nicht aber dessen primäre Aufgabe, darstellt.895 Der Verband soll durch seine Tätigkeit dazu beitragen, das Informationsdefizit, das regelmäßig auf Seiten der Verbraucherschaft besteht, abzumildern, die Markttransparenz zu verbessern und den Verbraucher somit vor Übervorteilung und Irreführung zu bewahren.896 Nicht ausreichend ist es daher, wenn der Satzungszweck in der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs besteht.897 Als weitere Voraussetzung muss der Verband seine satzungsgemäßen Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen.898 Zu diesem Zweck hat er Schriften zu verbreiten, Vorträge zu organisieren, Versammlungen abzuhalten oder Beratungsstellen einzurichten.899 Allein die formale satzungsmäßige Festlegung, die Verbraucherinteressen durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, erfüllt nicht die Eintragungsvoraussetzungen. Um seine Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen zu können, muss der Verband über eine hinreichende personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung verfügen. Die Verbraucherverbände unterliegen insofern den gleichen Anforderungen wie die gewerblichen Interessenverbände.900 Es kann daher auf obige Ausführungen901 verwiesen werden. Schließlich muss der Verband seit mindestens einem Jahr bestehen und entweder 75 natürliche Personen oder andere Verbände, die im satzungsgemäßen Aufgabenbereich des Verbandes tätig sind, als Mitglieder haben. Für Verbraucherzentralen und anderen mit öffentlichen Mitteln geförderten Verbraucherverbänden spricht nach § 4 II 2 UKlaG eine unwiderlegliche Vermutung für das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen. Ist ein Verband in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen, ist er grundsätzlich klagebefugt. Im Gegensatz zu den gewerblichen Interessenverbänden ist seine Klagebefugnis nicht dadurch beschränkt, dass die angegriffene Handlung eine wesentliche Wettbewerbsbeeinträchtigung darstellen muss.902 Die Klagebefugnis der Verbraucherverbände 894 BGH, GRUR 1973, 78 (79) – Verbraucherverband, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 36, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 28. 895 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 35. 896 BGH, GRUR 1983, 775 (776) – Ärztlicher Arbeitskreis, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 36, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 28. 897 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 36. 898 BGH, GRUR 1973, 78 (79) – Verbraucherverband, BGH, GRUR 1992, 450 (451) – Beitragsrechnung, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 37, a. A. Lambsdorff (Fußn. 860), Rn. 853 f. 899 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 38. 900 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 37. 901 3. Teil: 1. Kapitel:A.I.1.c). 902 Ekey/Klippel/Kotthoff/Meckel/Plaß (Fußn. 185), § 13 Rn. 37, Melullis (Fußn. 212), Rn. 463. 122 ist insofern weiter als die der gewerblichen Interessenverbände.903 Sie ist insofern jedoch aber auch enger, als Verbraucherverbände Verstöße gegen § 1 UWG nur insoweit angreifen können, als dadurch wesentliche Belange der Verbraucher berührt werden.904 Ob dies der Fall ist, beurteilt sich anhand aller Umstände des Einzelfalls.905 Erforderlich ist danach, dass durch den Wettbewerbsverstoß die Verbraucherinteressen nicht nur am Rande tangiert werden.906 Die wesentliche Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen kann dabei zum einen aus der Vielzahl der betroffenen Verbraucher, zum anderen aus der Art und Schwere des Verstoßes resultieren.907 Für letztere Alternative gelten dabei ähnliche Kriterien wie bei der Bestimmung der wesentlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung im Rahmen von §§ 13 II Nr. 1 und 2 UWG908.909 Im Einzelnen ist insbesondere unerwünschte Telefonwerbung910, anreißerische Werbung911, Werbung mittels psychologischen und rechtlichen Kaufzwangs912, gefühlsbetonte Werbung913 sowie Werbung, durch die die Entschließungsfreiheit des Kunden beeinträchtigt wird914, geeignet, wesentliche Belange der Verbraucher zu beeinträchtigen. Es handelt sich damit zusammenfassend im Großen und Ganzen um die Werbemethoden, die von Baumbach/Hefermehl915 unter der Fallgruppe des Kundenfangs erfasst werden.916 In der Praxis spielt die Abgrenzung – wie sich bereits aus einem Blick in die einschlägige Kommentarliteratur ergibt917 – keine große Rolle. Grund hierfür ist das aufgrund des drohenden Prozess- und Kostenrisikos fehlende Interesse der Verbraucherverbände, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen, die die Verbraucherbelange allenfalls gering tangieren.918 903 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 41. GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 100, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 45, kritisch hierzu Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 140. 905 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 45, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 43. 906 BGH, GRUR 1989, 753 (754) – Telefonwerbung II, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 43, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 31 b. 907 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 102, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 45, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 31 b, a. A. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 43 und Gloy/Gloy (Fußn. 169), § 19 Rn. 47, die fordern, dass stets eine Vielzahl von Verbrauchern betroffen sein muss. 908 Siehe dazu oben: 3. Teil: 1. Kapitel:A.I.1.b). 909 Ekey/Klippel/Kotthoff/Meckel/Plaß (Fußn. 185), § 13 Rn. 38, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 31 b. 910 BGH, GRUR 1989, 753 (754) – Telefonwerbung II, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 35. 911 LG Aschaffenburg, WRP 1969, 459, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 43, Melullis (Fußn. 212), Rn. 466. 912 LG Aschaffenburg, WRP 1969, 459, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 43, Melullis (Fußn. 212), Rn. 466. 913 Gloy/Gloy (Fußn. 169), § 19 Rn. 47. 914 Borck, WRP 1968, 1 (2). 915 Siehe dort (Fußn. 24), § 1 Rn. 4 ff. 916 Ekey/Klippel/Kotthoff/Meckel/Plaß (Fußn. 185), § 13 Rn. 39. 917 Siehe nur Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 43, bei dem diesbezüglich lediglich eine Gerichtsentscheidung zitiert ist. 918 Borck, WRP 1965, 319 (322). 904 123 e) Die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern Nach § 13 II Nr. 4 UWG sind schließlich auch die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern klagebefugt. Als Körperschaften des öffentlichen Rechts sind sie rechtsund damit parteifähig. Auch sie sind jedoch nur soweit klagebefugt, als ihr Aufgabenbereich durch den Wettbewerbsverstoß betroffen ist.919 Da es allerdings nach § 1 IHK-Gesetz zum Aufgabenbereich der Industrie- und Handwerkskammern zählt „für Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken“ und damit allgemein unlautere Geschäftspraktiken zu bekämpfen, ist die Klagebefugnis der Industrie- und Handelskammern nur in regionaler Hinsicht limitiert.920 Dagegen ist die Befugnis der Handwerkskammern zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen sowohl in sachlicher als auch räumlicher Hinsicht auf diejenigen Fälle begrenzt, die sie in ihrem Zuständigkeitsbereich tangieren können.921 2. Missbrauch der Klagebefugnis nach § 13 V UWG Bei Wettbewerbsverstößen sind in der Regel eine Vielzahl von Personen und Verbänden befugt, Unterlassungsansprüche geltend zu machen.922 Für den Verletzer besteht daher die Gefahr, für einen Wettbewerbsverstoß gleich mehrfach auf Unterlassung in Anspruch genommen und mit nicht unerheblichen Kosten belastet zu werden.923 Andererseits hat der Gesetzgeber den Kreis der Klagebefugten absichtlich weit gezogen, um im Interesse der Allgemeinheit eine effektive Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zu gewährleisten. Auch kann ein Unterlassungsanspruch, gleichgültig ob mittels Abmahnung oder Unterlassungsklage, grundsätzlich nur dann erfolgreich geltend gemacht werden, wenn der Unternehmer auch tatsächlich gegen Wettbewerbsrecht verstoßen hat.924 Vor dem Hintergrund, dass die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen für den Abmahnenden bzw. dessen Anwalt mit finanziellen Vorteilen in Form von Abmahngebühren verbunden ist, kam es jedoch in der Vergangenheit des Öfteren zu Fällen, in denen die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen mehr von einer Gewinnerzielungsabsicht als von dem Interesse, unlauteren Wettbewerb zu unterbinden, motiviert war.925 Nachdem bereits die Rechtsprechung durch verschärfte Anforderungen an die Klagebefugnis versucht hatte eine missbräuchliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen zu verhindern926, hat der Gesetzgeber 1986 mit 919 Melullis (Fußn. 212), Rn. 475, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 24 Rn. 52. Melullis (Fußn. 212), Rn. 475. 921 Melullis (Fußn. 212), Rn. 476. 922 Siehe oben: 3. Teil: 1. Kapitel:A.I.1. 923 Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 55. 924 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 113. 925 Siehe hierzu: GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 109 ff. 926 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 116, zur erforderlichen sachlichen, finanziellen und personellen Ausstattung der Verbände sowie zur erforderlichen Verbandstätigkeit siehe bereits oben: 3. Teil: 1. Kapitel:A.I.1.c) und 920 124 § 13 V UWG einen Tatbestand zur Bekämpfung des Missbrauchs der Klagebefugnis geschaffen. § 13 V UWG bestimmt dementsprechend, dass ein Unterlassungsanspruch dann nicht geltend gemacht werden kann, wenn seine Geltendmachung nach den gesamten Umständen missbräuchlich ist, „insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen“. Der Anwendungsbereich des § 13 V UWG umfasst Unterlassungsklagen sowohl der nach § 13 II Nr. 1 – 4 UWG Klagebefugten als auch des unmittelbar Verletzten.927 Es können insofern vor allem zwei große Fallgruppen unterschieden werden: die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen einerseits in Gewinnerzielungs-, andererseits in Schädigungsabsicht.928 Ob der Anspruch rechtsmissbräuchlich geltend gemacht wird, ist in beiden Konstellationen grundsätzlich anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen.929 Die Fallgruppe der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen in Gewinnerzielungsabsicht erfasst die Konstellationen, in denen der Klagebefugte durch die Rechtsverfolgung hauptsächlich Aufwendungs- und Kostenerstattungsansprüche gegen den Verletzer begründen und dadurch einen Gewinn erzielen will. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gegen eine Gewinnerzielungsabsicht seitens des Abmahnenden grundsätzlich nichts einzuwenden ist, solange sie hinter der Unterbindung von Wettbewerbsverstößen als Hauptzweck zurücktritt. Nur wenn die Gewinnerzielung primärer Zweck der Rechtsverfolgung ist, handelt der Klagebefugte rechtsmissbräuchlich.930 Dies ist insbesondere bei sog. Abmahn- und Anwaltsgebührenvereinen der Fall, deren primärer Zweck es ist, Einnahmen für den Verein oder einen damit zusammenarbeitenden Anwalt zu erzielen.931 Da es in diesen Fällen zumeist jedoch schon an der Klagebefugnis des Verbandes fehlen wird und sich die Gewinnerzielungsabsicht in der Praxis auch nur schwer beweisen lassen wird, ist diese Alternative des Rechtsmissbrauchs bei der Tätigkeit von Verbänden nur in Ausnahmefällen relevant.932 d). 927 BGH, GRUR 2000, 1089 (1090) – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 46. 928 BGH, GRUR 2001, 82 – Neu in Bielefeld I, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 47, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 133 ff., 137 ff. 929 BGH, GRUR 2001, 354 (355) – Verbandsklage gegen Vielfachabmahner, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 131, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 60. 930 GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 133, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 25 Rn. 8. 931 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 25 Rn. 9. 932 Borck, GRUR 1990, 249 (256 f.), Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 25 Rn. 11, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 57. 125 Von größerer Bedeutung ist die missbräuchliche Rechtsverfolgung in Gewinnerzielungsabsicht dagegen bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen durch Mitbewerber.933 In diesen Konstellationen ist ein Missbrauch der Klagebefugnis in Betracht zu ziehen, wenn die Rechtsverfolgung nicht im Interesse des eigenen Unternehmens erfolgt, sondern vorwiegend als eigene Erwerbsquelle dient.934 Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Abmahntätigkeit umfangreicher ist als die eigene Geschäftstätigkeit und die aus der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen resultierenden Einnahmen deutlich den Geschäftsumsatz übersteigen.935 Um eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen in Schädigungsabsicht kann es sich handeln, wenn ein Anspruchsberechtigter mehrere in einer Werbeaktion enthaltende Wettbewerbsverstöße ohne sachlichen Grund nicht in einer, sondern in mehreren Klagen angreift und den Beklagten dadurch mit (Mehr-)Kosten belastet.936 Dagegen ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn mehrere Klagebefugte gleichzeitig oder zeitversetzt gegen einen Verletzer wegen derselben Verletzungshandlung vorgehen937, wobei in letzterem Fall jedoch das Risiko für den Zweitabmahner bzw. –kläger besteht, dass aufgrund einer bereits abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr entfallen ist938 und der Anspruch daher nicht mehr besteht. Rechtsmissbräuchlich sind derartige Mehrfachklagen jedoch dann, wenn es sich um ein abgesprochenes Verhalten der Unterlassungsgläubiger handelt, dessen Ziel es ist, den Verletzter mit zusätzlichen Kosten zu belasten.939 Auch in diesem Fall stellt sich jedoch die Frage nach der Beweisbarkeit der Schädigungsabsicht, die in der Praxis nur mit Schwierigkeiten gelingen wird.940 Liegt der Tatbestand des § 13 V UWG vor, ist dessen Rechtsfolge, dass sowohl Klage als auch Abmahnung unzulässig sind.941 Es besteht in diesem Fall daher auch kein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten.942 933 Borck, GRUR 1990, 249 (257), Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 57. GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 136, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 51. 935 OLG München, WRP 1987, 56, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 51. 936 BGH, GRUR 2000, 1089 (1091 f.) – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung, OLG Hamburg, GRUR 1984, 826 - Gewinnzahlen II, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 62, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 58. 937 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 53, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 25 Rn. 15. 938 BGH, GRUR 1983, 186 (186 f.) – Wiederholte Unterwerfung I, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl UWG Rn. 550. 939 OLG Hamburg, WRP 1981, 401, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 53, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 25 Rn. 15. 940 Melullis (Fußn. 212), Rn. 438, Schulte-Franzheim, WRP 2001, 745 (749 f.), allgemein zur Beweisbarkeit der Tatbestandsvoraussetzungen als Schwachpunkt des § 13 V UWG: Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 25 Rn. 5, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 55 ff. 941 BGH, GRUR 2002, 357 (358) – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 25 Rn. 4, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 51 ff., a. A. Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 UWG Rn. 56, der zusätzlich Unwirksamkeit der Abmahnung annimmt. 942 BGH, GRUR 2002, 357 (358) – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 25 Rn. 4, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 13 Rn. 53. 934 126 3. Die Beklagten Als Schuldner wettbewerbsrechtlicher Ansprüche kommt primär der Verletzer in Betracht, d. h. derjenige, der den Tatbestand eines wettbewerbsrechtlichen Verbotes verwirklicht hat. Dabei kann sich die Verletzereigenschaft auch durch die Zurechnung von Wettbewerbsverstößen eines Dritten ergeben. Neben dem Verletzer kann auch der Störer analog § 1004 BGB Schuldner wettbewerbsrechtlicher Ansprüche sein. Dessen Haftung ist im Wettbewerbsrecht von besonderer Bedeutung und wird im einschlägigen Schrifttum intensiv diskutiert.943 Im Folgenden wird zwischen der Haftung des Verletzers, der Haftung für Dritte und der Haftung des Störers differenziert. Eine Unterscheidung zwischen Verletzer und Störer ist dabei schon deshalb indiziert, da Letzterer anders als der Verletzer lediglich als Schuldner von Abwehransprüchen, nicht aber von Schadensersatzansprüchen in Betracht kommt.944 a) Der Verletzer Verletzer ist, wer durch seine adäquat kausale Handlung einen Wettbewerbsverstoß in Wettbewerbsabsicht begeht oder zu begehen droht.945 Es kann sich insofern um den Täter oder Teilnehmer einer Verletzungshandlung handeln.946 Als Verletzer kommt danach nicht nur derjenige in Betracht, der selbst einen Wettbewerbsverstoß begeht, sondern auch der, der, wie z. B. ein Inserent, die Verletzungshandlung in Auftrag gegeben hat.947 Verletzter ist ferner, wer eine Verletzungshandlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten für eigene wirtschaftliche Zwecke ausnützt, obwohl es ihm möglich und zumutbar war, diese zu verhindern.948 Auch aus dem Gesichtspunkt eines Organisationsverschuldens heraus kann schließlich eine Verletzerhaftung resultieren.949 Keine diesbezügliche Haftung besteht dagegen mangels Wettbewerbsabsicht in der Regel zu Lasten von Presseorganen für Äußerungen im Rahmen des redaktionellen Teils.950 Im Anzeigenteil handeln die verantwortlichen Personen dagegen regelmäßig in Wettbewerbsabsicht.951 943 Aus neuerer Zeit siehe: von Gierke, WRP 1997, 892 ff., Haedicke, GRUR 1999, 397 ff., Köhler, WRP 1997, 897 ff., Samwer, WRP 1999, 67 ff., Schünemann, WRP 1998, 120 ff. 944 BGH, GRUR 1998, 167 (168 f.) – Restaurantführer, BGH, GRUR 2002, 618 (619) – Meißner Dekor, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 14 Rn. 4 in Fußn. 3, a. A. bei Vorliegen von Verschulden Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. Rn. 248. 945 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 UWG Rn. 66, Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 41. 946 Samwer, WRP 1999, 67. 947 Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 41. 948 BGH, GRUR 1988, 829 (830) – Verkaufsfahrten II, Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 41, ebenso Melullis (Fußn. 212), Rn. 502, der dies jedoch im Rahmen des Störerbegriffs diskutiert. 949 BGH, GRUR 1969, 51 (52) – Glassteine, Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 42. 950 BGH, GRUR 1986, 812 (813) - Gastrokritiker, Melullis (Fußn. 212), Rn. 518, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 11. 951 BGH, GRUR 1973, 203 (204) – Badische Rundschau, Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. Rn. 254, Melullis (Fußn. 212), Rn. 522. 127 Sie haben daher grundsätzlich durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass wettbewerbswidrige Anzeigen nicht veröffentlicht werden.952 Da umfangreiche Prüfungspflichten die in der Regel unter Zeitdruck arbeitenden Anzeigenredaktionen über Gebühr belasten und daher in ihrem Recht auf Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit tangieren würden, haften Presseorgane jedoch nur für die Veröffentlichung wettbewerbswidriger Anzeigen, wenn diese grobe und leicht zu erkennende Verstöße beinhalten.953 b) Haftung für Dritte Die Haftung für Wettbewerbsverstöße Dritter bestimmt sich grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln. Wettbewerber haften daher nach den §§ 278 und 831 BGB für Verletzungshandlungen ihrer Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen. Juristischen Personen wird gemäß §§ 31, 86, 89 BGB das Handeln ihrer Organe zugerechnet. Schließlich haften die Gesellschafter einer OHG sowie die Komplementäre einer KG nach § 128 S. 1 HGB persönlich für die Verbindlichkeiten der Personengesellgesellschaft, so dass auch sie wegen Wettbewerbsverstößen der Gesellschaft in Anspruch genommen werden können.954 Eine Besonderheit besteht im Wettbewerbsrecht jedoch insofern, als nach § 13 IV UWG der Betriebsinhaber auch für Verletzungshandlungen seiner Angestellten und Beauftragten auf Unterlassung haftet, wenn diese u. a. – denn nur diese Fälle interessieren im Rahmen der vorliegenden Arbeit – den §§ 1 und 3 UWG zuwiderhandeln. § 13 IV UWG ist die wichtigste Zurechnungsnorm für fremde Wettbewerbsverstöße.955 Ihre Bedeutung resultiert aus dem Umstand, dass sie zu Lasten des Betriebsinhabers, anders als § 831 BGB, eine Erfolgshaftung ohne Exkulpationsmöglichkeit statuiert.956 Der Betriebsinhaber, dem die Verletzungshandlung zugute kommt, soll sich nicht hinter von ihm abhängigen Dritten verstecken können.957 Ihm wird daher grundsätzlich jeder in seinem Geschäftsbetrieb begangene Wettbewerbsverstoß zugerechnet, als hätte er ihn selbst begangen.958 Er haftet insofern jedoch nur auf Unterlassung und Beseitigung, nicht dagegen auf Schadensersatz.959 952 Melullis (Fußn. 212), Rn. 522. BGH, GRUR 1990, 1012 (1014) – Pressehaftung I, Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. Rn. 254, Melullis (Fußn. 212), Rn. 522. 954 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 33. 955 Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 44, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 14 Rn. 16. 956 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 15, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 Rn. 38, a. A. Schünemann, WRP 1998, 120 (123). 957 RGZ 151, 287 (292) – Alpina, BGH, GRUR 1990, 1039 (1040) – Anzeigenauftrag, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 60. 958 RGZ 116, 28 (33), BGH, GRUR 1995, 605 (607) – Franchise-Nehmer, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 15, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 14 Rn. 19. 959 BGH, GRUR 1980, 116 (117) – Textildrucke, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 60, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 16. 953 128 Tatbestandlich setzt die Haftung nach § 13 IV UWG zunächst voraus, dass ein Angestellter oder Beauftragter gehandelt hat. Beide Begriffe sind weit auszulegen.960 Angestellter ist danach, wer vertraglich verpflichtet ist, entgeltlich oder unentgeltlich im Geschäftsbetrieb eines anderen Dienste zu leisten.961 Um Angestellte handelt es sich vor allem bei Arbeitnehmern jeglicher Art. Aber auch Prokuristen, Agenten und Handelsvertreter können Angestellte sein, sofern sie nicht im Einzelfall Beauftragte sind.962 Beauftragter ist, wer, ohne Angestellter zu sein, aufgrund Vertrages verpflichtet ist, in dem Betrieb eines anderen tätig zu sein.963 Entscheidend für den Begriff des Beauftragten ist zum einen, dass das Arbeitsergebnis dem Betrieb zugute kommt, dessen Inhaber in Anspruch genommen werden soll und zum anderen, dass es dem Betriebsinhaber aufgrund der vertraglichen Beziehungen möglich ist, bestimmenden Einfluss auf dessen Tätigkeit auszuüben und seinen Willen durchzusetzen.964 Beauftragte sind daher beispielsweise selbständige Werbeagenturen965, Franchise-Nehmer966, Agenten und selbständige Handelsvertreter967 sowie Buch- und Zeitschriftenwerber968.969 Der Zeitungsverleger ist dagegen nur dann Beauftragter, wenn ihm der Anzeigenkunde einen Gestaltungsspielraum zugebilligt hat.970 Als weitere Tatbestandsvoraussetzung muss der Angestellte oder Beauftragte einen Wettbewerbsverstoß begangen haben und zwar „in einem geschäftlichen Betrieb“. Dieses Tatbestandsmerkmal ist nicht räumlich, sondern funktional zu verstehen.971 Entscheidend ist damit, dass die Handlung in den Geschäftskreis des Betriebes fällt und diesem zugute kommt.972 Ist der Tatbestand des § 13 IV UWG erfüllt, haftet der Betriebsinhaber zusätzlich neben dem Angestellten oder Beauftragten auf Unterlassung.973 Betriebsinhaber ist derjenige, in dessen Namen und für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird und der nach außen die Verantwor960 BGH, GRUR 1959, 38 (44) – Buchgemeinschaft II, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 64, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 21. 961 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 65, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 22. 962 RG, MuW 1926, 147 (148), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 67, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 22, jeweils mit weiteren Beispielen. 963 RGZ 83, 424 (426) – Dünger, GK-Erdmann (Fußn. 280), § 13 Rn. 155, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 67. 964 RGZ 151, 287 (293) – Alpina, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 66, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 23, a. A. zum Kriterium der Möglichkeit eines bestimmenden Einflusses Köhler, GRUR 1991, 344 (351). 965 BGH, GRUR 1973, 208 (209) – Neues aus der Medizin. 966 BGH, GRUR 1995, 605 (607) – Franchisenehmer. 967 BGH, GRUR 1971, 119 (120) – Branchenverzeichnis. 968 OLG Stuttgart, BB 1972, 893. 969 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 24, mit weiteren Beispielen. 970 BGH, GRUR 1990, 1039 (1040) – Anzeigenauftrag, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 67, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 Rn. 46, a. A. noch Köhler, GRUR 1991, 344 (351). 971 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 63, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 Rn. 47. 972 BGH, GRUR 1963, 438 (439) – Fotorabatt, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 63, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 Rn. 47. 973 BGH, GRUR 1973, 208 (209) – Neues aus der Medizin, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 19, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 Rn. 51. 129 tung für den Betrieb übernommen hat.974 Dies ist bei Einzelfirmen in der Regel der Einzelkaufmann.975 Bei Personen- und Kapitalgesellschaften ist Betriebsinhaber die Gesellschaft bzw. die juristische Person selbst, nicht aber einzelne Gesellschafter oder deren Gesamtheit sowie bei juristischen Personen deren Organe.976 c) Der Störer Als Schuldner eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs kommt schließlich noch der Störer in Betracht. Das ist derjenige, der an einem fremden Wettbewerbsverstoß willentlich und adäquat kausal mitgewirkt hat, ohne dabei jedoch selbst in Wettbewerbsabsicht gehandelt zu haben.977 Erforderlich ist insoweit nur, dass überhaupt eine Verletzungshandlung vorliegt, an der sich der Störer willentlich und adäquat kausal beteiligt hat. Ein Handeln in Wettbewerbsabsicht ist ebenso wenig erforderlich wie ein Verschulden.978 Ausgeschlossen ist eine Haftung jedoch, wenn dem Handelnden rechtlich die Verhinderung des Wettbewerbsverstoßes nicht möglich war.979 Um einen möglichst umfassenden Schutz vor Wettbewerbsverstößen zu erreichen, ist der Begriff des Störers durch die Rechtsprechung lange Zeit sehr weit ausgelegt worden. Als Störer haftet danach auch, wer seinen Telefon- oder Telefaxanschluss für Wettbewerbsverstöße zur Verfügung stellt980, wer als Omnisbusunternehmer auf einer Verkaufsfahrt trotz Verhinderungsmöglichkeit die irreführende Werbung des Veranstalters zulässt981 sowie, wer als Anzeigenwerber getarnte Werbung an eine Zeitungsredaktion zur Veröffentlichung weiterleitet982.983 Als Konsequenz eines derart weiten Störerbegriffs hat nicht nur der Begriff des Verletzers großteils an Bedeutung verloren984, vielmehr hat die Rechtsprechung auch die Kritik der Literatur auf sich gezogen985. Als Folge dieser Kritik hat die Rechtsprechung begonnen, die Haftung 974 RG, MuW 1914, 17 (18), Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 13 Rn. 70, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 18. 975 Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 18. 976 BGH, GRUR 1964, 88 (89) – Verona-Gerät, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 18, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 14 Rn. 23. 977 Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 46, Emmerich (Fußn. 173), S. 337, Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. Rn. 246 f. 978 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 327, Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. Rn. 247, a. A. hinsichtlich der Wettbewerbsförderungsabsicht Melullis (Fußn. 212), Rn. 486, Pastor/Ahrens/Jestaedt (Fußn. 794), Kap. 26 Rn. 9, Wiegand, Die Passivlegitimation bei wettbewerbsrechtlichen Abwehransprüchen, 1. Aufl. 1996, S. 101 ff., insbesondere S. 129 f., zweifelnd auch Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 14 Rn. 10 a. 979 BGH, GRUR 1955, 97 (99 f.) – Constanze II, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl UWG Rn. 327, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 14 Rn. 4. 980 OLG Frankfurt, WRP 1987, 115, OLG Hamm, GRUR 1992, 126 – Telefonanschluss, KG, BB 1997, 2348. 981 BGH, GRUR 1988, 829 (830) – Verkaufsfahrten II. 982 BGH, GRUR 1994, 441 (442 f.) – Kosmetikstudio. 983 Köhler/Piper (Fußn. 50), Einf. Rn. 252, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 14 Rn. 7 f., jeweils mit weiteren Beispielen. 984 Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 14 Rn. 11. 985 Siehe hierzu Emmerich (Fußn. 173), S. 338, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 14 Rn. 10 c, sowie die in Fußn. 943 aufgeführten Autoren. 130 des Störers insoweit einzuschränken, als diese nur dann besteht, wenn ihm eine Prüfungspflicht obliegt und ihm nach den Umständen des Einzelfalles die Erfüllung dieser Pflicht möglich und zumutbar ist.986 II. Außergerichtliche Verfahren Verwirklicht eine Wettbewerber den Tatbestand eines wettbewerbsrechtlichen Verbotes, ist der Verletzte zur Durchsetzung seiner Ansprüche keineswegs allein auf gerichtliche Verfahren beschränkt. Vielmehr hat er auch die Möglichkeit, seine Ansprüche mittels einer Abmahnung geltend zu machen oder eine Einigungsstelle nach § 27 a UWG anzurufen. Im Vergleich zu einem Wettbewerbsprozess bieten diese Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung den Vorteil schnellerer und kostengünstigerer Verfahren. 1. Die Abmahnung Die Abmahnung dient der außergerichtlichen Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche. Sie ist im Wettbewerbsrecht von erheblicher praktischer Relevanz. Schätzungen gehen insoweit davon aus, dass 85% - 95% aller wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten im Abmahnverfahren erledigt werden.987 Diesen Schätzungen entspricht es, wenn 2002 von der Wettbewerbszentrale ca. 8.500 Abmahnungen ausgesprochen aber nur 874 gerichtliche Verfahren eingeleitet wurden.988 Auch im Rahmen der Tätigkeit der VZBV stehen im Jahr 2002 1.318 Abmahnungen nur 180 gerichtliche Verfahren gegenüber.989 Eine Abmahnung besteht in der vorprozessualen Mitteilung eines Klageberechtigten an einen Verletzer oder Störer, dass dieser sich in bestimmter Art und Weise wettbewerbswidrig verhalten hat oder zu verhalten beabsichtigt, verbunden mit der Aufforderung, diesen Wettbewerbsverstoß in Zukunft zu unterlassen, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben und der Androhung gerichtlicher Maßnahmen, falls die verlangte Erklärung nicht innerhalb einer bestimmten Frist abgegeben wird.990 Eine besondere Form ist für die Abmahnung nicht vorgeschrieben.991 986 BGH, GRUR 1997, 313 (315 f.) – Architektenwettbewerb, BGH, GRUR 1997, 909 (911) – BranchenbuchNomenklatur, BGH, GRUR 2001, 1038 (1039 f.) – ambiente.de. 987 Eser, GRUR 1986, 35, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 172, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 3, skeptisch gegenüber diesen Schätzungen Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 3 Rn. 1. 988 Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Fußn. 867), I. 2., die statistischen Angaben über die Zahl der ausgesprochenen Abmahnungen beruhen auf Angaben der Wettbewerbszentrale gegenüber dem Verfasser. 989 Die statistischen Angaben beruhen auf Angaben der VZBV gegenüber dem Verfasser. 990 Gloy/Gloy (Fußn. 169), § 60 Rn. 1, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 4 Rn. 1. 991 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 535, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 176. 131 Obwohl grundsätzlich keine Rechtspflicht des Verletzten besteht, den Verletzer vor Erhebung einer Klage zu warnen992, erfolgt eine Abmahnung in praktisch allen wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten vor dem Hintergrund, dass der Kläger hierdurch bei einem nachfolgenden Wettbewerbsprozess das Risiko einer Kostentragungspflicht nach § 93 ZPO vermeiden kann.993 Darüber hinaus besteht für den Unterlassungsgläubiger der weitere Vorteil, dass er mit einer Abmahnung den Wettbewerbsverstoß schnell und preiswert unterbinden kann.994 Ferner erhält er durch die Reaktion des Schuldners Klarheit darüber, ob sein Anspruch anerkannt wird oder ob er diesen in einem gerichtlichen Verfahren durchzusetzen hat.995 Der Schuldner wiederum, der sich oftmals eines Wettbewerbsverstoßes gar nicht bewusst sein wird996, erlangt durch die Abmahnung Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß und der Person des Anspruchstellers und erhält dadurch die Möglichkeit, ein Gerichtsverfahren mit all seinen negativen Konsequenzen zu vermeiden.997 Die Gerichte schließlich werden durch die aufgrund des Abmahnverfahrens vermiedenen Prozesse entlastet.998 Damit die Abmahnung ihren Hauptzweck der außergerichtlichen Streitbeilegung erreichen kann, ist sie inhaltlich so auszugestalten, dass es dem Abgemahnten möglich ist, ihre Berechtigung zu überprüfen und durch entsprechendes Verhalten eine Klage zu vermeiden.999 Sie hat dementsprechend folgende Angaben zu enthalten: Abmahnenden und Abgemahnten, beanstandetes Verhalten, Unterlassungsverlangen verbunden mit der Forderung, eine entsprechende Verpflichtungserklärung abzugeben, Frist, innerhalb der die Unterlassungserklärung abzugeben ist sowie die Androhung gerichtlicher Schritte für den Fall der Erfolglosigkeit der Abmahnung.1000 Bei der Angabe des Abmahnenden ist zu beachten, dass nur derjenige wirksam abmahnen kann, der auch klagebefugt ist.1001 Die Person des Abmahnenden ist daher so genau zu bezeichnen, dass der Verletzer im Zweifelsfall dessen Aktivlegitimation überprüfen kann. Bei Verbänden können daher Angaben zu deren Mitglieder indiziert sein.1002 992 Rn. 3. 993 OLG Düsseldorf, GRUR 1951, 402, GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 5, Gloy/Gloy (Fußn. 169), § 60 Siehe auch Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 8, der kritisch darauf hinweist, dass auf Seiten der Gläubiger und ihrer Rechtsanwälte oft gar kein Interesse an einer außergerichtlichen Streitbeilegung besteht und allein die Vermeidung von Kostennachteilen sie veranlasst den Schuldner abzumahnen. 994 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 173, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 3 Rn. 4. 995 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 529, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 3 Rn. 4. 996 Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 1 in Fußn. 3, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 529. 997 Melullis (Fußn. 212), Rn. 743, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 3 Rn. 3. 998 OLG München, WRP 1971, 434, GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 95, Ahrens, Wettbewerbsverfahrensrecht, 1. Aufl. 1983, S. 41, Spätgens in: FS Gaedertz, 1. Aufl. 1992, S. 545 (546), a. A. Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 3 Rn. 2, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 3. 999 Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn. 1, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 14. 1000 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 179 ff., Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn. 1. 1001 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 174, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn. 2. 1002 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 179, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn. 3. 