Gesundheitsamt Krätze (Scabies)

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Krätze (Scabies)
Erreger:
Sarcoptes scabiei variatio hominis gehört zur Ordnung Acari (Milben). Die Krätzemilbe hat beißende Mundwerkzeuge und ernährt sich von Hautpartikeln. Die Milbe kann sich mit einer Geschwindigkeit von 2,5 cm/Min auf der warmen Hautoberfläche bewegen, bis sie eine geeignete
Stelle findet, an der sie sich in die Hornschicht eingräbt. In den tieferen Hautschichten gräbt sie
dann täglich 0,5 – 5 mm weiter. Wenige Stunden nach dem Eingraben beginnt sie mit der Eiablage. Jeden Tag werden 2 – 3 Eier abgelegt, aus denen nach 3 – 7 Tagen die Larven ausschlüpfen. Diese graben sich zur Hautoberfläche durch, wo sie in Haarfollikeln Schutz und Nahrung finden. Die Entwicklung der Männchen dauert 9 – 10, die der Weibchen 12 – 15 Tage.
Während die Männchen bald nach der Begattung sterben, können die Weibchen 2 Monate alt
werden.
Vom Wirt getrennt bleiben Milben 24 bis 36 Stunden bei einer Temperatur von 21° C und 50 bis
80 % relativer Luftfeuchtigkeit infektiös. Niedrigere Temperaturen und eine höhere relative Luftfeuchtigkeit verlängert die Überlebenszeit. Sinkt die Umgebungstemperatur unter 16 °C, sind die
Milben in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt und können nicht in die Haut eindringen. Bei
34 °C Umgebungstemperatur überleben Milben weniger als 24 Stunden. Je länger Milben von
ihrem Wirt getrennt sind, umso geringer wird ihre Infektiosität.
Übertragung:
Die Übertragung der Milbe erfolgt durch direkten Körperkontakt. Die indirekte Übertragung über
Textilien spielt in der Regel nur eine unwesentliche Rolle spielt. Typische Körperkontakte sind
gemeinsames Schlafen in einem Bett, Kuscheln, Spielen, Körperreinigung und Liebkosen von
Kleinkindern, Geschlechtsverkehr und Körperpflege von Kranken.
Dementsprechend findet die Übertragung in der Regel zwischen Kindern, zwischen Mutter
(Großmutter) und (Enkel)Kind, zwischen sexuell aktiven Erwachsenen oder zwischen Patient
und Pflegepersonal statt.
Inkubationszeit:
Bei einer Erstinfektion mit der Scabiesmilbe graben sich die Milben wochenlang durch die Haut
(Stratum corneum), ohne dass der Patient den geringsten Juckreiz verspürt. Dies ändert sich
etwa 4 Wochen nach der Infektion. Jetzt kommt es zum charakteristischen Bild der Scabies und
zum typischen Juckreiz, der vor allem nachts ausgeprägt ist.
Bei einer Reinfektion setzt der Juckreiz bereits nach 1 – 2 Tagen ein. Als Ursache werden immunologische Vorgänge angenommen.
Klinik
Typische Scabies:
Der Patient klagt über starken Juckreiz, der sich nachts bis ins Unerträgliche steigert und ihn
nicht schlafen lässt. Bei der Inspektion zeigt sich das Bild eines Hautausschlages: fleckige Rötung und „Knötchen“ an typischen Lokalisationen (Achsel, Oberarm, Bereich der Brustwarze,
Gürtellinie, Streckseiten der Unterarme, Handgelenke, Dammbereich, Unterschenkel).
Öffnungszeiten:
Mo bis Fr 08.00 – 12.00 Uhr
Mo, Di, Do 14.00 – 16.00 Uhr
Mi
14.00 – 17.00 Uhr
Untersuchungstage:
Mi und Fr
08.00 – 12.00 Uhr
Mi
14.00 – 17.00 Uhr
Informationen und Kontakt:
www.biberach.de
kreisgesundheitsamt@biberach,de
Zentrale
07351/52-6151
Fax
07351/52-6160
Hausanschrift:
Landratsamt Biberach
Rollinstraße 17
88400 Biberach
Bankverbindung:
Kreissparkasse Biberach
BLZ 654 500 70
Kto-Nr. 6303
-2Gesicht, behaarter Kopf und oberer Rücken bleiben in der Regel erscheinungsfrei.
