Max-Buchner Forschungsstiftung Kennziffer 2561: Ionische Fluide als Extraktionsmedium Abschlussbericht Dipl.-Ing. D. Naydenov Kaiserslautern, Unterschrift Zielsetzung Gesamtziel des Forschungsprojektes ist es, Konzepte für die Bereitstellung von thermophysikalischen und thermochemischen Eigenschaften, die bei typischen Reaktionsund extraktiven Aufarbeitungsverfahren mit ionischen Fluiden (IF) als Hilfsstoffe benötigt werden, zu entwickeln und diese Konzepte an technisch relevanten Beispielen zu erproben. Die vorgesehenen Arbeiten beinhalten einerseits experimentelle Untersuchungen zum Reaktionsgleichgewicht und zur Aufarbeitung sowohl der Produkte als auch der nicht umgesetzten Einsatzstoffe und andererseits Arbeiten zur Entwicklung entsprechender verfahrenstechnischer Modelle, die für eine computergestützte Verfahrensentwicklung benötigt werden. Es sollen folgende Untersuchungen durchgeführt werden: - Experimentelle Untersuchungen zum Reaktionsgleichgewicht und zur Reaktionskinetik in IF. - Experimentelle Untersuchungen zum Phasengleichgewicht bei der Aufarbeitung der Reaktionslösungen. - Entwicklung thermodynamisch konsistenter Ansätze zur Beschreibung des Systemverhaltens. Als Modellreaktion sollen Veresterungen in ionischen Flüssigkeiten untersucht werden. Systemauswahl Aufgrund der hohen Preise (ca. 300-500€/kg) und der in der Regel niedrigen Reinheiten (oft nur 95%), sowie der (relativ) begrenzten Zahl der kommerziell erhältlichen Produkte gestaltet sich die Auswahl von für obige Zwecke geeigneten ionischen Flüssigkeiten schwierig. Die meisten der in der Literatur beschriebenen IL, die als Katalysator oder Reaktionsmedium für Veresterungen verwendet wurden, waren entweder Brønsted- oder Lewis-Säuren, meistens mit einem sauren Anion wie z.B. HSO4- oder H2PO4- [1-8]. Mit wenigen Ausnahmen waren die verwendeten IL mischbar mit Wasser und nichtmischbar mit dem entsprechenden Ester. In einigen Fällen waren die verwendeten ionischen Flüssigkeiten zum ersten Mal überhaupt synthetisiert [4] und beschrieben worden (z.B. 1-(4-Sulfonsäure) butyl-3-methylimidazolium-hydrogensulfat) und werden im Prinzip immer noch nicht kommerziell angeboten. IL auf Basis von Cholinchlorid, wurden in der Anfangsphase untersucht aber dann wegen der extremen Viskosität verworfen. Einer der Synthesewege zur Herstellung von IL ist die Neutralisation von organischen Basen (Aminen) mit Säuren. Durch Neutralisation wurden Salze von Trioctylamin mit H2SO4 und HCl hergestellt, aber sie wurden dann als ungeeignet für weitere Versuche eingestuft. Als vielversprechende Alternative wurden die Salze von 1Methylimidazol (MIM) betrachtet. Am interessantesten erwies sich [HMIM][HSO4], die durch den sauren Anion auch als Katalysator für Veresterungen geeignet sein kann. Dieses organische Salz wird kommerziell von der Fa. BASF angeboten, es hat eine Schmelztemperatur von 39°C, kann aber (wie viele andere IF) bei niedrigeren Temperaturen als unterkühlte Flüssigkeit existieren. Die IF wurde durch Neutralisation von stöchiometrischen Mengen MIM (≥99%) und H2SO4 (p.A.) in Wasser hergestellt. Das so erhaltene Gemisch wurde dann mehrere Tage unter Vakuum behandelt, um das Wasser und eventuell vorhandene flüchtige Verunreinigungen zu entfernen. Auf ähnliche Weise wurden auch Salze mit HCl und HNO3 