Ratgeber für Patienten Besser informiert über Erektionsstörungen Die mit dem Regenbogen Alle Mepha-Ratgeber sind unter www.mepha.ch erhältlich. Zum Scannen des QR-Codes mit dem Smartphone brauchen Sie eine Applikation, die Sie z.B. im App Store unter «Scan» oder «QR» herunterladen können. Stand der Information: Juli 2013 1 Ratgeber für Patienten Inhalt Einleitung 3 Definition 4 Bedeutung 5 Der Penis 8 Häufigkeit der erektilen Dysfunktion 10 Risikofaktoren 11 Ursachen 12 Diagnosestellung 15 Bewertung der Erektionsfähigkeit 19 Behandlung 21 Kommunikation in der Partnerschaft 28 Leistungen der Krankenkassen 29 Zusammenfassung 30 Rechtliche Hinweise 31 Glossar 32 2 Ratgeber für Patienten Zu Gunsten der einfacheren Lesbarkeit wird sowohl für die männliche als auch für die weibliche Form von dem Partner oder dem Arzt gesprochen. «Besser informiert über Erektionsstörungen» 3 Einleitung Die erektile Dysfunktion (Synonyme: Erektionsstörungen, Potenzstörungen) ist eine Krankheit, die durch den Verlust der Erektionsfähigkeit des Penis gekennzeichnet ist. Selbst wenn es nur wenige Betroffene zugeben wollen, die erektile Dysfunktion ist weit verbreitet: Etwa die Hälfte aller Männer über 40 sieht sich mit Erektionsproblemen unterschiedlicher Intensität konfrontiert. Das Risiko einer erektilen Dysfunktion ist bei fortgeschrittenem Alter, bei gleichzeitig bestehenden Erkrankungen wie Diabetes und Herzkreislauf-Erkrankungen, bei erheblichem Übergewicht, Bewegungsmangel, übermässigem Alkoholkonsum oder bei Rauchern erhöht. Potenzstörungen führen bei manchen Männern zu Stress, Enttäuschung und Unzufriedenheit. Manche fühlen sich minderwertig, ziehen sich aus Scham zurück und verzichten sogar ganz auf ihr Sexualleben. Mit der Einführung neuer Medikamente (1998), konnte die Behandlung der erektilen Dysfunktion entscheidend verbessert werden. Ziel dieses Ratgebers ist es, den Betroffenen (und/oder ihren Angehörigen) die wichtigsten Informationen über die erektile Dysfunktion zu vermitteln und sie zu ermutigen, über ihre Probleme zu sprechen und in jedem Fall ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. 4 Ratgeber für Patienten Definition Unter erektiler Dysfunktion versteht man die (vorübergehende oder andauernde) Unfähigkeit, eine für den Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion des Penis zu erreichen oder beizubehalten. Aus medizinischer Sicht müssen mindestens 70% der Versuche, einen Geschlechtsverkehr zu vollziehen, erfolglos sein und dies während mindestens 6 Monaten, damit die Diagnose einer erektilen Dysfunktion gestellt werden kann. Männer, die unter solchen Störungen ihrer Sexualfunktion leiden, sollten möglichst bald mit ihrem Arzt darüber sprechen, damit die Ursachen aufgeklärt und eine entsprechende Behandlung erfolgen kann. Die erektile Dysfunktion darf nicht mit anderen sexuellen Störungen verwechselt werden: n Störungen des sexuellen Verlangens (mangelnde oder fehlende Libido) n Störungen der sexuellen Erregung (mangelnde oder fehlende Erregbarkeit) n Orgasmusstörungen (Fehlen oder Verzögerung des Orgasmus bzw. der Ejakulation nach einer Phase der sexuellen Erregung) n Sexuelle Störungen mit Schmerzen (während der Penetration oder des Orgasmus) «Besser informiert über Erektionsstörungen» 5 Bedeutung Tabuthema Die erektile Dysfunktion war früher ein Thema, das möglichst verschwiegen wurde – mit dem Resultat, dass Betroffene es kaum wagten, Hilfe zu suchen. Erst durch die im Jahre 1998 eingeführte Medikamentengruppe der Phosphodiesterase-Hemmer, wie Viagra®, wurde die Allgemeinheit auf diese weit verbreitete Erkrankung aufmerksam, was mit zu einer deutlichen Verhaltensänderung beigetragen hat. Nicht zuletzt durch die Thematisierung in den Medien gehen Männer und Frauen heute offener mit diesem Problem um, so dass es ihnen leichter fällt, darüber zu sprechen. Aber auch die Ärzte haben inzwischen gelernt, ihre Patienten auf mögliche sexuelle Probleme anzusprechen. In ihrer Ausbildung lernten sie lange kaum etwas über geeignete therapeutische Massnahmen zur Behandlung von Potenzstörungen – inzwischen hat sich das grundlegend geändert. Dennoch ist kritisch anzumerken, dass die Diskussion über potenzstimulierende Mittel, zu denen auch Medikamente wie die Phosphodiesterase-Hemmer gezählt werden, die seelischen und körperlichen Beeinträchtigungen ignoriert, unter denen betroffene Männer leiden. Auch die Tatsache, dass diese Medikamente nicht durch die Krankenkassen übernommen werden, weist in diese Richtung. In der breiten Bevölkerung hat sich das Wissen über die sexuelle Gesundheit in den letzten Jahrzehnten grundlegend verbessert. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass sich die erektile Dysfunktion als eine Störung des männlichen Sexuallebens durch gezielte Massnahmen sowie den Einsatz von Medikamenten oft erfolgreich behandeln lässt. Heute gehören die Phosphodiesterase-Hemmer zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten bei Potenzstörungen; sie haben die Behandlungsmöglichkeiten der erektilen Dysfunktion entscheidend verbessert. 