Aus der Medizinischen Klinik 4 – Nephrologie und Hypertensiologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. med. Kai-Uwe Eckardt Spannungsabhängige Natriumkanäle – Bedeutung für tonisches und phasisches Aktivitätsmuster von Neuronen mit renalen Afferenzen Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegt von Johannes Schatz aus Nürnberg Gedruckt mit Erlaubnis der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Dekan: Prof. Dr. Dr. h. c. J. Schüttler Referent: Prof. Dr. R. Veelken Korreferent: Prof. Dr. K.-F. Hilgers Tag der mündlichen Prüfung: 29. Mai 2013 Für meine Eltern, die mich stets unterstützt haben Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung ............................................................................................. 1 2. Einleitung ............................................................................................................ 4 3. Material und Methoden ....................................................................................... 7 3.1. Überblick über den Ablauf .........................................................................................7 3.2. Tiermodell ....................................................................................................................7 3.3. Zur elektrophysiologischen Untersuchungstechnik ...............................................8 3.1.1. Geschichte und Bedeutung der Ganzzellableitung ........................................8 3.1.2. Probleme der Ganzzellableitung und Lösungsstrategien ...........................11 3.2. Patch-clamp-Arbeitsplatz ........................................................................................14 3.2.1. Technischer Aufbau ..........................................................................................14 3.2.2. Patch-clamp-Utensilien und Lösungen ..........................................................16 3.3. Hauptversuch ............................................................................................................17 3.3.1. Fluoreszenzfärbung renaler Neurone ............................................................17 3.3.2. Gewebedissoziation und Zellkultur .................................................................19 3.3.3. Ablauf der Messungen, Konfigurationen und Protokolle .............................22 3.3.4. Current-clamp-Modus .......................................................................................23 3.3.5. Voltage-clamp-Modus.......................................................................................24 3.4. Kontrollversuch .........................................................................................................26 3.4.1. Rechtfertigung des Kontrollversuchs .............................................................26 3.4.2. Gewebedissoziation und Zellkultur .................................................................26 3.4.3. Ablauf der Messungen, Konfigurationen und Protokolle .............................27 3.4.4. Current-clamp-Modus .......................................................................................27 3.5. Auswertung – Anmerkungen und Techniken .......................................................28 3.5.1. Current-clamp-Auswertung ..............................................................................29 3.5.2. Voltage-clamp-Auswertung..............................................................................31 4. Ergebnisse ........................................................................................................ 33 4.1. Hauptversuch ............................................................................................................33 4.1.1. Ergebnisse im Current-clamp-Modus ............................................................33 4.1.2. Ergebnisse im Voltage-clamp-Modus ............................................................39 4.2. Kontrollversuch .........................................................................................................42 5. Diskussion ........................................................................................................ 44 5.1. Kontrollversuch .........................................................................................................44 5.2. Hauptversuch ............................................................................................................45 6. Einordnung in körpereigene Prozesse ............................................................ 54 7. Literaturverzeichnis .......................................................................................... 56 8. Abkürzungsverzeichnis .................................................................................... 62 9. Anhang .............................................................................................................. 63 10. Danksagung .................................................................................................... 64 11. Lebenslauf ....................................................................................................... 65 1 1. Zusammenfassung Hintergrund und Ziele Neurone der Hinterwurzelganglien zeigen durch Stimulation hervorgerufene elektrophysiologische Reaktionen in Form von Aktionspotentialen. Spezifisch auf Neurone mit Afferenzen zur Niere bezogene Vordaten offenbaren während elektrischer Stimulation voneinander abweichende Antwortverhalten – entweder als kontinuierliche Abfolge von Aktionspotentialen (tonisches Verhalten) oder lediglich einmalige Reaktion (phasisches Verhalten). Ausgehend von vorherigen Versuchen, die unterschiedliche Aktivierungskurven für Natriumkanäle in Neuronen beider Gruppen erkennen lassen, wird das Augenmerk der Untersuchungen auf spannungsabhängige Natriumkanäle gelegt. Die Forschungshypothese Natriumkanäle eine lautet wichtige nun, Rolle dass tetrodotoxin für das Auftreten (TTX-) resistente eines tonischen Antwortverhaltens auf Stimulationsreize an peptidergen afferenten Nervenfasern spielen. Zusätzlich wird im Rahmen eines weiteren Versuchs ein potentieller Einfluss des verwendeten Tracers bzw. seiner Trägerlösung auf das Antwortverhalten untersucht. Methoden Die Untersuchungen werden an Neuronen der Hinterwurzelganglien vorgenommen, die aus männlichen Sprague-Dawley-Ratten stammen. Zur Identifikation der spezifisch renalen neuronalen Somata werden ihre Nieren mit einem farbstoffartigen Tracer subkapsulär beimpft. In der nach einer Woche Einwirkzeit gewonnenen Zellkultur afferenter Neurone können so renale von nichtrenalen Neuronen unterschieden werden. Die Neurone werden mittels Patch-clamp-Technik zunächst im Current-clamp-Modus und anschließend im Voltage-clamp-Modus untersucht. Darüber hinaus vergleicht der Kontrollversuch Daten aus Patch-clamp- Experimenten mit neuronalen Zellkulturen, die entweder ohne jeglichen Zusatz, mit Farbstoff oder auch mit Ethanol inkubiert werden. Ergebnisse und Beobachtungen Im Hauptversuch werden insgesamt etwa gleich viele tonische und phasische Neurone gefunden. Die Wahrscheinlichkeit bei renalen Neuronen auf tonische Neurone zu treffen, ist signifikant höher als bei nichtrenalen Neuronen. Phasische Neurone sind im mikroskopischen Durchmesser kleiner als tonische Neurone; ein ähnlicher Vergleich ihrer Zellkapazitäten offenbart hier aber keine signifikanten 2 Unterschiede. Die normalisierte Rheobase ist in tonischen Neuronen signifikant geringer als in phasischen Neuronen und sinkt mit steigender Anzahl von Aktionspotentialen. Tonische Neurone sind durch signifikant höhere Schwellenpotentiale, Overshoots und längere Zeiten im Auf- und Abstrich der Aktionspotentiale gekennzeichnet. Außerdem zeichnen sich ihre Abstriche durch signifikant flachere Gefälle und häufigere Schulterbildung aus. Tonische Neurone weisen im Voltage-clamp-Modus signifikant höhere Natriumgesamtstromdichten sowie depolarisierter liegende Potentiale für die spannungsabhängige Aktivierung auf. Die Letztgenannten korrelieren signifikant positiv mit den Overshoots und der Dauer der Aktionspotentiale sowie negativ mit den Natriumgesamtstromdichten. Im Kontrollversuch konnten im Hinblick auf die Hauptparameter keine signifikanten Unterschiede zwischen unbehandelten, farbstoffbehandelten und ethanolbehandelten Neuronen beobachtet werden. Praktische Schlussfolgerungen Die Ergebnisse legen ein spezifisches Innervationsmuster in Bezug auf die vorwiegend tonischen renalen Neurone offen. Die Analyse der Aktionspotentiale und Natriumströme gibt deutliche Hinweise für die ursächliche Beteiligung des TTXresistenten Natriumkanals Nav1.8 an diesem Verhalten, wohingegen überwiegend TTX-sensible Natriumkanäle das Verhalten der Vergleichsneurone bestimmen. Die angewandte Färbetechnik für renale Neurone scheint keinen Einfluss auf die untersuchten Parameter zu haben. Summary Background and aims Upon stimulation dorsal root ganglion neurons show electrophysiological reactions in the form of action potentials. Preliminary data specifically referring to renal afferent neurons reveal variant responses, respectively continuous firing (tonic behaviour) or solely one-time action potentials (phasic behaviour). Based on previous experiments which show distinct activation curves for sodium channels in neurons of both groups, the attention is turned to voltage-gated sodium channels. The research hypothesis is now that tetrodotoxin (TTX-) resistant sodium channels play an important role for the occurance of tonic response upon stimulation in peptidergic afferent nerve fibres. Additionally a potential influence of the used tracer or its carrier solution on firing properties is investigated in yet another experiment. 3 Methods Experiments are performed with dorsal root ganglia (DRG-) neurons from male Sprague-Dawley rats. To identify particular renal neuronal somata, their kidneys are inoculated subcapsulary with a dyestuff-like tracer. Like this, renal neurons can be distinguished from non-renal ones in the obtained cell culture of afferent neurons after a week of taking effect. The neurons are analyzed using patch clamp technique, initially in current clamp mode and subsequently in voltage clamp mode. Furthermore the control experiment compares data obtained in patch clamp experiments with neuronal cell cultures which are either incubated blank, with the dye-stuff, or with ethanol. Results and observations Overall about the same quantities of tonic and phasic neurons are found in the main study. In renal neurons, tonic neurons can be found significantly more likely than in non-renal ones. Rated microscopically, phasic neurons have smaller diameters than tonic neurons, but a similar comparison between their cell capacities reveals no significant differences. Normalized rheobase is significantly lower in tonic neurons compared to phasic ones and declines with increasing numbers of action potentials. Tonic neurons are characterized by significantly higher voltage thresholds, higher overhoots and longer periods in upstroke and downstroke of action potentials. In addition, their downstrokes feature significantly gentler slopes and inflections more frequently. In voltage clamp mode tonic neurons display significantly higher total sodium current densities and also more depolarized voltage dependences of activation. The latter correlate significantly and positively with overshoots and the duration of action potentials and negatively with the total sodium current densities. In control experiment no significant differences with regards to major parameters are noticed in untreated neurons and neurons incubated with dyestuff or ethanol. Conclusions The results reveal a specific innvervation pattern with regard to predominantly tonic renal neurons. Analysis of action potentials and sodium currents strongly indicate a causative involvement of tetrodotoxin (TTX-) resistant sodium channel Nav1.8 in this behavior, whereas the behavior of comparison neurons is determined by predominantly TTX-sensitive sodium channels. The applied technique for staining renal neurons appears to have no influence on the researched parameters. 4 2. Einleitung Im Kontext pathophysiologischer Betrachtungen häufiger Krankheitsbilder unserer Gesellschaft, beispielsweise dem Bluthochdruck, spielt die Niere eine zentrale Rolle. Neben der vielfältigen Beteiligung dieses Organs an humoralen Vorgängen im menschlichen Körper liegen zunehmend Daten vor, die der renalen Innervation einen hohen Stellenwert in der Regulation physiologischer und pathophysiologischer Vorgänge beimessen.22 So führt beispielsweise die renale Denervation in experimentellen Modellen der Hypertonie zu einem langsameren und geringeren Ansteigen des Bluthochdrucks.20 Der experimentelle Ansatz konnte mittlerweile auch in Form einer neuen Behandlungsmethode, der katheterbasierten renalen Denervation, auf den Menschen übertragen werden und stellt bei therapierefraktärer arterieller Hypertonie eine gute Behandlungsalternative dar.47 Zudem führt die Denervation zu einer Reduktion des Schadens im renalen Entzündungsmodell62, wodurch die neuronale Achse auch in anderer Hinsicht Gegenstand aktueller Forschungen ist. Die bei der renalen Denervation erfassten Nervenfasern, die den Nierengefäßen direkt anliegen, lassen sich funktionell in Afferenzen und Efferenzen gliedern. Klinisch bedeutsamer zeigt sich bisher der efferente Schenkel, dessen sympathische Fasern seit langem bekannte und physiologisch gut untersuchte Effekte auf die Funktion der Niere haben. Die vom zentralen Nervensystem zu den Nieren ziehenden efferenten Sympathikusfasern stimulieren die Reninfreisetzung im juxtaglomerulären Apparat sowie die tubuläre Resorption von Natrium und vermitteln Blutflusses. eine Vasokonstriktion mit konsekutiver Abnahme des renalen 21,48 Der afferente Schenkel hingegen spielt in den bisherigen Überlegungen eine untergeordnete Rolle. Nach bisheriger Studienlage überwog die Auffassung, dass die Afferenzen vor allem das Nierenbecken innervieren.39-41,46 Es konnte jedoch auch gezeigt werden, dass sich die afferenten Fasern, gemeinsam mit sympathischen Axonen verlaufend, bis in interstitielle Bereiche zwischen den Tubuli erstrecken.23 Als primäre Neurotransmitter enthalten die Afferenzen CGRP (calcitonin gene-related