Grundkurs Funktionentheorie Eine Einführung in die komplexe Analysis und ihre Anwendungen Bearbeitet von Klaus Fritzsche 1. Auflage 2008. Taschenbuch. x, 334 S. Paperback ISBN 978 3 8274 1949 1 Format (B x L): 17 x 24,4 cm Weitere Fachgebiete > Mathematik > Mathematische Analysis > Komplexe Funktionentheorie Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 1 Holomorphe Funktionen 1.1 Die komplexen Zahlen Zur Einführung: Die komplexen Zahlen wurden – eigentlich aus Versehen – in der Renaissance entdeckt, bei dem Versuch, Gleichungen dritten Grades zu lösen. Es erwies sich als vorteilhaft, in – zunächst verheimlichten – Nebenrechnungen mit der Wurzel aus −1 zu rechnen, die dann im Endergebnis nicht mehr auftauchte. Nach und nach versuchte man dann aber doch, das Wesen solcher imaginärer ” Größen“ zu ergründen. Es ist vor allem Euler, Gauß und Hamilton zu verdanken, dass wir heute ganz normal mit komplexen Zahlen rechnen können und in ihnen nichts Geheimnisvolles mehr sehen. Die Gesetze der Anordnung der reellen Zahlen haben zwingend zur Folge, dass das Quadrat einer reellen Zahl immer positiv ist. Demnach kann es in R keine √ Zahl geben, deren Quadrat die Zahl −1 ergibt. Möchte man also so etwas wie −1 zulassen, so muss man die reelle Zahlengerade verlassen und in der Ebene suchen. Dort steht schon die bekannte Vektoraddition zur Verfügung. Eine Anordnung wie in R ist allerdings in der Ebene nicht mehr möglich: Sind ein Vektor x und sein Negatives −x gegeben, so kann keiner dieser beiden Vektoren auf natürliche Weise als positiv“ ausgezeichnet werden. Aber dieser Mangel ist gerade die Chance, zu ” etwas Neuem zu gelangen. Die Vektoren der Ebene besitzen zumindest eine Länge, und die Länge eines Produktes sollte dem Produkt der Längen entsprechen. Das √ hat zur Folge, dass die imaginäre Einheit i = −1 die Länge 1 haben muss. Und weil die Multiplikation mit i 2 = −1 einer Drehung um 180◦ entspricht, liegt es nahe, die Multiplikation mit i selbst als eine Drehung um 90◦ aufzufassen. Wir beschreiben in diesem Abschnitt die algebraischen und topologischen Eigenschaften der komplexen Zahlenebene, ihrer Elemente und ihrer Teilmengen. Definition (Komplexe Zahlen) Unter dem Körper C der komplexen Zahlen versteht man die Menge aller (geordneten) Paare (a, b) von reellen Zahlen mit folgenden Rechenoperationen: 1. (a, b) + (c, d) := (a + c, b + d). 2. (a, b) · (c, d) := (ac − bd, ad + bc). Das Element (1, 0) wird mit 1 bezeichnet, das Element (0, 1) mit i . Bezüglich der Addition ist C dann eine abelsche Gruppe mit dem neutralen Element 0 = (0, 0) und dem Negativen −(x, y) = (−x, −y). Identifiziert man x ∈ R mit dem Paar (x, 0), so kann man R als Teilmenge von C auffassen. Weil (x, 0) · (a, b) = 1 Holomorphe Funktionen 2 (xa, xb) ist, induziert die Multiplikation komplexer Zahlen die bekannte skalare Multiplikation, die zur R-Vektorraum-Struktur auf dem R2 gehört. Die Elemente 1 und i bilden eine Basis von C über R. Jede komplexe Zahl besitzt deshalb eine eindeutige Darstellung z = a + i b , mit a, b ∈ R . Man nennt Re(z) := a den Realteil und Im(z) := b den Imaginärteil der komplexen Zahl z. z+w z w z −z Addition komplexer Zahlen Das Negative einer komplexen Zahl Ist z = x + i y ∈ C, so nennt man z := x − i y die zu z konjugierte (komplexe) Zahl. Man gewinnt sie durch Spiegelung an der x–Achse. Es gilt: 1. Ist z = x + i y, so ist z · z = x2 + y 2 eine nicht-negative reelle Zahl. 2. Realteil und Imaginärteil einer komplexen Zahl sind gegeben durch 1 1 Re(z) = (z + z) und Im(z) = (z − z). 2 2i y = Im(z) z = x + iy z z x = Re(z) Real- und Imaginärteil einer komplexen Zahl Die konjugierte komplexe Zahl Ist w = a + i b eine feste komplexe Zahl, so ist Lw : C → C mit Lw (z) := w · z eine C-lineare Abbildung, also erst recht R-linear. Weil Lw (1) = a + i b und Lw ( i ) = −b + i a ist, wird Lw bezüglich der Basis {1, i } durch die Matrix a −b Mw := b a beschrieben. Eine einfache Rechnung zeigt, dass Mv • Mw = Mvw ist. Da man die Multiplikation komplexer Zahlen mit Hilfe der Matrizen-Multiplikation ausdrücken 1.1 Die komplexen Zahlen 3 kann, folgt sofort das Assoziativgesetz für die Multiplikation in C. Das Kommutativgesetz werden wir weiter unten beweisen. √ Die reelle Zahl |z| := + zz nennt man den Betrag der komplexen Zahl z. Sie stimmt mit der euklidischen Norm des Vektors z überein. Ist z = 0, so ist zz = |z|2 > 0, und es gilt: z , also zz z· z −1 = z . |z|2 Das Inverse der komplexen Zahl z gewinnt man demnach, indem man z zunächst an der x–Achse spiegelt, und dann am Einheitskreis. Denn 1/z zeigt in die gleiche Richtung wie z, hat aber die Länge 1/r, wenn z die Länge r hat. z i 1 1/z Das Inverse einer komplexen Zahl z Wir können jetzt eine anschauliche Vorstellung von der Multiplikation in C gewinz z und = α + i β, mit nen. Ist z = x + i y = 0, so ist z = |z| · |z| |z| α := x x2 + y2 und β := y x2 + y2 . Offensichtlich ist α2 + β 2 = 1, es gibt also einen (eindeutig bestimmten) Winkel θ ∈ [0, 2π) mit α = cos θ und β = sin θ. Damit folgt: z = |z| · (cos θ + i sin θ). Das ist die (eindeutig bestimmte) Polarkoordinaten–Darstellung der komplexen Zahl z. Die Zahl arg(z) := θ ∈ [0, 2π) nennt man das Argument von z. Für z = 0 ist überhaupt kein Winkel festgelegt. 1.1.1. Beispiele A. Es ist | i | = 1 und arg( i ) = π/2. B. Sei z = 1 + i . Dann ist√zz = (1 + i )(1 − i ) = 2, also |z| = cos(π/4) = sin(π/4) = 1/ 2 ist, folgt: arg(z) = π/4. √ 2. Weil 1 Holomorphe Funktionen 4 Setzen wir U (t) := cos t + i sin t für t ∈ R, so gilt: 1. |U (t)| = 1 für alle t ∈ R. 2. U (s) · U (t) = U (s + t) für alle s, t ∈ R. 3. U (0) = 1, U (t) = 0 für alle t ∈ R und U (t)−1 = U (−t). 4. Zu jeder komplexen Zahl z = 0 gibt es genau ein r > 0 und genau ein t ∈ [0, 2π) mit z = r · U (t). 5. Es ist U (t + 2π) = U (t). Beweis: (1) ist trivial. (2) folgt aus den Additionstheoremen für Sinus und Cosinus: U (s) · U (t) = (cos s + i sin s) · (cos t + i sin t) = (cos s cos t − sin s sin t) + i (cos s sin t + sin s cos t) = (cos(s + t) + i sin(s + t) = U (s + t). (3) U (0) = cos(0) + i sin(0) = 1. U (t) = 0 folgt aus (1). Schließlich ist 1 = U (0) = U (t + (−t)) = U (t) · U (−t), also U (−t) = 1/U (t). (4) ist klar nach den obigen Betrachtungen. (5) Die Aussage folgt aus der Periodizität von Cosinus und Sinus. Ist nun z1 = r1 · U (t1 ) und z2 = r2 · U (t2 ), so ist z1 · z2 = r1 r2 · U (t1 + t2 ). Bei der Multiplikation zweier komplexer Zahlen multiplizieren sich also die Beträge, und die Winkel addieren sich. Das zeigt insbesondere die Kommutativität der Multiplikation. z · w = −5 − i 5 w = −1 + 2 i s+t Die Multiplikation komplexer Zahlen t z =3+ i s 1.1 Die komplexen Zahlen 5 1.1.2. Formel von Moivre (cos t + i sin t)n = cos(nt) + i sin(nt), für alle n ∈ Z. n Der Beweis ist trivial: Es ist U (t)n = U (nt) für n ∈ N0 und U (t)−n = U (t)−1 = U (−t)n = U (−nt). 