Fakultät für Physik und Geowissenschaften Physikalisches Grundpraktikum Versuch VM 3 (Veterinärmedizin) „Wärmekapazität und Wärmeübergang“ Aufgaben 1. Berechnen Sie die Wärmekapazität des Kalorimetergefäßes. 2. Ermitteln Sie die spezifische Wärmekapazität von Wasser mit Hilfe eines Kalorimeters mit elektrischer Heizung. 3. Messen Sie die Abkühlungskurve des mit warmem Wasser gefüllten Kalorimetergefäßes. Bestimmen Sie unter Verwendung des Newton-Abkühlungsgesetzes den Abkühlungsfaktor und daraus den Wärmeübergangskoeffizienten. Schätzen Sie den Einfluss der Wärmestrahlung auf die Abkühlung unter Anwendung des Stefan-Boltzmann-Strahlungsgesetzes ab. Literatur Giese, Werner, Kompendium der Physik für Veterinärmediziner, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1997, Kap. 9.4, Kap. 9.7, 9.8.1, 10.8.1.1, 10.8.2, 10.9.1 U. Haas, Physik für Pharmazeuten und Mediziner, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 6. Auflage, 15.1, 17.1, 17.2, 17.3 Zubehör Kalorimeter mit elektrischer Heizung und Magnetrührer, Labornetzgerät, 2 Digitalmultimeter, Digitalthermometer, Stoppuhr, Waage, Kalorimeterflüssigkeit (Wasser) Schwerpunkte zur Vorbereitung - Wärmeenergie, innere Energie, 1. Hauptsatz der Wärmelehre - Kalorimeteraufbau, Wärmekapazität, spezifische Wärmekapazität, Wärmekapazität eines Kalorimeters - Experimentelle Bestimmung von Wärmekapazitäten bzw. spezifischen Wärmekapazitäten durch Austausch von Wärmemengen - Temperatur-Zeit-Diagramm - Elektrische Leistung, Spannungs- und Strommessung, spannungs- und stromrichtige Schaltung - Wärmetransportprozesse, Konvektion, Konduktion , Radiation, Wärmestrom - Abkühlungskurve, Newton-Abkühlungsgesetz, Abkühlungsfaktor, Wärmeübergangswiderstand - Stefan-Boltzmann-Strahlungsgesetz - Temperaturmessverfahren: Ausdehnungsthermometer, Widerstandsthermometer, Thermoelement 1 Hinweise zur Versuchsdurchführung und Auswertung Kalorimetrische Messungen dienen der Bestimmung von Wärmemengen bzw. von Umwandlungsenergien und finden in der Tierkalorimetrie eine direkte Anwendung. Wärmemengen können nicht direkt gemessen werden, sondern man bestimmt sie indirekt über Temperaturänderungen oder über die bei Phasenumwandlungen beteiligten Stoffmengen, sofern die für die jeweilige Phasenumwandlung erforderliche Energie bekannt ist. Den Zusammenhang zwischen ausgetauschter Wärmemenge Q (Einheit J) und der messbaren Temperaturänderung T (Einheit K) liefert die Beziehung Q = C T bzw. Q = m c T, wobei C (Einheit J/K) die Wärmekapazität und c (Einheit J K-1 kg-1) die spezifische Wärmekapazität des untersuchten Stoffes bzw. Stoffsystems sind. Wenn die spezifische Wärmekapazität des Kalorimetergefäßes cKal und dessen Masse mKal bekannt sind, ist die Berechnung der Wärmekapazität Ckal,0 = cKal mKal als Näherungswert (Vernachlässigung des Wärmeaustauschs mit der Umgebung während des eigentlichen kalorischen Experiments) möglich. In Aufgabe 1 ist die Masse des Kalorimetergefäßes aus Messing zu bestimmen und der Wert CKal,0 mit gegebenem cKal-Wert zu berechnen. Dieser Wert berücksichtigt aber nicht den Wärmeaustausch mit der Umgebung sowie die Wärmekapazität anderer Komponenten im Kalorimeter (Rührstab, Heizstab,…). Zu dem berechneten Wert CKal,0 ist noch ein entsprechender Korrekturwert CKal,corr zu addieren, der aus vielen experimentellen Untersuchungen bestimmt wurde und am Arbeitsplatz gegeben wird. Bei Aufgabe 2 ist das Kalorimetergefäß aus Messing mit Wasser so zu füllen, dass der Heizstab genügend weit in das Wasser eintaucht (Wasseroberfläche ca. 1 cm unter dem Rand des Kalorimetergefäßes). Die Masse des Wassers ist durch Wägung mit einer Laborwaage zu bestimmen. Danach ist die elektrische Schaltung (spannungsrichtige Schaltung) zur Versorgung der elektrischen Heizung aufzubauen und von den BetreuerInnen kontrollieren zu lassen (siehe