peptide) und Substanz P, die bei Anregung freigesetzt werden können. Neben der afferenten Informationsweiterleitung sind die nervalen Strukturen also auch in der Lage, lokal Peptide zu sezernieren und somit möglicherweise beeinflussen.60 die Vasomotorik und diverse Entzündungsgeschehen zu 5 Ein Grund für die dürftige Studienlage im Hinblick auf den afferenten Teil der Innervation liegt in der Schwierigkeit, die Afferenzen im Bereich der Niere elektrophysiologisch in Messungen zu erfassen.10 Im Gegensatz dazu sind die Zellkörper der entsprechenden Axone mit vergleichsweise geringem Aufwand gut zugänglich. Die ersten Neurone der afferenten Nervenfasern befinden sich hauptsächlich in den Hinterwurzelganglien (DRG, dorsal root ganglia), der Segmente T6-L4, wobei der Hauptteil der Somata in den Segmenten T12-L3 lokalisiert ist.26,65 Diese Nervenzellen können durch retrograde Anfärbung mit Fluoreszenzfarbstoffen von anderen Neuronen in den Ganglien mikroskopisch unterschieden werden. In entsprechenden Vorarbeiten ist diese Technik bereits erfolgreich zum Einsatz gekommen, um renale Afferenzen anzufärben.23 Für elektrophysiologische Untersuchungen können diese zum Beispiel nach Entnahme in Form einer Zellkultur zugänglich gemacht werden. Bisherige Untersuchungen unserer Forschungsgruppe an solchen Zellkulturen konnten Unterschiede im elektrophysiologischen Antwortverhalten hinsichtlich der Säuresensitivität von Hinterwurzelganglienneuronen mit renalen Afferenzen im Vergleich mit Afferenzen aus anderen Gebieten in den gleichen Ganglien sichtbar machen. Die nichtrenalen Afferenzen kommen in diesem Falle, wie an Ratten gezeigt, hauptsächlich von Gefäßen der Hinterbeine.45 Die Unterschiede manifestieren sich hier im Antwortmuster auf Stimulation an diesen Neuronen und ihrer Axone. Rechteckförmige Strominjektionen führen bei den kultivierten Neuronen zur Aktionspotentialbildung, wobei ein Teil der Zellen mit lediglich einem Aktionspotential reagierte, wohingegen andere mehrere Aktionspotentiale zeigten. Interessanterweise ergab eine weitergehende Auswertung, dass die repetitiv antwortenden „tonischen“ Neurone vor allem bei Afferenzen der Niere zu finden sind, wohingegen die singulär antwortenden „phasischen“ Zellen in der renal afferenten Innervation weniger häufig vorkommen. Dieses Bild entspricht nicht dem vergleichbaren Durchschnitt der Afferenzen aus anderen Körperregionen, in denen umgekehrte Relationen gefunden werden.23 Daher liegt der Verdacht einer im Hinblick auf die Aktionspotentialmuster nierenspezifisch ausgerichteten Innervierung nahe. Letztlich ist der genaue Mechanismus, weshalb sich diese Zellen in den Eigenschaften „tonisch“ und „phasisch“ unterscheiden, bisher ungeklärt. Ausgehend von grundlegenden physiologischen Überlegungen müssen mehrere in DRGNeuronen vorkommende Ionenkanaltypen besondere Beachtung finden, die zur Entstehung von Aktionspotentialen beitragen. Zum Spektrum der Kanäle zählen u.a. Natriumkanäle, Kalziumkanäle, Kaliumkanäle, TRP-Kanäle (transient receptor 6 potential channels) und protonenaktivierte Kanäle (acid-sensining ion channels). Die Aktivierung dieser Kanäle führt entweder zu einem Einstrom von Ionen in die Zellen oder zu einem Ausstrom von Ionen aus den Zellen. Durch Einstrom von Neuronen oder durch die Inhibierung des Ausstroms kann eine Depolarisation der Zellmembran entstehen, die das Membranpotential in Richtung Erregungsschwelle drängt.43 In Vorversuchen der Arbeitsgruppe verdichteten sich die Hinweise, dass sich die durch Depolarisation evozierten Einwärtsströme in tonischen und phasischen Zellen unterscheiden. Diese Einwärtsströme sind aufgrund ihrer raschen Kinetik vermutlich vor allem auf die Öffnung von Natriumkanälen zurückzuführen. Spannungsaktivierte Natriumkanäle sind an der Generierung von Aktionspotentialen und deren Fortleitung in erregbaren Zellen, vor allem Neuronen, aber auch Muskelzellen und neuroendokrinen Zellen, beteiligt. Sie gehören zu einer einzigen Kanalfamilie, in der eine strukturelle Unterscheidung anhand ihrer 9 verschiedenen α-Untereinheiten erfolgt. Die α-Untereinheit bildet als Kern des Kanals die Pore für die Ionenbewegung und ist auch bei alleiniger Expression vollständig funktionell. Zusätzliche β-Untereinheiten stabilisieren den Kern, indem sie mit Adhäsionsmolekülen, der extrazellulären Matrix und dem Zytoskelett interagieren, und modifizieren die Kinetik und Spannungsabhängigkeit des gesamten Membrankomplexes. Bisher sind 9 verschiedene Natriumkanaltypen in Säugern identifiziert worden, die sich durch pharmakologische und elektrophysiologische Methoden differenzieren lassen.7 Einige Typen der Natriumkanäle sind auch funktionell aktiv in DRG-Neuronen der Ratte exprimiert und nehmen dort in unterschiedlicher Art und Weise Einfluss auf die Aktionspotentialgenerierung und somit auf das elektrophysiologische Verhalten der Neurone in vivo und in vitro.66 Es soll nun im Hinblick auf das unterschiedliche Antwortverhalten bei renalen Afferenzen geklärt werden, inwieweit die Eigenschaften „tonisch“ und „phasisch“ von verschiedenen Natriumkanaltypen beeinflusst oder mitgeprägt werden. Diese Aufgabenstellung umfasst insbesondere auch die Fragestellung, welche Rolle sogenannte TXX-resistente Natriumkanäle für das Auftreten des tonischen Verhaltens bei renalen Afferenzen spielen. 7 3. Material und Methoden 3.1. Überblick über den Ablauf Die Untersuchung der in der Fragestellung thematisierten neuronalen Eigenschaften erfolgt in vitro an Rattenneuronen. Dafür werden im Hauptversuch die Neurone von der afferenten Endigung in der Niere her etwa eine Woche vor der abschließenden elektrophysiologischen Untersuchung mit einem Farbstoff angefärbt. Nach einigen Tagen retrograder Wanderung die Zellsomata im Hinterwurzelganglion erreichend, erlaubt die Anfärbung die mikroskopische Identifikation von renalen Neuronen gegenüber Neuronen mit Afferenzen nichtrenaler Herkunft auch in der anschließend hergestellten Zellkultur. In der folgenden Woche werden jene Hinterwurzelganglien dem Versuchstier entnommen, die den überwiegenden Anteil der Nervenzellkörper der an der renal afferenten Innervation der Niere beteiligten Neurone enthalten, und die Zellen dann in Zellkultur gebracht. Am ersten und zweiten Tag nach Herstellung der Zellkultur erfolgen die elektrophysiologischen Untersuchungen mittels Patchclamp-Technik. Ergänzend zur Hauptversuchsreihe wird ein Kontrollversuch durchgeführt, der den direkten Einfluss des Farbstoffs in Form von Veränderungen in der Elektrophysiologie der neuronalen Zellen überprüft. Eine detaillierte Beschreibung der jeweiligen Vorgänge wird in den nun folgenden Punkten vorgenommen. 3.2. Tiermodell Als Versuchstiere für beide Versuchsteile dienen männliche Sprague-Dawley-Ratten (Charles River, Deutschland). Die Haltung der Ratten erfolgt in Tierställen bei einer Raumtemperatur von 24±2 Grad Celsius. Die Ernährung der Ratten wird mit frei zugänglichem Leitungswasser und Standardtrockenfutter (1324, Altromin, Deutschland) sichergestellt. Zum Zeitpunkt der Gewinnung der neuronalen Zellen waren die 9 verwendeten Ratten im Hauptversuch durchschnittlich 265,6g (min. 195g, max. 393g) schwer. Im Gegensatz dazu umfasste der Kontrollversuch 13 Ratten mit durchschnittlich 211g (min. 151g, max. 270g). Die Haltung sowie der Ablauf der Prozeduren entsprechen den Richtlinien der American Physiological Society, liefen gemäß bundesdeutschen Gesetzen ab und waren durch die zuständigen Behörden genehmigt. 8 3.3. Zur elektrophysiologischen Untersuchungstechnik 3.1.1. Geschichte und Bedeutung der Ganzzellableitung Bereits im 18. Jahrhundert stellte der italienische Arzt Galvani (1727-1798) Hypothesen auf, die die Funktion einer Nerven- oder Muskelzelle auf Basis von unterschiedlichen elektrischen Zuständen beschreiben. Seine Vermutung, das Innere der Nerven und Muskeln hätte andere elektrische Eigenschaften als das Äußere, nahm die erst viel später erkannte zentrale Rolle der Zellmembran in ihrer Funktion als partiell permeabler Regulator der elektrophysiologischen Vorgänge an erregbaren Membranen vorweg. Im folgenden Jahrhundert erhärtete sich die Hypothese des Potentials zwischen Oberfläche und Innerem, indem BoisReymonds (1818-1896) in Elektrodenableitungen erstmals der Nachweis von Spannungsschwankungen in der Erregungsphase von Muskeln und Nerven gelang. Die Entdeckung der elektrischen Reizweiterleitung ermöglichte es Helmholtz (18211894), die Geschwindigkeit der Reizleitung in einem Froschnerven zu messen. Der völlig unbekannte Mechanismus dieses Phänomens zwang die Wissenschaft in den folgenden Jahrzehnten zu Erklärungsmodellen, die Anfang des 20. Jahrhunderts in den Hypothesen Bernsteins (1839-1917) gipfelten, die den heutigen Vorstellungen zur Entstehung des Membran- und Aktionspotentials erstaunlich nahekommen. Eine Art Durchbruch bedeutete die Ende der 1930er Jahre entwickelte Spannungsklemme mit zwei in die Zelle eingeführten Elektroden, die eine Erhöhung der Membranleitfähigkeit einer Nervenzelle bei Erregung nachwies. Eine Elektrode dient in dieser Anordnung als kontinuierlicher Spannungssensor, der die andere Elektrode als Stromquelle so steuert, dass eine konstant vorgegebene Spannung zwischen Zellinnerem und Badelektrode vorliegt. Auf Grundlage dieser Technik gelang es Hodgkin (1914-1998) und Huxley mit der heute noch gültigen Ionentheorie der Erregung, die für die Entstehung von Aktionspotentialen ursächlichen Natrium- und Kaliumströme über die Nervenzellmembran zu entdecken und voneinander zu differenzieren. Wichtiger Bestandteil ihrer Erkenntnisse war dabei auch, dass nicht etwa aktive „Carrier“, sondern spannungsaktivierte Kanäle die Durchtrittsstellen für die jeweiligen Ionen bilden. Der Nachweis dieser Einzelkanäle jedoch war dem Patch-clamp-Verfahren vorenthalten, für dessen Entwicklung Neher und Sakman 1991 den Nobelpreis erhielten. In seiner ursprünglichen Form zielt das Verfahren darauf ab, Einzelkanalströme an erregbaren Membranen zu untersuchen. Hierfür kommt neben der Badelektrode nur eine Elektrode zum Einsatz, die kontinuierlich für Spannungsmessung und 9 Strominjektion benutzt wird. Die grundsätzliche Problematik bei der Einzelkanalstrommessung ergibt sich aber aus der Größe der zu erwartenden Ströme. Diese befinden sich aufgrund des Hintergrundrauschens, hervorgerufen durch unzählige geöffnete Kanäle und Ionentransporter, in einem für konventionelle Messmethoden unzugänglichen Bereich. Die revolutionäre Lösung liegt in der Verwendung von gläsernen Pipetten, die einen kleinen Abschnitt der Membran von der gesamten anderen Zellmembran elektrisch isolieren. Zusätzlich gelang in der Folgezeit die Entwicklung der Gigasealtechnik, die den Abdichtwiderstand zwischen Membran und Pipette vom vorher relativ niedrigohmigen (ca. 50MΩ) in den Gigaohmbereich erhöht. Somit können in dieser sogenannten „Cell-attachedKonfiguration“ die entstehenden kurzen Rechteckströme, die die Öffnung eines einzelnen aktivierten Kanals unter der Pipettenöffnung widerspiegeln, mit geringem Hintergrundrauschen sichtbar gemacht werden. Die feste Verbindung, die die Lipiddoppelschicht in der „Cell-attached-Konfiguration“ mit der Patchpipette eingeht, ermöglicht zudem die Manipulation des Membranflecks, sodass weitere Konfigurationen für die Messung von Strömen unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise der Modifikation des intra- sowie des extrazellulären Milieus, möglich sind. Eine dieser Konfigurationen, die bei uns während aller Messungen angewandte „Whole-cell-Konfiguration“, erhält man, indem der Membranfleck unter der Pipettenöffnung im Anschluss an die Cell-attached-Konfiguration mit leichtem Unterdruck zerstört wird und somit eine direkte Verbindung zwischen Zellinnerem und Pipetteninnerem entsteht: 10 Abbildung 1: Herstellung der Whole-cell-Konfiguration In dieser vorliegenden Ganzzellableitung wird es dem Untersucher nun möglich, Ströme über die gesamte Membran der Zelle als Summenströme vieler Kanäle zu messen. Binnen kurzer Zeit vermischt sich zudem die großvolumige Pipettenlösung mit der kleinvolumigen intrazellulären Flüssigkeit und ersetzt diese damit praktisch in ihrer Zusammensetzung. Befinden sich die Zellen zusätzlich in einer austauschbaren Badlösung, ist es somit möglich, sowohl die Zusammensetzung des Intrazellularraums als auch die des Extrazellularraums je nach Zweck der Untersuchung zu variieren. Die Messanordnung erlaubt neben der hier beschriebenen Spannungsklemmanordnung („Voltage-clamp-Modus“) mit vorgegebener Spannung und variabel gelassenen Strömen auch die Stromklemmanordnung („Current- clamp-Modus“). In diesem Fall werden die injizierten Ströme kontrolliert und man kann Veränderungen des Membranpotentials als Darstellung eines physiologischen 11 Erregungsmusters analysieren.49 Beide Techniken sind in dieser Arbeit Teil der Zellanalyse und kommen bei jeder Zelle nacheinander sukzessiv zur Anwendung. 3.1.2. Probleme der Ganzzellableitung und Lösungsstrategien Im Zuge der Anwendung der Whole-cell-Konfiguration stellen sich leider auch diverse Probleme ein, auf die in diesem Rahmen in Gänze nicht eingegangen werden kann. Dennoch soll hier ein Überblick über die Kernproblematiken und die zur vorliegenden Arbeit entwickelten Lösungsstrategien zur Behebung bzw. Minimierung von Fehlerquellen gegeben werden. Im Fokus stehen der elektrische Widerstand RP (Pipettenwiderstand), verursacht durch die schmale Öffnung der Pipette, der Serienwiderstand RS, entstehend aus der Addition von RP und dem Zugangswiderstand zur Zelle, der Widerstand der Zellmembran RM und die Kapazität der Zelle CM, die mit steigender Zellgröße ebenfalls wächst (s. Abb. 2). Abbildung 2: Überblick über die beteiligten physiologischen Größen in der Whole-cell-Konfiguration (modifiziert nach: Numberger M., Draguhn A.: Patch-Clamp-Technik. Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg: 1996, S. 89) Am Anfang eines jeden Spannungswechsels, wie er in vielen Protokollen im Voltage-clamp-Modus vorkommt, fließen je nach Größe des Kompensators, welchen die Pipette selbst wie auch die Zellmembran darstellt, mehr oder weniger große kurzfristige kapazitative Ströme. Durch sie kann der Verstärker kurzzeitig abgesättigt sein, wodurch die Spannungskontrolle über die Zelle intermediär ausfällt. Insbesondere bei der Messung von Natriumströmen, die in den ersten Millisekunden eines Spannungswechsels evoziert werden, stören die gleichzeitig sichtbaren kompensatorischen Ströme außerdem zusätzlich die Beurteilung dieser 12 Ströme. Daher wurde die Kapazitätskompensation für Pipette und Zelle - wie bei solchen Messungen üblich– eingesetzt, um eine Übersättigung des Verstärkers zu vermeiden und die Artefaktgröße zu reduzieren, sodass die Spannungskontrolle hinreichend gegeben ist und Strommessungen über die Membran leichter ausgewertet werden können.49 Hinzu kommt, dass die Zeit bis die Zelle bei einem Wechsel der Sollspannung umgeladen ist, einerseits von der Kapazität des Kompensators – in unserem Fall der Zellgröße- und andererseits von dem durch den Strom zu überwindenden Widerstand RS abhängt; allem voran stellt sich beim Studium weiterführender Literatur der sich im Verlauf der Messungen potentiell verändernde Serienwiderstand RS als bedeutende Variable in Bezug auf die Spannungskontrolle in der Zelle dar. Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Verhältnis des Zugangswiderstands RS Zugangswiderstand einen zum Membranwiderstand möglichst geringen RM, Wert in dem gegenüber der dem Membranwiderstand besitzen soll.49 Da weder die Zellkapazität verändert werden kann noch der Membranwiderstand in unserem ursprünglichen Messverfahren modifiziert wird, fällt der Minimierung des Serienwiderstandes somit große Bedeutung zu, will man DRGs für die Natriumkanalmessung unter ausreichende Spannungskontrolle bringen. Grundsätzlich wurden deshalb nur relativ große, niederohmige Pipetten mit Pipettenwiderständen zwischen 1 MΩ und 3 MΩ für die Messungen zugelassen. Ausschlusskriterium für die Zulassung zu unseren Messreihen waren außerdem Werte im Zugangswiderstand, die 6 MΩ initial nach dem Herbeiführen der Wholecell-Konfiguration überschritten und Membranwiderstände, die das Zehnfache des Zugangswiderstands unterschritten. Unabdingbar im Vorfeld der eigentlichen Messungen sind Vorkehrungen zur Kompensation des Serienwiderstands. Bei richtiger Umsetzung dieser Maßnahmen beschleunigen sie die Umladung der Zellmembran. In unserem Fall wurde für alle Zellen eine mindestens 75%ige Kompensation gefordert. Da sich die Messungen über mehrere Minuten hinziehen, wird die Kompensation immer wieder überprüft und erneut angepasst. Die Verwendung von EGTA als Kalziumpuffer in der Pipettenlösung soll zudem dazu beitragen, ein „Resealing“ in Form eines erneuten Verschlusses der Membran und damit einen ansteigenden Serienwiderstand zu verhindern. Ein bedeutendes Problemfeld stellt die Größe der Natriumströme in den gemessenen Nervenzellen dar. Erhobene Strom-Spannungs-Kennlinien im Vorfeld der eigentlichen Messreihen offenbarten bereits, dass im Voltage-clamp-Modus die 13 Spannungskontrolle in fast allen Zellen bei normaler extrazellulärer Natriumkonzentration von 140 mmol/l (s. Lösung 1, Lösungszusammensetzungen: s. Anhang) unzureichend ist. Deshalb wurde der Entschluss gefasst, die extrazelluläre Natriumkonzentration für die Messung der Natriumströme mit einem Lösungswechsel im Bassin drastisch auf 30mmol/l (s. Lösung 2) zu senken, was dazu führt, dass hier Zellen bis zu einer Kapazität von 107,42pF unter ausreichend guter Spannungskontrolle erfolgreich gemessen werden können. Die mangelnde Spannungskontrolle in der Peripherie verzweigter Nervenzellen, oft als „Space-clamp-Problematik“ beschrieben, wurde in mehrfacher Hinsicht zu umgehen versucht.64 Einerseits wird durch die spezielle Dissoziation der Zellen für die Zellkultur eine möglichst runde Form der Zellen erreicht, zum anderen gilt die Prämisse, im Auswahlverfahren bevorzugt Zellen für die Messungen heranzuziehen, die im Mikroskop kompakt wirken und möglichst geringe Abweichungen von einer runden Form zeigen. Um interzelluläre Interaktionen auszuschließen, richtet sich besonderes Augenmerk auch auf benachbarte gliale und neuronale Zellstrukturen, die auf dem Deckglas möglichst keinen direkten Kontakt mit dem zu untersuchenden Neuron aufweisen sollen. Neben der Reduzierung der extrazellulären Natriumkonzentration wird der Wechsel des extrazellulären Mediums nach den erfolgreich durchgeführten Current-clampMessungen auch dafür genutzt, die Natriumströme pharmakologisch von anderen Stromkomponenten, die man in der „Whole-cell-Konfiguration“ als normalerweise regulär auftretende Kalziumströme Summenströme mit erfasst, zu trennen. So werden durch Beimischung von Cadmiumchlorid unterdrückt. Hohe Konzentrationen von TEA und 4-Aminopyridin haben die Aufgabe vor allem Ionenströme spannungsaktivierter Kaliumkanäle zu vermindern.12,64 Der Block der Kaliumkanäle erfolgt im Vergleich zum Ausgangszustand zwar in großem Umfang, es bleibt jedoch in allen Messungen eine kleine Kaliumstromkomponente zurück, die ihr Maximum jedoch zeitlich erkennbar nach dem Maximum der Natriumstromkomponente erreicht. Deshalb wird, obwohl es sich in den Messungen wohl um Natrium-Kalium-Mischströme handelt, davon ausgegangen, dass die Messungen zum ganz überwiegenden Teil reale Natriumströme widerspiegeln. Dementsprechend werden diese Ströme nachfolgend auch als Natriumströme bezeichnet. 14 3.2. Patch-clamp-Arbeitsplatz 3.2.1. Technischer Aufbau Für die Durchführung der Patch-clamp-Experimente steht ein bereits über Jahre bestehendes System zur Verfügung, dessen Aufbau in Abbildung 3 schematisch dargestellt ist: Abb. 3: Schema des Arbeitsplatzes Bis auf Oszilloskop, Verstärker, Analog-Digital-Wandler und PC sind sämtliche Aufbauten auf einem Tisch mit einer massiven und damit trägen Granitplatte montiert. Da bisher keine Störungen der Messungen durch äußere Einflüsse beobachtet wurden, ist eine sonst bei diesen Einrichtungen übliche Schwingungsdämpfung der Tischplatte bei dem gegenwärtigen Standort der Anlage im Keller des Hauses nicht nötig. Den Arbeitsplatz umgibt ein Faraday-Käfig, der die sensible Messtechnik vor elektromagnetischen Einflüssen, herrührend einerseits von benachbarten Elektroinstallationen und andererseits von heutzutage vielfältigen Störeinflüssen wie beispielweise elektromagnetischen Interferenzen durch Handystrahlung abschirmt. Das zentrale Element der insgesamt geerdeten Anlage stellt ein inverses Mikroskop (Wilovert S, Hund, Deutschland) dar, das sich entkoppelt vom Rest der Anlage kugelgelagert unter dem Mikroskoptisch hindurch bewegen lässt. Ein Mikromanipulator (Leica Micromanipulator, Leica, Deutschland) steht fest auf der Granitplatte und trägt über ein Winkeleisen den benachbarten Mikroskoptisch, auf dem sich das Perfusionsbecken für die Zellen befindet. Zur Untersuchung der Zellen werden die kulturtragenden Deckgläschen in dieses Patch-Bassin gesetzt und dort 15 fixiert. Der Mikromanipulator selbst kontrolliert die Bewegungen der Ableitelektrode und die der sie umgebenden Patchpipette, wobei die Elektrode über den Pipettenhalter direkt mit dem Vorverstärker (CV 203BU, Axon instruments, USA) verbunden ist. Erst durch den Manipulator sind Arbeitsschritte im µm-Bereich möglich, was unbedingt nötig ist, um die Pipette filigran an eine ausgewählte Zelle in der Kammer heranzuführen. Als Badelektrode kommt eine Ag/AgCl – Elektrode zum Einsatz, die über ein Kabel mittels Steckverbindungen ebenfalls mit dem Vorverstärker verbunden ist. Das Becken selbst kann ausgehend von 6 Lösungsdepots über ein Schlauchsystem kontinuierlich perfundiert werden, wobei der Fluss im Schlauchsystem über eine Perfusionsanlage (Perfusionssystem PF8, E.S.F.electronic, Deutschland) gesteuert werden kann. Der Perfusionsfluss über die Zellen hinweg beträgt bei der Benutzung eines einzelnen Schlauchs etwa 1ml/min und wird entweder manuell an einer Schalteinheit oder via PC geregelt, sodass der Inhalt des Perfusionsbeckens gleichzeitig oder sukzessiv mit verschiedenen Lösungen gefüllt werden kann. Zur Identifikation fluoreszenzgefärbter Neurone befindet sich ein frequenzverdoppelter Neodym-YAG-Laser (DPGL-3010, 10mW, 532nm ≙ grün, modifizierter Laser, Polytec, Deutschland) über dem Objekttisch und regt mit seinem Licht den Farbstoff DiI in der Membran zur Emission bei einer Wellenlänge von 564nm an. Um dieses orangerote Licht vom starken Grün des Lasers zu unterscheiden, ist im Mikroskop ein Langpassfilter mit 550nm Grenzwellenlänge (LP 550, AHF Analysetechnik, Deutschland) verbaut, der praktisch nur Emissionslicht passieren lässt. Außerhalb des Faraday-Käfigs ist der Verstärker (Axopatch 200B, Axon Instruments, USA) angebracht, der über ein Steuerkabel mit dem Vorverstärker verbunden ist. Die Signalauswertung erfolgt mit einem digitalen Speicheroszilloskop (HM 205-3, Hameg, Deutschland) und einem über einen Analog/Digital-Wandler (DIGIdata 1200, Axon Instruments, USA) angeschlossenen Computer (IBMkompatibler Desktop-Computer mit Intel Pentium III®-Prozessor und Microsoft Windows® XP Betriebssystem). 16 3.2.2. Patch-clamp-Utensilien und Lösungen Zur Herstellung von Pipetten steht ein Pipettenziehgerät (PP-830, Narishige, Japan) zur Verfügung, das aus einem Rohling in einem zweistufigen Heiz- und Zugprozess zwei fast identische Pipetten herstellt. Im ersten Arbeitsschritt wird durch den Heizer im Wesentlichen die Taille der Pipetten geformt, mit dem zweiten Schritt kann die durch das Auseinanderziehen des Rohlings in zwei etwa gleich große Pipetten entstehende Pipettenöffnung in ihrer Größe modifiziert werden. Als Ausgangsmaterial für die Pipetten dienen Borosilitglaskapillaren mit einem Außendurchmesser von 1,5mm, einem Innendurchmesser von 0,8mm und 8cm Länge (GB150-F-8P, Science Products, Deutschland). Die exakten Spezifikationen der extra- und intrazellulären Lösungen, mit denen das Bassin perfundiert wird, sind dem Anhang zu entnehmen. Die intrazelluläre Pipettenlösung wird, um Schwebeteilchen zu entfernen, zunächst gefiltert und in Eppendorf-Cups zu je 1ml portioniert. Bis zu ihrer Verwendung sind alle Cups bei 20°C gefroren eingelagert. Die Herstellung der extrazellulären Lösung (Lösung 1), mit der die Zellen im Kontrollversuch ausschließlich, im Hauptversuch nur zunächst überspült werden, erfolgt in vierfacher Konzentration und ohne Glukosezusatz. Nachdem die Lösung gleichermaßen bei -20°C bis zur Verwendung aufbewahrt wird, gibt man nach dem Auftauen die entsprechende Menge Zucker hinzu und verdünnt sie mit destilliertem Wasser. Lösung 2 wird wie o.g. Lösungen gelagert und entspricht in ihrer Zusammensetzung einer modifizierten Lösung von Uebachs et al.61, wobei die Natriumkonzentration im Gegensatz zur Vorlage noch weiter auf 30mmol/l abgesenkt ist. Alle Lösungen werden mindestens einer Qualitätskontrolle bei der Herstellung sowie einer weiteren kurz vor ihrer Verwendung in puncto Gesamtosmolalität (Osmomat 030, Gonotec, Deutschland) unterzogen. Alle eingesetzten Lösungen zeigen bei der Messung Werte zwischen 275mosm und 305mosm, wobei auf einen Patchtag bezogen die maximale Differenz von 12mosm zwischen den sukzessive verwendeten Lösungen 1 und 2 erreicht wird. Zum Einsatz kommen nur Lösungen mit Raumtemperatur. 17 3.3. Hauptversuch 3.3.1. Fluoreszenzfärbung renaler Neurone Um die Unterscheidung der Zellsomata der Neurone in der Kultur vorzunehmen, wird auf ein bereits etabliertes Verfahren zur Anfärbung der Neurone in vivo zurückgegriffen. Der Fluoreszenzfarbstoff DiI (Molecular Probes/Invitrogen, USA) wurde in mehreren Tiermodellen für eine retrograde Darstellung sensorischer Afferenzen verwendet, u.a. zur Darstellung der Innervation des Herzens durch Neurone im Ganglion nodosum und der Nieren, der hinteren Extremitäten und der Bandscheiben durch Neurone in DRGs.14,15,23,27,42,44,45,59 In Alkohol in Lösung gebracht, gelangt der Farbstoff dabei nach Applikation auf afferente Endigungen innerhalb weniger Tage über membranöse Diffusion hin zum Nervenzellsoma, ohne anliegende Fasern zu beeinträchtigen. Die Konzentration des in 70% Alkohol gelösten Farbstoffs liegt in unserer Hauptversuchsreihe bei 20mg/ml. Nach einer Einwirkzeit von 7 Tagen kann die Anfärbung der Neurone nach Entnahme der Hinterwurzelganglien gut nachvollzogen werden (s. Abb. 4). Abbildung 4: Darstellung eines Hinterwurzelganglions in der Fluoreszenzlichtaufnahme. Helles Orange kennzeichnet wenige, zum Teil in Zellhaufen organisierte, retrograd angefärbte Neurone mit renalen Afferenzen. (Mikroskop: Nikon Eclipse 80i, Exitationsfilter 540nm/25nm, Emissionsfilter 605nm/55nm, Vergrößerung: 50-fach) 18 Zum Einbringen des Farbstoffs in die Ratten werden diese zunächst in einer abgeschlossenen Plastikkammer gehalten, in die man zur Narkoseeinleitung mittels eines Narkosegeräts (Trajan808, Drägerwerk, Deutschland) ein Inspirationsgemisch mit 4 Vol.-% verdampftem Isofluran (Forene®, Abbott, Deutschland) unter einem Fluss von 0,5l Sauerstoff/min und 0,5l Lachgas/min (Linde Industrial Gases, Deutschland) einleitet. Zur Aufrechterhaltung der Anästhesie werden die Ratten anschließend aus der Kammer Isoflurananteils auf 1,5 Vol.-% entnommen und unter Reduzierung des mit einer Atemmaske während der gesamten Prozedur in Narkose gehalten. Nach Entfernung des Fells an den betreffenden Stellen und gründlicher Desinfektion wird mit einer möglichst kleinen dorsolateralen Inzision kaudal des Rippenbogens zunächst einseitig der Zugang zum oberen Nierenpol angegangen. Nach Freipräparation der Niere sowie des anliegenden perirenalen Fettgewebes, was immer problemlos erfolgen konnte, wird unter Verwendung eines Mikroskops (M 650, Leica, Deutschland) 5-10l des gelösten Farbstoffes DiI mit einer schmalen Glaskapillare aus Borosilikatglas (GB150-F-8P, Science Products, Deutschland) subkapsulär in die Niere injiziert. Die Glaskapillare wird dabei über einen Schlauch an eine 0,1ml fassende Spritze (Microliter® 710, Hamilton Bonaduz, Schweiz) angeschlossen, um die genaue Menge an Farbstoff dosieren zu können. Nach sorgfältiger Kontrolle von möglichen Leckagen an der Injektionsstelle ist es möglich, die langsame Verteilung des Farbstoffdepots unter der Nierenkapsel makroskopisch zu begutachten und nach einigen Sekunden die Kapillare vorsichtig zu entfernen. Geringe Verunreinigungen mit Farbstoff im Injektionsbereich können, falls überhaupt nötig, mit einem sterilen Tupfer gesäubert werden. Im Folgenden werden sukzessive zunächst Muskel und dann Haut durch Einzelknopfnähte (Prolene 4-0, Ethicon, Deutschland; Supolene 3,5-0, Resorba, Deutschland) wieder vernäht. Auf der kontralateralen Seite erfolgt dann die Anfärbung in identischer Prozedur. Insgesamt kann man den Vorgang mit geübter Hand in etwa 20 Minuten abschließen. Die Tiere überstanden die Narkose ausnahmslos gut und konnten nach kurzer Erholungszeit bei 100 Vol.