6 Ratgeber für Patienten Bedeutung für den Patienten Patienten mit erektiler Dysfunktion sind oft verunsichert und in ihrem Selbstwertgefühl erheblich beeinträchtigt. Das Erleben des «persönlichen Versagens» kann zu einer tiefen Kränkung und Angst vor weiteren intimen Kontakten führen. Betroffene geraten so in einen Teufelskreis, weil die Anspannung, dass es wieder «nicht klappen» könnte, häufig zu erneutem Versagen führen kann. Verzweiflung, Scham und Hilflosigkeit sind die Folge. Betroffene meiden zunehmend sexuelle Kontakte. Das Störungsbild erhält jetzt eine psychische Komponente, die den Leidensdruck weiter verstärken kann. Solange bei der Masturbation eine Erektion erzielt werden kann, ist davon auszugehen, dass die körperlichen Funktionen weitgehend intakt sind. Ist dies jedoch nicht möglich, sollte ein Arzt konsultiert werden. Erektionsprobleme können verschiedene körperliche und psychische Ursachen haben. In einem ärztlichen Gespräch lassen sich die Hintergründe klären – je früher dies erfolgt, desto besser sind die Chancen einer erfolgreichen Behandlung. Wie reagieren die Partner? Die Partner reagieren meist ebenfalls verunsichert – sie suchen nach möglichen Erklärungsansätzen, die u.U. negative Gefühle wie Eifersucht und Misstrauen auslösen. Das Klima in der Beziehung kann sich dadurch so verschlechtern, dass das Paar ganz auf einen zärtlich-erotischen Austausch verzichtet. Patienten mit erektiler Dysfunktion reagieren oft mit Schuldgefühlen gegenüber ihren Partnern. Sie sind nicht mehr in der Lage, das zu «liefern», was ihrer Ansicht nach von ihnen erwartet wird. Oft sind beide Partner zu gehemmt, um offen darüber zu reden. Ein gemeinsames Gespräch mit dem Hausarzt kann helfen, solche partnerschaftlichen Sorgen zu überwinden. Die erektile Dysfunktion beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen, sondern ist immer auch eine Belastung der Partnerschaft – die Behandlung ist deshalb eine gemeinsame Angelegenheit. «Besser informiert über Erektionsstörungen» Das Gespräch mit dem Arzt Ein wichtiges Ziel dieses Ratgebers ist es, Betroffene zu ermutigen, mit ihrem Arzt das Gespräch zu suchen, wenn sie im Zusammenhang mit Potenzstörungen Fragen haben. Zeigt der Arzt Offenheit und Bereitschaft über das Thema zu sprechen, sind die meisten Patienten in der Lage ihre Fragen und Anliegen auch anzubringen. Wenn der Arzt den Patienten zu seinem Sexualleben befragt, ist dies Teil der ärztlichen Anamnese. Das heisst, der Arzt möchte beispielsweise in Erfahrung bringen, wann die Potenzstörungen aufgetreten sind, unter welchen Erkrankungen sein Patient leidet, welche Medikamente er einnimmt, ob Nebenwirkungen aufgetreten sind, ob er raucht und wenn ja, wieviel, oder ob er Alkohol trinkt etc. Diese Informationen erlauben es dem Arzt, die möglichen Ursachen der erektilen Dysfunktion einzugrenzen sowie gezielte diagnostische Massnahmen und eine entsprechende Behandlung einzuleiten. Der Patient sollte signalisieren, wenn er weiterführende Informationen oder Erklärungen zu den Ausführungen des Arztes, zu den diagnostischen Abläufen oder zur vorgeschlagenen Behandlung wünscht. 7 8 Ratgeber für Patienten Der Penis Anatomie Der Penis besteht aus drei Hauptelementen: den beiden Penisschwellkörpern (Corpus cavernosum penis) und dem Harnröhrenschwellkörper (Corpus spongiosum penis). Diese können mit drei zylindrischen Schwämmen verglichen werden. Die beiden Penisschwellkörper enden nicht an der Peniswurzel, sondern verlaufen hinter dem Hodensack und sind an den Beckenknochen beidseitig verankert. Der Harnröhrenschwellkörper beginnt mit der Eichel und endet vor der Austrittsöffnung des Enddarms. Er liegt unter den Penisschwellkörpern und ist mit ihnen bindegewebig verbunden. In seiner Mitte liegt die Harnröhre (Urethra), durch die Urin und Sperma nach aussen gelangen. Vene Arterien Harnröhre Nerven Beckenknochen Penisschwellkörper Eichel Harnröhrenschwellkörper Anatomie des Penis 9 «Besser informiert über Erektionsstörungen» Wie eine Erektion entsteht Der Penis wird durch zwei vom Innern des Beckens kommenden Arterien (eine auf jeder Seite) mit Blut versorgt. Im Penis teilen sich diese in mehrere kleinere arterielle Gefässe auf. Zu Beginn einer Erektion erhöht sich der Blutzufluss durch diese Arterien, was zum Anschwellen der Schwellkörper führt. Durch den Druckanstieg innerhalb dieser Strukturen verringert sich gleichzeitig der Abfluss von venösem Blut. Dadurch kommt es im Inneren der Schwellkörper zu einer Erhöhung des arteriellen Blutdrucks, was die Steifheit des Penis noch verbessert. Zusätzlich kann die willkürliche Anspannung der Muskeln eine Druckerhöhung in den Schwellkörpern verursachen. Während der Erektion ist die Blutzufuhr und der Blutabfluss in den Penis stark reduziert. Stimulierungen der Geschlechtsorgane und/oder gedankliche Reize lösen eine Erektion aus. Erektionen können jedoch auch spontan, ohne vorhergehende Stimulierung auftreten – z.B. während der Traumphasen im Schlaf. Bei der morgendlichen Erektion handelt es sich meist um eine nächtliche Erektion, die bis zum Erwachen am Morgen andauern kann. Sind die nächtlichen Erektionen im Hinblick auf Häufigkeit und Steifheit des Penis normal, ist es wenig wahrscheinlich, dass die erektile Dysfunktion auf organische Ursachen zurückzuführen ist. Ruhezustand Schnitt des Penis Erektion 10 Ratgeber für Patienten Häufigkeit der erektilen Dysfunktion Eine wichtige Untersuchung kam zum Schluss, dass die Hälfte aller Männer zwischen 40 und 70 Jahren von Erektionsproblemen unterschiedlicher Intensität betroffen ist; etwa 10% dieser Männer sind nicht mehr erektionsfähig. Wie