Urheberrecht: ethische Ansätze Utilitarismus (1) Utilitarismus (2

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Urheberrecht: ethische Ansätze
Utilitarismus (2)
Utilitarismus
US Urheberrecht bis 1978
• Urheberrecht dient dem Allgemeininteresse am wirtschaftlichen,
• Urheberrechtsschutz nur für registrierte Werke Inhaber und
Jahreszahl muss auf Werk vermerkt werden
geistigen und kulturellen Fortschritt
• in US Verfassung verankert und war in der Vergangenheit das
verlängert werden
Fundament des US-amerikanischen Urheberrechts
Auswirkungen in der Praxis:
Moral Rights“ Theorie
”
• Urheber haben moralische Rechte“ an ihren Werken, die zu
”
Ansprüchen an Dritte führen. Diese Ansprüche bestehen
unabhängig von den gesellschaftlichen Auswirkungen.
University of Applied Sciences
I
I
I
weitgehend weltweit (incl. USA) von der EU durchgesetzt wurde
(Berner Übereinkunft von 1886 bzw. 1971)
Hochschule Niederrhein
• Urheberrechtssituation bei jedem Werk erkennbar
nur Werke registriert, die auch auf dem Markt angeboten werden sollen
keine Blockierung von verwaisten“ Werken
”
• für nur 15% der Werke Verlängerung beantragt [Boyle08]
I
Werke, die nicht mehr auf dem Markt angeboten werden, werden trotzdem
zugänglich
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und Informatik
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Utilitarismus (1)
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Moral Rights (1)
• US Constitution:
The congress shall have the power [...] to promote the progress of
”
science and useful arts, by securing for limited times to authors and
inventors the exclusive right to their respective writings and
discoveries.“
• zu bewertende Konsequenzen:
I Schafft das Urheberrecht einen Anreiz zum Schaffen?
I Mehrt das Urheberrecht das allgemein verfügbare Kulturgut?
Ethische Theorie der Moral Rights“ [Birsch02]
”
• jeder hat moralische Rechte“
”
• daraus leiten sich Ansprüche an Andere ab
I
• versucht, juristisches Denken auf Ethik zu übertragen
• als ethische Theorie mangelhaft
I
I
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Beispiel: Recht auf Leben ⇒ Anspruch nicht getötet zu werden
Bemerkungen:
• manchmal auch Naturrechtslehre“ genannt
”
I für Urheberrecht irreführend, weil gerade kein natürliches Recht
• Optimierungsproblem:
I So locker wie möglich für breiten Zugang zur Kultur
I So streng wie nötig für ökonomischen Schaffensanreiz
Dalitz: RGA. -2-
aber: Verlängerung galt auch rückwirkend für alte Ausgaben
• Schutz nur, wenn vom Autor gewollt
• Grundlage des europäischen Urheberrechts, das mittlerweile
Dalitz: RGA. -1-
• Schutz galt 28 Jahre und konnte einmal um weitere 28 Jahre
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Theorie bietet kein Framework, um die einzelnen moralischen
Rechte selber zu begründen
⇒ Ethikziel der Begründung moralischer Regeln wird nicht erreicht
moralisches Recht steht meist im Konflikt zu anderen moralischen Rechten
⇒ Hierarchie der Rechte erforderlich
Theorie liefert aber kein Framework zur Herleitung einer Rechte-Hierarchie
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Moral Rights (2)
Moral Rights (4)
Urheberrecht als Moral Right“
”
• Autor hat moralisches Recht“ an seinen Werken
”
• dieses Recht ergibt den Anspruch, dass der Autor entscheidet,
• Entwicklung der Schutzdauer in Deutschland
I 1837: 30 Jahre p.m.a.; 1934: 50 Jahre; 1965: 70 Jahre
• Begründung
I ethisch mit Moral Rights“ schwierig, aber utilitaristisch:
”
- Autor soll auch im Alter noch Werke verkaufen können
- Wieso aber so lange?
wer das Werk wann und zu welchen Bedingungen nutzt
I
moralische Rechte“ anderer an den Werken
”
• Wie wertet die deutsche Rechtsprechung die Hierarchie?
I
- Autoren übertragen üblicherweise alle Rechte an Verwerter
(Verlag, Content-Provider“) ⇒ Verwertungsindustrie hat Interesse
”
an Schutzfristen, die nichts mehr mit moralischen Rechten“
”
der Autoren zu tun haben
z.B. im Vergleich zum Recht auf Religionsausübung
oder auf Bildung oder auf Zugang zu Informationen?
