( !" !"$% & !" !" #& !" ! "' )*1 .2+$3,24215 , -./!".,!0 114/96 SO 26/96 ISSN 0936-5312 17.10.1996 Svante ARRHENIUS und seine Eiszeithypothese Wolfgang Thüne Vor 100 Jahren, exakt im April 1896, publizierte Svante Arrhenius im Philosophical Magazine and Journal of Science eine Arbeit mit dem Titel „On the Influence of Carbonic Acid in the Air upon the Temperature of the Ground“ (1). Als Beweggrund führt der Chemiker Arrhenius die zum Teil heftigen Diskussionen in der Physical Society of Stockholm über die wahrscheinlichen Ursachen der Eiszeit an. Dieses außerordentliche Interesse sowie seine Meinung, daß keine der bisherigen Eiszeithypothesen die rasche Umstellung der klimatischen Verhältnisse erkläre, hätten ihn zu den vorgelegten Berechnungen veranlaßt. Arrhenius greift auf Überlegungen von Tyndall (1865) bezüglich des Einflusses der Absorption der Atmosphäre auf das Klima zurück und fragt: „Is the mean temperature of the ground in any way influenced by the presence of heat-absorbing gases in the atmosphere?“ Er stützt sich auch auf Fourier (1824) und dessen These, „that the atmosphere acts like the glass of a hot-house, because it lets through the light rays of the sun but retains the dark rays from the ground“. Arrhenius baut speziell auf Untersuchungen von Langley (1884) auf, der zu dem Schluß gekommen war, daß „the temperature of the Earth under direct sunshine, even though our atmosphere were present as now, would probably fall to -200°C, if that atmosphere did not possess the quality of selective absorption“. Langley revidierte 1890 seine These und gab dem Mond ohne eine „sensible heatabsorbing atmosphere“ nun eine „mean effective temperature“ von etwa 45°C. Arrhenius benutzte die Messungen von Langley, um zu berechnen, wie stark die Strahlung der Erde, der er eine Temperatur von +15°C gab, vom Wasserdampf- und Kohlensäuregehalt der Atmosphäre absorbiert wird. Er ging jedoch aus Kostengründen nicht experimentell vor, sondern beschränkte seine Berechnungen auf eine modifizierte Anwendung von Langleys Untersuchungen für den Mond, da dessen Temperatur nahezu derjenigen der Erde entspräche. Mit dem unbestimmten Hinweis, daß „all authors agree in the view that there prevails an equilibrium in the temperature of the Earth and of its atmosphere“ traf Arrhenius gleich zu Beginn eine wesentliche idealisierende Modellannahme: „The atmosphere must, therefore, radiate as much heat to the space as it gains partly through the absorption of the sun’s rays, partly through the radiation from the hotter surface of the Earth and by means of ascending currents of air heated by direct contact with the ground. On the other hand, the Earth looses just as much heat by radiation to space and to the atmosphere as it gains by absorption of the sun’s rays”. Mit der Hypothese eines „thermal equilibrium“ oder „Strahlungsgleichgewichtes“ schuf sich Arrhenius die theoretische Basis, die Erde zu einer „schwarzen Kugel“ zu reduzieren und auf diese „Stefan’s law of radiation“ anwenden zu können. Ob dieses speziell für die schwarze Hohlraumstrahlung abgeleitete Gesetz überhaupt auf eine von außen angestrahlte rotierende und nach allen Seiten konvex abstrahlende Kugel anwendbar ist, diese Frage stellte Arrhenius erst gar nicht. Zwecks Untermauerung seiner „Eiszeithypothese“ war er einzig auf der Suche nach dem Pendant