eine 2005 durchgeführte Befragung bei über 60-jährigen Deutschschweizer Männern ergab, leiden etwa 60% der Befragten unter erektiler Dysfunktion; etwa 10% sind nicht mehr erektionsfähig. Sexualität des älteren Mannes Die Häufigkeit von Erektionsstörungen nimmt ab dem 70. Lebensjahr stärker zu. Zwei weitere Studien zur Verbreitung der erektilen Dysfunktion bei älteren Männern zeigen, dass: n 70% der über 80-jährigen Männer von einer erektilen Dysfunktion betroffen sind; n 50% der über 80-jährigen Männer unter schweren Erektionsstörungen leiden, also keine oder keine ausreichende Erektionsfähigkeit mehr besitzen. «Besser informiert über Erektionsstörungen» 11 Risikofaktoren Die wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung einer erektilen Dysfunktion entsprechen mehrheitlich jenen für Herzkreislauf-Krankheiten: Diabetes mellitus, Übergewicht, Bluthochdruck, Mangel an körperlicher Bewegung, Rauchen, zu hoher Alkoholkonsum, zu hohe Cholesterinwerte. Aber auch psychische Probleme wie Depressionen, Stress, Leistungsdruck oder Burnout, beeinträchtigen die Sexualfunktion. Potenzstörungen können allerdings auch als Nebenwirkung gewisser Medikamente auftreten. Gewichtsreduktion, sportliche Betätigung sowie Rauchstopp können die Symptome der erektilen Dysfunktion verringern. Ein weiterer Risikofaktor ist die chirurgische Entfernung der Prostata bei Tumorerkrankungen. 15 bis 85% dieser Patienten leiden nach einem solchen Eingriff an Erektionsproblemen. Im Gegensatz dazu verursacht ein endoskopischer Eingriff zur Behandlung einer vergrösserten, aber nicht bösartig veränderten Prostata, nur selten eine erektile Dysfunktion. 12 Ratgeber für Patienten Ursachen Alterungsprozess Mit dem Alter verändert sich der Körper. Er produziert weniger Testosteron und Wachstumshormone. Die Qualität des Gewebes, das den Penis aufbaut, nimmt ab. Gleichzeitig treten häufig typische altersbedingte Erkrankungen auf wie Diabetes, Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte und Niereninsuffizienz. Die schädigende Wirkung des Rauchens macht sich mit fortschreitendem Alter deutlicher bemerkbar, ebenso wie Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen nach Einnahme von Medikamenten. Auch die Erholungsphase nach einer Ejakulation nimmt mit zunehmendem Alter mehr Zeit in Anspruch und dauert bei älteren Männern bis zu mehreren Tagen. Arteriosklerose Gefässerkrankungen wie die Arteriosklerose (Arterienverkalkung) können die Durchblutung im Penis erheblich beeinträchtigen. Mit zunehmender Verengung der Beckenund Penisarterien reduziert sich die Blutzufuhr in den Schwellkörpern. Bei unbehandelter Arteriosklerose verringert sich also auch die Erektionsfähigkeit bis hin zum vollständigen Erektionsverlust. Durchblutungsstörungen des Penis mit entsprechender Erektionsschwäche finden sich vor allem bei Patienten mit Herzkreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, erhöhten Cholesterinwerten sowie bei Rauchern. Eine erektile Dysfunktion kann auch ein Symptom für eine generalisierte Gefässerkrankung sein; eine frühzeitige ärztliche Abklärung ist daher ratsam. Gutartige Prostatavergrösserung Eine vergrösserte Prostata, die mittelschwere bis schwere Symptome beim Wasserlassen verursacht, kann Erektionsstörungen verursachen. «Besser informiert über Erektionsstörungen» 13 Medikamente Zahlreiche Medikamente sind in der Lage die Erektionsfähigkeit zu beeinflussen. Dazu gehören insbesondere Blutdrucksenker, harntreibende Mittel (Diuretika), Cholesterinsenker, Antidepressiva, Beruhigungsmittel, angstlösende Medikamente, Schlafmittel, Antiepileptika, oder Medikamente, welche die Wirkung des männlichen Sexualhormons hemmen (Antiandrogene). Dies gilt auch für den Konsum zahlreicher illegaler Suchtmittel und Drogen. Psychische Probleme Männer mit psychischen Erkrankungen, insbesondere Depressionen, Stress oder Burnout, neigen häufiger zu einer Störung der erektile Funktion. Betroffene sollten sich in ärztliche Behandlung begeben und entsprechend beraten lassen. Zu den wichtigsten Ursachen für sexuelle Funktionsstörungen wie Libidoverlust oder Potenzstörungen gehören auch Erlebnisse von sexuellem Missbrauch. Erektionsstörungen, die nach solchen Erfahrungen auftreten, lassen sich durch die Einnahme von Medikamenten allein nicht überwinden. Betroffene müssen im Rahmen einer Behandlung lernen, die Folgen der Traumatisierung zu überwinden. Die Bedeutung psychischer Faktoren für die Entstehung einer erektilen Dysfunktion darf jedoch nicht überschätzt werden. In den meisten Fällen sind es körperliche Ursachen, die die Erektionsfähigkeit beeinflussen. Die Behandlung muss stets beide Aspekte im Auge behalten und die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche beachten. Die medikamentöse Behandlung kann für viele Betroffene eine entscheidende Hilfe sein. 14 Ratgeber für Patienten Neurologische Ursachen Eine Schädigung des Gehirns oder des Rückenmarks durch Erkrankungen (Multiple Sklerose, Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, Schlaganfall oder Tumore) oder Verletzungen (z.B. Querschnittslähmung) kann die für eine Erektion notwendige Übertragung von Nervensignalen beeinträchtigen oder vollständig unterbrechen. Die Mehrzahl der Männer mit Querschnittslähmung leiden an einer erektilen Dysfunktion. Zudem kann eine Schädigung jener Nerven, die für