132 Das beanstandete Verhalten ist tatsächlich so konkret zu beschreiben, dass der Verletzer erkennen kann, wogegen sich der Abmahnende wendet und ihm eine Überprüfung dieses Vorwurfs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht möglich ist.1003 Rechtliche Ausführungen haben nur pauschal zu erfolgen. Insbesondere ist eine rechtliche Würdigung der Verletzungshandlung nicht erforderlich.1004 Der Verletzer ist ferner aufzufordern, das beanstandete Verhalten zukünftig zu unterlassen. In der Regel ist das Unterlassungsverlangen verbunden mit der Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem Abmahnenden abzugeben. Zwingend erforderlich ist dies hingegen nur, falls Wiederholungsgefahr besteht, da diese nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeschlossen wird1005. Betrifft die Abmahnung dagegen einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch, kann auch ein kontradiktorisches Verhalten auf Seiten des Verletzers geeignet sein, die Erstbegehungsgefahr zu beseitigen.1006 Auch wenn in der Praxis die Abmahnung in der Regel eine vorformulierte Unterlassungserklärung enthält, ist dies grundsätzlich nicht erforderlich, da es Aufgabe des Schuldners ist, die Wiederholungsgefahr auszuschließen.1007 Der Verletzer hat die Unterlassungserklärung gegenüber dem Unterlassungsgläubiger innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. In der Regel wird die Abmahnung eine entsprechende Fristsetzung enthalten. Tut sie dies nicht oder setzt der Gläubiger dem Unterlassungsschuldner eine zu kurz bemessene Frist, läuft eine angemessene Frist.1008 Welche Frist angemessen ist, beurteilt sich anhand der Umstände des Einzelfalls. Dabei ist das Interesse des Abmahnenden an der Unterbindung des Wettbewerbsverstoßes gegenüber dem Interesse des Abgemahnten an einer ausreichenden Prüfungs- und Entscheidungsfrist abzuwägen.1009 Die Frist wird dabei umso kürzer sein, je eiliger und gefährlicher ein Wettbewerbsverstoß ist.1010 In der Regel wird daher eine Frist von 8 – 10 Tagen angemessen sein.1011 1003 OLG Köln, WRP 1988, 56, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 180, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn. 5. 1004 OLG Düsseldorf, WRP 1988, 107 (108), Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 180, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn. 5. 1005 BGH, GRUR 1959, 544 (547) – Modenschau, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 263, Gloy/Gloy (Fußn. 169), § 60 Rn. 17. 1006 BGH, GRUR 1987, 125 (126) – Berühmung, GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 20, Nieder, Außergerichtliche Konfliktlösung im gewerblichen Rechtsschutz, 1. Aufl. 1999, S. 19 f. 1007 BGH, GRUR 1988, 459 (460) – Teilzahlungsankündigung, GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 21, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn. 7. 1008 OLG Nürnberg, MD 1990, 356 (358), GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 35, Ekey/Klippel/Kotthoff/Meckel/Plaß (Fußn. 185), E 6 Rn. 34, Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, 1. Aufl. 2000, S. 300, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 181, a. A. Gloy/Gloy (Fußn. 169), § 60 Rn. 24, Nieder (Fußn. 1006), S. 24, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn 12, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 14, die alle eine Fristsetzung für zwingend erforderlich halten. 1009 GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 55, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 182. 1010 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 532, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn 12. 1011 GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 27, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 182. 133 Jedoch kommt unter Umständen auch eine Frist von nur wenigen Tagen oder Stunden in Betracht.1012 Schließlich hat der Unterlassungsgläubiger dem Unterlassungsschuldner für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe der Unterlassungserklärung gerichtliche Schritte anzudrohen.1013 Dies hat jedoch nicht stets ausdrücklich zu erfolgen. Vielmehr wird sich regelmäßig schon aus dem Hinweis auf einen Wettbewerbsverstoß verbunden mit der Aufforderung, eine Unterlassungserklärung abzugeben, für den Abgemahnten ergeben, dass im Falle der Weigerung der andere Teil gerichtliche Schritte unternehmen wird.1014 Gibt der Abgemahnte die geforderte Unterlassungserklärung fristgemäß ab, hat er keinen Anlass zur Klage i.S.v. § 93 ZPO gegeben.1015 Ebenso entfällt in diesem Fall die Wiederholungsgefahr, so dass kein Unterlassungsanspruch mehr besteht.1016 Andernfalls kann der Verletzte gegen den Verletzer ohne das Kostenrisiko des § 93 ZPO Klage erheben. In jedem Fall aber hat der Unterlassungsschuldner grundsätzlich die Kosten einer berechtigten Abmahnung zu tragen. Im Fall der außergerichtlichen Streitbeilegung folgt der Kostenerstattungsanspruch dabei aus GoA gemäß §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.1017 Aus dieser Anspruchsgrundlage ergibt sich jedoch auch, dass bei Abmahnung durch mehrere Verletzte nur die Kosten der ersten Abmahnung erstattungsfähig sind, da weitere Abmahnungen nicht mehr dem Interesse des Abgemahnten entsprechen.1018 Folgt der Abmahnung ein Klage- oder Verfügungsverfahren, handelt sich bei den Abmahnkosten um Vorbereitungskosten, die im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 91 ZPO dem Unterlassungsschuldner zur Last fallen.1019 Ausnahmsweise kann eine Abmahnung auch entbehrlich sein, weil sie offensichtlich erfolglos bleiben wird oder unzumutbar ist.1020 Dies ist dann der Fall, wenn von vornherein schon feststeht, dass der Verletzer die Abmahnung nicht beachten wird oder ein Fall der besonderen 1012 OLG München, MD 1993, 510 (511 f.), GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 27, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 182. 1013 OLG München, WRP 1981, 601, GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 37, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 185. 1014 GK-Kreft (Fußn. 280), Vor § 13 C Rn. 37, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn 14. 1015 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 538, Emmerich (Fußn. 173), S. 373 f.. 1016 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 538, Emmerich (Fußn. 173), S. 373 f. 1017 BGH, GRUR 1970, 189 (190) – Fotowettbewerb, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 538, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 191, a. A. Palandt/Sprau, 62. Aufl. 2003, § 683 Rn. 4. 1018 BGH, GRUR 2002, 357 (358) – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 193, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 87 ff. 1019 OLG Dresden, GRUR 1997, 318, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 532, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 191, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 90, a. A. Melullis (Fußn. 212), Rn. 802, Pastor/Ahrens/Scharen (Fußn. 794), Kap. 18 Rn 3. 1020 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 198, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 21. 134 Dringlichkeit vorliegt.1021 Dagegen führt allein die Tatsache, dass es sich um einen vorsätzlichen Wettbewerbsverstoß handelt, nicht zur Entbehrlichkeit der Abmahnung.1022 2. Das Verfahren vor den Einigungsstellen nach § 27 a UWG Eine weitere Möglichkeit zur außergerichtlichen Streitbeilegung bietet das Verfahren vor den Einigungsstellen nach § 27 a UWG. Im Gegensatz zum Abmahnverfahren ist dieses Verfahren in der Praxis jedoch von nur untergeordneter Bedeutung. So kommt Melullis für den Bereich von Hamburg für das Jahr 1982 auf gerade einmal 42 Fälle, in denen die Einigungsstellen angerufen wurden, während im gleichen Zeitraum mehr als 1.000 Verfahren aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes anhängig gemacht wurden, wobei diese Verfahren weit mehrheitlich wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten betrafen.1023 Die Einigungsstellen sind bei den örtlichen Industrie- und Handelskammern eingerichtet.1024 Sachlich sind sie für alle Streitigkeiten zuständig, die Ansprüche aus den §§ 13 und 13 a UWG betreffen.1025 Das Einigungsverfahren findet nur auf Antrag statt. Diesen können sowohl der Anspruchsteller, als auch der Anspruchsgegner stellen.1026 Soweit die streitige Wettbewerbshandlung den geschäftlichen Verkehr mit Letztverbrauchern betrifft, ist eine Zustimmung des Gegners nicht erforderlich. Dies ist insbesondere bei Werbung der Fall, die sich an den Letztverbraucher richtet.1027 Antragsbefugt sind die nach § 13 II UWG Klagebefugten sowie bei Streitigkeiten nach § 13 a UWG der Letztverbraucher.1028 Aufgabe der Einigungsstelle ist es, durch neutrale und sachkundige Vermittlung einen gütlichen Ausgleich zwischen den Parteien herbeizuführen.1029 Das Verfahren endet daher niemals durch streitig Entscheidung.1030 Können sich die Parteien nicht einigen, muss das Verfahren vor der Einigungsstelle beendet werden.1031 Im Übrigen kann das Verfahren durch Vergleich, Rücknahme des Antrags1032 sowie der Ablehnung der Einleitung von Einigungsverhandlungen durch die Einigungsstelle1033 beendet werden.1034 1021 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 199 f., Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 23 ff. Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 199, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 22, 25, 35 a. A. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 543. 1023 Melullis (Fußn. 212), Rn. 53, siehe ebenso die statistischen Angaben bei Köhler, WRP 1991, 617 und Probandt, Die Einigungsstelle nach § 27 a UWG, 1. Aufl. 1993, S. 84 ff. 1024 § 27 a I UWG. 1025 Melullis (Fußn. 212), Rn. 63, siehe auch § 27 a III UWG. 1026 § 27 a III UWG. 1027 Krieger, GRUR 1957, 197 (202), GK-Köhler (Fußn. 280), § 27 a Rn. 57. 1028 GK-Köhler (Fußn. 280), § 27 a Rn. 61. 1029 GK-Köhler (Fußn. 280), § 27 a Rn. 8, siehe auch § 27 a VI 1 UWG. 1030 Melullis (Fußn. 212), Rn. 66. 1031 Melullis (Fußn. 212), Rn. 66, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 42 Rn. 27. 1032 § 27 a IX 5 UWG. 1033 § 27 a VIII UWG. 1034 GK-Köhler (Fußn. 280), § 27 a Rn. 96 ff. 1022 135 III. Gerichtliche Verfahren 1. Das Hauptsacheverfahren Soweit wettbewerbsrechtliche Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden, handelt es sich grundsätzlich um zivilrechtliche Streitigkeiten, die im Rahmen eines Zivilprozesses ausgetragen werden. Für das Verfahren gelten daher die Regelungen der ZPO. Klageart wird dabei zumeist eine Leistungsklage sein. Dies gilt insbesondere für Klagen auf Unterlassung und Beseitigung. Soweit ein Schadensersatzanspruch inmitten steht, wird dieser zwar grundsätzlich auch im Wege der Leistungsklage geltend gemacht, jedoch ist hier, weil in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten die Schadensfeststellung oftmals beträchtliche Schwierigkeiten bereitet, auch die Feststellungsklage von praktischer Bedeutung.1035 Wettbewerbsrechtliche Besonderheiten bestehen vor allem im vorprozessualen Bereich sowie im Verfahren der einstweiligen Verfügung einschließlich des Abschlussverfahrens.1036 Im Hauptsacheverfahren existieren dagegen nur wenige wettbewerbsrechtliche Spezifika. Gegenstand der folgenden Ausführungen ist die prozessuale Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen. Für die Darlegungs- und Beweislast gelten auch im Wettbewerbsprozess die allgemeinen zivilprozessualen Regelungen. Danach hat der Kläger grundsätzlich die anspruchsbegründenden Tatsachen zu beweisen. Ihm stehen hierzu die üblichen Beweismittel zur Verfügung. Zulässig ist es insbesondere, durch Testpersonen Testkäufe vornehmen zu lassen und diese anschließend als Zeugen zu vernehmen.1037 Erforderlich ist insoweit nur, dass sich die Testperson wie ein normaler Verbraucher verhält1038, insbesondere den Wettbewerbsverstoß nicht provoziert1039 oder Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten1040 begeht.1041 Vor Schwierigkeiten wird die Beweislast den Kläger aber vor allem dann stellen, wenn es sich bei den zu beweisenden Tatsachen um solche handelt, die Dritten nicht ohne weiteres zugänglich sind, insbesondere weil es sich um Betriebsinterna oder sonstiges Privatwissen handelt.1042 So wird es besonders im Rahmen des § 3 UWG dem Kläger häufig nicht möglich sein, eine Täuschung des Verkehrs nachzuweisen, wenn die Werbung auf Betriebsinterna des Werbenden 1035 1036 Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 44 Rn. 2. Siehe dazu unten: 3. Teil: 1. Kapitel:A.III.2. BGH, GRUR 1965, 607 (609) – Funkmietwagen, Pastor/Ahrens/Bähr (Fußn. 794), Kap. 32 Rn. 26 f. BGH, GRUR 1965, 612 – Warnschild. BGH, GRUR 1965, 612 – Warnschild. BGH, GRUR 1989, 113 (114) – Mietwagen-Testfahrt. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 1 UWG Rn. 246, Pastor/Ahrens/Bähr (Fußn. 794), Kap. 32 Rn. 31 ff. Pastor/Ahrens/Bähr (Fußn. 794), Kap. 32 Rn. 25. • 1037 1038 1039 1040 1041 1042 136 basiert. Der Beklagte wird in einem solchen Fall dagegen in der Regel ohne größere Probleme in der Lage sein, Angaben über die entsprechenden Umstände zu machen. Besitzt in einem solchen Fall der Kläger das erforderliche Wissen nicht und kann er es sich auch unter zumutbaren Anstrengungen nicht verschaffen1043, obliegt es dem Beklagten, sich hinsichtlich solcher Tatsachen zu erklären, die in seinen Verantwortungsbereich fallen oder über die er unschwer und zumutbar Auskunft erteilen kann1044, weil sie entweder sein Unternehmen betreffen1045 oder er sie vor der Werbemaßnahme geklärt haben muss1046. Kommt der Beklagte dieser Erklärungspflicht nicht nach, kann das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung die angegriffene Werbung als unrichtig und irreführend ansehen1047 oder das Klagevorbringen als zugestanden behandeln1048. Von erheblich praktischer Bedeutung ist bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten schließlich die Ermittlung der Verkehrsauffassung. Diese bereitet auf den ersten Blick beträchtliche praktische Probleme, wenn man bedenkt, dass diese nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich empirisch zu ermitteln ist. Soweit das Gericht die Verkehrsauffassung nicht aus eigener Sachkunde beurteilen kann, wäre daher in Irreführungsfällen grundsätzlich ein Meinungsforschungsgutachten einzuholen. Dies ist jedoch mit einem hohen Aufwand an Zeit und Kosten verbunden, der oftmals in keiner angemessenen Relation zur wirtschaftlichen Bedeutung der Streitsache steht.1049 Darüber hinaus ist die korrekte Fragestellung häufig schwierig und es besteht daher die Gefahr, dass sich das gesamte Meinungsforschungsgutachten aufgrund einer falschen Fragestellung letztendlich als wertlos herausstellt.1050 Den Gerichten widerstrebt es daher in der Praxis oftmals, Meinungsforschungsgutachten einzuholen, weshalb sie die Verkehrsauffassung vielfach aufgrund eigener Sachkunde beurteilen.1051 In der Praxis bereitet die Ermittlung der Verkehrsauffassung daher nur geringe Probleme. 2. Das Verfahren der einstweiligen Verfügung In Deutschland finden schätzungsweise jährlich rund 15 – 20.000 Wettbewerbsverfahren statt.1052 Bei einem Großteil davon handelt es sich um Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz. 1043 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 120, Melullis (Fußn. 212), Rn. 684. BGH, GRUR 1963, 270 (271) – Bärenfang, Melullis (Fußn. 212), Rn. 684. 1045 BGH, GRUR 1993, 980 (983) – Tariflohnunterschreitung, Melullis (Fußn. 212), Rn. 684. 1046 BGH, GRUR 1978, 249 (250) – Kreditvermittlung, Melullis (Fußn. 212), Rn. 684. 1047 BGH, GRUR 1970, 461 (463) – Euro-Spirituosen, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 120, Melullis (Fußn. 212), Rn. 685. 1048 BGH, GRUR 1961, 85 (90) – Pfiffikus-Dose, Melullis (Fußn. 212), Rn. 685. 1049 Pastor/Ahrens/Bähr (Fußn. 794), Kap. 32 Rn. 8. 1050 Teplitzky, WRP 1990, 145 (146), Pastor/Ahrens/Bähr (Fußn. 794), Kap. 32 Rn. 8. 1051 Siehe dazu bereits oben: 1. Teil: 1. Kapitel:B.III. 1052 Schricker, GRUR Int. 1994, 586 (587). 1044 137 Schätzungen zufolge beträgt der Anteil der Verfügungsverfahren an den gesamten Wettbewerbsverfahren rund 75% - 80%.1053 Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass durch einstweilige Verfügung grundsätzlich die Streitigkeit zwar nur vorläufig entschieden wird, anders aber als bei nicht-wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten kommt es in wettbewerbsrechtlichen Verfahren häufig nicht zu einem Hauptsacheprozess, so dass die einstweilige Verfügung in diesen Fällen eine abschließende Entscheidung darstellt.1054 Die einstweilige Verfügung ist daher bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten von erheblicher praktischer Bedeutung. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann grundsätzlich unabhängig von einem Hauptsacheverfahren gestellt werden.1055 Es ist daher weder erforderlich, vor einem Hauptsacheverfahren einen entsprechenden Antrag zu stellen, noch hat der Verfügungskläger – mit Ausnahme von § 926 ZPO – nach Erlass der einstweiligen Verfügung zwingend eine Hauptsacheklage zu erheben.1056 Der Antrag kann schließlich auch parallel zu einer Hauptsacheklage gestellt werden.1057 Um eine einstweilige Verfügung zu erwirken, hat zugunsten des Antragstellers sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund zu bestehen. Verfügungsanspruch ist dabei ein Anspruch, der auch nur vorläufig regel- bzw. erfüllbar ist.1058 Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kommt daher vor allem zur Sicherung von Unterlassungsansprüchen in Betracht. Dagegen können Schadensersatzansprüche in der Regel nicht durch einstweilige Verfügungen gesichert werden.1059 Auch Beseitigungsansprüche können nur ausnahmsweise Gegenstand einer einstweiligen Verfügung sein.1060 Verfügungsgrund ist die objektive Dringlichkeit der Sache.1061 Diese muss für den Antragsteller gegeben sein. Ob diese dagegen auch für Dritte, insbesondere für die Allgemeinheit und die Verbraucherschaft vorliegt, ist unbeachtlich.1062 Der Antragsteller hat die den Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund begründenden Tatsachen glaubhaft zu machen.1063 Erforderlich ist dazu, dass eine überwiegende Wahrscheinlich1053 Ahrens (Fußn. 998), S. 150 ff., Engelschall, GRUR 1972, 103 (104), Fritzsche (Fußn. 1008), S. 607 in Fußn. 1, Ulrich, GRUR 1985, 201 (202). 1054 Melullis (Fußn. 212), Rn. 148, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 53 Rn. 1 f. 1055 Gloy/Spätgens (Fußn. 169), § 78 Rn. 3. 1056 Pastor/Ahrens/Ahrens (Fußn. 794), Kap. 52 Rn. 2. 1057 Gloy/Spätgens (Fußn. 169), § 78 Rn. 3, Fritzsche (Fußn. 1008), S. 608 f. 1058 Köhler/Piper (Fußn. 50), § 25 UWG Rn. 7, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 54 Rn. 11. 1059 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 5, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 25 UWG Rn. 11. 1060 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 5, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 27 a UWG Rn. 9. 1061 Vgl. § 935 ZPO. 1062 OLG Karlsruhe, WRP 1977, 419 (420), Pastor/Ahrens/Traub (Fußn. 794), Kap. 49 Rn. 8, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 54 Rn. 16, a. A. OLG Hamburg, GRUR 1977, 161 (163) – Teaquick, differenzierend Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 19. 1063 §§ 936, 920 II ZPO. 138 keit für deren Existenz besteht.1064 Bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen ist insofern jedoch zu beachten, dass nach § 25 UWG der Verfügungsgrund, d. h. die Dringlichkeit vermutet wird und daher grundsätzlich nicht glaubhaft zu machen ist. Es handelt sich insoweit allerdings nur um eine widerlegliche Vermutung.1065 Diese kann insbesondere dann widerlegt sein, wenn der Verfügungskläger in Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes die Antragstellung verzögert1066 oder das Verfahren nur zögerlich betreibt1067. Darüber hinaus wird bei Glaubhaftmachung einer Verletzungshandlung die Wiederholungsgefahr und damit ein Tatbestandsmerkmal des Verfügungsanspruchs vermutet.1068 Der Antragsteller hat daher bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen letztlich nur die konkrete Verletzungshandlung glaubhaft zu machen, um eine einstweilige Verfügung zu erwirken.1069 Die einstweilige Verfügung wird in der Praxis häufig durch Beschluss erlassen.1070 Im Gegensatz zur Urteilsverfügung hat dieses Verfahren den Vorteil, dass die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung1071 und damit schneller ergehen kann. Zwar ist die Beschlussverfügung nach § 937 II ZPO grundsätzlich nur in besonders dringenden Fällen statthaft, jedoch wird bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen in der Praxis die Vermutung der Dringlichkeit nach § 25 UWG auch zur Begründung der besonderen Dringlichkeit nach § 937 II ZPO herangezogen.1072 Nach Erlass der einstweiligen Verfügung ist es in der Praxis üblich, dass der Unterlassungsgläubiger ein sog. Abschlussschreiben verfasst. Es handelt sich dabei um eine besondere Form der Abmahnung, in der der Unterlassungsgläubiger den Unterlassungsschuldner auffordert, die einstweilige Verfügung als endgültig anzuerkennen und daher auf Rechtsbehelfe zu verzichten.1073 Gibt daraufhin der Unterlassungsschuldner die geforderte Abschlusserklärung ab, wird die einstweilige Verfügung zu einem endgültigen Titel, der einer Hauptsachentscheidung gleichsteht.1074 Im Übrigen entsprechen die Rechtsfolgen denen der Abmahnung.1075 1064 BGH, VersR 1976, 928 (929), GK-Schultz-Süchting (Fußn. 280), § 25 Rn. 74. BGH, GRUR 2000, 151 (152) – Späte Urteilsbegründung, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 6, Köhler/Piper (Fußn. 50), § 27 a UWG Rn. 13, kritisch GK-Schultz-Süchting (Fußn. 280), § 25 Rn. 37. 1066 OLG Frankfurt, NJW 1968, 1386, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 12 ff., Pastor/Ahrens/Traub (Fußn. 794), Kap. 49 Rn. 27. 1067 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 16 f., Pastor/Ahrens/Traub (Fußn. 794), Kap. 49 Rn. 27. 1068 Siehe unten: 3. Teil: 1. Kapitel:B.I. 1069 Pastor/Ahrens/Traub (Fußn. 794), Kap. 49 Rn. 3, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 36 Rn. 1. 1070 Nach Borck, MDR 1988, 908 (913 in Fußn. 59) in über 90% der Fälle, ebenso GK-Schultz-Süchting (Fußn. 280), § 25 Rn. 84, Melullis (Fußn. 212), Rn. 196, Pastor/Ahrens/Scharen (Fußn. 794), Kap. 55 Rn. 4. 1071 Vgl. § 922 I 1 ZPO. 1072 Walter/Grüber, Anwalts-Handbuch Wettbewerbspraxis, 1. Aufl. 1998, S. 319, kritisch hierzu: Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 26 a. 1073 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 100 ff., zu den übrigen inhaltlichen Voraussetzungen siehe oben: 3. Teil: 1. Kapitel:A.II.1. 1074 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 99, Ekey/Klippel/Kotthoff/Meckel/Plaß (Fußn. 185), E 6 Rn. 102. 1075 Siehe daher oben: 3. Teil: 1. Kapitel:A.II.1. 1065 139 Im Gegenzug dafür, dass der Antragsteller durch die einstweilige Verfügung schnell und unkompliziert zu einem Titel gelangt, trägt er nach § 945 ZPO das Risiko, verschuldensunabhängig dem Antragsgegner alle aus deren Vollziehung entstandenen Schäden ersetzen zu müssen, wenn diese keinen Bestand hat. Wichtig ist insofern besonders der Fall, dass die einstweilige Verfügung aufgehoben wird, weil sie sich als von Anfang an ungerechtfertigt herausstellt. Dies kann seine Ursache sowohl in materiellen Gründen, wie z. B. Fehlen des Verfügungsanspruchs als auch in formellen Hemmnissen, insbesondere Fehlen des Verfügungsgrundes haben.1076 Im Übrigen kann sich eine Schadensersatzpflicht auch daraus ergeben, dass die einstweilige Verfügung nach §§ 926 II oder 942 III ZPO aufgehoben wird. Ersatzfähig sind nach § 945 ZPO alle dem Antragsgegner aufgrund der Vollziehung der einstweiligen Verfügung entstandenen Schäden. Diese umfassen auch die Aufwendungen, die erforderlich waren, um die Schadensfolgen aus der Vollziehung der einstweiligen Verfügung abzuwenden oder zu mildern.1077 Ersatzfähig ist somit nicht nur ein entgangener rechtmäßiger Gewinn1078, sondern auch die erforderlichen Kosten von Werbemaßnahmen, die die negativen finanziellen Auswirkungen des Verbots einer bestimmten, besonders wirksamen Werbung, mindern sollen1079. B. Sanktionen Verstößt ein Wettbewerber gegen das UWG, löst dies primär Abwehransprüche aus. Von größter Bedeutung ist dabei der Unterlassungsanspruch. Des Weiteren können aber auch Beseitigungs- und Widerrufsansprüche in Betracht kommen. Daneben haftet der Verletzer dem unmittelbar Verletzten auf Schadensersatz. Der getäuschte Verbraucher hat schließlich ein Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG. Ihrer praktischen Bedeutung entsprechend werden im Folgenden zuerst die Abwehransprüche, allen voran der Unterlassungsanspruch, besprochen, bevor im Anschluss der Schadensersatzanspruch und das Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG erörtert werden. 1076 1077 1078 1079 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 107, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 36 Rn. 5. BGH, GRUR 1993, 998 (1000) – Verfügungskosten, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 25 UWG Rn. 110. Köhler/Piper (Fußn. 50), § 25 UWG Rn. 83, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 36 Rn. 26. BGH, GRUR 1993, 998 (1000) – Verfügungskosten, Pastor/Ahrens/Ahrens (Fußn. 794), Kap. 66 Rn. 36. 140 I. Der Unterlassungsanspruch Der Unterlassungsanspruch ist die primäre und zentrale Sanktion, um unlauteres Wettbewerbsverhalten zu bekämpfen.1080 Er wird grundsätzlich durch jede rechtswidrige Verletzungshandlung begründet, falls Wiederholungsgefahr besteht. Auch nur zukünftig drohende Wettbewerbsverstöße können einen Unterlassungsanspruch auslösen, wenn nur eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für deren Verwirklichung spricht. Je nachdem, ob die Verletzungshandlung bereits begangen worden ist oder erstmalig bevorsteht, ist zwischen dem Verletzungsunterlassungsanspruch und dem vorbeugenden Unterlassungsanspruch zu differenzieren. Dabei ist diese Unterscheidung nur insofern von Bedeutung als an die Prognose eines zukünftigen Wettbewerbsverstoßes, d. h. an die Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr unterschiedliche Anforderungen zu stellen sind. Im Übrigen entsprechen sich die Tatbestandsvoraussetzungen der beiden Arten von Unterlassungsansprüchen. Sowohl der Verletzungsunterlassungsanspruch als auch der vorbeugende Unterlassungsanspruch setzen eine Verletzungshandlung voraus. Diese besteht in einem Verhalten, das den Tatbestand einer wettbewerbsrechtlichen Verbotsnorm verwirklicht.1081 Die Verletzungshandlung muss lediglich rechtswidrig, dagegen nicht schuldhaft begangen worden sein. Jedoch ist insofern zu beachten, dass bei Verstößen gegen § 1 UWG der Vorwurf der Sittenwidrigkeit voraussetzt, dass der Täter die Umstände, die im konkreten Fall den Vorwurf der Sittenwidrigkeit objektiv begründen, kannte oder sich der Kenntnis bewusst verschlossen hat.1082 In der Praxis ergeben sich hieraus jedoch im Allgemeinen keine Schwierigkeiten, da es die Rechtsprechung genügen lässt, wenn diese Kenntnis im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegt.1083 Zu diesem Zeitpunkt wird der Verletzer regelmäßig die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände aber schon aufgrund einer Abmahnung kennen.1084 Hat der Täter eine Verletzungshandlung begangen, bestimmt sich danach auch Inhalt und Umfang des dadurch begründeten Unterlassungsanspruchs.1085 Dieser umfasst nicht nur alle identischen Verletzungshandlungen, sondern, um Umgehungen zu vermeiden1086, auch alle Handlungen, in denen das „Charakteristische der konkreten Verletzungsform aus der begangenen 1080 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 22, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 2 Rn. 14. GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 25, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 5 Rn. 3. 1082 BGH, GRUR 1953, 290 (292) – Fernsprechnummer, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl UWG Rn. 126 f., Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 2, a. A. Emmerich (Fußn. 173), S. 56. 1083 BGH, GRUR 1973, 203 (204) – Badisch Rundschau. 1084 Emmerich (Fußn. 173), S. 329, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 2. 1085 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 25, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 5 Rn. 5. 1086 Walter/Grüber/Schabenberger (Fußn. 1072), S. 1296 f. • 1081 141 Handlung zum Ausdruck kommt“.1087 Entsprechende Verallgemeinerungen sind daher sowohl im Antrag als auch im Urteil zulässig. Neben der Verletzungshandlung hat beim Verletzungsunterlassungsanspruch des Weiteren Wiederholungsgefahr vorzuliegen. Dies setzt voraus, dass eine Wiederholung der Verletzungshandlung oder einer im Kern gleichartigen Handlung1088 objektiv möglich und ernsthaft zu befürchten ist.1089 Die Wiederholungsgefahr ist grundsätzlich zu vermuten.1090 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Verletzer sich auch in Zukunft wettbewerbswidrig verhalten wird, weil er sich auf diese Weise einen Vorsprung vor seinen Konkurrenten verschaffen kann.1091 Die Vermutung der Wiederholungsgefahr erstreckt sich auch auf im Kern gleichartige Handlungen.1092 Sie ist grundsätzlich nur durch die Abgabe einer uneingeschränkten, bedingungslosen und strafbewehrten Unterlassungserklärung zu widerlegen.1093 Die Vertragsstrafe ist ihrer Höhe nach so zu bemessen, dass für den Verletzer kein Anreiz mehr besteht, den Wettbewerbsverstoß zu wiederholen.1094 In der Praxis wird die Vertragsstrafe daher mindestens € 2.500 betragen.1095 Sie kann bei Großunternehmen mit einer aufwendigen Werbung aber auch Beträge von € 25.000 und darüber erreichen.1096 Im Gegensatz zum Verletzungsunterlassungsanspruch ist beim vorbeugenden Unterlassungsanspruch die Erstbegehungsgefahr nicht zu vermuten.1097 Vielmehr muss der Kläger die Umstände darlegen, die einen Wettbewerbsverstoß in naher Zukunft ernsthaft befürchten lassen.1098 Es müssen greifbare Umstände vorliegen, die ein wettbewerbswidriges Verhalten in naher Zukunft erwarten lassen.1099 Solche Umstände können zum einen daraus resultieren, dass der Unterlassungsschuldner bereits Vorbereitungshandlungen für den Wettbewerbsverstoß getroffen hat, wie z. B. die interne Anweisung an einen Handelsvertreter, bestimmte wettbewerbswidrige 1087 BGH, GRUR 1989, 445 (446) – Professorenbezeichnung in der Arztwerbung I, GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 25, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 5 Rn. 7. 1088 BGH, GRUR 1989, 445 (446) – Professorenbezeichnung in der Arztwerbung I. 1089 BGH, GRUR 1992, 318 (319) – Jubiläumsverkauf, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 3. 1090 BGH, GRUR 2001, 453 (455) – TCM-Zentrum, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 3, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 6 Rn. 9. 1091 Fritzsche (Fußn. 1008), S. 151, ähnlich Melullis (Fußn. 212), Rn. 574 und Pastor/Ahrens/Traub (Fußn. 794), Kap. 48 Rn. 2, dagegen mit anderer Begründung GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 29 und Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 27. 1092 BGH, GRUR 1989, 445 (446) – Professorenbezeichnung in der Arztwerbung I, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 3. 1093 BGH, GRUR 1959, 544 (547) – Modenschau, GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 34, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 269. 1094 BGH, GRUR 1983, 127 (128) – Vertragsstrafeversprechen, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 275, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn. 9. 1095 Vom OLG Köln, WRP 1996, 333 (338) wurde sogar eine Vertragsstrafe von DM 6.001 für zu niedrig bezeichnet, Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn 10, gehen von einem Mindestbetrag von DM 5.000 aus. 1096 Pastor/Ahrens/Deutsch (Fußn. 794), Kap. 5 Rn 10 meinen in einem solchen Fall seien Vertragsstrafen von DM 50.000 bis zu Beträgen im sechsstelligen Bereich angebracht. 1097 BGH, GRUR 1987, 125 (126) – Berühmung, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 10 Rn. 8. 1098 OLG Hamburg, WRP 1973, 165, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 300. 1099 BGH, GRUR 1990, 687 (688) – Anzeigenpreis II, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 300. 142 Werbeaussagen zu verwenden.1100 Zum anderen kann sich die Erstbegehungsgefahr daraus ergeben, dass sich der Unterlassungsschuldner berühmt, eine bestimmte Handlungen jederzeit und gegenüber jedermann vornehmen zu dürfen.1101 Da die Umstände, die die Erstbegehungsgefahr begründen, im Gegensatz zur irreversiblen Verletzungshandlung noch durch kontradiktorisches Verhalten beseitigt werden können, sind an den Wegfall der Erstbegehungsgefahr weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Wegfall der Wiederholungsgefahr.1102 Ausreichend kann daher schon ein actus contrarius sein.1103 Liegen sowohl eine (drohende) Verletzungshandlung als auch Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr vor, und wird der Beklagte deshalb zur Unterlassung verurteilt, erfolgt die Vollstreckung des Urteils nach § 890 ZPO. Handelt der Unterlassungsschuldner schuldhaft1104 dem Urteil zuwider, kann er daher zu einem Ordnungsgeld von bis zu € 250.000 oder zu Ordnungshaft verurteilt werden. II. Der Beseitigungs- und Widerrufsanspruch Nach dem Unterlassungsanspruch ist der Beseitigungsanspruch in der Praxis die wichtigste wettbewerbsrechtliche Sanktion.1105 Er dient der Beseitigung eines, durch eine in der Vergangenheit liegende Verletzungshandlung, eingetretenen Zustandes andauernder Störungen.1106 Der Beseitigungsanspruch ist im UWG zwar nicht ausdrücklich normiert, aber gewohnheitsrechtlich anerkannt.1107 Seine praktische Bedeutung ergibt sich im Verhältnis zum Schadensersatzanspruch aus dem Umstand, dass es einem Verletzten häufig schwer fallen wird, einen Schaden und dessen Höhe nachzuweisen, wohingegen es für ihn regelmäßig ungleich einfacher sein wird, eine fortdauernde Störung zu belegen.1108 Der Widerrufsanspruch schließlich besteht als Unterfall des Beseitigungsanspruchs1109, wenn die Störung aus einer unwahren Tatsachenbehauptung resultiert. Tatbestandlich setzt der Beseitigungsanspruch voraus, dass als Folge einer begangenen Verletzungshandlung1110 ein noch fortdauernder Störungszustand eingetreten ist. Die Verletzungs1100 BGH, GRUR 1971, 119 (120) – Brachenverzeichnis, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 18. BGH, GRUR 1987, 125 (126) – Berühmung, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 19. 1102 Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 10 Rn. 21, kritisch Fritzsche (Fußn. 1008), S. 186. 1103 BGH, GRUR 1987, 125 (126) – Berühmung, GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 84, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 10 Rn. 22. 1104 BVerfG, NJW 1981, 2457, Pastor/Ahrens/Ahrens (Fußn. 794), Kap. 21 Rn 17. 1105 Melullis (Fußn. 212), Rn. 1000. 1106 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 125, Pastor/Ahrens/Loewenheim (Fußn. 794), Kap. 71 Rn. 1. 1107 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 125, Pastor/Ahrens/Loewenheim (Fußn. 794), Kap. 71 Rn. 2. 1108 Melullis (Fußn. 212), Rn. 1000. 1109 Schricker, GRUR Int. 1975, 191 (195), GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 148. 1110 Siehe hierzu oben: 3. Teil: 1. Kapitel:B.I. 1101 • 143 handlung muss dabei weder rechtswidrig noch schuldhaft begangen worden sein.1111 Erforderlich ist vielmehr nur die Rechtswidrigkeit der Störung. Den Verletzten darf daher insbesondere auch keine Duldungspflicht treffen.1112 Inhalt und Umfang der Beseitigungspflicht bestimmen sich nach der jeweiligen Störung, wobei nur solche Handlungen geschuldet sind, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.1113 Die Beseitigungsmaßnahme muss daher sowohl geeignet und erforderlich sein, den Störungszustand zu beseitigen als auch dem Schuldner zumutbar sein. Erforderlich ist im Einzelfall eine sorgfältige Interessenabwägung. