Das Volkstribunat der römischen Republik. Ein revolutionäres Amt

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Geschichte
Richard Albers
Das Volkstribunat der römischen Republik.
Ein revolutionäres Amt?
Essay
Das Volkstribunat der römischen Republik
Ein revolutionäres Amt?
Das Volkstribunat der römischen Republik
Ein revolutionäres Amt?
Nach Beendigung der Tyrannei des Monarchen Tarquinius Superbus schufen sich die Römer
eine Verfassung die aus einer Mischung von Monarchie, Aristokratie und Demokratie
bestand. Im Wesentlichen beruhte die römische Republik auf drei Institutionen: dem Rat, der
Volksversammlung und den Ämtern. Die direkte Führung des Staates wurde von zwei
Konsuln übernommen, die die meisten Vollmachten des Königs übernahmen. Führende
Persönlichkeiten und ehemalige Amtsträger bildeten den Senat. Des Weiteren gab es noch
verschiedene Magistrate wie etwa die Praetores oder die Quaestores. Ihre Aufgaben waren
beispielsweise das Gerichtswesen und die Statthalterschaft der Provinzen außerhalb Roms
(Praetores) oder sie waren Finanzbeamte und verwalteten verschiedene Kassen (Quaestores).
Alle Ämter wurden allerdings vornehmlich von Patriziern bekleidet. So war das
demokratische Element zu Beginn der Republik noch recht gering.
Dies änderte sich um 494 v. Chr., in der Zeit der Ständekämpfe. Nun gründeten die Plebejer
eine eigene Versammlung, das Volkstribunat wurde eingerichtet und zum 10. Dezember eines
jeden Jahres wurden 10 neue Volkstribunen in dieses Kollegium gewählt. Dies geschah mit
der Intention sich eine wirksame Institution gegen die immense Übermacht der patrizischen
Bevölkerung in den hohen Ämtern des Staates zu schaffen. Diese gegen den Staat gerichtete
und wohl als revolutionär anzusehende Gewalt war allerdings nicht ein Bestandteil der
öffentlichen Rechtsordnung. Vielmehr waren die Volkstribune „Beamte für die Plebs“. Sie
waren Sprachführer und gleichzeitig oberste Behörde. Doch da sie wie gesagt ein quasi
„illegales Amt“ bekleideten und ihre Aktionen somit nicht rechtlich abgesichert waren,
mussten sie irgendwie vor Angriffen geschützt werden. Zur Lösung dieses Problems wurden
sie von den Plebejern für sacrosanctus (unverletzlich) erklärt und mit einem religiösen Tabu
belegt. Dies alles war unerlässlich für ihre eigentliche Aufgabe: den Schutz der Plebs bei
Übergriffen der ordentlichen Magistrate, das auxillium. Der Tribun stellte sich in einer
solchen Situation mit seiner von religiösem Tabu belegten Person zwischen den
Hilfesuchenden und seinem Gegner. Ein Magistrat, der einen Volkstribun, welcher sich ihm
in den Weg stellte (intercessio), um einen Plebejer zu schützen, missachtete, konnte als
„Sakralverbrecher“ von der Masse der Plebejer abgeurteilt oder sogar getötet werden. Da
allerdings, wie oben bereits angesprochen, die Volkstribune noch nicht de iure legalisiert
worden waren, konnte dies alles nur effektiv geschehen, wenn die Plebs ihnen auch bei- und
vor allem hinter ihnen standen. Es war nämlich nicht möglich der ordentlichen Magistratur
etwa Befehle zu erteilen. Die einzige Möglichkeit die Patrizier und ihre Politik zu
beeinflussen oder zu lenken, bestand darin den politischen Apparat oder das gesellschaftliche
Leben lahm zu legen, was durch Streiks, Massenaufläufe oder ähnliches geschah. Des
Weiteren hatten sie das ius intercessionis, das Recht gegen Maßnahmen einzelner Magistrate
oder auch gegen Beschlüsse des ganzen Senates Einspruch zu erheben (Interzessionsrecht).
Zum Ende der Ständekämpfe änderte sich der Charakter des Tribunats und der
Versammlungen der Plebs– grundsätzlich. Durch das Hortensische Gesetz, die lex Hortensia,
aus dem Jahre 287 v. Chr. schließlich wurde das Volkstribunat in die bestehenden
Magistraturen eingegliedert, die Versammlungen wurden als ordentliche
Volksversammlungen anerkannt. Die vornehmeren und einflussreichen Plebejer wurden nun
in die Führungsschicht des Staates aufgenommen. Die Tribune bekamen durch ihre
Legalisierung aber auch vollkommen neue Rechte. So konnten sie nun beispielsweise sogar
den höchsten Beamten verbieten den Senat einzuberufen oder den Beschluss eines für das
ganze Volk gültigen Gesetzes untersagen. Des Weiteren wurde ihr Interzessionsrecht auf
Senatsbeschlüsse ausgeweitet, die sie nun ablehnen konnten wenn diese nicht im Interesse des
Volkes waren. Auch die von ihnen verfassten Volksbeschlüsse (plebiscite) hatten volle
Gesetzeskraft. Somit wurden ab sofort alle wichtigen Gesetzesanträge als Plebiscite
eingebracht. So war es den Tribunen möglich in alle Bereiche der Politik regelnd und sogar
lenkend eingreifen. Im Fall von Divergenzen Zwischen Senat und Volkstribunen waren sie
durch die lex Hortensia den Senatsbeschlüssen sogar rechtlich überlegen. So war es nun
theoretisch möglich eigene Gesetze auch gegen den Willen des Senates einzubringen. Dies
hatte zur Folge, dass der Senat ein starkes Interesse daran hatte, vorher mit den Tribunen in
Verhandlungen zu treten. Zusätzlich beanspruchten sie das Recht für sich, Prozesse wegen
schwerer Schädigung des Staatsinteresses (perduellio) oder der Würde des römischen Volkes
(maiestas) vor die Volksversammlung zu bringen (Perduellionsprozeß). In diesen Prozessen
wurden Beamte, die sich schwerer Verstöße gegen das Volk während ihrer Amtszeit zu
Schulden hatten kommen lassen, zur Rechenschaft gezogen. Den Tribunen wurde jetzt auch
das ehemals nur patrizische Recht zugesprochen Auspizien zu veranstalten. Sie wurden nun
Schritt für Schritt zu Senatssitzungen zugelassen. Seit dem 2. Punischen Krieg war es ihnen
sogar erlaubt selbst Senatssitzungen einzuberufen.
Die Volkstribune erlangten nun also immer mehr Rechte und Befugnisse. Es scheint also als
sei das Volkstribunat die oberste Behörde der Stadt. Somit ließe sich die Schlussfolgerung
ziehen, sie hätten auch die größte Macht in der Stadt und könnten regieren. Doch dem war
nicht so, denn Tribune konnten den Konsuln zwar verbieten, nicht aber sein Amt übernehmen.
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