hergestellt. Von der Fa. BASF wurden die ionischen Flüssigkeiten [EMIM][HSO4] und [BMIM][HSO4] bereitgestellt. Versuche - Katalyse Um zu testen, ob sich die hergestellten IF als Katalysator für Veresterungen eignen, wurden einfache Vorversuche durchgeführt. Als Reaktionsgefäß wurde ein Dreihalskolben, ausgerüstet mit einem Rührer, benutzt. Der Kolben befindet sich in einem Wasserbad, dessen Temperatur um ±0,1K genau eingestellt werden kann. Bild 1 : Versuchsapparatur 6 [HMIM][HSO4] 5 4 Water, wt.-% [HMIM][Cl] 3 [HMIM][NO3] 2 Choline chloride /2ZnCl2 1 0 0 100 t, min 200 300 Bild 2: Veresterung von 1-Propanol mit Essigsäure mit unterschiedlichen IF als Katalysator Die Versuche verliefen wie folgt: stöchiometrische Mengen von 1-Propanol und Essigsäure wurden mit großen Mengen – etwa 30 ma.-% der untersuchten IF vermischt und im Dreihalskolben platziert. Das Gemisch wurde intensiv gerührt und in regelmäßigen Abständen wurden Proben genommen, die dann mit Karl-Fischer-Titration analysiert wurden. Wenn die Reaktion lange genug verlief und sich genug Ester gebildet hat, wurde eine Phasentrennung beobachtet. Die obere Phase enthielt größtenteils Ester, während die untere hauptsächlich IF und Wasser enthielt. Die Ergebnisse sind in Bild 2 dargestellt. Die IF [HMIM][HSO4] und [Cholinchlorid].2ZnCl2 zeigten wie erwartet katalytische Eigenschaften. Die Reaktion wurde durch [HMIM][Cl] und [HMIM][NO3] nicht beschleunigt. Versuche - Reaktionsgleichgewichte In der Literatur finden sich Beispiele, wo ionische Flüssigkeiten als Katalysator und Reaktionsmedium für Veresterungen verwendet werden [1-8]. In einigen Fällen wurde eine Umsatzverschiebung erreicht, In einzelnen Fällen laut Literaturangaben sogar praktisch vollständige Umsetzung der Edukte [3,4]. Beispiele dafür sind die Veresterung von 1-Butanol mit Essigsäure in [HMIM][BF4] (Umsatz 97%) und Ethanol+Essigsäure in 1-(4-Sulfonsäure) butylpyridinium-hydrogensulfat (Umsatz 77.8-99% je nach Reaktionstemperatur und Menge der eingesetzten IF). Nach Ablauf der Reaktion wurden die Ester einfach durch Dekantieren von der IF-Phase rein gewonnen. Die IF konnten dann durch Trocknen im Vakuum vom Wasser getrennt und wiederverwendet werden. Zu Beginn der experimentellen Untersuchungen wurde der Schwerpunkt der Arbeiten auf Gleichgewichtsbetrachtungen gelegt. Es wurden Veresterungen von verschiedenen Alkoholen mit Essigsäure in ionischen Flüssigkeiten untersucht. In Versuchen mit konz. Schwefelsäure als Katalysator wurden zuerst die Gleichgewichtsumsätze der Reaktionen ermittelt und mit Literaturdaten verglichen. Laut Literaturangaben sind die Reaktionen leicht endotherm (Propylacetat) oder leicht exotherm (Methylacetat, Ethylacetat), so dass die Temperatur keinen (signifikanten) Einfluss auf das Gleichgewicht hat. Nach Ablauf der Reaktion liegen, wie schon beschrieben, meistens 2 Phasen vor. Eine leichtere, organische, die größtenteils Ester enthält und eine schwerere ionische Phase. Produkte und Edukte verteilen sich zwischen den beiden Phasen. Die Wasserkonzentrationen in den beiden Phasen wurden mit Karl-Fischer-Titration gemessen und aus der Stöchiometrie der Reaktion der Umsatz berechnet. Die Veresterung mehrerer Alkohole (Methanol, Ethanol und 1-Propanol) mit Essigsäure in den IF [HMIM][HSO4], [EMIM][HSO4] und [BMIM][HSO4] wurde untersucht. Die Versuche wurden mit stöchiometrischen Mengen an Alkohol und Essigsäure durchgeführt, dazu wurde IF zugegeben, die meistens etwa 30-35 ma.