zur Erdoberfläche in Form einer die Erde umschließenden und konkav rückstrahlenden „Schicht“ in der oberen Atmosphäre. Dazu konstruiert er eine weitere Hypothese: “Suppose a cloud lies over a part of the Earth’s surface and that no connexion exists between this shadowed part and the neighbouring parts, then a thermal equilibrium will exist between the temperature of the cloud and of the underlying ground. They will radiate to each other …” bis “the cloud and the ground would finally assume the same mean temperature”. Mit dieser zweiten idealisierenden Modellannahme tritt Arrhenius zum „Beweis“ seiner Hypothese an: “Now it will be shown … that a variation of the carbonic acid of the atmosphere in the same proportion produces nearly the same thermal effect independently of its absolute magnitude”. Arrhenius fehlt nun nur noch die “absorbing layer”. Mit der Vermutung, daß 80 % der Erdstrahlung in der Luft absorbiert werden, legt er die „absorbing layer“ in die Höhe, wo 40 % absorbiert sind. Diese Rechnung macht er mittels der Wasserdampf-Absorption und kommt auf eine Höhe von 233 Metern. Doch dieses Ergebnis befriedigt Arrhenius nicht, er äußert sich enttäuscht! Er geht in die Luft: “In the highest layers of the atmosphere there is very little water-vapor, so that we must calculate with carbonic acid as the chief absorbent”. Geradezu erleichtert präsentiert Arrhenius seine neue Höhe von „about 15 000 meters”. Die fehlende Temperaturdifferenz zwischen der „radiation layer” und der „absorbing layer” bestimmt er zu 42°C, was einem vertikalen T-Gradienten von 0,28°/100 m entspräche. Nun erstellt Arrhenius für alle vier meteorologischen Jahreszeiten und für alle Breitengrade zwischen 60°Süd bis 70°Nord eine Tabelle der Temperaturänderungen in Abhängigkeit vom Kohlensäuregehalt. Zwischen 40 und 50°Nord errechnet er bei einer CO2Reduktion von 33 % eine Temperaturabnahme von 3,3 K. Eine Verdoppelung führe zu einer Temperaturerhöhung von 5,92°C. Hieraus leitete Arrhenius die Regel ab: “Thus if the quantity of carbonic acid increases in geometric progression, the augmentation of the temperature will increase nearly in arithmetic progression”. -2- Die Eiszeithypothese scheint aufgrund allzu offensichtlicher idealisierender Modellannahmen auf wenig Resonanz und Akzeptanz gestoßen zu sein, denn ansonsten hätte sich Arrhenius nicht verpflichtet gesehen, dem 1896er Erstlingswerk 1901 eine korrigierte Fassung nachzuschieben. Sie trug den Titel: „Über die Wärmeabsorption durch Kohlensäure und ihren Einfluß auf die Temperatur der Erdoberfläche“ (2). Dabei beruft er sich auf ein neues Prinzip, „welches darauf beruht, daß die Strahlung der Gase und speziell der Kohlensäure rapide mit der Temperatur steigt. Je niedrigere Temperatur also die strahlenden Kohlensäureschichten besitzen, desto kräftiger ist ihr Wärmeschutz für die Erde.“ Im Detail argumentiert Arrhenius wie folgt: „Ein Teil der von der Erde ausstrahlenden Wärme wird von der Kohlensäure in der Luft absorbiert und danach von dieser Kohlensäure wieder in den Weltraum hinausgestrahlt. Wenn nun die Temperatur der Kohlensäure dieselbe wie diejenige der Erdoberfläche wäre, so würde offenbar keine Veränderung durch die Anwesenheit der Kohlensäure entstehen. Die Kohlensäure könnte ohne weiteres durch einen festen Körper von demselben Diatermanitätskoeffizienten ersetzt werden ... Ganz anders liegen die Verhältnisse, wenn die Kohlensäure eine andere Temperatur besitzt als die strahlende Erde. Die Strahlung eines schwarzen Körpers in bezug auf eine bestimmte Wellenlänge nimmt nämlich, wie das Gesetz von WIEN zeigt, erheblich bei sinkender Temperatur ab.