die Weiterleitung der Erektionssignale verantwortlich sind dazu führen, dass der Penis nur noch schwache Nervensignale erhält. Dies kann eine Erektion nur schwer oder gar nicht mehr möglich machen. Erkrankungen, die die Nerven angreifen, sind z.B. Diabetes, Vitaminmangel und Alkoholismus. Verletzungen oder Operationen im Bereich des Beckens (vollständige Entfernung der Prostata) können ebenfalls eine Schädigung der für die Erektion verantwortlichen Nervenfasern verursachen. Hormonstörungen Testosteron ist das wichtigste männliche Geschlechtshormon. Neben zahlreichen anderen Funktionen im Organismus steuert es u.a. die männliche Sexualität, die Libido und die Erektion. Eine mangelnde Testosteronproduktion oder eine übermässige Produktion weiblicher Hormone können sich negativ auf die Erektionsfähigkeit auswirken. Seltener sind Erkrankungen der Schilddrüse oder Nebennierendrüsen die Ursache für eine erektile Dysfunktion. «Besser informiert über Erektionsstörungen» 15 Diagnosestellung Die Anamnese oder das Erfassen der Krankengeschichte Eines der Ziele des ersten Gesprächs zwischen Arzt und Patient besteht darin, die Symptome des Patienten im Detail zu erfassen. Der Arzt fragt nach bereits bestehenden Erkrankungen und Behandlungen sowie dem persönlichen Lebensstil, um die möglichen Ursachen der erektilen Dysfunktion zu ermitteln. In den meisten Fällen entwickelt sich eine erektile Dysfunktion sukzessive, wobei sich die Erektionsstörungen sowohl während des Geschlechtsverkehrs als auch bei der Masturbation bemerkbar machen. Solche Veränderungen der männlichen Potenz lassen in der Regel auf körperliche Ursachen schliessen. Tritt die erektile Dysfunktion dagegen plötzlich, ohne erkennbare äussere Ereignisse auf, besteht die Wahrscheinlichkeit einer psychischen oder medikamentösen Ursache. Eine detaillierte Beantwortung der Fragen des Arztes kann daher die Diagnosestellung entscheidend erleichtern. Der IIEF-Fragebogen (International Index for Erectile Function) dient der Einteilung der erektilen Dysfunktion in verschiedene Schweregrade: keine Erektionsstörungen bzw. leichte, mittelschwere oder schwere erektile Dysfunktion. Von diesem Selbsttest existieren zwei Versionen: eine lange mit 15 Fragen sowie die Kurzversion mit 5 Fragen (s. dazu Seite 19). 16 Ratgeber für Patienten Anamnese beim Psychiater/Psychologen Ausser der körperlichen Untersuchung, die in der Regel zuerst erfolgt, wird der Arzt den Patienten eingehend zu seiner psychischen Situation und seinem Sexualleben befragen. Dabei werden der Beginn der Störung, allfällige Begleitumstände und Bewältigungsversuche («was hat der Patient bisher unternommen?») erfragt und erläutert, ob sich der Patient die Störung erklären kann. Das liefert dem Arzt wichtige Hinweise für das Verständnis individueller Ursachen. Ausserdem wird sich der Arzt nach den ersten sexuellen Regungen und Erfahrungen, nach Partnerschaften und sexuellen Bedürfnissen und möglichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung erkundigen. Die gezielte und sachliche Befragung durch den Arzt hilft dem Patienten, seine Probleme unbefangen darzulegen. Voraussetzung ist das notwendige Vertrauen in den Arzt. Zusätzlich wird der Arzt auch nach Vorerkrankungen im familiären Umfeld fragen, aber auch nach der persönlichen Lebenssituation des Patienten (Wohlbefinden, berufliches Umfeld, körperliche Betätigungen, Ernährung und Freizeitgestaltung), da diese Aspekte das Sexualleben ebenfalls beeinflussen können. «Besser informiert über Erektionsstörungen» 17 Körperliche Untersuchung Die körperliche Untersuchung richtet sich nach den Symptomen und der medizinischen Vorgeschichte des Patienten. Dazu gehört auch die Untersuchung der äusseren Geschlechtsorgane sowie der Prostata. Der Arzt wird auch nach Anzeichen für Gefässerkrankungen (Durchblutungsprobleme in den Extremitäten, Bluthochdruck) und Diabetes sowie nach neurologischen Ursachen suchen. Blutentnahme Blutentnahmen sind nicht immer notwendig, aber sie ermöglichen es dem Arzt, die Lipidwerte und den Blutzucker zu kontrollieren und spezifisch nach Risikofaktoren im Bereich von Herzkreislauf-Erkrankungen und Störungen des Testosteronshaushalts zu suchen. Je nach Untersuchungsbefund wird der Patient entweder weiterhin beim Hausarzt behandelt oder – in seltenen Fällen – zur weiteren Abklärung zu einem Urologen überwiesen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Blutversorgung im Penis sowie die Erektionsfähigkeit genauer überprüft werden muss. 18 Ratgeber für Patienten Beurteilung der nächtlichen Erektionen Im Durchschnitt hat ein Mann 4–6 Erektionen pro Nacht. Mit Hilfe einer Vorrichtung, die aus zwei dehnbaren, mit einem Kästchen verbundenen Ringen besteht, lassen sich Veränderungen des Durchmessers und der Steifheit des Penis bestimmen. Einer der Ringe wird an der Peniswurzel, der andere unter der Eichel angebracht. Das Testresultat zeigt die Anzahl und Qualität der nächtlichen Erektionen. Ein normales Resultat weist bei einem Patienten mit erektiler Dysfunktion eher auf einen psychologischen Auslöser der Potenzstörung hin, während ein stark von der Norm abweichendes Ergebnis mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine organische Ursache spricht. Selbst wenn die nächtlichen Erektionen bei einer erektilen Dysfunktion organischen Ursprungs erhalten bleiben, sind