Scabies norvegica:
Diese Form der Scabies zeichnet sich durch hohe Ansteckung, auch über Gegenstände, bei
extrem hoher Milbenpopulation aus. Klinisch finden sich psoriasiforme dicke „Verhornungen“
(Krusten), zunächst an den Händen und Füßen, die sich weiter auf Gesäß, Ellbogen, Handgelenke und Genitale ausbreiten. Die Krusten enthalten besonders viele Milben (nicht selten 200
Milben /cm²). Der Juckreiz kann gering sein. Bei den an Scabies norvegica Erkrankten handelt
es sich häufig um geistig Behinderte, vor allem aber um Patienten mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten. Aufgrund der ausbleibenden immunologischen Reaktion des Wirtes
kommt es zur ungestörten Ausbreitung der Milbenpopulation.
Scabies bei gepflegten Personen (Scabies in the clean):
Bei dieser Erkrankungsform ist nur der starke nächtliche Juckreiz typisch. Klinisch finden sich
nur wenige vereinzelte Papeln, meist am Stamm. Der Nachweis der Milbe kann hier äußerst
schwierig sein, da nur wenige Milbengänge zu finden sind. Diese Form der Scabies ist vor allem
bei Personen zu beobachten, die häufig baden und duschen.
Scabies bei Säuglingen, Kleinkindern:
Bei der genannten Altersgruppe sind, im Gegensatz zum Erwachsenen, auch Gesicht, Hals und
häufig (nur) Hände und Füße betroffen. Es finden sich Bläschen, die schnell eintrüben, wie
überhaupt gerade bei Kindern häufig Superinfektionen auftreten. Der quälende Juckreiz kann
dazu führen, dass Säuglinge die Nahrungsaufnahme verweigern.
Scabies bei alten Menschen:
Bei gleich starkem Juckreiz verläuft die entzündliche Reaktion bei alten Menschen milder. Daraus ergeben sich Fehlinterpretationen als Pruritus senilis oder Pruritus bei trockener Haut oder
als Ausdruck psychiatrischer Affektionen. Bei Bettlägrigen kann die Differentialdiagnose zusätzlich erschwert werden, da bei ihnen auch der Rücken befallen ist.
Diagnostik
Milbengänge finden sich häufig an dünnhäutigen Körperstellen und haben meist eine Länge von
1 – 5 mm (unter Umständen bis 15 mm). Sie erscheinen bei Hellhäutigen blassrosa bis bräunlich, ggf. auch grau, und können durch Kratzeffekte blutig verändert sein. Die Suche lässt sich
erleichtern, wenn auf verdächtige Hautpartien etwas Tinte verrieben wird und deren Überschuss
mit einem mit Alkohol getränkten Lappen weggewischt wird. Die Bohrgänge sind dann gut zu
erkennen.
Zwecks Diagnostik ggf. Einsendung von Hautgeschabsel mit vermuteten Milbengängen oder
abgelösten Krusten (jeweils Konservierung in 70%igem Alkohol) an ein parasitologisches Labor.
Therapie
Die Therapie der Skabies kann äußerlich (topisch) oder durch Einnahme von Medikamenten
erfolgen. Üblicherweise eingesetzte Medikamente sind in der Tabelle unten aufgeführtIn
Deutschland werden meist Permethrin 5 %-Creme und Allethrin-Spray als topisch wirksame
Substanzen eingesetzt.
Permethrin: Die Creme wird mit Ausnahme des Kopfes sorgfältig auf der ganzen Haut verteilt
(am besten abends) und am nächsten Morgen mit Seife abgewaschen. Schleimhäute an Körperöffnungen müssen sorgfältig ausgespart werden. Meist ist ein einmaliges Eincremen ausreichend. Bestehen zwei Wochen nach der Erstapplikation noch klinische Zeichen eines aktiven
Krätzmilbenbefalles (z. B. neu entdeckte Milbengänge), muss die Behandlung wiederholt werden. Die Substanz kann auch bei Neugeborenen, Säuglingen, Schwangeren und Stillenden eingesetzt werden, dann allerdings in einer Konzentration von 2,5 %. Eine Stillpause von 2–3 Tagen nach Applikation der Permethrin-Creme wird empfohlen. Permethrin wird durch die Haut
aufgenommen.