“ Arrhenius konstruiert folgenden Fall: „Wenn nun die ausstrahlende Schicht der Kohlensäure in der Mitte der Atmosphäre läge, d. h. da, wo der Luftdruck 380 mm Quecksilber und die Temperatur 257,6 K (absolut) beträgt, so würde die Strahlung der Kohlensäureschicht auf dieser Höhe sich zu derjenigen, welche sie in unmittelbarer Nähe der Erdkruste (T = 288 K) besäße, verhalten wie 1 : 1,52 = 0,658. Mit anderen Worten, die Strahlung der Erde, welche durch die Kohlensäure absorbiert wird, sollte um etwa 34 Prozent vermindert werden, wodurch die Erde eine höhere Temperatur annehmen könnte.“ Arrhenius kommt zu folgenden Werten: Kohlensäure Temperaturänderung 0 -12,2 0,25 -5,0 0,50 -2,8 1,0 0,0 2,0 +3,3 4,0 +7,6 Sein Kommentar: „Es würde demnach, wenn kein anderes absorbierendes Gas (Wasserdampf) in der Atmosphäre vorhanden wäre, die Kohlensäure der Erde einen Wärmeschutz bereiten, wodurch die Temperatur etwa 12 K höher ausfiele als ohne diesen Schutz. Zum Zustandekommen einer Eiszeit, einer Temperatursenkung von 4,5 K entsprechend, sollte der Kohlensäuregehalt auf etwa 0,30 des jetzigen Betrages sinken. Zur Erhöhung der Temperatur um 8 bis 9 Grad über den jetzigen Betrag, was einer Rückkehr des Eiszeitklimas entsprechen würde, müßte der Kohlensäuregehalt auf etwa den fünffachen Betrag des jetzigen Wertes steigen. Eine Änderung von 1 Prozent im jetzigen Betrag des Kohlensäuregehaltes würde die Temperatur der Erde um 0,044 K verändern.“ Sodann beschäftigt sich Arrhenius mit Einwänden „von Hrn. Angström“ aus dem Jahre 1900 und versucht, diese zu entkräften. Dies schien total mißlungen zu sein, denn 1906 startet Arrhenius einen letzten Versuch, seine Eiszeithypothese zu rechtfertigen. Der Aufsatz trägt die schon vorsichtigere Überschrift: „Die vermutliche Ursache der Klimaschwankungen“ (3). Grund ist wiederum „Hr. Angström“, der, so Arrhenius, „meine Ansicht von der Möglichkeit, daß Klimaschwankungen von der Veränderung der Kohlensäuremenge in der Atmosphäre abhängen könnten, für so hinfällig ansieht, daß er es nicht für „nötig“ erachtet, „näher darauf einzugehen“. Arrhenius präsentiert eine noch genauere Berechnung: „Nach derselben würde von den 22,5 Prozent der Erdstrahlung, welche durch die Kohlensäure der Atmosphäre in ihrem jetzigen Zustand absorbiert werden, 3,8 Prozent wieder von der Kohlensäure in den Weltraum ausgestrahlt werden, so daß die wirkliche Verminderung der Erdstrahlung 18,7 Prozent betragen würde. Anstatt der jetzigen Temperatur von 15°C = 288 K hätte man also nach Verschwinden der Kohlensäure eine absolute Temperatur T, für welche gilt: (T4 : 2884 = (1 – 0,187) : 1), woraus T = 273,4 K = 0,4°C folgt. Die jetzige Kohlensäuremenge würde demnach die Temperatur der Erdoberfläche um 14,6 K erhöhen; ihr Verschwinden aus der Atmosphäre würde infolgedessen eine etwa dreimal so starke Temperaturerniedrigung als diejenige, welche für die Eiszeit charakteristisch war, hervorrufen. In ähnlicher Weise berechne ich, daß eine Verminderung des Kohlensäuregehaltes zur Hälfte oder eine Zunahme desselben auf den doppelten Betrag Temperaturänderungen von -1,5 K bzw. +1,6 K entsprechen würde. Bei diesen Berechnungen habe ich vollkommen von der Anwesenheit des Wasserdampfes in der Atmosphäre abgesehen.