1.1.3. Beispiel Die Formel vom Moivre erleichtert manche Berechnungen. So ist z.B. cos(3t) + i sin(3t) = (cos t + i sin t)3 = cos3 t + 3 cos2 t( i sin t) + 3 cos t( i 2 sin2 t) + ( i sin t)3 = cos3 t − 3 cos t sin2 t + i 3 cos2 t sin t − sin3 t , also cos(3t) = cos3 t − 3 cos t sin2 t und sin(3t) = 3 cos2 t sin t − sin3 t. Für n ∈ N setzen wir 2π 2π + i · sin . ζn := U (2π/n) = cos n n Ist m = k · n, so ist (ζn )m = cos(2kπ) + i · sin(2kπ) = 1. 1.1.4. Die Lösungen der Gleichung z n = 1 Für jede natürliche Zahl n hat die Gleichung z n = 1 in C genau n Lösungen, nämlich (ζn )0 = 1, (ζn )1 = ζn , (ζn )2 , (ζn )3 , . . . , (ζn )n−1 . Beweis: Wir haben schon gesehen, dass ((ζn )k )n = (ζn )n·k = 1 ist, für k = 0, . . . , n − 1. Offensichtlich sind die n Zahlen (ζn )k paarweise verschieden. Ist umgekehrt w irgend eine Lösung der Gleichung z n = 1, so ist auch |w|n = 1, also |w| = 1. Das bedeutet, dass es ein θ ∈ [0, 2π) mit U (θ) = w gibt. Und es ist U (nθ) = wn = 1, also cos(nθ) = 1 und sin(nθ) = 0. Dann gibt es ein k ∈ Z mit nθ = k · 2π. Wegen 0 ≤ θ < 2π ist 0 ≤ nθ < n · 2π. Also kommen für k nur die Werte 0, 1, 2, . . . , n − 1 in Frage. Damit ist alles bewiesen. Definition (Einheitswurzeln) Die Zahlen 1, ζn , (ζn )2 , . . . , (ζn )n−1 nennt man die n-ten Einheitswurzeln. 1 Holomorphe Funktionen 6 Zum Beispiel sind 1 und ζ2 = −1 die 2. Einheitswurzeln, √ √ 1 1 −1 + i 3 und ζ32 = −1 − i 3 die 3. Einheitswurzeln 2 2 und 1, ζ4 = i , ζ42 = −1 und ζ43 = − i die 4. Einheitswurzeln. 1, ζ3 = 1.1.5. Beispiel Wir wollen nun die fünften Einheitswurzeln berechnen. √ Mit elementaren Mittel kann man herausbekommen, dass cos(π/5) = (1+ 5)/4 ist (eine ausführliche Rechnung findet sich in [Fri0], in Kapitel 7 als Anwendung der Additi √ 2 onstheoreme). Dann ist sin(π/5) = 1 − cos (π/5) = 10 − 2 5/4, also 2π π π cos = cos2 − sin2 5 5 5 √ √ √ 1 1 1 = (6 + 2 5) − (10 − 2 5) = (−1 + 5) 16 16 4 und √ √ 2π π π 1 sin = 2 cos sin = (1 + 5) · 10 − 2 5 5 8 5 √ 5 √ √ 1 1 = (6 + 2 5)(10 − 2 5) = 10 + 2 5. 8 4 Damit ist √ 2π 1 2π i + i sin = (−1 + 5) + ζ5 = cos 5 5 4 4 √ 10 + 2 5. Die anderen fünften Einheitswurzeln kann man nun leicht durch Potenzieren errechnen. Alle Punkte liegen auf den Ecken eines regelmäßigen 5-Ecks. (ζ5 )2 s ζ5 s sr s (ζ5 )3 s (ζ5 )4 1 1.1 Die komplexen Zahlen 7 1.1.6. Existenz n-ter komplexer Wurzeln In C besitzt jede Zahl z = 0 genau n verschiedene n–te Wurzeln. Beweis: Sei z = r(cos θ + i sin θ), mit r = |z| und θ ∈ [0, 2π). Dann setzen wir zk := √ n r · (cos θ θ + i sin ) · ζnk , n n k = 0, 1, . . . , n − 1. Offensichtlich sind dies n verschiedene komplexe Zahlen zk mit zkn = z. Ist andererseits w irgendeine Lösung der Gleichung wn = z, so ist wn = z0n , also (wz0−1 )n = 1. Das bedeutet, dass es eine n–te Einheitswurzel ζ gibt, so dass w = z0 ·ζ ist. Der Satz zeigt, dass man in C nie von der n–ten Wurzel einer Zahl z sprechen √ kann, es gibt stets n verschiedene. Das gilt auch im Falle n = 2. Das Symbol z ist also zweideutig, und es fällt schwer, eine der beiden Wurzeln auszuzeichnen. Zum Beispiel sind 12 (1− i ) und 12 ( i −1) die beiden Wurzeln von − 2i . Welche davon sollte man bevorzugen? Wäre es möglich, C anzuordnen, so wäre jede komplexe Zahl z = 0 positiv oder negativ (d.h. −z positiv), und das Produkt positiver Zahlen wäre wieder positiv. Insbesondere müsste das Quadrat jeder komplexen Zahl = 0 positiv sein, also 1 = 1 · 1 > 0 und −1 = i · i > 0. Dann wäre aber auch 0 = 1 + (−1) > 0, und das ist absurd. Deshalb kann man in C zwar aus jeder Zahl die Wurzel ziehen, eine Unterscheidung zwischen der positiven und der negativen Wurzel ist aber nicht möglich. Nach den algebraischen Eigenschaften kommen wir nun zu den topologischen. Ist r > 0 und z0 ∈ C, so ist Dr (z0 ) := {z ∈ C : |z − z0 | < r} die (offene) Kreisscheibe mit Radius r um z0 . Definition (offene und abgeschlossene Mengen) Eine Teilmenge U ⊂ C heißt offen, falls es zu jedem z ∈ U ein ε > 0 gibt, so dass Dε (z) noch ganz in U enthalten ist. Eine Menge heißt abgeschlossen, wenn ihr Komplement in C offen ist. Offene und abgeschlossene Mengen in C stimmen also mit denen in R2 überein, und sie haben die gleichen Eigenschaften: 1. Die leere Menge und C sind zugleich offen und abgeschlossen. 2. Endliche Durchschnitte und beliebige Vereinigungen von offenen Mengen sind wieder offen. 1 Holomorphe Funktionen 8 3. Endliche Vereinigungen und beliebige Durchschnitte von abgeschlossenen Mengen sind wieder abgeschlossen. Definition (topologischer Raum) Ein topologischer Raum ist eine Menge X, zusammen mit einem System ausgezeichneter Teilmengen, welche die offenen Mengen von X genannt werden, so dass gilt: 1. Die leere Menge und der gesamte Raum X sind offen. 2. Endliche Durchschnitte und beliebige Vereinigungen von offenen Mengen sind wieder offen. Das System der offenen Mengen von X nennt man auch die Topologie von X. Eine Teilmenge M ⊂ X heißt Umgebung eines Punktes x0 ∈ X, falls es eine offene Menge U mit x0 ∈ U ⊂ M gibt. Man schreibt dann: M = M (x0 ). Der topologische Raum X heißt ein Hausdorff-Raum, falls es zu je zwei Punkten x = y Umgebungen U = U (x) und V = V (y) mit U ∩ V = ∅ gibt. 1.1.7. Beispiele A. C ist offensichtlich ein topologischer Raum und sogar ein Hausdorff-Raum. B. Eine Metrik auf einer Menge X ist eine Funktion d : X×X → R mit folgenden Eigenschaften: (a) d(x, y) ≥ 0 für alle x, y ∈ X, und d(x, y) = 0 ⇐⇒ x = y. (b) d(x, y) = d(y, x) für alle x, y ∈ X. (c) d(x, y) ≤ d(x, z) + d(z, y) für alle x, y, z ∈ X (Dreiecksungleichung). Eine Menge X mit einer Metrik d bezeichnet man als metrischen Raum. Jeder metrische Raum X ist automatisch ein topologischer Raum, wenn man die offenen Mengen wie folgt definiert: Eine Menge M ⊂ X soll offen“ ge” nannt werden, wenn es zu jedem Punkt x0 ∈ M ein ε > 0 gibt, so dass die ε-Umgebung“ ” Uε (x0 ) := {x ∈ X : d(x, x0 ) < ε} noch ganz in M liegt. Versieht man den Rn mit der Metrik d(x, y) := x − y, so erhält man die aus der reellen Analysis bekannten ε-Umgebungen und den dort benutzten Offenheitsbegriff. Das gilt insbesondere für den R2 und damit für C. 1.1 Die komplexen Zahlen 9 Es ist offensichtlich, dass in einem metrischen Raum die Eigenschaften einer Topologie wörtlich wie im Rn hergeleitet werden können, und genauso, dass jeder metrische Raum die Hausdorff-Eigenschaft besitzt. Alle topologischen Räume, die uns in diesem Buch begegnen werden, sind in Wahrheit metrische Räume. Allerdings liegt nicht immer gleich auf der Hand, welche Metrik man wählen sollte. Deshalb erweist sich der (allgemeinere) Begriff des topologischen Raumes manchmal als praktischer. Da die Topologie auf C offensichtlich mit der übereinstimmt, die man in der reellen Analysis im R2 verwendet, übertragen sich viele topologische Begriffe aus dem Reellen ins Komplexe. Insbesondere ist ein stetiger Weg in C eine stetige Abbildung α von einem Intervall I nach C ∼ = R2 . Definition (Gebiet) Ein Gebiet in C ist eine offene Teilmenge G ⊂ C mit der Eigenschaft, dass je zwei Punkte von G durch einen stetigen Weg miteinander verbunden werden können, der vollständig in G verläuft. Ist G ⊂ C ein Gebiet, so bilden die offenen Mengen, die in G enthalten sind, eine Topologie für G. Also ist jedes Gebiet ein topologischer Raum (und natürlich auch ein Hausdorff-Raum). Gewöhnen muss man sich allerdings an den Begriff der abgeschlossenen Menge in einem Gebiet: Eine Teilmenge A in einem Gebiet G heißt (relativ) abgeschlossen in G, wenn G \ A offen ist. Eine solche Menge braucht in C keineswegs abgeschlossen zu sein. A G G\A Auch die Konvergenz von Folgen komplexer Zahlen definiert man wie üblich: lim zn = z0 : ⇐⇒ ∀ ε > 0 ∃ n0 , so dass gilt: zn ∈ Dε (z0 ) für n ≥ n0 . n→∞ Die Folge (zn ) konvergiert genau dann (gegen z0 ), wenn die Folgen (Re zn ) und (Im zn ) (gegen Re z0 bzw. Im z0 ) konvergieren. 