Stand: 07-2010
-3Allethrin: Allethrin ist in Deutschland als Spray in Kombination mit Piperonylbutoxid auf dem
Markt. Aufgrund zahlreicher Vorgaben, in denen es nicht angewendet werden soll, (Befall des
Gesichtes, generalisierter Befall, erstes Drittel der Schwangerschaft, Stillzeit, vorgeschädigte
Haut) und möglichen schweren Nebenwirkungen (verstärkte Atembeschwerden bei Patienten mit
Erkrankungen der Atemwege) gilt es als Medikament der zweiten Wahl. Es wird eingesetzt,
wenn Permethrin nicht angewandt werden kann, bzw. eine Behandlung mit Permethrin erfolglos
war.
Benzylbenzoat: Benzylbenzoat (ein Bestandteil des Perubalsams) wurde erstmalig in den 30er
Jahren in Dänemark während einer großen Skabiesepidemie eingesetzt. Die Wirksamkeit der
Substanz wird als hoch eingeschätzt; vergleichende Studien mit anderen topisch wirksamen
Substanzen fehlen. Eine Behandlung mit Benzylbenzoat ist sehr zeitintensiv: 2x/Tag eine Ganzkörperapplikation an drei aufeinander folgenden Tagen; Wiederholung der Prozedur nach 10
Tagen. Bei Erwachsenen wird eine Konzentration von 25 %, bei Kindern von 10 % verwendet.
Die Substanz reizt die Haut und kann ein brennendes Gefühl hervorrufen. Die komplizierte Anwendung und die Nebenwirkungen reduzieren die Bereitschaft des Patienten, dieses Mittel auch
konsequent anzuwenden. Wegen der geringen Kosten wird die Substanz derzeit häufig in Entwicklungsländern eingesetzt. Benzylbenzoat ist ebenfalls ein Mittel der zweiten Wahl.
Crotamiton und Schwefelrezepturen gelten wegen der geringen Wirksamkeit als Mittel der dritten
Wahl und spielen in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle. Lindanhaltige Präparate sollten
wegen der hohen Toxizität nicht mehr eingesetzt werden.
Ivermectin: Ivermectin ist ein Mittel, welches verbreitet gegen Insekten und Milben wirkt. Die
Behandlung der Skabies mit Ivermectin ist ein therapeutischer Meilenstein. Die Dosierung beträgt 200µg/kg mit einer Wiederholung nach 8 Tagen. Bei Patienten mit Scabies crustosa werden 5–7 Behandlung im Abstand von 8 Tagen empfohlen. Auch Mehrfachbehandlungen sind
ohne das Risiko einer Substanzakkumulation möglich.
Ivermectin ist ein sehr sicheres Medikament: Im Rahmen von Bekämpfungsprogrammen wurden
in Afrika und Südamerika mehrere Millionen Menschen behandelt, ohne dass nennenswerte Nebenwirkungen aufgetreten sind. Klinische Studien haben gezeigt, dass die Wirksamkeit des Makrolids besser ist als die Benzylbenzoat und identisch bzw. besser als die von 5 %-PermethrinCreme.
Ivermectin ist in Deutschland nicht zur Behandlung der Skabies zugelassen und muss im Rahmen eines Heilversuchs durch eine Apotheke aus dem Ausland importiert werden. Der Patient
ist entsprechend aufzuklären und seine Zustimmung einzuholen.