-% des Gesamtgemisches ausmachte. Als Reaktionstemperaturen für die Herstellung von Methylacetat, Ethylacetat und Propylacetat wurden 40, 60 und 80°C gewählt. Diese Temperaturen liegen unter der jeweiligen Siedetemperatur des Esters. Tabelle 1: Gleichgewichtsumsätze der Veresterung a [HMIM][HSO4] [EMIM][HSO4] [BMIM][HSO4] Methylacetat, 40°C 65% 73% -a Ethylacetat, 60°C 69-70% 74-75% 69-70%b Propylacetat, 80°C 65-83% 66% -homogen bei Raumtemperatur -homogen bei 60°C, heterogen bei Raumtemperatur b Veresterungen mit der ionischen Flüssigkeit [HMIM][BF4], wie sie in [3] beschrieben sind, wurden durchgerührt. Dieses Salz wurde zuerst als ungeeignet gesehen, wegen der hohen Schmelztemperatur von 52°C. Außerdem sind die in [3] gewählten Versuchstemperaturen ziemlich hoch, etwa 110°C, was Phasengleichgewichtsmessungen erschwert. Mit dieser leicht herzustellenden IF wurden laut Literatur hohe Umsätze in mehreren Fällen erreicht. Leider konnten wir den Versuch nicht reproduzieren, wir erreichten keine vollständige Umsetzung der Edukte. Versuche – ternäre flüssig-flüssig Gleichgewichte In keiner der zitierten Literaturquellen wurde besprochen, wie die ionischen Flüssigkeiten ausgewählt wurden/werden können, um einen hohen Umsatz zu erzielen. Es ist zu vermuten, dass neben den katalytischen Eigenschaften auch das Flüssig-FlüssigGleichgewicht eine entscheidende Rolle spielt. Leider ist wenig über das Phasenverhalten von den in der Literatur untersuchten Systemen bekannt. Die Autoren berichten in den meisten Fällen nur, dass Ester und IF nicht mischbar waren, und dass nach Ablauf der Reaktion das Wasser in der ionischen Phase vorliegt. Auch ist es bekannt, dass das Ausgangsgemisch aus Reaktanden und IF homogen war und erst später sich eine zweite Phase gebildet hat. Es ist klar, dass in solchen Fällen die Nichtmischbarkeit eines der Produkte (oder beider Produkte) mit der ionischen Phase und die gute Löslichkeit der Edukte in der Katalysatorphase (IF) Voraussetzung für eine Umsatzverschiebung ist. Leider sind die publizierten Ergebnisse nicht sehr umfangreich und reichen für eine systematische Entwicklung von Reaktivextraktionsprozessen nicht aus. Zum einen ist es nicht klar, nach welchen Kriterien die Autoren die IF und die Reaktionen ausgewählt haben, zum anderen mangelt es an systematischen Untersuchungen der Phasengleichgewichte von Systemen mit IF und Edukten/Produkten dieser Reaktionen. Ternäre flüssig-flüssig Gleichgewichte für Systeme mit sauren IF ([HMIM][HSO4], [EMIM][HSO4], [BMIM][HSO4]) + Ethylacetat + Ethanol/Essigsäure sind von uns bei 40 °C vermessen worden [9]. Folgende Chemikalien wurden während der Versuche verwendet: Ethylacetat (99,5%), Ethanol (99,8%), Essigsäure (99,8%), [HMIM][HSO4] (98%), [EMIM][HSO4] (98,5%), [BMIM][HSO4] (97%). Die Binodalkurve wurde durch Trübungstitration bestimmt. Um die Lage der Konoden zu bestimmen, wurde der Zusammenhang zwischen Dichte der Probe und der Massenanteil der entsprechenden Komponente durch ein Polynom beschrieben (alle Proben entlang der Binodalkurve). Es wurden Proben, liegend im Zweiphasengebiet vorbereitet, und im Schüttelbad bei 40°C