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere auch ein Verschulden des Verletzers, die Schwere des Eingriffs, die Beseitigungskosten sowie die Auswirkungen der Beseitigungshandlung auf das Ansehen des Verletzers.1114 Im Rahmen des Widerrufsanspruchs ist neben dem Verschulden auch das Gewicht der unrichtigen Behauptung, die Gefahr einer raschen Weiterverbreitung sowie eine Berührung von Allgemeininteressen zu beachten.1115 Als Beseitigungshandlungen kommen diverse Maßnahmen in Betracht. Wenig Schwierigkeiten bereiten dabei die Fälle, in denen sich der Anspruch auf die Beseitigung körperlicher Störungszustände, insbesondere wettbewerbswidriger Werbematerialen richtet. In diesem Fall kann der Schuldner verpflichtet sein, die entsprechenden Gegenstände herauszugeben, zu vernichten, zu entfernen, zurückzurufen oder wettbewerbswidrige Inhalte unkenntlich zu machen.1116 Bei unrichtigen Tatsachenbehauptungen besteht der Widerruf grundsätzlich in der Erklärung, dass diese unwahr bzw. unrichtig sind.1117 Ist ein uneingeschränkter Widerruf dem Schuldner nicht zumutbar oder lässt sich die Richtigkeit der aufgestellten Behauptung nicht überprüfen, besteht aber eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für deren Unrichtigkeit, kann der Schuldner zu einem eingeschränkten Widerruf verpflichtet sein.1118 In diesem Fall hat der Schuldner die Sachlage richtig zu stellen, indem er sich von der Behauptung distanziert oder diese nicht mehr aufrechterhält.1119 Der Widerruf hat grundsätzlich in gleicher Art und Weise wie die unwahre Tatsachenbehauptung durch eigene Erklärung des Verletzers1120 zu erfolgen.1121 1111 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 36, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 22 Rn. 14 f. Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 311, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 36. 1113 BGH, GRUR 1957, 278 (279) – Evidur, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 38, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 22 Rn. 16. 1114 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 38. 1115 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 56, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 26 Rn. 11. 1116 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 40, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 24 Rn. 1. 1117 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 170, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 26 Rn. 4. 1118 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 172 ff., Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 26 Rn. 18. 1119 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 171, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 26 Rn. 19. 1120 BVerfGE 28, 1 (9 f.), Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 26 Rn. 16. 1121 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 321, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 58. 1112 144 Umstritten sind die Konstellationen, in denen der Störungszustand darin besteht, dass als Folge einer irreführenden Werbung Fehlvorstellungen bei den Verbrauchern eingetreten sind und diese noch fortbestehen. Nach dem BGH besteht einerseits ein „wettbewerbsrechtlicher Anspruch auf Beseitigung von Fehlvorstellungen, die durch eine irreführende Werbung hervorgerufen worden sind“ grundsätzlich nicht, „weil die Fehlvorstellungen als solche nur Folge des wettbewerbswidrigen Handelns, nicht selbst ein rechtswidriger Störungszustand sind.“1122 Andererseits hat der BGH aber auch anerkannt, dass die Marktverwirrung einen Störungszustand darstellt, der Abwehransprüche auslöst.1123 Nach h. L. besteht im Falle irreführender Werbung, solange die Irreführung noch fortwirkt, ein Störungszustand in Form einer Marktverwirrung, gegen den ein Beseitigungs- bzw. Widerrufsanspruch, d. h. ein Anspruch auf berichtigende Werbung gegeben ist.1124 Von praktischer Relevanz ist dieser jedoch nicht.1125 Der Beseitigungsanspruch kann es darüber hinaus auch erfordern, dass der getäuschte Kunde über ein bestehendes Anfechtungs- oder Rücktrittsrecht aufzuklären ist.1126 Diese Pflicht kann auch im Falle unzulässiger Haustürwerbung bestehen, soweit der Verbraucher über ein Widerrufsrecht nach § 312 BGB verfügt.1127 III. Der Schadensersatzanspruch Der Schadensersatzanspruch ist im Wettbewerbsrecht von eher untergeordneter Bedeutung.1128 Dies hat seine Ursache zum einen darin, dass ein Schaden des Verletzten sich häufig nur schwer beweisen und beziffern lassen wird.1129 Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten sich auf die Mitbewerber beschränkt und daher im Verhältnis zum Unterlassungsanspruch kleiner ist.1130 Des Weiteren treten durch eine Verletzungshandlung zwar oftmals bei einer Vielzahl von Mitbewerbern Schäden ein, die aber beim einzelnen Verletzten nicht so hoch sind, dass sich eine Klage lohnt.1131 Schließlich erfordert der Schadensersatzan1122 BGH, GRUR 1998, 415 (417) – Wirtschaftsregister. BGH, GRUR 1991, 921 (923) – Sahnesiphon, BGH, GRUR 2001, 841 (845) – Entfernung der Herstellungsnummern II. 1124 Schricker, GRUR Int. 1975, 191 (195), Beater (Fußn. 25), § 30 Rn. 59, Gommlich, Die Beseitigungsansprüche im UWG, 1. Aufl. 2001, S. 294 ff., Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 26 Rn. 4, 39 f., Kap. 34 Rn. 10, insbesondere in Fußn. 46, a. A. Albrecht, WRP 1975, 566 (568). 1125 Gommlich (Fußn. 1124), S. 312. 1126 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 44, a. A. OLG Köln, WRP 1995, 652 (655). 1127 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 44. 1128 Siehe v. Falckenstein, WRP 1978, 502 (507), nach dessen Untersuchung es sich nur in 4% der Wettbewerbsverfahren um Schadensersatzklagen handelt. 1129 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 245, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 28 Rn. 1. 1130 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 245. 1131 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 245. 1123 145 spruch ein Verschulden des Verletzers, weshalb es für den Verletzten einfacher ist, Abwehransprüche geltend zu machen.1132 In der Praxis wird daher zumeist allenfalls eine Schadensersatzfeststellungsklage erhoben, um diese als Druckmittel bei Vergleichsverhandlungen zu verwenden.1133 Speziell für die Verbraucherschaft ist der Wert des Schadensersatzanspruchs auch deshalb begrenzt, da nach ganz h. M.1134 der einzelne Verbraucher aus Wettbewerbsverstößen keinen Schadensersatzanspruch für sich herleiten kann. Auch soweit in der Literatur den Normen des UWG individualschützender Charakter zuerkannt und insbesondere § 3 UWG als Schutzgesetz i.S.v. § 823 II BGB zu Gunsten des einzelnen Verbrauchers beurteilt wird1135, besteht weitgehend Einigkeit, dass diese einen Schadensersatzanspruch auf §§ 823 II BGB i.V.m. § 3 UWG nicht stützen können, da § 13 VI UWG insoweit eine abschließende Regelung darstellt.1136 Schließlich steht auch (Verbraucher-) Verbänden kein Schadensersatzanspruch zu, soweit sie nicht selbst durch eine gegen sie gerichtete Verletzungshandlung einen Schaden erlitten haben.1137 Dennoch ist der Schadensersatzanspruch als Sanktion im Interesse des Verbraucherschutzes nicht gänzlich zu vernachlässigen. Er dient nämlich nicht nur dem Interesse des Verletzten, indem er diesem einen Ausgleich für erlittene Schäden gewährt, sondern hat darüber hinaus sowohl Präventions- und Sanktions- als auch Wettbewerbssicherungsfunktion.1138 Der Schadensersatzanspruch dient damit nicht nur den Interessen der geschädigten Konkurrenten, sondern darüber hinaus auch dem Allgemein- und dem Verbraucherinteresse.1139 Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Fälle, in denen zumindest auch Verbraucherinteressen tangiert werden. Tatbestandsmäßig setzt ein Schadensersatzanspruch voraus, dass der Verletzer, sein Organ oder Verrichtungsgehilfe rechtswidrig und schuldhaft1140 den Tatbestand des § 1 UWG oder § 3 UWG verletzt hat, wobei sich bei § 3 UWG der Schadensersatzanspruch i.V.m. § 13 VI Nr. 1 1132 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 245. V. Falckenstein, WRP 1978, 502 (507), GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 245, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 28 Rn. 1. 1134 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), § 3 UWG Rn. 440, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 89, siehe dazu auch die in Fußn. 212 aufgeführten Autoren, a. A. Lindacher, BB 1975, 1311 (1312), Sack, NJW 1975, 1303 (1305 f.). 1135 Siehe oben: 2. Teil: 1. Kapitel:B.II. 1136 BGH, GRUR 1975, 150 (150 f.) – Prüfzeichen, GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 245, Walter/Grüber/Bödeker (Fußn. 1072), S. 986, a. A. Dominicus, Schutz des Verbrauchers vor irreführender Werbung, 1. Aufl. 1990, S. 144 ff. 1137 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 89. 1138 GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 243. 1139 Ähnlich GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 243 f. 1140 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 340, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 93. 1133 146 UWG ergibt. Es ist insofern auch das Presseprivileg nach § 13 VI Nr. 1 S. 2 UWG zu beachten, nach dem im Bereich der Presse die verantwortlichen Personen nur für vorsätzliche Verstöße gegen § 3 UWG haften. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruches bestimmen sich nach den §§ 249 ff. BGB. Als Schadenspositionen kommen dabei zum einen die tatsächlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten, wie z. B. Aufwendungen für die Abmahnung und sonstige prozessvorbereitende Maßnahmen in Betracht, soweit diese erforderlich waren.1141 Zum anderen gewährt die Rechtsprechung in Fällen der Marktverwirrung ausnahmsweise Ersatz für die Kosten erforderlicher Marktentwirrungsmaßnahmen1142, wie z. B. berichtigender Gegenanzeigen1143. Diese müssen jedoch direkt der verwirrenden Verletzungshandlung entgegenwirken.1144 Andernfalls sind sie grundsätzlich nicht ersatzfähig.1145 Der Verletzte kann schließlich noch nach § 252 BGB einen entgangenen Gewinn ersetzt verlangen. Dieser kann nach § 287 ZPO geschätzt werden. Dagegen hat der geschädigte Konkurrent grundsätzlich keinen Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns.1146 Zwar gewährt die Rechtsprechung diesen in Ausnahmefällen, jedoch handelt es sich dabei nicht um Verletzungshandlungen von verbraucherschützender Relevanz. IV. Das Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur UWG-Reform 1986 wurde diskutiert, den einzelnen Verbraucher sowohl durch einen neu zu schaffenden Schadensersatzanspruch als auch durch ein Rücktrittsrecht stärker vor unlauterer Werbung zu schützen. Realisiert wurde indes nur das Rücktrittsrecht. Der Gesetzgeber betrachtete dieses als ausreichend und praktikabler als einen Schadensersatzanspruch.1147 In der Praxis ist das Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG jedoch nur von sehr untergeordneter Bedeutung.1148 Gerichtliche Entscheidungen existieren insoweit nur vereinzelt.1149 Nach einschlägigen Urteilen des Bundesgerichtshofs sucht man vergebens. In der Literatur wird dem Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG allerdings teilweise die Wirkung zu1141 Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 97, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 34 Rn. 3. BGH, GRUR 1982, 489 (490) – Korrekturflüssigkeit, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 97, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 34 Rn. 5 ff. 1143 BGH, GRUR 1990, 1012 (1015) – Pressehaftung, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 98, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 34 Rn. 9. 1144 BGH, GRUR 1982, 489 (490) – Korrekturflüssigkeit, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 98, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 34 Rn. 9. 1145 BGH, GRUR 1978, 187 (189) – Alkoholtest, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 98, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 34 Rn. 9. 1146 Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl UWG Rn. 386, Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 100. 1147 BT-Drucksache 10/5771, S. 22. 1148 Walter/Grüber/Krafft (Fußn. 1072), S. 943 f., Köhler/Piper (Fußn. 50), § 13 a Rn. 1, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 37 Rn. 2. 1149 Siehe z. B. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 875, OLG Nürnberg, GRUR 1990, 141 – Alarmanlage. 1142 147 gesprochen, Händler vor irreführender Werbung abzuschrecken.1150 Teilweise wird diese Regelung aber auch als „Resultat gesetzgeberischen Aktionismus“1151 kritisiert. Die praktische Bedeutungslosigkeit des Rücktrittsrecht hat inzwischen auch die Bundesregierung realisiert und beschlossen, dieses abzuschaffen.1152 Von einer weiteren Darstellung wird daher abgesehen. 1150 GK-Köhler (Fußn. 280), § 13 a Rn. 2, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 37 Rn. 2, Walter/Grüber/Krafft (Fußn. 1072), S. 944, kritisch Lehmann, GRUR 1987, 199 (211). 1151 Beater (Fußn. 25), § 28 Rn. 46. 1152 Siehe unten: 5. Teil: 2. Kapitel. 148 2. Kapitel: Großbritannien In Großbritannien existiert bei Verletzung der materiellen-rechtlichen Verbraucherschutzbestimmungen kein einheitliches Verfahren. Vielmehr ist insoweit, entsprechend der Natur der einzelnen Tatbestände, zwischen dem Verfahren bei Verletzung strafrechtlicher Normen, wie dem TDA und CPA, der Regelungen der freiwilligen Selbstkontrolle und der CMAR zu unterscheiden. Darüber hinaus gibt es in Großbritannien eine Art Verbraucherschutzbehörde, das Office of Fair Trading (OFT), das nach dem FTA und dem EA mit erheblichen Aufgaben und Befugnissen ausgestattet ist. Im Folgenden wird zuerst das Verfahren bei Verstößen gegen die Bestimmungen des TDA und CPA besprochen. Sodann wird das Verfahren im Rahmen der freiwilligen Selbstkontrolle und der CMAR erörtert. Schließlich werden die Regelungen des FTA und des EA dargestellt. Im Rahmen der Untersuchung wird dabei neben dem Verfahren jeweils auf die handelnden Organe sowie auf die drohenden Sanktionen eingegangen. A. Organe, Verfahren und Sanktionen im Rahmen des TDA und des CPA I. Organe zur Überwachung und Verfolgung des TDA und CPA Die Überwachung des TDA und des CPA obliegt nach Secs. 26 (1) TDA, 27 (1)(a) CPA den örtlichen Weights and Measures Authorities. Dies sind in England und Wales grundsätzlich die Bezirksregierungen.1153 In der Praxis haben diese eigene Abteilungen, die Trading Standards Departments oder vereinzelt auch Consumer Protection Departments, zur Kontrolle der verschiedenen Verbraucherschutzbestimmungen eingerichtet.1154 Diesen obliegt nicht nur die Überwachung des TDA und des CPA, sondern auch einer Vielzahl weiterer Regelungen.1155 Innerhalb der Trading Standards Departements erfolgt die Kontrolle der diversen Verbraucherschutzbestimmungen durch die staatlich geprüften Trading Standards Officers, die dabei von weiteren Bediensteten unterstützt werden.1156 Die örtliche Zuständigkeit eines Trading Standard Officers erstreckt sich nur auf das Gebiet seines Bezirks.1157 Da nach englischem Recht1158 grundsätzlich jede Person bei einer Verletzung von Strafgesetzen Anklage erheben kann1159, können Verstöße gegen den TDA oder CPA nicht nur durch die ört1153 Sec. 69 Weights and Measures Act 1985, 1985 c 72. Bragg (Fußn. 503), S. 200. 1155 Siehe insoweit die Aufzählung der einschlägigen Bestimmungen bei Lidstone/Hogg/Sutcliff, Prosecutions by Private Individuals and Non-Police Agencies, 1st ed. 1980, S. 225 ff. 1156 Andrews, The Enforcement of Regulatory Offences, 1st ed. 1998, S. 39, Bragg (Fußn. 503), S. 201. 1157 Cartwright (Fußn. 47), S. 212. 1158 Sec. 6 Prosecution of Offences Act 1985, 1985 c 23. 1159 Andrews (Fußn. 1156), S. 18, Ohly (Fußn. 500), Rn. 179. 1154 149 lichen Trading Standards Departements, sondern auch durch Verbraucher oder Konkurrenten verfolgt werden. In Wirklichkeit handelt es sich dabei wohl um eine rein theoretische Möglichkeit. So konnten Lidstone/Hogg/Sutcliff im Rahmen ihrer Untersuchung keinen einzigen Fall feststellen, bei dem wegen eines Verstoßes gegen den TDA – der CPA existierte zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht – durch eine Privatperson Anklage erhoben worden war.1160 II. LACORS und das Home Authority Principle Die Überwachung von Verbraucherschutzbestimmungen erfolgt in Großbritannien durch 126 örtliche Behörden.1161 Da zu Gunsten der einzelnen Trading Standards Departements bei der Verfolgung von Straftaten ein weiter Ermessensspielraum besteht1162, können sich in der Praxis erhebliche Unterschiede bei der Beurteilung bestimmter Geschäftspraktiken ergeben.1163 Diese können sowohl aus einer unterschiedlichen Verfolgungspolitik als auch aus einer differierenden Gesetzesinterpretation resultieren.1164 Um diese Unterschiede, vor allem im Hinblick auf den beabsichtigten EG-Beitritt Großbritanniens, möglichst zu vermeiden, bat die britische Regierung 1972 die Local Authority Associations, ein System zur Koordination der Überwachungspolitik der einzelnen Weights and Measures Authorities zu installieren.1165 1977 wurde daraufhin der Local Authorities Coordinating Body on Trading Standards (LACOTS) gegründet. 2002 wurde LACOTS umbenannt in Local Authorities Coordinators of Regulatory Services (LACORS). LACORS ist eine company limited by guarantee1166 und finanziert sich sowohl aus Beiträgen der lokalen Behörden als auch aus eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten1167. Aufgabe von LACORS ist es u. a., die Zusammenarbeit der lokalen Behörden bei der Überwachung der Verbraucher- schutzbestimmungen zu koordinieren, diesbezüglich Richtlinien zu erarbeiten, sowohl die lokalen als auch Regierungs- und EU-Behörden hinsichtlich wirksamer Gesetzgebung und deren Überwachung zu beraten sowie auf europäischer und internationaler Ebene die Zusammenarbeit mit den relevanten Organisationen zu fördern.1168 Ein wesentliches Element bei der Koordination der Aktivitäten der verschiedenen lokalen Behörden ist das „Home Authority Principle”. Es besagt, dass immer, wenn ein Unternehmen Ver1160 Lidstone/Hogg/Sutcliff (Fußn. 1155), S. 96. Circus, Towards a General Duty to Trade Fairly?, 1st ed. 1988, S. 86. 1162 Siehe dazu unten: 3. Teil: 2. Kapitel:A.III 1163 Circus (Fußn. 1161), S. 89 ff., Cartwright (Fußn. 47), S. 230, Scott in: Loveland, Frontiers of Criminality, 1st ed. 1995, S. 150. 1164 Scott (Fußn. 1163), S. 150, Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 41 f. 1165 Beckett [1981] Trading Law 18. 1166 Andrews (Fußn. 1156), S. 13. 1167 LACORS, Business plan 2003/04, S. 26. 1168 LACORS (Fußn. 1167), S. 15 f. 1161 150 triebsniederlassungen in dem Gebiet mehrerer lokalen Behörden unterhält oder Waren über das Gebiet einer lokalen Behörde hinaus vertreibt, der „home authority“ eine zentrale Bedeutung bei der Überwachung und Verfolgung der Geschäftspraktiken dieses Unternehmens zukommt.1169 „Home authority“ ist dabei die lokale Behörde, in deren Gebiet ein Gewerbebetrieb seine Entscheidungszentrale unterhält. Dies kann beispielsweise der Verwaltungssitz oder eine Produktionsstätte sein.1170 Die „home authority“ ist zum einen Ansprechpartner und Ratgeber für das Unternehmen. Dabei handelt sie jedoch grundsätzlich nicht unilateral, sondern berät sich, bevor sie einen rechtlichen Hinweis erteilt, mit den anderen, ebenfalls tangierten, lokalen Behörden.1171 Zum anderen hat sie die Aufgabe, die Überwachung derartiger Unternehmen zu koordinieren. Wenn eine lokale Behörde Bedenken hinsichtlich der Geschäftspraktiken eines Unternehmens hat, soll sie sich daher, bevor sie irgendwelche rechtlichen Schritte unternimmt, mit der „home authority“ beraten.1172 Die Kompetenz, selbständig rechtliche Schritte zu unternehmen, wird ihr durch das „Home Authority Principle“ hingegen nicht entzogen.1173 Die Beachtung des „Home Authority Principles“ durch die lokalen Behörden ist in mehreren Verhaltensrichtlinien statuiert. Rechtlich verbindlich ist es gleichwohl nicht.1174 Ein Geschäftsverhalten kann daher sehr wohl von einer lokalen Behörde beanstandet werden, obwohl sich das Unternehmen vorher diesbezüglich durch die „Home Authority“ hat beraten lassen.1175 III. Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens Verstößt ein Unternehmen gegen die Regelungen des TDA oder CPA, kann das zuständig Trading Standards Department davon auf zweierlei Weise Kenntnis erhalten: zum einen durch eigenständige Ermittlungen, zum anderen durch Verbraucherbeschwerden, wobei in der Praxis Letztere von weitaus größerer Bedeutung sind.1176 Allein aus der Tatsache, dass ein Trading Standards Department eine Verbraucherbeschwerde erhalten hat, folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass gegen das betreffende Unternehmen auch ein Strafverfahren eingeleitet wird.1177 Die Behörden haben insoweit nämlich nicht nur verschiedene Möglichkeiten der Gesetzesinterpretation, sondern sie besitzen auch in der Frage, ob bei festgestellten Gesetzesverstößen ein Straf1169 1170 1171 1172 1173 1174 1175 1176 1177 LACORS, An introduction to the Home Authority Principle and how it operates, S. 1. LACORS (Fußn. 1169), S. 2. Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 42. LACORS (Fußn. 1169), S. 1. Cartwright (Fußn. 47), S. 230. LACORS (Fußn. 1169), S. 1. Andrews (Fußn. 1156), S. 15. Phillips [1974] Crim. L.R. 25 (26). Cranston, Regulating Business, 1st ed. 1979, S. 99. 151 verfahren eingeleitet werden soll, einen weiten Ermessensspielraum.1178 So hat die Rechtsprechung teilweise sogar Behörden wegen unnötiger Strafverfolgung kritisiert und darauf hingewiesen, dass es keinesfalls ein anerkannter Rechtsgrundsatz sei, dass jedes ermittelte Vergehen automatisch verfolgt werden müsse, sondern dass die Behörden im Rahmen ihrer Ermessensausübung stets das Verbraucherinteresse zu berücksichtigen hätten.1179 Aus diesem, den Trading Standards Departments eingeräumten, Ermessen folgt in der Praxis, dass nur der geringste Teil der aufgedeckten Verstöße tatsächlich zur Anklage kommt. So ermittelte Cranston, dass 1974/1975 im Großraum London innerhalb von 6 Monaten 21.430 Verstöße gegen den TDA festgestellt, aber nur 1.003 verfolgt wurden.1180 2001 erfolgten in ganz Großbritannien wegen Verstoßes gegen den TDA 8921181 und wegen Verletzung der Irreführungsverbote des CPA 93 Anklagen1182. Es ist dementsprechend in der englischen Literatur allgemeine Meinung, dass die Behörden im Allgemeinen beratend und mahnend auf die Unternehmen einzuwirken versuchen und die gerichtliche Strafverfolgung nur ultima ratio ist.1183 Die Ursachen dieser Überwachungspolitik der Trading Standards Departments sind vielschichtig. So ist es den lokalen Behörden schon aufgrund ihrer personellen und finanziellen Ausstattung nicht möglich, alle ermittelten Vergehen zu verfolgen.1184 Sie versuchen deshalb ihre vorhandenen Ressourcen optimal einzusetzen und nur die schwersten Verstöße anzuklagen.1185 Des Weiteren ist nach Ansicht der Trading Standards Departments durch Zusammenarbeit mit den Unternehmen meist ein höheres Verbraucherschutzniveau und eine weitergehende Beachtung der einschlägigen Vorschriften zu erreichen, als durch eine exzessive Strafverfolgung.1186 Diese wird grundsätzlich als kontraproduktiv betrachtet1187, da sie das Verhältnis zur Industrie belastet und die Industrie letzten Endes am längeren Hebel sitzt.1188 Auch dem Großteil der Unternehmen ist wegen ihres Ansehens in der Öffentlichkeit an gesetzeskonformen Geschäftspraktiken gelegen, so dass sie bei Kenntnis der einschlägigen Regelungen auch willens sind, diese einzuhalten.1189 Die negative Publicity eines Strafprozess berücksichtigen auch die Behörden bei ih1178 Scott (Fußn. 1163), S. 157. Smedleys Ltd v. Breed [1974] 2 All ER 21, Cranston (Fußn. 1177), S. 105. 1180 Cranston (Fußn. 1177), S. 101. 1181 OFT, Annual Report 2001, web annex D, table D.1, S. 4. 1182 OFT, Annual Report 2001, web annex D, table D.3, S. 3. 1183 Dickens [1970] Crim. L.R. 618 (624 f.), Baldwin [1990] MLR 321 (323), Cartwright (Fußn. 47), S. 214, 218, Lidstone/Hogg/Sutcliff (Fußn. 1155), S. 127, Phillips [1974] Crim. L.R. 25, Rowan-Robinson/Watchman/Barker [1988] Crim. L.R. 211 (216). 1184 Cranston (Fußn. 1177), S. 109, Baldwin [1990] MLR 321 (323), Circus (Fußn. 1161), S. 89. 1185 Cranston (Fußn. 1177), S. 133, Cartwright (Fußn. 47), S. 217, Rowan-Robinson/Watchman/Barker [1988] Crim. L.R. 211 (217). 1186 Dickens [1970] Crim. L.R. 618 (627), Cranston (Fußn. 1177), S. 99, Richardson [1987] Crim. L.R. 295 (300). 1187 Cranston (Fußn. 1177), S. 111 f. 1188 Richardson [1987] Crim. L.R. 295 (300). 1189 Lidstone/Hogg/Sutcliff (Fußn. 1155), S. 128. 1179 152 rer Entscheidung, so dass von einer Strafverfolgung abgesehen wird, wenn deren Folgen in keinem Verhältnis zur Schwere des begangenen Vergehens stehen.1190 Ferner widerstrebt es den lokalen Behörden in der Regel, Unternehmer zu verfolgen, die nicht vorsätzlich gegen das Gesetz verstoßen haben.1191 Dabei ist zu beachten, dass in Handel und Industrie die Unkenntnis von den maßgeblichen Regelungen weit verbreitet ist und dass, entgegen der Rechtslage, dieses Nichtwissen de facto oftmals als Entschuldigung akzeptiert wird.1192 Schließlich resultiert die niedrige Zahl der Strafprozesse aus dem Misstrauen, mit dem die Trading Standards Officers den Gerichten gegenüberstehen.1193 Diese werden beschuldigt, ohne ausreichende praktische Erfahrung allein aufgrund abstrakter Prinzipien zu urteilen und daher die Schwere eines Verstoßes nicht richtig zu bewerten.1194 Folge dieses Misstrauens und der begrenzten Ressourcen ist es, dass die Trading Standards Departments nur jene Verstöße verfolgen, bei denen sie sich einer Verurteilung sicher sind.1195 Dementsprechend wurden im Jahr 2001 auch nur 7 Angeklagte vom Vorwurf eines Verstoßes gegen den TDA1196 und 1 Angeklagter von einem Vergehen nach den Irreführungsbestimmungen des CPA1197 freigesprochen. Die Erfolgsquote der lokalen Behörden betrug damit über 99%. Entscheidet sich ein Trading Standards Officer im konkreten Fall für oder gegen die Strafverfolgung eines Unternehmens, können dafür eine Reihe von Gründen ursächlich sein. So kann ein maßgeblicher Faktor der Grad des Verschuldens sein. Es ist folglich wahrscheinlicher, dass ein fahrlässig begangenes Vergehen verfolgt wird, als ein unverschuldetes.1198 Ebenso kann das Vorverhalten des Unternehmens eine Rolle spielen. So sind Gewerbebetriebe, die bereits öfters gegen Gesetze verstoßen haben, eher in der Gefahr, angeklagt zu werden, als Unternehmen, bei denen es sich um den ersten Verstoß handelt.1199 Ein weiterer Umstand kann die Kooperationsbereitschaft des beschuldigten Unternehmens sein.1200 Auch die Schwere des Vergehens spielt bei der Entscheidung für oder gegen eine Anklage eine Rolle. Dabei ist die Art und die Höhe des möglichen oder eingetretenen Schadens1201, eine Bereicherung des Unternehmens sowie die Möglichkeit der Schadenswiedergutmachung zu berücksichtigen.1202 Ein Gewerbebetrieb kann 1190 Lidstone/Hogg/Sutcliff (Fußn. 1155), S. 127. Lidstone/Hogg/Sutcliff (Fußn. 1155), S. 127, Cartwright (Fußn. 47), S. 224. 1192 Lidstone/Hogg/Sutcliff (Fußn. 1155), S. 127, Richardson [1987] Crim. L.R. 295 (303). 1193 Cranston (Fußn. 1177), S. 47, 117. 1194 Cranston (Fußn. 1177), S. 47. 1195 Cranston (Fußn. 1177), S. 109, 112, Andrews (Fußn. 1156), S. 27, Cartwright (Fußn. 47), S. 227, Richardson [1987] Crim. L.R. 295 (303). 1196 OFT (Fußn. 1181), S. 4. 1197 OFT (Fußn. 1182), S. 3. 1198 Cartwright (Fußn. 47), S. 224, ähnlich Antrobus/Cooper [2001] SJ 520 (521). 1199 Cranston (Fußn. 1177), S. 122 f., Cartwright (Fußn. 47), S. 225. 1200 Cranston (Fußn. 1177), S. 122, Cartwright (Fußn. 47), S. 227, Richardson [1987] Crim. L.R. 295 (301). 1201 Richardson [1987] Crim. L.R. 295 (302), Cartwright (Fußn. 47), S. 226, Antrobus/Cooper [2001] SJ 520 (521). 1202 Cranston (Fußn. 1177), S. 130 f., Antrobus/Cooper [2001] SJ 520 (521). 1191 153 dementsprechend eine Strafverfolgung vermeiden, indem er anbietet, den Beschwerdeführer zu entschädigen.1203 Ein weiterer Faktor kann schließlich noch die Unternehmensgröße sein, wenngleich insoweit in der Literatur keine Einigkeit besteht, wie sich diese auf die Entscheidung der Trading Standards Officers auswirkt.1204 Während Cranston1205 meint, dass eher große Betriebe angeklagt würden, vertreten Grabosky/Braithwaite1206 und das OFT1207 die gegenteilige Auffassung. Nach Cranston werden kleinere Betriebe weniger angeklagt, weil bei ihnen schon eine Verwarnung größeren Eindruck macht. Darüber hinaus sind kleinere Betriebe mehr auf ihren Ruf bedacht als größere und daher kooperationsbereiter. Schließlich setzen die großen Betriebe die Standards, weshalb es auch Auswirkungen auf die kleinen Unternehmen hat, wenn die großen angehalten werden, ihre Geschäftspraktiken zu verbessern.1208 Grabosky/Braithwaite meinen dagegen, dass größere Betriebe sich grundsätzlich eher gesetzeskonform verhalten, da sie um ihren Ruf besorgter seien als kleine Unternehmen. Darüber hinaus hätten sie mehr Potential, um durch interne Maßnahmen die Einhaltung der Gesetze sicherzustellen.1209 Mit dieser Auffassung deckt sich auch der Befund von Ramsay, dass Unterlassungserklärungen nach dem FTA hauptsächlich von kleinen Betrieben eingefordert werden.1210 Das OFT konnte schließlich in seiner Untersuchung des TDA feststellen, dass sehr kleine lokale Behörden teilweise nur zögerlich gegen große Unternehmen vorgehen würden.1211 IV. Befugnisse der Trading Standards Officers Die Trading Standards Officers sind zur Überwachung des TDA und des CPA mit zahlreichen Befugnissen ausgestattet. So dürfen sie nach Secs. 27 TDA, 28 (1) CPA, unabhängig von einem konkreten Verdacht, Testkäufe vornehmen und die erworbenen Waren untersuchen, wobei jedoch keine Verpflichtung des Unternehmers zum Kaufvertragsschluss besteht.1212 Der Trading Standards Officer darf des Weiteren nach Secs. 28 (1)(a) TDA, 29 (2) CPA zur Feststellung von Vergehen Gebäude betreten. Gleichwohl ist er dabei vom Einverständnis des Berechtigten abhängig und darf sich den Zutritt nicht mit Gewalt erzwingen.1213 Darüber hinaus verbieten die entsprechenden Secs. auch das Betreten von ausschließlich zu Wohnzwecken genutzten Gebäu1203 Cranston (Fußn. 1177), S. 132. Cartwright (Fußn. 47), S. 225. 1205 Cranston (Fußn. 1177), S. 125. 1206 Grabosky/Braithwaite, Of Manners Gentle, 1st ed. 1986, S. 216 f., ihre Untersuchung betrifft den australischen Rechtsraum, jedoch sind ihre Argumente auch auf britische Verhältnisse anwendbar. 1207 OFT, Review of the Trade Descriptions Act 1968, 1st ed. 1975, S. 64. 1208 Cranston (Fußn. 1177), S. 125. 1209 Grabosky/Braithwaite (Fußn. 1206), S. 216 f. 1210 Ramsay in: Baldwin/McCrudden, Regulation and Public Law, 1st ed. 1987, S. 196. 1211 OFT (Fußn. 1207), S. 64. 1212 Bragg (Fußn. 503), S. 202. 1213 Bragg (Fußn. 503), S. 204, Andrews (Fußn. 1156), S. 44. 1204 154 den oder das Betreten von Gebäuden zur Unzeit. Secs. 28 (1)(a) TDA, 29 (2) CPA ermächtigen die Trading Standards Officers ferner, jegliche Ware zu inspizieren. Die gezielte Suche nach Zufallsfunden decken diese Vorschriften indes nicht.1214 Hat ein Trading Standards Officer den begründeten Verdacht, dass ein Vergehen nach dem entsprechenden Gesetz begangen wurde, ist er nach Secs. 28 (1)(b) TDA, 29 (5)(a) und (c) CPA berechtigt, Unterlagen einzusehen und zu kopieren. Wann konkret ein begründeter Verdacht vorliegt, kann im Einzelfall schwierig zu beurteilen sein. Klar ist jedoch, dass sich der Verdacht auf objektive Anhaltspunkte stützen muss, ohne dass irgendeine Art von Gewissheit vorzuliegen braucht.1215 Ein Recht zur Beschlagnahme der Originale hat der Trading Standards Officer nach diesen Vorschriften nicht.1216 Dieses ergibt sich hingegen aus den Secs. 28 (1)(d) TDA, 29 (6) CPA für den Fall, dass der Trading Standards Officer vernünftigerweise annehmen kann, dass die Unterlagen zu Beweiszwecken in einem Strafprozess erforderlich sind. Darüber hinaus gestatten diese Regelungen unter den gleichen Voraussetzungen auch die Beschlagnahme von Waren. Güter zu beschlagnahmen ist jedoch nicht nur zu Beweiszwecken, sondern nach Secs. 28 (1)(c) TDA, 29 (4)(b) CPA auch zulässig, um durch Tests oder auf andere Weise festzustellen, ob ein Vergehen nach dem TDA bzw. CPA begangen wurde. Es hat insofern wieder ein begründeter Anfangsverdacht vorzuliegen. Ferner dürfen die Trading Standards Officers gemäß Secs. 28 (1)(e) TDA, 29 (7) CPA Personen auffordern, Behältnisse oder Warenautomaten zu öffnen oder dies erforderlichenfalls selbst tun. Schließlich können sie unter strikten Voraussetzungen bei Gericht auch einen Durchsuchungsbefehl erwirken.1217 Voraussetzung dafür ist u. a., • dass nach vernünftigen Überlegungen anzunehmen ist, dass sich in dem Gebäude beweiskräftige Waren oder Unterlagen befinden oder dass ein Vergehen nach den entsprechenden Gesetzen begangen worden ist, gerade begangen wird oder unmittelbar bevorsteht, begangen zu werden. Wird ein Trading Standards Officer bei seiner Amtsausübung vorsätzlich behindert oder verweigert eine Person vorsätzlich ihre Mitwirkungspflichten im Rahmen der soeben dargestellten Befugnisse oder verweigert sie ihm vorsätzlich ohne vernünftigen Grund notwendige Hilfe oder Informationen, stellt dies nach Secs. 29 (1) TDA, 32 (1) CPA ein Vergehen dar. Ebenfalls strafbar ist nach Sec. 29 (2) TDA die vorsätzliche, nach Sec. 32 (2) CPA die vorsätzliche und fahrlässige Falschaussage. Beschränkt werden alle diese Tatbestände durch den Grundsatz, dass sich niemand selbst zu belasten hat.1218 1214 1215 1216 1217 Bragg (Fußn. 503), S. 204. Bragg (Fußn. 503), S. 205. Barge v. British Gas Corporation [1983] 1 L.G.R. 53, Bragg (Fußn. 503), S. 206. Secs. 28 (3) TDA, 30 (2) CPA. Secs. 29 (3) TDA, 47 (2) CPA. • 1218 155 V. Sanktionen 1. Strafrechtliche Sanktionen a) Geld- und Freiheitsstrafen nach TDA und CPA Die Sanktionen bei Straftaten nach dem TDA und CPA sind davon abhängig, ob die Tat in einem summarischen oder einem vollständigen Verfahren abgeurteilt wird. In ersterem Fall beträgt die Höchststrafe zur Zeit ₤ 5.000.1219 Im Rahmen eines vollständigen Verfahrens droht dagegen jeweils eine Geldstrafe in unbegrenzter Höhe, bei Vergehen nach dem TDA alternativ oder kumulativ sogar eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.1220 In der Praxis sind hingegen Freiheitsstrafen für Verstöße gegen den TDA unüblich.1221 Derartige Vergehen werden durch die Gerichte nicht als so schwerwiegend angesehen, dass sie mit Gefängnisstrafen zu sanktionieren wären.1222 Dementsprechend wurden 2001 wegen Vergehen nach dem TDA in 892 Fällen auch nur 47 Angeklagte zu Freiheitsstrafen verurteilt, während ₤ 847.628 an Strafe zu zahlen waren.1223 Je nach Verfahrensart findet der Strafprozess vor dem Magistrates´ Court oder dem Crown Court statt. Während Ersterer seine Urteile im summarischen Verfahren fällt, entscheidet Letzterer im vollständigen.1224 Die Entscheidung darüber, ob im summarischen oder vollständigen Verfahren verhandelt wird, obliegt dem Magistrates´ Court.1225 Nur wenn das Gericht den Fall für ein summarisches Verfahren für geeignet hält und der Angeklagte nicht auf einem vollständigen Verfahren besteht, findet ein summarisches Verfahren statt.1226 Die Kriterien, nach denen das Gericht die Geeignetheit der Sache für ein summarisches Verfahren beurteilt, sind in Sec. 19 (3) Magistrates´ Courts Act 1980 geregelt. Maßgebliche Faktoren sind danach die Natur des Falles, die Schwere des Vergehens, die Überlegung, ob die Strafgewalt des Magistrates´ Courts im konkreten Fall ausreicht sowie sonstige Umstände, die für die eine oder andere Verfahrensart sprechen. Zusätzlich zu diesen Regelungen existieren für die Verfahrenswahl noch unverbindliche Richtlinien1227. Danach sollen grundsätzlich Vergehen, die sowohl im summarischen als auch im vollständigen Verfahren verhandelt werden können, im summarischen Ver1219 Secs. 18 (a) TDA, 32 (9) Magistrates´ Courts Act 1980 (1980 c 43), 17 (2) Criminal Justice Act 1977 (1977 c 45) bzw. Sec. 20 (4)(b), 32 (1), (9) Magistrates´ Courts Act 1980. 1220 Secs. 18 (b) TDA, 20 (4)(a) CPA. 1221 Bragg (Fußn. 503), S. 218. 1222 R v. Haelser [1973] R.T.R. 486 (492), R v. Edelson [1978] Crim. L.R. 759. 1223 OFT (Fußn. 1181), S. 4. 1224 Herring, Criminal Law, 3rd ed. 2002, S. 29. 1225 Herring (Fußn. 1224), S. 29. 1226 Sec. 4 (1) Magistrates´ Courts Act 1980. 1227 Para 51 Practice Direction (criminal: consolidated) [2002] 3 All ER 904 (953). 