Diabetisches Fußsyndrom Referentin Dorothea Klement ICW-Wundexperte 2015 Der gesunde Fuß - Schutzmechanismen Nerven & Gefäße Haut Subcutanes Fettgewebe Muskeln, Sehnen & Bänder Skelett DFS - Dorothea Klement - 2015 Definition DFS Diabetisches Fußsyndrom fasst alle pathologischen Veränderungen an den Füßen zusammen, die durch die diabetische Grunderkrankung begünstigt oder verstärkt werden: Fußulkus Nagelbettschädigungen Deformitäten der Zehen bzw. des Fußes Infektionen DFS - Dorothea Klement - 2015 1 DFS - Dorothea Klement - 2015 DFS - Dorothea Klement - 2015 Ursachen Polyneuropathie Ca. 50% Angiopathie Ca. 15% Mischformen Ca. 35 % DFS - Dorothea Klement - 2015 2 Neuropathie Sensorische Neuropathie Motorische Neuropathie Erhöhtes Verletzungsrisiko Führt zu Deformation der kleineren Fußmuskeln & des Fußes Autonome Neuropathie Vasodilatation, Erwärmung DFS - Dorothea Klement - 2015 Der neuropathische Fuß Haut: trocken, rosig, warm Pulse tastbar Ruheschmerz, Missempfindungen Ulcus an druckexponierten Stellen: Ballen, Ferse, Hallux… DFS - Dorothea Klement - 2015 DFS - Dorothea Klement - 2015 3 Angiopathie: pAVK Arteriosklerotische Gewäßwandveränderungen Arterielle Embolie Entzündungen bei Vaskulitis (kleine & große Arterien) Risikofaktoren: Nikotinabusus, Hypertonie, Stoffwechselstörungen DFS - Dorothea Klement - 2015 Der angiopathische Fuß Haut blass, kalt Fehlende Fußpulse Belastungsschmerz oder Ruheschmerz Siehe Klassifikation nach Fontaine Häufig endständige Nekrosen an den Zehen oder Nekrosen an den Fersen DFS - Dorothea Klement - 2015 DFS - Dorothea Klement - 2015 4 Symptome von Neuropathie Haut rosig, warm, z.T. mit Rhagaden, Pilzbefall, Einblutungen Effekte bei Hochlagerung Haut Vorfuß erblasst Ödem Häufig nachweisbar Kühl, dünn, blass, glänzend, haarlos Effekte bei Hochlagerung Keine Farbveränderung Ödem pAVK Eher selten, Haut häufig in Falten abhebbar DFS - Dorothea Klement - 2015 Symptome von Neuropathie Ulzerationen Kaum schmerzhaft, meist am Vorfuß oder an druckexponierten Stellen Verhornung pAVK Ulzerationen Hyperkeratosen, Hühneraugenbildung, Blasen an druckexponierten Stellen, Risse im Fersenbereich (Sehr) schmerzhaft, meist an Extremitätenenden (Zehen) Verhornung Eher selten DFS - Dorothea Klement - 2015 Symptome von Neuropathie Fußpulse tastbar Fußnägel pAVK Fußpulse Nagelpilz, Einblutung unterhalb des Nagels Fußnägel Empfinden Kein Achillessehnenreflex, Temperatur-, Schmerz-, Druck-, Vibrationsempfinden verringert verringert oder nicht mehr vorhanden Verdickte Nägel & übermäßige Nagelbildung (Hyperonchie) Empfinden Achillessehnenreflex vorhanden, normale Wahrnehmung DFS - Dorothea Klement - 2015 5 Symptome von Neuropathie pAVK Schmerzen Schmerzen Kaum oder gar nicht, Missempfindungen Nächtlicher Ruheschmerz, Linderung durch Bewegung Bei Bewegung, Linderung beim Stehenbleiben Ruheschmerz, Linderung bei Beintieflagerung Erscheinungsbild Füße Fußdeformitäten: Hammeroder Krallenzehen, Hallux Valgus, Hohl-/Senk-Spreizfuß Charcotfuß Erscheinungsbild Füße Keine Deformitäten, ggf. Amputationen (Zehen oder Vorfuß) DFS - Dorothea Klement - 2015 Einteilung diabetischer Ulcera nach Wagner / Armstrong Wagner Armstrong 0 Neuropathie u/o Angiopathie Abgeheiltes ulkus 1 Oberflächliche Wunde 2 Wunde bis zur Ebene von Sehne oder Kapsel 3 4 5 Wunde bis zur Ebene von Knochen oder Gelenk Nekrose von Fußteilen Nekrose des gesamte n Fußes ohne Infektion A mit