-% Sauerstoffzufuhr zurück in den Tierstall gebracht werden. Die Wunden erwiesen sich im postoperativen Verlauf allesamt als nicht entzündet und unmittelbar vor Entnahme der Nervenzellen zur Zellkulturanfertigung gut verheilt. 19 3.3.2. Gewebedissoziation und Zellkultur Die Aufarbeitung des Gewebes orientiert sich grundsätzlich an der Methodik von Sharma et al.57, die von Linz zunächst modifiziert auf Neurone des Ganglion nodosum und später durch Linz bzw. Ditting auch auf DRGs angewandt wurde.12,14,27,45 Bei den Ratten wird die Narkose, wie oben bereits zur Vorbereitung auf den Färbevorgang beschrieben, durch Beimischung von 4 Vol.-% Isofluran zu Sauerstoff und Lachgas eingeleitet. Es unterbleibt nun lediglich die Aufrechterhaltung der Narkose durch Reduktion des Isoflurananteils, sodass der Tod durch Atemdepression beim Versuchstier bei gleichbleibender Luftzusammensetzung in der geschlossenen Kammer sehr zügig eintritt. Anschließend wird die Ratte von dorsal her mit einem V-förmigen Hautschnitt eröffnet und die Wirbelsäule vom thorakalen bis zum sakralen Anteil dargestellt. Anhand der Rippenansätze können die einzelnen Wirbel identifiziert werden, um anschließend die Wirbelsäule auf Höhe Th11 und L2 mit Wirbelsäulenabschnitt einer Schere zu durchtrennen und den gesamten zu entnehmen. An dem entfernten Stück wird der Wirbelkanal von apikal bzw. kaudal entlang der Dornfortsätze eröffnet und die entstehenden Hälften nach lateral weggeklappt. Unter dem Mikroskop können nun unter Zuhilfenahme von Mikroschere und Mikropinzette (Fine Science Tools®, Deutschland) das Rückenmark bzw. abgehende Fasern mobilisiert und in den Wirbelzwischenräumen, von medial aus gesehen als kleine Vertiefungen erkennbar, die jeweiligen DRGs lokalisiert werden. Auf Grundlage eigener Voruntersuchungen sowie Erkenntnissen aus der Literatur liegt das Hauptinteresse bei den Ganglien auf Höhe Th11 bis L2, die den Hauptanteil an renal-afferenten Zellkörpern enthalten.38 Die Freipräparation soll möglichst atraumatisch erfolgen, indem ohne direkten Ansatz der Pinzette am Ganglion die Faserverbindungen abgeschnitten und die DRGs entnommen werden. Die gewonnenen Ganglien werden direkt in eine mit 1,5 ml PBS-Puffer (Biochrom, Deutschland) gefüllte Petrischale (Falcon® 353001, Becton Dickinson Labware, USA) überführt und dabei mit leichtem Schwenken Verunreinigungen abgeschwemmt. Die Entnahme sollte zügig erfolgen, um die Vitalität der Zellen nicht unnötig zu beeinträchtigen. Die weiteren Schritte zur Herstellung der Zellkultur werden ab diesem Zeitpunkt in einer Sterilbank des Labors vorgenommen, um eine versehentliche Keimbesiedlung zu verhindern. Den PBS-Puffer, in den die Ganglien gelegt wurden, verwirft man zunächst möglichst vollständig. Bei stärkerer Verunreinigung des entnommenen Gewebes, vor allem mit Blut, kann ein weiterer Waschschritt mit 1,5ml Puffer nötig 20 werden. Es erfolgt nun die enzymatische Trennung der Bindegewebsstrukturen, in denen sich die Neurone noch befinden, indem die Ganglien mit 1ml KollagenaseLösung (Typ IA, Sigma-Aldrich, USA; c=4mg/ml in DMEM, Gibco/Invitrogen, USA) versetzt werden. Um einen raschen Fortgang der enzymatischen Trennung zu gewährleisten, ist es ratsam, die Petrischale während der einstündigen Inkubation bei 37 Grad Celsius im Brutschrank (Heracell 240, Heraeus, Deutschland) unter Umständen mehrere Male leicht zu schwenken. Nach der 60-minütigen Behandlung sind die Neurone im Mikroskop im Idealfall schon einzeln durch die Bindegewebshülle zu sehen, wenngleich sie sich durch diese noch insgesamt in einem Verband befinden. Im Folgenden werden die Ganglien einer mechanischen Dissoziation unterzogen, sodass letztlich möglichst einzelne runde Nervenzellen zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung stehen. Die dazu verwendete Pipette (Sigmacote®, Sigma-Aldrich, USA) ist mit Silikon beschichtet, um eine Anheftung der Zellen an das Glas zu vermeiden. Zusätzlich wurde die Pipette im Vorfeld unter Zuhilfenahme eines Bunsenbrenners vorne verjüngt, um das Verletzungsrisiko für die Zellen zu minimieren und die Scherkräfte in der anschließend geschilderten Prozedur zu vergrößern. Diese Pipette wird mit einem Peleusball versehen und der gesamte Inhalt der Petrischale etwa zehnmal wiederholt aufgesogen und abgelassen. Um die Scherkräfte, die zur Auflösung des Zellverbands notwendig sind, noch weiter zu erhöhen, kann die Pipette dabei auch in spitzem Winkel gegen den Boden der Schale gehalten werden. Der Vorgang stellt nicht nur die notwendige Ergänzung der enzymatischen Verdauung dar, indem die verbliebenen glialen Strukturen zerstört werden, sondern führt auch dazu, dass neuronale Zellfortsätze in Form von Axonen und Dendriten zellnah an der Nervenzelle abgetrennt werden. Die Herstellung einer Zellsuspension mit einzelnen, möglichst kugelrunden Zellen ist dabei entscheidend für die Durchführbarkeit des Patch-clamp-Verfahrens im Sinne einer ausreichenden Spannungskontrolle (s. 3.3.2.). Von größter Bedeutung ist einerseits Geschicklichkeit im Umgang mit der Pipette und andererseits der Kraftaufwand in der Bedienung des Peleusballs; Letzteres beeinflusst die Größe der Scherkräfte maßgeblich. Erzeugt man zu große Scherkräfte, werden Neurone mit großen Somata unvermeidbar zerstört, sind aber dementgegen die wirkenden Kräfte zu gering, verbleiben Zellkonglomerate, in denen eine sinnvolle Anwendung des Patchclamp-Verfahrens unmöglich wird. Im Anschluss erfolgt die Überführung der gesamten Zellsuspension in ein steriles 15ml Zentrifugenröhrchen (Greiner® T1818, Sigma-Aldrich, USA), das nachfolgend auf 7ml mit Zellkulturmedium (DMEM+, Zusammensetzung s. Anhang) mit aufgefüllt wird. Das Röhrchen wird nun für 5 21 Minuten bei 100-200G in der Zentrifuge behandelt, sodass sich im Pellet die Neurone absetzen können. Der Überstand wird mit der Pipette vorsichtig abgezogen und die Zellen werden nach erneuter Zugabe von Medium bis auf 10ml nochmals langsam aufsuspendiert, um die Kollagenasewirkung mit Hilfe des enthaltenen FCS so weit als möglich zu reduzieren. Nach letztmaliger Anwendung der Zentrifuge und Entfernung des Überstandes werden pro Deckglas 300ml neues Kulturmedium in das Falcon gegeben. Bei den 10 aus einer Ratte entnommenen Ganglien wurde in Vorversuchen entschieden, dass 6 Deckgläser die optimale Zelldichte pro Deckglas für die nachfolgenden Untersuchungen aufweisen. Die resuspendierten Neurone finden dann in Portionen zu je 300ml auf 6 mit Poly-LLysin (Poly-L-Lysine Hydrobromid, Sigma-Aldrich, USA) beschichteten, 18mmx18mm großen Deckgläschen (Menzel, Deutschland) ihren Platz, die einzeln in 3,8 cm großen Petrischalen liegen. Um den Zellen die Möglichkeit zur Anheftung an die beschichtete Oberfläche zu geben, erfolgt die abschließende Zugabe von 1,5ml Kulturmedium erst nach 2-3 Stunden Wartezeit, in der die Petrischalen im Brutschrank aufbewahrt werden. Kurz vor Beginn der Experimente überführt man die Schälchen in einen anderen Inkubator (Teco 10, Solutec, Germany), der unmittelbar an der Patch-clamp-Anlage steht. Während der gesamten Dauer bis zur unmittelbaren Entnahme der Deckgläschen zur Untersuchung findet also die Inkubation der Zellkulturen in angefeuchteter Luft bei 37°C und 5,0% CO2 statt. Um eine möglichst homogene Zellpopulation zu garantieren, wird die Zellkultur nur in einem begrenzten zeitlichen Rahmen verwendet, zumal auch angenommen werden darf, dass die Zellen bei kurzer Kulturdauer in ihren Membraneigenschaften noch am ehesten dem physiologischen Zustand entsprechen. Es ergibt sich im Verlauf außerdem zusehends die Schwierigkeit, einzeln liegende Zellen zu finden, die keine interagierenden Bindegewebsstrukturen in ihrer unmittelbaren Umgebung aufweisen, da dem Kulturmedium kein Proliferationshemmer für Bindegewebe beigesetzt wird. Auch in Bezug auf die Patch-clamp-Versuche gilt zu beachten, dass ein extensives Spannungskontrolle Neuritenwachstum stark die beeinträchtigt, Chancen da auf auf einen eine adäquate entsprechenden Proliferationsinhibitor ebenfalls verzichtet wird.12 Die Verwendung der Zellen erfolgt somit jeweils am nächsten Morgen und wird auf maximal zwei Tage beschränkt. 22 3.3.3. Ablauf der Messungen, Konfigurationen und Protokolle Für die Einstellung des Bessel-Filters werden 10kHz gewählt, die Digitalisierungsfrequenz beträgt 20kHz. Als Steuerungs- und Messsoftware steht „Clampex“ aus dem Softwarepaket „pClamp“ (Version 10.2, Molecular Devices, USA) zur Verfügung. An jedem Patchtag werden zunächst alle Lösungen hergestellt und entsprechend in die Depots der Perfusionsanlage eingefüllt. Unter fortlaufender Perfusion des Bassins mit Lösung 1 wird ein kulturtragendes Deckglas aus den Petrischälchen der Zellkultur genommen und in den Strahlengang des Mikroskops in das Bassin gesetzt. Unter dem Mikroskop erfolgen nun die Begutachtung der Zellkultur und die anschließende Auswahl eines passenden Neurons (vgl. 3.3.2). Erst nach Festlegung auf eine entsprechende Zelle wird intermittierend der Neodym-YAGLaser anstatt des Mikroskoplichts eingeschaltet und das Neuron entsprechend den Kategorien „fluoreszierend“ (renal) bzw. „nicht fluoreszierend“ (nichtrenal) klassifiziert. Weiterhin wird die sichtbare Zellgröße in Form des maximalen Zelldurchmessers anhand einer Skala im verwendeten Objektiv abgeschätzt. Anschließend wird eine nur in der Spitze mit Pipettenlösung befüllte Mikropipette an den Pipettenhalter angebracht, die Pipette unter Anlage eines leichten Überdrucks in das Bassin eingetaucht und über die ausgewählte Zelle in Position gebracht. Dem Pipettenwiderstand, bestimmt durch einen kontinuierlichen 10mV-Testpuls, werden Werte im Bereich von 1 MΩ bis 3 MΩ zugestanden. Nach obligater Korrektur des Pipetten-Offsets wird die Mikropipette vorsichtig in Zellkontakt gebracht, leichter Unterdruck unter der Pipettenöffnung angelegt und die Klemmspannung in der Voltage-clamp-Konfiguration von 0mV auf -80mV abgesenkt. Im Idealfall erreicht man den erforderlichen Gigaseal innerhalb weniger Sekunden, sodass nachfolgend die Pipettenkompensation optimal eingestellt werden kann. Mit einem kurzen Sog wird dann die Zellmembran durchbrochen und sofort die Whole-cell-Konfiguration erreicht. In dieser Konfiguration werden in einem ersten Schritt Serienwiderstand (RS) und Membranwiderstand (RM) mit Hilfe des von der Software zur Verfügung gestellten Membrantests überprüft; bei unzureichenden Werten wird die Messung gegebenenfalls abgebrochen. Die Bestimmung des Ruhemembranpotentials als grundlegender Zellparameter erfolgt nun so rasch wie möglich, damit der erhobene Wert dem Ausgangszustand vor den Manipulationen an der Zelle am nächsten kommt. Ein Wert unter -40mV wird als ausreichender Parameter für die Vitalität des Neurons angesehen, sodass mit den weiteren Einstellungen fortgefahren werden kann. Aufgrund des hohen 23 Fehlerpotentials bei ungenügenden Kompensationseinstellungen werden nun unter größter Sorgfalt Zellkapazität und Serienwiderstand zu mindestens 75% kompensiert. Der eingestellte Lag liegt, je nach Zellgröße, zwischen 25µs und 35µs. Mit der in Bezug auf Zugangswiderstand und Zellgröße optimal kompensierten Zelle wird nun zu den eigentlichen Messprotokollen übergegangen. 3.3.4. Current-clamp-Modus Zunächst werden die Zellen im Current-clamp-Modus gehalten und auf divergentes Verhalten bei Strominjektionen untersucht. Die Untersuchung im Current-clampModus umfasst 3 Protokolle, in denen jeweils der Reizstrom in 10 sukzessiven Sweeps gesteigert wird (s. Abb. 5, 6, 7). Abb. 5, 6 (oben) und 7 (unten): Schema des Injektionsstroms der Protokolle 1, 2 und 3 (Current-clamp-Modus) Vor dem 600ms dauernden Hauptreiz wird nach 2ms zunächst ein Vorpuls (5ms, mit 2nA beginnend um 2nA pro Sweep auf 20nA erhöht, im ersten Protokoll oben links unvollständig dargestellt) gesetzt, dem sich ein Intervall von 100ms ohne Reizung anschließt. Beim darauf folgenden Hauptreiz wird der injizierte Strom über 600ms 24 konstant gehalten. Er erhöht sich ebenfalls mit jedem Sweep, wobei in den 10 Durchgängen des ersten Protokolls der Bereich von 40pA bis 400pA (s. Abb. 5), im zweiten Protokoll aufbauend darauf der Bereich von 400pA bis 4000pA (s. Abb. 6) und im letzten Protokoll 4000pA bis 11200pA (s. Abb. 7) abgedeckt werden. Die Dauer eines Sweeps beläuft sich auf 5,1612s bei minimal gehaltener Verzögerung zwischen den Durchgängen. 3.3.5. Voltage-clamp-Modus Im Anschluss an die Current-clamp-Messungen werden die Bestimmungen an der Zelle im Voltage-clamp-Modus fortgesetzt. Für die nachfolgenden Messungen muss zur Reduktion bzw. Selektion der Natriumeinwärtsströme die extrazelluläre Lösung 1 im Bassin komplett gegen Lösung 2 getauscht werden. Um den Erfolg des Lösungswechsels sicherzustellen, wird deshalb der erwartete Rückgang der Ströme während des Vorgangs über mehrere Minuten in einem Protokoll mit repetitiv ablaufendem Stimulationsmuster (s. Abb. 8) beobachtet. Abb. 8: Dargestellt ist lediglich ein ausgewählter zeitlicher Bereich im Protokoll 4 (Voltage-clamp-Modus). Die Zelle wird zunächst vom geklemmten Membranpotential (-80mV) für 100ms bei -100mV gehalten und anschließend innerhalb von 10ms auf +100mV depolarisiert. Das Membranpotential beträgt danach für 100ms wieder -100mV. Das Protokoll umfasst insgesamt 10 Sweeps zu je 500ms, die gleichartig ablaufen. Zwischen den Durchläufen liegt eine Latenzzeit von 15s, sodass der letzte Sweep nach 2min 19,5s durchlaufen wird. 25 Nach dem Durchlauf des ersten Sweeps, dessen hervorgerufener Natriumstrom als Referenzwert dient, beginnt der Lösungswechsel, indem der Zufluss mit Lösung 2 in das Bassin durch 2 Zuläufe aktiviert wird. Gleichzeitig wird die Perfusion mit Lösung 1 eingestellt, sodass die kontinuierliche Flutung lediglich mit Lösung 2 erfolgt. Beide Bassinzuläufe sorgen innerhalb weniger Sweeps für einen kompletten Austausch der Lösung, was gut an der Reduktion der Mischströme auf einen konstanten Wert zu erkennen ist. Nach Austausch der Lösungen schließt sich zunächst eine wiederholte Readaption der Kompensation und anschließend die Messung der Gesamtnatriumströme anhand eines stufenförmigen Stimulationsprotokolls an (s. Abb. 9). Abb. 9: Verlauf des Membranpotentials im Protokoll 5 (Voltage-clampModus). Nach leichter Depolarisation der Zelle von -120mV auf 100mV erfolgt in 17 Sweeps eine schrittweise Depolarisation von -100mV auf +60mV, wobei dieses Potential für 50ms gehalten wird. Insgesamt dauert ein Sweep 153,6ms mit einer Verzögerung von 1s zwischen den Sweeps. Zur Vorbereitung auf die Untersuchung einer weiteren Zelle wird nach dem Ende der Messreihe mit einer Zelle das Bassin manuell zunächst gründlich mit 70%iger Ethanollösung und destilliertem Wasser gespült, mit einem saugfähigen Tuch getrocknet und mit Lösung 1 reperfundiert. Die Anlage steht somit gründlich gereinigt für die nächste Messung zur Verfügung. 