1.1.8. Kriterium für die relative Abgeschlossenheit Sei G ⊂ C ein Gebiet. Eine Teilmenge A ⊂ G ist genau dann (relativ) abgeschlossen in G, wenn gilt: Ist (zn ) eine Folge in A, die gegen einen Punkt z0 ∈ G konvergiert, so liegt z0 schon in A. 1 Holomorphe Funktionen 10 Beweis: 1) Wir setzen zunächst voraus, dass A abgeschlossen in G ist. Sei (zn ) eine Folge in A, die gegen ein z0 ∈ G konvergiert. Wäre z0 Element der offenen Menge G \ A, so gäbe es ein ε > 0, so dass Dε (z0 ) ⊂ G \ A ist. Dann kann aber (zn ) nicht gegen z0 konvergieren. Widerspruch! 2) Nun sei das Kriterium erfüllt. Zu zeigen ist, dass G \ A offen ist. Sei z0 ∈ G \ A. Wir nehmen an, dass keine ε-Umgebung von z0 komplett in G \ A liegt. Dann kann man zu jedem n ∈ N einen Punkt zn ∈ A mit |zn − z0 | < 1/n finden. Das bedeutet, dass (zn ) gegen z0 konvergiert, und nach dem Kriterium müsste dann z0 in A liegen. Also ist die Annahme falsch und alles bewiesen. 1.1.9. Eine typische Eigenschaft von Gebieten Ist G ⊂ C ein Gebiet und U ⊂ G eine nicht-leere Teilmenge, die zugleich offen und (relativ) abgeschlossen in G ist, so ist U = G. Beweis: Sei z0 ∈ U und w0 ein beliebiger Punkt in G. Dann gibt es einen stetigen Weg α : [0, 1] → G mit α(0) = z0 und α(1) = w0 . Sei M := {t ∈ [0, 1] : α(s) ∈ U für 0 ≤ s ≤ t} und t0 := sup(M ). Weil U in G abgeschlossen ist, liegt α(t0 ) in U und damit t0 in M . Weil U offen ist, geht das nur, wenn t0 = 1 und w0 ∈ U ist. 1.1.10. Satz Ist G ⊂ C ein Gebiet, so können je zwei Punkte von G durch einen Streckenzug in G verbunden werden. Beweis: Sei z0 ∈ G beliebig und U := {∈ G : z kann in G durch einen Streckenzug mit z0 verbunden werden }. U ist eine nicht-leere Teilmenge von G. Ist z1 ∈ U , so gibt es ein ε > 0, so dass Dε (z1 ) ⊂ G ist. Aber jeder Punkt von Dε (z1 ) kann innerhalb dieser Kreisscheibe durch eine Strecke mit z1 und damit durch einen Streckenzug in G mit z0 verbunden werden. Also liegt die Kreisscheibe in U , und U ist offen. U ist auch abgeschlossen in G. Ist nämlich z2 ∈ G ein Häufungspunkt von U , so kann man wieder eine Kreisscheibe Dδ (z2 ) in G finden. Aber diese Kreisscheibe enthält mindestens einen Punkt von U , und dann ist klar, dass auch z2 in G durch einen Streckenzug mit z0 verbunden werden kann. Also gehört z2 zu U . Definition (zusammenhängende Menge) Eine beliebige Menge M ⊂ C heißt zusammenhängend,1 falls in M je zwei Punkte durch einen stetigen Weg miteinander verbunden werden können. 1 Eigentlich müsste man M wegzusammenhängend“ oder bogenzusammenhängend“ nennen. ” ” Da wir aber in diesem Buch keinen anderen Zusammenhangsbegriff benutzen werden, kürzen wir die Schreibweise etwas ab und sprechen von zusammenhängenden Mengen. 1.1 Die komplexen Zahlen 11 Ist M ⊂ C eine beliebige Menge, so nennen wir zwei Punkte z, w ∈ M äquivalent, wenn sie innerhalb von M durch einen stetigen Weg miteinander verbunden werden können. Jeder Punkt z ∈ M ist zu sich selbst äquivalent, weil er mit Hilfe des konstanten Weges γz (t) ≡ z mit sich selbst (in M ) verbunden wird. Ist α : [0, 1] → M ein stetiger Weg mit α(0) = z und α(1) = w, so verbindet der umgekehrt durchlaufene Weg −α : [0, 1] → C mit (−α)(t) := α(1 − t) den Punkt w mit dem Punkt z. Wird schließlich z durch α : [0, 1] → M mit w und w durch β : [0, 1] → M mit v verbunden, so liefert der zusammengesetzte Weg α + β : [0, 1] → M mit α(2t) für 0 ≤ t ≤ 1/2, (α + β)(t) := β(2t − 1) für 1/2 ≤ t ≤ 1 eine Verbindung von z mit v in M . Definition (Zusammenhangskomponente) Die Äquivalenzklasse eines Punktes z ∈ M nennt man die Zusammenhangskomponente von z in M und bezeichnet sie mit CM (z). 1.1.11. Eigenschaften von Zusammenhangskomponenten Sei M ⊂ C eine beliebige Teilmenge. 1. Ist z0 ∈ M , so ist C = CM (z0 ) := {z ∈ M : ∃ stetiger Weg von z0 nach z in M } die größte zusammenhängende Teilmenge von M mit z0 ∈ C. 2. Die Zusammenhangskomponenten von M bilden eine Zerlegung von M in paarweise disjunkte zusammenhängende Mengen. Ist M offen, so ist jede Zusammenhangskomponente ein Gebiet, und es gibt höchstens abzählbar viele Komponenten. 3. Ist N ⊂ M eine zusammenhängende Menge, so liegt N in einer Zusammenhangskomponente von M . Beweis: 1) Offensichtlich liegt z0 in C. Sind z1 , z2 ∈ C, so können beide mit z0 und deshalb auch miteinander verbunden werden. Also ist C zusammenhängend. Dass C maximal ist, ist klar. 2) Dass die Zusammenhangskomponenten eine Zerlegung von M bilden, folgt direkt daraus, dass sie Äquivalenzklassen sind. Ist M offen, C = CM (z0 ) und z1 ∈ C, so gibt es eine Kreisscheibe D mit z1 ∈ D ⊂ M , und jeder Punkt z ∈ D kann in D durch eine Strecke mit z1 verbunden werden. Daher liegt ganz D in C. Also ist C offen und zusammenhängend und damit ein Gebiet. In diesem Fall kann in jeder Komponente ein Punkt mit rationalen 1 Holomorphe Funktionen 12 Koordinaten ausgewählt werden. Weil die Komponenten paarweise disjunkt sind, kann es nur höchstens abzählbar viele Komponenten geben. 3) Ist N ⊂ M zusammenhängend, so ist N leer oder enthält einen Punkt z0 . Im ersten Fall liegt N in jeder Zusammenhangskomponente, im zweiten offensichtlich in CM (z0 ). Definition (Häufungspunkte und isolierte Punkte) Sei M ⊂ C eine Teilmenge und z0 ∈ C ein Punkt. 1. z0 heißt Häufungspunkt von M , falls jede Umgebung U = U (z0 ) einen Punkt z ∈ M mit z = z0 enthält. 2. z0 heißt isolierter Punkt von M , falls es eine Umgebung U = U (z0 ) mit U ∩ M = {z0 } gibt. Ein isolierter Punkt einer Menge ist also immer ein Element dieser Menge. Für einen Häufungspunkt braucht das nicht zu gelten. Ein Punkt z0 ∈ C ist genau dann Häufungspunkt einer Menge M ⊂ C, wenn es eine Folge von Punkten zn ∈ M gibt, so dass gilt: 1. zn = z0 für alle n ∈ N. 2. lim zn = z0 . n→∞ r M r r Häufungspunkt von M Definition M isolierter Punkt von M (diskrete Menge) Eine Teilmenge M ⊂ C heißt diskret, wenn sie abgeschlossen ist und nur aus isolierten Punkten besteht. Die Menge der Zahlen 1/n, n ∈ N, besteht zwar aus lauter isolierten Punkten, sie ist aber nicht diskret, weil sie nicht abgeschlossen ist. Nimmt man den Häufungspunkt 0 hinzu, so erhält man eine abgeschlossene Menge, die aber auch nicht diskret ist, weil der Nullpunkt nicht isoliert ist. 1.1 Die komplexen Zahlen Definition 13 (kompakte Menge) Eine Menge K ⊂ C heißt kompakt, falls jede offene Überdeckung von K eine endliche Teilüberdeckung enthält. Eine Menge K ⊂ C heißt beschränkt, falls es ein R > 0 gibt, so dass K in DR (0) liegt. 