Spezial „Werden uns als Premiumanbieter neu positionieren“ Interview Der Auftragsproduzent Celonic AG in Basel stellt sich neu auf. Firmenchef Konstantin Matentzoglu erläutert die Pläne des Unternehmens gegenüber |transkript. |transkript Herr Matentzoglu, Sie haben angekündigt, die Celonic AG umzubauen. Worum geht es? Konstantin Matentzoglu ist Vorstand der Celonic AG. Der Biochemiker investierte noch während einer Promotion an der Universität Konstanz 2008 in die ebenfalls dort ansässige Trenzyme GmbH. Er war für das Unternehmen anschließend als einer der Geschäftsführer vor allem im Bereich Business Development tätig. Seit 2011 arbeitete Matentzoglu zudem als Unternehmensberater und Interimsmanager in den Bereichen Biotechnologie und Engineering. Matentzoglu Wir sind gerade dabei, alle unsere Geschäftsprozesse zu hinterfragen. Außerdem richten wir unsere Philosophie darauf aus, die Qualität der Dienstleistung und die Kundenbegeisterung in den Vordergrund zu stellen. Das Stichwort hier ist „Business Excellence“. Wir werden uns als Premiumanbieter mit hoher Qualität neu positionieren. |transkript Das hört sich zunächst eher luftig an. Was ist konkret geplant? |transkript Welche Auswirkungen hat das auf Ihr Geschäftsmodell? Matentzoglu Wir sind im Moment in einer Phase, in der wir die frühen klinischen Studien bedienen. Wir sind also im Hochrisiko-Entwicklungsbereich unserer Kunden involviert. Das ist natürlich einerseits spannend, gibt aber andererseits nur wenig Planungssicherheit. Unsere Ziele sind zum einen, uns strukturell besser aufzustellen, um für unsere Kunden das Risiko in der Prozessentwicklung zu minimieren und zum anderen, bald auch die klinische Phase III und die Marktversorgung zu gewährleisten. |transkript Reichen organisatorische Veränderungen dafür aus? Matentzoglu Es wäre schön, wenn es so einfach wäre. Als ich vor rund einem Jahr die Geschäftsführung bei Celonic übernahm, habe ich eine wissenschaftlich exzellente I 42 Organisation mit tollen Köpfen vorgefunden. Supportstrukturen wie ein firmenweites Qualitätsmanagement-System, Marketing, Sales und viele andere waren jedoch nicht vorhanden. Dies ändern wir. Wir konnten beispielsweise bereits die ersten Schritte Richtung firmenübergreifendes Qualitätsmanagement gehen, haben unsere Kapazitäten im Projektmanagement um 50% angehoben und Marketing und Sales etabliert. sorgung abbilden. Daneben sind wir dabei, einen ersten Marktversorgungsdeal für ein Biosimilar mit einem Kunden abzuschließen. Dafür planen wir den Neubau einer modularen Produktionsanlage mit zunächst drei Linien. Damit können wir zwei Produkte parallel für den Markt herstellen. Durch die Modularität ist ein Ausbau jederzeit möglich. |transkript Matentzoglu Celonic ist frei von Wagniskapital. Für größere Investitionen wie die neue Produktionsanlage können wir uns als Teil der Rettenmaier-Unternehmensgruppe auf die Unterstützung unserer Besitzer verlassen. Zudem können wir so bei ausgewählten Kundenprojekten mit ins Risiko gehen. In solchen Fällen bieten wir unsere Dienstleistungen beispielsweise zum Selbstkostenpreis an und erhalten im Gegenzug einen Anteil am zukünftigen kommerziellen Erfolg des Produktes. Sie stellen also Personal ein? Matentzoglu Wir hatten im Februar 2014 42 Mitarbeiter, gegen Jahresende werden wir 50 sein. Da passiert gerade eine ganze Menge. Wenn Sie sich anschauen, in welchen Funktionsbereichen wir einstellen, betrifft dies vor allem die Qualitätskontrolle und -sicherung sowie das Projektmanagement – das, was viele „Overhead“ nennen. Ich mag dieses Wort eigentlich nicht. Es suggeriert, dass diese Mitarbeiter überflüssig sind. Im GMPCMO-Umfeld ist aber das Gegenteil der Fall! |transkript Um den Markt zu versorgen, sind ganz andere Produktmengen als für klinische Studien nötig … Matentzoglu Das ist richtig und wir können mit den