26 3.4. Kontrollversuch 3.4.1. Rechtfertigung des Kontrollversuchs Obwohl der Farbstoff 9-DiI bereits vorher in mehreren Tierversuchen als neuronaler Tracer Verwendung fand14,15,23,27,42,44,45,59, stellt sich dennoch die Frage nach potentiellen Einflüssen, die ein entsprechend gelöster Farbstoff auf die neuronale Aktivität der Zellen haben könnte. Diese Frage gewinnt insofern noch mehr an Bedeutung, als in Vorversuchen bereits entsprechende Unterschiede zwischen angefärbten (respektive renalen) und nicht angefärbten (respektive nichtrenalen) Neuronen festgestellt wurden und sich diese Unterschiede im Verlauf der Hauptversuchsreihe zu bestätigen schienen. Der Farbstoff DiI wird in Pulverform geliefert und zu unseren Zwecken, wie vom Hersteller empfohlen, in Ethanol gelöst. Deshalb führt man, um den potentiellen Einfluss des gelösten Farbstoffs von dem des alleinigen Lösungsmittels differenzieren zu können, im Kontrollversuch eine Gruppe mit, die im Kulturmedium einen dem mit Farbstoff versehenen Kulturmedium gleichwertigen Alkoholanteil besitzt. 3.4.2. Gewebedissoziation und Zellkultur Es werden unbehandelten Sprague-Dawley-Ratten (Charles River, Deutschland) Neurone aus den entsprechenden Segmenten Th11-L2 in analoger Weise zum Hauptversuch entnommen. Die Aufarbeitung des entnommenen Gewebes erfolgt in identischer Weise zum Hauptversuch (vgl. 3.5.2.) bis hin zum letzten Schritt, in dem die Neurone in 300ml Kulturmedium pro Deckglas aufsuspendiert und auf die Deckgläser verteilt werden. Die Petrischalen werden ebenfalls nach 2-3 Stunden mit Kulturmedium versehen. Statt wie im Hauptversuch lediglich 1,5ml normales Kulturmedium (DMEM+) für die erste Kontrollgruppe einzusetzen, werden in zwei weiteren Kontrollgruppen jeweils 1,5ml DMEM+-Medium mit in 70% Alkohol gelöstem 9-DiI (Farbstoffkonzentration c= 1µg diI/ml Medium, 0,05µl Farbstofflösung/ml Medium) bzw. 1,5ml DMEM+-Medium mit lediglich 70%igem Ethanol (0,05µl Ethanol/ml Medium) verwendet. Die Petrischalen, in denen sich nur gleichartig behandelte Neurone befinden, werden entsprechend mit „ETOH“, „DI“ und „Kontrolle“ gekennzeichnet, um ein versehentliches Vertauschen in der Zuordnung zu den Versuchsreihen zu verhindern. Für die darauffolgenden 2 Tage stehen die Kulturen für Patch-clamp-Experimente zur Verfügung. 27 3.4.3. Ablauf der Messungen, Konfigurationen und Protokolle Die Digitalisierungsraten und Filter entsprechen denen des Hauptversuchs. Ergebnisse werden ebenfalls mit „Clampex“ aus dem Softwarepaket „pClamp“ (Version 10.2, Molecular Devices, USA) ermittelt und aufgezeichnet. Sämtliche Untersuchungen des Kontrollversuchs benötigen nur die kontinuierliche Perfusion des Bassins mit Lösung 1. Die Deckgläschen, von denen die Zugehörigkeit zu einer der drei Kontrollgruppen bekannt ist, werden in das Bassin eingelegt, eine passende Zelle wird unter dem Mikroskop ausgesucht und, wie im Hauptversuchsteil geschildert, der Whole-cell-Modus hergestellt. Die entsprechenden Zellparameter werden erhoben und die Kompensationen in zum Hauptversuch analoger Art und Weise durchgeführt. 3.4.4. Current-clamp-Modus Der Kontrollversuch umfasst lediglich Messungen im Current-clamp-Modus. Es finden dieselben drei Protokolle im Current-clamp-Modus Anwendung, die auch schon für den Hauptversuch ausführlich beschrieben sind. Nach dem Wechsel des neuronentragenden Deckglases steht die Anlage für die nächsten Messungen sofort zur Verfügung. 28 3.5. Auswertung – Anmerkungen und Techniken Die Komplexität der Auswertung zeigt sich für den elektrophysiologischen Laien erst im Studium entsprechender Literatur. Es finden sich zur Analyse der Daten zum Teil widersprüchliche Informationen oder Anleitungen, in manchem Fall sind gar mehrere Analysetypen nebeneinander aufgeführt. Insgesamt orientiert man sich bei der Auswertung größtenteils an bestehender Literatur. Auf eigene Prämissen vertrauend, aber auch in Abstimmung mit Elektrophysiologen der Physiologie 1, Universität Erlangen, sollen in sinngebender Weise Lücken bei den Ausführungen in der Literatur geschlossen werden, um ein möglichst objektives und einheitliches Analyseverfahren für jede Zelle zu garantieren. Die Zellgrößen werden einerseits mittels Mikroskop in ihrem Durchmesser und andererseits über die Kapazität erfasst. Diese ist in jedem aufgezeichneten Versuchsprotokoll hinterlegt, sodass sich beispielsweise der gemessene Strom pro Zellgröße („Stromdichte“ in pA/pF) auf die aktuelle Kompensation im jeweiligen Protokoll bezieht. Im grundsätzlichen Vergleich der Zellgrößen ist zur besseren Einordnung in die Literatur die morphologische Zellgröße ausschlaggebend. Der Bestimmung des Ruhepotentials als erstem erhobenen Parameter kommt große Bedeutung zu. Noch vor der ersten Kompensation der Zelle wird Wert darauf gelegt, möglichst früh nach Ausbildung des Whole-cell-Modus das Ablesen des Werts am Verstärker zu gewährleisten, um ein Ruhepotential zu erhalten, das dem physiologischen Zustand am nächsten liegt. Diese Angaben gelten sowohl für Haupt- als auch Kontrollversuch. Für die primäre Datenerhebung und Analyse steht mit „Clampfit“ aus dem Softwarepaket „pClamp“ (Version 10.2, Molecular Devices, USA) ein geeignetes Programm zur Verfügung. Sekundär werden die Daten in „Microsoft Excel“ (Version 2007) transferiert und bearbeitet, wobei mit „Origin“ (Version 8) für die BoltzmanAnpassung der Kurve der Natriumaktivierung, mit „SigmaStat“ (Version 3.5) für die statistische Bearbeitung sowie „SigmaPlot“ (Version 12.0) für die grafische Darstellung der Ergebnisse auf funktionell ergänzende Programme zurückgegriffen wird. Mittels Normalverteilung SigmaStat bzw. werden die Varianzhomogentiät entsprechenden getestet und Ergebnisse auf anschließend der zweiseitige studentische T-Test für gleiche Varianzen (T-Test1) in den Stichproben bzw. der zweiseitige studentische T-Test für ungleiche Varianzen (T-Test2, in „Microsoft Excel“) durchgeführt. Schlägt der Test auf Normalverteilung (ShapiroWilks-Test) fehl, kommt der Wilcoxon-Rangsummen-Test (WR-Test) zum Einsatz. Für die Prüfung auf Unabhängigkeit zweier dichotomer Merkmale in zwei bzw. drei 29 Gruppen kommt der Chi-Quadrat-Test (χ2-Test) zum Einsatz. Auf einige Daten wird zur Ermittlung der bestmöglichen die Datenpunkte beschreibenden Funktion eine polynomielle Regressionsanalyse angewandt und infolgedessen der Korrelationskoeffizient nach Pearson (P-Test) bzw. der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman (S-Test) bestimmt. Im Kontrollversuch analysiert man die Parameter der drei bestehenden Gruppen mittels ANOVA (Kruskal-Wallis-Test, KWTest). Gemäß üblicher Konvention wird p<0,05 als Grenze für die statistische Signifikanz bei allen Tests vorausgesetzt. 3.5.1. Current-clamp-Auswertung Zur Unterscheidung der Zellen in ihrem elektrophysiologischen Verhalten wird die Zellaktivität hinsichtlich ihrer Reaktion auf die 600ms dauernde Depolarisation analysiert. Bei nur einem auftretenden Aktionspotential während der 600ms dauernden Depolarisation geht man von phasischem, bei mehr Aktionspotentialen von tonischem Verhalten aus. Die Reizschwelle („current-treshold“), die hier mit der Rheobase gleichgesetzt wird, beschreibt den Wert der sich über mehrere Sweeps steigernden stimulativen Strominjektion über 600ms, bei dem das erste Aktionspotential ausgelöst wird. Für alle anderen Messungen ist nicht das erste ausgelöste Aktionspotential entscheidend, sondern das erste auftretende Aktionspotential auf der nächsthöheren Reizstromstufe des Protokolls. Als Peak wird derjenige Wert verstanden, der während des Overshoots des Aktionspotentials den maximal positiven Wert erreicht. Problematisch gestaltet sich das Aufsuchen des Schwellenpotentials („voltage-treshold“) am Aktionspotential. Bisherige Methoden vertrauen u.a. auf das Augenmaß des geübten Auswerters oder anderen semiquantitativen Methoden, deren subjektive Komponenten z.T. stark divergierende Ergebnisse erbringen. In dieser Auswertung wird einer Methode vertraut, die das Aufsuchen des Wendepunkts zu Beginn des Aufstrichs des Aktionspotentials in der ersten grafischen Ableitung beinhaltet. Der Vorgang gestaltet sich, einfach ausgedrückt, in der Weise, dass man in der ersten Ableitung den Punkt aufsucht, an dem die Kurve kontinuierlich zu steigen beginnt. Dadurch sollen sowohl realistische als auch untereinander vergleich- und verrechenbare Werte garantiert werden.56 Die weiteren Messungen umfassen den minimalen Membranpotentialwert der Nachhyperpolarisation des Aktionspotentials, den Wert des Membranpotentials kurz vor Reizbeginn und einen von uns eingeführten Messpunkt auf Höhe von 50% der maximalen Gesamthöhe des Aktionspotentials. Dieser Punkt stellt das 30 Membranpotential dar, das sich vom Wert her genau zwischen dem Membranpotential vor dem Reiz und dem des Peaks befindet. Zu den erhobenen Potentialen der Schwelle, des Peaks, der Nachhyperpolarisation und des definierten Messpunkts auf 50% der Gesamthöhe des Aktionspotentials werden zusätzlich die relativen Zeiten ihres Erreichens, bezogen auf den Reizbeginn, gemessen. Die Bestimmung der Breite (Dauer vom Aufstrich bis Abstrich) des Aktionspotentials wird am Schwellenpotential sowie auf 50% der Gesamthöhe des Aktionspotentials vorgenommen. Im letzten Schritt wird die grafische zweite Ableitung des Aktionspotentials betrachtet (s. Abb. 10,11). Findet man im Übergang vom Abstrich zur Nachhyperpolarisation des Aktionspotentials in der zweiten Ableitung einen Abschnitt, der nochmals ins Negative ausschlägt, wird von dem Aktionspotential angenommen, eine Schulter zu haben (vgl. Abb. 11 bei ca. 2,5ms). Abb. 10, 11 : Aktionspotential mit Schulter (links) und ohne Schulter (rechts), beide aus Originaldaten Im Kontrollversuch, in dem sich die Messungen auf den Current-clamp-Modus beschränken, sind diejenigen Parameter von Bedeutung, in denen wegweisende Unterschiede im Hauptversuch auftreten. Zu diesen Parametern gehören die Zuordnung der Zellen zu den Kategorien „tonisch“ und „phasisch“ sowie in Bezug auf die Aktionspotentiale dieser Zellen auch deren Reizschwelle, Peakwert, Schwellenpotential und die Dauer des Auf- und Abstrichs. 31 3.5.2. Voltage-clamp-Auswertung Für die Auswertung der Maximalströme bzw. Ströme in Abhängigkeit des Membranpotentials wird Protokoll 5 herangezogen. Der erste Schritt ist die Erstellung einer Strom-Spannungs-Kennlinie, in der die maximal hervorgerufenen Natriumströme gegen das jeweilig angelegte Membranpotential aufgetragen werden. Zellen mit schlechter Spannungskontrolle, die eine sprunghafte Aktivierung ihrer Kanäle zeigen, werden von den Strommessungen im Voltage-clamp-Modus per se ausgeschlossen. Durch dieses Verfahren kann der reelle maximale Einwärtsstrom der jeweiligen Zelle quantifiziert werden. Im Programm Excel 2007 steht eine Funktion (lineare „Trendlinie“) zur Verfügung, mittels derer das Gleichgewichtspotential für Natriumionen (Erev) sowohl grafisch als auch anhand einer Funktionsformel abgeschätzt werden kann (s. Abb. 12). Abb. 12: Das Gleichgewichtspotential für Natriumionen ist der Schnittpunkt der an die Kurve angepassten Trendlinie mit der xAchse (Kurve aus Originaldaten) Mit bekannter „Triebkraft“ (Membranpotential Vm, Gleichgewichtspotential Erev) und den Natriumströmen (I) zu jedem Punkt können nun die Leitfähigkeiten (g) zu jedem angelegten Membranpotential errechnet werden: 𝐼 𝑔 = V(m)−E(rev ) 32 Bei zusätzlich bekanntem maximalen Natriumeinstrom (Imax) und damit auch gmax sind weiterhin die relativen Leitfähigkeiten (grel) bestimmbar: 𝑔 𝑔(𝑟𝑒𝑙) = 𝑔(max ) Unter der Annahme, dass ein Strom durch einen Kanal sich linear verhält, spiegelt somit die entstehende Leitfähigkeits-Spannungs-Kurve eine Aktivierungskurve für die Natriumkanäle wider (s. Abb. 13). Abb. 13: Leitfähigkeits-Spannungs-Beziehung als Ausdruck der Natriumkanalaktivierung (aus Originaldaten, passend zu Abb. 14) Die so gewonnenen Punkte können mittels Origin über eine BoltzmannKurvenermittlung zu einer passenden Kurve angepasst werden, aus der das Potential für die spannungsabhängige Aktivierung auf halbmaximaler Höhe (V0,5) als Kenngröße ermittelt wird. 33 4. Ergebnisse 4.1. Hauptversuch 4.1.1. Ergebnisse im Current-clamp-Modus Insgesamt werden 66 Zellen, davon 25 nichtrenale (nichtfluoreszierende) und 41 renale (fluoreszierende) Neurone untersucht. Es finden sich sowohl phasisch reagierende Neurone (1 Aktionspotential) als auch tonisch reagierende Neurone (>1 Aktionspotential, vgl. Abb. 14) in beiden Gruppen. Tonische Zellen beantworten die erste überschwellige Reizung meist mit nur wenigen Aktionspotentialen, die sich wie bei phasischen Zellen auch - immer am Anfang der über 600ms andauernden Reizung entwickeln. Ihre maximale Frequenz erreichen sie erst innerhalb von einigen höheren Reizstufen. Die dem ersten Aktionspotential folgenden sind gegenüber dem ersten in ihrer Höhe entweder gleichwertig und verlieren kaum an Amplitude oder verlieren sukzessive an Höhe im Overshoot. Die abnehmende Höhe wird vor allem bei denjenigen tonischen Zellen beobachtet, die eine niedrige Anzahl an Aktionspotentialen zeigen. Phasische Zellen hingegen lassen sich auch durch gesteigerte Reizstärken nicht zu salvenartigen Entladungen stimulieren. Abb. 14: Phasisch (links) und tonisch (rechts) reagierende Neurone (Reizstärke je 2000pA, Originaldaten). Hier nehmen die Peakwerte der Aktionspotentiale beim tonischen Neuron kaum ab. Ein Überblick über