sie oft qualitativ beeinträchtigt. Schwellkörperinjektionstest Der Urologe injiziert eine blutgefässerweiternde Substanz direkt in den Penisschwellkörper. Falls danach keine Erektion auftritt, ist eine bestehende Gefässerkrankung als Ursache der erektilen Dysfunktion wahrscheinlich. Ultraschall der Penisgefässe Diese Untersuchung wird häufig zusammen mit dem Injektionstest durchgeführt. Damit lässt sich der Zustand der Penis- und Beckengefässe kontrollieren. «Besser informiert über Erektionsstörungen» 19 Bewertung der Erektionsfähigkeit Die Kurzversion des auf dem internationalen Index für die erektile Funktion (IIEF) basierenden Fragebogens umfasst 5 Fragen. Der Fragebogen ist entwickelt worden, um mögliche Erektionsstörungen aufzudecken. Sollte der Test weniger als 22 Punkte ergeben, empfiehlt sich auf jeden Fall, einen Arzt zu konsultieren. Dieser Test kann einen ärztlichen Rat nicht ersetzen. Fragebogen IIEF-5 Betrachten Sie die letzten sechs Monate: I. Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, eine Erektion zu bekommen und zu behalten? 1. Sehr gering oder unmöglich 2. Niedrig 3. Mittelmässig 4. Gross 5. Sehr gross II. Wenn Sie bei sexueller Stimulation eine Erektion hatten, wie oft war diese hart genug, um den Geschlechtsverkehr durchzuführen? 0. Keine sexuelle Stimulation gehabt 1. Fast nie oder nie 2. Selten (viel weniger als die Hälfte der Zeit) 3. Manchmal (etwa die Hälfte der Zeit) 4. Meistens (viel mehr als die Hälfte der Zeit) 5. Fast immer oder immer III. Wie oft waren Sie in der Lage, während des Geschlechtsverkehrs Ihre Erektion aufrecht zu erhalten? 0. Keinen Geschlechtsverkehr versucht 1. Fast nie oder nie 2. Selten (viel weniger als die Hälfte der Zeit) 3. Manchmal (etwa die Hälfte der Zeit) 4. Meistens (viel mehr als die Hälfte der Zeit) 5. Fast immer oder immer 20 Ratgeber für Patienten IV. Wie schwer war es, beim Geschlechtsverkehr Ihre Erektion bis zum Orgasmus aufrechtzuerhalten? 0. Keinen Geschlechtsverkehr versucht 1. Äusserst schwierig 2. Sehr schwierig 3. Schwierig 4. Ein bisschen schwierig 5. Nicht schwierig V. Wenn Sie Geschlechtsverkehr hatten, wie oft war er für Sie befriedigend? 0. Keinen Geschlechtsverkehr versucht 1. Fast nie oder nie 2. Selten (viel weniger als die Hälfte der Zeit) 3. Manchmal (etwa die Hälfte der Zeit) 4. Meistens (viel mehr als die Hälfte der Zeit) 5. Fast immer oder immer Durch Addition der erreichten Punkte aus den 5 Fragen können Sie Ihren IIEF-5-Wert ermitteln. 22 –25 Punkte: 17 –21 Punkte: 12 –16 Punkte: 8 –11 Punkte: 5 –7 Punkte: keine erektile Dysfunktion leichte erektile Dysfunktion leichte bis mittelschwere erektile Dysfunktion mittelschwere erektile Dysfunktion schwere erektile Dysfunktion «Besser informiert über Erektionsstörungen» 21 Behandlung Die Behandlung der erektilen Dysfunktion hat in den letzten 50 Jahren bedeutende Veränderungen erfahren. Bevor in den 1960er Jahren die chirurgische Therapie mit der Implantation von Penisprothesen aufkam, konnten betroffene Patienten lediglich psychologische Hilfe suchen. In den 1980er Jahren wurde die Injektion von blutgefässerweiternden Substanzen in die Penisschwellkörper möglich. Veränderungen des Lebensstils Rauchstopp, eine gesunde und ausgewogene Ernährung, Gewichtsreduktion, mässiger Alkoholkonsum und erhöhte körperliche Aktivität reduzieren nachweislich das Risiko, Arteriosklerose, Herzkreislauf-Erkrankungen oder Diabetes und damit eine erektile Dysfunktion zu entwickeln. Auch wenn bereits eine erektile Dysfunktion besteht, können Veränderungen des Lebensstils einen positiven Effekt ausüben. Der Verzicht auf Alkohol führt bei alkoholabhängigen Patienten in der Regel zu einer Verbesserung der erektilen Funktion. Bei einer medikamentös bedingten erektilen Dysfunktion soll das mutmasslich verantwortliche Medikament – falls möglich – gegen ein anderes ausgetauscht werden. Altersbedingter Testosteronmangel Weist ein Patient mit erektiler Dysfunktion zu niedrige Testosteronwerte auf, kann eine Testosteronzufuhr sinnvoll sein. Eine solche Substitution erfolgt entweder durch eine intramuskuläre Injektion oder durch die äusserliche Anwendung eines Gels. Die Auswirkungen auf die erektile Dysfunktion sind allerdings häufig nur moderat. 22 Ratgeber für Patienten Medikamentöse Behandlung 1998 wurde der erste Phosphodiesterase-Hemmer eingeführt. Die Wirkstoffe Sildenafil, Vardenafil und Tadalafil, die nacheinander auf den Markt kamen, gehören zur Gruppe der sogenannten Phosphodiesterase-Hemmer. Wie der Name sagt, blockieren diese Substanzen das körpereigene Enzym Phosphodiesterase-5. Dadurch wird die Durchblutung der Penisschwellkörper verstärkt, sodass eine Erektion entsteht und/oder länger bestehen bleibt. Die Medikamente wirken nur dann, wenn der Mann sexuell erregt ist – eine Steigerung der Libido wird dadurch nicht erreicht. Wichtige Vorteile der Phosphodiesterase-Hemmer sind die einfache Anwendung (Schlucken einer Tablette) und bei korrekter Anwendung verhältnismässig gute Verträglichkeit sowie relativ geringen Nebenwirkungen. Risiken und Vorsichtsmassnahmen Patienten mit einer Herzerkrankung, die Arzneimittel mit Nitraten oder Stickstoffmonoxid-Donatoren (z.B. Nitroglyzerin) einnehmen, dürfen keine PhosphodiesteraseHemmer einnehmen. Es besteht ein beträchtliches Risiko für einen massiven Blutdruckabfall und