1.1.12. Satz von Heine-Borel K ⊂ C ist genau dann kompakt, wenn K abgeschlossen und beschränkt ist. Da C als topologischer Raum mit dem R2 übereinstimmt, ist dies der bekannte Satz von Heine-Borel aus der Analysis. Ein Punkt z0 ∈ C heißt Häufungspunkt der Folge (zn ), falls in jeder Umgebung von z0 unendlich viele Folgeglieder liegen. Man beachte: Ist z0 Häufungspunkt der Menge {z1 , z2 , z3 , . . .}, so ist z0 auch Häufungspunkt der Folge (zn ), aber die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht. So hat die Folge zn := (−1)n zwei Häufungspunkte (nämlich +1 und −1), aber die Menge {−1, +1} der Folgeglieder besteht nur aus zwei isolierten Punkten und hat keinen Häufungspunkt. 1.1.13. Existenz von Häufungspunkten Ist K ⊂ C kompakt, so besitzt jede unendliche Teilmenge von K wenigstens einen Häufungspunkt, der in K liegt. Beweis: Sei M ⊂ K eine unendliche Teilmenge. Dann enthält M eine Folge von paarweise verschiedenen Punkten a1 , a2 , a3 . . .. Wir wollen zeigen, dass diese Folge (und damit auch die Menge der Folgeglieder) einen Häufungspunkt in K hat. Angenommen, das ist nicht der Fall. Dann gibt es zu jedem n eine offene Umgebung Un = Un (an ), die keinen weiteren Punkt am enthält (sonst wäre an ein Häufungspunkt). Aber zu jedem b ∈ K \ {a1 , a2 , . . .} gibt es eine offene Umgebung Vb = Vb (b) ⊂ C, in der keiner der Punkte an liegt (sonst wäre b ein Häufungspunkt). Dann bilden die Mengen Un und Vb zusammen eine offene Überdeckung von K. Da K kompakt ist, kommt man mit endlich vielen aus. Aber das ist absurd, denn es gibt unendlich viele verschiedene an . Eine Folge (zn ) heißt beschränkt, falls die Menge der Folgeglieder beschränkt ist. 1.1.14. Folgerung (Satz von Bolzano-Weierstraß) Jede beschränkte Punktfolge in C besitzt wenigstens einen Häufungspunkt. 1 Holomorphe Funktionen 14 Beweis: Sei A die Menge der Folgeglieder. Ist A endlich, so müssen unendlich viele Folgeglieder mit einem Punkt z0 ∈ A übereinstimmen. Dieser Punkt ist ein Häufungspunkt der Folge. Ist die Menge A unendlich, so stellt sie eine unendliche Teilmenge der kompakten Menge A dar und hat deshalb einen Häufungspunkt. Klar ist: Ist z0 ein Häufungspunkt der Folge (zn ), so gibt es eine Teilfolge (znλ ), die gegen z0 konvergiert. Für später notieren wir noch: 1.1.15. Satz (über die Schachtelung kompakter Mengen) Sei K1 ⊃ K2 ⊃ . . . eine Folge von kompakten nicht-leeren Teilmengen von C. Dann ∞ Kn kompakt und nicht leer. ist auch K := n=1 Beweis: K ist offensichtlich abgeschlossen und beschränkt, also kompakt. Wir wählen nun aus jedem Kn einen Punkt zn . Da alle diese Punkte in der kompakten Menge K1 liegen, besitzt die Folge einen Häufungspunkt z0 in K1 . Wir behaupten, dass z0 sogar in K liegt. Wäre das nämlich nicht der Fall, so gäbe es ein n0 mit z0 ∈ C \ Kn0 . Aber dann gäbe es auch eine Umgebung U = U (z0 ) ⊂ C \ Kn0 . Für n ≥ n0 könnte dann zn nicht mehr in U liegen, im Widerspruch dazu, dass z0 Häufungspunkt der Folge ist. Also ist K = ∅. Zur Erinnerung: Eine Folge (zn ) heißt Cauchy-Folge, falls gilt: ∀ ε > 0 ∃ n0 , s.d. gilt: |zn − zm | < ε für n, m ≥ n0 . 1.1.16. Satz (Cauchy-Kriterium) (zn ) konvergiert genau dann, wenn (zn ) eine Cauchy-Folge ist. Beweis: Klar ist: Wenn (zn ) konvergiert, dann ist (zn ) eine Cauchy-Folge. Sei umgekehrt (zn ) eine Cauchy-Folge. Dann ist diese Folge beschränkt, besitzt also einen Häufungspunkt. Eine Teilfolge konvergiert gegen z0 , und weil es sich um eine Cauchy-Folge handelt, konvergiert sogar die Folge selbst gegen z0 . Die Details dieses Beweises finden sich in der reellen Analysis (vgl. [Fri1], Satz 2.1.23). Unter einer unendlichen Reihe ∞ a von komplexen Zahlen aν versteht man ν=1 ν die Folge der Partialsummen SN := N ν=1 aν . Die Reihe heißt konvergent, falls die Folge (SN ) konvergiert. Wie üblich wird dann auch der Grenzwert mit dem Symbol ∞ ν=1 aν bezeichnet. 1.1 Die komplexen Zahlen 15 Das Cauchy-Kriterium besagt: Die Reihe ∞ aν konvergiert genau dann, wenn gilt: ν=1 n ∀ ε > 0 ∃ n0 , so dass für n > n0 gilt: aν < ε. ν=n0 +1 ∞ ∞ Die Reihe ν=1 aν heißt absolut konvergent, falls ν=1 |aν | konvergiert. Da es sich dabei um eine Reihe mit positiven reellen Gliedern handelt, kann man die bekannten Konvergenzkriterien (wie z.B. das Quotientenkriterium) anwenden. Mit Hilfe des Cauchy-Kriteriums (bei dem man nur endliche Summen zu betrachten hat) folgt ganz einfach aus der absoluten Konvergenz die gewöhnliche Konvergenz. Außerdem beweist man so auch das Majorantenkriterium : Ist ∞ reellen Gliedern und |aν | ≤ αν ν=1 αν eine konvergente Reihe mit positiven für ν ≥ ν0 , so konvergiert auch die Reihe ∞ ν=1 aν . 1.1.17. Beispiel Ist z eine komplexe Zahl mit |z| < 1, so konvergiert die (geometrische) Reihe ∞ ν ν=0 z . Die Konvergenz folgt mit Hilfe des Majorantenkriteriums aus der Konvergenz der reellen geometrischen Reihe. Den bekannten Grenzwert ∞ zν = ν=0 1 1−z erhält man aus der Summenformel n zν = ν=0 z n+1 − 1 z−1 und der Grenzwertbeziehung lim z n = 0 n→∞ für |z| < 1. Zum Schluss wollen wir uns noch mit den Rändern von Mengen beschäftigen. Definition (Rand einer Menge) Sei M ⊂ C eine beliebige Menge. Ein Punkt z0 ∈ C heißt Randpunkt von M , falls jede Umgebung von z0 einen Punkt von M und einen Punkt von C \ M enthält. Mit ∂M bezeichnet man die Menge aller Randpunkte von M . Ein Punkt z ∈ M heißt innerer Punkt von M , falls es ein ε > 0 mit Dε (z) ⊂ M gibt. Eine Menge ist genau dann offen, wenn sie nur aus inneren Punkten besteht. Ist M beliebig, so ist ein Punkt z0 ∈ C genau dann ein Randpunkt von M , wenn er kein innerer Punkt von M ist, aber entweder ein Punkt von M oder zumindest ein Häufungspunkt von M . 1 Holomorphe Funktionen 16 Vereinigt man eine Menge M mit all ihren Häufungspunkten, so erhält man ihre abgeschlossene Hülle◦M . Die Menge der inneren Punkte von M bezeichnet man als ◦ ihren offenen Kern M . Die obige Überlegung zeigt, dass ∂M = M \ M ist. 1.1.18. Beispiele A. Ist M := D1 (0), so ist die Menge M offen, stimmt also mit ihrem offenen Kern überein. Die abgeschlossene Hülle von M ist die Menge D1 (0) = {z ∈ C : |z| ≤ 1}, und der Rand ist die Menge ∂D1 (0) = {z ∈ C : |z| = 1}. In diesem Fall ist der Rand eine (glatte) Kurve, im Allgemeinen kann man das aber nicht erwarten. B. Ist D ⊂ C diskret, so besitzt D weder innere Punkte noch Häufungspunkte. ◦ Damit ist D = D = ∂D und D = ∅. C. Sei G ⊂ C ein Gebiet und M die Menge der◦ Punkte z = x + i y ∈ G mit rationalen Koordinaten x und y. Dann ist M = ∅ und jeder Punkt von G ein Häufungspunkt von M . Also ist ∂M = M = G. D. Die komplexe Ebene und die leere Menge haben keinen Rand. Jede andere Menge besitzt mindestens einen Randpunkt (wie sich aus dem folgenden Satz ergibt). So besteht z.B. der Rand von C∗ := C \ {0} nur aus dem Nullpunkt. 