alle Zellen und ihre maximal gezeigten Aktionspotentiale offenbart eine hohe Zellzahl, die nur ein Aktionspotential ausbildet. Diese Zellen fallen in die Kategorie der phasischen Zellen. Tonische Zellen, die mehr als ein Aktionspotential auf Reizung entwickeln, zeigen eine weitgehend konstante 34 Verteilung ohne auffällige Maxima. Bei nichtnormalverteilten Werten weisen tonische Zellen im Median 14 (min. 2, max. 30) Aktionspotentiale auf (s. Abb. 15). Abb. 15: Verteilung der Neurone im Bezug auf die Anzahl der gezeigten Aktionspotentiale Insgesamt entspricht die Anzahl der gefundenen phasischen Neurone (n=31; 47%) in etwa der Anzahl der tonischen Neurone (n=35; 53%). Im Vergleich der Zugangswiderstände zwischen tonischen und phasischen Neuronen sind keine signifikanten Unterschiede erkennbar (p=0,83; 3,45MΩ ±0,20 vs. 3,39MΩ ±0,19; TTest1). Von 25 nichtrenalen Neuronen weist mit 80% der überwiegende Teil phasisches Verhalten auf. Lediglich 20% der bearbeiteten nichtfluoreszierenden Zellen sind tonisch. Im Gegensatz dazu sind von 41 Zellen, die die Niere innervieren, nur 27% phasisch. Mit 73% zeigt der überwiegende Teil der nichtfluoreszierenden Neurone tonisches Verhalten (vgl. Abb. 16). Damit überwiegt bei renalen Neuronen der Anteil an tonisch reagierenden Zellen im Gegensatz zu nichtrenalen Neuronen. Die Verteilung des Merkmals „tonisch“ bzw. „phasisch“ unterscheidet 2 hochsignifikant in Bezug auf die Herkunft der Zellen (p<0,001; χ -Test). sich 35 Abb. 16: Verteilung tonischer bzw. phasischer Neurone bei nichtrenaler und renaler Innervation Die Differenzierung der Neurone auf Grundlage ihres Zelldurchmessers als Schätzparameter für die Zellgröße gelingt bei den Neuronen trotz geringer mittlerer Differenzen auf signifikantem Niveau. Phasische Zellen sind in ihrem Zelldurchmesser demnach kleiner als tonische Zellen (p<0,05; 40µm [32-40] vs. 32µm, [32- 40]; WR-Test). Diese Differenz kann durch die über die kompensierten Zellkapazitäten geschätzte Größe nicht bestätigt werden. Die hier erhaltenen Ergebnisse erreichen in ihrer statistischen Gegenüberstellung keine Signifikanz (p=0,21; 57,62pF [50,90-66,04] vs. 66,89pF [50,66-80,93]; WR-Test). Beim durchschnittlichen Ruhemembranpotential beider Gruppen sind in der statistischen Auswertung keine signifikanten Unterschiede erkennbar. Phasische wie tonische Zellen bewegen sich im Mittel in einem Bereich knapp unter -50mV (p>0,05; -52,90mV ±1,01 vs. -51,89mV ±1,02; T-Test1). Als weitere wichtige Kennzahl wird die Reizstärke untersucht, die nötig ist, um ein Aktionspotential auszulösen (Rheobase). Der benötigte Reizstrom wird hierbei auf die Zellgröße normiert. Tonische und phasische Neurone unterscheiden sich dabei ebenfalls signifikant, wobei phasische Zellen höhere Reizströme als tonische zur Aktionspotentialgenerierung benötigen (p<0,05; 13,88pA/pF [6,07-26,19] vs. 8,91pA/pF [3,79-17,21]; WR-Test). Die Anzahl von gezeigten Aktionspotentialen bei tonischen Neuronen korreliert hierbei in signifikanter Art mit der normalisierten Rheobase in diesen Zellen (p< 0,01; r=0,77; S-Test, vgl. Abb. 17). Geringe Rheobasen sind mit einer hohen Anzahl 36 von Aktionspotentialen vergesellschaftet, wohingegen höhere Werte in der Reizschwelle mit geringen Aktionspotentialzahlen einhergehen. Abb. 17: Korrelation von normalisierter Rheobase und Anzahl der Aktionspotentiale in tonischen Neuronen Anhand von Medianen (bei Normalverteilung: Mittelwerten) diverser Messpunkte, deren Lage und Bestimmung im Teil „Material und Methoden“ ausführlich beschrieben sind, gelingt es sowohl für das tonische als auch phasische „Durchschnittsneuron“ eine schematische Abbildung zu entwickeln. Dem Betrachter soll es damit leichter fallen, morphologische Unterschiede zwischen tonischen und phasischen Neuronen im Zuge ihrer statistischen Beschreibung zu erkennen und zu begreifen. Die entsprechenden Hauptunterschiede sind in der Schemazeichnung bereits gekennzeichnet (vgl. Abb. 18). 37 Abb. 18: Schematische Gegenüberstellung eines phasischen und eines tonischen Aktionspotentials mit Darstellung von wichtigen Messpunkten In Abb. 18 ist relativ offensichtlich, dass sowohl Schwellenpotential als auch Peakwert der phasischen Zellen bei negativeren Werten liegen. Statistisch lässt sich sowohl beim Schwellenpotential (p< 0,01; -31,08mV ±1,89, vs. -22,14mV ±1,21; TTest2) als auch beim Membranpotential am Peak ein signifikanter Unterschied (p<0,001; 45,26mV [36,04-52,30] vs. 56,730mV [53,38-60,65], WR-Test) ermitteln. Die erreichten Peakwerte können dabei nur in phasischen, nicht aber in tonischen Neuronen in signifikant korrelative Verbindung zu den Ruhemembranpotentialen der Zellen gesetzt werden. In phasischen Zellen korrelieren negativere Ruhemembranpotentiale mit höheren Peakwerten und positivere Potentiale mit geringeren Peakwerten (p<0,05; r=-0,36; P-Test). Ein gleichartiger Zusammenhang ist bei tonischen Zellen nicht in signifikanter Weise nachweisbar (p>0,05). Bei Betrachtung zunächst nur subjektiv auffällig, im Vergleich der Dauer des Aktionspotentials auf Höhe des Schwellenwerts („Dauer Auf- und Abstrich“) auch statistisch erfasst, zeigen tonische Zellen insgesamt prominentere, breitere Aktionspotentiale mit signifikant längeren Zeiten von Auf- bis Abstrich auf Höhe der Schwelle (p<0,001; 2,72ms [2,08-4,29] vs. 5,03ms [4,21-6,97]; WR-Test). Diese bei tonischen Zellen verlängerte Dauer setzt sich sowohl aus einer signifikant verlängerten Zeit vom Schwellenwert bis zum Erreichen des Peakwerts (p<0,05; 1,31mV [1,11-1,98] vs. 1,88 mV [1,30-2,33]; WR-Test) als auch einer verlängerten 38 Zeit im Abstrich vom Peak bis zum Wiedererreichen des Schwellenwerts (p<0,001; 1,19mV [0,91-2,56] vs. 3,16mV [2,20-5,41]; WR-Test) zusammen. Die genauere Begutachtung der Primärdaten bringt überdies bei einer überwiegenden Zahl der tonischen Neurone eine schulterartige Ausbuchtung im Abstrich des Aktionspotentials zum Vorschein. Der morphologisch eindeutige Beweis dieser Beobachtung zeigt sich in einer Umkehr der Krümmung im Abstrich des Aktionspotentials (s. 3.7.1.). Demnach können die Neurone nach der dichotomen Eigenschaft, eine Schulter oder keine Schulter zu besitzen, geordnet werden. Im Bezug auf diese Merkmale besteht zwischen phasischen und tonischen Neuronen ebenfalls ein signifikanter Unterschied (p<0,05; χ2-Test, vgl. Abb. 19). Abb. 19: Anteil von schulteraufweisenden Neuronen bei tonischen und phasischen Neuronen Mittels des Hilfsparameters „k“, der das durchschnittliche Gefälle im Abstrich beschreibt, kann der Unterschied auch quantitativ erfasst werden. Demnach ist das durchschnittliche Gefälle bei tonischen Neuronen signifikant geringer als bei phasischen Neuronen (p<0,01; 30,49mV/ms ±3,87mV/ms vs. -60,33mV/ms ±6,991mV/ms, T-Test2). 39 4.1.2. Ergebnisse im Voltage-clamp-Modus Zur elektrophysiologischen Untersuchung der in der Fragestellung formulierten Hypothese, phasische Antwortmuster beruhten im Vergleich zu tonischen auf divergierendem Verhalten bezüglich ihrer Natriumströme, gehört neben einer ausführlichen Auswertung der Daten im Current-clamp-Modus vor allem die Analyse der Ströme im Voltage-clamp-Modus. Zur primären Charakterisierung dieser Ströme in phasischen wie tonischen Versuchsneuronen erfolgt die Beschreibung der unter optimierten extrazellulären Natriumkonzentration) Lösungsbedingungen anhand von durch (reduzierte Spannungssprüngen extrazelluläre induzierten Natriumströmen (s. Abb. 9). Dafür stehen nach erfolgreicher Durchführung der treppenartigen Stimulationsprotokolle und approximativer Bestimmung des Umkehrpotentials inklusive relativer Leitfähigkeiten insgesamt Daten von 17 tonischen und 8 phasischen Neuronen zur Verfügung. Die Natriumgesamtströme beider Gruppen, als subsumierte Ströme durch alle in den Neuronen vorkommenden Natriumkanäle zu verstehen, zeigen in der statistischen Auswertung große Unterschiede. Im Vergleich zu tonischen Neuronen strömen in phasische Zellen im Durchschnitt mehr als doppelt so viele Natriumionen pro Oberflächeneinheit ein. Diese Differenz in puncto Natriumstromdichte drückt sich auch in statistisch signifikanter Weise aus (p<0,05; 268,93pA/pF±56,47 vs. 105,79pA/pF ±14,82; T-Test2). Abb. 20: Vergleich der Gesamtnatriumstromdichte von tonischen und phasischen Neuronen 40 Die tiefergehende Charakterisierung der Neurone soll nun anhand der Aktivierungskurven bzw. der Potentiale für die spannungsabhängige Aktivierung der Gesamtnatriumströme auf halbmaximaler Höhe (V0,5) erfolgen. In den Mittelwerten ergeben sich die Aktivierungskurven von phasischen (n=8) und tonischen Neuronen (n=17), wie in Abbildung 21 dargestellt. Im Vergleich beginnen die Natriumkanäle phasischer Neurone bei negativeren Membranpotentialen, Leitfähigkeiten für Natriumionen zu entwickeln und erreichen auch ihre Maximalleitfähigkeit bei negativeren Werten. V0,5 ist bei phasischen Neuronen insgesamt in hyperpolarisiertere Bereiche verschoben und differiert signifikant vom tonischen Wert (p<0,001; -23,92mV ±4,417 vs. -5,52mV ±1,72; T-Test1). Abb. 21: Aktivierungskurven tonischer und phasischer Neurone (als Durchschnittskurven) Die gewonnenen Werte für V0,5 können über den Korrelationskoeffizienten nach Pearson sinnvoll in Bezug zu einigen im Current-clamp-Modus ermittelten Parametern gesetzt werden. In allen Fällen greift nach Regressionsanalyse die lineare Regression zur Beschreibung der Daten am besten. So korreliert V0,5 signifikant mit der Gesamtstromdichte an Natriumströmen (p<0,001; r=-0,72; P-Test, s. Abb. 22), mit dem erreichten Peakwert (p<0,01; r=0,56; P-Test, s. Abb. 23) und mit der Dauer des Auf- und Abstrichs des Aktionspotentials (p< 0,01; r=0,70; P-Test, s. Abb. 24). Positivere Werte von V0,5 sind mit niedrigeren Stromdichten, höheren Peakwerten und längeren Zeitspannen im Auf- und Abstrich vergesellschaftet. 41 Abb. 22, 23 (oben) und 24 (unten): Korrelationen von V0,5 mit der Gesamtstromdichte, dem Peakwert (oben) und der Aktionspotentialdauer (unten) 42 4.2. Kontrollversuch Die im Kontrollversuch bearbeiteten Zellen werden in der Auswertung je nach Vorbehandlung drei Gruppen zugeordnet. Bei mit DiI behandelten („DiI-Gruppe“), ethanolbehandelten („EtOH-Gruppe“) und nichtbehandelten Zellen („Kontrollgruppe“) interessiert zunächst die Verteilung von tonischem bzw. phasischem Verhalten innerhalb der Gruppen. Der Anteil tonischer Neurone beträgt in der DiI-Gruppe 26%, in der EtOH-Gruppe 22% und in der Kontrollgruppe 23%. Zwischen keiner der drei Gruppen lässt sich ein signifikanter Unterschied bezüglich der Anzahl tonischer bzw. phasischer Neurone feststellen (p=0,91; χ2-Test, vgl. Abb. 25). Abb. 25: Anteile tonischer Neurone in den Gruppen des Kontrollversuchs Zu den wichtigsten Parametern, die im Hauptversuch signifikante Unterschiede zwischen tonischen und phasischen Neuronen im Current-clamp-Modus offenbaren, gehören die Reizschwelle, das Schwellenpotential, der Peakwert sowie die Dauer des Auf- und Abstrichs. In der statistischen Analyse zeigt keine der Gruppen signifikante Unterschiede bezogen auf die jeweiligen Werte (p>0,05; KW-Test). Zusammenfassend sind in Abb. 26 Boxplots zu den erhobenen Parametern dargestellt. 43 Abb. 26: Boxplot-Darstellung der 4 Hauptmerkmale im Current-clamp-Modus 44 5. Diskussion 5.1. Kontrollversuch Die Verwendung von DiI und Ethanol erfolgt im Kontrollversuch in sehr hoher Konzentration und mit direkter Einwirkung auf den Zellkörper der Neurone. Im Hauptversuch in vivo hingegen wirken die Stoffe nebst geringerer Konzentration nur auf die Endigungen der Axone innerhalb der Niere ein und können durch retrograden Transport in die Zellkörper eindringen. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse mögliche Einflüsse der Substanzen auf das elektrophysiologische Verhalten verlässlich anzeigen. Die untersuchten Eigenschaften der Neurone umfassen im Wesentlichen die im Hauptversuch als signifikant unterschiedlich gefundenen Parameter. Die im Kontrollversuch auf Interaktionen durch den Farbstoff DiI bzw. dessen Lösungsmittel Ethanol untersuchten Neurone zeigen weder hinsichtlich des elektrophysiologischen Verhaltens noch in den untersuchten Eigenschaften der Aktionspotentiale signifikante Unterschiede. In Anbetracht der im Vergleich zum Hauptversuch sogar höheren Anzahl an Zellen kann angenommen werden, dass die im Hauptversuch erhaltenen Resultate nicht durch Interaktionen mit dem Farbstoff oder dessen Lösungsmittel beeinträchtigt werden. 