Psychologie des Lernens Klassische Konditionierung – Iwan P. Pawlow (1849-1936) Klassischer Konditionierung Instrumentelle Konditionierung Operante Konditionierung Kognitiver Behaviorismus Lernen am Modell Iwan P. Pawlow Iwan P. Pawlow - Literatur • Pavlov, Ivan P. (1927). Conditioned reflexes: An investigation of the physiological activity of the cerebral cortex (übers. v. G. V. Anrep). London: Oxford University Press • Yerkes, Robert M. & Morgulis, Sergius (1909). The method of Pawlow in animal psychology. Psychological Bulletin, 6, 257-273 • Pawlow war kein Psychologe, sondern Physiologe: – widmete sich anfänglich nicht den Gesetzen des Lernens; untersuchte gehirnphysiologische Prozesse im Zusammenhang mit bedingten Reflexen. – hatte Jahrzehnte Untersuchungen zum Kreislaufsystem und zu den Verdauungsdrüsen durchgeführt 'Psychische' Stimuli Iwan P. Pawlow • Pawlow war kein Psychologe (er untersuchte nicht das Lernen), sondern Physiologe • widmete sich anfänglich nicht den Gesetzen des Lernens, sondern wollte die gehirnphysiologische Prozesse, die im Zusammenhang mit den bedingten Reflexen (=erlernten Reflexen) standen, untersuchen • bevor sich Pawlow mit dem Problem des Lernens beschäftigte, hatte er lange Jahre Untersuchungen zum Kreislaufsystem und zu den Verdauungsdrüsen durchgeführt Iwan P. Pawlow • Pawlow war bereits über fünfzig Jahre alt, als er sich wissenschaftlich dem Thema der Konditionierung bzw. des Lernens befasste • während seines Studiums der Verdauungsdrüsen fiel seine Aufmerksamkeit auf die Frage, durch welche Reize diese Drüsen stimuliert werden können • Pawlow hatte beobachtet, dass die Aktivität der Verdauungsdrüsen nicht nur durch direkte Nahrungsaufnahme [physische Stimuli], sondern ebenso allein durch den Anblick und den Geruch ['psychische' Stimuli] der Nahrungsmittel hervorgerufen wurde • Als Pawlow die Verdauungsdrüsen studierte, fragte er sich, durch welche Reize diese Drüsen stimuliert werden können: – er hatte beobachtet, dass die Aktivität der Verdauungsdrüsen nicht nur durch physische Stimuli (direkte Nahrungsaufnahme), sondern ebenso durch 'psychische' Stimuli (den bloßen Anblick und den Geruch der Nahrungsmittel) hervorgerufen werden kann. Naturwissenschaftliche Methode • Pawlow untersuchte die 'psychische' Stimulation der Verdauungsdrüsen durch die Fernsinne: – nicht mittels der Methoden der damaligen Psychologie (Introspektion, Befragung, Interpretation) – sondern mit der 'objektiven' Herangehensweise des Naturwissenschaftlers (Experiment, Beobachtung, Messung) Reflexologie Assoziationsgesetze der Reflexe • Pawlow erforschte die Gesetzmäßigkeiten der Reflexe = Gesetze der Verknüpfung (Assoziation) – der Sinnesempfindung äußerer Gegenstände Konditionierte / unkonditionierte Reflexe • Pawlow nannte solche Verknüpfungen – konditionierte Reflexe (erlernt) – und unterschied diesen von unkonditionierten Reflexen (angeboren) und – der daraus resultierenden physiologischen Reaktionen (z. B. Sekretion der Speicheldrüsen) Koppelung von Reiz und Reaktion • Pawlow brachte erstmalig einen konditionierten Reflex hervor durch die mehrmalige zeitlich gekoppelte Darbietung – eines bedingten Reizes (z. B. den Anblick von trockenem Brot) – mit einem unbedingten Reiz (z. B. der Empfindung, trockenes Brot in den Mund zu haben) Klassische Konditionierung • Die Verknüpfung ... – – eines bedingten Reiz (z. B. Anblick von trockenem Brot) mit einer unbedingten Reaktion (z. B. Speichelfluss) … wird heute als klassische Konditionierung bezeichnet. Iwan P. Pawlow • Pawlow machte die Beobachtung, dass sich solche Verknüpfungen von bedingten Reizen und unbedingten Reaktionen auch unwillkürlich (ohne eine Absicht des Versuchstieres oder des Experimentators) zustande kommen • Pawlow führte in den folgenden Jahrzehnten unzählige Experimente durch, die der Problemstellungen gewidmet waren, wie diese Reiz-Reaktions-Assoziationen gebildet, beibehalten, beendet, verstärkte oder abgeschwächt werden können Nachweis der klassischen Konditionierung • Um die Konditionierung experimentell nachzuweisen, führte Pawlow 1905 einen Versuch durch, der zu den klassischen Experimenten der Psychologie gehört: – Pawlow fixierte einen Hund in einem besonderen Apparat, in dem die Menge des Speichelflusses als Reaktion auf bestimmte Reize gemessen werden kann Jahrzehnte der Forschung • Pawlow versuchte in unzähligen Experimente die Frage zu beantworten, auf welche Weise diese Reiz-ReaktionsVerknüpfungen gebildet, beibehalten, beendet, verstärkte oder abgeschwächt werden können 'Pawlowsche Hund' (1905): Nachweis der klassischen Konditionierung Grundbegriffe Literatur • Reflex = Reiz-Reaktion-Verknüpfung • Reiz = Stimulus • Yerkes, Robert M. & Morgulis, Sergius (1909). The method of Pawlow in animal psychology. Psychological