1.1.19. Ränder haben keine Lücken Sei M ⊂ C, z0 ∈ M und z1 ∈ C \ M . Dann trifft jeder stetige Weg von z0 nach z1 den Rand von M . Beweis: Sei α : [0, 1] → C ein stetiger Weg mit α(0) = z0 und α(1) = z1 . Wir setzen t0 := sup{t ∈ [0, 1] : α(t) ∈ M }. Offensichtlich existiert t0 (da die betrachtete Menge nicht leer und nach oben beschränkt ist). Sei w0 := α(t0 ). Ist w0 ∈ M , so ist t0 < 1, und zu jedem δ > 0 gibt es ein t mit t0 < t < t0 + δ und α(t) ∈ C \ M . Wird ein ε > 0 vorgegeben, so kann man wegen der Stetigkeit von α das δ so klein wählen, dass α(t) in Dε (w0 ) enthalten ist. Ist w0 ∈ M , so ist t0 > 0, und man kann in analoger Weise zu jedem ε > 0 ein δ > 0 und ein t mit t0 − δ < t < t0 finden, so dass α(t) ∈ M ∩ Dε (w0 ) ist. Damit gehört w0 zum Rand von M . 1.1.20. Aufgaben A. Berechnen Sie die folgenden komplexen Zahlen in der Form a + b i : √ (1 − i )2 ( 3 + i ) 1 1 2 2 √ (2 + 3 i ) − (4 − i ) , + . und (1 + i )4 (1 − i )4 1 − 3i 1.1 Die komplexen Zahlen 17 B. Berechnen Sie alle Potenzen i n für n ∈ Z. C. Beweisen Sie die Ungleichung |z| − |w| ≤ |z − w|. D. Berechnen Sie cos(5t) und sin(5t) in Abhängigkeit von sin t und cos t. E. Berechnen Sie alle sechsten Einheitswurzeln. F. Sind die folgenden Mengen Gebiete in C ? G1 := {z = x + i y : 0 < x < 1, 0 < y < 1} \ K, mit K := {1/n + i t : 0 ≤ t ≤ 1/2}, n 1}, G2 := {z ∈ C : |z| = G3 := G ∩ G , mit konvexen Gebieten G , G . Zeigen Sie, dass G3 unendlich viele Zusammenhangskomponenten haben kann, wenn G und G nicht konvex sind. Hinweis: M heißt konvex, wenn mit je zwei Punkten z, w ∈ M auch deren Verbindungsstrecke zu M gehört. G. Sei K ⊂ C kompakt, A ⊂ C abgeschlossen, beide nicht leer. Ist K ∩ A = ∅, so gibt es Punkte z0 ∈ K und w0 ∈ A, so dass dist(z0 , w0 ) ≤ dist(z, w) für alle z ∈ K und w ∈ A ist. H. Ist die Menge S := {z = x + i y : (x = 0 und |y| ≤ 1) oder (x > 0 und y = sin(1/x) )} wegzusammenhängend? I. Sei G ⊂ C ein Gebiet und K ⊂ G kompakt. Zeigen Sie, dass es eine kompakte Menge L mit K ⊂ L ⊂ G gibt, die nur endlich viele Zusammenhangskomponenten besitzt. Geben Sie ein Beispiel für eine kompakte Menge mit unendlich vielen Zusammenhangskomponenten an. J. Zeigen Sie, dass jede Cauchy-Folge beschränkt ist. Geben Sie eine divergente Folge (zn ) an, so dass die Folge der Beträge |zn | konvergiert. K. Bestimmen Sie alle Häufungspunkte der Folgen i n 1 − in zn := i n , wn := . , und un := n 1 + in L. Untersuchen Sie – abhängig von z – die folgenden Reihen auf Konvergenz bzw. absolute Konvergenz: ∞ ∞ z − 1 n zn und . z+1 n2 n=0 n=1 1 Holomorphe Funktionen 18 1.2 Komplex differenzierbare Funktionen Das Thema dieses Buches sind komplexwertige Funktionen von einer komplexen Veränderlichen. Ihr Definitionsbereich ist normalerweise ein Gebiet G ⊂ C. Aber wie kann man sich eine Funktion f : G → C anschaulich vorstellen? Im Reellen versuchen wir, Funktionen von einer Veränderlichen durch ihren Graphen darzustellen. Das lässt sich schlecht übertragen, denn obwohl der Graph einer komplexen Funktion von einer komplexen Veränderlichen nur ein Gebilde mit zwei reellen Freiheitsgraden ist, benötigt man zu seiner Darstellung den 4-dimensionalen Raum. Beschränkt man sich andererseits auf die reellwertige Funktion z → |f (z)|, so verliert man zuviel Information. Wir werden in diesem Abschnitt versuchen, trotzdem eine gewisse Vorstellung von komplexen Funktionen zu bekommen, wir werden Beispiele betrachten und erklären, was man unter der Ableitung einer komplexen Funktion versteht. Beginnen wir mit einem ganz einfachen Beispiel, nämlich der Funktion f (z) = z 2 . Eine bewährte Methode besteht darin, mit zwei Ebenen zu arbeiten. Ist w = z 2 , so ist |w| = |z|2 und arg(w) = 2 · arg(z). Es bietet sich daher an, mit Polarkoordinaten zu arbeiten. Die Länge r einer komplexen Zahl z = r · U (t) wird bei Anwendung von f quadriert, der Winkel t verdoppelt. Das Bild der rechten z-Halbebene {z = x + i y : x > 0} = {r · U (t) : r > 0 und − π/2 < t < +π/2} ist deshalb die komplette w-Ebene, aus der nur die negative x-Achse herausgenommen werden muss. Dabei werden die Strahlen t = const. auf ebensolche Strahlen abgebildet, nur ihr Winkel gegen die positive x-Achse verdoppelt sich. Die Kreise r = const. werden wieder auf Kreise abgebildet, allerdings mit quadriertem Radius. z-Ebene w-Ebene z → w = z 2 Man kann - wenn man will - auch mit kartesischen Koordinaten arbeiten. Weil (x + i y)2 = (x2 − y 2 ) + 2 i xy ist, werden die vertikalen Geraden x = a auf die durch 1.2 Komplex differenzierbare Funktionen 19 die Gleichungen u = a2 − y 2 und v = 2ay gegebenen und durch t 2 αa (t) := a2 − ,t 2a parametrisierten Parabeln abgebildet. Analog werden die horizontalen Geraden y = b auf die durch u = x2 − b2 und v = 2xb gegebenen und durch βb (t) := t 2 − b2 , t 2b parametrisierten Parabeln abgebildet. Das Bild sieht etwa folgendermaßen aus: z-Ebene w-Ebene x = const. z = x + iy → w = (x2 − y 2 ) + i (2xy) y = const. Soweit funktioniert das ganz gut. Jetzt suchen wir nach der Umkehrabbildung. Dazu benutzen wir besser die Darstellung in Polarkoordinaten. Wenn wir f auf die rechte Halbebene beschränken, dann erhalten wir als Wertemenge die ganze wEbene. Auf dem Rand gibt es allerdings ein Problem. Es ist f ( i t) = f (− i t) = −t2 . Damit f injektiv bleibt, dürfen wir in der z-Ebene nur die Menge aller z mit Im(z) > 0 betrachten. Als Bildmenge erhalten wir dann die längs der negativen reellen Achse (incl. Nullpunkt) aufgeschlitzte w-Ebene. Sei g1 : C \ R− → {z ∈ C : Im(z) > 0} definiert durch √ g1 (r(cos ϕ + i sin ϕ)) := r (cos(ϕ/2) + i sin(ϕ/2)). Dann ist g1 eine Umkehrung von f |{z∈C : Im(z)>0} . Definieren wir g2 : C \ R− → {z ∈ C : Im(z) < 0} durch g2 (w) := −g1 (w), so ist g2 eine Umkehrung von f |{z∈C : Im(z)<0} . √ Um also eine globale Umkehrfunktion g(w) = w von f (z) = z 2 zu definieren, brauchen wir als Definitionsbereich zwei Exemplare der geschlitzten Ebene. Dabei 1 Holomorphe Funktionen 20 ist Folgendes zu beachten: Nähert man sich in der w-Ebene von √ oben dem Schlitz bei w = −r, so nähert sich der Wert von g1 der Zahl z = i r. Bei Annäherung √ von unten√ergibt sich als Wert die Zahl z = − i r. Bei g2 ist es gerade umgekehrt. Um nun z stetig zu definieren, muss man die Oberkante der ersten Ebene mit der Unterkante der zweiten Ebene zusammenkleben, und die Unterkante der ersten Ebene mit der Oberkante der zweiten Ebene. Es entsteht eine Fläche R, die in zwei Blättern über C∗ liegt. Der Nullpunkt fehlt dabei. 0 R Die Fläche R nennt man die Riemannsche Fläche von folgendermaßen gewinnen: √ w. Man kann sie auch R = {(z, w) ∈ C∗ × C∗ : w = z 2 }. Die Projektion π := pr2 |R : R → C∗ mit π : (z, z 2 ) → z 2 hat die Eigenschaft, dass π −1 (w) = {g1 (w), g2 (w)} genau die beiden Wurzeln aus w enthält. Andererseits ist R aber auch der Graph von f (z) = z 2 über C∗ . Die Verklebung der beiden Blätter ist im dreidimensionalen Raum nicht ohne Selbstdurchdringung möglich. Im vierdimensionalen Raum funktioniert es aber, auch wenn wir uns das anschaulich nicht mehr vorstellen können. Wir werden hier die Theorie der Riemannschen Flächen nicht weiter verfolgen, dazu fehlen uns die nötigen Mittel. Die Problematik, eindeutige Umkehrfunktionen zu finden, wird uns aber immer wieder begegnen. Im Folgenden wollen wir weitere Beispiele von komplexwertigen Funktionen kennenlernen, die auf C oder auf Teilmengen von C definiert sind. Besonders prominente Beispiele sind die (auf ganz C definierten) komplexen Polynome p(z) := an z n + an−1 z n−1 + · · · + a1 z + a0 und die komplexen Potenzreihen P (z) := ∞ cν (z − a)ν , ν=0 sofern sie konvergieren. Eine Potenzreihe ist eine Reihe komplexwertiger Funktionen. Für solche Reihen hat man die gleichen Konvergenzbegriffe wie im Reellen. 