“ Doch nicht nur „Hr. Angström“ schien von der „Eiszeithypothese“ wenig überzeugt gewesen zu sein. Dies galt offensichtlich auch für Prof. Dr. R. Börnstein, denn in seinem 1906 in 2. Auflage erschienenen „Leitfaden für Wetterkunde“ findet Arrhenius keinerlei Erwähnung. Zur Kohlensäure heißt es, daß sie im durchschnittlichen Betrage von 3 Raumteilen auf 10 000 vorhanden sei, aber nach Zeit und Ort erheblich schwanke. „Die Luft ist in den Städten reicher an Kohlensäure als auf dem Lande: ferner ist im Freien der Gehalt an Kohlensäure nachts und bei trübem Wetter größer als am Tage und bei Sonnenschein und in der Bodenluft größer als darüber in der freien Atmosphäre.“ Im Gegensatz zur trockenen, kohlensäurefreien Luft mit der Dichte 1 habe die Kohlensäure eine Dichte von 1,529 und ein Gewicht von 1,9652 statt 1,2928 (4). Sehr ausführlich und anschaulich beschreibt Börnstein den Tages- und Jahresgang der Temperatur und differenziert zwischen Sonnenstrahlung, Wärmestrahlung der Luft und Ausstrahlung des Bodens. Die Messungen von Langley, auf die sich Arrhenius stützte, hätten erkennen lassen, „daß ein sehr bedeutender Teil der in die Atmosphäre eintretenden Strahlung nicht bei zum Erdboden durchdringt. In mittleren Breiten wird selbst bei ganz heiterem Himmel etwa die Hälfte der täglichen Sonnenstrahlung durch die Atmosphäre zurückgehalten“ (5). -3Der Erdboden müsse „in betreff der von oben stammenden Sonnenwärme als eigentliche und unmittelbare Wärmequelle der uns umgebenden Luft angesehen werden. Und nicht bloß als Wärmequelle wirkt der Boden, sondern in gleicher Weise auch als Kältequelle“ ..., denn „mit dem Boden in Berührung sind die untersten Luftschichten; sie entziehen dem Boden Wärme, wenn dessen Temperatur höher ist, sie geben Wärme an ihn ab, wenn er kälter ist. Und weil nun der Wärmeaustausch zwischen Boden und Luft durch Leitung geschieht und Zeit braucht, so hat jede Temperaturänderung des Bodens eine gleichsinnige und etwas später eintretende Änderung der Lufttemperatur zur Folge. Zu diesem langsam verlaufenden Leitungsvorgängen kommt ferner die Wärmestrahlung der Luft, namentlich gegen den erkalteten Boden; sie führt dem Boden gerade zur Zeit seiner stärksten Abkühlung einen gewissen Wärmebetrag zu und mildert das Temperaturminimum“ (6). Als Arrhenius 1906 abermals vehement seine Eiszeithypothese zu rechtfertigen versuchte, war es bereits anerkanntes und unstrittiges Lehrbuchwissen, daß die Lufttemperatur ein komplexes Endprodukt von diversen Wärmeübergangsmechanismen ist, die stets gleichzeitig auftreten. Man kann zwar gedanklich den Wärmeübergang analytisch „zerlegen“ in die Vorgänge der Leitung, der Konvektion, der Strahlung und der Dämpfe – dies gilt speziell für den in allen drei Aggregatzuständen vorkommenden Wasserdampf –, aber die Temperatur als Gesamtmaß für die Energie, die in der ungeordneten thermischen Bewegung der Teilchen steckt – bei Gasen ist dies die kinetische Energie der Translation und Rotation der Moleküle sowie die Schwingungsenergie der Molekülbewegungen –, ist jedoch das synergistische Endprodukt der Summe aller Wärmeübertragungsprozesse. Die durch die Maßeinheit