VO Farbe Kap.10, Vs.13 10 Licht- und Strahlungseinheiten Um Licht bzw. Farbe messen zu können, werden physikalische Einheiten benötigt. Dieses Kapitel behandelt radiometrische und photometrische Einheiten sowie Materialeigenschaften. Mit radiometrisch werden Einheiten bezeichnet, die sich auf die gesamte elektromagnetische Strahlung beziehen, mit photometrisch die Einheiten, die sich nur auf die sichtbaren Anteile dieser Strahlung beziehen (also auf das Licht). Es muss aber auch erwähnt werden, dass die Begriffe, Bezeichnungen und Notationen in der Literatur und in der Praxis oft uneinheitlich sind, teilweise inkonsistent und verwirrend. 1. Radiometrische Einheiten Radiometrische Einheiten messen die gesamte elektromagnetische Strahlung (inkl. UV, IR). Der Strahlungsfluss (radiant flux) wird auch Strahlungsleistung (radiant power) genannt und ist das Energiemaß der gesamten elektromagnetischen Strahlung pro Zeiteinheit, dies ist die Energie(-menge), die von einem Punkt zu einem anderen fließt. Notation: Φe Φe = dQ / dt (Strahlungsenergie pro Zeiteinheit) Einheit: [W] (Watt) Der Strahlungsfluss eines Lichtstrahles inkludiert also auch nicht-sichtbare Strahlung wie Infrarot und UV. Die Einstrahlung (irradiance), auch Bestrahlungsstärke genannt, gibt an, wie viel Strahlung auf eine Oberflächeneinheit fällt. Notation: E E Einheit: [W / m2] Strahlungsfluss de Fläche dA Die spektrale Einstrahlung (spectral irradiance) ist die Einstrahlung pro Wellenlänge (bzw. in der Praxis pro kleines Längenwellenintervall), d.h. die Einstrahlung der Wellenlänge λ. Notation: E(λ) Es gilt also: E E ( )d 0 Einschub: Steradiant sr (steradian) ist die Einheit für den Raumwinkel. Ein sr ist der Raumwinkel, den eine Fläche der Größe 1 auf der Einheitskugel bewirkt. Da die Kugeloberfläche 4πr² ist, beträgt der gesamte Raumwinkel somit 4π sr . Notation: sr Der Steradiant ist eine dimensionslose Größe und wird benötigt, um für den Raumwinkel in Formeln eine Einheit zu haben. Einschub: Das Lambert'sche Gesetz besagt, wenn Licht auf eine Oberfläche mit einem bestimmten Winkel eintrifft, dann ist der Wirkungsgrad proportional zum Cosinus des Winkels zwischen Lichteinfall und der Oberflächennormalen. Daher ist der Einfluss auf einer Fläche oder auch von einer Fläche proportional zum Cosinus zwischen Lichtrichtung und der Oberflächennormale. Seite 39 VO Farbe Kap.10, Vs.13 Die Abstrahlung von einer Oberfläche (radiance), auch Strahldichte genannt, beschreibt den gesamten Strahlungsfluss für alle Wellenlängen pro Steradiant und pro Oberflächeneinheit. Notation: L Einheit: [Watt / m2 / sr] d 2 e 1 Strahlungsfluss _ pro _ Steradiant L wahrgenommene _ Fläche cos dAd Die spektrale Abstrahlung (spectral radiance) ist die Abstrahlung pro Wellenlängen-Intervall. Notation: L(λ) Es gilt also: L L d 0 2. Photometrische Einheiten Photometrische Einheiten messen die sichtbare elektromagnetische Strahlung (also ohne UV, IR …) Der Lichtfluss (luminous flux) (auch Leuchtleistung oder Lichtstrom) ist das Maß für die sichtbare elektromagnetische Strahlung pro Zeiteinheit. Der Lichtfluss berücksichtigt die wellenlängenabhängige Empfindlichkeit des menschlichen Auges. Notation: Φv Einheit: Lumen [lm] Die Leuchtdichte (luminance) ist das Maß für den gesamten abgestrahlten Lichtfluss in eine bestimmte Richtung (Raumwinkel) pro wahrgenommener Flächeneinheit und der dadurch aus dieser Richtung sichtbar ist. Notation: Lv Einheit: keine eigene Einheit (wird manchmal Nit genannt); [cd / m²] = Candela pro m2 Lv d 2v 1 Lichtfluss _ pro _ Steradiant wahrgenommene _ Fläche cos dAd Die spektrale Leuchtdichte (spectral luminance) ist die Leuchtdichte pro Wellenlängen-Intervall. Notation: Lv(λ) Der Zusammenhang mit der Leuchtdichte ist: Lv Lv d 0 Candela, Lumen, Lux Candela (cd = lm / sr) ist das Maß für Leucht-Intensität (in eine Richtung). Ursprünglich galt die Helligkeit einer Kerze als Candela, doch später wurde exakter die Helligkeit, die eine monochrome Lichtquelle mit 540 THz (555 nm in Luft) mit 1/683 W/sr abstrahlt, als ein Candela definiert. 1 Candela entspricht der Emission von 1 cm2 Platin am Schmelzpunkt (2041,4 K). In der Abbildung gibt die braune Kurve die cd an. Lumen (lm = cd · sr) ist das Maß für Lichtfluss (aus einer Quelle) und gibt an, wie viel Licht eine Lampe insgesamt ausstrahlt, ist also ein Wert pro Lampe. In der Abbildung ist dieser zur gelben Fläche proportional. Seite 40 VO Farbe Kap.10, Vs.13 Lux (lx = lm / m2) ist das Maß für Beleuchtung, misst das Licht, das auf eine Einheitsfläche trifft. In der Abbildung entspricht das der grünen Fläche. Lichtausbeute und Wirkungsgrad Die Lichtausbeute (luminous efficacy) beschreibt, wie viel Licht eine Lampe aus einem Watt Energiezufuhr erzeugen kann, also „wie viel Lumen Licht bekomme ich aus 1 Watt Strom?