Versuchsschaltung in Abb. 1). Die Temperatur der Versuchsflüssigkeit (Wasser) wird mit einem Digitalthermometer mit einer Auflösung von 0,1 °C gemessen, wobei das Wasser während der Messung ständig durchmischt werden muss (Magnetrührer). Die Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Wasser erfolgt bei diesem Experiment durch die Zufuhr von Wärmeenergie mittels einer stabförmigen elektrischen Heizung. Bei einer konstanten elektrischen Leistung Pel = U I (Einheit VA = W) steigt die Temperatur (Temperaturanstieg T, Einheit K) in einem Zeitintervall (t, Einheit s) bei nicht zu großer Erwärmung oberhalb der Zimmertemperatur zeitlich linear. Als Energiebilanz ergibt sich Q Cges T Pel t UI t , (1) Einheit: V As = Ws = J. Die von der elektrischen Heizung abgegebene Energie wird in Form von Wärmeenergie vom Kalorimeter (Wärmekapazität CKal) und der Kalorimeterflüssigkeit Wasser (Wärmekapazität Cw=mwcw, Masse mw und spezifische Wärmekapazität cw) aufgenommen, deren Summe die Wärmekapazität Cges = CKal + Cw ergibt. Durch die Messung von Strom I und Spannung U und die Bestimmung des Anstiegs b=T/t (Einheit K s-1) im linearen Bereich des Temperatur-ZeitDiagrammes (vergl. Abb. 2) kann die Wärmekapazität Cges mit C ges UI b (2) und daraus die spezifische Wärmekapazität des Wassers 2 cw (C ges CKal ) (3) mw bestimmt werden. Abb. 1a Versuchsaufbau (Aufgabe 2) 1 3 4 5 Abb. 1b Versuchsschaltung (Aufgabe 2) V Voltmeter, A Amperemeter Magnetrührer mit Magnetrührstäbchen 2 Kalorimetergefäß aus Messing mit Kalorimetermantelgefäß und Deckel Heizstab mit Anschlussleitungen für die elektrische Schaltung (Abb. 1b) Digitalthermometer Abb. 1c Digitalmultimeter 1 Frontansicht 2 Messbereichswahlschalter (grau: Widerstand, blau: DCV - Gleichspannung und ACV Wechselspannung, rot: DCA - Gleichstrom und ACA – Wechselstrom, gelb: Kapazität, Frequenz, ...) 3 Anschlussbuchsen (COM: Gemeinsame COM und Widerstandsmessung, mA: Strommessung für kleine Stromstärken, A: Anschlussbuchse bei der Messung hoher Stromstärken) 3 Tabellenvorschlag für Aufgabe 2: Vorperiode (ca. 3 min zur Kontrolle einer konstanten Anfangstemperatur) t/s / °C Hauptperiode (ca. 3° Erwärmung durch elektrische Heizung)) t/s / °C Nachperiode (nach Abschaltung der Heizung ca. 3 min messen) t/s / °C Abb. 2 Temperatur-Zeit-Diagramm (elektrisch beheiztes Kalorimeter mit Flüssigkeit gefüllt, Aufgabe 2) Die stufenartige Erwärmungskurve entsteht durch sehr kurze Messzeiten bei einer digitalen Temperaturmessung. 4 Zu Aufgabe 3 Wärmetransportvorgänge bestimmen entscheidend den Energiehaushalt von Tieren, deren Federoder Haarkleid die Konvektion behindert. Die Abkühlung wird außerdem durch die unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit verschiedener Gewebeschichten entscheidend beeinflusst. Es soll die Abkühlung eines mit etwa 70°C warmem Wasser gefüllten Kalorimetergefäßes aus Messing ohne Kalorimetermantelgefäß durch einen mit einem Ventilator erzeugten Luftstrom (erzwungene Konvektion) gemessen werden (Abb. 3). Das Kalorimetergefäß ist an einem Stativ so zu befestigen, dass das Magnetrührgerät das Magnetstäbchen gut drehen kann. Nachdem der Deckel des Kalorimeters mit dem Fühler eines digitalen Thermometers aufgesetzt wurde, beginnt man mit der Temperaturmessung. Dabei ist auf regelmäßiges Durchmischen des Wassers zu achten, um eine einheitliche Temperatur T der Innenwandfläche des Behälters zu gewährleisten. Messen Sie 20 Minuten lang im Minutenabstand die Temperatur des Wassers mit dem digitalen Thermometer. Während der Abkühlung ist mehrfach die Umgebungstemperatur U mit einem anderen Digitalthermometer zu messen. Den durch Konvektion bedingten Wärmestrom IQ (Einheit: W, Watt) kann man mit der Gleichung IQ dQ A( U ) A(T TU ) A T dt (4) berechnen. Dabei sind die Wärmeübergangszahl, die Temperatur (in Grad Celcius, °C) und