Kreislauf-Zusammenbruch. Auch Patienten mit schweren Herzkreislauf-Erkrankungen (z.B. schwere Herzinsuffizienz, instabile Angina pectoris) dürfen diese Medikamente nicht ver wenden. Bei der gleichzeitigen Einnahme gewisser Medikamente zur Behandlung gutartiger Prostatavergrösserungen wird zur Vorsicht geraten. Die Kombination von Phosphodiesterase-Hemmern mit Blutdrucksenkern ist dagegen in der Regel unproblematisch, auch wenn der Patient mehrere blutdrucksenkende Wirkstoffe gleichzeitig anwendet. «Besser informiert über Erektionsstörungen» 23 Patienten mit folgenden Beschwerden wird ebenfalls von der Einnahme von Phosphodiesterase-Hemmern abgeraten: n schwere Leberzirrhose n kürzlich erfolgter Herzinfarkt oder Schlaganfall n (potentiell) schwerwiegende Herzrhythmusstörungen Weiterführende Vorsichtsmassnahmen sind hier nicht aufgelistet. Alle Fragen im Zusammenhang mit der medikamentösen Behandlung der erektilen Dysfunktion sollten im ärztlichen Gespräch geklärt werden. Nebenwirkungen Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören: Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Sehstörungen, Veränderungen des Farbsehens, gerötetes Gesicht («Flush»), verstopfte Nase und Verdauungsstörungen. Falls eine Erektion zu lange anhält (mehr als 4 Stunden), muss notfallmässig ein Arzt aufgesucht werden, da die Gefahr irreparabler Schädigungen des Penisgewebes besteht. Wirksamkeit Phosphodiesterase-Hemmer sind keine Aphrodisiaka. Eine sexuelle Stimulierung ist weiterhin erforderlich. Danach kann eine Erektion mit einer Verzögerung von 30 bis 60 Minuten erfolgen (nach Einnahme auf nüchternem Magen). Bei Einnahme mit einer Mahlzeit kann sich der Wirkungseintritt weiter hinausschieben. Die drei auf dem Schweizer Markt erhältlichen Phosphodiesterase-Hemmer sind sich relativ ähnlich und unterscheiden sich nur in ihrer Wirkdauer und Einnahmehäufigkeit. Die Auswahl sollte im Gespräch mit dem Arzt erfolgen. 24 Ratgeber für Patienten Die Mehrzahl der Patienten ist mit der Wirksamkeit, der einfachen Anwendbarkeit und dem Nebenwirkungsprofil der Phosphodiesterase-Hemmer zufrieden. Kauf von Phosphodiesterase-Hemmern im Internet Vom Kauf potenzsteigernder Mittel im Internet ist abzuraten. Dies gilt auch für Phosphodiesterase-Hemmer. Die Qualität dieser Produkte sowie die Inhaltsstoffe entsprechen in der Regel nicht den hohen Anforderungen unserer Medikamente. Oft fehlen zudem Packungsbeilagen mit den notwendigen Informationen zum Medikament und häufig liegt die Dosis des Wirkstoffs deutlich unter oder über dem deklarierten Wert. «Besser informiert über Erektionsstörungen» 25 Weitere medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten Andere Wirkstoffe zum Einnehmen, wie z.B. Apomorphinhaltige Medikamente, sind weniger wirksam als die Phosphodiesterase-Hemmer. Sind können jedoch bei Patienten, die letztere nicht anwenden dürfen, eine Alternative sein. Therapie mit medizinischer Vakuumpumpe Neben oral einzunehmenden Medikamenten gehören auch Vakuumpumpen zu den therapeutischen Mitteln der ersten Wahl. Die Vakuumpumpe verursacht einen Unterdruck, wodurch die Venen an der Oberfläche des Penis erweitert werden und eine Erektion begünstigt wird. Nach Erreichen der Erektion kann ein elastischer Ring an der Peniswurzel angebracht werden, um den Blutabfluss und damit den Verlust der Steifheit zu verzögern. Zwei entscheidende Voraussetzungen für den Erfolg sind die Instruktion zum korrekten Gebrauch der Pumpe und das Verständnis der Partnerin bzw. des Partners. Behandlung durch (Selbst-) Injektion in den Penisschwellkörper (SKAT) Vor 20 Jahren war die Injektion in den Penisschwellkörper eine der einzigen oft wirksamen Alternativen. Nach dem Aufkommen der Phosphodiesterase-Hemmer wird sie heute weniger oft angewendet, bleibt jedoch eine wirksame, wenn auch weniger angenehme Massnahme. Wichtig ist die korrekte Dosierung, damit die Erektion nicht länger als 30 bis 60 Minuten anhält. Injektion in den Penisschwellkörper 26 Ratgeber für Patienten Penisimplantate Das Einsetzen eines Penisimplantats erfordert einen chirurgischen Eingriff. Dabei kommt es zu einer irreversiblen Schädigung der Penisschwellkörper. Diese chirurgische Intervention ist daher nur nach sehr strenger Prüfung bzw. nach Ausschöpfen der anderen Therapieoptionen als letzte Möglichkeit angezeigt. In der Regel setzen sich die empfohlenen Implantate aus drei Teilen zusammen: zwei hydraulische aufblähbare Zylinder, die in die Penisschwellkörper eingesetzt werden, eine kleine, im Hodensack platzierte Pumpe und ein im Unterbauch implantiertes und mit Kochsalzlösung gefülltes Reservoir. Die Bestandteile dieses geschlossenen Systems sind durch Schläuche miteinander verbunden. Betätigt der Patient die Pumpe, gelangt Kochsalzlösung aus dem Reservoir in die zylindrischen Prothesen und es kommt zu einer Erektion. Um die Erektion zu beenden, drückt er auf das Ablassventil der Pumpe, und die Flüssigkeit fliesst wieder in das Reservoir zurück. Penisimplantat «Besser informiert über Erektionsstörungen» 27 Psychotherapeutischer Ansatz In der psychotherapeutischen Behandlung sollen die Patienten lernen, wie sie ihre Potenzstörung psychisch überwinden und wieder Vertrauen in die Funktionsfähigkeit ihres Körpers gewinnen können. Die Behandlung stützt sich auf folgende Punkte: n Ärztliches Gespräch n Einbezug des Partners n Körperliche Übungen n Medikamente (Phosphodiesterase-Hemmer) Die ärztliche Befragung ist schon als Teil der Behandlung zu betrachten. Durch entsprechende Verhaltens- und Gesprächstherapien werden die wesentlichen Zusammenhänge über sexuelle Funktionen und die damit verbundenen körperlich-seelischen Vorgänge vermittelt. Durch einen frühen Einbezug des Partners lassen sich mögliche Konflikte und Ängste in der Paarbeziehung offen angehen und zusätzlich Lösungsstrategien suchen. Der Patient wird angeleitet, wie er durch Einsatz körperlicher Übungen (BeckenbodenEntspannung, Stressabbau) zu einer Überwindung der Störung beitragen kann. Die Wirkungsweise der Phosphodiesterase-Hemmer wird besprochen und auf mögliche Nebenwirkungen eingegangen. 