45 5.2. Hauptversuch Befasst man sich mit der Klassifikation des Antwortverhaltens bei DRG-Neuronen von Säugetieren im Sinne von tonischem und phasischem Verhalten, handeln viele neuere Veröffentlichungen die Thematik vor dem Hintergrund eines identifizierten pathologischen Antwortmusters ab. Insbesondere in der Schmerz- und Entzündungsforschung der Natriumkanäle wird unser „phasischer“ Zustand als normal und der als „tonisch“ definierte eher als pathologische Variante angesehen. Beispielhaft hierfür sind Natriumkanäle betreffende erbliche Schmerzsyndrome, wie die „Erythromelalgie“19,33,53 und die „extreme paroxysmale Schmerzstörung“18,29, bei denen eine durch Stimulation erzeugte erhöhte Aktionspotentialfrequenz in vitro als auch in vivo mit Hyperalgesie und anderen klinischen Symptomen kausal in Verbindung gebracht wird. Im Gegensatz zu oben genannten pathologischen Ansätzen zur Erklärung des tonischen Verhaltens findet man wenige Versuche, das physiologische Vorkommen von phasisch und tonisch afferenten Zellen auf DRG-Ebene zu beschreiben und deren funktionelle Einbettung vor allem organspezifisch zu erklären. Sicher scheint nur, dass ein gewisser Anteil an repetitiv feuernden Zellen bei Neuronen, die gleichermaßen andere innere Organe innervieren, in Patch-clamp-Versuchen auch ohne pathologische Umstände gefunden wird.16,34,36 In den vorliegenden Daten wird nun deutlich, dass mit 53% phasischen und 47% tonischen Zellen aus den Segmenten Th11-L2 insgesamt ein nahezu ausgewogenes Verhältnis bei denjenigen Neuronen vorliegt, die hier bearbeitet wurden. Diese Zahlen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass vermutlich andere Verhältnisse in der Verteilung des Merkmals, bezogen auf sämtliche Neurone der entnommenen Ganglien, vorliegen. So sind im Hinblick auf die Selektion der Zellen klare Einflussfaktoren vorhanden wie beispielsweise die Auswahl der Zellen unter dem Mikroskop, die Herstellung der Zellkultur oder die Begrenzung des Patch-clampVerfahrens auf Zellen mit kleinem Durchmesser. Das Bild, das hier gezeichnet wird, kann also nicht repräsentativ für das anteilige Vorkommen in den jeweiligen Ganglien stehen. Bemerkenswert bleibt dennoch, dass bei der Betrachtung der renalen Innervation im Vergleich zur Referenzpopulation klare Unterschiede bezüglich des reizinduzierten Verhaltens auftreten. Die Niere scheint im Vergleich zu den anderen erfassten Afferenzen dieser Segmente eine absolute Sonderstellung einzunehmen. Diese Daten decken sich mit vorherigen Ergebnissen unserer Arbeitsgruppe, die bei nichtrenalen Neuronen einen Anteil von 15%, bei renalen jedoch einen Anteil von 46 48% tonischer Neurone beschreiben.23 Mit 73% fällt der Anteil tonischer Neurone an den die Niere innervierenden Neuronen, allerdings bei leicht verschobenen Grenzkriterien für die Unterteilung in „tonisch“ und „phasisch“, hier nun noch deutlicher als vorher aus und unterstreicht die diesbezügliche Ausnahmestellung der renalen Innervation. Obwohl, wie oben beispielhaft erläutert, die erhöhte Aktionspotentialfrequenz alleine als pathologische Überreaktion auf einen überschwelligen Stimulus gesehen werden kann, integriert der Begriff „Übererregbarkeit“ zusätzlich zur Aktionspotentialfrequenz in der Regel auch eine geringere Reizschwelle um überhaupt Aktionspotentiale auszulösen.12 Ganz in diesem Sinn zeigen die tonischen Neurone nicht nur mehrere Aktionspotentiale, sondern reagieren auch schon bei signifikant geringeren Reizen als phasische Neurone mit Aktionspotentialbildung. Diese Betrachtung führt in den bisherigen Publikationen relativ eindimensional zur Einteilung in die Gruppe der „übererregbaren Neurone“ und „nicht übererregbaren (normalen) Neurone“, was aber in unserem Fall der tatsächlichen Situation nicht gerecht wird. Vielmehr erhöht sich der Grad der Erregbarkeit mit steigender Aktionspotentialzahl bzw. mit fallender Reizschwelle, sodass beide Parameter in tonischen Neuronen signifikant miteinander korrelieren (s. Abb. 17). Somit stehen beide Werte als Maß für die Erregbarkeit zur Verfügung und die „Übererregbarkeit“ wird zu einem Begriff mit extrem breitem Spektrum. Anhand der Verteilung der Neurone in Bezug auf die Anzahl der gezeigten Aktionspotentiale (vgl. Abb. 15) wird dieses Spektrum besonders deutlich. So hat die Gruppe tonischer Zellen an sich noch unterschiedliche Grade an Erregbarkeit, die von gering (2 Aktionspotentiale) bis maximal erregbar (30 Aktionspotentiale) reicht. Es wird Aufgabe dieser Diskussion sein, den unterschiedlichen Erregbarkeitsgraden Rechnung zu tragen und, wenn möglich, auf Grundlage der Natriumkanäle nicht nur per se das „phasische“ und „tonische“ Verhalten zu erklären, sondern auch das Kontinuum innerhalb der Gruppe der tonischen Neurone zu interpretieren. Nach Eingrenzung der Natriumkanaltypen, die an Aktionspotentialen der hier untersuchten Neurone beteiligt sein könnten, verbleiben nach bisheriger Forschungslage mehrere Subtypen. Eine Fokussierung kann hierbei über die Größenzuordnung der vorgefundenen Neurone erfolgen, da DRGs mit größeren Zellkörpern tendenziell einen anderen Besatz an Natriumkanälen als solche mit kleineren Zellkörpern haben. Der Großteil der hier untersuchten Zellen fällt kategorisch in die Gruppe der kleinen bis mittelgroßen DRG-Neurone (Median 32μm bei tonischen bzw. 40μm bei phasischen Neuronen). In der Zellgruppe der kleinen 47 (<25μm) bis mittelgroßen DRG-Neurone (25-45μm) werden neben den TTXsensiblen Kanälen Nav1.1, Nav1.6 und Nav1.7 auch die TTX-resistenten Kanäle Nav1.8 und Nav1.9 in entsprechenden DRGs der Ratte exprimiert.4,7 Diesen Kanälen werden, in Abhängigkeit ihrer Kinetik und Verfügbarkeit, unterschiedliche Rollen bei der Entstehung von Aktionspotentialen zugeschrieben. Da hier unser Hauptaugenmerk auf der Beobachtung des repetitiven Feuerns liegt, lohnt es sich zunächst, den Schwerpunkt auf den TTX-resistenten Natriumkanal Nav1.8 zu legen. Auf der Ebene von DRGs ist insbesondere dieser Kanal in den letzten Jahren zu einem zentralen Element in der Diskussion um „Übererregbarkeit“ geworden. So scheint das Vorhandensein von Nav1.8 mit seiner speziellen Kinetik in vielen Zellen eine beinahe unabdingbare Voraussetzung zum beobachteten tonischen Verhalten zu sein.6,51 Dabei trägt der Einwärtsstrom durch diesen Kanal nicht nur die Hauptlast während des Aufstrichs in kleineren DRG-Neuronen, sondern ist auch Träger der folgenden Aktionspotentiale im Falle eines repetitiven Feuerns. Modellhaft hierfür stehen die Ergebnisse von Renganathan48, die zeigen, dass in DRG-Neuronen von Mäusen, die Nav1.8 nicht exprimieren können, die Menge an Aktionspotentialen bei einem längeren Depolarisationsreiz auf einige wenige Aktionspotentiale, meist jedoch auf nur eines, beschränkt bleibt. Außerdem spielt die Menge des funktionellen Kanalproteins auf der Oberfläche, messbar mit der Leitfähigkeit durch den Kanal, eine entscheidende Rolle. Beispielsweise ist ein Neuron bei genügend hoher Expression von Nav1.8 in der Lage, repetitiv Aktionspotentiale auszubilden und die Amplitude der Aktionspotentiale auch bei andauernder Depolarisation auf relativ konstantem Niveau zu halten.50 Zellen dieser Art sind bei uns genauso gefunden worden wie solche, deren Amplitude bei repetitivem Feuern stark nachlässt. Ähnliche Ergebnisse sind bereits in einschlägiger Literatur vorbeschrieben und werden dort mit nutzungsabhängiger Inaktivierung von Nav1.8-Kanälen erklärt, was zu einer Abnahme der zur Verfügung stehenden aktivierbaren Aktionspotentialen führt. Natriumkanäle bei repetitiv aufeinanderfolgenden 9 Die elektrophysiologische Begründung für die Fähigkeit, repetitive Aktionspotentiale auszubilden, ist einerseits in der potentialabhängigen langsamen Inaktivierung (sog. „steady-state inactivation“) und andererseits im besonderen Übergang des inaktiven in den aktiven Zustand des Kanals zu suchen. Nav1.8 bietet als einziger Kanal sowohl eine schnelle zeitliche Erholung als auch die Möglichkeit der Erholung und Aktivierbarkeit bei positiveren Membranpotentialen, um für folgende Aktionspotentiale wieder repetitiv zur Verfügung zu stehen.28,55 Man geht davon aus, dass bis zu 80% der Nav1.8-Kanäle selbst bei Membranpotentialen von -40mV noch 48 aktivierbar bleiben, wohingegen die anderen Natriumkanäle bei so positiven Membranpotentialen dauerhaft langsam inaktiviert sind oder infolge des ersten ausgelösten Aktionspotentials der schnellen Inaktivierung unterliegen. Aufgrund oben genannter Vorgänge sind in der Phase der Nachyperpolarisation bei normalen Membranpotentialen etwa 90% der TTX-resistenten Kanäle wieder aktivierbar, wohingegen lediglich 20% der TTX-sensiblen Kanäle für das nächste Aktionspotential zur Verfügung stehen.9 Deshalb ist bei beobachteter repetitiver Reizantwort relativ sicher davon auszugehen, dass der Träger der ersten Aktionspotentiale nachfolgenden in tonischen Neuronen teilweise Nav1.8 und der bei Aktionspotentialen unter höheren Entladungsfrequenzen fast ausschließlich Nav1.8 ist. Entgegen der Verhältnisse bei den nachfolgenden Aktionspotentialen müssen bei der Konturanalyse des ersten Aktionspotentials auch die anderen Natriumkanäle mit ins Kalkül gezogen werden. Dies trifft vor allem auf phasische Neurone zu, die durch die Ausbildung lediglich eines Aktionspotentials keinen Rückschluss auf die Beteiligung von Nav1.8 lassen. Obwohl bei normalen Membranpotentialen in DRGs von -60mV bis -50mV TTX-sensible Kanäle größtenteils in den inaktiven Zustand versetzt vorliegen11, ist eine Beteiligung TTX-sensibler Kanäle an Initiierung und Aufstrich des ersten Aktionspotentials in normalen DRG-Neuronen dennoch nachgewiesen.30 In DRG-Neuronen, denen die genetische Disposition zur Exprimierung von Nav1.8 fehlt, können ebenfalls Aktionspotentiale nachgewiesen werden.51 Diese unterscheiden sich jedoch in einigen Parametern in charakteristischer Art und Weise von denjenigen, die eine Beteiligung von Nav1.8 aufweisen. Auch tonische und phasische Neurone zeigen ähnliche Unterschiede, die nur durch eine andere Kanalzusammensetzung auf der Oberfläche der Zellen erklärt werden können. Ein signifikanter Unterschied, der einen andersartigen Kanalbesatz widerspiegelt, eröffnet sich im Schwellenwert (voltage-treshold) von tonischen und phasischen Neuronen (vgl. Abb. 18). Betrachtet man Analysen der Natriumströme in Regionen um das Schwellenpotential, sind bei Aktionspotentialen mit Beteiligung von TTXsensiblen Strömen und Nav1.8 beide Kanaltypen zu etwa identischen Anteilen am Einstrom von Natriumionen beteiligt.5 Somit tragen sowohl TTX-resistente als auch TTX-sensible Natriumkanäle zur Einstellung des Schwellenpotentials maßgeblich bei. Aus dem Vergleich von TTX-sensiblen Strömen und Strömen von Nav1.8 in anderen Veröffentlichungen ist ersichtlich, dass die Potentiale für die spannungsabhängige Aktivierung TTX-sensibler Kanäle auf halbmaximaler Höhe (V0,5) bei signifikant hyperpolarisierteren Potentialen liegt.52 Der geringere 49 Schwellenwert in phasischen Neuronen in unserem Experiment deutet nun auf einen erhöhten Einfluss von TTX-sensiblen Natriumkanälen hin, da deren Aktivierung im Gegensatz zu TTX-resistenten Natriumkanälen insgesamt bei schon negativeren herabsetzt. Membranpotentialen Andererseits erfolgt hätte und bei somit das Schwellenpotential gleichbleibender TTX-sensibler Stromkomponente auch ein geringerer Einfluss durch TTX-resistente Kanäle ähnliche Auswirkungen auf die Einstellungen des Schwellenpotentials im Currentclamp-Modus. Ein Blick auf die Aktivierungskurven der Gesamtströme tonischer und phasischer Neurone bestätigt jedenfalls, dass die Lage des Schwellenpotentials offenbar von den Aktivierungseigenschaften tonischer bzw. phasischer Neurone determiniert wird: Dem höheren Einfluss TTX-sensibler Ströme bzw. geringerem Einfluss von Nav1.8-Strömen geschuldet, stellt sich V0,5 bei phasischen Neuronen signifikant negativer als die bei tonischen Neuronen dar (s. Abb. 21). Dass diese Verschiebung Richtung Hyperpolarisation vor allem aufgrund erhöhter TTX-sensibler und nicht aufgrund geringerer TTX-resistenter Stromkomponenten erfolgt, findet Bestätigung im signifikanten, linear gerichteten Zusammenhang zwischen V0,5 und den Gesamtströmen der einzelnen Zellen. In Richtung Hyperpolarisation fallende Potentiale für die spannungsabhängige Aktivierung korrelieren hierbei mit steigenden Gesamtstromdichten (s. Abb. 22), die folglich vor allem auf TTX-sensiblen Natriumströmen beruhen dürften. Der äußerst positive Wert von V0,5 bei tonischen Neuronen steht zudem fast beweisend für die massive Beteiligung von Nav1.8 an deren Aktivierungskurve. Bisherige Untersuchungen zu Nav1.8 zeigen als praktisch exklusives Charakteristikum für diesen Kanal Werte von bis zu +6,8mV58 was im Bereich der von uns ermittelten Werte liegt. Bei dem Versuch, die im Current-clamp-Modus erreichten Peakwerte der Aktionspotentiale zu interpretieren, stößt man bei Einbeziehung der Natriumgesamtströme zunächst auf paradoxe Verhältnisse. Trotz der signifikant höheren Natriumstromdichte phasischer Neurone zeigen gerade tonische Neurone weitaus höhere Peakwerte im Aktionspotential. Die Ursache liegt in den Determinanten der Peakhöhe bei DRG-Neuronen, zu denen auf Ebene der Natriumkanäle vor allem die Leitfähigkeit von Nav1.8 sowie in geringerem Maße auch die Leitfähigkeiten von TTX-sensiblen Kanälen zählen. Im Unterschied zu TTX-resistenten Leitfähigkeiten liegen die Hauptleitfähigkeiten der TTX-sensiblen Kanäle im unmittelbaren Aufstrich des Aktionspotentials und enden relativ abrupt durch Inaktivierung in Regionen des Peakwerts. Am Peak selbst beträgt die Leitfähigkeit von TTX-sensiblen Kanälen in vergleichbaren Zellen nurmehr etwa 20% ihres Maximalwerts.5 Der TTX-resistente Kanal Nav1.8 zeigt eine andere 50 Kinetik, die zeitlich später beginnt, am Peak des TTX-sensiblen Stroms ebenfalls maximale Einströme zeigt, aber auch anschließend noch den gesamten Abstrich des Aktionspotentials über aktiv bleibt und in der zweiten Hälfte des Abstrichs sogar eine kurzandauernde Schulter im Natriumeinstrom zeigt. Insgesamt resultiert also eine zwar niedrigere TTX-resistente Gesamtstromdichte im Spitzenwert, die Menge der Ströme über die Zeit ermöglicht aber höhere Peakwerte im Aktionspotential. Die zusätzliche Wirkung von Nav1.8 in tonischen Neuronen führt daher, wie auch in der Literatur beschrieben, zu höheren Peakwerten im Aktionspotential im Gegensatz zu Aktionspotentialen, in denen lediglich TTX-sensible Kanäle zur Verfügung stehen.51 Aktionspotentiale, die auf TTX-sensiblen Strömen beruhen, zeigen zudem aufgrund von potentialabhängigen Inaktivierungsvorgängen eine Reduzierung der Amplitude bei positiveren Membranpotentialen, die bei zu hohem Membranpotential sogar zum vollständigen Verlust der überschwelligen Reizantwort führt. Da die Inaktivierungspotentiale für Nav1.8 in weit positiveren Bereichen liegen, fehlt dieser Zusammenhang in Neuronen, die diesen Kanal stark exprimieren.51 Eine solche Reduzierung der erreichten Peakwerte in Korrelation zum Membranpotenial liegt hier in signifikanter Art bei phasischen, nicht jedoch bei tonischen Zellen vor. Mit den Vorkenntnissen lässt sich also der bereits bei Schwellenpotential und Aktivierungskurven ausgemachte, starke Einfluss von Nav1.8 bei tonischen Neuronen mit der Folge eines höheren Peakwerts, der auch bei positiveren Membranpotentialen erhalten bleibt, erklären. Aufgrund des länger anhaltenden Einstroms an Natriumionen, getragen durch Nav1.8, wird auch die signifikant breitere Kontur der tonischen Aktionspotentiale sowie die Schulterbildung im Abstrich erklärbar. Phasische Neurone zeigen durch eine zeitlich rapide exponentielle Aktivierung von TTX-sensiblen Kanälen, aber wahrscheinlich auch durch fehlende TTX-resistente Leitfähigkeiten eine signifikant kürzere Zeit im Aufstrich und durch das offensichtliche Fehlen von ausreichend sistierend aktivierten TTX-resistenten Kanälen auch eine signifikant kürzere Zeit im Abstrich des Aktionspotentials. Das höhere maximale Gefälle im Abstrich der phasischen Aktionspotentiale verdeutlicht das Fehlen einer bleibenden depolarisierenden Stromkomponente, wie sie beispielsweise von