Temperatur angegebene Wärme ist die Energie, die aufgrund eines Temperaturunterschiedes zwischen zwei Systemen übertragen wird. Diese Energieübertragung hat eine eindeutige Richtung. Die Wärme fließt stets in Richtung der niedrigeren Temperatur. Der Wärmeübergang ist somit ein irreversibler Prozeß! Fließrichtung und -stärke werden vom Gradienten bzw. den Gradientkräften bestimmt. Wärme geht also nicht von selbst von einem kalten auf einen warmen Körper über; ein Perpetuum mobile zweiter Art gibt es nicht! Doch genau so eine „Maschine“ hat Arrhenius mit seiner Eiszeithypothese konstruiert und dies 1906 wie folgt begründet: „Je niedrigere Temperatur also die strahlenden Kohlensäureschichten besitzen, desto kräftiger ist ihr Wärmeschutz für die Erde.“ Arrhenius hat zur Begründung seiner Eiszeithypothese die induktive Methode gewählt. Aus Einzelbetrachtungen versuchte er, eine allgemeingültige Regel abzuleiten. Die induktive Methode ist vom Ansatz her jedoch notwendigerweise reduktionistisch. Arrhenius war nun a priori von seiner Hypothese so sehr überzeugt, daß er bei dem Verifizierungsversuch ein Opfer des Reduktionismus wurde. Mit jeder idealisierenden Modellannahme entfernte er sich mehr und mehr von der Realität, bis hin zur Absurdität. Er begann mit der Prämisse eines „thermal equilibrium“, konstruierte zwischen Boden und Wolke „Isothermie“, negierte die WasserdampfAbsorptionslänge von 233 µm usw., bis er schließlich seine gewünschte “absorbing layer” hatte, die er schließlich noch von 15 000 auf 5 000 Meter herunternehmen mußte. Arrhenius wurde am Ende das Opfer seiner Wunschvorstellungen. Das von Arrhenius zur Erklärung der Eiszeiten errichtete Hypothesengebäude ist physikalisch nicht haltbar. Sein „Klimamodell“ entspricht deswegen nicht der Realität, weil es einzig mit der Wärmeübertragung durch „Strahlung“ operiert. Der gedachten „Kohlensäureschicht“ wird die Funktion einer re-emittierenden „Glasschicht“ zugedacht, welche sozusagen telepathisch die Erdoberfläche je nach Kohlensäuregehalt anweist, sich durch Verstärkung oder Verminderung der „Schwarzkörpertemperatur“ zu erwärmen oder abzukühlen. Doch auch wenn man ganz von der Existenz der Atmosphäre abstrahierte und ein Vakuum zwischen Boden und „Kohlensäureschicht“ annähme, würde das Arrhenius’sche Klimamodell in arge Beweisnot geraten, weshalb eine kältere und damit sowohl längerwellig als auch weniger intensiv strahlende Schicht eine wärmere, kürzerwellig strahlende Schicht mit höherer Strahlungsintensität pro Wellenlänge „erwärmen“ kann. Arrhenius hat der Erdoberfläche als ‚radiating layer’ eine „Globaltemperatur“ von 15°C zugewiesen. Das Wellenlängenmaximum liegt dabei nach dem WIENschen Verschiebungsgesetz bei 10,05 µm. Die absorbierende Kohlensäureschicht hat bei der vorgegebenen Temperatur von -15,56°C ihr Wellenlängenmaximum bei 11,25 µm. Beide Maxima liegen weitab von der CO2Absorptionsbande bei 14,5 µm, so daß nur marginale Anteile absorbiert werden. Sowohl der Wasserdampf wie auch das Kohlendioxid sind Bandenstrahler, d. h. sie absorbieren nur auf bestimmten Wellenlängen und strahlen natürlich auf den gleichen Wellenlängen aus, wodurch sie ihre Wärme abgeben. Abgesehen von der Tatsache, daß die Hypothese „Kohlensäureschicht“, in welcher der gesamte Kohlensäuregehalt der Atmosphäre konzentriert sei, ohnehin reine Fiktion ist, weil