28 Ratgeber für Patienten Kommunikation in der Partnerschaft Wichtig ist der frühzeitige Einbezug des Partners in den Behandlungsablauf. Im Umgang miteinander sollte das Paar darauf achten, jeglichen Leistungsdruck zu vermeiden – entscheidend ist letztlich nicht der reine Sexualakt, sondern ob das gemeinsame Intimleben für beide Seiten befriedigend gestaltet werden kann. Ein offenes gemeinsames Gespräch kann falschen Erwartungen entgegenwirken. Diese Offenheit in der Partnerschaft trägt ausserdem dazu bei, dass sich niemand überfordert oder übergangen fühlt, sondern die notwendigen therapeutischen Massnahmen gemeinsam getragen und aktiv unterstützt werden. «Besser informiert über Erektionsstörungen» 29 Leistungen der Krankenkassen Die Kostenübernahme für Untersuchungen und Behandlungen im Rahmen der erektilen Dysfunktion ist streng geregelt. Obwohl die erektile Dysfunktion eine Krankheit wie jede andere ist, werden die Kosten für die medikamentöse Therapie meist nicht von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen. Erektionsstörungen gelten primär als Folge des normalen Alterungsprozesses. Bei bestehender Zusatzversicherung sind einige Krankenkassen jedoch bereit, die Kosten für PhosphodiesteraseHemmer zu übernehmen. Die Kosten für Vakuumpumpe und Injektionen in die Penisschwellkörper werden dagegen von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen. 30 Ratgeber für Patienten Zusammenfassung Die erektile Dysfunktion ist in der Mehrzahl der Fälle eine altersbedingte Erkrankung und kommt bei Männern mit Diabetes, bestehenden Risikofaktoren für HerzkreislaufErkrankungen oder nach vollständiger Entfernung der Prostata gehäuft vor. Die Schwellkörper des Penis lassen sich mit einem Schwamm vergleichen. Bei sexueller Erregung erfolgt eine Druckerhöhung im Innern der Penisschwellkörper, die eine Erektion auslöst. Mehrere Faktoren wirken hier zusammen: Die Nervenimpulse aus dem Rückenmark, der arterielle Blutzufluss, der gedrosselte venöse Abfluss sowie die psychische Verfassung. Wenn einer dieser Faktoren ausfällt, kann eine erektile Dysfunktion auftreten. Trotz der Offenheit, mit der heute über Sexualität gesprochen wird, fällt es Betroffenen oft noch schwer, über ihre erektile Dysfunktion zu sprechen, auch weil diese Krankheit mehr als jede andere oft als persönliche Niederlage und psychisch belastend empfunden wird. Dieser Ratgeber soll aufzeigen, dass es in solchen Fällen nicht nur sinnvoll, sondern für die Gesundheit wichtig ist, einen Arzt aufzusuchen. So können die Gründe für die erektile Dysfunktion abgeklärt, Begleiterkrankungen ausgeschlossen und therapeutische Hilfe beansprucht werden. Vor einigen Jahren haben neue Medikamente die Behandlung der erektilen Dysfunktion revolutioniert. Sie zeigen eine gute Wirksamkeit und werden in der Regel auch gut vertragen. Arzneimittel, die per Internet im Ausland gekauft werden, sind nicht zu empfehlen: Sie können die Gesundheit gefährden. In der Mehrzahl der Fälle gehen die mit der erektilen Dysfunktion verbundenen Behandlungskosten zu Lasten des Patienten. Dieser Ratgeber befasst sich zwar ausschliesslich mit den Erektionsstörungen des Mannes, doch der Betroffene ist auf die Mithilfe und das Verständnis seines Partners angewiesen. «Besser informiert über Erektionsstörungen» Rechtliche Hinweise Ziel dieses Ratgebers ist es, auf medizinische Fragen zur erektilen Dysfunktion informative Antworten zu geben. Dieser Ratgeber kann und will jedoch nicht den ärztlichen Rat ersetzen. Bevor mit irgendeiner Behandlung begonnen wird, muss im eigenen Interesse ein Arzt (Hausarzt oder Urologe) kontaktiert werden, damit schwerwiegende Begleiterkrankungen nicht übersehen werden. Die Autoren und die Mepha Pharma AG übernehmen keinerlei Verantwortung für Fehler, Unterlassungen oder Folgen, die aus ihrer Verwendung resultieren können. Der vorliegende Ratgeber richtet sich in erster Linie an in der Schweiz wohnhafte Patienten. 