I
Allgemeinheit hat keine moralischen Rechte!
[..] die Rechtsordnung erachtet das Urheberrecht für so wichtig, dass es durch
”
die Eigentumsgarantie der Verfassung (Art. 14 GG) geschützt ist. Dagegen
kann sich der Endnutzer auf kein vergleichbares Grundrecht berufen.“
[Dreier06]
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Moral Rights (3)
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Gesetzgebungsprozess
• Dauer am Autor (nicht am Werk) festgemacht
I erlischt erst 70 Jahre nach Tod (post mortem auctoris, p.m.a.”)
”
I wird nach dem Tod vererbt
I wenn Autor nicht ermittelbar (oder biografische Daten unbekannt),
ist die Nutzung eines Werks blockiert (”verwaistes“ Werk)
Wieso Allgemeininteresse so unterrepräsentiert?
• bis vor kurzem konnten private Handlungen nur schwer das
Urheberrecht verletzen
I
I
Urheberrecht regelte primär die Beziehungen der Verwerter untereinander
Gesetzgebung handelten die Verwerter untereinander aus ohne Beteiligung
Dritter
Intellectual property legislation had always been a cozy world in which the
”
content, publishing, and distribution industries were literally asked to draft
the rules by which they would live.“ [Boyle08] Die Öffentlichkeit und ihr
”
Interesse am freien Zugang zu Informationen ist nicht lobbyistisch
vertreten. Erst in jüngster Zeit werden Bibliotheken und Archivare wach
und formieren ihren Widerstand gegen die Verwerterinteressen. Für den
’einfachen’ Endnutzer gibt es jedoch keinen Verband.“ [Hoeren00]
• Auswirkungen
I für zeitgenössische Werke endet der Urheberschutz aus Sicht der
Zeitgenossen nie (unendliche Dauer auf menschlicher Zeitskala)
The copyright over the words you are now reading will not expire until
”
seventy years after my death; the men die young in my family, but still you
will allow me to hope that this might put it close to the year 2100.“
[Boyle08]
I
Typisches Beispiel:
- USA hatten nach 1978 Frist der Berner Übereinkunft von 1971
(50 Jahre p.m.a.)
- 1998 beim DMCA verlängert auf 70 Jahre p.m.a. um zu verhindern, dass
Mickey Mouse in absehbarer Zeit gemeinfrei wird (deshalb auch spottend
Lex Disney“ genannt) Pikantes Detail: Disney hat fremde Werke kurz
”
nach Ablauf deren Schutzes verfilmt ⇒ Forderung nach längerem Schutz
Widerspruch zum kategorischen Imperativ
• verblüffende Antwort:
Dalitz: RGA. -5-
Verlängerungen durch ökonomische Interessengruppen erwirkt
• Juristen betrachten UrhG als Spezialistendomäne“
Werke lange vergangener Kulturepochen sind gemeinfrei
(endliche Dauer auf menschheitsgeschichtlicher Zeitskala)
I
”
closed shop“, der nur Interessen seiner Mandanten
”
aus der Verwertungsindustrie vertritt
• ausführliche Beschreibung Gesetzgebungsprozess: [Litman06]
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Literatur (1)
[Birsch02]
D. Birsch: Ethical Insights. McGraw-Hill (2. Aufl. 2002)
[Boyle08]
J. Boyle:
The Public Domain - Enclosing the Commons of the Mind.
Yale University Press (2008)
siehe http://james-boyle.com/
[Dreier06]
T. Dreier, G. Nolte: Einführung in das Urheberrecht.
in J. Hofmann (Hrsg.): Wissen und Eigentum.“ pp. 41-63
”
Bundeszentrale für politische Bildung (2006),
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Literatur (1)
[Hoeren00]
T. Hoeren: Happy Birthday to you:
Urheberrechtliche Fragen rund um ein Geburtstagsständchen.
In: K.P. Berger u.a. (Hg.): Festschrift für Otto Sandrock
”
zum 70. Geburtstag.“ pp. 357-372,
Verlag Recht und Wirtschaft (2000)
[Litman06]
J. Litman: Digital Copyright.
Prometheus (2. Auflage 2006)
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