Tabelle: Zur Behandlung der Skabies eingesetzte Substanzen
Substanz
Handelsname (Auswahl)
Permethrin
Infectoscab®, Nix™, Dermal Cream™, Elimite™
Allethrin
Spregal®
Benzylbenzoat
Antiscabiosum®
Crotamiton
Eraxil®, Crotamitex®
Sulfur praecipitatum Mitigal®
Ivermectin
Mectizan®, Stromectol®, Ivermec®
Allgemeine Behandlungshinweise:
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Ohne Ausnahme sind alle engen Kontaktpersonen des Patienten mit zu behandeln, auch
wenn sie (noch) keine Symptome aufweisen: Familienmitglieder, Sexualpartner/-in, bei Kindern ggf. enge Freunde, Kinder aus der gleichen KiGa-Gruppe und deren Betreuer, im Krankenhaus das betreuende Personal, soweit es nicht ausreichend durch Schutzkleidung und
Gummihandschuhe vor einer evtl. Infektion geschützt ist.
Stand: 07-2010
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-4Ganzkörperbehandlung. Es ist zu beachten, dass bei Scabies norvegica auch der Kopf und
das Nagelbett Träger der Milben sein kann.
Bei Scabies norvegica erreichen die Milben sogar tiefere Hautschichten und sind dort nur
schwer mit der tödlichen Akarizid-Dosis erreichbar, daher in der Regel verzögerte Wirkung.
Vor Applikation Krustenablösung.
Anwendungsvorschrift der Mittel genau einhalten.
Ungleichmäßige Applikation vermeiden (Milbenflucht).
Nach Behandlung nicht zu früh waschen.
Keine Reduzierung der Dosis des Mittels, Intervalle zwischen den Applikationen nicht verlängern.
Keine überlagerten Mittel einsetzen (d.h. abgelaufenes Haltbarkeitsdatum).
Es gibt Stämme mit hohem natürlichem Toleranzniveau (keine mittelbedingte Resistenz). In
diesen Fällen ggf. die Anwendungsdauer verlängern und/oder Mittel wechseln.
Zytostatika- und HIV-Patienten sind besonders aufmerksam auf Befall und Therapieerfolg zu
beobachten.
Therapie abends vor dem Zubettgehen vornehmen, da durch die Nachtaktivität der Milben diese
besser erreicht werden und mehr Wirkstoff aufnehmen.
Am Tag nach Therapieende Reinigungsbad.
Maßnahmen
Allgemeine Maßnahmen:
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Bei stationärer Behandlung Verlegung der Befallenen in Einzelzimmer oder zusammen in ein
gesondertes Zimmer.
Täglicher ein- bis zweimaliger Wäschewechsel (einschl. Bettdecken, Handtücher und Bademäntel) während der Dauer der Behandlung.
Bett- und Unterwäsche sollte so heiß wie möglich gewaschen werden, Buntwäsche bei 60° C
mindestens 20 Min..
Oberbekleidung 7 Tage bei Temperaturen von 20 – 25° C und möglichst geringer
Luftfeuchtigkeit durchlüften oder chemisch reinigen.
Kleidung, Wäsche, Decken, Handtücher etc. können auch in Plastiksäcken ca. eine Woche
bei 25° C in Räumen mit relativ trockener Luft aufbewahrt werden (Plastiksäcke verschweißen). Der Bettstaub sollte vorher abgesaugt werden (besonders wichtig bei Scabies norvegica wegen der Krustenablösung).
Zur Reinigung von Matratzen, kontaminierten Polsterstühlen etc. diese in dicke Einschichtoder in Zweischichtfolie einschweißen und bei 20° C ca. 1 Woche in einem gesonderten
Raum abstellen. In einem sehr trockenen Raum kann das Einschweißen entfallen.
50° C warme Luft tötet Milben auf Materialien innerhalb von 10 Minuten.
Eine chemische Entwesung ist in der Regel nicht erforderlich und toxikologisch problematisch.
Für weitere Informationen steht Ihnen Ihr Hausarzt oder das Gesundheitsamt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Landratsamt Biberach
Kreisgesundheitsamt
Postfach 18 37, 88388 Biberach
Rollinstraße 17, 88400 Biberach
Telefon: 0 73 51 / 52-6151
Telefax: 0 73 51 / 52-6160
E-Mail: [email protected]
Internet: www.biberach.de
Stand: 07-2010
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