1.2 Komplex differenzierbare Funktionen 21 Sind komplexwertige Funktionen (fν ) auf einer Menge M ⊂ C gegeben, so sagt man: 1. gegen eine Funktion f : M → C, falls für jedes ν fν konvergiert punktweise z ∈ M die Zahlenreihe ∞ f ν=0 ν (z) gegen f (z) konvergiert. ∞ 2. ν fν konvergiert normal auf M , falls die Reihe ν=0 supM |fν | konvergiert. 3. ν fν konvergiert auf M gleichmäßig gegen f , falls gilt: n fν (z) − f (z) < ε. ∀ ε > 0 ∃ n0 , so dass für alle n ≥ n0 gilt: sup M ν=0 Mit Hilfe des Majorantenkriteriums folgt aus der normalen Konvergenz sofort die punktweise Konvergenz gegen eine Grenzfunktion f . Für N ∈ N sei FN := N ν=1 fν die N -te Partialsumme. Wir setzen voraus, dass die Reihe normal konvergiert. Ist ε > 0 vorgegeben, so gibt es ein n0 , so dass für n ≥ n0 und jedes z ∈ M gilt: |Fn (z) − Fn0 (z)| = | n fν (z)| ≤ ν=n0 +1 n |fν (z)| ≤ ν=n0 +1 n ν=n0 +1 sup|fν | < M ε . 3 Zu jedem speziellen z ∈ M gibt es ein m > n0 , so dass |Fm (z) − f (z)| < ε/3 ist. Dann folgt aber für dieses z und n > n0 : |Fn (z) − f (z)| ≤ |Fn (z) − Fm (z)| + |Fm (z) − f (z)| ≤ ≤ |Fn (z) − Fn0 (z)| + |Fm (z) − Fn0 (z)| + |Fm (z) − f (z)| ε ε ε < + + = ε. 3 3 3 Weil das für jedes z ∈ M gilt, konvergiert die Reihe gleichmäßig. Dass die punktweise Konvergenz auch direkt aus der gleichmäßigen Konvergenz folgt, ist offensichtlich. Bevor wir fortfahren, müssen wir auf den Begriff der Stetigkeit eingehen. Definition (Grenzwert einer Funktion, Stetigkeit) Sei G ⊂ C ein Gebiet, z0 ∈ C \ G und f : G → C eine Funktion. Man sagt, f hat in z0 den Grenzwert c (in Zeichen: lim f (z) = c), falls gilt: z→z0 ∀ ε > 0 ∃ δ > 0, so dass gilt: Ist |z − z0 | < δ, so ist |f (z) − f (z0 )| < ε. Gehört z0 zu G, so nennt man f stetig in z0 , falls gilt: lim f (z) = f (z0 ). z→z0 1 Holomorphe Funktionen 22 Auch das Folgenkriterium“ für die Stetigkeit kann wörtlich aus dem Reellen über” tragen werden: f ist genau dann in z0 stetig, wenn für jede Folge (zn ) mit lim zn = z0 gilt: n→∞ lim f (zn ) = f (z0 ). n→∞ Da im Komplexen die gleichen Grenzwertsätze wie im Reellen gelten, sind Summen und Produkte stetiger Funktionen wieder stetig. Insbesondere ist jedes Polynom eine stetige Funktion auf ganz C. Für Reihen stetiger Funktionen gilt das 1.2.1. Weierstraß–Kriterium Es sei M ⊂ C, und es seien stetige Funktionen fν : M → C gegeben. Weiter gebe es eine konvergente Reihe ∞ ν=0 aν nicht-negativer reeller Zahlen und ein ν0 ∈ N, so dass gilt: |fν (z)| ≤ aν für ν ≥ ν0 und alle z ∈ M. ∞ Dann konvergiert ν=0 fν auf M normal (und damit gleichmäßig) gegen eine stetige Funktion auf M . Beweis: Das Majorantenkriterium liefert sofort die normale Konvergenz und damit die gleichmäßige Konvergenz der Reihe auf M . Die Grenzfunktion sei mit f bezeichnet. Die Stetigkeit dieser Grenzfunktion zeigt man mit dem üblichen ε/3Beweis. Wir leiten sie aus der gleichmäßigen Konvergenz her: Sei z0 ∈ M und ein ε > 0 vorgegeben. Wegen der gleichmäßigen Konvergenz gibt es ein n0 , so dass für alle n ≥ n0 und alle z ∈ M gilt: |Fn (z) − f (z)| < ε . 3 Wählt man ein festes n ≥ n0 , so gibt es wegen der Stetigkeit von Fn in z0 ein δ > 0, so dass für |z − z0 | < δ gilt: |Fn (z) − Fn (z0 )| < ε . 3 Für solche z ist dann auch |f (z) − f (z0 )| ≤ |f (z) − Fn (z)| + |Fn (z) − Fn (z0 )| + |Fn (z0 ) − f (z0 )| ε ε ε < + + = ε. 3 3 3 Also ist f stetig in z0 . Typische Reihen stetiger Funktionen sind die Potenzreihen. Sie zeichnen sich durch ein aus. Es kann passieren, dass eine Potenzreihe ∞besonderes Konvergenzverhalten ν ν=0 aν (z − z0 ) nur im Entwicklungspunkt z0 (gegen den Wert a0 ) konvergiert. 1.2 Komplex differenzierbare Funktionen 23 Sobald aber nur in einem einzigen weiteren Punkt Konvergenz vorliegt, konvergiert die Reihe auf einer kompletten Kreisscheibe, und im Innern dieser Kreisscheibe sogar gleichmäßig. 1.2.2. Über das Konvergenzverhalten von Potenzreihen Die Potenzreihe P (z) = ∞ n=0 cn (z − a)n konvergiere für ein z0 ∈ C, z0 = a. Ist dann 0 < r < |z0 − a|, so konvergiert P (z) und auch die Reihe P (z) := ∞ n · cn (z − a)n−1 n=1 auf der Kreisscheibe Dr (a) absolut und gleichmäßig. y = Im(z) r s s z0 a x = Re(z) n Beweis: 1) Da ∞ n=0 cn (z0 − a) nach Voraussetzung konvergiert, gibt es eine Konstante M > 0, so dass |cn (z0 − a)n | ≤ M für alle n ist. Ist 0 < r < |z0 − a|, so ist q := r/|z0 − a| < 1. Für alle z mit |z − a| ≤ r gilt dann: z − a n ≤ M · qn. |cn (z − a)n | = |cn (z0 − a)n | · z0 − a ∞ n Die geometrische Reihe konvergiert. Mit dem Majorantenkriterium n=0 M q ∞ n folgt, dass n=0 cn (z − a) für jedes z ∈ Dr (a) absolut konvergiert, und mit dem Weierstraß–Kriterium folgt sogar, dass die Reihe auf Dr (a) gleichmäßig konvergiert. := M/r. Nach (1) ist |n · cn (z − a)n−1 | ≤ n · M · q n−1 und 2) Sei M · qn (n + 1) · M n+1 · q = q < 1. = lim n→∞ n→∞ n−1 n n·M ·q lim n−1 konvergiert, und wie Aus dem Quotientenkriterium folgt jetzt, dass ∞ n=1 n· M ·q ∞ oben kann man daraus schließen, dass n=1 n · cn (z − a)n−1 auf Dr (a) gleichmäßig konvergiert. Die Zahl R := sup{r ≥ 0 : ∃ z0 ∈ C mit r = |z0 − a|, so dass P (z0 ) konvergiert} 1 Holomorphe Funktionen 24 heißt Konvergenzradius der Potenzreihe. Die Fälle R = 0 und R = +∞ sind dabei auch zugelassen. Der Kreis um a mit Radius R heißt der Konvergenzkreis der Reihe. Es gilt: 1. Für 0 < r < R konvergiert P (z) auf Dr (a) normal (und damit insbesondere absolut und gleichmäßig). 2. Ist |z0 − a| > R, so divergiert P (z0 ). 3. Die Grenzfunktion P (z) ist im Innern des Konvergenzkreises DR (a) stetig. Für den Konvergenzradius einer Potenzreihe gibt es verschiedene Berechnungsmethoden: 1.2.3. Lemma von Abel Sei R > 0 der Konvergenzradius der Potenzreihe f (z) = ∞ cn (z − a)n . Dann ist n=0 R = sup{r ≥ 0 : |cn |r Beweis: n n∈N beschränkt }. Sei r0 der Wert auf der rechten Seite der Gleichung. Wenn eine Reihe nicht-negativer reeller Zahlen konvergiert, dann bilden ihre Glieder eine Nullfolge und sind ∞insbesonderen beschränkt. Ist also r < nR und |z − a| = r, n so ist ∞ |c |r = n n=0 n=0 |cn (z − a) | < ∞ und damit (|cn |r ) beschränkt, d.h., r ≤ r0 . Weil das für alle r < R gilt, folgt daraus, dass R ≤ r0 ist. Da R > 0 vorausgesetzt wurde, muss auch r0 > 0 sein. ist Ist nun n0 < r < r0 , so kann man noch ein r mit r < r < r0 finden. Dann |cn |(r ) beschränkt, etwa durch eine Konstante M . Wir setzen q := r/r und erhalten: 1. 0 < q < 1. 2. |cn |rn = |cn |(r q)n ≤ M · q n . Mit dem Majorantenkriterium folgt die Konvergenz der Reihe Weil das für alle r < r0 gilt, ist auch r0 ≤ R. ∞ |cn |rn , also r ≤ R. n=0 Um ein allgemeines Konvergenzkriterium formulieren zu können, müssen wir an den Begriff des Limes Superior erinnern. Ist (an ) eine nach oben beschränkte Folge reeller Zahlen, so versteht man unter ihrem Limes superior (in Zeichen: lim an oder lim sup an ) den größten Häufungspunkt der Folge. Besitzt die Folge keinen Häufungspunkt, so ist lim an := −∞. 