vorhandenen Ressourcen schon heute für kleinskalige Produkte die Marktver- |transkript Wie finanzieren Sie das alles? |transkript Die Vielfalt der zu produzierenden Moleküle steigt. Zu klassischen Antikörpern gesellen sich AntikörperWirkstoff-Konjugate (ADCs) oder strukturoptimierte Biobetters. Welche Rolle spielen diese Nischen für Lohnhersteller? Matentzoglu ADCs sind sicher spannend – auch wenn ich skeptisch bin, was Itranskript I Nr. 6 I 21. Jahrgang 2015 Abb.: Celonic Matentzoglu In den kommenden zwei Jahren werden wir uns in allen Bereichen ausschließlich prozessorientiert aufstellen. In der GMP-Produktion haben wir dies bereits erreicht. In anderen Bereichen nutzen wir aber noch kein flächendeckendes Qualitätsmanagement-System. Da wollen wir hinkommen. Spezial die Innovationskraft der ersten Generation dieser Moleküle angeht: Da werden alte, bekannte Antikörper mit noch älteren Wirkstoffen beladen. Inzwischen gibt es jedoch auch hier hochinnovative Ansätze. Für uns ist der Trend zu ADCs positiv: Unsere Aufgabe ist, die Antikörper zu liefern. Weil die dafür benötigten Mengen recht gering sind, passt der Marktbedarf gut zu unserem Produktionsmaßstab. Außerdem haben wir innerhalb der Konzernstruktur Unternehmen, die sich vor allem auf die Formulierung von hochpotenten ADCs spezialisiert haben. |transkript Bei einigen Auftraggebern scheint allein der Preis ausschlaggebend zu sein. Ist das für Sie nachvollziehbar? Matentzoglu Ich finde diese Einstellung seltsam und nehme sie im Markt auch nicht flächendeckend wahr. Bitte bedenke Sie, dass zwar die Dienstleistung eines CMO in den frühen Phasen zunächst wie eine substanzielle Investition erscheint, aber im Gesamtkontext der Pharmaentwicklung eher zu vernachlässigen ist. Wird bei der CMO-Wahl allein auf den Preis geachtet, werden Entwicklungsrisiken in Kauf genommen, die einen hundert- oder tausendfach größeren Einfluss auf die Gesamtkosten der Arzneientwicklung haben können, als die Preisdifferenz zwischen dem billigsten und dem teuersten Anbieter. Wir wollen sicherstellen, dass unsere Prozesse effizient und robust sind und treten daher mit Low-CostProvidern bewusst nicht in den Wettbewerb. |transkript Wen wollen Sie mit ihrem Angebot dann erreichen? Matentzoglu Mit unserer neuen Ausrichtung gehen wir auf Kunden zu, die an einer langfristigen, vertrauensvollen Zusammenarbeit interessiert sind. Wir wollen uns in der Geschäftsanbahnung nicht über den Preis differenzieren, sondern darüber, was wir gut machen und wie wir Kunden unterstützen können. Gerade in neueren Märkten besteht dafür eine hohe Nachfrage. Ein schönes Beispiel dafür ist die Türkei. Dort zeigen eine Reihe von Generikaherstellern großes Interesse an Biosimilars. Viele von ihnen haben aber noch wenig Erfahrung damit und sind daher auf einen kompetenten Partner angewiesen. Als Gründungsmitglied von „The Biosimilar Group“ sind wir dafür gut aufgestellt und können den ganzen Lebenszyklus eines Biosimilars begleiten. |transkript Wie sieht die globale Wettbewerbssituation in diesem Bereich aus? Matentzoglu Die Bioreaktor-Kapazität, die 2014 in China in Betrieb genommen wurde, entspricht etwa der kombinierten Produktionskapazität der kleinen und mittleren CMOs in Europa und den USA. Trotzdem mache ich mir darum offen gestanden im Moment wenig Sorgen. Denn einen Bioreaktor installieren, heißt noch nicht, einen robusten und effizienten Prozess entwickeln zu können. Trotzdem muss man sich darauf einstellen, dass die Lernkurve vor allem in China sehr steil ist. In 10, 15 Jahren könnte die Produktion von Biomolekülen für die frühe klinische Phase vor allem dort stattfinden. Heute aber stehen wir eher mit anderen europäischen und US-amerikanischen Anbietern in Konkurrenz. Dort teilt sich das Feld zunehmend in die Bereiche „Quick & Dirty“ und „Total Quality“. [email protected]