A die Oberfläche des sich abkühlenden Körpers, über die der Wärmestrom an die Umgebung abfließen kann. Das negative Vorzeichen in Gl. (4) berücksichtigt die Abkühlung (Wärmeverlust des Körpers). Beachten Sie, dass die Temperaturdifferenz T =T-TU =-U der absoluten und der Grad-CelciusTemperaturen die Einheit K (Kelvin) hat. Mit dQ = m c dT (spezifische Wärmekapazität c und Masse m des Wassers im Behälter) folgt die Gleichung IQ dQ dT cm A(T TU ) A T , dt dt (5) und nach Integration erhält man das Abkühlungsgesetz nach Newton T TU (T0 TU )exp(kt) (6) mit k= A/(mc), wobei k (Einheit s-1) der Abkühlungsfaktor und T0 die Anfangstemperatur zu Beginn der Zeitmessung sind. Man erkennt, dass die Abkühlung in Abhängigkeit von der Zeit nichtlinear (exponentiell) verläuft. Je mehr sich die Körpertemperatur der Umgebungstemperatur nähert, desto langsamer kühlt sich der Körper ab. Kein Energieaustausch tritt auf, wenn Körper- und Umgebungstemperatur gleichgroß sind. Der Wärmeübergangskeoffizient berechnet sich nach der k mc Gleichung Einheit: W m-2 K-1 . (7) A Für die Auswertung sind zunächst die Temperaturdifferenzen T = - U in Abhängigkeit von der Zeit t sowie die natürlichen Logarithmen ln (T / K) tabellarisch zu erfassen. Anschließend fertigt man ein Diagramm auf Millimeterpapier mit den Koordinatenachsen y = ln (T / K) und x = t / s an, um die gemessenen Wertepaare (T, t ) in Form eines linearisierten Graphen (Gerade) darstellen zu können (siehe Abbn. 4a und 4b). Über den Anstieg B der besten Geraden mit B ln T1 ln T2 t1 t2 Einheit: s-1 , 5 (8) wobei (ln T1, t1) und (ln T2, t2) Punkte auf der besten Geraden sind, lässt sich mit B = k der Abkühlungsfaktor bestimmen. Daraus erhält man mit Gl. (7) unter Verwendung der Masse m des Wassers und deren spezifischer Wärmekapazität c = 4180 J kg-1 K-1 sowie der am Wärmeaustausch beteiligten Oberfläche des Metallbehälters A = 2 r h + r2 (Summe aus Mantelfläche des zylinderförmigen Behälters und dessen Bodenfläche, Radius r, Höhe h) den Wert für . Der Wärmeaustausch über die Abdeckung des Gefäßes und der Einfluss des Kalorimetergefäßes auf die Abkühlung soll vernachlässigt werden. Die obigen Betrachtungen vernachlässigen die Abkühlung durch Wärmestrahlung, die man bei Aufgabe 3 unter Anwendung des Stefan-BoltzmannStrahlungsgesetzes abschätzen soll: IQ,S A(T 4 TU4 ) . (9) Dabei sind IQ,S der Wärmestrom durch Wärmestrahlung, der Emissionsgrad der Körperoberfläche und die Stefan-Boltzmann-Konstante mit = 5,67 10-8 W m-2 K-4 . In unserem Experiment wird der Emissionsgrad mit =0,2 angenommen. Zur quantitativen Abschätzung berechnet man das Verhältnis von IQ,S (Gl. 9) und IQ (Gl. 5) für den Fall der erzwungenen Konvektion mit der Gleichung IQ,S (T04 TU4 ) . (10) IQ (T0 TU ) Für die Erfassung der Messdaten und die anschließende Auswertung ist die folgende Tabelle zu empfehlen. Tabellenbeispiel zur Aufnahme einer Abkühlungskurve des Kalorimetergefäßes aus Messing Nr. t / min / °C T / K °C Wassermasse m = ln (T / K) 1 ... 20 Umgebungstemperatur U = g Danach ist auf ein Blatt Millimeterpapier ln (T / K) als Funktion der Zeit (t / s) graphisch darzustellen (Abb. 4b) und aus dem Anstieg des Graphen der Abkühlungsfaktor k zu ermitteln. Beachten Sie die zusätzlichen Hinweise am Arbeitsplatz! Abb. 3 Schema des Versuchsplatzes (Aufgabe 3) ohne Stativ 1 2 3 4 5 mit Wasser gefülltes Messing-Kalorimetergefäß mit Deckel Magnetrührstäbchen Magnetrührgerät Ventilator digitales Thermometer zur Messung der Lufttemperatur 6 digitales Thermometer zur Messung der Wassertemperatur 6 Abb. 4 Darstellung einer Abkühlungskurve (dies ist eine Exponentialfunktion) in einem linearen Koordinatensystem (a) und in einer einfach-logarithmischen Darstellung der Abkühlungskurve ln T / K gegen t / s aufgetragen (b) (a) (b) Beachten Sie die zusätzlichen Hinweise am Arbeitsplatz. 7