ohne hohe bodennahe CO2Konzentration die CO2-Assimiliation und damit das Pflanzenwachstum unmöglich wären, hätte Arrhenius seine „Kohlensäureschicht“ schon in eine Höhe mit Temperaturen um -70°C heben müssen, um wenigstens die 14,5-µm-Absorptionsbande optimal zu nutzen. Indem Arrhenius den induktiv-reduktionistischen und damit zielgerichteten, d. h. teleologischen Erklärungsansatz wählte, begab er sich grundsätzlich in Gefahr, gegen die Regeln wissenschaftlichen Denkens zu verstoßen. Es begann mit der kritiklosen Übernahme der mehrheitlichen Meinung, daß ein „Strahlungsgleichgewicht“ existiere. So fragte er erst gar nicht, ob das STEFANsche Gesetz für den Idealfall „schwarze Hohlraumstrahlung“ – danach ist die Gesamtstrahlung eines absolut schwarzen Körpers der 4. Potenz der absoluten Temperatur proportional – überhaupt auf die „bunte“ Erde anwendbar ist (7). Die Erde ist ein zu Sonne und Weltraum gleichermaßen offenes, Energie empfangendes und abstrahlendes dynamisches System, so daß man streng zwischen dem approximativ abschätzbaren Strahlungshaushalt der Erde als einem Planeten und dem Strahlungshaushalt der Erdoberfläche differenzieren muß, wenn man auf dem Boden der erfahrbaren Tatsachen bleiben will. Jedenfalls läßt sich das Strahlungshaushaltsproblem der Erdoberfläche nicht mit dem Stefan-Boltzmann’schen Gesetz lösen. Alle daraus abgeleiteten „Strahlungsgleichgewichts-Temperaturen“ besitzen nicht die Qualität „physikalische Größe“, weil sie schlicht nicht meßbar sind. Das gilt auch für die nur über zeitliche und räumliche Mittelung errechenbare „Globaltemperatur“, von der zuweilen fälschlicherweise oft behauptet wird, sie sei „tatsächlich gemessen“ (8). Arrhenius hat sein Hypothesengebäude ganz auf der unsichtbaren Schwarzkörperstrahlung aufgebaut und alle anderen Wärmeübertragungsmechanismen außer Acht gelassen. Nun ist Strahlung zwar eine Form von Energie, und Strahlung ist auch Träger von Information, doch bleibt die Frage unbeantwortet, wie diese Information bei der in der Atmosphäre sehr geringen Reichweite der lang- -4welligen Strahlung – Luft hat eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit! – von der „absorbing layer“ in 5 km Höhe zu der „radiating layer“ gelangen soll. Arrhenius hat mit seiner „Eiszeithypothese“ nolens volens ein Perpetuum mobile zweiter Art konstruiert, welches in der Lage sein soll, analog einer Wärmekraftmaschine ohne Zufuhr äußerer Arbeit Wärme aus kalten Höhen auf eine warme Erdoberfläche zu übertragen und hier entsprechende Temperaturänderungen zu bewirken. Doch solange Luftdruck, Luftdichte und auch die Lufttemperatur als Maß für die Wärmeintensität mit der Höhe abnehmen, solange wird in Richtung des Temperaturgradienten Wärme von der Erde wegtransportiert und zwar sowohl durch Strahlung, Leitung, Konvektion als auch durch Dämpfe. Dies ist auch Inhalt des FOURIERschen Gesetzes, das besagt, daß der Wärmestrom längs des stärksten Temperaturabfalls verläuft. Selbst bei Strahlungswetter, wenn abends vom Boden her die Luft abgekühlt wird – und folglich die Temperatur mit der Höhe zunimmt – ist die „Gegenstrahlung“ stets und immer kleiner als die „effektive Ausstrahlung“. Vernachlässigt man die Advektion, dann geht sowohl die Erwärmung als auch die Abkühlung der bodennahen Luftschichten stets von der Oberfläche aus. Noch ein ganz gravierender