156 fahren verhandelt werden, es sei denn, dass die Strafgewalt des Gerichts unzureichend ist.1228 Verfahren wegen Verletzung von Verbraucherschutzbestimmungen werden daher meist im summarischen Verfahren verhandelt.1229 b) Entschädigung des Verletzten Die vorrangige Aufgabe der Vorschriften des TDA und CPA ist es, die Einhaltung bestimmter Standards bei den Geschäftspraktiken der Unternehmen sicherzustellen, nicht jedoch geschädigte Verbraucher zu entschädigen.1230 Gleichwohl bestimmt Sec. 130 (1) Powers of Criminal Courts (Sentencing) Act 20001231, dass ein Gericht, das eine Person eines Vergehens für schuldig befindet, anstatt oder zusätzlich zu einer herkömmlichen Strafe, auf oder ohne Antrag, einen Beschluss (sog. Compensation Order) fassen kann, die den Angeklagten verpflichtet, Schadenersatz für Verluste oder Schäden zu leisten, die aus diesem Vergehen oder jedem anderen bei Festlegung des Strafmaßes berücksichtigten Vergehens resultieren.1232 Findet das Verfahren vor einem Magistrates´ Court statt, darf die Höhe der Entschädigung ₤ 5.000 pro Vergehen nicht überschreiten.1233 Die Begrenzung der Entschädigung auf ₤ 5.000 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Unternehmer in Wirklichkeit ein viel höheres Haftungsrisiko trägt. Hinsichtlich irreführender Werbeangaben vertreten englische Gerichte nämlich die Auffassung, dass jedes Mal, wenn ein Verbraucher die irreführende Angabe zur Kenntnis nimmt, das Vergehen erneut begangen wird.1234 Der Angeklagte kann sein Haftungsrisiko jedoch dadurch minimieren, dass er beantragt, den Gegenstand der Anklage zu erweitern und weitere Vergehen miteinzubeziehen.1235 Stimmen Ankläger und Gericht diesem Antrag zu, hat dies zur Folge, dass für alle einbezogenen Vergehen insgesamt die Entschädigung maximal ₤ 5.000 beträgt.1236 Vor unbeabsichtigter Mehrfachverfolgung schützt des Weiteren die Tatsache, dass die einzelnen Trading Standards Departments nach Secs. 230 (1) und (2) EA das OFT von beabsichtigten Strafprozessen zu benachrichtigen haben, das dadurch in die Lage versetzt wird, Verfahren zu koordinieren und nicht beabsichtigte Mehrfachanklagen zu verhindern.1237 Schließlich können Mehrfachanklagen 1228 Para 51.3. (f), 51,18 (c) Practice Direction (criminal: consolidated) [2002] 3 All ER 904 (953). Andrews (Fußn. 1156), S. 212. 1230 Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 88. 1231 2000 c 6. 1232 „A court by or before which a person is convicted of an offence, instead of or in addition to dealing with him in any other way, may, on application or otherwise, make an order (…”compensation order”) requiring him – (a) to pay compensation for any…loss or damage resulting from that offence or any other offence which is taken into consideration by the court in determining sentence;…” 1233 Sec. 131 (1) Powers of Criminal Courts (Sentencing) Act 2000. 1234 R v. Thomson Holidays [1974] 1 All ER 823, Ohly (Fußn. 500), Rn. 180, Andrews (Fußn. 1156), S. 222. 1235 Murphy, Blackstone´s Criminal Practice 2003, 13th ed. 2003, Rn. D 18.32. 1236 Street [1974] Crim. L.R. 345 (347), Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 16.03. 1237 Bragg (Fußn. 503), S. 215 f., für die weitgehend inhaltsgleiche Vorschrift der Sec. 130 FTA, an deren Stelle 1229 157 auch wegen Klagemissbrauchs unzulässig sein.1238 In der Praxis sind Mehrfachanklagen durch eine Behörde unüblich, sondern erfolgen, trotz des oben beschriebenen Verfahrens1239, meist durch verschiedene lokale Behörden.1240 Wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, kann eine Entschädigung sowohl auf Antrag des Verletzten als auch aus eigener Initiative des Gerichts gewährt werden. Es existiert kein geregeltes Verfahren, wie oder wann der Verletzte einen Antrag zu stellen hat. Ausreichend ist insoweit, wenn der Verletzte den Ankläger auf den beabsichtigten Antrag hinweist und diesen dann nach Verurteilung des Angeklagten stellt.1241 Eine Compensation Order wird nur bei einfach gelagerten Fällen gewährt.1242 Der Anspruchsteller hat im Bestreitensfall sowohl die Verantwortlichkeit des Angeklagten für den eingetretenen Schaden als auch dessen Höhe zu beweisen.1243 Hat der Antragsteller keinen Schaden erlitten, kann keine Compensation Order erlassen werden. Da Gegenstand einer Compensation Order der Schaden des Verletzten ist, spielt es andererseits aber auch keine Rolle, ob der Angeklagte durch das Vergehen Gewinne erzielt hat.1244 Eine weitere Begrenzung der Compensation Order liegt darin, dass bei deren Erlass das Gericht die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Angeklagten zu berücksichtigen hat.1245 Dieser soll finanziell in der Lage sein, die Entschädigung binnen zwei bis drei Jahre zu leisten.1246 Reichen die finanziellen Möglichkeiten des Angeklagten nur dazu aus, eine Geldstrafe oder eine Compensation Order zu erfüllen, ist Letzterer der Vorzug zu geben.1247 Da es für den Erlass einer Compensation Order unerheblich ist, ob dem Verbraucher aufgrund des Vergehens andere zivilrechtliche Klagemöglichkeiten gegen den Angeklagten zur Verfügung stehen, ist sie vor allem in Fällen irreführender Werbung, in denen dem geschädigten Verbraucher in der Regel keine zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen zur Verfügung stehen1248, von – zumindest theoretischer – Bedeutung.1249 In der Praxis machen die Gerichte von Sec. 230 EA nun getreten ist. 1238 Wings Ltd v. Ellis [1984] 3 All ER 577, Andrews (Fußn. 1156), S. 222. 1239 Siehe oben: 3. Teil: 2. Kapitel:A.II. 1240 Andrews (Fußn. 1156), S. 222. 1241 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 16.06. 1242 R v. Thomson Holidays Ltd [1974] 1 All ER 823, Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 16.05, Murphy (Fußn. 1235), Rn. E 18.6. 1243 R v. Vivian [1979] 1 All ER 48, Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 16.05. 1244 Murphy (Fußn. 1235) Rn. E 18.1. 1245 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 16.05, Harvey/Parry (Fußn. 477), S. 253. 1246 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 16.05. 1247 Sec. 130 (12) Powers of Criminal Courts (Sentencing) Act 2000. 1248 Siehe unten: 3. Teil: 2. Kapitel:A.V.2.b). 1249 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 16.04. 158 dieser Möglichkeit vor allem im Bereich des Gebrauchtwagenhandels Gebrauch. So entfielen von ₤ 71.412, die 2001 geschädigten Verbrauchern wegen falscher Warenbeschreibungen nach dem TDA gewährt wurden allein ₤ 62.614 auf Vergehen in diesem Bereich.1250 Wegen irreführender Preisangaben nach dem CPA wurden Kunden lediglich ₤ 282 an Entschädigung gewährt, wovon schon ₤ 229 auf drei Fälle entfielen, in denen Handwerker falsche Preisangaben gemacht hatten.1251 2. Zivilrechtliche Sanktionen a) Unterlassungsverfügung Die lokalen Behörden sind bei der Überwachung des TDA und CPA nicht allein auf strafrechtliche Mittel beschränkt. Nach Sec. 222 Local Government Act 19721252 können sie sich auch des Zivilrechts bedienen, wenn sie dies als zweckmäßig zum Schutz und der Förderung der Interessen der Einwohner ihres Gebiets betrachten. Diese müssen nicht exklusiv von dem Zivilverfahren profitieren, vielmehr darf dieses auch Bewohnern anderer Gebiete zugute kommen.1253 Ein zivilrechtliches Verfahren ist im vorliegenden Zusammenhang für die lokalen Behörden vor allem deshalb interessant, weil es ihnen die Möglichkeit bietet, mittels einstweiliger Unterlassungsverfügung eine bestimmte schädliche Geschäftspraktik zu verhindern. Gleichwohl ist es den Behörden nicht möglich, bei jedem Verstoß gegen eine strafrechtliche Bestimmung eine einstweilige Unterlassungsverfügung zu erwirken. Vielmehr hat die Rechtsprechung insofern strenge Grundsätze entwickelt. Die maßgeblichen Kriterien hat Bingham LJ in „City of London Corporation v. Bovis Construction Ltd”1254 formuliert. Danach werden Unterlassungsverfügungen nur unter großer Zurückhaltung gewährt.1255 Ferner ist die bloße Verletzung eines strafrechtlichen Tatbestands allein nicht ausreichend, um eine Unterlassungsverfügung zu erlassen.1256 Schließlich ist es zwar nicht notwendig, dass der Angeklagte das Recht absichtlich und in grober Art und Weise verletzt hat, erforderlich ist aber, dass die Unterlassungsverfügung nötig ist, weil der Beklagte durch nichts anderes von zukünftigen Gesetzesverstößen abzuhalten ist und die zur Verfügung stehenden strafrechtlichen Sanktionen als ungenügend betrachtet werden.1257 Es ist insofern jedoch nicht 1250 1251 1252 OFT (Fußn. 1181), S. 3 f. OFT (Fußn. 1182), S. 1, 3. 1972 c 70. Solihull Metropolitan Borough Council v. Maxfern Ltd [1977] 2 All ER 177, Andrews (Fußn. 1156), S. 88. [1992] 3 All ER 697. City of London Corporation v. Bovis Construction Ltd [1992] 3 All ER 697 (714). City of London Corporation v. Bovis Construction Ltd [1992] 3 All ER 697 (714). City of London Corporation v. Bovis Construction Ltd [1992] 3 All ER 697 (714). • 1253 1254 1255 1256 1257 159 nötig, dass vor Beantragung der Unterlassungsverfügung bereits alle strafrechtlichen Mittel ausgeschöpft wurden1258, vielmehr kann diese auch gewährt werden, wenn von Beginn an klar ist, dass, beispielsweise wegen der erzielten Gewinne den Beklagten nur eine Unterlassungsverfügung von weiteren Vergehen abhalten wird1259. Die restriktive Haltung der englischen Gerichte beim Erlass von Unterlassungsverfügungen resultiert aus der Überlegung, dass es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers ist, adäquate Sanktionen zur Verfügung zu stellen.1260 Darüber hinaus sollen strafrechtliche Verhaltensweisen, für die vielleicht sogar ein Strafverfahren vor einer Jury vorgesehen ist, grundsätzlich nicht Gegenstand von zivilrechtlichen Verfahren mit deren abweichenden Beweislastregelung sein.1261 In der Praxis wurden Unterlassungsverfügungen bis 1994 vor allem zur Durchsetzung des Verbots des Sonntagsverkaufs gewährt.1262 Für die Überwachung von TDA und CPA sind sie dagegen von eher geringer Bedeutung. b) Deliktsrechtliche Schadenersatzklagen von Verbrauchern Bei irreführenden Werbeangaben nach dem TDA und dem CPA haben geschädigte Verbraucher keine Möglichkeit, deliktsrechtlich gegen den Unternehmer vorzugehen. Zwar kennt das englische Recht das Delikt des „breach of statutory duty“, das in etwa dem deutschen § 823 II BGB entspricht, jedoch ist dieser Tatbestand nicht auf jedwede Gesetzesverletzung anwendbar. Vielmehr ist bei Verstößen gegen Verbraucherschutzgesetze erforderlich, dass das verletzte Gesetz ausdrücklich diese Möglichkeit gestattet.1263 TDA und CPA enthalten jedoch keine derartige Bestimmung. Im Gegenteil: Sec. 41 (2) CPA schließt jegliche zivilrechtliche Klagemöglichkeiten wegen irreführender Preisangaben aus. Und auch hinsichtlich des TDA wird aus dessen Sec. 35 gefolgert, dass Klagen wegen „breach of statutory duty“ unzulässig sind.1264 1258 Barking and Dagenham London Borough Council v. Jones, 30 July 1999, unreported, Lexis-Nexis Transcript, S. 7. 1259 Wychavon District Council v. Midland Enterprises (Special Event) Ltd and Another [1988] 1 CMLR 397 (402). 1260 Gouriet v. Union of Post Office Workers [1977] 3 All ER 70 (83). 1261 Gouriet v. Union of Post Office Workers [1977] 3 All ER 70 (83). 1262 Andrews (Fußn. 1156), S. 88. 1263 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 16.09. 1264 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 16.09. 160 B. Das System der freiwilligen Selbstkontrolle der Werbewirtschaft I. Geschichtliche Entwicklung Das System der freiwilligen Selbstkontrolle hat in Großbritannien eine lange Tradition. So existierte bereits 1880 ein System zur freiwilligen Selbstkontrolle von Werbeplakaten.1265 1927 errichtete die gerade neu gegründete Advertising Association (AA) dann das „Advertising Investigation Department“. Dieses hatte die Aufgabe, Missstände in der Werbung zu untersuchen, unlauteres Verhalten der AA-Mitglieder zu unterbinden und diese zu beraten.1266 Die Initiative zur Schaffung eines Kontrollsystems kam dabei von der Werbeindustrie selbst und hatte verschiedene Hintergründe. Zum einen resultierte sie aus der Erkenntnis, dass Werbung nur dann überzeugen konnte, wenn sie auch glaubwürdig war. Das Selbstkontrollsystem sollte daher die Glaubwürdigkeit der Werbeindustrie in der Öffentlichkeit sicherstellen.1267 Durch die seriöse Überwachung ihrer eigenen Standards zeigte sich die Werbeindustrie zudem verantwortungsbewusst. Dieses Image nützte sie, um Ängste in der Öffentlichkeit vor Werbemaßnahmen zu beschwichtigen.1268 Den Werbeagenturen lag zudem an der Anerkennung ihres Gewerbes als ernsthafter Beruf.1269 Schließlich wollte die Werbeindustrie ein System zur Schlichtung von Streitigkeiten abseits der Öffentlichkeit schaffen. Auf diese Weise konnte sie nach außen hin als geschlossene Einheit auftreten, was sie als wichtigen Bestandteil ihres Images betrachtete.1270 Zu größeren Änderungen des etablierten Systems kam es erst Anfang der 60er Jahre, nachdem Verbraucher- und Handelsverbände stärkere gesetzliche Kontrollen der Werbung gefordert hatten und auch die Molony-Commission, die Vorschläge zur Verbesserung des Verbraucherschutzes erarbeiten sollte, zu einer grundsätzlich negativen Bewertung des bestehenden Systems kam.1271 Als Konsequenz dieser Kritik1272 wurde 1961 das CAP gegründet, das im gleichen Jahr den ersten British Code for Advertising Practice erstellte. Zu dessen Überwachung wurde ein Jahr später die ASA kreiert.1273 1974 kam erneut Kritik an dem bestehenden Kontrollsystem auf. Sowohl die damalige Verbraucherschutzministerin Shirley Williams als auch der damalige DGFT John Methven for1265 Circus [1988] International Journal of Advertising, 307 (308), BCAP, S. 97. Harris/Seldon, Advertising and the Public, 1st ed. 1962, S. 285 f., Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics, 143 (146), Brandmair, Die freiwillige Selbstkontrolle der Werbung, 1. Aufl. 1978, S. 55. 1267 Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics, 143 (146). 1268 Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics, 143 (146). 1269 Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics, 143 (146 f.). 1270 Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics, 143 (147). 1271 Cornish GRUR Int. 1973, 679 (685), Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics, 143 (149 f.), Brandmair (Fußn. 1266), S. 54 f., Scott/Black, Cranston´s Consumers and the Law, 3rd ed. 2000, 55. 1272 Ramsay, Consumer Protection, 1st ed. 1989, S. 388. 1273 Braun in: Wilson, Advertising and the Community, 1st ed. 1968, S. 127 f., Drumalbyn [1974] Advertising Quarterly No. 41, S. 4. 1266 161 derten, dass dieses in der Öffentlichkeit bekannter werden und sich in der öffentlichen Meinung den Ruf erwerben müsse, sich an dieser zu orientieren und im Allgemeininteresse tätig zu sein.1274 Darüber hinaus verlangte Methven eine Vorkontrolle sämtlicher Presseanzeigen.1275 Für den Fall, dass das System in Zukunft nicht effektiver arbeite, drohte Williams mit gesetzlichen Maßnahmen zur Kontrolle von Werbung.1276 Infolge dieser Kritik startete die ASA eine breit angelegte Medienkampagne, die ihren Bekanntheitsgrad wesentlich steigerte.1277 Ferner erhöhte sie die Zahl ihrer Mitarbeiter, um so mehr Anzeigen vor deren Veröffentlichung kontrollieren und das Geschehen auf dem Anzeigenmarkt besser überwachen zu können.1278 Schließlich wurde zur Finanzierung des Systems 1974 das Advertising Standards Board of Finance (ASBOF) gegründet, um so die Unabhängigkeit der ASA zu gewährleisten.1279 1978 und 1980 untersuchten sowohl das OFT als auch das Department of Trade and Industry die Effizienz des Systems, ohne dass deren Untersuchungsergebnisse größere Änderungen zur Folge gehabt hätten.1280 Eine Ausnahme stellt insofern die Berücksichtigung des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle im Verfahren nach den CMAR 1988 dar.1281 Bereits das OFT hatte insofern in seinem Bericht gefordert, den DGFT zu ermächtigen, gerichtliche Unterlassungsverfügungen gegen irreführende Werbung erwirken zu können.1282 Weitere größere Änderungen sind seit dieser Zeit nicht mehr erfolgt. II. Die Organisation des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle Das System der freiwilligen Selbstkontrolle der Werbewirtschaft ist aus drei großen Organen aufgebaut: dem CAP, der ASA und dem ASBOF. Das CAP untergliedert sich des Weiteren in zwei Ausschüsse sowie ein Copy Advice und ein Compliance Team. Schließlich teilen sich CAP und ASA ein gemeinsames Sekretariat. Im Folgenden wird zuerst auf das ASBOF und die Finanzierung des Systems eingegangen. Sodann werden die Organisation und Aufgaben der ASA sowie des CAP und deren Unterorganisationen dargestellt. Schließlich wird noch auf das gemeinsame Sekretariat von CAP und ASA eingegangen. 1274 OFT, Review of the UK self-regulatory system of advertising control, 1st ed. 1978, Rn. 1.3. Brandmair (Fußn. 1266), S. 59. 1276 Circus [1988] International Journal of Advertising, 307 (310). 1277 Brandmair (Fußn. 1266), S. 80, Circus [1988] International Journal of Advertising, 307 (310). 1278 Circus [1988] International Journal of Advertising, 307 (310). 1279 Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics, 143 (150). 1280 Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics, 143 (150), siehe auch die Übersicht bei Department of Trade, The Self-regulatory System of Advertising Control, 1st ed. 1980, S. 18 ff. 1281 Siehe unten: 3. Teil: 2. Kapitel:D. 1282 OFT (Fußn. 1274), S. iii. 1275 162 1. Das Advertising Standards Board of Finance und die Finanzierung des Systems Das ASBOF ist grundsätzlich für die Finanzierung des Selbstkontrollsystems zuständig. Sie ist eine limited company.1283 Ihre Mitglieder sind Werbungstreibende, deren Agenturen, Medien sowie Handelsverbände und Berufsvereinigungen aus dem Bereich Werbung und Direktmarketing.1284 Die ASBOF ernennt sowohl die Vorsitzenden von CAP und ASA als auch den unabhängigen Revisor der ASA-Entscheidungen.1285 Primäre Aufgabe des ASBOF ist jedoch die Finanzierung des Systems. Zu diesem Zweck haben die Werbungstreibenden an den jeweiligen Medieneigentümer, die Werbeagentur oder die Post zusätzlich einen Beitrag von 0,1% des Entgelts bzw. von 0,2% im Fall von Direktwerbung zu entrichten.1286 Nachdem am System der freiwilligen Selbstkontrolle alle wichtigen Verbände, Organisationen und Unternehmen beteiligt sind1287, haben diese Abgabe praktische alle Werbungstreibenden in den vom BCAP erfassten Bereichen zu entrichten.1288 Die angefallenen Beiträge werden von den Medieneigentümern und Agenturen vierteljährlich an das ASBOF entrichtet.1289 Dieses hatte auf diese Weise 2002 Einnahmen von über ₤ 4.300.000.1290 Der größte Teil dieser Einnahmen wird von der ASA für Personalkosten verwandt. 2. Die Advertising Standards Authority Ebenso wie das ASBOF ist die ASA eine company limited. Sie wird durch ein 12-köpfiges Gremium und dessen Vorsitzenden geleitet. Dieser wird durch das ASBOF ernannt und benennt seinerseits wiederum die 12 Council Mitglieder.1291 Sowohl der Vorsitzende als auch eine Mehrheit der übrigen Mitglieder – in der Praxis 8 – haben keine Verbindung zu der Werbeindustrie.1292 Alle Mitglieder sind für einen Zeitraum von drei Jahren mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung von weiteren drei Jahren ernannt.1293 Derzeitiger Vorsitzender ist der frühere DGFT Lord Borrie. Aufgabe der ASA ist es, Beschwerden über Verstöße gegen den BCAP zu untersuchen.1294 Darüber hinaus überwacht sie dessen Einhaltung durch beschwerdeunabhängige Kontrollen.1295 1283 Brandmair (Fußn. 1266), S. 75. Clause 60.11 BCAP. 1285 ASA/CAP/ASBOF, Legal, decent, honest and truthful, S. 9. 1286 Brandmair (Fußn. 1266), S. 75, ASA/CAP/ASBOF (Fußn. 1285), S. 9. 1287 Siehe unten: 3. Teil: 2. Kapitel:B.II.3. 1288 Boddewyn, Advertising Self-Regulation an Outside Participation, 1st ed. 1988, S. 287. 1289 Brandmair (Fußn. 1266), S. 75. 1290 ASA, Annual Report 2002, S. 19. 1291 Clause 60.5 BCAP. 1292 ASA/CAP/ASBOF (Fußn. 1285), S. 7, Clause 60.5 BCAP, zu den derzeitigen Mitgliedern siehe ASA, About us: ASA Council members sowie Jergolla (Fußn. 486), S. 33. 1293 Clause 60.5 BCAP. 1294 Clause 60.6 BCAP. 1295 Clause 60.7 BCAP. 1284 163 Ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich der ASA ist ferner die Öffentlichkeitsarbeit. Sie veröffentlicht ihre Entscheidungen und Berichte, stellt Verbrauchern und Werbetreibenden weiterführende Informationen in Form von Flugblätter, Videos und Artikeln zur Verfügung und sorgt durch eine starke Medienpräsenz für Bekanntheit des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle.1296 3. Das Committee of Advertising Practice Am System der freiwilligen Selbstkontrolle sind alle wichtigen Verbände der britischen Werbeindustrie beteiligt.1297 Sie alle entsenden ihre Vertreter in das CAP1298, das ausschließlich aus Vertretern der Werbeindustrie besteht. Zur Zeit sind dort Repräsentanten von 19 Organisationen vertreten, die alle durch den BCAP berührten Bereiche abdecken. Der Vorsitzende des CAP wird vom ASBOF für eine bestimmte Zeit ernannt.1299 Das CAP hat die Aufgabe, die Aktivitäten ihrer Mitglieder zu koordinieren, um so eine möglichst weitgehende Beachtung des BCAP zu garantieren. Es erstellt, überarbeitet und erneuert diesen. Darüber hinaus erläutert es in sog. Help Notes verschiedene Regelungen des BCAP.1300 Weiterführende Information speziell für die Werbeindustrie stellt es ferner auf seiner Homepage bereit. Auf dieser können seine Mitglieder auch die sog. Ad Alerts einsehen, in denen es mitteilt, welche Werbung die ASA untersagt hat und daher nicht veröffentlicht werden soll.1301 Schließlich überwacht das CAP die Durchführung ausgesprochener Strafen durch seine Mitglieder.1302 Das CAP untergliedert sich in das CAP Copy Advice Team und das CAP Compliance Team. An Ersteres können sich Gewerbetreibende wenden, um vor der Veröffentlichung einer Werbung die Vereinbarkeit dieser mit dem BCAP beurteilen zu lassen. Ferner ist dieses für die Überprüfung von Werbung vor deren Veröffentlichung zuständig, wenn Unternehmer dazu als Strafe verpflichtet sind.1303 Das CAP Compliance Team überwacht die Umsetzung von von der ASA ausgesprochenen Strafen durch die CAP Mitglieder, insbesondere informiert es diese über Ad Alerts und weist sie an, Werbung von Unternehmen, die gegen den BCAP verstoßen, nicht zu veröffentlichen. Daneben überprüft es laufend einen Teil der erscheinenden Anzeigen auf ih- 1296 1297 1298 1299 1300 1301 1302 1303 Clauses 60.8 BCAP. Thomson [1982] Trading Law 233. OFT (Fußn. 1274), S. 3. Clause 60.15 BCAP. Siehe hierzu Jergolla (Fußn. 486), S. 36 f. Siehe hierzu auch Jergolla (Fußn. 486), 60 f. Clause 60.13 BCAP. Clause 60.17 BCAP. 164 re Übereinstimmung mit den Regelungen des BCAP.1304 Bei einem klaren Verstoß gegen den BCAP bemüht sich das CAP Compliance Team um die sofortige Einstellung der Werbung.1305 Neben diesen beiden Teams unterhält das CAP zwei Ausschüsse, den Sales Promotion and Direct Response Panel und den General Media Panel. Ersterer ist für Fragen des Sales Promotion und Direkt Marketing, Letzterer für alle übrigen Angelegenheiten zuständig. Jeder der beiden Ausschüsse ist mit Experten der Industrie sowie einem Mitglied des ASA-Council besetzt. Sie haben vor allem beratende Funktion. Sie wirken bei der der Erstellung von Richtlinien für die Industrie mit und unterstützen das gemeinsame Sekretariat, die ASA und das CAP bei der Auslegung des BCAP sowohl in konkreten Einzelfällen als auch im Allgemeinen. Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens kann der jeweilige Ausschuss von den Parteien um eine Stellungnahme gebeten werden. Diese berücksichtigt auch der ASA Council bei seiner Beurteilung. Die Ausschüsse können ferner von den Betroffenen um eine Stellungnahme gebeten werden, wenn das CAP Copy Advice Team eine beabsichtigte Werbung für unzulässig hält.1306 • 4. Das gemeinsame Sekretariat ASA und CAP unterhalten zusammen ein Sekretariat, welches für die Erledigung der täglich anfallenden Arbeiten zuständig ist. Es dient als Kommunikationsorgan des Systems, koordiniert den Ablauf der Verfahren und sorgt für die Veröffentlichung der Entscheidungen der ASA. Ferner unterbreitet es ASA und CAP vor jedweder Entscheidung eine Entscheidungsempfehlung.1307 Schließlich kann das gemeinsame Sekretariat Maßnahmen ergreifen, um die weitere Veröffentlichung einer Werbung zu verhindern, wenn es der Ansicht ist, dass diese gegen den BCAP verstößt und ein sofortiges Einschreiten zur Verhinderung weiteren Schadens geboten ist.1308 III. Das Verfahren im Rahmen des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle Verfahren wegen eines Verstoßes gegen den BCAP werden grundsätzlich in Folge einer Beschwerde eingeleitet. Diese erhält die ASA sowohl von Verbrauchern als auch von Wettbewerbern und Organisationen1309, wobei Erstere die wichtigste Quelle darstellen. So erhielt die ASA 1304 ASA, Annual Report 2002, S. 13, im Jahr 2000 wurden wöchentlich 6.000 Anzeigen überprüft, wobei jedoch nur 0,01% gegen den BCAP verstießen, ASA, News, Annual Report 2000 – 24/04/01, zitiert nach Jergolla (Fußn. 486), S. 42, in Fußn. 195. 1305 Clause 60.18 BCAP. 1306 Clause 60.19 BCAP. 1307 Clause 60.20 BCAP. 1308 Clause 60.35 BCAP. 1309 Parry [2000] CLJ 137 (138). • 165 2002 92% der 13.959 Beschwerden von Privatpersonen.1310 Auch sollen Beschwerdeführer aus Reihen der Industrie primär versuchen, ihre Streitigkeiten intern beizulegen und haben, um reine Vergeltungsmaßnahmen von vornherein auszuschließen, unter Umständen ihre Beschwerde vor der ASA zu rechtfertigen.1311 Beschwerden können ausschließlich schriftlich per Post, Fax oder E-Mail erfolgen.1312 Sie müssen sich grundsätzlich auf Werbemaßnahmen beziehen, die innerhalb der letzten drei Monate veröffentlicht wurden.1313 Soweit wie möglich soll der Beschwerdeführer eine Kopie der Werbung oder einen Hinweis auf Zeit und Ort ihres Erscheinens beifügen.1314 Die ASA behandelt Beschwerden grundsätzlich vertraulich. Nur bei Beschwerden von Wettbewerbern oder Vereinigungen veröffentlicht sie den Namen des Beschwerdeführers.1315 Anonyme Beschwerden behandelt die ASA grundsätzlich nicht.1316 Die ASA erhebt für die Bearbeitung der Beschwerde keine Gebühr.1317 Erhält die ASA eine Beschwerde, setzt sie den Beschwerdeführer davon in Kenntnis und entscheidet, ob sie diese weiterverfolgen soll.1318 Eine weitere Untersuchung erfolgt in der Praxis nur in einer Minderheit der Fälle. So wurden 2002 nur 3.968 Beschwerden weiterverfolgt.1319 In den übrigen Fällen lag nach Meinung des gemeinsamen Sekretariats entweder offenkundig kein Verstoß vor1320, die Beschwerde betraf eine Werbung außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der ASA1321, war nicht begründet1322 oder wurde vom Beschwerdeführer zurückgezogen1323. Ferner besteht die Möglichkeit, dass bei nur geringen Verstößen ein informelles Verfahren angewendet wird, in dessen Rahmen sich der Werbende bereit erklärt die notwendigen Änderungen vorzunehmen.1324 Entscheidet sich die ASA für die förmliche Untersuchung eines Falls, setzt sie den Beschwerdeführer davon in Kenntnis und fordert den Werbenden zu einer schriftlichen1325 Stellungnahme auf.1326 Letzterer trägt die Beweislast für die Wahrheit seiner Werbebehauptung und hat die ent1310 1311 1312 1313 1314 1315 1316 1317 1318 1319 1320 1321 1322 1323 1324 1325 1326 ASA (Fußn.1304), S. 10. Clause 60.30 BCAP. Clause 60.28 BCAP, ASA (Fußn. 1304), S. 10. Clause 60.28 BCAP. Clause 60.28 BCAP. Clause 60.29 BCAP. Brandmair (Fußn. 1266), S. 78. Clause 60.28 BCAP. Crown (Fußn. 512), S. 475. ASA (Fußn. 1304), S. 10. 3.489 Fälle, ASA (Fußn. 1304), S. 10. 2.223 Fälle, ASA (Fußn. 1304), S. 10. 2.018 Fälle, ASA (Fußn. 1304), S. 10. 1.679 Fälle, ASA (Fußn. 1304), S. 10. 2002 geschah dies in 767 Fällen, ASA (Fußn. 1304), S. 10. Clause 60.37 BCAP. Crown (Fußn. 512), S. 475. 166 sprechenden Beweise der ASA nach Aufforderung unverzüglich, d. h. je nach Komplexität des Falles innerhalb von 2 bis 5 Tagen1327, vorzulegen.1328 Das gemeinsame Sekretariat erarbeitet für den ASA Council einen Entscheidungsvorschlag. Dabei berücksichtigt es zum einen die Stellungnahme des Werbenden, zum anderen zieht es gegebenenfalls auch externe Sachverständige zu Rate.1329 Der Entscheidungsvorschlag kann auf Antrag des Sekretariats oder des Beschwerten von dem zuständigen CAP Panel überarbeitet werden, bevor er dem ASA Council zugeleitet wird.1330 Dieses entscheidet sodann über die Beschwerde, ohne dabei an den Entscheidungsvorschlag gebunden zu sein.1331 Sein Urteil lautet entweder „Beschwerde aufrechterhalten“1332 oder „Beschwerde nicht aufrechterhalten“1333. In Ausnahmefällen stellt es fest, dass eine Beschwerde nicht begründet war. Die Entscheidungen der ASA enthalten grundsätzlich den Namen des Werbenden, eine Schilderung des Sachverhalts, eine Zusammenfassung der Stellungnahme von Beschwerdeführer und Werbenden sowie die Entscheidung der ASA. Diese beinhaltet grundsätzlich auch eine Aufforderung an den Werbenden, die Werbung in einer bestimmten Art und Weise zu ändern oder zukünftig zu unterlassen. Eine Begründung für ihre Entscheidung liefert die ASA zumeist jedoch nicht. Sind nur kleinere Modifikationen der Werbung nötig, enden Verfahren auch teilweise auf informelle Weise ohne Veröffentlichung einer Entscheidung.1334 Entschließt sich die ASA, eine Untersuchung einzuleiten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die betreffende Werbemaßnahme auch vom ASA Council beanstandet wird. So wurden 2002 knapp zwei Drittel der untersuchten Beschwerden aufrechterhalten, während der Rest je zur Hälfte entweder nicht aufrechterhalten oder informell erledigt wurde.1335 Seit 1999 besteht sowohl für den Beschwerdeführer als auch für den Beschwerten die Möglichkeit, die Entscheidung der ASA, einschließlich der Entscheidung, keine Untersuchung durchzuführen, durch einen unabhängigen Revisor überprüfen zu lassen.1336 Entsprechende Anträge haben innerhalb einer Frist von 21 Tagen seit der Benachrichtigung seitens der ASA von der Entscheidung zu erfolgen. Sie sind zu begründen.1337 Es sind insoweit nur zwei Begründungen statthaft: Zum einen das Vorliegen zusätzlicher Beweise, wobei der Beschwerte darlegen muss, 1327 Crawford [1998] CPR 132 (134). Clause 3.1 BCAP. 1329 Clause 60.34 BCAP, Crown (Fußn. 512), S. 476. 1330 Clause 60.34 BCAP, Crown (Fußn. 512), S. 476. 1331 Clauses 60.19 und 60.34 BCAP. 1332 „Complaint upheld“. 1333 „Complaint not upheld“. 1334 Clause 60.33 BCAP. 1335 ASA (Fußn. 1304), S. 10, konkret wurden 2.536 Fälle aufrechterhalten, 665 nicht aufrechterhalten und 767 informell gelöst. 1336 Scott/Black (Fußn. 1271), S. 57. 1337 Clause 60.38 BCAP. 1328 167 warum er diese nicht früher vorlegen konnte, zum anderen ein erheblicher Mangel entweder in der Entscheidung des ASA Council oder dem Verfahren.1338 Die Veröffentlichung der Entscheidung der ASA wird während des Überprüfungsverfahrens grundsätzlich nicht aufgeschoben.1339 Bei seiner Tätigkeit wird der unabhängige Revisor von den Vorsitzenden des ASA Council und des ASBOF unterstützt.1340 In seiner Entscheidung kann er entweder den Antrag als unzulässig zurückweisen, die ursprüngliche Entscheidung aufrechterhalten oder dem ASA Council den Fall zur erneuten Entscheidung zusammen mit einer Empfehlung vorlegen.1341 Dieses ist bei seiner abschließenden Beurteilung des Falles jedoch nicht an diese Empfehlung gebunden.1342 Die Anzahl der Überprüfungsverfahren ist seit dessen Einführung sehr gering. So wurden 2002 38 Anträge auf Überprüfung gestellt, wovon 25 zugelassen wurden. Von diesen 25 legte der unabhängige Revisor 17 dem ASA Council zur erneuten Beurteilung vor. Dieses änderte seine Entscheidung in 13 Fällen, wobei in 9 Fällen nur der Wortlaut und lediglich in 4 Fällen die eigentliche Beurteilung geändert wurden.1343 IV. Sanktionen bei Verstößen gegen den Code Sanktionen können gegen einen Werbenden nicht nur verhängt werden, wenn der ASA Council entscheidet, dass eine Werbung gegen den BCAP verstößt, sondern auch dann, wenn von ASA oder CAP im Vorfeld Maßnahmen zur einstweiligen Verhinderung einer Reklame ergriffen werden.1344 Die Hauptsanktion, derer sich ASA und CAP grundsätzlich bedienen, ist die negative Publicity, die eine Entscheidung der ASA mit sich bringt. Alle Entscheidungen des ASA Council werden daher sowohl auf der Homepage der ASA als auch in der von der ASA herausgegebenen Zeitschrift „ASA Monthly Report“ veröffentlicht. Darüber hinaus informiert die ASA Interessenten auch mittels Newsletter.1345 Teilweise werden die Entscheidungen der ASA auch von nationalen, regionalen oder lokalen Medien aufgegriffen.1346 In seltenen Fällen können einem Unternehmer von seinem Fachverband auch bestimmte Privilegien entzogen oder suspendiert werden, die dieser aufgrund seiner Mitgliedschaft genießt. So 1338 1339 1340 1341 1342 1343 1344 1345 1346 Clause 60.38 BCAP. Clause 60.38 BCAP. Clause 60.38 BCAP. Clause 60.38 BCAP, ASA (Fußn. 1304), S. 14. Clause 60.38 BCAP. ASA (Fußn. 1304), S. 14. Clause 61.3 BCAP, siehe auch oben: 3. Teil: 2. Kapitel:B.II.3 und 4. Clause 61.4 BCAP. Parry [2000] CLJ 137 (146). 168 können z. B. im Fall von Postwurfsendungen dem Unternehmer bestimmte günstige Tarife seitens der Post vorenthalten werden.1347 In extremen Ausnahmenfällen kann ein Gewerbetreibender auch durch seinen Fachverband ausgeschlossen werden.1348 Im Falle von Plakatwerbung besteht ferner seit Juni 1998 die Möglichkeit, dem Unternehmer aufzuerlegen, für einen gewissen Zeitraum, in der Regel zwei Jahre, alle Werbeplakat vor Veröffentlichung dem CAP Copy Advice Team vorzulegen. Diese Alternative existiert jedoch nur, wenn die ASA ein Werbeplakat als anstößig oder sozial unverantwortlich beanstandet hat.1349 Darüber hinaus muss das CAP überzeugt sein, dass der Werbende entweder nicht fähig oder willens ist, den BCAP einzuhalten. Insbesondere fallen darunter die Konstellationen, in denen es dem Unternehmer gezielt darauf ankommt, in der Öffentlichkeit Anstoß zu erregen und dadurch seinen Bekanntheitsgrad zu steigern.1350 Als ultimative Sanktion kann die ASA schließlich Unternehmer, die gegen das Verbot der irreführenden Werbung verstoßen, an das OFT melden, damit dieses nach den CMAR gegen diesen vorgeht.1351 In der Praxis ist der weit überwiegende Teil der Unternehmer bereit, eine beanstandete Werbung entsprechend dem Urteil der ASA oder des CAP zu ändern oder zu unterlassen. Nur wenn der Gewerbetreibende nicht bereit ist, schriftlich zu versichern, in Zukunft die Werbung zu unterlassen oder entsprechend abzuändern, werden in der Regel zusätzliche Maßnahmen ergriffen.1352 2002 kam es dazu in nur 23 Fällen und damit in weniger als 1% der Fälle, in denen sich Unternehmer weigerten, Entscheidungen des ASA Council zu befolgen. Eindeutig höher lag diese Quote dagegen bei Maßnahmen zur vorläufigen Verhinderung einer Werbung. Dort waren 12% der Unternehmer nicht bereit zu kooperieren.1353 V. Gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen der Advertising Standards Authority Sowohl die Entscheidungen der ASA als auch des CAP sind gerichtlich überprüfbar. Für Erstere wurde dies in dem Verfahren „R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte The Insurance Service plc”1354 festgestellt. Inhaltlich ging es dabei um die Werbung eines KfzVersicherers mittels Flugblättern, in denen dieser damit warb, den Kunden günstigere Preise 1347 1348 1349 1350 1351 1352 1353 1354 Clause 61.7 BCAP, Parry [2000] CLJ 137 (148). Clause 61.7 BCAP. Clause 61.9 BCAP, Crown (Fußn. 512), S. 477. Clause 61.9 BCAP. Siehe unten: 3. Teil: 2. Kapitel:D. Siehe: ASA (Fußn. 1304), S. 13. ASA (Fußn. 1304), S. 13. [1989] Admin LR 77. 169 bieten zu können, da er seine Versicherungen ohne Mittelsmänner vertreibe und daher keine Provisionen anfielen. Nach einer Verbraucherbeschwerde teilte er dem ASA Sekretariat mit, das Tankstellen eine geringe Gebühr erhielten, wenn eine Kundenanfrage aus einem von diesen verteilten Flugblättern resultiere. In seinem Bericht schlug das Sekretariat daraufhin vor, die Beschwerde aufrechtzuerhalten, da der Versicherer zugestanden hätte, dass zu einem geringen Teil Verkäufe durch Tankstellen gemacht würden, die dafür eine Provision erhielten. Der ASA Council erhielt daraufhin die Beschwerde aufrecht. Durch seine Klage begehrte der Versicherer nun die Aufhebung dieser Entscheidung. In seinem Urteil erörtert der High Court sowohl die Frage der gerichtlichen Überprüfbarkeit von Entscheidungen der ASA als auch die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Entscheidung. Zuerst stellt er dabei die gerichtliche Überprüfbarkeit von ASA-Entscheidungen fest. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht, indem es Parallelen zur gerichtlichen Überprüfbarkeit von Entscheidungen des Take-over Panels zieht. Bei diesem handelt es sich ebenfalls um ein Organ, das Entscheidungen im Rahmen eines Systems der freiwilligen Selbstkontrolle trifft, wobei deren gerichtliche Überprüfbarkeit zuvor bereits festgestellt worden war. Ebenso wie dieses, so Glidewell LJ, hätte die ASA keine Befugnisse aufgrund Gesetzes, Common Law oder Vertrag. Trotzdem übe sie eindeutig eine öffentliche Funktion aus, die, existierte die ASA nicht, zweifelsohne der DGFT wahrnähme. Daher seien ihre Entscheidungen auch gerichtlich überprüfbar.1355 Sodann wendet sich das Gericht der streitgegenständlichen Entscheidung zu. Diese hebt es auf, da der ASA Council seine Pflichten nur wahrnehmen könne, wenn es korrekt über die ermittelten Tatsachen informiert werde. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Gleichwohl beanstandet das Gericht die grundsätzliche Ausgestaltung des Verfahrens nicht, sondern bezeichnet dieses als durchweg geeignet und zufrieden stellend.1356 Weiter präzisiert wird die Frage der gerichtlichen Überprüfbarkeit von ASA-Entscheidungen in dem Verfahren „R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte DSG Retail Ltd“1357. Popplewell J führt darin aus, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, die Entscheidung der ASA durch seine zu ersetzen. Nur wenn diese auf irrationalen Erwägungen beruhe, gesetzeswidrig oder mit Verfahrensmängeln behaftet sei, werde dieses eingreifen. Könne eine Werbung dagegen auf verschiedene Weise interpretiert werden, werde das Gericht, nur weil auch eine andere Ansicht vertretbar sei, sich solange nicht einschalten wie sich die Entscheidung der ASA nicht als offenkundig fehlerhaft erweist.1358 Eine unbeständige Entscheidungspraxis der ASA 1355 R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte The Insurance Service plc [1989] Admin LR 77 (86). R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte The Insurance Service plc [1989] Admin LR 77 (92). 1357 4 December 1996, unreported, Lexis-Nexis Transcript. 1358 R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte DSG Retail Ltd, 4 December 1996, unreported, LexisNexis Transcript, S. 2, ebenso zur Frage, ob eine Entscheidung der ASA, in der diese den Charakter eines Artikels 1356 • 170 führt nach seiner Ansicht nur zur Aufhebung einer Entscheidung, wenn diese aus irrationalen Erwägungen resultiert.1359 Vereinzelt versuchten Unternehmen, Entscheidungen der ASA dadurch zu kippen, dass sie sich auf ihre Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 10 EMRK beriefen. Diese Versuche verliefen ausnahmslos erfolglos. Abweichungen gab es insofern nur in der Begründung, nicht im Ergebnis. So urteilte der High Court in „R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte City Trading Ltd“1360, dass die ASA bei ihrer Urteilsfindung Art. 10 EMRK nicht zu berücksichtigen hat, insbesondere eine Werbung nicht nur aus dringenden gesellschaftlichen Gründen untersagen darf. Dagegen meint der Administrative Court, dass es sich bei dem BCAP um eine vom Gesetz vorgesehene Einschränkung der Meinungsfreiheit i.S.v. Art 10 II EMRK handelt.1361 Der Code werde subsidiär von gesetzlichen Regelungen gestützt und sei einfach erhältlich. Wenn er nicht existieren würde, könnte der DGFT direkt nach den CMAR vorgehen, obwohl diese weniger konkret seien, als die ausführlichen Vorschriften des Codes. Jeder Unternehmer könne einfach in Erfahrung bringen, wie er seine Werbung gestalten müsse, damit diese nicht die Regelungen des BCAP verletzt und er werde sich ebenso über die Konsequenzen einer Zuwiderhandlung im Klaren sein.1362 Neben der gerichtlichen Überprüfung von ASA-Entscheidungen versuchten teilweise Unternehmer mit wechselndem Erfolg durch einstweiligen Rechtsschutz deren Veröffentlichung zu verhindern. Negativ endete für die Antragstellerin insofern das Verfahren „R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte Vernons Organisation Ltd“1363. Das Gericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung ab, da es der Meinung war, es handle sich bei den Entscheidungen der ASA lediglich um Meinungsäußerungen. Diese dürften nach allgemeinen Grundsätzen von den Gerichten nur in dringenden Fällen beschränkt werden. Solche dringenden Gründe sah es vorliegend als nicht gegeben an.1364 Durch die Veröffentlichung der Entscheidung werde die Antragstellerin nicht in einer so irreparablen Art und Weise geschädigt, die die Annahme von dringenden Gründen rechtfertige. Selbst wenn die Entscheidung als Werbung feststellt, gerichtlich überprüfbar ist: R v. Advertising Standards Ltd, ex parte Charles Robertson (Developments) Ltd [2000] EMLR 463 (476). 1359 R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte DSG Retail Ltd, 4 December 1996, unreported, LexisNexis Transcript, S. 11. 1360 R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte City Trading Ltd,1 November 1996, Lexis-Nexis Transcript, S. 6. 1361 R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte Matthias Rath BV [2001] EMLR 581 (595), R (on the Application of SmithKline Beecham plc) v. Advertising Standards Authority Ltd [2001] EMLR 598 (609). 1362 R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte Matthias Rath BV [2001] EMLR 581 (595). 1363 [1993] 2 All ER 202. 1364 R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte Vernons Organisation Ltd [1993] 2 All ER 202 (205 f.). 171 später gerichtlich aufgehoben würde, hätte der Antragsteller noch weit reichende Möglichkeiten, die dadurch entstandene negative Publicity zu korrigieren.1365 Eine Unterlassungsverfügung gewährte dagegen das Gericht in dem Fall „R v. Advertising Standards Authority, ex parte Directed Line Financial Services Ltd“1366. Es bestreitet, dass es sich bei den Entscheidungen der ASA um „normale“ Meinungsäußerungen handelt. Vielmehr nehme diese insofern eine gerichtsähnliche Funktion war. Popplewell J verwirft daher den Ansatzpunkt, dass Meinungsäußerungen nur in dringenden Fällen gerichtlich beschnitten werden dürften, sondern fällt sein Urteil aufgrund einer Interessenabwägung. Danach überwiegen die Interessen der Antragstellerin. Deren potentieller Schaden sei im Gegensatz zum Schaden der ASA nur schwer quantifizierbar, weshalb sie nicht ausreichend entschädigt werden könne.1367 Neben Entscheidungen der ASA wurden schließlich auch solche des CAP für gerichtlich überprüfbar erklärt. Es existiert insoweit jedoch nur ein Urteil, in dem der Kläger gegen eine Entscheidung des CAP Copy Panel1368 vorging, in der dieses die Unvereinbarkeit einer Werbung mit dem BCAP konstatierte. Der High Court stellte fest, dass Entscheidungen des CAP grundsätzlich gerichtlich überprüfbar seien, lehnte es im Übrigen aber aus Zuständigkeitsüberlegungen heraus ab, über die konkrete Entscheidung zu urteilen.1369 VI. Die Bewertung des Systems in der Literatur In der Literatur erfährt das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle sowohl Zustimmung als auch Kritik. Während besonders Vertreter der Werbeindustrie und der ASA die Vorzüge des Systems betonen, äußern vor allem Verbraucherorganisationen nahe stehende Kommentatoren Kritik und mahnen Verbesserungen an. Ein Teil der Autoren sowie Regierungsorganisationen vertreten schließlich eine differenzierende Auffassung. Als Hauptvorteil des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle gegenüber einem auf gesetzlichen Regelungen basierenden Systems wird dessen größere Flexibilität angeführt. Diese ergebe sich zum einen daraus, dass im Rahmen der freiwilligen Selbstkontrolle schnell auf gesellschaftliche Entwicklungen reagiert werden könne, während für eine entsprechende Gesetzgebung ein langsames und mühevolles Verfahren notwendig wäre.1370 Zum anderen könnten im Rahmen des 1365 R v. Advertising Standards Authority Ltd, ex parte Vernons Organisation Ltd [1993] 2 All ER 202 (206). 8 August 1997, unreported, Lexis-Nexis Transcript. 1367 R v. Advertising Standards Authority, ex parte Directed Line Financial Services Ltd, 8 August 1997, unreported, Lexis-Nexis Transcript, S. 4. 1368 Nunmehr Copy Advice Team. 1369 R v. Committee of Advertising Practice, ex parte The Bradford Exchange Ltd, 31 July 1990, Lexis-Nexis Transcript, S. 4. 1370 Dworkin [1979] EIPR 41 (44), AA, Advertising Association Executive Brief – Advertising Self-Regulation, 1366 172 BCAP ungenauere Kriterien verwandt werden.1371 Auch sei im Gegensatz zu gesetzlichen Regelungen eine teleologische Auslegung möglich, so dass keine Regelungslücken entstünden.1372 Als weiterer Vorteil wird ferner die umgekehrte Beweislast betrachtet, die im Strafprozess gegen die Unschuldsvermutung verstoßen würde.1373 Ferner arbeite das System höchst kosteneffizient, finanziere sich selbst und benötige daher keine öffentliche Gelder.1374 Darüber hinaus seien Verfahren der freiwilligen Selbstkontrolle im Allgemeinen schneller als gerichtliche Verfahren.1375 Zusammenfassend wird das System als sehr effizient betrachtet. Es sei innerhalb der Werbeindustrie allgemein anerkannt1376, fördere deren Kooperation und nicht deren Widerstand1377 und erziele so eine hohe Einhaltung des BCAP1378. Entgegen diesem Befund bemängeln Kritiker die Unzulänglichkeit der existierenden Sanktionen. So entfalte die negative Publicity einer ASA-Entscheidung bei denjenigen Unternehmen keine Abschreckungswirkung, die es, wie z. B. Benetton, gezielt darauf anlegten, durch ihre Werbekampagnen Teil der öffentlichen Diskussion zu werden.1379 Auch bei großen und mächtigen Unternehmen versage diese Sanktion, da diese mittels ihrer Werbekampagnen eine derart hohe Öffentlichkeitswirkung erzielen könnten, die von einer Entscheidung der ASA nicht konterkariert werden könne.1380 Zudem könne die ASA nicht kontrollieren, welche Aufmerksamkeit ihre Entscheidungen erzielen.1381 Negative Publicity sei daher eine unzuverlässige Sanktion. In einem Großteil der Fälle hätte die Öffentlichkeit keine Kenntnis von entsprechenden Entscheidungen. Die Unternehmer überstünden folglich die Verfahren weitgehend unbeschadet, während den Verbrauchern das zu ihrem Schutz nötige Wissen fehle.1382 Kritisiert wird ferner, dass auch die Verweigerung von Werbeflächen nicht immer zuverlässig und schnell funktioniere. So hätten Magazine längere Vorlaufzeiten, so dass Anzeigen nicht in letzter Minute herausgenommen werden könnten.1383 Ebenso sei diese Sanktion bei Werbeformen, die nicht auf die Updated November 2002, S. 6, Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics 143 (153), Crawford [1998] CPR 132 (135). 1371 Dworkin [1979] EIPR 41 (44). 1372 Crawford [1998] CPR 132 (136). 1373 Ohly (Fußn. 476), S. 58 f., AA (Fußn. 1370), S. 6, Crawford [1998] CPR 132 (136). 1374 Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics 143 (153), AA (Fußn. 1370), S. 6, Boddewyn (Fußn. 1288), S. 288, Crawford [1998] CPR 132 (135 f.), Ohly (Fußn. 476), S. 58, Parry [2000] CLJ 137 (158). 1375 Ohly (Fußn. 476), S. 58, AA (Fußn. 1370), S. 6, Crawford [1998] CPR 132 (134), FitzGerald [1997] EIPR 709 (713). 1376 Parry [2000] CLJ 137 (158). 1377 Parry [2000] CLJ 137 (158), AA (Fußn. 1370), S. 6, ähnlich Drumalbyn [1974] Advertising Quarterly No. 41, S. 4. 1378 Boddewyn (Fußn. 1288), S. 288, Crawford [1998] CPR 132 (133). 1379 Middleton/Rodwell [1998] CPR 88, Parry [2000] CLJ 137 (147). 1380 Gitter [1996] CPR 202 (204). 1381 Parry [2000] CLJ 137 (147), ähnlich Middleton/Rodwell [1998] CPR 88. 1382 Parry [2000] CLJ 137 (147). 1383 OFT (Fußn. 1274), S. 40, Parry [2000] CLJ 137 (148). 173 Unterstützung der Medien angewiesen sind, wie Flugblattwerbung, Postwurfsendungen oder Werbung am Point of Sale, wirkungslos.1384 Darüber hinaus bestehe das Problem, dass die Entscheidung der ASA zu einem Zeitpunkt ergehen kann, zu dem keine weiteren Publikationen mehr geplant sind.1385 Von der Möglichkeit, Unternehmen an das OFT zu melden, werde des Weiteren nur selten Gebrauch gemacht und könne dies mitunter ein langsames Verfahren sein.1386 Bemängelt wird schließlich noch, dass das System geschädigten Verbrauchern keine Entschädigungsmöglichkeit bietet.1387 Kritisiert wird des Weiteren die Ungeeignetheit des Beschwerdeverfahrens zur Aufdeckung von Verstößen. Der Großteil der Beschwerden stamme von Verbrauchern. Diese hätten aber weder die entsprechende Kenntnis von den Regelungen des BCAP noch seien sie willens, sich in großem Umfang zu beschweren.1388 Teilweise wüssten sie auch nicht bei welcher Stelle sie sich beschweren könnten oder es sei ihnen zu mühsam, eine schriftliche Beschwerde zu verfassen.1389 Von dem Teil der Verbraucher, die sich schließlich beschweren würden, sei mehr als die Hälfte unzufrieden wie ihre Beschwerde behandelt würde.1390 Weiterhin wird das Verfahren als zu intransparent beanstandet. Beschwerdeführer hätten keine Möglichkeit, auf die Verteidigung des Unternehmers zu erwidern. Auch würden die Namen der hinzugezogenen Sachverständigen nicht veröffentlicht, weshalb deren Unabhängigkeit nicht überprüft werden könne.1391 Ferner wird das Verfahren als oftmals zu langsam bemängelt.1392 Häufig seien Werbekampagnen daher schon abgeschlossen, bevor eine Entscheidung der ASA ergehe.1393 Weiterhin wird die Entscheidungspraxis der ASA als unbeständig kritisiert. Dies führe sowohl zu Ungerechtigkeiten als auch zu einem Mangel an Klarheit, wie die ASA die einzelnen Regelungen des BCAP interpretiere.1394 Schließlich wird beanstandet, dass die Verbraucher kein Mitspracherecht bei der Aufstellung des BCAP hätten, sondern ausschließlich Vertreter der Industrie über diesen entscheiden.1395 1384 OFT (Fußn. 1274), S. 40, Parry [2000] CLJ 137 (148). Middleton/Rodwell [1998] CPR 88, Parry [2000] CLJ 137 (148). 1386 Middleton/Rodwell [1998] CPR 88. 1387 FitzGerald [1997] EIPR 709 (714), Scott/Black (Fußn. 1271), S. 59. 1388 Locke [1994] CPR (111) 114, Parry [2000] CLJ 137 (141), Scott/Black (Fußn. 1271), S. 59. 1389 Parry [2000] CLJ 137 (140 f.). 1390 Locke [1994] CPR 111 (114), nach den neusten Zahlen der ASA (Fußn. 1304), S. 5 beträgt die Zahl der zufriedenen oder sehr zufriedenen Beschwerdeführer 54%. 1391 Locke [1994] CPR 111 (114 f.), Middleton/Rodwell [1998] CPR 88 (89). 1392 OFT (Fußn. 1274), S. ii, 32 ff., Middleton/Rodwell [1998] CPR 88, Parry [2000] CLJ 137 (142), die diesbezügliche Kritik des OFT mag heute insoweit nicht mehr zutreffend sein, da zur Zeit dessen Untersuchung Verfahren sich teilweise über 2 – 4 Monate hinzogen, während nach aktuellen Zahlen der ASA (Fußn. 1304), S. 5 die durchschnittliche Verfahrensdauer 27 Tage beträgt. 1393 Parry [2000] CLJ 137 (142). 1394 Whybrow [1998] 10 PLC 29 (31). 1395 Cornish GRUR Int. 1973, 679 (686), Locke [1994] CPR 111 (112 f.), Middleton/Rodwell [1998] CPR 88 (89), Ohly (Fußn. 476), S. 59. 1385 • 174 Zur Verbesserung des Systems schlagen dessen Kritiker die Schaffung neuer Sanktionen, insbesondere die Einführung von Bußgeldern und die Pflicht zu berichtigender Werbung vor.1396 Darüber hinaus wird mehr Vorkontrolle von Werbung, insbesondere von großen Unternehmen angeregt.1397 Schließlich fordern sie eine größere Verbraucherbeteiligung bei Erstellung des Codes1398 sowie die Möglichkeit von telefonischen Beschwerden1399. Gegen diese Vorschläge werden vor allem aus Reihen der Werbeindustrie Bedenken vorgebracht. So wird eine Pflicht zur berichtigenden Werbung als ineffektiv betrachtet, weil nicht jeder getäuschte Verbraucher von dieser erreicht werden könne.1400 Auch sei fraglich, wie diese Sanktion bei nicht kooperationsbereiten Unternehmer durchgesetzt werden solle.1401 Des Weiteren werden auch Geldstrafen als ungeeignete Sanktion betrachtet. Diese seien bei Strafprozessen so niedrig, dass sie keine Wirkung auf Gewerbetreibende hätten. Es sei aber kaum möglich, im Rahmen eines freiwilligen Systems höhere Strafen als von Gesetzes wegen zu verhängen.1402 Eine generelle Vorkontrolle von Werbung wird als praktisch nicht machbar abgelehnt.1403 Gegen den Vorschlag, Verbraucher beim Erlass des BCAP miteinzubeziehen, wird schließlich vorgebracht, dass eine Beteiligung der Verbraucher am CAP dem Konzept der freiwilligen Selbstkontrolle zuwider laufe.1404 C. Die Unterbindung verbraucherschädlichen Verhaltens durch den Fair Trading Act 1973 und den Enterprise Act 2002 Dem OFT kommt bei der Verhinderung und Bekämpfung verbraucherfeindlicher Geschäftspraktiken eine zentrale Rolle zu. Dessen Leiter, der DGFT, bezog ursprünglich seine Befugnisse aus dem FTA. Durch die gerade erst in Kraft getretenen Bestimmungen des EA wurden jedoch weite Teile des FTA ersetzt. Die Neuerungen tangieren dabei sowohl die Organisation des OFT als auch das Verfahren bei Verstößen gegen Verbraucherschutzbestimmungen. Gemeinsam ist beiden Gesetzen dagegen, dass sie keinerlei materiell-rechtliche Verbote enthalten. Im Folgenden werden zuerst die Regelungen des FTA erörtert. Dabei wird einleitend auf das Amt des DGFT eingegangen. Sodann wird das Verfahren und die Sanktionen dargestellt. Zu1396 OFT (Fußn. 1274), S. 41, Gitter [1996] CPR 202 (204), Locke [1994] CPR 111 (115), Middleton/Rodwell [1998] CPR 88. 1397 OFT (Fußn. 1274), S. 37. 1398 Locke [1994] CPR 111 (112 f.), Middleton/Rodwell [1998] CPR 88 (89). 1399 Parry [2000] CLJ 137 (140), allgemein für einfachere Beschwerdemöglichkeiten Middleton/Rodwell [1998] CPR 88. 1400 Crawford [1998] CPR 132 (134), Parry [2000] CLJ 137 (154). 1401 Parry [2000] CLJ 137 (153). 1402 Crawford [1998] CPR 132 (134), Parry [2000] CLJ 137 (151). 1403 AA (Fußn. 1370), S. 4. 1404 Parry [2000] CLJ 137 (140). 175 letzt werden die Gründe für eine notwendige Reform aufgedeckt. Im Anschluss daran werden die Bestimmungen des EA näher erörtert. Dabei wird zum einen auf die neue Organisation des OFT, zum anderen auf das neue Verfahren eingegangen. I. Der Fair Trading Act 1973 1. Der Director General of Fair Trading Die Position eines DGFT wurde durch den FTA neu geschaffen. Sec. 1 (1) FTA bestimmt insoweit, dass zur Wahrnehmung der Aufgaben nach dem FTA ein Beamter als Director General of Fair Trading durch einen Minister zu ernennen ist.1405 Zuständiger Minister ist der Handelsund Wirtschaftsminister.1406 Die Ernennung eines DGFT soll nicht für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren erfolgen, wobei eine Wiederernennung nach fünf Jahren möglich ist.1407 Die Wiederernennung eines DGFT ist auch durchaus üblich, so dass es beispielsweise Lord Borrie auf eine Amtszeit von 16 Jahren brachte. Zur Zeit ist mit John Vickers der fünfte DGFT im Amt.1408 Dem DGFT obliegen nach dem FTA nicht nur Aufgaben im Bereich des Verbraucherschutzes, sondern auch im Gebiet des Kartellrechts. Diese Zweiteilung des Aufgabenbereichs des DGFT erklärte der 1973 zuständig Handels- und Verbraucherminister damit, dass sowohl fairer Wettbewerb als auch Verbraucherschutz wesentlicher Bestandteil der Marktwirtschaft seien und Wettbewerbspolitik deshalb das Ganze zu umfassen habe.1409 Zur Unterstützung bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben kann der DGFT nach Sec. 1 (5) FTA geeignetes Personal – mittlerweile fast 500 Personen1410 – anstellen. Zusammen mit diesem bildet der DGFT das OFT. Dieses wird im FTA weder erwähnt noch verleiht dieser ihm irgendeinen rechtlichen Status.1411 Das OFT ist eine Regierungsbehörde und finanziert sich durch das Handelsministerium.1412 Jedoch kann der Handelsminister dem DGFT nur allgemeine Weisungen erteilen.1413 Dem DGFT kommen nach dem FTA im Bereich des Verbraucherschutzes besonders zwei Aufgaben zu: Zum einen hat er die Geschäftspraktiken von Unternehmen in Großbritannien darauf1405 „The Secretary of State shall appoint an officer to be known as the Director General Fair Trading…for the purpose of performing the function assigned or transferred to the Director by or under this Act.” 1406 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 17.03. 1407 Sec. 1 (2) FTA. 1408 Zu den einzelnen DGFT siehe: Harvey/Parry (Fußn. 477), S. 347. 1409 848 HC Official Report (5th series) col 454. 1410 OFT, Annual Report 2001, annex staffing and support, S. 88. 1411 OFT, Overview of the Enterprise Act, 2003, Rn. 3.1. 1412 Harvey/Parry (Fußn. 477), S. 349. 1413 Sec. 12 FTA. 176 hin zu überwachen, ob diese die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher tangieren.1414 Zum anderen obliegt es ihm, Informationen über Geschäftspraktiken zu sammeln, die die Verbraucherbelange, gleichgültig welcher Art, negativ berühren.1415 Über diese zwei allgemeinen Aufgaben hinaus ist der DGFT aufgrund des FTA sowie einer Vielzahl weiterer Gesetze mittlerweile mit der Wahrnehmung vielschichtiger Aufgaben betraut.1416 Zur Erfüllung seiner Pflichten aus dem FTA stattet dieser den DGFT mit verschiedenen Befugnissen aus. So hat der DGFT eine Initiativbefugnis zum Erlass von Strafverordnungen1417, kann gegen einzelne Händler vorgehen, die ständig Verbraucherschutzgesetze verletzen1418, soll die Wirtschaftsverbände zum Erlass und zur Verbreitung freiwilliger Verhaltenskodizes anhalten1419 und hat die Möglichkeit, Verbraucher zu informieren und zu beraten1420. Nicht alle diese Befugnisse sind für die praktische Arbeit des DGFT jedoch von Bedeutung. So spielt der Erlass von Strafverordnungen nach Part II FTA in Wirklichkeit keine Rolle, da der DGFT seit 1973 nur 4 Mal den Erlass einer Strafverordnung angeregt hat, das letzte Mal 1976.1421 Von großer Bedeutung ist dagegen das Engagement des DGFT bei der Erstellung von Codes of Practice.1422 Insgesamt hat dieser bei der Erstellung von derzeit 49 Codes of Practice in den verschiedensten Bereichen mitgewirkt.1423 Eine der Hauptaufgaben des DGFT besteht darin, Verbraucher vor unfairen Geschäftspraktiken zu warnen und sie auf ihre Rechte hinzuweisen.1424 Zu diesem Zweck stellt das OFT auf seiner Homepage eine Vielzahl von Informationen zur Verfügung. Ferner informiert es zusammen mit anderen Organisationen und Behörden seit Herbst 2002 Verbraucher über einschlägige Gesetzgebung und Verfahren auf der „Consumer Regulations Website“1425. Darüber hinaus beantwortet das OFT auch individuelle Anfragen von Verbrauchern. 2001 waren dies über 80.000.1426 Schließlich informiert es die Verbraucher über bestimmte Themen mittels gezielter Medienkampagnen.1427 1414 Sec. 2 (1)(a) FTA. Sec. 2 (1)(b) FTA. 1416 Siehe hierzu: Harvey/Parry (Fußn. 477), S. 347 f. 1417 Part II FTA. 1418 Part III FTA, siehe dazu unten: 3. Teil: 2. Kapitel:C.I.2. 1419 Sec. 124 (3) FTA. 1420 Sec. 124 (1) FTA. 1421 Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 23. 1422 Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 25. 1423 Butterworths Trading and Consumer Law, Loseblattsammlung, 80. Ergänzungslieferung 2002, Division 1, Tz. 5065. 1424 OFT, Annual Report 2001, communicating, S. 74. 1425 www.crw.gov.uk. 1426 OFT (Fußn. 1424), S. 75. 1427 Zu Medienkampagnen im Jahr 2001 siehe OFT (Fußn. 1424), S. 74 f. 1415 177 Von eher geringer Bedeutung war in den vergangenen Jahren die Befugnis des DGFT nach Part III FTA, konkret gegen Unternehmen vorzugehen, die fortwährend gegen Verbraucherschutzbestimmungen verstoßen. So erhielt der DGFT 2000 gerade einmal von vier Unternehmen Unterlassungserklärungen.1428 Die Ineffizienz von Part III FTA war dementsprechend seit über einem Jahrzehnt Gegenstand von Diskussionen und Reformüberlegungen. Durch Part 8 EA sind diese Regelungen nunmehr suspendiert worden. Da die Erfahrungen aus Part III FTA maßgeblich die Ausgestaltung des EA beeinflusst haben, werden sie dennoch im Folgenden dargestellt. 2. Das Verfahren und die Sanktionen nach Part III Fair Trading Act 1973 Die Befugnis des DGFT, von Gewerbebetreibenden, die sich fortlaufend verbraucherschädlicher Geschäftspraktiken bedienen, eine Unterlassungserklärung einzufordern, ist in Sec. 34 FTA geregelt. Erforderlich ist danach zum einen, dass die Geschäftspraktiken des Unternehmers fortlaufend den Interessen der Verbraucher zuwiderlaufen, gleichgültig, ob dies wirtschaftliche Interessen oder Interessen der Gesundheit, Sicherheit oder anderer Art sind1429 und diese zusätzlich als unfair zu beurteilen sind1430. Das Tatbestandsmerkmal „fortlaufend“ ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Zu berücksichtigen ist bei seiner Feststellung die Anzahl der Verstöße im Verhältnis zur Unternehmensgröße1431, die Zeitspanne, in der der DGFT die diesbezüglichen Beschwerden erhalten hat sowie die Frage, ob der Gewerbetreibende vor Verwendung einer bestimmten Geschäftspraktik seitens eines Trading Standards Officers gewarnt worden war.1432 Die Hinweise, auf die der DGFT seine Beurteilung stützt, erhält er aus vielerlei Quellen, z. B. von Trading Standards Departments, Verbrauchern, Verbraucherorganisationen und Gerichten.1433 Besonders schwerwiegend sind insbesondere gerichtlich festgestellte Verstöße.1434 „Unfair“ sind solche Geschäftspraktiken, wenn sie gegen straf- oder zivilrechtliche Regelungen, insbesondere auch vertragliche Pflichten, verstoßen.1435 Eine gerichtliche Verurteilung braucht insoweit nicht erfolgt zu sein.1436 Liegen nach Ansicht des DGFT diese Voraussetzungen vor, soll er mit allen Anstrengungen darauf hinwirken, von dem Gewerbebetreibenden eine schriftliche Erklärung zu erhalten, in der dieser versichert, die beanstandeten Geschäftspraktiken zukünftig zu unterlassen.1437 Primär hat 1428 OFT, Annual Report 2000, S. 77. Sec. 34 (1)(a) FTA. 1430 Sec. 34 (1)(b) FTA. 1431 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 17.22, Cartwright (Fußn. 47), S. 198. 1432 Cartwright (Fußn. 47), S. 198. 1433 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 17.22. 1434 Lowe/Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 17.22. 1435 Secs. 34 (2) und (3) FTA, die meisten Fälle resultierten in der Praxis aus einer Verletzung zivilrechtlicher Pflichten, siehe: DTI, Reform of Part III of the Fair Trading Act 1973, 1st ed. 1994, S. 3. 1436 Secs. 34 (2) und (3) FTA. 1437 Sec. 34 (1) FTA. 1429 178 der DGFT diese Unterlassungserklärung auf außergerichtliche Weise zu erlangen, indem er den Gewerbetreibenden auffordert, eine schriftliche Unterlassungserklärung abzugeben. Kommt der Unternehmer dieser Aufforderung nach, wird diese durch den DGFT in seinem Jahresbericht, teilweise auch in weiteren Medien1438, veröffentlicht. Damit ist das Verfahren beendet. Verweigert der Gewerbetreibende jedoch die Abgabe der Erklärung oder handelt er einer abgegebenen Erklärung zuwider, kann der DGFT – und nur dieser1439 – versuchen, die erstrebte Unterlassungserklärung in einem Gerichtsverfahren zu erwirken.1440 Zuständig ist insoweit der Restrictive Practice Court1441, bei kleineren Unternehmen mit einem Aktienkapital bis zu ₤ 10.000 alternativ auch der örtlich zuständige County Court1442. In der Praxis werden fast alle Fälle vor den County Courts verhandelt.1443 Das Verfahren endet bei entsprechender Beweislage entweder damit, dass der Unternehmer die gewollte Unterlassungserklärung abgibt oder dass das Gericht ein entsprechendes Unterlassungsurteil erlässt.1444 Handelt der Beklagte einer dem Gericht gegenüber abgegebenen Unterlassungserklärung oder einem Unterlassungsurteil zuwider, macht er sich der Missachtung des Gerichts1445 schuldig.1446 Die möglichen Strafen, Exkulpationsmöglichkeiten und die Rechtsverfolgung entspricht dabei den Regelungen des TDA.1447 Auf obige Ausführungen1448 kann daher verwiesen werden. 3. Schwächen des Fair Trading Act 1973 So sehr der FTA bei seiner Einführung als Instrument des Verbraucherschutzes gefeiert wurde1449, so heftig wurde er seit Mitte der 80er Jahre kritisiert. Die Kritik erfolgte dabei insbesondere auch seitens des DGFT, der in seinen Jahresberichten1450 und anderen Dokumenten1451 immer wieder die Ineffizienz des FTA beklagte. Gegenstand der Kritik war dabei zum einen die Langwierigkeit des Verfahrens. Diese resultierte einerseits aus dem Umstand, dass es sich um einen „fortlaufenden“1452 Verstoß handeln 1438 Cartwright (Fußn. 47), S. 201. Oughton/Lowry (Fußn. 476), S. 32. 1440 Secs. 35, 36 (1) FTA. 1441 Sec. 35 FTA. 1442 Secs. 41 (1)(2) FTA. 1443 DTI (Fußn. 1435), S. 3. 1444 Sec. 37 (1) FTA. 1445 Contempt of court. 1446 Spokes v. Banburry Board of Health [1865 – 66] L.R.Eq. 42, Neath Canal Company v. Ynisarwed Resolven Colliery Company [1874 – 75] Ch.App. 450, Bratza/Padfield in: Halsbury´s Laws of England, 4th ed. 1998, Volume 9 (1), Tz. 472, 482. 1447 Lowe/ Woodroffe (Fußn. 500), Rn. 17.09. 1448 Siehe: 2. Teil: 2. Kapitel:B.II.1.a) sowie 3. Teil: 2. Kapitel:A.V.1. 1449 Siehe hierzu: DTI (Fußn. 1435), S. 3. 1450 OFT, Annual Report of the Director General of Fair Trading, 1st ed. 1993, S. 24, OFT, Annual Report of the Director General of Fair Trading, 1st ed. 1997, S. 27, OFT, Annual Report of the Director General of Fair Trading, 1st ed. 1999, S. 27. 1451 OFT, Trading Malpractices, 1st ed. 1990, S. 26 ff. 1452 Persistent. 1439 179 musste, andererseits aus der Ausgestaltung des Verfahrens. Um dem Unternehmer einen „fortlaufenden“ Verstoß nachzuweisen, musste das OFT über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren Beweise gegen ihn sammeln.1453 In dieser Zeitspanne mussten kleinere Gewerbetreibende 10 – 15 Verstöße begangen haben.1454 Hatte das OFT dann genügend Beweise gesammelt, musste der DGFT zuerst versuchen, auf außergerichtliche Weise eine Unterlassungserklärung des Unternehmers zu erhalten. In diesem Verfahrensstadium hatten Gewerbetreibende viele Möglichkeiten, das Verfahren durch Verhandlungen über die abzugebende Unterlassungserklärung oder durch schlichte Nichtbeantwortung von Schreiben des OFT hinauszuzögern.1455 Insgesamt führte dies zu langen, teils über mehrere Jahre dauernden, Verfahren, währenddessen die Unternehmer ungehindert mit ihrem verbraucherschädlichen Verhalten fortfahren konnten.1456 Bedauert wurde daher auch, dass der DGFT während dieser Zeit keine einstweilige Unterlassungsverfügung erwirken konnte.1457 Kam es dann endlich zu einem Gerichtsverfahren, waren die streitgegenständlichen Geschäftspraktiken oftmals nicht mehr aktuell.1458 Auch hatten Verbraucher aufgrund der langen Verfahrensdauer häufig das Interesse an dem Verfahren verloren und standen als Zeugen nicht mehr zur Verfügung oder konnten sich nicht mehr an den Vorgang erinnern.1459 Den Händlern andererseits fehlte aufgrund des ineffizienten Verfahrens jeglicher Anreiz, mit dem OFT zu kooperieren.1460 Weitere Beweisschwierigkeiten ergaben sich daraus, dass ein „fortwährender“ Verstoß nur bei einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhalten bejaht werden konnte.1461 Im Rahmen eines Gerichtsverfahrens musste das Gericht zudem nicht nur davon überzeugt sein, dass der Händler „fortwährend“ gegen das Gesetz verstoßen hatte, sondern auch, dass er wahrscheinlich in Zukunft sein Verhalten nicht ändern werde.1462 Kam es schließlich zu einem Verfahren wegen Missachtung des Gerichts, galten dafür die hohen strafrechtlichen Beweisanforderungen.1463 Kritisiert wurde ferner, dass „unfair“ nur ein Verhalten war, das gegen straf- oder zivilrechtliche Bestimmungen verstieß. So konnten zahlreiche Geschäftspraktiken, die zwar nicht gesetzeswidrig aber dennoch verbraucherschädlich waren, weil die Verbraucher etwa unter Druck 1453 1454 1455 1456 S. 200. 1457 1458 1459 1460 1461 1462 1463 OFT (Fußn. 1451), S. 31. OFT (Fußn. 1451), S. 30. NCC, Unfair Trading: Recommendations for the reform of the Fair Trading Act 1973, 1997, S. 23. Circus [1987] Bus. L.R. 26 (27), DTI (Fußn. 1435), S. 6, NCC (Fußn. 1455), S. 23, Cartwright (Fußn. 47), Circus (Fußn. 1161), S. 74. NCC (Fußn. 1455), S. 6. OFT (Fußn. 1451), S. 31, NCC (Fußn. 1455), S. 6. OFT (Fußn. 1451), S. 31, Cartwright (Fußn. 47), S. 200. OFT (Fußn. 1451), S. 30, NCC (Fußn. 1455), S. 6. Cartwright (Fußn. 47), S. 200. OFT (Fußn. 1451), S. 32, Cartwright (Fußn. 47), S. 200. 180 gesetzt wurden, nicht unterbunden werden.1464 Als Schwäche des FTA bemängelten Kritiker ferner, dass nur der DGFT, nicht aber lokale Behörden, entsprechende Verfahren einleiten konnten.1465 Dies war umso erstaunlicher, als dem DGFT die Mehrzahl der Verstöße von lokalen Trading Standards Departments angezeigt wurden1466 und auch nur von örtlich begrenzter Relevanz waren1467. Andererseits wurde bemängelte, dass das OFT keine Untersuchungsbefugnisse habe, daher auf die lokalen Trading Standards Departments angewiesen sei und dies zu einer Einschränkung seiner Handlungsfähigkeit führe.1468 Insgesamt wurde das Verfahren nach Part III FTA als wenig hilfreich für den Verbraucher kritisiert. Dieser hätte keinen Vorteil von einer Beschwerde, während Unternehmer wenig Schwierigkeiten hätten, ein eingeleitetes Verfahren in die Länge zu ziehen oder zum Stillstand zu bringen.1469 Das OFT bewertet die Effektivität des Verfahrens zusammenfassend als begrenzt.1470 II. Der Enterprise Act 2002 1. Die neue Organisation des Office of Fair Trading Durch den EA wurde die Organisation und teilweise auch die Aufgaben des OFT weitgehend reformiert. So verleiht der EA dem OFT den Status einer Körperschaft1471, die nunmehr an die Stelle des DGFT tritt1472. Es besteht aus einem Vorsitzenden und mindestens vier weiteren Mitgliedern, die durch den zuständigen Minister für höchsten fünf Jahre berufen werden.1473 Erster Vorsitzender des OFT ist der bisherige DGFT John Vickers. Des Weiteren beruft der zuständige Minister nach Beratung mit dem Vorsitzenden des OFT einen Generaldirektor, der nicht mit Letzterem identisch sein darf.1474 Grundsätzlich hat das OFT die gleichen Aufgaben und Befugnisse wie ehemals der DGFT.1475 Dennoch haben sich auch in diesem Bereich durch den EA Änderungen ergeben. So wurde das Verfahren nach Part II FTA abgeschafft.1476 Das Verfahren nach Part III FTA hat der Gesetzge1464 1465 1466 1467 1468 1469 1470 1471 1472 1473 1474 1475 1476 NCC (Fußn. 1455), S. 3, 7 ff., Cartwright (Fußn. 47), S. 204 f. OFT (Fußn. 1451), S. 34, Cartwright (Fußn. 47), S. 205, Ramsay (Fußn. 1210), S. 196. OFT (Fußn. 1451), S. 34. Cartwright (Fußn. 47), S. 205. OFT (Fußn. 1451), S. 35 f., DTI (Fußn. 1435), S. 4, Ramsay (Fußn. 1210), S. 195. NCC (Fußn. 1455), S. 2. OFT, Consumer Affairs Strategy, 1996, Rz. 7.15. Sec. 1 (1) EA. Sec. 2 (1) EA. Schedule 1 Secs. 1 (1), 3 (1) EA. Schedule 1 Secs. 5 (1) und (2) EA. Sec. 2 (1) EA. Sec. 10 EA. 181 ber durch ein neues Verfahren nach Part 8 EA ersetzt.1477 Darüber hinaus hat er zwei neue Verfahren zum Schutz des Verbrauchers geschaffen. So können Wirtschaftsverbände nunmehr ihre Codes of Practice vom OFT überprüfen und formell genehmigen lassen.1478 Verbrauchern soll dadurch die Möglichkeit verschafft werden, seriöse Unternehmen zu erkennen.1479 Letztere sollen durch den dadurch zu erreichenden Marketingvorteil zur freiwilligen Unterwerfung unter den jeweiligen Code of Practice animiert werden.1480 Des Weiteren hat der EA die Möglichkeit sog. „Super-complaints“ geschaffen.1481 Es handelt sich dabei um Beschwerden von bestimmten, ministeriell ernannter Verbrauchervereinigungen1482 über in einem bestimmten Markt verbreitete Geschäftspraktiken1483, die tatsächlich oder potentiell den Verbraucherinteressen zuwiderlaufen.1484 Geht eine solche Beschwerde beim OFT ein, hat es 90 Tage Zeit, um dem Beschwerdeführer zu antworten. In dem Antwortschreiben hat das OFT begründet auszuführen, ob es gegen die beanstandete Geschäftspraktik vorgehen und wenn ja, welche Maßnahmen es treffen wird.1485 Das OFT hat im Rahmen dieses Verfahrens jedoch keine zusätzlichen Befugnisse, sondern muss sich seiner herkömmlichen Möglichkeiten bedienen.1486 2. Das Verfahren nach Part 8 Enterprise Act 2002 Part 8 EA ist zum 20. Juni 2003 in Kraft getreten. Er installiert ein neuartiges Verfahren, das durch eine Stärkung der Befugnisse der Verfolgungsbehörden zu einem verbesserten und effektiveren Schutz der Verbraucher beitragen soll.1487 Ziel dieses Verfahrens ist es, entweder vom Unternehmer eine Unterlassungserklärung zu erhalten oder dessen Verurteilung zur Unterlassung zu erreichen. Der EA unterscheidet zwischen der Verletzung von britischen Gesetzen1488 und europäischen Richtlinien1489, wobei die CMAR 1988 unter beide Kategorien fallen1490. „Domestic infringement“ ist nach Sec. 211 (1) EA ein Tun oder Unterlassen einer Person zu Geschäftszwecken, 1477 Siehe unten: 3. Teil: 2. Kapitel:C.II.2. Sec. 8 (2) EA. 1479 DTI Press Notice – Enterprise Bill Receives Royal Assent, 8 November 2002. 1480 DTI (Fußn. 1479). 1481 Sec. 11 EA. 1482 Zu den Kriterien, die diese zu erfüllen haben siehe: Sec. 11 (6) EA sowie DTI, Consultation Paper Enterprise Act 2002: Designating Bodies to make Super-complaints, S. 6 ff. 1483 OFT (Fußn. 1411) , Rn. 8.1. 1484 Sec. 11 (1) EA. 1485 Secs. 11 (2) und (3) EA. 1486 OFT (Fußn. 1411), Rn. 8.4. 1487 Siehe: OFT, Enforcement of consumer protection legislation, 2003, Rn. 2.2 f. 1488 Sog. domestic infringement, Sec. 211 EA. 1489 Sog. community infringement, Sec. 212 EA. 1490 Siehe OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.17, 3.22. 