Ralf P. Schenke 24.11.2010 Demokratische Legitimation der internationalen Rechnungslegung - Gliederungsübersicht - A. Einleitung: Ziele und Organisationsstruktur der IASCF B. Demokratie als Rechtsprinzip C. Rechtsetzung als demokratischer Prozess am Beispiel der Bundesgesetzgebung D. Einbeziehung externer Akteure als Demokratieproblem I. Einbindung externen Sachverstandes in das Gesetzgebungsverfahren II. Einbindung privaten Sachverstandes durch Outsourcing von Gesetzgebungsentwürfen III. Einbindung externen Sachverstandes durch offene Normsetzung IV. Einbindung externen Sachverstandes durch Inkorporation privater Regelwerke E. Chancen und Risiken der Inkorportion der IAS/IFRS F. Konkordanzmuster und Regulierungsstrategien G. Ausblick Prof. Dr. Ralf P. Schenke Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Deutsches, Europäisches u. Internationales Steuerrecht Demokratische Legitimation der internationalen Rechnungslegung? - Sitzung vom 24.11.2010 - A. Einleitung A. Einleitung About the IFRS Foundation and the IASB The IFRS Foundation is an independent, not-for-profit private sector organisation working in the public interest. Its principal objectives are: - to develop a single set of high quality, understandable, enforceable and globally accepted international financial reporting standards (IFRSs) through its standard-setting body, the IASB; - to promote the use and rigorous application of those standards; - to take account of the financial reporting needs of emerging economies and small and medium-sized entities (SMEs); and - to bring about convergence of national accounting standards and IFRSs to high quality solutions. A. Einleitung Funktion des betrieblichen Rechungswesen – Definition aus Rittershofer, Wirtschaftslexikon: • Unter der Bezeichnung betriebliches Rechnungswesen wird die zahlenmäßige (mengen- und wertmäßige) Aufzeichnung aller betrieblichen Vorgänge, die sich auf die Beschaffung, Produktion, Absatz und Finanzierung ergeben, verstanden A. Einleitung I. Funktion Investoren Arbeitnehmer Regierungen und ihre Institutionen Adressaten der Rechnungslegung nach IAS/IFRS Lieferanten und andere Gläubiger Öffentlichkeit Kreditgeber Kunden B. Demokratie als Rechtsprinzip Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des EP und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards Demokratie ? - Art. 20 I GG: Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat - Art. 2 EUV n.F.: Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschwürde, Freiheit, Demokratie … B. Demokratie als Rechtsprinzip Demokratie ? => Alle Staatliche Entscheidungen müssen auf den Souverän zurückführbar sein - Art. 20 II 1 GG: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus („Volksdemokratie“) - Art. 10 III EUV: Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen. Alle Entscheidungen werden so offen und bürgernah wie möglich getroffen („Bürgerdemokratie“). C. Rechtsetzung als demokratischer Prozess D. Einbindung externer Akteure als Demokratieproblem Einbeziehung externen Wissens ist bei der Rechtssetzung unverzichtbar: - Wissensproblem Aber: Wie kann der dies so rechtlich organisiert werden, dass • sachgerechte Ergebnisse erzielt • Interessenkollisionen vermieden werden • die Normen hinreichend demokratisch legitimiert sind D. Einbindung externer Akteure als Demokratieproblem Modus 1: Einwirkung auf das Gesetzgebungsverfahren I. Einbindung externen Sachverstandes in das Gesetzgebungsverfahren II. Outsourcing von Gesetzentwürfen D. Einbindung externer Akteure als Demokratieproblem Modus 2: Inkorporation externer Regelwerke III. Offene Normsetzung (z.B. Verweis auf die GoB) IV. Inkorporation (IAS-VO) D. Einbindung externer Akteure als Demokratieproblem E. Chancen und Risiken Chancen: – Beschleunigung – Kostensenkung – blame avoidance – Transparenz – Sachgerechtigkeit – Betroffenenpartizipation – Akzeptanzsicherung E. Chancen und Risiken Risiken: – Interessenkollisionen – Demokratiedefizit – Intransparenz – Mangelnde Berücksichtigung von Allgemeininteressen – Mangelnde Grundrechtsbindung der externen Akteure – Risiko der Einigung zu Lasten Dritter – Publikationsdefizite F. Konkordanzmuster und Regulierungsstrategien Überblick über das Endorsement-Verfahren: Quelle: Königsgruber, IRZ 2008, 245 F. Konkordanzmuster und Regulierungsstrategien Abstufung der Rechtsverbindlichkeit privater Standards - Voll- oder Teilübernahme -Begrenzung auf eine Vermutungswirkung der Standards (§ 342 II HGB) - Statische oder dynamische Verweisung Parlamentarisierung und Demokratisierung der Standardsetter - Zusammensetzung der Gremien - Verfahrensweise (due process) - Publizitätsanforderungen Ergebnissicherung - Abstrakt (Endorsement nach der IAS-VO) - Konkret im Einzelfall (§ 342 II HGB) Evalution „Goldener Zügel“: (Ko-)Finanzierung Materielle Programmierung des Standardsetter - Inhaltliche Vorgaben - Umfang der Inkorporation Rückholoption G. Ausblick Artikel 10 EUV (1) Die Arbeitsweise der Union beruht auf der repräsentativen Demokratie. (2) Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten. Die Mitgliedstaaten werden im Europäischen Rat von ihrem jeweiligen Staats- oder Regierungschef und im Rat von ihrer jeweiligen Regierung vertreten, die ihrerseits in demokratischer Weise gegenüber ihrem nationalen Parlament oder gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft ablegen müssen. (3) Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen. Die Entscheidungen werden so offen und bürgernah wie möglich getroffen. (4) Politische Parteien auf europäischer Ebene tragen zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union bei. Artikel 11 EUV (1) Die Organe geben den Bürgerinnen und Bürgern und den repräsentativen Verbänden in geeigneter Weise die Möglichkeit, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen. (2) Die Organe pflegen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft. (3) Um die Kohärenz und die Transparenz des Handelns der Union zu gewährleisten, führt die Europäische Kommission umfangreiche Anhörungen der Betroffenen durch. G. Ausblick Außenpolitische Sachzwänge Betroffenenpartizipation Deliberation Effizienz Repräsentation Demokratie iSd. Art. 10, 11 EUV?