Nav1.8, aber auch von Kalziumkanälen unterhalten wird. Die hier bei fast allen tonischen Aktionspotentialen beobachtete Schulter wird in der Literatur oft im Zusammenhang mit einer vermehrten Expression von TTX-resistenten und einer verminderten Expression von TTX-sensiblen Natriumkanälen in DRGs in Verbindung gebracht.31,63 Zumindest kann man daher eine Assoziation zwischen einer starken Expression von Nav1.8 und dem Vorliegen einer breiten Schulter bzw. eines breiten 51 Aktionspotentials vermuten. Andererseits ist beschrieben, dass eine Blockade von Calciumkanälen durch Cadmium bei einigen Neuronen zu einer Unterdrückung der Schulter führen kann, allerdings ohne die Dauer des Abstrichs zu verkürzen. Ferner kommen auch Schultern generell ohne Beteiligung von Nav1.8 in Neuronen vor.1,5 Unbestritten scheint jedoch, dass der langanhaltende Nav1.8-getriggerte Natriumeinstrom zur Schulter beitragen kann und auch die Dauer des Abstrichs verlängert. Die Expression von Nav1.8 führt in Simulationstudien per se jedenfalls zu einem verlängerten Aktionspotential und der Entwicklung einer Inflektion im Abstrich.8 Somit kann auch eine auf das Aktionspotential verlängernd wirkende, die Inflektion im Abstrich unterstützende Funktion von Nav1.8 in tonischen Zellen angenommen werden. Letztlich stehen auf Basis obiger Überlegungen die Potentiale für die spannungsabhängige Aktivierung auf halbmaximaler Höhe (V0,5) repräsentativ für den Grad der Beteiligung TTX-resistenter Ströme in tonischen Neuronen. Diese Hypothese bestätigt sich einerseits in der signifikanten linearen Korrelation von V0,5 zur Höhe des Peakwerts und andererseits in der linearen Korrelation von V0,5 mit der Aktionspotentialdauer (s. Abb. 23, 24). Beide Korrelationen verdeutlichen den Zusammenhang zwischen Einfluss von Nav1.8 und der Stärke der Ausbildung von Parametern, die durch eben jenen Kanal mitbestimmt werden dürften. Dadurch wird in tonischen Neuronen bereits auf Ebene der Aktionspotentialform ein Spektrum sichtbar, das auf unterschiedlich starker Nav1.8-Beteiligung beruht. Neben Nav1.8 ist bei der Fragestellung, welche Natriumkanäle die Frequenz repetitiver Aktionspotentiale mitbestimmen, auch der TTX-sensible Kanal Nav1.7 von Bedeutung. Als Folge seiner biophysikalischen Eigenschaften wird ihm in DRGNeuronen die Eigenschaft zugeschrieben, bei andauernden Depolarisationen Oszillationen im unterschwelligen Bereich des Membranpotentials zu erzeugen und somit potentiell frequenzmodulatorisch zu wirken.53 Diese Oszillationen scheinen ohnehin schon durch Nav1.8 unterhalten zu werden, sind aber bei Koexpression von Nav1.7 in ihrer Amplitude verstärkt und stehen auch in zeitlich geringerem Abstand zueinander.8 Insofern kann die unterschiedliche Expression dieses Kanals, insbesondere aber interaktiv im gemeinsamen Auftreten mit Nav1.8, eine weitere Ursache für das Spektrum der Aktionspotentialfrequenzen in tonischen Neuronen sein. Nav1.8 und Nav1.7 senken bei erhöhter Expression ebenfalls die Reizschwelle in DRG-Neuronen und können damit zur erhöhten Erregbarkeit beitragen.8 Dieser Umstand bietet eine Erklärung für die in tonischen Neuronen zur Anzahl der Aktionspotentiale korrelativ fallende Reizschwelle (s. Abb. 17). 52 Die wohl geringste Bedeutung für die beim Aufstrich von Aktionspotentialen anfallenden Gesamtströme spielt der TTX-resistente Natriumkanal Nav1.9. Die Rolle von Nav1.9 ist aufgrund seiner langsamen Kinetik eher im unterschwelligen Bereich der Aktionspotentiale zu suchen, indem der Kanal induzierte Depolarisationen durch eigene Aktivierung verstärkt und verlängert.35 Somit wird die Reizschwelle zur Auslösung von Aktionspotentialen gesenkt und auch nachhaltige Aktionspotentialgenerierung unterstützt.3 In diesem Sinn würde Nav1.9 in Neuronen die Reizschwelle während der anhaltenden Depolarisationen senken und somit eine weitere Ursache unterschiedlicher Erregbarkeit bei tonischen und phasischen Neuronen erklären. Die annähernd gleichen mittleren Membranpotentiale tonischer und phasischer Neurone sprechen aber gegen eine unterschiedlich starke Beteiligung dieser Ströme, da Nav1.9 durch überlappende Aktivierungs- und Inaktivierungskurven ein Stromfenster für konstante Ströme auf Niveau des Membranpotentials offen lässt, was in der Regel zu einem positiveren Membranpotential führt.3 Leider fehlen den Protokollen im Voltage-clamp-Modus die Eigenschaften zum direkten Nachweis solcher Ströme. Der TTX-resistente Kanal Nav1.9 zeigt nach seiner Aktivierung in stark negativen Membranpotentialbereichen sehr lang andauernde Einströme,13,35 die bei positiven Membranpotentialen durch andere Kanäle in ihrer Aktivierung überlagert werden. In der Aktivierungskurve der Gesamtströme (s. Abb. 21) fehlt aber eine solche Stromkomponente, die den Aktivierungsbereich der zwei sigmoidalen Kurven in hyperpolarisierte Bereiche erweitern würde - insbesondere den der tonischen Neurone - komplett. Ursächlich könnten die trotz des Einsatzes hochkonzentrierter Kaliumkanalblocker noch nachweisbaren Restkaliumströme sein, die mit den langanhaltenden, vermutlich sehr geringen Natriumeinströmen durch Nav1.9 in der Auswertung gegenläufig interferieren. Somit ist eine Beteiligung von Nav1.9 bei den vorliegenden Neuronen nicht auszuschließen. Überdies stützen die vorgefundenen Zellgrößen die höhere Relevanz von Nav1.8 in tonischen Zellen gegenüber der Bedeutung von Nav1.8 in phasischen Zellen, da der mittlere Zelldurchmesser der behandelten tonischen Neurone signifikant kleiner ist. Generell wird nichtmyelinisierten, nozizeptiven (Typ C), dünn myelinisierten (Typ Aδ) und in geringerem Maße Aα/β Schmerzeinheiten aufgrund ihres hohen Besatzes mit Nav1.8-Kanälen Aktionspotentiale zu generieren. die 2,25,54 Möglichkeit zugestanden, kontinuierliche Ausgehend von Vorpublikationen, die den Großteil der renalen Afferenzen als Neurone mit schwach myelinisierten bzw. unmyelinisierten Nervenfortsätzen beschreiben,37 und der Annahme, dass diese auch morphologisch kleinere Zellkörper besitzen,32 wird einerseits eine größere 53 Bedeutung dieses Natriumkanals in den kleineren Zellen und andererseits der größere Anteil von tonischen Neuronen in der renalen Zellpopulation erklärbar. Interessanterweise decken sich diese Daten mit direkt in vivo gewonnenen Erkenntnissen von DRGs in Ratten. Lange Aktionspotentiale und hohe Peakwerte korrelieren hier vor allem in A-Fasern und C-Fasern signifikant mit der Menge vorkommender Nav1.8-Kanäle in der Membran25 und unterstreichen den morphologisch-elektrophysiologischen Zusammenhang, der hier gefunden wird. Die diskutierten Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Nav1.8 in phasischen Neuronen eine untergeordnete Rolle spielt, da die Aktionspotentiale lediglich die typischen Charakteristiken von TTX-sensiblen Natriumkanälen widerspiegeln. Es muss also davon ausgegangen werden, dass es sich bei phasischen Neuronen um Aktionspotentiale handelt, die im Gegensatz zu denen tonischer Neurone weitestgehend auf der Aktivierung von TTX-sensiblen Kanälen beruhen. In tonischen Zellen kommen hingegen viele vor dem Hintergrund der massiven Beteiligung von Nav1.8 herleitbaren Parameter in der Form des Aktionspotentials zum Ausdruck. Deshalb sind diese Neurone bei wachsendem Einfluss von Nav1.8 durch graduell steigende klassische Zeichen einer Übererregbarkeit gekennzeichnet, die in phasischen Neuronen nicht beobachtet werden kann. 54 6. Einordnung in körpereigene Prozesse Die vorliegenden Ergebnisse können als Versuch aufgefasst werden, die bisherigen experimentell erfassten Kenntnisse über die natürliche Funktion der afferenten Innervation der Niere auf die Ebene der Aktionspotentiale auszuweiten. Die in den Versuchen vorgefundenen tonischen und phasischen Neurone scheinen im physiologischen Zustand in einem gewissen numerischen Verhältnis zueinander zu stehen. Dieses Verhältnis prägt, neben den vielfältigen Möglichkeiten, diese Nerven beispielsweise mechanisch oder chemisch zu erregen, sicherlich auch das Muster der Aktivitäten, die in der direkten Nervableitung des afferenten Schenkels gefunden werden können. Diese Aktivitätsmuster legen bisher einen reno-renalen Reflexbogen nahe, in dem die tonische Aktivität afferenter Neurone inhibitorisch auf die Aktivität der renalefferenten sympathischen Innervation wirkt.38 Die Interaktion dieser Afferenzen mit den Efferenzen ist aber entgegen früherer Vorstellungen nicht nur im ZNS möglich, sondern findet wahrscheinlich auch auf Ebene autonomer Ganglien sowie im Nierenparenchym selbst statt, wo Efferenzen wie Afferenzen in unmittelbarer Nähe zueinander liegen. Die Tatsache, dass der afferente Schenkel hierbei nach neueren Erkenntnissen nicht nur durch mechano– und chemorezeptorische Stimulation im Nierenbecken beeinflusst wird, sondern ebenfalls – offensichtlich in funktionell separater Art und Weise – durch eventuell sogar andersartige parenchymeigene Nervenfasern modifiziert wird, sollte in der Vorstellung von reno-renalen Reflexbögen vor allem in pathophysiologischer Hinsicht eine zunehmende Rolle spielen.24 In vielen Modellen wurde längst eine beeinträchtigte Funktion des afferenten Schenkels des reno-renalen Reflexbogens festgestellt, u.a. bei Modellen zu Bluthochdruck, kongestiver Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus, ischämiebedingter Niereninsuffizienz und obstruktiver Nephropathie.38 Es ist anzunehmen, dass das in diesen Zuständen vorherrschende extrazelluläre Milieu der Niere auch die Natriumkanalzusammensetzung der beteiligten Afferenzen beeinflusst und somit auf diese Weise zu regulatorischen Ungereimtheiten im Krankheitsprozess beiträgt. Jedenfalls sind Einflüsse von diversen Entzündungsmediatoren auf Leitfähigkeit und Expression von Natriumkanälen in DRG-Neuronen bekannt und werden andernorts mit krankhaft veränderten Eigenschaften ursächlich in Verbindung gebracht.17 Letztendlich müssen weitere Forschungsarbeiten die krankheitsinduzierten Veränderungen der Kanalzusammensetzung auf der Membran renaler Afferenzen aufklären. Dabei können diese Erkenntnisse neben einem Beitrag zum 55 pathophysiologischen Verständnis nicht zuletzt auch Aufklärung über bisher unverstandene Vorgänge im gesunden Körper leisten. 56 7. Literaturverzeichnis 1. Abdulla F. A., Smith P. A.: Ectopic alpha(2)-adrenoceptors couple to N-type Ca2+ channels in axotomized rat sensory neurons. Journal of Neuroscience. S. 1633-1641. 2. Akopian A. N., Sivilotti L., Wood J. N.: A tetrodotoxin-resistant voltage- gated sodium channel expressed by sensory neurons. Nature. S. 257-262. 3. Baker M. D., Chandra S. Y., Ding Y., Waxman S. G., Wood J. 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Anhang Zusammensetzung der Lösungen in der Zellkultur: DMEM+ - Medium: DMEM und 1% Penicillin/Streptomycin, beide Biochrom AG, Deutschland, versetzt mit 10% FCS, Gibco/Invitrogen, USA, und 0,1% Insulin, Sigma-Aldrich, USA Zusammensetzung der Patch-clamp-Lösungen: Lösung 1 Substanz NaCl KCl MgCl2·6H2O CaCl2·2H2O HEPES D(+)Glucose Natriummethansulfonat TetraethylammoniumChlorid 4-Aminopyridin CdCl2 EGTA Mg-ATP Na-GTP Adjustierung pH-Wert M (g/mol) 58,44 74,56 203,31 147,02 238,31 180,16 118,09 165,7 94,12 380,35 507,2 523,2 140 5 1 2 10 10 Auf pH 7,35 mit NaOH Lösung 2 Pipettenlösung Konzentration (mmol/l) 5 140 2 2 1,6 1 10 10 15 30 100 5 0,2 Auf pH 7,35 mit TMA-OH 11 2 0,3 Auf pH 7,35 mit KOH Herstellerübersicht eingesetzter Substanzen Kollagenase Typ 1A Sigma-Aldrich, USA DiI Molecular Probes/Invitrogen, USA DMEM Biochrom AG, Deutschland FCS Gibco/Invitrogen, USA Insulin Sigma-Aldrich, USA Penicillin/Streptomycin Biochrom AG, Deutschland PBS Biochrom AG, Deutschland Poly-L-Lysin Sigma-Aldrich, USA Sigmacote Sigma-Aldrich, USA 64 10. Danksagung Ich möchte mich ganz herzlich bei Prof. Dr. Roland Veelken für die Vergabe der Doktorarbeit, für die freundliche Aufnahme in seine Arbeitsgruppe und seine stete fachliche Anleitung und Unterstützung bedanken. Besonderer Dank ergeht zum einen an Herrn Dr. Wolfgang Freisinger, der mich zeitintensiv an der Patch-clamp-Anlage betreut sowie in puncto Auswertung eingewiesen hat und mich so an seiner Forschungsarbeit teilhaben ließ. Ferner war die Zusammenarbeit mit Frau Sonja Heinlein in allen medizinischtechnischen Bereichen bei der Bewältigung der Arbeit unverzichtbar. Weiterhin soll nicht unerwähnt bleiben, dass Herr Dr. Peter Linz mir bei der Arbeit an „seiner“ Patch-clamp-Anlage, insbesondere bei auftauchenden Problemen, immer hilfreich zur Seite stand. Zum anderen danke ich Frau PD Dr. Angelika Lampert für ihre intensive Beschäftigung mit dem Themenbereich und für die Anregungen bei allen tiefergehenden elektrophysiologischen Fragestellungen. Dem Leiter der Medizinischen Klinik 4, Herrn Prof. Dr. Kai-Uwe Eckardt, sowie der Leiterin des Nephrologischen Forschungslabors, Frau Prof. Dr. Margarete GoppeltStrübe, danke ich für die Möglichkeit, die Arbeit im Labor der Medizinischen Klinik 4 durchzuführen. Außerdem sei an dieser Stelle Prof. Dr. Christian Alzheimer und allen Mitarbeitern des 1. Physiologischen Instituts der Universität Erlangen für die freundliche Aufnahme in die Laboratorien ihres Haus gedankt. 65 11. Lebenslauf Name: Johannes Schatz Geburtstag: 09. März 1986 Geburtsort: Nürnberg Familienstand: ledig Eltern: Wendelin Schatz Doris Schatz Geschwister: Dipl.-Kfm. Tobias Schatz, Dipl.-Kfm. Andreas Schatz, StRin Susanne Schatz Schulbildung: 1992 – 1996 Grundschule Ebermannstadt 1996 – 2005 Gymnasium Fränkische Schweiz, Ebermannstadt. Besuch des mathematischnaturwissenschaftlichen Zweiges. Abschluss: Allgemeine Hochschulreife Studium: 10/2005 Beginn des Studiums der Humanmedizin an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen- Nürnberg 09/2007 Ablegung des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg 02/2011-06/2011 Praktisches Jahr in Thun, Schweiz (Spital Thun, Prof. Dr. Wagner) 06/2011-10/2011 Praktisches Jahr in Erlangen (Anästhesiologische Klinik, Prof. Dr. Dr. h.c. Schüttler) 10/2011-02/2012 Praktisches Jahr in Erlangen (Innere Medizin, Prof. Dr. Daniel und Prof. Dr. Neurath) 66 05/2012 Ablegung der Ärztlichen Prüfung Friedrich-Alexander-Universität an der Erlangen- Nürnberg sowie Approbation als Arzt Beruf: seit 10/2012 Arzt am Klinikum Nürnberg, Medizinische Klinik 4 für Nephrologie und Hypertensiologie