Geschichte der Sozialen Arbeit

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Geschichte der
Sozialen Arbeit
Geschichte der
Sozialen Arbeit
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Warum Geschichte?
• Klärung der Frage: Was ist Soziale Arbeit?
• Entwicklung eines beruflichen Selbstverständnisses
• Verstehen der Gegenwart durch Geschichte
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Sozialen Arbeit
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Grundlegende Aspekte
• Soziale Arbeit umfasst „soziale Hilfe“ &
„soziale Disziplinierung“
• Soziale Arbeit auch als „soziale Disziplinierung“ zu
begreifen, bedeutet Verfremdung & gleichzeitig Selbstkritik
• Soziale Arbeit umfasst soziale Probleme, institutionelle
Antworten sowie Theorien, dieses Verhältnis beschreiben
und erklären
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Sozialen Arbeit
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Soziale Arbeit als Caritas (Mittelalter)
• Ständisch-feudale Gesellschaft im Mittelalter
• Soziale Not wird in bäuerlichen Großfamilien &
städtischen Zünften bewältigt
• Greift diese primäre Hilfe nicht, werden Almosen gegeben
• Almosen erfolgen durch Reiche, Kirche und Klöster
• Armut wird im Mittelalter als gottgewollt angesehen
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Sozialen Arbeit
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Soziale Arbeit als Caritas (Mittelalter)
• Selig sind die Armen (Lukas 6, 20)
• Reiche können durch Almosen Sündenerlass erreichen
(Thomas v. Aquin)
• Bettelei wird akzeptiert, Bettler bilden eigenen Stand
• Spenden werden planlos vergeben
• Es war nicht das Ziel, die Armut zu überwinden;
sie ist gottgewollt
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Soziale Arbeit als Sozialdisziplinierung
• Selig sind die Armen (Lukas 6, 20)
• Reiche können durch Almosen Sündenerlass erreichen
(Thomas v. Aquin)
• Bettelei wird akzeptiert, Bettler bilden eigenen Stand
• Spenden werden planlos vergeben
• Es war nicht das Ziel, die Armut zu überwinden;
sie ist gottgewollt
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Soziale Arbeit als Sozialdisziplinierung
• Armenfürsorge geht in kommunale Hand
• Von kirchlichen Trägern und Zünften in staatliche Hände
• Administration schiebt sich zwischen das Almosen,
die Zuwendung, und den Empfänger
• Almosen werden nun nach festgesetzten
Kriterien vergeben
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Soziale Arbeit als Sozialdisziplinierung
• Armut wird nicht mehr als gottgewollt angesehen,
sondern als individuelles Versagen
• Neue Sicht der Arbeit zu Beginn der Neuzeit (13/14 Jh.)
• Arbeit wird hoch angesehen; krasser Gegensatz
zu Antike & Mittelalter
• Armut wird nicht mehr als gottgewollt gesehen
• Stattdessen: selbstverschuldete Misere
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Soziale Arbeit als Sozialdisziplinierung
• Ab 17. Jh. legt man zunehmend Wert auf Erziehung &
Besserung der Armen (Pädagogisierung)
• Es entstehen Zucht- & Arbeitshäuser (z.B. 1555 Gründung
der Anstalt in Bridewell – bei London – als erste
Zwangsarbeitsanstalt mit erzieherischer Zwecksetzung)
•„Klientel“ dieser Anstalten sehr heterogen (Landstreicher,
Prostituierte, Verbrecher, Arme, Kranke, Irre, Witwen &
Waisen)
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Soziale Arbeit als Sozialdisziplinierung
• Arbeitszwang (Erziehung durch Arbeit) steht im Zentrum
• Pädagogisierung: Man versucht sozialer Probleme
(z.B. Armut) durch Änderung der betroffenen Menschen
(Gewöhnung an Arbeit) zu beseitigen
• Ab dem 18. Jh. kommt es schrittweise zu einer
Ausdifferenzierung in speziellere Institutionen
• Kinder/Jugendliche werden in Weisenhäusern untergebracht
(Entstehung einer ausdifferenzierten Jugendfürsorge)
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Soziale Arbeit als private Initiative
• Zu Beginn des 19. Jh. verlieren große Teile
der Bevölkerung ihren Lebensunterhalt
(Bauernbefreiung, Gewerbefreiheit)
• Massenelend, Massenarmut = Pauperismus
• In diesem Zusammenhang entstehen viele private Initiativen
• Arbeiterbewegung (Assoziationen, Produktionsgenossenschaften, Sterbekassen, Bildungsvereine)
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Soziale Arbeit als private Initiative