Bulletin, 6, 257273 [zum 'Pawlowsche Hund' siehe insbesondere S. 262-267] • Response = Reaktion • US = unconditioned stimulus / unkonditionierter, unbedingter od. angeborener Stimulus • NS = neutral stimulus / neutraler Stimulus / Stimulus, der keine spezifische Reaktion auslöst • CS = conditioned stimulus / konditionierter, bedingter od. erlernter Stimulus • UR = unconditioned response / unkonditionierte, unbedingte od. angeborene Reaktion • CR = conditioned response / konditionierte, bedingte od. erlernte Reaktion Nachweis der klassischen Konditionierung (1) • Phase I: Kontrolle der Voraussetzungen – unkonditionierter Stimulus (US, Fleischpulver) löst unkonditionierte Reaktion (UR, Speichelfluss) aus – neutraler Stimulus (NS, Klingeln einer Glocke) löst nur Orientierungsreaktion (OR, Aufmerken des Hundes) aus Nachweis der klassischen Konditionierung • Phase I: Kontrolle der Voraussetzungen – – Dem Hund wurde ein unbedingter Reiz (US; Futter) präsentiert, woraufhin er den angeborenen Reflex (UR; Speichelfluss) zeigte. Auf das Läuten einer Glocke (NS) zeigte der Hund keinerlei Reaktion, außer einer gewissen Neugier. Nachweis der klassischen Konditionierung (2) Nachweis der klassischen Konditionierung • Phase II: Akquisition (Lernphase) • Phase II: Akquisition (Lernphase) – NS (Glocke) wird mit US (Fleischpulver) gekoppelt (gleichzeitig & NS zuerst) – nach mehreren derartigen Koppelungen wird NS zum konditionierten Stimulus (CS), der eine konditionierte Reaktion (CR) auslöst Nachweis der klassischen Konditionierung (3) • Phase III: Extinktion (Löschungsphase) – kein US (Fleischpulver) mehr – die ausschließliche Darbietung des CS (Glocke) löst CR (Speichelfluss) aus, die der UR ähnelt, aber von der Intensität her schwächer ausfällt – am Ende der Löschungsphase löst CS keine CR mehr aus – Pawlow kombinierte den NS mit dem US, worauf der Hund mit Speichelfluss reagierte (=> UR). – Der wichtige Punkt in diesem Experiment: Nach mehrmaligem Wiederholen dieser Reizpräsentation, reagiert der Hund schon auf das Glockenläuten mit Speichelfluss. Diese Reaktion nennt Pawlow bedingte Reaktion (CR). Nachweis der klassischen Konditionierung (4) • Phase IV: Spontanerholung – nochmalige Darbietung von CS (ohne US & nach einer längeren Pause) löst erneut CR aus. Zentrale Forschungsergebnisse Die Forschungsergebnisse von Pawlows Experiment(en) waren von zentraler Bedeutung für die Entwicklung des Behaviorismus und die Psychologie des Lernens Extinktion (2) Wird (nachdem die CR hervorgerufen wurde) der CS weiterhin ohne den US dargeboten, erlöscht der CR allmählich. Die Entstehung eines bedingten Reflexes (1) • Wenn ein US auftritt, muss auch ein UR auftreten. • Um eine CR zu erzeugen, müssen ein NS und der US mehrmals miteinander zeitlich gekoppelt dargeboten werden. • Nach dieser Koppelung kann der CS schließlich alleine dargeboten werden. Durch CS wird dann eine CR hervorrufen, die der UR ähnlich ist (= Nachweis der Konditionierung). Spontanerholung (3) Wird einige Zeit nach der Extinktion der CS wieder dargeboten, tritt die CR vorübergehend erneut auf. Konditionierung höherer Ordnung (4) • Ein CS kann mit einem zweiten CS gekoppelt werden, der nunmehr die CR auslöst: – Wird mehrmals ein NS1 (Glocke) kurz vor dem US (Fleischpulver) dargeboten wird, wird der NS1 zum CS1, der die CR (Speichelfluss) auslöst. – Dieser CS1 (Glocke) kann nun wiederum mit einem weiteren NS2 (Signalton) ohne die Darbietung des US (Fleischpulver) mehrmals zeitlich gekoppelt werden (R NS2 wird zum CS2). Der CS2 (Signalton) löst ohne die Darbietung des US und des CS1 die CR (Speichelfluss) aus. Konditionierung höherer Ordnung (4) • In diesem Beispiel diente das Fleischpulver als sogenannter primärer Verstärker, das Licht als sekundärer Verstärker und der Signalton als tertiärer Verstärker Diskriminierung (6) Generalisierung (5) • Reize, die dem CS ähnlich sind, lösen ebenso den CR aus. – – Nachdem beim kleinen Albert eine weiße Ratte (NR) mit einem furchteinflößenden Geräusch (US) zeitlich gekoppelt dargeboten wurde, rief die weiße Ratte (CS) bei Albert Furcht (CR) hervor. Als Albert nun andere Tiere und Gegenstände, die Ähnlichkeiten zu Ratten aufwiesen, dargeboten wurden, fürchtete er sich auch vor diesen. Alberts konditionierte Furcht vor Ratten hatte sich auf andere Tiere und Gegenstände generalisiert bzw. übertragen. • Nur die Reize, welche als CS ausgebildet und definiert wurden, lösen CR aus (= das Gegenteil zur Generalisierung) – Je öfter ein CS mit einem US gekoppelt worden ist, desto wahrscheinlich ist es, dass die CR nur durch diesen CS ausgelöst wird. – Durch Verstärkung während des Konditionierungsprozesses kann diese Wahrscheinlichkeit vergrößert und die Tendenz, dass die CS durch andere Reize ausgelöst wird, vermindert werden.