“. Notation: η Einheit: [lm / W] η = Φv / Φe Eng verwandt damit ist der Begriff des Wirkungsgrades (luminous efficiency), der das Verhältnis von Leuchtleistung zur gesamten Abstrahlung angibt: „wie viel Prozent der abgestrahlten Energie sieht man?“ oder auch (weil die gesamte zugeführte Energie letztlich wieder abgestrahlt wird) „wie viel Prozent der aufgenommenen Energie werden in Licht umgewandelt?“. Notation: ηL Einheit: dimensionslos (%) ηL ist das Verhältnis der Strahlungsleistung in einem “Idealspektrum” zur Verbrauchsleistung. Die relative spektrale Lichtausbeute ist das Verhältnis von spektraler Leuchtdichte (spectral luminance) zur spektralen Abstrahlung (spectral radiance). Wenn man eine bestimmte Wellenlänge herausgreift, dann hängt dieses Verhältnis ausschließlich von der Wirkung dieser Strahlung auf das Auge ab, ist also unabhängig von der jeweiligen Abstrahlung (doppelt so hohe Abstrahlung bewirkt doppelt so viel Licht). Also ist diese gesamte Kurve unabhängig von der jeweiligen Abstrahlung und hängt nur vom menschlichen Auge ab. Wenn man diese Kurve nun durch ihren maximalen Wert dividiert (der bei 555 nm 683 lm/W beträgt), dann erhält man die Helligkeitssensitivitätskurve des Auges (luminous sensitivity function) (siehe Abb.). Notation: V(λ) Entsprechend des für den Menschen visuell wahrnehmbaren Bereiches der elektromagnetischen Strahlung gilt daher: λ < 400 nm: 0 Ausbeute, V(λ)=0 λ = 555 nm: max. Ausbeute, höchste Empfindlichkeit, V(λ)=1 λ > 780 nm: 0 Ausbeute, V(λ)=0 Gemäß Definition produziert ein Strahlungsfluss von 1W bei 555 nm genau 683 lm. Die spektrale Lichtausbeute einer Lichtquelle mit einer Wellenlänge λ ist daher 683·V(λ) lm/W. Die Lichtausbeute einer polychromatischen Lichtquelle ergibt sich dann als Summe (Integral) über alle Wellenlängen: Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass diese Betrachtungen alle für photopische Verhältnisse gelten, also für ein an Helligkeit angepasstes Auge in einer hellen Umgebung. In skotopischen Verhältnissen, also für ein an Dunkelheit angepasstes Auge in einer dunklen Umgebung, verändert sich die menschliche Wahrnehmung deutlich zum Blauen hin, so dass die relative spektrale Lichtausbeute eine andere Form hat (im Wesentlichen wird die Glocke um etwa 50 nm nach links verschoben). Seite 41 VO Farbe Kap.10, Vs.13 Die Leuchtwirkung (brightness), ist die subjektiv empfundene Helligkeit und Wirkung des Lichts. Dieser Begriff unterscheidet sich von der tatsächlichen Helligkeit (Lichtfluss) oft stark in Abhängigkeit der Beobachtungsbedingungen, man denke an diverse optische Täuschungen oder an den MachBand-Effekt (Abb. rechts, wo jeder Streifen zwar konstante Helligkeit hat, aber nicht konstante Leuchtwirkung). 3. Materialeigenschaften Die Reflexion (reflectance) ρ̄ eines diffusen Objektes ist das Verhältnis von Abstrahlung (gesamter reflektierter Strahlungsfluss in alle Richtungen) und Einstrahlung (gesamter einfallender Strahlungsfluss auf dem Objekt). Jedes Objekt absorbiert Licht, daher gilt 0 < ρ̄ < 1. Die spektrale Reflexion (spectral reflectance) ρ(λ) ist die Reflexion pro Wellenlänge. d 0 Die spektrale Reflexionskurve (auch Reflexionsspektrum) eines Materials bestimmt die Farbe eines Objektes. Kombiniert mit der Farbe des Lichtes ergibt sich die reflektierte Farbe der Oberfläche. Der Durchlässigkeitsgrad (transmittance) τ̄ von transparenten Objekten ist das Verhältnis von Ausstrahlung (gesamter durchgelassener Strahlungsfluss des Objektes) zu Einstrahlung (gesamter einfallender Strahlungsfluss auf das Objekt). τ̄ beschreibt also, wie viel Prozent des einfallenden Lichtes bei einem transparenten Objekt einer Einheitsdicke (z.B. 1 m) hinten wieder herauskommt (0 ≤ τ̄ < 1). Der spektrale Durchlässigkeitsgrad (spectral transmittance) τ(λ) ist der Durchlässigkeitsgrad pro Wellenlänge. d Das Transmissionsspektrum (transmittance spectrum) beschreibt die Farbe eines transparenten Objektes. Multipliziert mit dem Spektrum des einfallenden Lichtes erhält man dessen Farbe nach dem Austritt aus dem Objekt. Wenn man diese Begriffe explizit auf das sichtbare Licht einschränkt, so erhält man: Die Lichtreflexion R̄ und der Lichtdurchlässigkeitsgrad T̄ (luminous reflectance, luminous transmittance), diese können mit einer Standard-Illuminante gemessen werden. Die spektrale Lichtreflexion R(λ) und der spektrale Lichtdurchlässigkeitsgrad T(λ) (spectral luminous reflectance, spectral luminous transmittance) beschreiben diese Eigenschaften pro Wellenlänge. Seite 42