• Aus dem Kleinbürgertum (Rettungsvereine, evangelische
Jünglingsvereine, katholische Gesellenvereine, u.a. Kolping)
• Hier geht es um die Versittlichung der Armen
• Kleinbürgertum sieht sich durch wachsende
Arbeiterbewegung gefährdet; Intervention durch
Integration und Disziplinierung der Armen
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Soziale Arbeit als Beruf
• Ende des 19. Jh. starkes industrielles Wachstum
• Starkes Anwachsen der Bevölkerung
• Städtischer Bevölkerungszuzug aus ländlichen Gegenden
• Verelendung des Proletariats
• 1871 Reichsgründung: zunehmende staatliche Regulation
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Soziale Arbeit als Beruf
• Bismarcksche Sozialgesetzgebung (Meilenstein)
• Krankenversicherung (1883), Unfallversicherung (1884),
Invaliden- und Altersversicherungsgesetz (1889)
• Bisherige Fürsorge verändert sich grundlegend
• Im Zentrum steht nun nicht mehr materielle Sicherung
sondern individuell-psychische Problemlagen, auf die
pädagogisch-psychologisch reagiert wird
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Soziale Arbeit als Beruf
• Damit entsteht eine „doppelte Struktur“ von Versicherungsund Fürsorgesystem; Grundrisiken werden durch
Sozialversicherung abgedeckt
• In diesem Zusammenhang entsteht berufliche SA/SP
• Erst nach der Entkoppelung von materieller und
psycho-sozialer Hilfe entsteht ein klarer Bedarf nach
Professionalisierung
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Soziale Arbeit als Beruf
• Um auf den ausdifferenzierten Bedarf nach psycho-sozialen
Hilfen, die durch pädagogisch-psychologische Methoden erfolgen
sollen, zu regieren, bedarf es einer Ausbildung
• Einen Meilenstein bildet hier die Berliner Frauenschule (1908),
die von Alice Salomon (1872 – 1948) gegründet wurde
• Spätere Eröffnungen in Elberfeld (1910), Leipzig (1911),
Frankfurt/M. (1913), Köln (1915) usw.
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Soziale Arbeit als Beruf
• Ausbildung zur Sozialen Arbeit ist Frauensache
(soziale Mütterlichkeit)
• Mütterliches Prinzip aus dem privaten in den öffentlichen
Raum tragen (Salomon)
• Soziale Arbeit kein Universitätsstudium, sondern Ausbildung
• Aber: Chance für Frauen zur beruflichen Entwicklung
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Soziale Arbeit als Beruf
• Erste Curricula der Frauenschulen (Armenpflege, Hort,
Kindergarten, Krippen; Erziehungslehre; Grundlagen der
Wohlfahrtspflege; Volkswirtschaftslehre; erzieherische Haltung;
Ethik und Ideale
• Zentral: Soziale Diagnose
• In dieser Zeit (Ende 19. Jh.) entstehen neue Handlungsfelder
(Spezialisierung, Differenzeierung)
• Die Entwicklung folgt induktiv den neu entstehenden Notlagen
und Problemen
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Soziale Arbeit im Wohlfahrtsstaat
• Massennotstände nach dem 1. Weltkrieg (1914 – 1918)
•1918 Rechtsanspruch auf Erwerbslosenunterstützung
•1922 Reichsjugendwohlfahrtsgesetz
(Jugendamt als Erziehungsbehörde)
• Reformpädagogik
(gesellschaftl. Erneuerung; Überbrückung der Klassengegensätze)
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Soziale Arbeit im Wohlfahrtsstaat
• 1924 Fürsorgepflicht der Gemeinden
• Subsidiaritätsprinzip (Regelung des Verhältnisses zwischen
öffentlicher und freier Wohlfahrt)
• Gründung der „Liga der Wohlfahrtsverbände“ (Doppelstruktur)
• Zu dieser Zeit (20er Jahre) dominierte in der Sozialen Arbeit
noch eindeutig die bürokratische Tätigkeit (nur 20% der
Tätigkeiten waren pflegerisch-helfender Art)
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Soziale Arbeit im Wohlfahrtsstaat
• Ausbau des Sozialstaates in der Weimarer Republik;
Gründung der Jugend- & Wohlfahrtsämter auf kommunaler Ebene
• Die Psychoanalyse (Freud) beginnt Einfluss zu nehmen
auf die Soziale Arbeit (20er Jahre)
• Neben den Frauenschulen entstehen universitäre Lehrstühle
(diese werden von Philosophen/Pädagogen) besetzt
• Große Bedeutung der Jugendbewegung
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Soziale Arbeit im Wohlfahrtsstaat
•1933- 1945: Soziale Arbeit wird den Zielen des
Nationalsozialismus unterworfen
• Jugendorganisationen werden in Hitler-Jugend aufgenommen
• Freie Wohlfahrtspflege wird aufgehoben;
Überführung in NS-Institutionen