31 32 Ratgeber für Patienten Glossar n n n n n n n Anamnese Detaillierte ärztliche Erstbefragung des Patienten nach der persönlichen und familiären Krankengeschichte. Eine sorgfältige Anamnese ist die Basis für die Diagnosestellung und Therapie. Angina pectoris Plötzlich auftretender Schmerz und Engegefühl in der Brust, die durch eine vorübergehende Durchblutungsstörung des Herzens ausgelöst werden. Eine Angina pectoris tritt meist im Rahmen einer Erkrankung (Verengung) der Herzkranzgefässe auf. Antiandrogene Antiandrogene sind Medikamente, welche die Wirkung der männlichen Sexualhormone hemmen. Sie werden z.B. in der Spätphase des Prostatakarzinoms eingesetzt. Aphrodisiaka Aphrodisiaka sind Mittel zur Steigerung des sexuellen Verlangens (Libido). Apomorphin Der Arzneistoff Apomorphin ist ein Morphin-Abkömmling. Durch direkte Stimulierung der für die Erektion verantwortlichen Zentren im Gehirn hat die Substanz eine potenzsteigernde Wirkung. Arterien Als Arterien werden alle Blutgefässe bezeichnet, die sauerstoffreiches (arterielles) Blut vom Herzen in den Körper transportieren. Im Gegensatz dazu transportieren Venen sauerstoffarmes (venöses) Blut zurück zum Herzen (s. «Venen»). Arteriosklerose/Arterienverkalkung Als Arteriosklerose (Arterienverkalkung) wird eine Erkrankung der arteriellen Blutgefässe bezeichnet. Dabei kommt es zu Ablagerungen von Fett, Blutgerinnseln und bindegewebigen Verhärtungen in den Gefässwänden. Diese führen allmählich zu Elastizitätsverlust und Verengungen der Blutgefässe, bis hin zum völligen Verschluss. Folgeerkrankungen sind z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen und erektile Dysfunktion. «Besser informiert über Erektionsstörungen» n n n n n n n 33 Blutdruck, arterieller Der Druck, den das strömende Blut auf die Gefässwände ausübt, wird als Blutdruck bezeichnet. Mit dem arteriellen Blutdruck ist der Blutdruck gemeint, der in den Arterien des Körperkreislaufs gemessen werden kann. Der arterielle Blutdruck definiert die Leistungsfähigkeit des Herzkreislauf-Systems. Ejakulation Als Ejakulation (lat. «Auswerfen») wird der Samenerguss während des Orgasmus bezeichnet. Endoskop Ein Endoskop ist ein Gerät, mit dem man das Innere von Körperhohlräumen untersuchen und behandeln kann. Erektion Mit dem Begriff Erektion (lat. «Aufrichtung») wird die Versteifung des Penis nach sexueller Erregung bezeichnet. Sie ist Voraussetzung für den Vollzug des Geschlechtsverkehrs. Glans penis Als Glans penis wird die Eichel des Penis bezeichnet. Es handelt sich hier um eine Verdickung am vorderen Ende des männlichen Geschlechtsorgans, in der die Harnröhre mündet. Harnröhrenschwellkörper (Corpus spongiosum penis) Der Harnröhrenschwellkörper liegt an der Unterseite des Penis. In ihm verläuft die Harnröhre. Er besteht aus einem schwammartigen Venengeflecht, das von Bindegewebe umgeben und von glatten Muskelzellen durchzogen ist. Bei der Erektion erfolgt die Versteifung des Harnröhrenschwellkörpers durch Verringerung des venösen Blutabflusses. Herzinsuffizienz Bei einer Herzinsuffizienz oder Herzschwäche ist die Leistungsfähigkeit (Pumpleistung) des Herzens eingeschränkt. Es ist nicht mehr in der Lage, den Organismus ausreichend mit Blut zu versorgen, was zu Kreislaufversagen führen kann. 34 Ratgeber für Patienten n n n n n n n Intramuskuläre Injektion Bei einer intramuskulären Injektion wird ein flüssiges Medikament mittels Spritze in einen Muskel injiziert. Libido Bezeichnung für sexuelle Lust und Begehren. Niereninsuffizienz Niereninsuffizienz ist die medizinische Bezeichnung für Nierenfunktionsstörungen. Die Nieren sind nicht mehr in der Lage genügend harnpflichtige Stoffe aus dem Blut herauszufiltern und auszuscheiden. Penisschwellkörper (Corpus cavernosum penis) Die beiden Penisschwellkörper befinden sich auf der Oberseite des Penis. Sie beginnen am rechten und linken Sitzbein, verwachsen im Bereich des Peniskörpers und ziehen sich bis zur Glans penis. Die Penisschwellkörper bestehen aus einem schwammartigen Gewebe aus glatter Muskulatur und Bindegewebe, das von arteriellen Blutgefässen durchzogen ist. Phosphodiesterase-Hemmer Phosphodiesterase-Hemmer sind Medikamente zur Behandlung der erektilen Dysfunktion. Sie hemmen ein körpereigenes Enzym (Phosphodiesterase-5), was zu einem verstärkten Blutfluss in die Penisschwellkörper führt. Reservoir Ein Reservoir ist ein Speicher für Flüssigkeiten. Substitution Der Begriff Substitution bedeutet «ersetzen». Wird z.B. eine körpereigene Substanz, die der Organismus nicht mehr in ausreichenden Konzentrationen selbst herstellen kann, durch ein Medikament zugeführt, handelt es sich um eine «Substitutionsbehandlung». «Besser informiert über Erektionsstörungen» n n n n n 35 Testosteron Testosteron ist die Bezeichnung für das wichtigste männliche Geschlechtshormon. Neben zahlreichen körperlichen und geistigen Funktionen beeinflusst es (neben Bartwuchs und Körperbehaarung) insbesondere die Entwicklung der Geschlechtsorgane, Spermienbildung, Erregung und Potenz. Urethra Als Urethra wird in der Medizin die Harnröhre bezeichnet. Urologe Der Urologe ist Spezialarzt für die harnbildenden und harnableitenden Organe, also für Niere, Harnblase, Harnleiter und Harnröhre. Urologen behandeln darüber hinaus auch Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane (Hoden, Penis, Prostata). Venen Venen sind Blutgefässe, die sauerstoffarmes (venöses) Blut zurück zum Herzen transportieren. Von dort wird das venöse Blut in die Lunge geleitet (Lungenkreislauf), mit Sauerstoff beladen und wieder zum Herzen zurückgeführt. Wachstumshormone Wachstumshormone wie beispielsweise Somatotropin sind körpereigene Hormone, die zahlreiche Stoffwechselvorgänge beeinflussen und insbesondere für Zellwachstum und -entwicklung verantwortlich sind. 36 Ratgeber für Patienten Der Ratgeber wurde in Zusammenarbeit mit Dr. med. Werner Tschan (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Basel) geschrieben. Die mit dem Regenbogen 235086-331301 Mepha Pharma AG www.mepha.ch