1.2 Komplex differenzierbare Funktionen 25 Für eine nach oben beschränkte Folge (an ) ist genau dann c = lim an , wenn für alle ε > 0 ein n0 existiert, so dass für alle n ≥ n0 gilt: an < c + ε, und es gibt ein k > n mit c − ε < ak . Ist die Folge (an ) nicht nach oben beschränkt, so besitzt sie keinen Limes superior. Manchmal wird dann aber in der Literatur auch lim an = +∞ gesetzt. Ist eine Folge (an ) konvergent, so ist ihr Limes auch ihr einziger Häufungspunkt und damit ihr Limes superior. 1.2.4. Formel von Cauchy-Hadamard Sei f (z) = ∞ cn (z − a)n eine Potenzreihe und γ := lim sup n |cn |. Dann gilt für n=0 den Konvergenzradius R der Potenzreihe: 1. Wenn γ eine endliche Zahl > 0 ist, dann ist R = 1/γ. 2. Wenn γ = 0 ist, dann ist R = ∞. 3. Wenn die Folge n |cn | unbeschränkt (also γ = ∞) ist, dann ist R = 0. Beweis: Sei z ∈ C, z = a. Setzt man α(z) := lim die Gleichung α(z) = |z − a| γ. n |cn (z − a)n |, so erhält man 1) Sei 0 < γ < +∞. Ist |z − a| < 1/γ, so ist α(z) < 1 und es gibt ein q mit α(z) < q < 1 und ein n0 , so dass n |cn (z − a)n | < q und damit |cn (z − a)n | < q n für n ≥ n0 ist. Dann folgt aus dem Majorantenkriterium, dass die Potenzreihe in z (absolut) konvergiert. Ist |z − a| > 1/γ, so ist α(z) > 1. Das bedeutet, dass unendlich viele Terme |cn (z − a)n | ebenfalls > 1 sind. Dann divergiert die Potenzreihe. 2) Sei γ = 0. Dann ist auch α(z) = 0 für alle z = a, und die Folge n |cn (z − a)n | konvergiert gegen Null. Ist 0 < q < 1, so gibt es ein n0 , so dass |cn (z − a)n | < q n für n ≥ n0 gilt. Die Reihe konvergiert. 3) Sei γ = +∞. Dann sind die Glieder der Potenzreihe in jedem Punkt z = a unbeschränkt, und die Reihe divergiert dort. Ein zentraler Begriff in der Analysis ist die Differenzierbarkeit“. Anschaulich ge” winnt man die Ableitung einer Funktion über einen Grenzprozess als Richtung der Tangente an den Graphen der Funktion. Um allerdings Ableitungen zu berechnen, benötigt man diese anschauliche Deutung nicht, der Differential-Kalkül liefert einen handlichen algebraischen Apparat dafür. Als Euler seinerzeit recht sorglos begann, mit komplexen Zahlen, Funktionen und Reihen zu rechnen, benutzte er die üblichen Regeln: 1 Holomorphe Funktionen 26 (z n ) = n · z n−1 , (ez ) = ez usw. Diese Regeln gewinnt man ganz einfach, wenn man den Begriff des Differentialquotienten rein formal ins Komplexe überträgt. Definition (Komplexe Differenzierbarkeit) Sei G ⊂ C ein Gebiet, f : G → C eine Funktion und z0 ∈ G ein Punkt. f heißt in z0 komplex differenzierbar, falls der Grenzwert f (z0 ) := lim z→z0 f (z) − f (z0 ) z − z0 existiert. Die komplexe Zahl f (z0 ) nennt man dann die Ableitung von f in z0 . f heißt auf G komplex differenzierbar, falls f in jedem Punkt von G komplex differenzierbar ist. Dass das so schön geht, liegt daran, dass C eben mehr als der R2 ist. C ist nicht nur ein reeller Vektorraum, C ist ein Körper! Sehr handlich ist das folgende Differenzierbarkeitskriterium: f ist genau dann in z0 komplex differenzierbar, wenn es eine in z0 stetige Funktion Δ : G → C gibt, so dass f (z) = f (z0 ) + (z − z0 ) · Δ(z) in jedem Punkt z ∈ G gilt. Natürlich ist dann f (z) − f (z0 ) Δ(z) = z − z0 in jedem Punkt z = z0 , sowie Δ(z0 ) = f (z0 ). 1.2.5. Satz (Ableitungsregeln) f, g : G → C seien beide in z0 ∈ G komplex differenzierbar, c eine komplexe Zahl. 1. f + g, c f und f · g sind ebenfalls in z0 komplex differenzierbar, und es gilt: und (f + g) (z0 ) = f (z0 ) + g (z0 ) (c f ) (z0 ) = c f (z0 ) (f · g) (z0 ) = f (z0 )g(z0 ) + f (z0 )g (z0 ). 2. Ist g(z0 ) = 0, so ist auch noch g(z) = 0 nahe z0 , f /g in z0 komplex differenzierbar und f f (z0 ) · g(z0 ) − f (z0 ) · g (z0 ) (z0 ) = . g g(z0 )2 3. Ist h in w0 := f (z0 ) komplex differenzierbar, so ist h ◦ f in z0 komplex differenzierbar, und es gilt: (h ◦ f ) (z0 ) = h (w0 ) · f (z0 ). 1.2 Komplex differenzierbare Funktionen 27 Der Beweis geht genauso wie im Reellen. Exemplarisch soll hier nur der Beweis für die Kettenregel angegeben werden: Ist h(w) = h(w0 ) + Δ∗∗ (w) · (w − w0 ) und f (z) = f (z0 ) + Δ∗ (z) · (z − z0 ), mit einer in w0 stetigen Funktion Δ∗∗ und einer in z0 stetigen Funktion Δ∗ , so folgt: (h ◦ f )(z) = h(w0 ) + Δ∗∗ (f (z)) · (f (z) − w0 ) = (h ◦ f )(z0 ) + Δ∗∗ (f (z)) · Δ∗ (z) · (z − z0 ). Nun kann man Δ(z) := Δ∗∗ (f (z)) · Δ∗ (z) setzen. Da diese Funktion in z0 stetig ist, folgt die komplexe Differenzierbarkeit von h ◦ g und die Kettenregel. Für den Beweis des nächsten Satzes brauchen wir noch einen 1.2.6. Hilfssatz Sei G ⊂ C ein Gebiet und f : G → C lokal-konstant. Dann ist f auf G sogar konstant. Beweis: Dass f lokal-konstant ist, bedeutet, dass es zu jedem Punkt z ∈ G eine Umgebung U = U (z) ⊂ G gibt, auf der f konstant ist. Daraus folgt natürlich, dass f stetig ist. Sei nun z0 ∈ G, c := f (z0 ) und Z := {z ∈ G : f (z) = c}. Definitionsgemäß ist Z = ∅. Und weil f lokal-konstant ist, ist Z offen. Ist z ∈ G\Z und f (z) = d = c, so gibt es eine offene Umgebung V = V (z) ⊂ G, auf der f konstant = d ist. Die Vereinigung aller dieser Umgebungen ergibt G \ Z, und diese Menge muss demnach offen sein. Nun folgt, dass Z = G ist, also f konstant auf G. 1.2.7. Satz Sei f : G → C komplex differenzierbar und f (z) ≡ 0. Dann ist f konstant. Beweis: Sei z0 ∈ G und U = U (z0 ) ⊂ G eine konvexe offene Umgebung. Ist z ∈ U , so definieren wir g : [a, b] → C durch g(t) := f (z0 + t(z − z0 )). Sei t0 ∈ [a, b] und w0 := z0 + t0 (z − z0 ). Weil f komplex differenzierbar ist, gibt es eine in w0 stetige Funktion Δ, so dass f (w) − f (w0 ) = (w − w0 )Δ(w) und Δ(w0 ) = f (w0 ) ist. Mit w := z0 + t(z − z0 ) folgt dann: g(t) − g(t0 ) = f (w) − f (w0 ) = (t − t0 )(z − z0 )Δ(z0 + t(z − z0 )), also g(t) − g(t0 ) = (z − z0 )Δ(z0 + t(z − z0 )), t − t0 wobei die rechte Seite für t → t0 gegen gegen (z − z0 ) · f (w0 ) = 0 konvergiert. Also verschwindet die Ableitung von g auf dem ganzen Intervall [a, b], und g ist dort konstant. Daraus folgt, dass f (z) = g(1) = g(0) = f (z0 ) ist, also f konstant auf U . 1 Holomorphe Funktionen 28 Wir haben nachgewiesen, dass f lokal-konstant ist. Auf dem Gebiet G muss f dann auch global konstant sein. 1.2.8. Beispiele A. Weil z n − z0n = (z − z0 ) · n−1 z i z0n−i−1 ist, ist i=0 z n − z0n = lim z i z0n−i−1 = z0n−1 = n · z0n−1 . z→z0 z − z0 i=0 i=0 n−1 lim z→z0 n−1 Also ist tatsächlich überall (z n ) = n z n−1 . Auch hier zeigt sich der Vorteil, dass C ein Körper ist. B. Die komplexen Polynome p(z) = an z n +· · ·+a1 z +a0 sind auf ganz C komplex differenzierbar, die Ableitung gewinnt man in gewohnter Weise. C. Die Funktion f (z) = zz ist in z0 = 0 komplex differenzierbar, denn Δ(z) := z ist im Nullpunkt stetig, und es ist f (z) = f (0) + z · Δ(z). Die Punkte z = 0 werden wir später untersuchen. D. Rationale Funktionen sind auf ihrem ganzen Definitionsbereich komplex differenzierbar. Das gilt insbesondere für alle Möbius-Transformationen“. Eine ” (gebrochen) lineare Transformation oder Möbius-Transformation ist eine Abbildung der Gestalt T (z) := az + b , cz + d ad − bc = 0. Die Funktion T ist für alle z = −d/c definiert und stetig. Wir betrachten zwei Spezialfälle. 