• Sozialdarwinistische Rassenideologie (Überlegenheit der Arier;
Soziale Selektion; Vernichtung lebensunwerten Lebens)
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Soziale Arbeit im Wohlfahrtsstaat
• Nach 1945 Anknüpfung an Zeit vor 1933
• Entnazifizierung
• Bewältigung des Nachkriegselends
• 1961: Rechtsanspruch auf Sozialhilfe
• Erweiterung der fachlichen Methoden
• Reimport aus den USA
• Reform der Ausbildung
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Soziale Arbeit im Wohlfahrtsstaat
• Ab 1971 FH-Ausbildung; vorher höhere Fachschule
• Seit 1969 Diplomstudiengang an Universitäten innerhalb
der Erziehungswissenschaft als Studienschwerpunkt
• 1990/91 JWG --- KJHG
• Ende der 60er Jahre: scharfe Kritik durch
Studentenbewegung (68er)
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Soziale Arbeit im Wohlfahrtsstaat
• Der Adressat ist ohnmächtiges Objekt
• Soziale Arbeit orientiert sich am status quo
• Sie ist Anpassung, Rückführung in Normalität
• Gesellschaft, die die Probleme produziert bleibt unangetastet
• Pädagogisierung sozialer Fragen
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Soziale Arbeit im Wohlfahrtsstaat
• Ab 80er: neue Professionalität
• Offenes dialogisches Verhältnis
• Klient als Subjekt achten
• Sozialpädagoge ist kein Techniker, Ingenieur,
der Klienten bearbeitet
• Dialog; Arbeit mit Klienten; Zustimmung des Klienten;
Setzung von Impulsen, die Klient selbst verarbeiten muss
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Der neue Begriff für unseren Beruf
• Wechsel der Begriffe in der Geschichte
• Armenfürsorge; Wohlfahrtspflege; Fürsorge;
Sozialarbeit/Sozialpädagogik
• Die Schrägstrichkonstruktion SA/SP (ab 70er Jahre) betonte,
dass sich Sozialarbeit und Sozialpädagogik zunehmend
überschneiden
• Jede pädagogische Arbeit ist von anderweitigen Hilfen
(z.B. Versorgung mit Wohnraum) begleitet
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Der neue Begriff für unseren Beruf
• Jede materielle Hilfe ist von pädagogischen Maßnahmen
begleitet; nur dann kann sie wirken
• Früher trennte man stärker; man ging insbesondere
davon aus, dass Erwachsene keiner Pädagogik bedürfen
• Der Begriff „Soziale Arbeit“ umfasst Sozialarbeit und
Sozialpädagogik; er bringt das Zusammenwachsen der
beiden Bereiche auf den Begriff
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Der neue Begriff für unseren Beruf
• Es ist schwierig, Soziale Arbeit zu definieren
• Was gehört dazu? Was gehört nicht mehr dazu?
• Jugendfreizeit; Drogenberatung; Training von Managern;
Erlebnispädagogik mit Verwaltungsbeamten
• Definition über Handlungsformen
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Der neue Begriff für unseren Beruf
• Soziale Arbeit als Beratung, Erziehung, Pflege, Fürsorge, Hilfe
• Aber: Es gibt Erziehung, die ist nicht Soziale Arbeit
(z.B. Schulunterricht) ist; Hilfe, die ist nicht Soziale Arbeit
(unter Freunden) ist
• Andere Definition: Einrichtungen und Dienstleistungen,
die über private Daseinsvorsorge hinausgehend
a) menschenwürdiges Dasein sichern
b) gegen Risiken und Notlagen (Arbeitsprozess, Lebenszyklus)
schützen sollen
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Der neue Begriff für unseren Beruf
• Soziale Arbeit ist gekennzeichnet durch widersprüchliche
Handlungsformen (Hilfe vs. Kontrolle); doppeltes Mandat
• Soziale Arbeit löst nicht nur Probleme, sondern produziert
auch Probleme (z.B. Unselbständigkeit)
• Soziale Arbeit muss auch in ihren unerwünschten
Nebenwirkungen gesehen werden (z.B. Stigmatisierung)
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Der neue Begriff für unseren Beruf
• Soziale Arbeit soll nach heutiger Auffassung nicht
nur ein Ghetto bilden (z.B. isolierte offene Jugendarbeit;
Beratung als Schonraum)
• Sie soll auch Einmischungsstrategien konzipieren
(Schulsozialarbeit, berufliche Bildung, GWA)
• SA verändert Schule und Ausbildung
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Der neue Begriff für unseren Beruf
• Querschnittspolitik
• KJHG 1 (3) [allgemein für Soziale Arbeit]
Jugendhilfe soll dazu beitragen, positive Lebensbedingungen
für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- u.
familienfreundlichen Umwelt zu erhalten oder zu schaffen
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