Infektion mit Infektion mit Infektion mit Infektion mit Infektion mit Infektion mit Ischämie mit Ischämie mit Ischämie mit Ischämie mit Ischämie mit Ischämie mit Infektion und Ischämie mit Infektion und Ischämie mit Infektion und Ischämie mit Infektion und Ischämie mit Infektion und Ischämi e mit Infektion und Ischämie B C D DFS - Dorothea Klement - 2015 DFS - Dorothea Klement - 2015 6 Malum perforans DFS - Dorothea Klement - 2015 Druck 23.05.03 23.05.03 DFS - Dorothea Klement - 2015 26.06.03 Diagnostik - allgemein Dauer & Typ des Diabetes Typ I oder II, bisherige Therapie Begleit- & Folgeerkrankungen Pflegeanamnese Auslösende Ursachen Unpassendes Schuhwerk, Folgen einer Fußpflege, eingewachsene Zehnägel… Patientenwissen DFS - Dorothea Klement - 2015 7 Neurologische Diagnostik Prüfung des Gangbildes Überprüfung des Patellar- & Achillessehnenreflexes Stimmgabeltest Vibrationsempfinden, Tiefensensibilität 10-Gramm-Monofilament Tip-Therm DFS - Dorothea Klement - 2015 Gefäß-Diagnostik Knöchel-Arm-Druck-Index (KDI) Duplexsonographie Angiographie intraarterielle digitale Substraktionsangiographie (DSA) Cave: Kontrastmittel bei bekannter Nierenvorschädigung DFS - Dorothea Klement - 2015 Knöchel-Arm-Druck-Index DFS - Dorothea Klement - 2015 8 Radiologische Diagnostik Röntgen in 2 Ebenen, seitliche Belastungsaufnahme Knochenszintigraphie MRT DFS - Dorothea Klement - 2015 Neuroosteoarthropathie (DNOAP) nach Levin Stadium I Akutes Stadium, Fuß gerötet, geschwollen & überwärmt, ggf. im Röntgenbild noch kein sichtbarer Befund Stadium II Knochen- & Gelenkveränderungen, Frakturen DFS - Dorothea Klement - 2015 Neuroosteoarthropathie (DNOAP) nach Levin Stadium III Fußdeformität: ggf. Plattfuß, später Wiegefuß durch Frakturen und Gelenkzerstörungen Stadium IV Zusätzlich plantare Fußläsionen DFS - Dorothea Klement - 2015 9 Labor Diagnostik HbA1c Blutzuckertagesprofil BSG, CRP Nierenwerte Cholesterin mit HDL, LDL & Triglyceride Mikrobiologische Diagnostik: Wundabstrich DFS - Dorothea Klement - 2015 Risikoklassifizierung Kategorie Risikoprofil Untersuchungen 0 Keine sensorische Neuropathie 1 x alle 12 Monate 1 Sensorische Neuropathie 1 x alle 6 Monate 2 Sensorische Neuropathie & Zeichen einer pAVK oder Fußdeformitäten 1 x alle 3 Monate 3 Früheres Ulkus 1 x alle 1 bis 3 Monate Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinie DDG: Diabetisches Fußsyndrom, 2009 Evidenzbasierte DFS - Dorothea Klement - 2015 Entwicklung eines DFS Diabetes Mellitus Neuropathie Fußdeformitäten Angiopathie Trauma Ischämie DFS - Dorothea Klement - 2015 10 Haut eines Diabetikers Verminderte Schweiß- & Talgproduktion Reduzierter Säureschutzmantel Verlangsamte Zellteilung Reduzierte Enzymaktivität Reduzierte (subkutane) Elastizität DFS - Dorothea Klement - 2015 Therapie Primäre Therapieziele Sicherung oder Wiederherstellen der Lebensqualität Vermeidung von Komplikationen Ursächliche Therapie Ausreichende Durchblutung sicherstellen (Komplett-) Entlastung ohne Druckeinwirkung DFS - Dorothea Klement - 2015 Therapie Therapie orientiert sich an IRAS-Regel I => Infektsanierung R =>Revaskularisation A => ggf. notwenige Amputation S => Schulung DFS - Dorothea Klement - 2015 11 Ursächliche Therapie Einstellung des Diabetes Mellitus BZ-Werte im Normbereich (90 – 110 mg/dl) HbA1c-Wert Werte bis 6,5 mg% gelten als gut Werte bis 7,5% gelten als befriedigend DFS - Dorothea Klement - 2015 Ursächliche Therapie Mögliche