Fehler ist Arrhenius dadurch unterlaufen, daß er die Temperatur der Erde nach Verschwinden der Kohlensäure wie folgt angibt: T4 : 2884 = (1 – 0,187) : 1 Nach Gerlich (9) ergeben sich aber gewaltige Temperaturunterschiede, je nachdem, ob man die mittlere effektive Temperatur dadurch berechnet, daß man T4 über die Kugeloberfläche mittelt und dann die 4. Wurzel zieht, oder ob man richtigerweise zuerst die 4. Wurzel zieht und dann die globale Mittelung vornimmt. Je nach Berechnungsmethode erhält man bei verschiedener „planetarer Albedo“ (pA) zwei völlig verschiedene „Gleichgewichtstemperaturen“: T(eff) T(gem) pA = 0 % +5,7 °C -115 °C pA = 30 % -18 °C -129 °C pA = 50 % -38 °C -140 °C Die gemittelten Temperaturen T(gem) liegen um etwa 100 K unter den „effektiven Temperaturen“, die fälschlicherweise aus Ziehung der 4. Wurzel der gemittelten 4. Potenz der absoluten Temperatur gemäß der Stefan-Boltzmann’schen Gleichung hergeleitet wurden. Grundsätzlich ist noch die Anmerkung zu machen, daß sich die Ausstrahlung eines Körpers nach der tatsächlichen Oberflächentemperatur richtet und nicht nach der „Hüttentemperatur“ in 2 Metern Höhe. Die Arrhenius’sche Eiszeithypothese ist ein artifizielles Konstrukt allzu reduktionistischen Denkens. Sein Modell enthält derart viele unzulässige idealisierende Annahmen, daß es sich als völlig unbrauchbar erweist, um auf die Wirklichkeit übertragen werden zu können. Sein „neues Prinzip“ (5), „daß die Strahlung der Gase und speziell der Kohlensäure rapide mit der Temperatur steigt“, berücksichtigt nicht die Tatsache, daß das Spektrum der vom Boden ausgehenden Strahlung kontinuierlich ist, Kohlendioxid aber ein „Bandenstrahler“ ist, sich also zwei völlig verschiedene „Strahler“ gegenüberstehen. Der absolut überwiegende Anteil der von der Erdoberfläche abgestrahlten Wärmeenergie trifft auf keine Absorptionsbanden und kann durch das offene „atmosphärische Fenster“ zwischen 7 und 13 µm fast ungestört in den Weltraum entschwinden (10). Die Arrhenius’sche Eiszeithypothese sollte nach 100 Jahren endgültig in das Buch „Irrtümer der Wissenschaft“ abgelegt werden. Literatur: (1) Arrhenius, Svante: On the Influence of Carbonic Acid in the Air upon the Temperature of the Ground, Phil. Mag. Vol. 41, No. 251, April 1896, S. 237 – 276 (2) Arrhenius, Svante: Über die Wärmeabsorption durch Kohlensäure und ihren Einfluß auf die Temperatur der Erdoberfläche, Ofversigt af Konigl. Vetenskaps-Akademiens, Forhandlingar 1901, No. 1, S. 25 – 58 (3) Arrhenius, Svante: Die vermutliche Ursache der Klimaschwankungen, Meddelanden Fran K. Vetenskaps-Akademiens Nobelinstitut, Band 1, No. 2, 1906, S. 1 – 10 (4) Börnstein, R.: Leitfaden der Wetterkunde, Braunschweig 1906, S. 3 (5) Börnstein, R.: a. a. O., S. 12 (6) Börnstein, R.: a. a. O., S. 13 f. (7) Wien, W.: Gesetze und Theorien der Strahlung, Met. Zeitschrift 25 (1908), S. 542 – 549 (8) Schönwiese, Ch.-D.; Diekmann, B.: Der Treibhauseffekt – der Mensch ändert das Klima, Stuttgart 1990, S. 121 (9) Gerlich, G.: Die physikalischen Grundlagen des Treibhauseffektes und fiktiver Treibhauseffekte, in: Europäische Akademie für Umweltfragen e. V. (Hrsg.): Treibhaus-Kontroverse und Ozon-Problem, Tübingen 1996, S. 115 – 147 (10) Deutscher Bundestag, Enquete-Kommission: Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre (Hrsg.), 11/3246m v. 02.11.1988, S. 188