1478 182 das die kollektiven Interessen der Verbraucher in Großbritannien verletzt und gewisse, nach Sec. 211 (2) EA spezifizierte, Voraussetzungen erfüllt.1491 Nach diesen Voraussetzungen ist nur die Verletzung von bestimmten, ministeriell bezeichneten Gesetzen vom EA erfasst. Zu diesen zählen u. a. der TDA, Part III des CPA sowie die CMAR.1492 Die Verletzungshandlung muss aus einer Zuwiderhandlung gegen straf- oder zivilrechtliche Gesetze oder auch gegen sonstige zivilrechtliche Pflichten bestehen, selbst wenn diese nicht einklagbar sind.1493 „Community infringement“ ist nach Sec. 212 (1) EA ein Tun oder Unterlassen, das die kollektiven Interessen der Verbraucher verletzt und das einer in Schedule 13 EA aufgezählten EURichtlinie in der Form, wie sie durch Großbritannien oder einen anderen EU-Mitgliedsstaat per Gesetz, Vorschrift oder Verwaltungsbestimmung umgesetzt wurde, zuwiderläuft oder das Gesetze, Vorschriften und Verwaltungsbestimmungen verletzt, die über den Mindestschutz der Richtlinien hinaus zusätzlichen Schutz gewähren.1494 Zu den in Schedule 13 EA aufgezählten Richtlinien gehören u. a. auch die Richtlinien 84/450/EWG1495, 85/577/EWG1496, 97/7/EU1497 und 2000/31/EU1498. Zur Verhinderung und Unterbindung von Zuwiderhandlungen gegen diese Richtlinien bestand mit den Stop Now Orders (E. C. Directive) Regulations 20011499 bereits vor Erlass des EA ein Verfahren zur Verfügung. Dieses entsprach weitgehend dem des EA und wurde in diesen nunmehr eingearbeitet.1500 Die Stop Now Regulations 2001 sind daher durch den EA aufgehoben worden. Ihr Erlass war in Umsetzung der Richtlinie 98/27/EG1501 in britisches Recht erfolgt. Die für beide Tatbestände erforderliche Verletzung von Kollektivinteressen der Verbraucher kann bei nur einzelnen Zuwiderhandlungen unter Umständen abzulehnen sein, auch wenn grundsätzlich keine bestimmte Mindestanzahl von Verstößen oder Verbraucherbeschwerden vorzuliegen braucht.1502 Sie kann tatsächlicher oder potentieller Natur sein.1503 Das heißt jedoch 1491 „In this Part a domestic infringement is an act or omission which(a) is done or made by a person in the course of a business, (b) falls within subsection (2), and (c) harms the collective interests of consumers in the United Kingdom.” 1492 OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.17. 1493 Sec. 211 (2) EA. 1494 „In this Part a Community infringement is an act or omission which harms the collective interests of consumers and which(a) contravenes a listed Directive as given effect by the laws, regulations or administrative provisions of an EEA State, or (b) contravenes such laws, regulations or administrative provisions which provide additional permitted protections.” 1495 Richtlinie 84/450/EWG (Fußn. 17). 1496 Richtlinie 85/577/EWG (Fußn. 699). 1497 Richtlinie 97/7/EG (Fußn. 15). 1498 E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG (Fußn. 428). 1499 SI 2001/1422 1500 MacDonald [2002] IHL 101, 36, Lawson [2003] SJ 40 (42). 1501 Fußn. 892. 1502 OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.8. 1503 OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.8. 183 nicht, dass auch bloß erstmalig bevorstehende Verletzungshandlungen unterbunden werden können. Diese sind vielmehr nur bei „community infringements“ ausreichend. Bei „domestic infringements“ muss der Verstoß dagegen bereits stattgefunden haben oder gerade stattfinden.1504 Zur Verfolgung von Verletzungshandlungen sind diverse Behörden und Organisationen befugt. Es ist insofern zwischen „general enforcer“, „designated enforcer“ und „community enforcer“ zu unterscheiden.1505 „General enforcer“ sind das OFT sowie jede lokale Weights and Measures Authority.1506 Sie können jede Art von Verstößen verfolgen.1507 „Designated enforcer“ sind staatliche oder private Körperschaften und Vereinigungen, eines derer Ziele der Verbraucherschutz ist und die ministeriell zu Verfolgungsbehörden ernannt werden.1508 Um zum Verfolger bestimmt zu werden, muss eine private Vereinigung verschiedene Kriterien erfüllen. Ihre Organisation und Verwaltung muss eine unabhängige, unparteiliche und vollkommen integre Handlungsweise erwarten lassen.1509 Sie hat Erfahrung und Kompetenz in Wahrnehmung der Verbraucherinteressen zu haben1510 und muss in der Lage sein, Verletzungshandlungen zu untersuchen und zu verfolgen1511. Schließlich muss sie bereit sein, mit dem OFT und den anderen Verfolgungsbehörden zu kooperieren.1512 „Designated enforcer“ können nur die Art von Verstößen verfolgen zu deren Überwachung sie berufen sind.1513 „Community enforcer“ schließlich sind Vereinigungen, die in das Verzeichnis der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 4 der Richtlinie 98/27/EG eingetragen und weder „general“ noch „designated enforcer“ sind.1514 Sie können nur bei Verletzung von Gemeinschaftsrecht tätig werden.1515 Liegt der Tatbestand einer „domestic“ oder „community infringement“ vor, hat die Verfolgerorganisation sowohl mit dem Verletzer als auch mit dem OFT Kontakt aufzunehmen.1516 Die Benachrichtigung des OFT soll die mehrfache Verfolgung eines Verstoßes durch verschiedene 1504 OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.34, siehe auch Sec. 214 (2)(d) EA. Allgemeine Verfolger, Sec. 213 (1) EA, ernannte Verfolger, Sec. 213 (2) EA, Gemeinschaftsverfolger, Sec. 213 (5) EA. 1506 Sec. 213 (1) EA. 1507 Sec. 215 (2) EA. 1508 Sec. 213 (2) EA. 1509 Sec. 3 (a) The Enterprise Act 2002 (Part 8 Designated Enforcers: Criteria for Designation, Designation of Public Bodies as Designated Enforcers and Transitional Provisions) Order 2003, SI 2003/1399. 1510 Sec. 3 (b) The Enterprise Act 2002 (Part 8 Designated Enforcers: Criteria for Designation, Designation of Public Bodies as Designated Enforcers and Transitional Provisions) Order 2003. 1511 Sec. 3 (d) The Enterprise Act 2002 (Part 8 Designated Enforcers: Criteria for Designation, Designation of Public Bodies as Designated Enforcers and Transitional Provisions) Order 2003. 1512 Sec. 3 (f) The Enterprise Act 2002 (Part 8 Designated Enforcers: Criteria for Designation, Designation of Public Bodies as Designated Enforcers and Transitional Provisions) Order 2003. 1513 Sec. 215 (3) EA. 1514 Sec. 213 (5) EA. 1515 Sec. 215 (4) EA. 1516 Sec. 214 (1) EA. 1505 184 Organisationen verhindern.1517 Dieses hat daher auch die Kompetenz, das Verfahren an sich zu ziehen oder an einen bestimmten Verfolger zu delegieren.1518 Die Kommunikation mit dem Verletzer erfolgt mit dem Ziel, von diesem eine Unterlassungserklärung zu erhalten1519, in der dieser sich verpflichtet, die beanstandete Geschäftspraktik zukünftig zu unterlassen1520. Verletzer ist jede Person, die an einem Verstoß mitwirkt oder mitgewirkt hat oder, im Falle einer „community infringement”, wahrscheinlich mitwirken wird.1521 Gibt der Gewerbetreibende die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab, kann die Verfolgerorganisation beim High Court oder bei einem County Court1522 ein Unterlassungsurteil1523 oder eine einstweilige Unterlassungsverfügung1524 beantragen. Zwischen Antragstellung und erstmaliger Kontaktaufnahme mit dem Verletzer hat bei einem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz ein Zeitraum von 7 Tagen, im Übrigen grundsätzlich von 14 Tagen zu liegen.1525 Das OFT hat jedoch die Möglichkeit, den Verfolger von der Pflicht der Benachrichtigung des Verletzers sowie der Pflicht zur Wahrung dieser Fristen zu befreien.1526 Gleichwohl ist es selbst der Ansicht, dass dies nur in Ausnahmenfällen nötig sein und vielfach dem Verletzer ein längerer Zeitraum gewährt werden werde, wenn nur ein positiver Ausgang des Verfahrens möglich erscheint.1527 Ein Unterlassungsurteil erlässt das Gericht, wenn nach seiner Überzeugung der Beklagte eine Verletzungshandlung begangen hat.1528 Die Beweislast trägt insoweit der Antragsteller.1529 Im Übrigen hat es auch zu berücksichtigen, ob der Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben und diese auch eingehalten hat.1530 Ist der Antragsteller ein „community enforcer“, kann das Gericht den Antrag abweisen, wenn es der Ansicht ist, dass dessen Ziel den Antrag nicht rechtfertigt.1531 Im Rahmen eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung hat es zu prüfen, ob eine „domestic“ oder „community infringement“ behauptet wird, in der Hauptsache der Erlass eines Unterlassungsurteils wahrscheinlich erscheint, eine unverzügliche Unterbindung der Geschäftspraktik erforderlich ist und, falls der Verletzer von dem Antrag 1517 1518 1519 1520 1521 1522 1523 1524 1525 1526 OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.58. Sec. 216 (2) EA. Secs. 214 (2), 219 EA. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.45. Vgl. Secs. 215 (1), 217 (1) und (3) EA. Sec. 215 (5) EA. Sog. enforcement Order. Sog. interim enforcement order. Sec. 214 (4) EA. Sec. 214 (3) EA. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.40. Sec. 217 (1) EA. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.8. Sec. 217 (4) EA. Sec. 215 (6) EA. • 1527 1528 1529 1530 1531 185 nicht benachrichtig worden ist, ob der Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne Benachrichtigung des Verletzers angemessen erscheint.1532 Sowohl im Hauptsache- als auch im einstweiligen Verfahren kann das Gericht, statt den Beklagten zur Unterlassung zu verurteilen, auch eine Unterlassungserklärung von diesem akzeptieren.1533 Sowohl ein Unterlassungsurteil als auch eine einstweilige Unterlassungsverfügung verpflichten den Beklagten, den Gesetzesverstoß nicht, auch nicht im Rahmen eines eigenen oder fremden Geschäfts, fortzusetzen oder zu wiederholen und nicht einem Gesetzesverstoß durch eine Körperschaft, in der er besondere Kontroll- oder Leitungsbefugnisse inne hat1534, zuzustimmen oder zu dulden.1535 Zusätzlich kann das Gericht im Falle des Erlasses eines Unterlassungsurteils sowie, wenn der Beklagte eine Unterlassungserklärung abgibt, diesen verpflichten, das Unterlassungsurteil bzw. die Unterlassungserklärung sowie eine richtig stellende Erklärung in einer Art und Weise zu veröffentlichen, die das Gericht als geeignet empfindet, fortbestehende Auswirkungen der Verletzungshandlung zu beseitigen.1536 Zuwiderhandlungen gegen ein Unterlassungsurteil, eine Unterlassungsverfügung oder eine gerichtlich abgegebene Unterlassungserklärung sind als Missachtung des Gerichts strafbar.1537 Um die Einhaltung eines Unterlassungsurteils, einer Unterlassungsverfügung oder einer Unterlassungserklärung überwachen zu können, hat das OFT sowie jeder andere „general enforcer“ und jeder „designated enforcer“, der eine staatliche Behörde ist, die Befugnis, von jeder Person Informationen, einschließlich Dokumente, schriftlich anzufordern.1538 Dieses Recht haben die genannten Verfolgungsbehörden auch, wenn sie Informationen benötigen, um sachgerecht über die Wahrnehmung ihrer Befugnisse nach Part 8 EA entscheiden zu können.1539 Das OFT kann ferner diese Befugnis auch ausüben, um andere Verfolgungsorganisationen, denen diese Befugnis nicht verliehen ist, mit Informationen zu versorgen, damit diese sachgerecht über die Wahrnehmung ihrer Befugnisse nach Part 8 EA entscheiden können.1540 Zur praktischen Handhabung des Verfahrens nach Part 8 EA hat das OFT Richtlinien erarbeitet, die es selbst anwenden wird und anderen Verfolgern zur Anwendung empfiehlt. Danach soll ein Verfahren nur eingeleitet werden, wenn es notwendig und verhältnismäßig ist.1541 Entscheidende Kriterien sind insoweit der Verschuldensgrad, die Vorgeschichte des Verletzers sowie der 1532 1533 1534 1535 1536 1537 1538 1539 1540 Sec. 218 (1) EA. Secs. 217 (9), 218 (10) EA. Siehe Sec. 222 (3) EA. Secs. 217 (6), 218 (3) EA. Secs. 217 (8) und (10) EA. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.51, siehe hierzu bereits oben: 3. Teil: 2. Kapitel:C.I.2. Secs. 224 (1), (2)(d), 225 (1), (2), (3)(b) EA, OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.53. Secs. 224 (1), (2)(a), 225 (1), (2), (3)(a) EA. Secs. 224 (1), (2)(b), (c) EA. 186 Schaden, den die Verbraucher erlitten haben.1542 Des Weiteren soll jedem Verletzer die Möglichkeit zur Verteidigung gegebenen und gerichtliche Verfahren grundsätzlich nur eingeleitet werden, nachdem dieser zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert worden ist.1543 Bei der Auswahl des geeigneten Verfolgers beachtet das OFT das Home Authority Principle.1544 Bei der Entscheidung, ein Verfahren einzuleiten, berücksichtigt das OFT ferner auch die Möglichkeit, den Verstoß mittels anderer gesetzlich und nicht gesetzlich verankerter Verfahren abzustellen.1545 Für Zuwiderhandlungen gegen die CMAR hat dies zur Folge, dass das OFT entsprechende Fälle grundsätzlich an die ASA melden und dieses Vorgehen auch anderen Verfolgern empfehlen wird.1546 Gleichwohl behält es sich vor, in Ausnahmefällen in Absprache mit der ASA unverzüglich ein Verfahren nach Part 8 EA einzuleiten.1547 D. Das Verfahren nach den Control of Misleading Advertising Regulations 1988 Die CMAR ermächtigen das OFT, gegen Personen vorzugehen, die an der Veröffentlichung einer irreführenden Werbung tatsächlich oder potentiell beteiligt sind.1548 Verstöße gegen die Regelungen der CMAR können nunmehr auch nach dem EA verfolgt werden.1549 Gleichwohl steht dem OFT nach wie vor auch das Verfahren nach den CMAR zur Verfügung. Dieses ist insoweit von Bedeutung, als der EA nur den Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher zum Gegenstand hat, die CMAR dagegen ebenso die Interessen der Unternehmer und der Öffentlichkeit schützen.1550 Zudem unterscheiden sich die Verfahren, trotz gleicher Grundzüge, in einigen Punkten. Besonders auf diese wird im Folgenden eingegangen. Nach den CMAR kann das OFT im Falle von irreführender Werbung ein Unterlassungsurteil bzw. eine einstweilige Unterlassungsverfügung erwirken.1551 Im Gegensatz zu den Regelungen des EA ist insoweit ein Verfahren zur vorherigen außergerichtlichen Streitbeilegung nicht obligatorisch. Dennoch hat sich ein entsprechendes Vorgehen seitens des OFT in der Praxis eingebürgert. Das OFT kann es ferner ablehnen, sich mit einer Beschwerde zu befassen, wenn zuvor 1541 1542 1543 1544 1545 1546 1547 1548 1549 1550 1551 OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.68. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.72. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.68. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.68. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.68. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.78. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3.78. Vgl. Sec. 5 (1) CMAR. Siehe oben: 3. Teil: 2. Kapitel:C.II.2. OFT (Fußn. 1487), Rn. B. 4. Sec. 6 CMAR. 187 nicht erfolglos versucht worden ist, die irreführende Werbung mittels herkömmlicher Verfahren, insbesondere im Wege der freiwilligen Selbstkontrolle oder des Strafrechts, zu unterbinden.1552 Einen Großteil der erhaltenen Beschwerden leitete der DGFT daher in den vergangenen Jahren an die ASA und die Trading Standards Departments weiter.1553 Im Gegenzug berichtet die ASA Fälle an das OFT, in denen das System der freiwilligen Selbstkontrolle keine Wirkung zeigte. In der Praxis machte sie davon bisher jedoch nur selten Gebrauch.1554 Vertreter der ASA begründen dies mit der Effizienz des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle.1555 Das OFT ist nach den CMAR nicht verpflichtet, einen Antrag auf Unterlassung zu stellen, sondern hat insoweit einen weiten Ermessensspielraum.1556 Kommt es zu einem gerichtlichen Verfahren, kann das Gericht jedem für die Veröffentlichung der betreffenden Werbung Verantwortlichen auferlegen, Beweise für die Wahrheit der Werbebehauptung vorzulegen.1557 Falls er dieser Verpflichtung nicht nachkommt, kann es die Werbung als irreführend betrachten.1558 Dass eine Person durch die Werbung einen konkreten Schaden erlitten hat, ist für den Erlass eines Unterlassungsurteils ebenso wenig erforderlich wie ein Verschulden seitens des Beklagten.1559 Erlässt das Gericht ein Unterlassungsurteil, kann es darin nicht nur die betreffende Werbung, sondern auch jede andere Werbung, die einen ähnlichen Wortlaut gebraucht oder einen ähnlichen Eindruck vermittelt, untersagen.1560 Die praktische Bedeutung der CMAR war bisher gering. So hat der DGFT seit Bestehen der CMAR bis zum Jahr 2000 gerade einmal in 34 Fällen Unterlassungserklärungen erhalten und in 14 Fällen1561 Unterlassungsurteile bzw. –verfügungen erwirkt.1562 Auch in der öffentlichen Wahrnehmung ist die Bedeutung der CMAR gering. So erhielt das OFT 2001 159, 2000 87 Beschwerden über irreführende Werbung.1563 Ebenso findet in der englischen Literatur keine Diskussion über Bedeutung und Effizienz des Verfahrens statt. Einzig und allein als letzte Möglichkeit der ASA, gegen unkooperative Unternehmer vorzugehen, finden die CMAR teilweise 1552 Sec. 4 (3) CMAR. So wurden im Zeitraum von 1989 bis 1997 jährlich rund 94 Beschwerden an die ASA und rund 30 Beschwerden an die Trading Standards Departments weitergeleitet, wobei die meisten Beschwerden 1990 weitergeleitet wurden. Die ASA erhielt dabei 345, die Trading Standards Departments 60 Beschwerden. Die statischen Angaben beruhen auf den Jahresberichten des OFT von 1989 bis 1997. 1554 So leitete die ASA in den Jahren 1988 bis 1997 insgesamt gerade einmal 20 Beschwerden an das OFT weiter. Die statistischen Angaben beruhen auf den Jahresberichten des OFT von 1988 bis 1997. 1555 Crawford [1998] CPR 132 (133). 1556 Sec. 5 CMAR. 1557 Sec. 6 (3) CMAR. 1558 Sec. 6 (4) CMAR. 1559 Secs. 6 (5)(a),(b) CMAR. 1560 Sec. 6 (2) CMAR. 1561 Davon 4 im einstweiligen Rechtsschutz. 1562 Die statistischen Angaben beruhen auf Angabe in den Jahresberichten 1988 – 2000 des OFT. 1563 OFT, Annual Report 2001, enforcing, S. 41, die höchste Anzahl an Beschwerden erhielt das OFT 1990 mit 528 Beschwerden, wovon 425 von Verbrauchern stammten, OFT, Annual Report 1990, S. 22. 1553 188 Erwähnung.1564 Entscheidungen der Gerichte, in denen diese auf Antrag des DGFT eine Unterlassungsverfügung bzw. ein Unterlassungsurteil erlassen, werden in den Entscheidungssammlungen nicht berichtet. So finden sich in den juristischen Datenbanken Westlaw und LexisNexis gerade einmal zwei Entscheidungen, in denen der DGFT Unterlassungsverfügungen erwirkt hat. Von Interesse ist dabei vor allem der Fall „Director General of Fair Trading v. Tobyward Ltd and another”1565. Da es sich bei diesem Fall um den ersten handelte, in dem der DGFT eine Unterlassungsverfügung nach den CMAR erwirkte, findet er in der Literatur relativ häufig Erwähnung. Inhaltlich ging es darum, dass die Antragsgegner in Zeitungsanzeigen für ein Schlankheitsmittel mittels bestimmter Behauptungen warben. Nachdem die ASA vergeblich versucht hatte, die Veröffentlichung der Anzeige zu unterbinden, schaltete sich der DGFT ein. Auch ihm gegenüber verweigerte das Unternehmen jedoch die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Daraufhin beantragte dieser eine einstweilige Unterlassungsverfügung. Diesem Antrag gab das Gericht statt. In seinem Urteil stellt Hoffmann J klar, dass er sich aus Gründen des öffentlichen Interesses verpflichtet fühlt, das System der freiwilligen Selbstkontrolle zu unterstützen. Mit diesem, glaubt er, würden die Unternehmen eher kooperieren, wenn sie wüssten, dass bei Versagen dieses Systems grundsätzlich eine Unterlassungsverfügung erlassen werde.1566 Im Urteil finden sich auch Ausführungen zur Frage, wie eine Unterlassungsverfügung inhaltlich auszugestalten ist, um deren Wirksamkeit sicherzustellen. Hoffmann J führt insofern aus, dass die Unterlassungsverfügung einerseits nicht so eng formuliert sein dürfe, dass schon eine geringe Änderung des Wortlauts der betreffenden Werbung nicht mehr von ihr gedeckt sei und der Werbende so eine Werbung veröffentlichen könne, die gleichwohl irreführend sei. Andererseits dürfe die Unterlassungsverfügung aber auch nicht so allgemein gehalten sein, dass der Werbende nicht wissen könne, welches Verhalten ihm untersagt sei.1567 1564 1565 1566 1567 So z. B. bei Brinkworth [1988] Trading Law 266 f. und Circus [1988] Bus LR 151 ff. [1989] 2 All ER 266. Director General of Fair Trading v. Tobyward Ltd and another [1989] 2 All ER 266 (270). Director General of Fair Trading v. Tobyward Ltd and another [1989] 2 All ER 266 (271). 189 3. Kapitel: Das Verfahren und die Sanktionen zur Wahrung der Verbraucherschutzbestimmungen: Rechtsvergleichung und Kritik Nachdem in den Länderberichten dargestellt wurde, durch welche Verfahren und Sanktionen die jeweiligen Rechtsordnungen die Einhaltung des materiellen Rechts zu gewährleisten versuchen, stellt sich nun die Frage, inwiefern diese geeignet sind, den Interessen der Verbraucher gerecht zu werden. Zu diesem Zweck ist zu erörtern, wem es übertragen werden sollte, Verstöße gegen die einschlägigen Regelungen zu verfolgen. Sodann ist auf den Missbrauch der Klagebefugnis und die Mehrfachverfolgung von Verstößen einzugehen. Ferner ist zu untersuchen, wer für einen Verstoß haftbar gemacht werden kann und inwiefern diese Personen für das Handeln Dritter haften. Schließlich ist die Ausgestaltung der außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren, deren Stärken und Schwächen sowie die Effizienz der möglichen Sanktionen zu erörtern. A. Personen und Organe zur Überwachung und Verfolgung von Verstößen gegen Verbraucherschutzbestimmungen In Deutschland können Wettbewerbsverstöße durch eine Vielzahl von Personen und Organisationen verfolgt werden. So sind neben den Mitbewerbern auch gewerbliche Verbände sowie Verbraucherverbände klagebefugt. In der Praxis sind es hingegen oftmals die gewerblichen Verbände, die gegen unlautere Geschäftspraktiken vorgehen.1568 Mitbewerber haben häufig aus den verschiedensten Gründen kein Interesse daran, unlautere Werbemethoden ihrer Konkurrenten zu verfolgen.1569 Verbraucherverbände sind wegen ihrer schwachen finanziellen und personellen Ausstattung oftmals nicht in der Lage, eine umfangreiche Abmahn- und Klagetätigkeit zu entwickeln.1570 Die geringe Beteiligung von Verbraucherverbänden an Wettbewerbsverfahren birgt die Gefahr in sich, dass die Interessen der Verbraucher vor Gericht unterrepräsentiert sind und dieses sein Urteil primär unter Konkurrentenschutzaspekten fällt. Gewerbetreibende und ihre Verbände werden im Rahmen eines Verfahrens den Gerichten nämlich hauptsächlich ihre Interessen darlegen. Verbraucherinteressen werden sie hingegen nur insoweit heranziehen, als diese ausnahmsweise ihren Interessen entsprechen.1571 Hinzu kommt, dass es Aufgabe der Gerichte ist, den Streit zwischen den Parteien zu schlichten. Handelt es sich bei diesen aber ausschließlich 1568 Jahn/Pirrwitz, GRUR 1988, 884 (889). Siehe hierzu oben: 3. Teil: 1. Kapitel:A.I.1.c). 1570 V. Falckenstein, WRP 1978, 502 (506), v. Hippel (Fußn. 115), S. 103 f., Reich/Micklitz (Fußn. 254), S. 120 f., Tonner, NJW 1987, 1917 (1921 f.). 1571 Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 5. 1569 190 um Wettbewerber, liegt es nahe, dass insofern nur ein Ausgleich derer Interessen, nicht aber mit den Interessen der Verbraucher stattfindet.1572 Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte verwundert es auch nicht weiter, dass vor allem in der älteren Rechtsprechung des BGH Konkurrentenschutzgedanken dominiert haben.1573 Ersichtlich wird dies beispielsweise anhand der Fallgruppen der Wertreklame1574 sowie der gefühlsbetonten Werbung1575, die beide den Interessen der Verbraucherschaft nicht zuwiderlaufen.1576 Da es sich jedoch um sehr effektive Werbemethoden handelt, sind sie geeignet, Kunden abzuwerben. Unter dem Gesichtspunkt des Konkurrentenschutzes sind entsprechende Werbeverbote daher verständlich. Im Gegensatz zu Deutschland besteht in Großbritannien nicht die Gefahr, dass die Interessen der Verbraucher gegenüber denen der Wettbewerber zurückzustehen haben. Dies liegt zum einen daran, dass dort Verbraucher- und Konkurrentenschutz von unterschiedlichen Rechtsmaterien geregelt werden. Zum anderen ist dies aber auch Konsequenz des Systems, Verbraucherschutzgesetze als straf- und verwaltungsrechtliche Regelungen auszugestalten. In diesem System obliegt es typischerweise Behörden, die Einhaltung der Gesetze zu kontrollieren. Diese nehmen dabei die Interessen der Verbraucher wahr und vertreten diese auch, soweit es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. In einem Behördensystem würden die Verbraucherinteressen daher selbst dann ausreichend repräsentiert, wenn Konkurrenten- und Verbraucherschutz durch dieselbe Rechtsmaterie geregelt wären. Die Schwäche des britischen Systems liegt indes in der schwachen finanziellen und personellen Ausstattung der Behörden. Als Konsequenz verfolgen diese tatsächlich nur den geringsten Teil der Verstöße und beschränken sich im Großen und Ganzen auf eine beratende Tätigkeit. Die Situation der britischen Behörden ist damit mit derjenigen der deutschen Verbraucherverbände vergleichbar. Für die Verbraucher bedeutet dies, dass ihre Interessen nicht in ausreichendem Maße wahrgenommen und verteidigt werden. Es ist daher eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Verbraucherverbände und Behörden erforderlich. Diese kann in Zeiten knapper öffentlicher Kassen letztlich nur von Unternehmerseite durch entsprechend ausgestaltete Sanktionen, wie z. B. einen Gewinnabschöpfungsanspruch, erfolgen.1577 • Eine weitere Schwäche des britischen Systems liegt darin, dass dort die Überwachung von Gesetzesverstößen bisher ausschließlich durch Behörden erfolgt. Sind diese nicht in der Lage diese 1572 1573 1574 1575 1576 1577 Ähnlich Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 5. Tonner, NJW 1987, 1917 (1919 f.), Beater (Fußn. 25), § 13 Rn. 5. Hierzu ebenso Tonner, NJW 1987, 1917 (1919 f.). Hierzu ebenso Beater (Fußn. 25), § 15 Rn. 175. Siehe bereits oben: 2. Teil: 3. Kapitel:A.IV.1 und 2. Siehe hierzu unten: 4. Teil: 2. Kapitel. • 191 Aufgabe wahrzunehmen, bleiben Gesetzesverletzungen ungeahndet. Es ist daher grundsätzlich besser, die Wettbewerbssitten wie in Deutschland durch eine Vielzahl von Personen und Vereinigungen überwachen zu lassen. Die Gefahr eines Sanktionierungsdefizits ist in diesem Fall weitaus geringer. Dieser Ansicht scheint auch der britische Gesetzgeber zu sein, wenn er in Part 8 EA erstmals neben staatlichen Behörden auch private Verbraucherschutzvereinigungen ermächtigt, Verstöße gegen Verbraucherschutzgesetze zu verfolgen. Dass damit in der Praxis tatsächlich eine intensivere Überwachung von Gesetzesverstößen zu erreichen ist, muss im Hinblick auf die Erfahrungen mit der Tätigkeit der Verbraucherverbände in Deutschland jedoch bezweifelt werden. Schließlich ist es eine Schwäche des Behördensystems, dass jede Behörde ihre eigene Verfolgungspolitik betreiben und gleiche Sachverhalte unterschiedlich beurteilen kann. Zwar wurde insofern das „Home Authority Principle“ geschaffen, jedoch ist dieses rechtlich nicht verbindlich. Eine Werbung kann daher in einem Bezirk zulässig, in einem anderen aber unzulässig sein. Selbst wenn der Unternehmer seine Werbung im Voraus von der „Home Authority“ auf deren rechtliche Zulässigkeit hin überprüfen lässt, besteht das Risiko, dass eine andere lokale Behörde diese Einschätzung nicht teilt. Will der Unternehmer daher sicher gehen, muss er bei einer überregionalen Werbung eine Vielzahl lokaler Behörden kontaktieren. Dies bedeutet aber einen erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten, den letztlich die Verbraucher zu tragen haben. Die Gefahr eines Verfolgungsdefizits existiert nicht nur in Großbritannien, sondern auch in Deutschland. Anders als dort ist diese hier jedoch nicht systembedingt, sondern resultiert aus der Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, die Klagebefugnis fast aller Klageberechtigten auf Verstöße zu beschränken, die den Wettbewerb bzw. die Verbraucherinteressen wesentlich beeinträchtigen.1578 Die einschlägigen Bestimmungen laufen den Interessen der Verbraucher diametral entgegen und sollten daher fallen gelassen werden. Überzeugen kann insoweit schon nicht die Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Beeinträchtigungen. Entweder sind die Interessen der Verbraucher tangiert oder sie sind es nicht. Im ersten Fall ist die entsprechende Geschäftspraktik zu sanktionieren, im Letzteren ist sie erlaubt. Auch die Kriterien, die die Rechtsprechung zur Abgrenzung von wesentlichen von unwesentlichen Beeinträchtigungen heranzieht, können nicht überzeugen. So stellt sie beispielsweise darauf ab, ob eine irreführende Werbeangabe geeignet ist, den Verbraucher zum Kaufvertragsschluss zu veranlassen. Dies ist aber, wie oben bereits dargestellt1579 , ein Umstand, • 1578 1579 Ebenfalls in diese Richtung v. Linstow, WRP 1994, 787 (789), Gloy, WRP 1999, 34 (40). Siehe 2. Teil: 3. Kapitel:A.II.3. • 192 der immer vorzuliegen hat, damit irreführende Werbung die Interessen der Verbraucher verletzt. Kann eine irreführende Werbeangabe daher den Verbraucher nicht zum Kaufvertragsschluss veranlassen, fehlt es bereits am Tatbestand, so dass sich die Frage nach der Klagebefugnis gar nicht stellt. Ebenso kann es nicht überzeugen, wenn die Rechtsprechung danach differenziert, in welchem Maß der Verbraucher in seinen wirtschaftlichen Interessen betroffen ist. Auch ein nur geringer Schaden rechtfertigt es, dass die entsprechende Geschäftspraktik verfolgt wird, zumal sich auch geringe Schäden einzelner Verbraucher bei einer Vielzahl betroffener Konsumenten insgesamt zu hohen Beträgen summieren können. Schließlich kann auch die hinter der Einschränkung der Klagebefugnis stehende Absicht des Gesetzgebers, die Verfolgung von Bagatellverstößen aus rein finanziellen Interessen zu unterbinden, nicht überzeugen. Es ist grundsätzlich im Interesse der Verbraucher, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen und zu unterbinden. Aus welcher Motivation der Kläger dabei handelt, spielt keine Rolle. Selbst wenn dieser aus rein finanziellen Motiven agiert, ist damit immer noch dem Interesse der Verbraucher gedient und die entsprechende Klage oder Abmahnung zu begrüßen.1580 Zudem leuchtet es nicht ein, warum ein Kläger, der im Interesse der Verbraucher und damit im fremden Interesse tätig wird, dafür nicht finanziell entschädigt werden sollte.1581 Von den Klagebefugten zusätzlich noch eine altruistische Gesinnung zu fordern, ist Ausdruck überhöhter Moralvorstellungen und Realitätsferne. Der einzelne Verbraucher spielt weder in Deutschland noch in Großbritannien bei der Bekämpfung unlauterer Werbepraktiken eine besondere Rolle. Soweit ihm das englische Strafrecht die Möglichkeit bietet, gegen unfair werbende Unternehmen vorzugehen, nutzt er sie nicht. Im Übrigen ist er weder nach deutschem noch nach britischem Recht klagebefugt. Vor dem Hintergrund der britischen Erfahrungen erscheint die in Deutschland teilweise geführte Diskussion nach dem Klagerecht einzelner Verbraucher rein akademischer Natur. Es kann auch keineswegs überraschen, dass in England Verbraucher ihr Klagerecht ungenutzt lassen. Der Verbraucher hat regelmäßig kein Interesse an einer strafrechtlichen Verurteilung des Unternehmens. Auch eine zukünftige Unterlassung der unlauteren Werbung interessiert ihn nicht. Vielmehr will er seinen Schaden ersetzt bekommen.1582 Dieser ist aber häufig so gering, dass es sich für ihn nicht • lohnt, gerichtliche Schritte zu unternehmen. Auch fehlt dem Verbraucher, wie der hohe Anteil unbegründeter Beschwerden im Rahmen des Systems der freiwilligen Werbeselbstkontrolle zeigt, zumeist das nötige rechtliche und sachliche Wissen, um eine gesetzwidrige Werbung als 1580 1581 1582 Ähnlich Beater, ZHR 159 (1995), 217 (221). Ähnlich Knieper, NJW 1971, 2251 (2254). V. Falckenstein, WRP 1978, 502 (504). • 193 solche beurteilen zu können. Schließlich werden Verbraucher in der Regel das mit einer Klage verbundene Kostenrisiko und den erforderlichen Zeitaufwand scheuen.1583 Klagerechte einzelner Verbraucher sind daher nicht geeignet, den Schutz der Verbraucherinteressen zu verbessern.1584 B. Missbrauch der Klagebefugnis und Mehrfachverfolgung Sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien versuchen die Rechtsordnungen grundsätzlich zu verhindern, dass gegen einen Werbenden mehrfach wegen ein und derselben Verletzungshandlung gerichtlich oder außergerichtlich vorgegangen wird. In Deutschland wird dies dadurch zu erreichen versucht, dass der Anspruch mangels Wiederholungsgefahr nicht mehr besteht und der Zweitabmahner riskiert, seine Abmahnkosten nicht ersetzt zu bekommen. In Großbritannien ist es unter dem EA und den CMAR wegen der zentralen, koordinierenden Rolle des OFT sogar gänzlich ausgeschlossen, dass ein Unternehmer wegen einer Verletzungshandlung mehrfach verfolgt wird. Auch das „Home Authority Principle“ trägt dazu bei, Mehrfachverfolgungen zu verhindern. Im Rahmen des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle ist es schließlich schon systembedingt nicht möglich, dass ein Verstoß mehrfach verfolgt wird. Der Gedanke, Mehrfachverfolgungen weitgehend zu verhindern, entspricht auch den Interessen der Verbraucher. Diesen ist im Falle einer Verletzungshandlung daran gelegen, weitere Verstöße zukünftig zu unterbinden. Dafür genügt es aber, dass der Unternehmer für den Verstoß einmalig sanktioniert wird. Jede weitere Verfolgung verursacht dagegen nur unnötige Kosten, die die Verbraucher letztendlich über höhere Preise zu tragen haben. Es ist daher auch richtig, dass im deutschen Recht Klagen in Schädigungsabsicht als rechtsmissbräuchlich behandelt werden. Zu weit geht es jedoch, wenn eine Abmahnung oder Klage wegen eines damit zugleich verfolgten finanziellen Interesses als rechtsmissbräuchlich beurteilt wird. Es ist insofern schon an anderer Stelle1585 darauf hingewiesen worden, dass es aus Verbrauchersicht grundsätzlich zu begrüßen ist, wenn unlautere Geschäftspraktiken verfolgt werden, gleichgültig aus welcher Motivation heraus dies erfolgt. C. Die Haftenden Die Regelungen über die für Verletzungshandlungen haftenden Personen sind in Deutschland und Großbritannien1586 weitgehend ähnlich ausgestaltet. Übereinstimmend haftet danach der 1583 1584 1585 1586 Ebenso BT-Drucksache 4/2217, S. 4, Beater (Fußn. 25), § 28 Rn. 6. Beater (Fußn. 25), § 1 Rn. 29. Siehe oben: 3. Teil: 3. Kapitel:A. Zum britischen Recht siehe oben: 2. Teil: 2. Kapitel:B.II. 194 Betriebsinhaber, gleichgültig, ob es sich bei diesem um eine natürliche oder juristische Person handelt. Neben dem Betriebsinhaber sind – mit Ausnahme von Verstößen gegen den CPA – grundsätzlich auch die jeweils handelnden Angestellten haftbar. Ferner haften auch Presseorgane, wenn sie gesetzeswidrige Werbeanzeigen veröffentlichen. Jedoch ist deren Haftung übereinstimmend – mit Ausnahme der CMAR – auf leicht zu erkennende Verstöße beschränkt. Die Handlungen von Angestellten werden dem jeweiligen Betriebsinhaber grundsätzlich zugerechnet. Er haftet dabei immer für Verletzungshandlungen seiner leitenden Angestellten. Hinsichtlich der Verletzungshandlungen ihrer übrigen Angestellten kann sich eine juristische Person als Betriebsinhaberin nach britischen Strafrecht dagegen exkulpieren, während sie nach den CMAR und deutschem Recht auch hierfür haftet. In der Praxis dürften sich daraus aber nur selten Unterschiede ergeben. Da ein einfacher Angestellter meist nur auf Anweisung handeln wird, kann über die Anweisung des leitenden Angestellten die Verletzungshandlung der juristischen Person zugerechnet werden. Ein Verschulden des Täters ist nach britischem Recht – mit Ausnahme von Sec. 14 TDA – grundsätzlich nicht erforderlich. Dies gilt ebenso für die Tatbestände des UWG, soweit Abwehransprüche inmitten stehen. Die Haftung ist daher sowohl nach deutschem als auch nach britischem Recht sehr weit ausgestaltet. Um diese wieder zu begrenzen, bedienen sich die deutsche und britische Rechtsordnung verschiedener Verfahren. Im deutschen Recht erfolgt eine Haftungsbeschränkung dadurch, dass der Verletzer nur für Handlungen in Wettbewerbsabsicht haftet. Für die Störerhaftung ist dagegen keine entsprechende Absicht erforderlich. Die Rechtsprechung begrenzt die Haftung des Störers jedoch dadurch, dass dieser nur haftet, soweit ihm eine Prüfungspflicht obliegt. Das britische Recht beschränkt die Haftung durch die Möglichkeit von Haftungsausschlüssen und Exkulpationsmöglichkeiten. Diese Haftungsbegrenzungen kommen jedoch nur dem zugute, der nicht selbst eine Ware mit einer falschen Beschreibung versieht. Es handelt sich dabei typischerweise um einen Verkäufer, der mit Herstellerangaben wirbt, ohne zu wissen, dass diese falsch sind. Keine Haftungsbegrenzung besteht im Rahmen der CMAR. Durch die Zulässigkeit von Haftungsausschlüssen und Exkulpationsmöglichkeiten begrenzt das britische Recht die Haftung, insbesondere von Verkäufern, in weit größerem Maße, als das deutsche Recht. Denn auch der Verkäufer, der unwissend mit einer irreführenden Angabe wirbt, haftet nach deutschem Recht, während er nach britischem Recht nicht verantwortlich ist. Diese weitergehende Haftungsbegrenzung des britischen Rechts rechtfertigt sich jedoch vor dem Hintergrund, dass die Haftung nach englischem Recht als strafrechtliche ausgestaltet ist, es aber 195 unverhältnismäßig wäre, einen Verkäufer, der unwissend mit irreführenden Angaben wirbt, mit strafrechtlichen Mitteln zu sanktionieren. Dagegen bestehen keine Bedenken, Personen zivilrechtlich auf Unterlassung haften zu lassen, auch wenn sie im Zeitpunkt der Tathandlung keine Kenntnis von den die Unlauterkeit begründenden Umstände hatten, sondern diese erst zu einem späteren Zeitpunkt vorliegt. Auch die weite Haftung nach den CMAR rechtfertigt sich unter diesem Gesichtspunkt. Im System der freiwilligen Selbstkontrolle ergeben sich zu den soeben dargestellten Grundsätzen im Ergebnis wenig Unterschiede, wenngleich die Regelungen des BCAP weit weniger differenzieren als gesetzliche Bestimmungen. So regelt der BCAP grundsätzlich nicht, wer für einen Verstoß haftet. In den verschiedenen Tatbeständen ist insoweit immer nur von dem „Werbenden“1587 die Rede. Eine weitere Unterscheidung, insbesondere zwischen der Haftung des Handelnden, der Haftung für Dritte oder einer Haftung von Angestellten ist dem BCAP fremd. Vielmehr haftet immer das werbende Unternehmen und zwar verschuldensunabhängig und ohne die Möglichkeit, seine Haftung zu begrenzen. Die weit reichende Haftung rechtfertigt sich hier jedoch vor dem Hintergrund, dass Verstöße gegen den BCAP nur mit schwachen Sanktionen geahndet werden können.1588 Eine umfangreiche Haftung ist wegen der geringen Konsequenzen daher gerechtfertigt. D. Außergerichtliche Verfahren Außergerichtliche Verfahren sind bei der Verfolgung von Verstößen gegen verbraucherschützende Bestimmungen in Deutschland und Großbritannien von enormer Bedeutung. Diese resultiert dabei aus ganz verschiedenen Ursachen. Während bei Verstößen gegen das UWG Abmahnungen üblich sind, um das Kostenrisiko des § 93 ZPO zu vermeiden, beschränkt sich die Tätigkeit von lokalen Behörden bei der Überwachung des TDA und CPA großteils auf außergerichtliche Maßnahmen, weil deren Ressourcen ein intensives gerichtliches Vorgehen nicht gestatten. Innerhalb des Verfahrens nach dem EA ist schließlich ein vorheriges außergerichtliches Vorgehen obligatorisch. Dieses Verfahren und die deutsche Abmahnung weisen durchaus Gemeinsamkeiten auf. Aber auch zu dem außergerichtlichen Vorgehen lokaler Behörden bestehen Parallelen. Allen drei außergerichtlichen Verfahren gemein ist, dass sie bezwecken, den Verletzer vorprozessual auf seinen Verstoß hinzuweisen. Dies ist auch angebracht, da vor allem kleine und mittlere Unternehmen oftmals völlig unbeabsichtigt gegen gesetzliche Regelungen versto1587 1588 „Promoters“ oder „Marketers“. Siehe unten: 3. Teil: 3. Kapitel:G.VI. 196 ßen.1589 Dem Verbraucherschutz wäre in diesen Fällen wenig damit gedient, diese Verstöße unverzüglich gerichtlich zu verfolgen. Vielmehr reicht es insoweit aus, die Verletzer auf ihren Verstoß hinzuweisen. Diese werden dann in der Regel die entsprechenden Konsequenzen ziehen und die unzulässige Werbung unverzüglich beenden, nicht mehr wiederholen und gegebenenfalls eine Unterlassungserklärung abgeben. Den Interessen der Verbraucher wird auf diese Weise schnell und kostengünstig Geltung verschafft. Im Gegensatz dazu hätte ein gerichtliches Vorgehen wochen- oder monatelange Verfahren zur Folge, währenddessen die verbraucherschädliche Werbung unter Umständen sogar fortgesetzt und weitere Verbraucher geschädigt werden könnten. Bedient sich ein Unternehmen gezielt unlauterer Geschäftspraktiken, verspricht ein außergerichtliches Vorgehen zwar ebenso einen schnellen und kostengünstigen Erfolg, jedoch besteht insoweit die Gefahr, dass der Verstoß weitgehend sanktionslos bleibt und der Verletzer damit zu weiteren Verletzungshandlungen motiviert wird. So kann beispielsweise im Verfahren nach dem EA der Verfolger vom Verletzer zwar eine Unterlassungserklärung erhalten, ihm droht aber im Fall der Zuwiderhandlung, anders als bei einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung, keine strafrechtliche Verurteilung wegen Missachtung des Gerichts. Sehen die lokalen Behörden bei Verstößen gegen den TDA und CPA von einer Anklage ab, hat der Verletzer sogar überhaupt keine Konsequenzen zu fürchten, weshalb wohl die lokalen Behörden auch vorsätzliche Verstöße grundsätzlich verfolgen. Lediglich im Rahmen der Abmahnung kann der Abmahnende mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die gleichen Sanktionen erreichen, die er auch in einem gerichtlichen Verfahren erzielen könnte. Anders als bei den Verfahren nach dem UWG und dem EA ist es bei Verstößen gegen den TDA und CPA nicht möglich, außergerichtlich eine Unterlassungserklärung zu erlangen. Der Verletzer riskiert jedoch im Falle weiterer Verletzungshandlungen angeklagt zu werden. Es ist daher letztendlich eine Frage der Wirksamkeit der Sanktionen, ob die Abgabe einer Unterlassungserklärung oder die Furcht vor strafrechtlichen Sanktionen geeigneter ist, zukünftige Verstöße zu verhindern.1590 • Den Interessen der Verbraucher entspricht es, wenn die lokalen Behörden im Rahmen ihres Ermessen berücksichtigen, ob ein Verletzer bereit ist, die geschädigten Verbraucher zu entschädigen. Diesen ist mit Schadensersatz mehr gedient als mit einer strafrechtlichen Verurteilung. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass ein Unternehmen Verbraucher nur ent1589 1590 Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 41 Rn. 1 in Fußn. 3, Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 529. Siehe unten: 3. Teil: 3. Kapitel:G.I und V. • 197 schädigen wird, wenn sich dies lohnt, d. h. die zu erwartende Strafe einschließlich sonstiger negativer wirtschaftlicher Folgen höher ist als der verursachte Schaden. Im Rahmen der außergerichtlichen Verfahren des UWG und des EA ist es nicht möglich, dass geschädigte Verbraucher ihren Schaden ersetzt bekommen. Sie bezwecken ausschließlich die zukünftige Unterlassung der verbraucherschädlichen Werbung. Dieses Ziel versuchen sie zu erreichen, indem sie den Verletzer außergerichtlich zur Abgabe einer Unterlassungserklärung innerhalb einer kurzen Frist auffordern. Es bleibt insoweit abzuwarten, ob im Rahmen des Verfahrens nach dem EA die Verfolger die gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen und bereits nach 7 – 14 Tagen gerichtliche Schritte unternehmen oder ob in der Praxis, wie das OFT meint1591, vielfach längere Fristen gewährt werden. Im Interesse der Verbraucher ist zu hoffen, dass sich die Verfolger nicht von den Werbenden hinhalten lassen werden, sondern möglichst zügig, notfalls mit gerichtlichen Mitteln, die unzulässige Werbung unterbinden. Eine außergerichtliche Einigung mit dem Verletzer um jeden Preis ist nicht, wie das OFT meint1592, erstrebenswert und entspricht nicht den Interessen der Verbraucherschaft. Eine Schwäche des Verfahrens nach dem EA ist es schließlich, dass, anders als bei einer Abmahnung, es für den Verfolger nicht möglich ist, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu erhalten. Zumal der Werbende insoweit auch keine Verurteilung wegen Missachtung des Gerichts zu befürchten hat, ist es für ihn daher weitgehend risikolos, einer abgegebenen Unterlassungserklärung zuwider zu handeln. Das außergerichtliche Verfahren nach dem EA bietet daher dem Verbraucher einen nur geringen Schutz vor unlauterer Werbung. E. Gerichtliche Verfahren Bedient sich ein Unternehmer unlauterer Werbepraktiken, liegt es im primären Interesse der Verbraucherschaft, den Verstoß möglichst schnell zu unterbinden, um weiteren Schaden der Verbraucher zu verhindern. Ein verbraucherfreundliches Gerichtsverfahren sollte daher so ausgestaltet sein, dass es dem Kläger eine möglichst schnelle Rechtsdurchsetzung ermöglicht. Ein noch so schnelles Gerichtsverfahren ist aber weitgehend wertlos, wenn der Kläger die Beweislast trägt und es ihm wegen hoher beweisrechtlicher Hürden nicht möglich ist, dem Beklagten den Verstoß nachzuweisen. Den Verbrauchern kommt es daher besonders entgegen, wenn nicht dem Kläger, sondern dem Beklagten die Beweislast obliegt. Um die Verbraucherfreundlichkeit der deutschen und britischen Gerichtsverfahren sowie des Verfahrens der freiwilligen Selbst- 1591 1592 OFT (Fußn. 1487), Rn. 3. 40. OFT (Fußn. 1487), Rn. 3. 40. 198 kontrolle beurteilen zu können, werden diese im Folgenden vor allem auf ihre Schnelligkeit und die Beweislastverteilung untersucht. In Deutschland werden Klagen wegen Verstößen gegen die Tatbestände des UWG in der Regel im Rahmen eines Zivilverfahrens behandelt. Im Gegensatz zum übrigen Zivilrecht besteht im Wettbewerbsrecht dabei die Besonderheit, dass der weit überwiegende Teil der Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz stattfindet, ohne dass es später zu einem Hauptsacheverfahren kommt. Dies ist auch sachgerecht, da das Verfahren der einstweiligen Verfügung dem Antragsteller eine schnelle und einfache Möglichkeit bietet, die Verletzungshandlung zu unterbinden, während ein Hauptsacheprozess sich meist langsam und langwierig gestaltet. Die Schnelligkeit und Effizienz des Verfügungsverfahrens resultiert dabei aus einem Zusammenwirken von Gesetzgebung und Rechtsprechung. So trägt der Gesetzgeber dem Interesse des Klägers an einer schnellen und einfachen Rechtsdurchsetzung dadurch Rechnung, dass der Verfügungsgrund in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten, abweichend von den Regelungen der ZPO, gemäß § 25 UWG zu vermuten ist. Verstärkt wird die Bedeutung dieser Vorschrift durch die Praxis der Rechtsprechung, damit zugleich die besondere Dringlichkeit nach § 937 II ZPO zu vermuten. Einstweilige Verfügungen können daher in Wettbewerbssachen zumeist ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss und damit sehr schnell innerhalb weniger Tage erlassen werden. Im Vergleich zum Hauptsacheprozess bietet das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz ferner den Vorteil geringerer beweisrechtlicher Anforderungen. Während in Ersterem der Kläger grundsätzlich alle anspruchsbegründenden Tatsachen zu beweisen hat, hat der Antragsteller im Verfügungsverfahren praktisch nur die konkrete Verletzungshandlung glaubhaft zu machen. Kommt es zu einem Hauptsacheprozess, hilft aber auch dort die Rechtsprechung dem Kläger aus Beweisnöten, indem sie eine Beweislastumkehr für solche beweiserheblichen Tatsachen annimmt, die in den Verantwortungsbereich des Beklagten fallen. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass die einstweilige Verfügung ein sehr geeignetes Verfahren bietet, um unlautere Werbung möglichst schnell und effizient zu untersagen, während ein Hauptsacheprozess wegen seiner Langsamkeit grundsätzlich ungeeignet ist, den Interessen der Verbraucher Geltung zu verschaffen. Dies gilt selbstverständlich nur, soweit Unterlassungsansprüche inmitten stehen. Im Übrigen, insbesondere bei Schadensersatzklagen, besteht die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nicht. Jedoch existiert dort auch nicht die gerade für Unterlassungsansprüche typische Eilbedürftigkeit. Der große Nachteil einer einstweiligen Verfügung ist das damit verbundene Schadensersatzrisiko nach § 945 ZPO. Gerade im Bereich der Werbung, wo hohe Summen ausgegebenen werden, 199 um möglichst wirksame Kampagnen zu entwickeln und zu veröffentlichen, besteht ein nicht zu vernachlässigendes Risiko für den Antragsteller, mit teilweise sehr hohen Schadensersatzforderungen konfrontiert zu werden. Will er nicht seine Existenz riskieren, muss er daher über eine entsprechende finanzielle Basis verfügen. Dieser Umstand führt dazu, dass in Deutschland tatsächlich fast nur Konkurrenten und deren Verbände von den Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes Gebrauch machen, während die Verbraucherverbände sich darauf beschränken, Hauptsacheprozesse zu führen. Gerade den Organisationen, denen es obliegt, die Verbraucherinteressen wahrzunehmen und die in manchen Fällen vielleicht als Einzige gegen verbraucherschädliche Werbung vorgehen, sind damit nicht in der Lage, die Interessen der Verbraucher wirksam mit gerichtlichen Mitteln zu verteidigen. Damit die Verbraucherverbände in der Lage sind, einstweilige Verfügungen beantragen zu können ohne deren finanzielle Risiken fürchten zu müssen, ist daher deren ausreichende finanzielle Ausstattung dringend geboten. In Großbritannien werden Verstöße gegen verbraucherschützende Tatbestände in Straf- und Verwaltungsprozessen verhandelt. Vor allem Erstere sind kein geeignetes Verfahren, um Verstöße gegen TDA und CPA schnell und effektiv zu unterbinden. Anders als im Zivilprozess ist es im Strafprozess nicht möglich, einen Verstoß durch eine nur vorläufige Entscheidung festzustellen. Vielmehr ist es erforderlich, einen „Hauptsacheprozess“ zu führen, nach dessen Beendigung erst feststeht, ob eine bestimmte Werbung gegen Verbraucherschutzrecht verstoßen hat. Es werden daher regelmäßig etliche Wochen oder Monate vergehen, bis die Unzulässigkeit einer bestimmten Werbung festgestellt ist. Bis dahin bleibt es dem Unternehmer unbenommen, sich weiterhin dieser Werbung zu bedienen und Verbraucher zu schädigen. Diese Schwäche des Strafrechts hat auch der britische Gesetzgeber erkannt und die lokalen Behörden ermächtigt, in bestimmten Fällen zivilrechtlich mittels einstweiliger Verfügungen gegen Unternehmer, die gegen Verbraucherschutzrecht verstoßen, vorzugehen. Leider sind die Anforderungen, unter denen die Rechtsprechung einstweilige Unterlassungsverfügungen gewährt, jedoch so hoch, dass diese Möglichkeit zumindest für Verstöße gegen TDA und CPA keinerlei Rolle spielt. Neben der Langsamkeit des Verfahrens sind die, aus der Unschuldsvermutung resultierenden, hohen Beweisanforderungen ein weiterer Schwachpunkt des Strafverfahrens. Dem Angeklagten muss jenseits begründeter Zweifel ein Verstoß nachgewiesen werden, um ihn verurteilen zu können. Die englischen Behörden haben es daher ungleich schwerer als ein deutscher Verfügungskläger, bei dem schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine entsprechende Entscheidung ausreicht. Die hohen beweisrechtlichen Anforderungen werden jedoch dadurch abgemildert, dass die lokalen Behörden mit umfangreichen Kompetenzen bei der Beweisermitt- 200 lung und –sicherung ausgestattet sind. So sind sie insbesondere berechtigt, Unterlagen einzusehen und zu kopieren, Waren zu beschlagnahmen und im Extremfall sogar Durchsuchungen vorzunehmen. Da es sich bei Verstößen gegen den TDA und CPA um Vergehen mit niedriger krimineller Energie handelt, werden diese Befugnisse in der Regel ausreichen, um die erforderlichen Tatsachen zu ermitteln. Es bindet jedoch personelle Ressourcen, diese Kompetenzen auszuüben, so dass die hohen beweisrechtlichen Anforderungen in Verbindung mit der schlechten personellen Ausstattung der lokalen Behörden wohl mit ein Grund für deren zurückhaltende Verfolgungspolitik sind. Auch im Verfahren nach dem EA trägt die Behörde die Beweislast. Gleichzeitig ermächtigt Part 8 EA die Behörden, Informationen und Dokumente von jeder Person anzufordern. Die Kompetenzen nach dem EA bleiben damit hinter denen des TDA und CPA zurück. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass bei Verstößen gegen TDA und CPA die lokalen Behörden ihre diesbezüglichen Befugnisse wahrnehmen können und bei Zuwiderhandlungen gegen die CMAR die dortige Beweislastumkehr zu beachten ist. Ein entscheidender Vorteil des Verfahrens nach dem EA ist indes, dass dort der Verfolger eine einstweilige Unterlassungsverfügung erwirken kann. Deren Voraussetzungen ähneln teilweise denen der einstweiligen Verfügung im deutschen Recht. So ist nach deutschem Recht erforderlich, dass eine konkrete Verletzungshandlung glaubhaft gemacht wird. Gelingt dies, spricht gleichzeitig eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erlass eines entsprechenden Hauptsacheurteils. Genau dieses Kriterium ist es wiederum, an das das britische Recht den Erlass einer einstweiligen Verfügung knüpft. Dementsprechend erfordern beide Rechtsordnungen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Verletzungshandlung begangen wurde und daher ein Unterlassungsurteil in der Hauptsache zu erwarten ist. Vom deutschen Lauterkeitsrecht unterscheidet sich die einstweilige Verfügung im britischen Recht dadurch, dass dort die Dringlichkeit nicht zu vermuten ist. Es bleibt abzuwarten, welche Anforderungen die britischen Gerichte insoweit stellen werden. Grundsätzlich sollte jedoch ein fortdauernder Verstoß gegen Verbraucherschutzgesetze unverzüglich unterbunden werden. Dem deutschen Gesetzgeber ist daher zuzustimmen, dass bei Vorliegen einer Verletzungshandlung gleichzeitig eine Vermutung dafür spricht, dass diese schnellstmöglich zu unterbinden ist. Zusammenfassend ist festzustellen, dass das deutsche Recht mit dem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich geeignete Gerichtsverfahren zur schnellen und effektiven Rechtsdurchsetzung bereithält. Zu bedauern ist insoweit, dass es den Verbraucherverbänden wegen der finanziellen Risiken aus § 945 ZPO nicht möglich ist, sich dieser zu bedienen. Im 201 Großbritannien bieten nur die verwaltungsprozessualen Verfahren die Möglichkeit, schnell und effektiv gegen verbraucherschädliche Werbepraktiken vorzugehen. Besonders positiv fällt dabei die Beweislastumkehr nach den CMAR auf. Das Strafverfahren ist wegen seiner Langsamkeit dagegen grundsätzlich ungeeignet, materielles Verbraucherschutzrecht wirksam umzusetzen. F. Das Verfahren der freiwilligen Selbstkontrolle Da in Großbritannien materiell-rechtlich viele unlautere Werbepraktiken nur von den Regelungen des BCAP und nicht vom Gesetzesrecht erfasst werden, ist für den effektiven Schutz der Verbraucher in Großbritannien die Ausgestaltung und Effektivität des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle von kaum zu überschätzender Bedeutung. Diese wird dadurch noch verstärkt, dass im Bereich der irreführenden Werbung das Verfahren nach den CMAR nur subsidiär zum Verfahren der freiwilligen Selbstkontrolle angewendet wird. Es ist daher im Folgenden zu untersuchen, ob die Ausgestaltung des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle den Interessen des Verbrauchers gerecht wird. Das System der freiwilligen Selbstkontrolle wird finanziell durch die Werbeindustrie getragen. Dieses bietet auf den ersten Blick den Vorteil, dass es keine öffentlichen Gelder benötigt und daher die Verbraucher nicht mit Kosten belastet.1593 Diese Argumentation greift indes zu kurz. In Wahrheit geben die Unternehmen nämlich ihre Kosten über höhere Preise an die Verbraucher weiter, so dass letztendlich diese das System finanzieren. Dies ist zwar auch im Behördensystem und im deutschen zivilrechtlichen System nicht anders, wo die Unternehmen letztendlich ihre Kosten an die Verbraucher weiterreichen. Zu bedenken ist aber, dass Unternehmen miteinander im Wettbewerb stehen und sie sich deshalb streng kostenoptimiert zu verhalten haben. Wenn aber, wie im System der freiwilligen Selbstkontrolle, alle Unternehmen mit Kosten belastet werden, unabhängig davon, ob sie sich regelkonform verhalten, fehlt diesen der Anreiz, durch regelkonformes Verhalten Kosten zu sparen. Die Finanzierung durch die Werbeindustrie dient in dieser Ausgestaltung daher nur scheinbar den Interessen der Verbraucher. Die Finanzierung des Systems durch Beiträge der Werbeindustrie führt ferner zu einer Abhängigkeit dessen Organe, insbesondere der ASA, von der Industrie. Es ist insoweit auch nicht einsichtig, wie durch die Schaffung des ASBOF die Unabhängigkeit der ASA gewährleistet werden kann, wenn Erstere genau wie das CAP ausschließlich mit Vertretern der Werbeindustrie 1593 So die Argumentation von Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics 143 (153), AA (Fußn. 1370), S. 6, Boddewyn (Fußn. 1288), S. 288, Crawford [1998] CPR 132 (135 f.), Ohly (Fußn. 476), S. 58, Parry [2000] CLJ 137 (158). 202 besetzt ist. Vielmehr kann die Werbeindustrie jederzeit die Arbeit der ASA beenden, indem es dieser die notwendigen finanziellen Mittel verweigert. Das Verfahren, das dem System zur Entscheidungsfindung dient, ist teils positiv, teils negativ zu bewerten. Positiv ist insofern, dass der Unternehmer die Rechtmäßigkeit seiner Werbung zu beweisen hat. Dementsprechend ist es für die ASA kein Problem, im Zweifel gegen den Werbenden zu entscheiden und eine Werbung zu verbieten. Positiv ist ferner anzumerken, dass die ASA ihre Entscheidungen mittlerweile relativ zügig trifft, so dass ein Verfahren in der Regel in weniger als einem Monat abgeschlossen ist. Diese Gesichtspunkte werden auch in der Literatur von verschiedenen Autoren1594 angeführt und als Vorzüge des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle gegenüber einem gesetzlichen System dargestellt. Diese Vorteile zugunsten des Systems der freiwilligen Selbstkontrolle bestehen indes nur dann, wenn man dieses mit einem strafrechtlichen System vergleicht. Bei diesem ist weder eine Beweislastumkehr1595 noch ein schnelles Verfahren möglich. Im Rahmen eines zivil- oder verwaltungsrechtlichen Verfahrens sind schnelle Entscheidungen und eine Beweislastumkehr dagegen nicht nur möglich, sondern, wie an der Ausgestaltung der gerichtlichen Verfahren nach deutschem Recht sowie EA und CMAR ersichtlich, auch tatsächlich vorhanden. Dies gilt ebenso für die teilweise betonte Flexibilität des Systems1596, die nur im Verhältnis zu den sehr starren englischen Statutes, nicht aber in Relation zu den gleichfalls flexiblen Generalklauseln der §§ 1 und 3 UWG besonders hervorsticht.1597 Positiv fällt ferner auf, dass das System der Werbeselbstkontrolle grundsätzlich eine Vorkontrolle von Werbung erlaubt, wenngleich dies aus personellen und finanziellen Gründen nur in sehr begrenztem Umfang möglich ist. Unzulässige Werbung wird auf diese Art und Weise fast perfekt unterbunden. Auch können sich Unternehmen, bevor sie eine Werbung schalten, kostenlos über deren Rechtmäßigkeit informieren. Sie erhalten damit grundsätzlich Rechtssicherheit und es wird ihnen ermöglicht, die Grenzen des BCAP auszuschöpfen und die Verbraucher weitest möglich mit Informationen zu versorgen. Einschränkend ist hierbei jedoch anzumerken, dass sich die ASA nicht an Auskünfte des CAP Copy Advice Team gebunden fühlt, so dass dieser positive Effekt teilweise konterkariert wird. Positiv ist ferner, dass die Verbraucher über ihre Vertreter in der ASA auch direkt am Entscheidungsprozess beteiligt sind. Leider erfolgt jedoch keine Beteiligung der Verbraucher an der Erstellung des BCAP, so dass die Entscheidung, 1594 Ohly (Fußn. 476), S. 58 f., FitzGerald [1997] EIPR 709 (713), Crawford [1998] CPR 132 (134 ff.), AA (Fußn. 1370), S. 6. 1595 Ebenso Ohly (Fußn. 476), S. 58 f. 1596 Dworkin [1979] EIPR 41 (44), AA (Fußn. 1370), S. 6, Baggott/Harrison [1986] Policy and Politics 143 (153), Crawford [1998] CPR 132 (135). 1597 Ohly (Fußn. 476), S. 59. 203 welche Werbepraktiken erlaubt oder verboten sind, ausschließlich Vertreter der Industrie treffen.1598 Schließlich ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass sich das System hauptsächlich aus Verbraucherbeschwerden speist. Es wird dadurch eine Vorauswahl getroffen, welche Werbung die Verbraucher als verbraucherschädlich empfinden. Auch bietet ihnen das System eine Möglichkeit, kostenlos ihre wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen. Gleichzeitig bietet der Umstand, dass sich hauptsächlich Verbraucher beschweren auch Anlass zur Kritik. So kann das System unter diesen Voraussetzungen nur funktionieren, wenn die Verbraucher die nötige Kenntnis von den Regelungen des BCAP besitzen. Dies ist aber, wie schon die hohe Zahl unbegründeter Beschwerden zeigt, eher nicht der Fall.1599 Gleichzeitig führt dieses Unwissen bei Verbrauchern, die sich zu Unrecht beschweren, zu Unzufriedenheit, wenn ihre Beschwerde als unbegründet abgewiesen wird. Es verwundert daher nicht, dass fast die Hälfte aller Beschwerdeführer mit der Behandlung ihre Beschwerde unzufrieden ist. Diese Verbraucher werden zukünftig keine Verstöße mehr anzeigen, so dass dem System wichtige „Mitarbeiter“ verloren gehen. Generell eignet sich das System wenig dazu, Verbraucher zur Mitarbeit zu motivieren, da der einzelne Beschwerdeführer keinerlei Vorteile von einer Beschwerde zu erwarten hat. Erkennt er die Unlauterkeit der Werbung, ist er selbst nicht mehr in der Gefahr, durch diese geschädigt zu werden. Ist er aber bereits geschädigt, kann er seinen Schaden nicht durch eine Beschwerde kompensieren, sondern allenfalls Rachegefühle befriedigen. In beiden Fällen hat der Verbraucher keinen nennenswerten Vorteil. Es verwundert daher nicht, dass die Werbekampagnen, die die meisten Beschwerden auf sich ziehen, anstößige Inhalte haben. In diesen Fällen verfolgen die Beschwerdeführer das Ziel, zukünftig nicht mehr von den anstößigen Inhalten belästigt zu werden. Von ihrer Beschwerde versprechen sie sich daher einen persönlichen Vorteil. Zu kritisieren ist ferner die unbeständige Entscheidungspraxis der ASA. Diese versäumt es, hinsichtlich der einzelnen Tatbestände des BCAP feste Kriterien zu entwickeln und so Rechtsklarheit und –sicherheit zu schaffen.1600 Vielmehr werden ähnliche Verhaltensweisen nicht selten unterschiedlich beurteilt.1601 Verschlimmert wird diese Entscheidungspraxis noch dadurch, dass die ASA nur in wenigen Fällen ihre Entscheidung begründet. Diese wirken daher nicht selten willkürlich. Insgesamt führt die Entscheidungspraxis der ASA zu Ungerechtigkeiten und 1598 Cornish GRUR Int. 1973, 679 (686), Locke [1994] CPR 111 (112 f.), Middleton/Rodwell [1998] CPR 88 (89), Ohly (Fußn. 476), S. 59. 1599 Locke [1994] CPR (111) 114, Parry [2000] CLJ 137 (141), Scott/Black (Fußn. 1271), S. 59. 1600 Whybrow [1998] 10 PLC 29 (31). 1601 Siehe dazu nur die Spruchpraxis zur anstößigen Werbung, oben: 2. Teil: 2. Kapitel:B.IV.3.a). 204 Rechtsunsicherheit1602 , als deren Folge Werbung unabhängig von ihrer Verbraucherschädlich• keit teils verboten, teils erlaubt wird. Auch die Einführung des unabhängigen Revisors hat an diesem Befund nichts geändert. Schon die geringe Zahl der überprüften Entscheidungen verdeutlich dessen Bedeutungslosigkeit. Hinzu kommt, dass dessen Entscheidungen nicht bindend sind, sondern lediglich Empfehlungen an die ASA darstellen. Die Einführung des unabhängigen Revisors diente folglich wohl eher dem System zur Imagepflege, als dass tatsächlich eine Verbesserung im Sinne von mehr Gerechtigkeit gewollt war. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Gerichte bei der Überprüfung von Entscheidungen der ASA in Zurückhaltung üben. Sie kontrollieren Entscheidungen der ASA letztlich nur auf ihre formelle Rechtmäßigkeit. Zwar kann nach der Rechtsprechung eine Entscheidung der ASA auch dann gerichtlich korrigiert werden, wenn sie gesetzeswidrig oder irrational ist, in der Praxis sind solche Fälle aber bisher nicht vorgekommen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die ASA ihre Überlegungen selten offen legt. Es ist daher für einen potentiellen Kläger schwer überprüfbar, ob die Entscheidung der ASA auf irrationalen Überlegungen beruht. Eine unbeständige Entscheidungspraxis der ASA wird von den Gerichten dagegen ausdrücklich akzeptiert. Auch diese tragen somit zu Ungerechtigkeit und Rechtsunsicherheit bei, die das System der Werbeselbstkontrolle produziert. Zugleich verdeutlicht diese Rechtsprechung das hohe Ansehen und Vertrauen ,das das System der Werbeselbstkontrolle in Großbritannien genießt. Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle zwar durchaus positive Ansatzpunkte enthält, deren Vorzüge sich jedoch primär aus einem Vergleich mit dem herkömmlichen strafrechtlich konzipierten Verbraucherschutzrecht Großbritanniens ergeben. In Relation zum Verfahren nach dem EA den CMAR oder dem deutschen Recht kann es dagegen nicht überzeugen. Letztere sind mindestens ebenso schnell und effizient und bieten zudem den Vorteil transparenter und unabhängiger Entscheidungen. Das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle ist dagegen, wie schon dessen Entstehungsgeschichte verdeutlicht, primär von den Interessen der Werbeindustrie dominiert. Verbraucherschutz spielt nur insoweit eine Rolle, als er deren Interessen dient. G. Sanktionen Schnelle und effektive gerichtliche und außergerichtliche Verfahren allein genügen nicht, um die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher wirksam zu schützen. Vielmehr ist hierzu eben1602 Whybrow [1998] 10 PLC 29 (31). • 205 so erforderlich, dass Verstöße effektiv sanktioniert werden. Bedingt durch die verschiedenen Systeme sind die zur Verfügung stehenden Sanktionen in Deutschland und Großbritannien teilweise sehr unterschiedlich ausgestaltet. Es stellt sich daher die Frage, welches System die wirkungsvolleren Sanktionen bereit hält und ob diese ausreichen, um den Schutz des Verbrauchers zu gewährleisten. Wirksame Sanktionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Verbraucher vor Verletzungshandlungen schützen. Erforderlich ist daher zum einen, dass Verstöße effektiv unterbunden und weitere Schäden der Verbraucher verhindert werden. Zum anderen haben Sanktionen Werbende von zukünftigen Verstößen abzuhalten. Diese Präventivfunktion kommt insbesondere dort zum Tragen, wo Unternehmer vorsätzlich gegen Verbraucherschutzrecht verstoßen. Das Recht hat hier zu verhindern, dass systematisch Gewinn auf Kosten der Verbraucher erzielt wird. Unter diesen beiden Kriterien wird im Folgenden zuerst der Unterlassungs-, der Beseitigungsund der Schadensersatzanspruch untersucht. Sodann werden die strafrechtlichen Sanktionen und die Sanktionen des Systems der freiwilligen Werbeselbstkontrolle erörtert. I. Unterlassung Der Unterlassungsanspruch ist in Deutschland die primäre Sanktion, um unlautere Werbepraktiken zu bekämpfen. Aber auch das britische Recht greift teilweise auf Unterlassungsansprüche zurück, um verbraucherschädliche Werbung zu unterbinden. Dies gilt vor allem für neuere Gesetze wie den EA oder die CMAR, bei denen Verstöße ausschließlich mit Unterlassungsansprüchen sanktioniert werden. Wenn sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien verbraucherschädliche Werbung mittels Unterlassungsansprüchen sanktioniert wird, heißt das jedoch nicht, dass sich insoweit auch die Schutzniveaus in beiden Ländern entsprechen. Vielmehr hängen diese entscheidend von der inhaltlichen Ausgestaltung der jeweiligen Unterlassungsansprüche ab. Diese ist im deutschen und britischen Recht aber keineswegs identisch. Vielmehr bestehen erhebliche Unterschiede, falls der Werbende Unterlassungsverfügungen oder –urteilen zuwiderhandelt. So kann der Verletzer in diesem Fall nach deutschem Recht zu einem Ordnungsgeld von bis zu € 250.000 oder Ordnungshaft verurteilt werden. In Großbritannien besteht dagegen nur die Möglichkeit einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Missachtung des Gerichts. Da die Geldstrafen insoweit meist sehr niedrig ausfallen1603, ist das deutsche Recht geeigneter, den Verletzer davon abzuhalten, unzulässige Werbung fortzusetzen oder zu wiederholen. Ein Ordnungsgeld von € 250.000 ist auch für größere Unternehmen eine spürbare Sanktion, so dass 1603 Siehe dazu unten: 3. Teil: 3. Kapitel:G.V. 206 es sich für den Werbenden oft nicht lohnen wird, seine Verletzungshandlung fortzusetzen oder zu wiederholen. Unterlassungsansprüche sind dagegen grundsätzlich ungeeignet, um Verbraucher vor vorsätzlichen Verletzungshandlungen zu schützen. Es ist hierbei zu berücksichtigen, dass sich in unserer schnelllebigen Wirtschaftswelt Werbung, z. B. von Discountern, teilweise wöchentlich ändert, so dass eine Unterlassungsverfügung häufig zu spät kommt. Ferner kann es in der Praxis Schwierigkeiten bereiten, Antrag und Tenor korrekt zu formulieren, so dass sich dem Werbenden auch hieraus wieder Chancen bieten, eine Unterlassungsverfügung zu umgehen. Schließlich ist es eine Schwäche des Unterlassungsanspruchs, dass er nur verhindert, dass Unternehmer ihre verbraucherschädliche Werbung fortsetzen oder wiederholen. Dagegen ist er kein Mittel, um zukünftigen Verstößen entgegenzuwirken. Unternehmer, die sich unlauterer Werbepraktiken bedienen, haben nur zu befürchten, zur Unterlassung verurteilt zu werden und eventuell gerichtlich oder außergerichtlich angefallene Kosten tragen zu müssen. Das ist ein sehr geringer Preis für die wirtschaftlichen Vorteile, die sie aus unzulässiger Werbung möglicherweise ziehen können. Unlautere Werbung rentiert sich für Unternehmer daher fast immer. II. Beseitigung, Widerruf und berichtigende Werbung In Großbritannien besteht bei verbraucherschädlicher Werbung kein Beseitigungsanspruch. Ebenso wenig existiert ein Anspruch auf Widerruf oder berichtigende Werbung. Nach deutschem Recht ist es dagegen grundsätzlich möglich, einen Verletzer bei wettbewerbswidriger Werbung auf Beseitigung, insbesondere auch auf Widerruf und berichtigende Werbung, in Anspruch zu nehmen. Letzteres ist nach der Rechtsprechung des BGH zwar insoweit nicht ganz eindeutig als es Fälle der irreführenden Werbung betrifft, da der BGH in der Entscheidung „Wirtschaftsregister“1604 insofern einen Beseitigungsanspruch ablehnt. Es handelt sich bei diesem Urteil aber um eine Einzelfallentscheidung, die nicht überbewertet werden sollte.1605 Sowohl vor als auch nach diesem Urteil hat der BGH im Grundsatz anerkannt, dass die Marktverwirrung ein Störungszustand ist, gegen den Beseitigungsansprüche bestehen.1606 Solange daher ein Störungszustand in Form einer Marktverwirrung besteht, kann der Störer auf Widerruf bzw. berichtigende Werbung in Anspruch genommen werden.1607 1604 BGH, GRUR 1998, 415 (417) – Wirtschaftsregister. Ähnlich Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 34 Rn. 10 in Fußn. 46. 1606 Siehe BGH, GRUR 1991, 921 (923) – Sahnesiphon, BGH, GRUR 2001, 841 (845) – Entfernung der Herstellungsnummern II. 1607 So auch die h. L. siehe: Schricker, GRUR Int. 1975, 191 (195), Köhler/Piper (Fußn. 50), Vor § 13 Rn. 44, 52, Pastor/Ahrens/Loewenheim (Fußn. 794), Kap. 71 Rn. 6, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 26 Rn. 4, 39 f., Kap. 34 Rn. 10, insbesondere in Fußn. 46, a. A. Albrecht, WRP 1975, 566 (568). 1605 207 Sowohl in der deutschen als auch in der britischen Literatur wird teilweise bezweifelt, dass berichtigende Werbung ein wirksames und nützliches Mittel darstellt, um Verbraucher vor irreführender Werbung zu schützen. Begründet wird dies damit, dass nicht jeder getäuschte Verbraucher von der berichtigenden Werbung erreicht werden könne.1608 Ferner wird angeführt, berichtigende Werbung habe einen pönalen Einschlag und sei deshalb unverhältnismäßig.1609 Zusätzlich werden Probleme bei der praktischen Durchführung behauptet, insbesondere wenn Unternehmer nicht kooperationsbereit sind.1610 Diese Bedenken können jedoch nicht überzeugen. Selbst wenn nicht jeder getäuschte Verbraucher von der berichtigenden Werbung erreicht wird, ist es besser, bei möglichst vielen den Irrtum zu beseitigen als bei keinem. Eigentlich kommt es darauf aber gar nicht an. Es ist den Gegnern der berichtigenden Werbung nämlich zuzugeben, dass eine entsprechende Werbung in den meisten Fällen erst nach einem längeren Prozess zu einem Zeitpunkt erfolgen kann, an dem die Werbung längst nicht mehr aktuell ist.1611 Dann kann sie ihre Wirkung, die Verbraucher über die Täuschung aufzuklären, aber tatsächlich nicht mehr erreichen. Dabei wird jedoch übersehen, dass eine Pflicht zur berichtigenden Werbung ein hervorragendes Mittel darstellt, um Werbende, die vorsätzlich gegen Verbraucherschutzrecht verstoßen, vor zukünftigen Verletzungshandlungen abzuhalten. In Zeiten, in denen fast jedes Unternehmen auf sein Image bedacht ist und in denen Unsummen für Werbung ausgegeben werden, bedeutet es für Unternehmen ein erhebliches Risiko, wenn verbraucherschädliche Werbepraktiken öffentlich gemacht werden. Sie haben dann Umsatzeinbußen durch entsprechende Reaktionen der Verbraucher zu fürchten. Diesen wird dadurch die Möglichkeit gegeben, von Gesetzesverstößen der Werbenden Kenntnis zu erhalten, diese zu bewerten und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.1612 Sie übernehmen damit selbst ein Stück Verantwortung für ihren eigenen Schutz. Keine andere Sanktion bietet Verbrauchern diese Möglichkeit. Am ehesten gewährleistet diese noch das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle, jedoch ist der Verbreitungsgrad der ASA-Entscheidungen wesentlich geringer als der einer durchschnittlichen Werbeanzeige1613, so dass auch hier die Verbraucher nur unzureichend informiert werden. Auch die Bedenken berichtigende Werbung sei wegen ihres pönalen Charakters unverhältnismäßig, können nicht überzeugen. Zugegebenermaßen hat berichtigende Werbung in der hier 1608 1609 1610 1611 1612 1613 Albrecht, WRP 1975, 566 (569), Crawford [1998] CPR 132 (134), Parry [2000] CLJ 137 (154). Albrecht, WRP 1975, 566 (569). Albrecht, WRP 1975, 566 (569), Parry [2000] CLJ 137 (154). So in etwa die Argumentation von Albrecht, WRP 1975, 566 (569). Gobert [1998] 2 Web JCI, Ausdruck S. 9. Siehe dazu unten: 3. Teil: 3. Kapitel:G.VI. • 208 vorgeschlagenen Form mehr den Charakter einer Sanktion als den einer Gefahrenabwehrmaßnahme. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass es der Werbende ist, der die Ursache für diese Sanktion setzt. Ferner ist dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dadurch Rechnung zu tragen, dass ein Anspruch auf berichtigende Werbung de lege ferenda auf diejenigen Fälle beschränkt wird, in denen der Werbende den Verbraucher vorsätzlich täuscht. Auszugestalten ist eine berichtigende Werbung praktisch so, dass der Werbende in seiner Werbung darauf hinweist eine Behauptung zu widerrufen bzw. richtig zu stellen.1614 Die Modalitäten der berichtigenden Werbung haben sich dabei an denjenigen der Verletzungshandlung zu orientieren.1615 Die Botschaft muss wie bei jeder Werbung eingängig und verständlich formuliert sein.1616 Ferner darf es dem Werbenden nicht gestattet werden, die berichtigende Werbung in andere positive Werbebotschaften einzubetten.1617 Berichtigende Werbung sollte also zukünftig verstärkt zur Bekämpfung verbraucherschädlicher Werbung verwandt werden. Problematisch ist insofern, dass weder in Deutschland noch in Großbritannien die dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen bestehen. So ist berichtigende Werbung dem britischen Verbraucherschutzrecht als Sanktion fremd. Aber auch das deutsche Recht, nach dem berichtigende Werbung grundsätzlich als besondere Form der Beseitigung möglich ist, bietet nicht die erforderlichen gesetzlichen Instrumentarien. Berichtigende Werbung ist hier nur solange möglich als ein Störungszustand in Form einer Marktverwirrung besteht. Wegen der Kurzlebigkeit der Werbung und der Erinnerung der Verbraucher an diese wird ein Anspruch auf berichtigende Werbung in den meisten Fällen aber allenfalls wenige Wochen bestehen.1618 In diesem Zeitraum wird ein Hauptsacheprozess in der Regel noch nicht einmal begonnen haben. Im maßgeblichen Zeitpunkt wird ein Störungszustand deshalb nur ausnahmsweise noch vorliegen.1619 Sowohl der deutsche als auch der britische Gesetzgeber sind daher aufgerufen, Regelungen zu schaffen, nach denen im Fall von verbraucherschädlicher Werbung, unabhängig von der Erinnerung der Verbraucher an diese, ein Anspruch auf berichtigende Werbung besteht. 1614 Gommlich (Fußn. 1124), S. 304. Gommlich (Fußn. 1124), S. 300. 1616 Gommlich (Fußn. 1124), S. 304. 1617 Gommlich (Fußn. 1124), S. 304. 1618 Ähnlich Baumbach/Hefermehl (Fußn. 24), Einl. UWG Rn. 315, Gommlich (Fußn. 1124), S. 297, a. A. Schricker, GRUR Int. 1975, 191 (197). 1619 Gommlich (Fußn. 1124), S. 308. 1615 209 III. Schadensersatz Schadensersatzansprüche sind in Deutschland und Großbritannien bei der Bekämpfung verbraucherschädlicher Werbung von sehr untergeordneter Bedeutung. Hier wie dort gewährt das jeweilige Zivilrecht geschädigten Verbrauchern keine Schadensersatzansprüche gegen den Werbenden. Lediglich nach britischem Strafrecht können geschädigte Verbraucher Schadensersatz zugesprochen bekommen. Die britischen Gerichte nutzen diese Möglichkeit aber fast ausschließlich, um gegen gesetzeswidrig werbende Gebrauchtwagenhändler vorzugehen, so dass sie für den Großteil der Werbung bedeutungslos ist. Verbraucher können Werbende für eine unzulässige Werbung somit grundsätzlich weder in Deutschland noch in Großbritannien auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Für den einzelnen geschädigten Verbraucher mag das bedauerlich sein. Für die Verbraucherschaft im Gesamten ist es dies nicht. Wie bereits an anderer Stelle1620 erörtert, sind Verbraucher grundsätzlich nicht in der Lage, in großem Umfang Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die zu befürchtenden Schadensersatzansprüche werden daher in der Regel geringer sein als die aus der unzulässigen Werbung zu erwartenden Gewinne. Die Präventivwirkung von Schadensersatzansprüchen geschädigter Verbraucher ist daher sehr gering. Dies gilt in ähnlicher Form für Schadensersatzansprüche von Konkurrenten. Diese bestehen für Verstöße gegen verbraucherschützende Tatbestände nur nach deutschem Recht. Die britischen Verbraucherschutzbestimmungen vermitteln geschädigten Konkurrenten dagegen keine Schadensersatzansprüche. Auch in Deutschland spielen sie aber keine bedeutende Rolle, da in der Praxis ein Schaden meist nur schwer zu beweisen und zu beziffern ist.1621 Die geringe praktische Bedeutung von Schadensersatzansprüchen von Konkurrenten ist jedoch nicht weiter bedauerlich, da sie in ihrer jetzigen Ausgestaltung sowieso nicht geeignet sind, den Belangen des Verbraucherschutzes zu dienen. So können Konkurrenten hauptsächlich Rechtsverfolgungskosten und entgangenen Gewinn als Schadensersatz beanspruchen. Erstere werden aber regelmäßig so gering sein, dass sich Unternehmer dadurch nicht davon abhalten lassen werden, verbraucherschädlich zu werben. Dies gilt ebenso für einen Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns. Unabhängig von den Problemen, diesen in der Praxis zu beweisen, kann er kaum den Gewinn erreichen, den der Verletzer erzielt hat. Unter diesen Umständen ist verbraucherschädliche Werbung stets ein lohnendes Geschäft. 1620 Siehe oben: 3. Teil: 3. Kapitel:A. GK-Köhler (Fußn. 280), Vor § 13 B Rn. 245, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 28 Rn. 1, zu weiteren Ursachen siehe oben: 3. Teil: 1. Kapitel:B.III. 1621 210 Neben Rechtsverfolgungskosten und entgangenem Gewinn gewährt die Rechtsprechung schließlich noch Ersatz für Marktentwirrungsmaßnahmen, wie etwa berichtigende Gegenanzeigen. Der hohe Nutzen berichtigender Werbung für die Belange des Verbraucherschutzes wurde bereits an anderer Stelle1622 erörtert. Leider machen Konkurrenten von dieser Möglichkeit so gut wie keinen Gebrauch. Neben den allgemeinen Gründen, aus denen Mitbewerber ihre Klagebefugnis nicht wahrnehmen1623, liegen die Ursachen wohl in den finanziellen Risiken, die berichtigende Gegenanzeigen für Konkurrenten darstellen. Diese können nämlich nur zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem noch eine Marktverwirrung besteht, da es andernfalls an einer Marktentwirrungsmaßnahme fehlt. Berichtigende Gegenanzeigen sind daher nur innerhalb einer kurzen Zeitspanne möglich1624, in der aber noch nicht feststeht, ob ein Schadenersatzanspruch des Konkurrenten auch tatsächlich besteht. Der Mitbewerber trägt daher das Risiko, in einem nachfolgenden Prozess zu unterliegen und die Kosten der berichtigenden Werbung nicht ersetzt zu bekommen. Da diese Kosten sehr oft hohe Beträge erreichen werden, besteht zu Lasten des Konkurrenten ein hohes finanzielles Risiko, das berichtigende Gegenanzeigen häufig unrentabel erscheinen lässt.1625 Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass Schadensersatzansprüche, gleichgültig ob sie von Verbrauchern oder Konkurrenten geltend gemacht werden, kein geeignetes Mittel sind, verbraucherschädliche Werbung zu verhindern. IV. Rücktrittsrecht Bei irreführenden Werbeangaben haben Verbraucher in Deutschland ein besonderes Rücktrittsrecht. Der britische Gesetzgeber hat ein solches Recht dagegen nicht geschaffen. Abgesehen davon, dass sich die Frage eines besonderen Rücktrittsrechts im Fall von irreführender Werbung für das britische Recht schon systembedingt nicht stellt, wäre es nach den Erfahrungen in Deutschland auch nicht sinnvoll, ein solches einzuführen. Hierzulande kommt das Rücktrittsrecht in der Praxis nämlich kaum zur Anwendung. Die Ursachen sind dabei identisch mit den Gründen, die gegen ein Klagerecht einzelner Verbraucher sprechen.1626 Hinzu kommt, dass getäuschte Verbraucher auf das Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG häufig gar nicht angewiesen sind, da meist schon andere geeignete zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen zur Verfügung stehen.1627 1622 1623 1624 1625 1626 1627 3. Teil: 3. Kapitel:G.II. Siehe dazu oben 3. Teil: 1. Kapitel:A.I.1.c). Siehe dazu bereits oben: 3. Teil: 3. Kapitel:G.II. Ähnlich Gommlich (Fußn. 1124), S. 311. Siehe dazu oben: 3. Teil: 3. Kapitel:A. Siehe ausführlich hierzu Fezer, WRP 2003, 127 ff. 211 Nun wird teilweise in der Literatur behauptet, das Rücktrittsrecht habe präventive Wirkung.1628 Überzeugen kann diese Annahme jedoch nicht. Unternehmer, die für ein Produkt mittels irreführender Angaben werben, riskieren allenfalls, dass das betreffende Geschäft rückgängig gemacht wird. Sie können sich daher ohne großes Risiko irreführender Werbung bedienen und abwarten, ob der Verbraucher diese bemerkt und von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht.1629 Warum der Unternehmer aus Furcht vor derlei Sanktionen auf irreführende Werbung verzichten sollte, ist beim besten Willen nicht erkennbar. Ein Rücktrittsrecht erfüllt somit bei unlauterer Werbung keinerlei verbraucherschützende Funktion. Beater ist daher zuzustimmen, wenn er § 13 a UWG als „Resultat gesetzgeberischen Aktionismus“1630 kritisiert. V. Strafrechtliche Sanktionen In Großbritannien ist Verbraucherschutzrecht grundsätzlich Strafrecht. Als Sanktionen stehen deshalb Geld- und Freiheitsstrafen zu Verfügung. Tatsächlich werden bei Verstößen gegen TDA und CPA jedoch nur in Ausnahmefällen Freiheitsstrafen verhängt, da diese Vergehen nicht als „echte“ Straftaten betrachtet werden. Verstöße gegen TDA und CPA werden daher in der Regel mittels Geldstrafen sanktioniert. Dies erscheint auch sachgerecht. Unternehmen sind wirtschaftlich denkende Gebilde, die nach einer Kosten-Nutzen-Relation handeln. Es ist daher viel wirksamer, diesen mit finanziellen Sanktionen als mit Freiheitsentzug seiner Angestellten zu drohen. Die schlimmste Strafe für ein Unternehmen ist der Verlust seiner Wirtschaftlichkeit.1631 Tatsächlich sind die Geldstrafen, die bei Verstößen gegen TDA und CPA ausgesprochen werden, ihrer Höhe nach kaum geeignet, irgendeine präventive Wirkung zu entfalten. So wird der Großteil der Fälle im summarischen Verfahren verhandelt, so dass die maximale Sanktion in einer Geldstrafe in Höhe von ₤ 5.000 besteht. Durchschnittlich betrug die Geldstrafe für Vergehen nach dem TDA 2001 sogar nur rund ₤ 1.000. Kaum ein Unternehmen wird sich von Geldstrafen in dieser Größenordnung von Gesetzesverstößen abhalten lassen, da der zu erwartende Gewinn die drohende Strafe fast immer übersteigen wird. Um präventiv zu wirken, müssten Geldstrafen aber mindestens die Höhe des durch das Vergehen erzielten Gewinns betragen. 1628 GK-Köhler (Fußn. 280), § 13 a Rn. 2, Teplitzky (Fußn. 800), Kap. 37 Rn. 2, Walter/Grüber/Krafft (Fußn. 1072), S. 944. 1629 Lehmann, GRUR 1987, 199 (211). 1630 Beater (Fußn. 25), § 28 Rn. 46. 1631 Gobert [1998] 2 Web JCI, Ausdruck S. 3. 212 VI. Sanktionen des Systems der freiwilligen Werbeselbstkontrolle Die Hauptsanktion bei Verstößen gegen die Regelungen des BCAP ist die negative Publicity, die eine Entscheidung der ASA mit sich bringt. Wie schon an anderer Stelle1632 ausgeführt, ist dies grundsätzlich der richtige Weg, um Unternehmen vor verbraucherschädlicher Werbung abzuhalten. Zu kritisieren ist insoweit jedoch, dass die Entscheidungen der ASA nur auf ihrer Homepage sowie in der von ihr herausgegebenen Zeitschrift „ASA Monthly Review“ veröffentlicht werden. Dies gewährleistet jedoch nicht, dass eine breite Öffentlichkeit von Verstößen Kenntnis erlangt. Vielmehr werden hierdurch nur interessierte Kreise erreicht, die sich bewusst hierzu informieren. Zwar greifen teilweise auch die Medien Entscheidungen der ASA auf1633, jedoch kann auch dadurch keine ausreichende Öffentlichkeitswirkung erzielt werden. Selbst wenn man unterstellt, dass in diversen Zeitungen ziemlich regelmäßig über Entscheidungen der ASA berichtet wird, ist es nicht möglich, in einem 5 oder 10 Zeilen-Artikel auch nur annähernd die gleiche Öffentlichkeitswirkung zu erzielen wie in einer viertel-, halb-, oder ganzseitigen Werbeanzeige. Hinzu kommt, dass die ASA nicht kontrollieren kann, welche ihrer Entscheidungen von den Medien aufgegriffen werden.1634 Dies ist umso bedauerlicher als sich die ASA mangels eigener Möglichkeiten somit in eine Abhängigkeit von den Medien begibt und zwar denselben Medien, die regelmäßig auch verbraucherschädliche Werbung publizieren. Kaum eine Zeitung wird jedoch berichten, dass eine von ihr veröffentlichte Werbeanzeige unzulässig war, zumal sie befürchten muss, von ihrem Kunden zukünftig keine Werbeaufträge mehr zu erhalten. Eine weitere Sanktion besteht bei Verstößen gegen den BCAP darin, dass die beanstandete Werbung von Mitgliedern des CAP nicht mehr publiziert werden. Inhaltlich ist diese Sanktion damit mit einer Unterlassungsverfügung vergleichbar. Die dort1635 beschriebenen Schwächen und die nur geringe präventive Wirkung treffen daher auch hier zu. Hinzu kommt, dass Ad Alerts von den CAP-Mitgliedern teilweise nicht beachtet werden, so dass unzulässige Werbung trotzdem publiziert wird.1636 Schließlich funktioniert die Verweigerung von Werbefläche, anders als eine Unterlassungsverfügung, nicht bei solchen Werbeformen, die nicht auf die Unterstützung der Medien angewiesen sind, wie z. B. Flugblatt- oder PoP-Werbung.1637 Wegen dieser zusätzlichen Schwächen ist die Verweigerung von Werbeflächen daher noch ungeeigneter, die Verbraucher vor unzulässiger Werbung zu schützen als ein Unterlassungsanspruch. 1632 3. Teil: 3. Kapitel:G.II. Nach Borrie, Event: Newspaper Society Conference – 17/05/2001, Ausdruck S. 2, wurde die ASA von Februar bis April 2001 551 mal in regionalen Zeitungen erwähnt. 1634 Middleton/Rodwell [1998] CPR 88, Parry [2000] CLJ 137 (147). 1635 3. Teil: 3. Kapitel:G.I. 1636 Borrie (Fußn. 1633), Ausdruck S. 3. 1637 OFT (Fußn. 1274), S. 40, Parry [2000] CLJ 137 (148). 1633 213 Ein wirksames Mittel ist es dagegen grundsätzlich, Werbung eines Unternehmens bei wiederholten oder groben Verstößen einer Vorkontrolle zu unterziehen. Diese ist jedoch nur in sehr begrenztem Umfang möglich, weshalb sie als Sanktion auch nur bei Plakatwerbung zur Verfügung steht. Darüber hinaus stellt sie nur dann eine wirksame Sanktion dar, wenn auch die Medien ihren Beitrag leisten und Werbung nur dann publizieren, wenn sie vom CAP Copy Advice Team vorher als zulässig beurteilt worden ist. Der Entzug von Privilegien oder sogar der Ausschluss des Werbenden aus seinem Fachverband schließlich existiert nur in der Theorie. Dies wissen auch die Unternehmen, so dass hiervon keinerlei präventive Wirkung ausgeht. Zudem ist zu beachten, dass es nicht möglich ist, diese Sanktionen in großem Umfang anzuwenden, da dies auf Dauer zu einem Mitgliederschwund und damit letztlich zur Schädigung des ganzen Systems führen würde. Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle über keine wirksamen Sanktionen verfügt, um präventiv verbraucherschädlicher Werbung entgegenzuwirken. Soweit es sich als Sanktion der negativen Publicity bedient, ist dies vom Ansatz her zu begrüßen, nach seiner praktischen Ausgestaltung jedoch zu kritisieren. Ebenso sind die sonstigen zur Verfügung stehenden Sanktionen nicht geeignet, abschreckend auf Unternehmen einzuwirken. Ein wirksamer Schutz des Verbrauchers vor unlauterer Werbung findet daher durch das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle nicht statt. 214 4. Kapitel: Zwischenergebnis Die Untersuchung der Verfahren und Sanktionen hat gezeigt, dass, soweit sich der britische Gesetzgeber verwaltungsrechtlicher Verfahren bedient, sowohl in der Ausgestaltung der Verfahren als auch in den möglichen Sanktionen große Übereinstimmungen mit dem deutschen Recht bestehen. Vollkommen anders ist dies für die Konstellationen zu beurteilen, in denen mittels strafrechtlicher Verfahren und Sanktionen gegen verbraucherschädliche Werbung vorgegangen wird. Hier ergeben sich nur wenige Gemeinsamkeiten. Dies gilt in ähnlicher Form auch für das Verfahren und die Sanktionen der freiwilligen Werbeselbstkontrolle. Im Einzelnen sind folgende Ergebnisse festzuhalten: 1. In Deutschland verfolgen vor allem Wettbewerber und deren Verbände unlautere Werbepraktiken. Als dessen Folge besteht die Gefahr, dass das Wettbewerbsrecht von Konkurrentenschutzgedanken dominiert wird. In Großbritannien obliegt es dagegen Behörden, die Einhaltung der Verbraucherschutzbestimmungen zu überwachen. Sowohl diese als auch die deutschen Verbraucherverbände sind wegen ihrer mangelhaften finanziellen und personellen Ausstattung nur unzureichend in der Lage, die Interessen der Verbraucher zu verteidigen. Eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Behörden und Verbraucherverbände ist daher dringend geboten. 2. Als Folge daraus, dass es in Großbritannien fast ausschließlich Behörden obliegt, die Einhaltung der Verbraucherschutzbestimmungen zu kontrollieren, wird dort die Mehrheit der Verstöße nicht verfolgt. Es ist daher besser, wenn, entsprechend dem deutschen Vorbild, eine Vielzahl von Personen und Vereinigungen die Wettbewerbssitten überwachen. Jedoch besteht auch hier die Gefahr eines Verfolgungsdefizits. Dieses resultiert aus der Beschränkung der Klagebefugnis fast aller Klageberechtigter auf Verstöße, die den Wettbewerb bzw. die Verbraucherinteressen wesentlich beeinträchtigen. Die einschlägigen Regelungen widersprechen den Interessen der Verbraucher und sind daher zu kritisieren. 3. Der einzelne Verbraucher spielt weder in Deutschland noch in Großbritannien bei der Bekämpfung unlauterer Werbung eine besondere Rolle. Wegen ihres fehlenden rechtlichen und sachlichen Wissens sind einzelne Verbraucher nicht in der Lage, unlautere Werbung in großem Umfang zu verfolgen. Klagerechte einzelner Verbraucher sind daher nicht geeignet, den Schutz der Verbraucherinteressen zu verbessern. 4. Sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien haftet grundsätzlich der Betriebsinhaber sowie der handelnde Angestellte für Verletzungshandlungen. Die Haftung von Presseorga- 215 nen ist in der Regel auf leicht zu erkennende Verstöße beschränkt. Die Handlungen seiner Angestellten werden dem jeweiligen Betriebsinhaber grundsätzlich zugerechnet. Ein Verschulden ist in der Regel weder nach deutschem noch nach britischem Recht erforderlich. Die dadurch begründete sehr weite Haftung wird jeweils auf unterschiedliche Art und Weise begrenzt, wobei das britische Recht weitergehende Haftungsbegrenzungen vorsieht. Keinerlei Haftungsbegrenzung besteht bei Verstößen gegen die Regelung des BCAP. 5. Außergerichtliche Verfahren sind bei der Verfolgung verbraucherschädlicher Werbung aus unterschiedlichen Gründen in Deutschland und Großbritannien von enormer Bedeutung. Grundsätzlich sind diese geeignet, den Interessen der Verbraucher schnell und effizient Geltung zu verschaffen. Ziel dieser Verfahren ist es zumeist, eine Unterlassungserklärung zu erhalten. Diese ist in Großbritannien – anders als in Deutschland – nicht strafbewehrt und bietet daher nur einen geringeren Schutz. 6. Das deutsche Recht bietet mit dem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich ein geeignetes Gerichtsverfahren zur schnellen und effektiven Durchsetzung der Verbraucherrechte. Dies gilt in ähnlichem Maße für die verwaltungsgerichtlichen Verfahren in Großbritannien. Ein Strafverfahren ist wegen seiner Langsamkeit dagegen grundsätzlich ungeeignet, Verbraucherschutzrecht wirksam durchzusetzen. 7. Das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle enthält zwar durchaus positive Ansatzpunkte. Deren Vorzüge ergeben sich jedoch primär aus einem Vergleich mit dem herkömmlichen, strafrechtlich konzipierten Verbraucherschutzrecht Großbritanniens. In Relation zum Verfahren nach dem EA, den CMAR oder dem deutschen Recht kann es dagegen nicht überzeugen. 8. Der Unterlassungsanspruch ist sowohl in Deutschland als auch bei den verwaltungsrechtlichen Verfahren in Großbritannien die Hauptsanktion, um unlauterer Werbung entgegenzuwirken. Wirksam ausgestaltet ist er nur in Deutschland. Zudem verfügt er über nur geringe abschreckende Wirkung und ist deshalb kaum geeignet vorsätzliche Verstöße zu verhindern. Gleiches gilt für Schadensersatzansprüche. Diese sind weder in Deutschland noch in Großbritannien bei der Bekämpfung verbraucherschädlicher Werbung von besonderer Bedeutung. Auch das Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG ist keine geeignete Sanktion. Eine wirksame Sanktion um vorsätzliche unlautere Werbung zu verhindern, wäre dagegen ein Anspruch auf berichtigende Werbung. Weder in Deutschland noch in Großbritannien bestehen hierzu jedoch die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen. Die Ausgestaltung der strafrechtlichen Sanktionen in Großbritannien ist nicht geeignet, präventiv zu wirken. Auch das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle verfügt über keine wirksamen Sanktionen. 216 4. Teil: Ergebnis und Ausblick 1. Kapitel: Ergebnis Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Verbraucher aufgrund von Macht- und Informationsasymmetrien den Unternehmen grundsätzlich strukturell unterlegen ist. Er ist daher von der Rechtsordnung zu schützen. Bei der Bestimmung des Schutzniveaus gehen sowohl die deutsche als auch die britische Rechtsprechung und der EuGH übereinstimmend von dem Leitbild eines situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich verständigen und informierten Verbrauchers aus. Dieser Verbraucher wird in Deutschland mittels zivilrechtlicher Tatbestände vor unlauterer Werbung geschützt, während in Großbritannien hierzu straf- und verwaltungsrechtliche Normen sowie die Regelungen der freiwilligen Werbeselbstkontrolle zusammenwirken. Dort herrscht traditionell eine viel liberalere Auffassung, vor welchen Werbepraktiken der Verbraucher zu schützen ist, als in Deutschland. In neuerer Zeit sind jedoch auch in der deutschen Rechtsprechung und Gesetzgebung liberalere Tendenzen ersichtlich, so dass sich das deutsche Recht inhaltlich in vielen Bereichen an das britische annähert. Die Untersuchung hat insofern gezeigt, dass die Rechtsordnungen beider Länder im Grundsatz darin übereinstimmen, dass die Verbraucher vor nicht erkennbarer und vor irreführender Werbung zu schützen sind. Besonders Letztere ist jedoch nur dann zu untersagen, wenn sie geeignet ist, den Verbraucher in seinem wirtschaftlichen Verhalten zu beeinflussen. Auch darin stimmt der BGH nunmehr mit der britischen Rechtsprechung überein. Dies gilt ebenso für den Grundsatz, dass Werbung nicht vollständig zu sein braucht und Informationspflichten nur insoweit bestehen, als der Verbraucher durch eine Werbeaussage konkludent über relevante Informationen getäuscht wird. Das Sachlichkeitsgebot existiert als Kriterium des Verbraucherschutzes nur in Deutschland. Es ist nicht geeignet, verbraucherschädliche von verbraucherfreundlicher Werbung abzugrenzen. Unterschiede ergeben sich hieraus, soweit es den Bereich der Willensbildung betrifft, vor allem in den Bereichen der gefühlsbetonten und der Gewinnspielwerbung. Insoweit erfolgt im deutschen Recht eine Überregulierung. Übereinstimmend beurteilen dagegen sowohl das britische als nunmehr auch das deutsche Recht Zugaben, Vorspann- und Koppelungsangebote als grundsätzlich zulässig. Lediglich die Regelungen des BCAP weichen hiervon in geringem Maße ab. Werbung, die in Deutschland der Fallgruppe des psychologischen Kaufzwangs unterfällt, ist in Großbritannien grundsätzlich erlaubt. Dies ist insoweit zu begrüßen, als es die Fälle der Wert- 217 reklame betrifft. Autoritäten- und Laienwerbung tangiert dagegen die Verbraucherinteressen und ist daher zu untersagen. Unterschiede ergeben sich auch im Bereich der Telefonwerbung und des Ansprechens von Verbrauchern in der Öffentlichkeit zu Werbezwecken. Auch hier ist das deutsche Recht zu Unrecht strenger als das britische. Haustürwerbung wird schließlich in Deutschland und Großbritannien übereinstimmend als zulässig beurteilt. Verbraucherschädliche Werbung zu verfolgen obliegt in Deutschland vor allem den Gewerbetreibenden und ihren Verbänden, während den Verbraucherverbänden insoweit nur geringe Bedeutung zukommt. In Großbritannien nehmen dagegen Behörden diese Aufgabe wahr. Diesen mangelt es ebenso wie den deutschen Verbraucherverbänden an einer ausreichenden personellen und finanziellen Ausstattung, weshalb sie nur eine Minderheit von Verstößen verfolgen. Das deutsche System erscheint daher grundsätzlich geeigneter für eine effiziente Wettbewerbskontrolle. Jedoch besteht auch hier die Gefahr eines Verfolgungsdefizits. Dieses resultiert aus der Beschränkung der Klagebefugnis fast aller Klageberechtigter auf Verstöße, die den Wettbewerb bzw. die Verbraucherinteressen wesentlich beeinträchtigen. Klagerechte einzelner Verbraucher sind nicht geeignet, den Schutz der Verbraucherinteressen zu verbessern. Vollkommen zu Recht spielt der einzelne Verbraucher daher weder in Deutschland noch in Großbritannien bei der Bekämpfung unlauterer Werbung eine besondere Rolle. Ähnlichkeiten im Verfahren und in den möglichen Sanktionen bestehen zwischen Deutschland und Großbritannien vor allem insoweit, als sich das britische Recht verwaltungsrechtlicher Mittel bedient. Es ist insofern ein Trend zu beobachten, nach dem sich auch der britische Gesetzgeber verstärkt dafür entscheidet, mittels Unterlassungsverfügungen, die auch im einstweiligen Verfahren ergehen können, gegen verbraucherschädliche Werbung vorzugehen. Das britische Recht nähert sich dadurch dem deutschen an. Primär erfolgt die Bekämpfung unlauterer Werbung in beiden Ländern mittels außergerichtlicher Verfahren, zumeist mit dem Ziel, eine Unterlassungserklärung zu erhalten. Diese Verfahren sind grundsätzlich geeignet, den Interessen der Verbraucher schnell und effizient Geltung zu verschaffen. Sind außergerichtliche Maßnahmen nicht ausreichend, bietet das deutsche Recht ein geeignetes Gerichtsverfahren zur schnellen und effektiven Durchsetzung der Verbraucherrechte. Dies gilt in ähnlichem Maße für die verwaltungsgerichtlichen Verfahren in Großbritannien. Ein Strafverfahren ist wegen seiner Langsamkeit dagegen grundsätzlich ungeeignet, Verbraucherschutzrecht wirksam durchzusetzen. Das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle enthält zwar durchaus positive Ansatzpunkte. Deren Vorzüge ergeben sich jedoch primär aus einem Vergleich mit dem herkömmlichen, straf- 218 rechtlich konzipierten Verbraucherschutzrecht Großbritanniens. Im Vergleich zum Verfahren nach dem EA den CMAR oder dem deutschen Recht kann es dagegen nicht überzeugen. Effiziente Sanktionen hält weder das deutsche noch das britische Recht bereit. Der hier wie dort sehr praxisrelevante Unterlassungsanspruch ist zwar geeignet, einen Verstoß schnell zu unterbinden, jedoch entfaltet er nur geringe präventive Wirkung. Gleiches gilt für Schadensersatzansprüche und das Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG. Ebenso ist die Ausgestaltung der strafrechtlichen Sanktionen in Großbritannien nicht geeignet, präventiv zu wirken. Auch das System der freiwilligen Werbeselbstkontrolle verfügt über keine wirksamen Sanktionen. Eine wirksame Sanktion bei unlauterer Werbung wäre dagegen ein Anspruch auf berichtigende Werbung. Weder in Deutschland noch in Großbritannien bestehen hierzu jedoch die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen. 2. Kapitel: Ausblick Dem Recht des unlauteren Wettbewerbs stehen in absehbarer Zukunft auf deutscher und europäischer Ebene teilweise weitreichende Änderungen bevor. So hat die europäische Kommission am 18. Juni 2003 einen Vorschlag für eine Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken1638 vorgelegt.1639 Fast zeitgleich hat die Bundesregierung einen Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb1640 (RegE) beschlossen.1641 Beide Vorhaben werden im Folgenden kurz vorgestellt. Dabei beschränkt sich die Darstellung auf den für die Untersuchung relevanten Bereich. Der RegE stellt in seinem § 1 nunmehr ausdrücklich klar, dass Gesetzeszweck auch der Schutz der Verbraucher ist. § 2 I RegE enthält Definitionen der Begriffe „Wettbewerbshandlung“, „Marktteilnehmer“, „Mitbewerber“ und „Nachrichten“. Für die Definition des Verbraucherund des Unternehmerbegriffs wird in Absatz 2 auf die §§ 13 und 14 BGB verwiesen. § 3 RegE enthält eine Generalklausel. Danach sind „unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht unerheblich zu verfälschen,…“ unzulässig. Zu kritisieren ist insoweit, dass sich die Bundesregierung entschlossen hat, das Verbot unlauterer Wettbewerbshandlungen auf solche zu beschränken, die den Wettbewerb nicht nur „nicht unerheblich“ verfälschen. In der Sache wird damit das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung 1638 1639 1640 1641 Vorschlag für eine Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Fußn. 2). Ausführlich hierzu Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019 ff. BT-Drucksache 15/1487 (Fußn. 10). Siehe hierzu Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019 ff. sowie Sosnitza, GRUR 2003, 739 ff. 219 bzw. der wesentlichen Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen als Erfordernis der Klageberechtigung nach §§ 13 II Nr. 1 – 3 UWG zur Voraussetzung eines Wettbewerbsverstoßes.1642 Bagatellverstöße sind damit in Zukunft nicht mehr tatbestandsmäßig und können daher auch nicht mehr verfolgt werden. Dies ist vom Standpunkt des Verbraucherschutzes aus zu bedauern.1643 § 4 RegE enthält einen nicht abschließenden Beispielskatalog unlauterer Wettbewerbshandlungen. Es handelt sich dabei um Geschäftspraktiken, die bereits bisher vom BGH als unlauter betrachtet werden.1644 Zu kritisieren ist dies insoweit, als der Beispielskatalog auch Werbepraktiken enthält wie die unsachliche Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers1645 oder die Koppelung der Möglichkeit der Teilnahme an einem Preisausschreiben an den Erwerb einer Ware1646, die nach dem Ergebnis der Untersuchung Verbraucherinteressen nicht zuwiderlaufen. Diese werden damit als unlauter festgeschrieben, weshalb der BGH seine Rechtsprechung selbst dann nicht mehr ändern könnte, wenn er dies wollte.1647 Nach § 5 I RegE handelt unlauter in Sinne von § 3 RegE, wer irreführend wirbt. Das Irreführen durch Verschweigen wird ausdrücklich in § 5 II 2 RegE geregelt. Danach sind „bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist,… insbesondere deren Bedeutung für die Entscheidung zum Vertragsschluss nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen.“ § 7 RegE enthält das Verbot belästigender Werbung. In dem nicht abschließenden Beispielskatalog des Absatzes 2 sind die unerwünschte Haustürwerbung und das Ansprechung von Passanten in der Öffentlichkeit nicht erwähnt. Hinsichtlich der Telefonwerbung wird die jetzige Opt-in-Lösung beibehalten.1648 Die Rechtsfolgen von Wettbewerbsverstößen sind in den §§ 8 ff. RegE geregelt. Bemerkenswert ist dabei, dass der Entwurf in § 10 einen Gewinnabschöpfungsanspruch vorsieht. Dieser besteht jedoch nur bei vorsätzlichen Wettbewerbsverstößen. Er kann nur von den gewerblichen Verbänden, den Verbraucherverbänden und den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern geltend gemacht werden.1649 Der abgeführte Gewinn ist von den Klägern nach Abzug ihrer Aufwendungen dem Bundeshaushalt herauszugeben.1650 Dies ist zu kritisie• ren. Sinnvoller wäre es, wenn die Kläger den abgeführten Gewinn behalten könnten. Dies würde zum einen die finanzielle Situation der Verbraucherverbände erheblich verbessern, die da1642 1643 1644 1645 1646 1647 1648 1649 1650 Ähnlich Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019 (1051 in Fußn. 194). Siehe die Kritik hierzu oben: 3. Teil: 3. Kapitel:A. Sosnitza, GRUR 2003, 739 (742). § 4 Nr. 1 2. Alt. RegE. § 4 Nr. 6 RegE. Sosnitza, GRUR 2003, 739 (743). § 7 II Nr. 2 RegE. § 8 I RegE. § 8 IV RegE. • 220 durch in der Lage wären, ihren Aufgaben besser gerecht zu werden, zum anderen hätten die Verbände eine zusätzliche Motivation, gegen vorsätzliche Wettbewerbsverstöße vorzugehen1651. Das bisherige Rücktrittsrecht nach § 13 a UWG wurde ferner ersatzlos gestrichen. Schließlich wird der nur abstrakt betroffene Mitbewerber zukünftig nicht mehr klagebefugt sein.1652 Die europäische Kommission sieht in ihrem Richtlinienvorschlag eine vollständig Harmonisierung der Rechtsvorschriften bezüglich unlauterer Geschäftspraktiken im Verhältnis von Unternehmen zu Verbrauchern auf EU-Ebene vor.1653 Ziel der Richtlinie ist es nach Art. 1, „durch Angleichung der Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über unlautere Geschäftspraktiken, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen, zu einem reibungslosen Funktionieren des gemeinsamen Marktes und dem Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus beizutragen.“ Art. 2 enthält verschieden Begriffsdefinitionen, u. a. wird der Begriff des Verbrauchers, des Durchschnittsverbrauchers und der wesentlichen Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers nähert bestimmt. Art. 3 V bestimmt den Anwendungsbereich. Zu beachten ist insofern, dass die Vorschriften der Richtlinie zu bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Lauterkeitsregeln subsidiär sind.1654 Art. 5 enthält eine Generalklausel zum Verbot unlauterer Geschäftspraktiken. Nach dessen Absatz 1 sind unlautere Geschäftspraktiken verboten. Absatz 2 bestimmt, dass eine Geschäftspraktik als unlauter gilt, „wenn sie dem Gebot der beruflichen Sorgfaltspflicht widerspricht und sie im konkreten Fall … das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers, den sie erreicht oder an den sie sich richtet, in Bezug auf das jeweilige Produkt wesentlich beeinflusst oder dazu geeignet ist.“ Insbesondere irreführende oder aggressive Geschäftspraktiken gelten nach Art. 5 III als unlauter. Art. 5 IV verweist auf eine Liste von unlauteren Geschäftspraktiken, die im Anhang abgedruckt ist. Art. 6 behandelt die Fälle der irreführenden Werbung. Absatz 1 enthält dabei einen abschließenden Katalog von Produkteigenschaften und Umständen, hinsichtlich derer eine Werbung täuschen oder zu täuschen geeignet sein muss und den Durchschnittsverbraucher dadurch „tatsächlich oder voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er ansonsten nicht getroffen hätte.“ Art. 6 I etabliert damit ein Relevanzerfordernis. Erwähnenswert ist auch, dass der Katalog in Buchstabe f) „Behauptungen über das Produkt, die der Gewerbetreibende 1651 In diese Richtung argumentierend auch Stellungnahme des Bundesrates zum RegE, BT-Drucksache 15/1487, S. 35 sowie Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (562). 1652 Siehe hierzu auch die Begründung zum RegE, BT-Drucksache 15/1487, S. 22. 1653 Begründung zum Richtlinienvorschlag (Fußn. 1638), S. 9, Köhler/Lettl, WRP 2003, 1019 (1048). 1654 Art. 3 V Richtlinienvorschlag. 221 nicht belegen kann“ aufzählt. Damit trägt der Werbende zukünftig die Beweislast für seine produktbezogenen Werbebehauptungen. Art. 7 regelt eigens die Irreführung durch Unterlassen. Ein Irreführen durch Unterlassen liegt nach Art. 7 I dann vor, wenn „wesentliche Informationen vorenthalten werden, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Geschäftsentscheidung treffen zu können, so dass sie einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte.“ Art. 8 definiert aggressive Geschäftspraktiken. Solche liegen vor, wenn „die Entscheidungsbzw. Verhaltensfreiheit des Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung oder unzulässige Beeinflussung tatsächlich oder voraussichtliche erheblich beeinträchtigt wird und dieser dadurch tatsächlich oder voraussichtlich veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“ Nicht explizit geregelt werden das Ansprechen in der Öffentlichkeit und die Haustürwerbung. Letztere ist nach Anhang 1 zumindest dann unzulässig, wenn der Werbende die Aufforderung des Verbrauchers, die Wohnung zu verlassen, nicht beachtet1655 oder wenn der Hausbesuch im Zusammenhang mit einem Todes- oder schweren Krankheitsfall erfolgt1656. Die Sanktionen und die Rechtsdurchsetzung bleiben nach Art. 11 und 13 weitgehend den Mitgliedsstaaten überlassen. Diesen bleibt es nach Art. 11 I Unterabsatz 3 unbenommen, ein Verfahren der freiwilligen Selbstkontrolle vorzuschalten und zwischen einem Gerichts- oder Behördensystem zu wählen. Art. 11 II Unterabsatz 2 schreibt zwingend vor, dass die Einstellung einer unlauteren Geschäftspraktik auch im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens möglich sein muss. Die möglichen Sanktionen müssen laut Art. 13 S. 2 wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. 1655 1656 Richtlinienvorschlag Anhang 1, Aggressive Geschäftspraktiken Nr. 2. Richtlinienvorschlag Anhang 1, Aggressive Geschäftspraktiken Nr. 4.