gelassen, bis sich Gleichgewicht einstellt. Die Dichten der zwei Phasen wurden mit einem AntonPaar DMA55 –Dichtemessgerät bestimmt und mit Hilfe des Regressionspolynoms die Massenanteile der Komponenten berechnet. Die Diagramme für die HMIM – und EMIM – Systeme sind in Bild 3 bis 6 zu finden, weitere Diagramme und nähere Beschreibung der Versuche sind in [9] zu finden. Bild 3. LLE für Ethylacetat (1) + Ethanol (2) + [HMIM][HSO4] (3) bei 313 K. Bild 4. LLE für Ethylacetat (1) + Essigsäure (2) + [HMIM][HSO4] (3) bei 313 K Bild 5. LLE für Ethylacetat (1) + Ethanol (2) + [EMIM][HSO4] (3) bei 313 K. Bild 6. LLE für Ethylacetat (1) + Essigsäure (2) + [EMIM][HSO4] (3) bei 313 K. Alle untersuchten Systeme wiesen eine Nichtmischbarkeit von Ester und IF auf. Wenn man die Diagramme vergleicht, wird der Einfluss der Ionischen Flüssigkeit offensichtlich. Mit steigender Alkylkettenlänge werden die Mischungslücken kleiner, d.h. die gegenseitige Löslichkeit von Ester und IF verbessert sich. Interessanterweise sind die Mischungslücken für Ethanol und Essigsäure (Ethansäure) etwa gleich groß. Als grobe Schätzung kann man also annehmen, dass Alkohole und Säuren mit der gleichen Anzahl der Kohlenstoffatome etwa gleich große Mischungslücken aufweisen. Während bei den HMIM-Systemen alle Edukte besser löslich in der organischen Phase sind, sind sie alle besser löslich in der ionischen Phase für die BMIM–Systeme. Die EMIM-Systeme liegen dazwischen: Ethanol ist besser löslich in der organischen Phase und Essigsäure besser in der ionischen Phase. In allen Fällen ist die Löslichkeit von Ethanol in der organischen Phase etwas besser als die von Essigsäure. Zusammenfassung und Ausblick Zur Durchführung von Experimenten wurden IF gewählt, die bestimmte Kriterien erfüllten. Bei den meisten Veresterungen in der Literatur wurden saure IF als Katalysator verwendet, deshalb wurden hauptsächlich IF mit einem sauren Anion wie Hydrogensulfat bevorzugt. Bei der Auswahl spielten auch Kriterien, wie niedrige Schmelztemperatur, hohe Dichte, leichte und billige Synthese sowie Verfügbarkeit eine Rolle. Unter mehreren Möglichkeiten haben sich die ionischen Flüssigkeiten [HMIM][HSO4], [EMIM][HSO4] und [BMIM][HSO4] als am besten geeignet für die geplanten Experimente erwiesen. Die erste IF wurde durch einfache Neutralisation synthetisiert, die anderen wurden von der Fa. BASF bereitgestellt. Mit den gewählten IF wurden Versuche durchgeführt, die zum Ziel hatten, den Gleichgewichtsumsatz von Veresterungsreaktionen (Herstellung von Methylacetat, Ethylacetat, Propylacetat) zu vermessen. Nur für das System Ethanol+Essigsäure in [EMIM][HSO4] bei einer Temperatur von 60°C wurde eine leichte Verschiebung des Reaktionsgleichgewichtes erreicht. Wie sich gezeigt hat, war die gewählte Vorgehensweise, Screening nach einer Kombination aus Veresterungsreaktion und IF, bei der hohe Umsätze erreicht werden, nicht zielführend. Es wurden daher systematische Untersuchungen der Phasengleichgewichte in Systemen mit Edukten/Produkten einer Veresterungsreaktion durchgeführt. Danksagung Wir danken der Max-Buchner Forschungsstiftung für ihre Unterstützung. Literatur [1] Deng,Y.; Shi,F.; Beng,J.; Qiao,K.; Ionic liquid as a green reaction medium for esterifications; J.Mol.Cat. 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