1. Fall: Ist c = 0, A := a/d und B := b/d, so ist T eine komplexe affin-lineare Funktion: T (z) = A · z + B. Da A eine komplexe Zahl ist, stellt die Abbildung z → A·z eine Drehstreckung dar. Die Abbildung w → w + B ist eine Translation der Ebene. 2. Fall: Die Abbildung I(z) := 1/z nennt man die Inversion. Sie ist auf C∗ := C \ {0} definiert und stetig. Bekanntlich ist 1 1 = · z̄. z z z̄ 1.2 Komplex differenzierbare Funktionen 29 Schreibt man z in der Form z = r · (cos t + i sin t), mit reellem r > 0 und t ∈ [0, 2π), so ist z z̄ = r2 und z̄ = r · (cos t − i sin t). Also gilt: |I(z)| = 1 |z| und arg(I(z)) = − arg(z) . Für z = r · (cos t + i sin t) bedeutet der Übergang r → 1/r eine Spiegelung am Einheitskreis, der Übergang t → −t eine Spiegelung an der x–Achse. sz 0 1 1 z s az + b eine beliebige Möbius-Transformation mit c = 0 und A := cz + d (bc − ad)/c und B := a/c, so ist Ist T (z) = A· (a(cz + d) + (bc − ad) 1 +B = cz + d c(cz + d) acz + ad + bc − ad az + b = = = T (z). c(cz + d) cz + d Also setzt sich T aus affin-linearen Funktionen und der Inversion zusammen. E. Sei f (z) = ∞ cn z n eine konvergente Potenzreihe mit Entwicklungspunkt 0 n=0 und Konvergenzradius R > 0. Behauptung: f ist in jedem Punkt z des Konvergenzkreises DR (0) komplex differenzierbar, und es gilt: f (z) = ∞ n · cn z n−1 . n=1 Beweis: Wir wissen schon, dass die formal gliedweise differenzierte Reihe ∞ n=1 n · cn z n−1 1 Holomorphe Funktionen 30 ebenfalls in DR (0) konvergiert. Daraus kann man leicht folgern, dass f im Nullpunkt differenzierbar und f (0) = c1 ist: Es ist f (z) − f (0) = z · ∞ cn z n−1 . n=1 Schwieriger wird es aber, wenn man die komplexe Differenzierbarkeit von f in einem beliebigen Punkt z0 des Konvergenzkreises DR (z0 ) zeigen will. Sei z0 ein solcher Punkt . Ist FN (z) die N -te Partialsumme von f (z), so ist FN (z) − FN (z0 ) = N cn (z n − z0n ) = (z − z0 ) · ΔN (z), n=1 mit ΔN (z) := N cn n=1 n−1 z i z0n−i−1 . i=0 Wir wählen ein r < R, so dass |z0 | < r ist. Für z ∈ Dr (0) gilt dann: n−1 n−1 cn z i z0n−i−1 ≤ |cn | · |z|i |z0 |n−i−1 ≤ |cn | · n · rn−1 . i=0 i=0 ∞ n · cn z n−1 in jedem Punkt z ∈ Dr (0) absolut konvergiert, ∞ ist insbesondere die reelle Reihe n|cn |rn−1 konvergent. Da die Reihe n=1 n=1 Nach dem Weierstraß-Kriterium konvergiert dann ΔN (z) gleichmäßig auf Dr (0) gegen die stetige Funktion Δ(z) := lim ΔN (z) = N →∞ ∞ n=1 cn n−1 z i z0n−i−1 (mit Δ(z0 ) = ∞ n · cn z0n−1 ). n=1 i=0 Aus der Gleichung FN (z) = FN (z0 )+(z−z0 )·ΔN (z) wird beim Grenzübergang N → ∞ die Gleichung f (z) = f (z0 ) + (z − z0 ) · Δ(z). Also ist f in z0 komplex differenzierbar und f (z0 ) = ∞ n · cn · z0n−1 . n=1 Potenzreihen mit beliebigem Entwicklungspunkt werden wir später behandeln. Die Reihen 1.2 Komplex differenzierbare Funktionen exp(z) := sin(z) := 31 ∞ zn n=0 ∞ n! , (−1)n z 2n+1 (2n + 1)! (−1)n z 2n . (2n)! n=0 und cos(z) := ∞ n=0 konvergieren auf ganz C und stellen dort komplex differenzierbare Funktionen (Exponentialfunktion, Sinus und Cosinus) dar. Auf R stimmen sie natürlich mit den bekannten Funktionen überein. Die Reihen können gliedweise differenziert werden. Deshalb gilt: exp (z) = exp(z), sin (z) = cos(z) und cos (z) = − sin(z). 1.2.9. Satz (Euler’sche Formel) Für t ∈ R ist exp( i t) = cos t + i sin t = U (t). Beweis: exp( i t). Man berechne Realteil und Imaginärteil der Reihenentwicklung von Auch die komplexe Exponentialfunktion erfüllt das 1.2.10. Additionstheorem Es ist exp(z + w) = exp(z) · exp(w) für alle z, w ∈ C. Beweis: Sei z0 ∈ C fest und f (z) := exp(z) · exp(z0 − z). Dann ist f (z) ≡ 0, also f (z) ≡ f (0) = exp(z0 ) konstant. Setzt man w := z0 − z, so ist z0 = z + w und exp(z + w) = f (z) = exp(z) · exp(w). 1.2.11. Folgerung (exp(z) = 0 auf C) Es ist exp(z) = 0 für alle z ∈ C und exp(z)−1 = exp(−z). Beweis: Es ist 1 = exp(0) = exp z + (−z) = exp(z) · exp(−z). Daraus folgen beide Behauptungen. 1.2.12. Folgerung (Periodizität der Exponentialfunktion) Es ist exp(z + 2π i ) = exp(z), für alle z ∈ C. 1 Holomorphe Funktionen 32 Beweis: Es ist exp(2π i ) = cos(2π) + i sin(2π) = 1, also exp(z + 2π i ) = exp(z) · exp(2π i ) = exp(z). Das ist alles! Die Exponentialfunktion ist also über C periodisch. Außerdem gilt für alle z ∈ C die Euler’sche Formel: exp( i z) = cos(z) + i sin(z) Beweis: Ersetzt man jeweils −1 durch i 2 , so erhält man cos z + i sin z = ∞ (−1)n n=0 = ∞ z 2n z 2n+1 +i (−1)n (2n)! (2n + 1)! n=0 ∞ ( i z)2n n=0 (2n)! + ∞ ( i z)2n+1 = exp( i z). (2n + 1)! n=0 Daraus folgen auch neue Relationen, z.B.: 1 cos(z) = (e i z + e− i z ) 2 und sin(z) = 1 iz (e − e− i z ). 2i Bemerkung: An Stelle von exp(z) schreibt man auch ez . Eine endgültige Rechtfertigung dafür liefern wir in Abschnitt 1.4. Insbesondere ist U (t) = e i t . Eine beliebige komplexe Zahl z = 0 kann deshalb auf eindeutige Weise in der Form z = r · e i t geschrieben werden, mit r > 0 und 0 ≤ t < 2π. Das ist die Polarkoordinaten-Darstellung in ihrer endgültigen Form. 1.2.13. Aufgaben A. Berechnen Sie √ √ 5 − 12 i und −24 + 10 i . B. Sei K ⊂ C kompakt und f : K → C stetig. Zeigen Sie, dass dann auch f (K) kompakt ist. Schließen Sie daraus, dass |f | auf K sein Maximum annimmt. C. Bestimmen Sie den Konvergenzradius der folgenden Potenzreihen: (a) P1 (z) := ∞ k z2 . k=0 (b) P2 (z) := ∞ n3 n=1 3n zn. 1.2 Komplex differenzierbare Funktionen (c) P3 (z) := ∞ 33 (−1)n 3n+1 nz 2n+1 . n=1 ∞ zn (d) P4 (z) := . nn n=1 D. Sei P (z) = ∞ an (z − z0 )n eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R. Zeigen n=0 ∞ an (z − z0 )n+1 den gleichen Konvergenzradius wie P Sie, dass Q(z) := n + 1 n=0 hat. E. Schreiben Sie f (z) := z 2 − 2z + 1 in der Form f (z) = f (z0 ) + (z − z0 )Δ(z), für z0 = 1 bzw. z0 = i , und zeigen Sie, dass Δ(z) für z → z0 gegen f (z0 ) konvergiert. F. Zeigen Sie, dass f (z) := zez und berechnen Sie f (0). 2 +1 + |z|2 in z = 0 komplex differenzierbar ist, G. Sei f in Dr (z0 ) komplex differenzierbar und f stetig. Zeigen Sie: Für alle Folgen (zn ) und (wn ) mit zn = wn und limn→∞ zn = limn→∞ wn = z0 ist lim n→∞ f (zn ) − f (wn ) = f (z0 ). zn − wn H. Zeigen Sie, dass f (z) := (z + 1)/(z − 1) die Menge C \ {1} holomorph und bijektiv auf sich abbildet, sowie D1 (0) auf {z ∈ C : Re(z) < 0}. I. Benutzen Sie die Reihenentwicklung der Exponentialfunktion, um zu zeigen: |exp z − 1| ≤ 2|z| für |z| ≤ 1 . 2 Folgern Sie daraus: Konvergiert eine Folge (fn ) von stetigen Funktionen auf einer kompakten Menge K ⊂ C gleichmäßig gegen die Funktion f , so konvergiert die Folge (exp ◦fn ) auf K gleichmäßig gegen exp ◦f . J. Beweisen Sie die Gleichungen sin2 z + cos2 z = 1 und sin(2z) = 2 sin z cos z. K. Zeigen Sie, dass sin(x + i y) = sin x cosh y + i cos x sinh y ist. L. Die komplexen hyperbolischen Funktionen werden definiert durch 1 sinh z := (ez − e−z ) 2 und 1 cosh z := (ez + e−z ). 2 Zeigen Sie, dass sinh z = − i sin( i z) und cosh z = cos( i z) ist.