operative Maßnahmen Revaskularisation, z.B. Bypass, Gefäßdilatation Korrektur: Hallus Valgus Resektion der Mittelfußknochen Großflächiges chirurgisches Wunddebridement DFS - Dorothea Klement - 2015 Ursächliche Therapie Minoramputation Indikationen: offenes Gelenk, freiliegende Knochenmit Zeichen einer Osteitis, feuchtes Gangrän oder trockene Nekrose Majoramputation Indikationen: Therapieresistente aufsteigende distale Infektion, irreversible mangelhafte Durchblutung Cave: vor Amputation immer Zweitmeinung einholen DFS - Dorothea Klement - 2015 12 (Komplett-) Druckentlastung Verbandsschuh mit Weichbettung Vorfuß-Entlastungsschuh Cave: Absatzausgleich am anderen Fuß Orthtetische VakuumStützsysteme z.B. WCS-Schuh VACO diaped, Total-Contact-Cast Gangschule ggf. mit weiteren Hilfsmitteln DFS - Dorothea Klement - 2015 Verordnungskriterien: Schuhversorgung VO-Klasse Regelversorgung Diabetes mellitus ohne PNP/pAVK Fußgerechte Konfektionsschuhe Wie oben, mit Fußdeformität Orthopädieschuhtechnische Versorgung aufgrund orthopädischer Indikation Diabetes mellitus mit Sensibilitätsverlust durch PNP/relevante pAVK Diabetesschutzschuh mit konfektionierter Weichbettung, ggf. diabetes-adaptierte Fußbettung (DAF) Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinie DDG: Diabetisches Fußsyndrom, 2009 Evidenzbasierte DFS - Dorothea Klement - 2015 Verordnungskriterien: Schuhversorgung VO-Klasse Regelversorgung Z.n. plantarem Ulkus Diabetesschutzschuh mit DAF, ggf. mit orthopädischer Schuhzurichtung Diabetische Neuroosteoarthropathie (DNOAP), LEVIN-Stadium III Knöchelübergreifende orth. Maßschuhe mit DAF, Innenschuhe, Orthesen Z.n. Fußteilamputation orth. Maßschuhe mit DAF, ggf. Prothesen Akute Läsionen Entlastungs- oder Verbandsschuhe, TCC ggf. mit DAF oder orth. Zurichtung Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinie DDG: Diabetisches Fußsyndrom, 2009 Evidenzbasierte DFS - Dorothea Klement - 2015 13 Prävention Podologische Behandlung Kostenübernahme durch Krankenkasse (Heilmittelbudget) ab Wagner-Stadium 0 Indiktionen: fortbestehende Druckstellen, Fußdeformitäten, sensorische Neuropathie, relevante pAVK, Sehschwäche, körperliche Behinderungen DFS - Dorothea Klement - 2015 Prävention Regulation der Stoffwechsellage Selbstuntersuchung: Angepasste Ernährung BZ-Einstellung Tägliche Inspektion der Füße, Zehen & Schuhe vor dem Anziehen Vermeidung von Fußverletzungen DFS - Dorothea Klement - 2015 Prävention Adäquate, verletzungsfreie Fußpflege Pflege der Fußnägel Cave: Temperatur, Dauer Cave: kein Nagelschere, Hornhauthobel oder Hühneraugenpflaster verwenden Hautpflege Cave: harnstoffhaltige W/O Produkte, nicht in den Zehenzwischenräumen DFS - Dorothea Klement - 2015 14 Prävention Fußbekleidung Nahtlose Socken ohne einengendes Bündchen Atmungsaktives Material Schuhwahl Nachmittags oder abends anpassen, keine drückenden Nähte, ausreichende Weite und Höhe ggf. Umrisse des Fußes als Schablone DFS - Dorothea Klement - 2015 Herzlichen Dank! [email protected] DFS - Dorothea Klement - 2015 Literaturhinweise •Protz, K. (2011): Moderne Wundversorgung (6. Auflage). München: Urban & Fischer • Wied, S., Warmbrunn, A. (2003): Pschyrembel - Wörterbuch Pflege. Berlin: de Gruyter •Panfil, Schröder (2010): Pflege von Menschen mit chronischen Wunden. 2 Auflage. Bern: Hans Huber Verlag •Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinie DDG: Diabetisches Fußsyndrom, 2009 45 15