Markenmanagement - Studienbriefshop der Agentur für

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HDL
HOCHSCHULVERBUND DISTANCE LEARNING
MARKETINGKOMMUNIKATION
Schwerdtfeger
1. Auflage 2005
Studienbrief
2 – 080 – 0513
Markenmanagement
Leseprobe
Der Berufsbezogene Weiterbildungsstudiengang Kulturmarketing in der Studienform Fernstudium wurde als Projekt des Hochschulverbundes Distance Learning entwickelt und durch die
Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung gefördert.
Verfasser:
Dr. Dettloff Schwerdtfeger
ICG Consulting Group Deutschland AG
CULTURPLAN Unternehmensberatung; Krefeld
Der Studienbrief wurde auf der Grundlage des Curriculums für das Modul „Marketingkommunikation“ verfasst. Die Bestätigung des Curriculums und des Studienbriefes erfolgte durch den
Fachausschuss Kulturmarketing,
dem folgende Mitglieder angehören:
Prof. Dr. Wolfgang Berg (HS Merseburg), Prof. Dr. Eckehard Binas (HS Zittau/Görlitz),
Prof. Dr. Rolf Budde (HS Hanns Eisler Berlin, Rolf-Budde-Musikverlage), Prof. Dr. Jens Cordes
(HS Harz), RA Pascal Decker, dtb rechtsanwälte Berlin, Prof. Dr. Hardy Geyer (HS Merseburg),
Prof. Dr. Uwe Höft (FH Brandenburg), Dipl.-Päd. Maud Krohn (Service-Agentur des HDL),
Dipl.-Kfm. (FH) Marco Lipke (HS Harz), Prof. Dr. Jürgen Lürssen (Universität Lüneburg),
Prof. Dr. Uwe Manschwetus (HS Harz), Prof. Dr. Matthias Munkwitz (HS Zittau/Görlitz),
RA Florian Timm, dtb rechtsanwälte Berlin, Dipl.-Kfm. Peter Vermeulen (ICG Consulting
Group Deutschland AG – Culturplan Unternehmensberatung, Krefeld), Dr. Reinhard Wulfert
(Service-Agentur des HDL).
1. Auflage 2005
Redaktionsschluss: Juni 2005
 2005 by Service-Agentur des Hochschulverbundes Distance Learning mit Sitz an der FH Brandenburg.
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der
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Genehmigung der Service-Agentur des HDL reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme
verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Service-Agentur des HDL
(Hochschulverbund Distance Learning)
Leiter: Dr. Reinhard Wulfert
c/o Agentur für wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenstransfer e. V.
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Tel.: 0 33 81 - 35 57 40
E-Mail: [email protected]
Fax: 0 33 81 - 35 57 49
http://www.aww-brandenburg.de
Markenmanagement
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Randsymbole ................................................................................................... 4
Einleitung ................................................................................................................................... 5
Literaturempfehlung.................................................................................................................. 6
1
Betriebswirtschaftliches Verständnis von Marken ..................................................... 7
1.1
1.1.1
1.1.2
1.2
1.3
1.4
Begriffe der Marke im wirtschaftlichen und rechtlichen Raum (Markendefinition)......... 7
Wissenschaftliches Markenverständnis .......................................................................... 7
Rechtlicher Markenbegriff ............................................................................................. 9
Markenarten, Markenstrategien und Markenführung (Markenentwicklung) .................. 10
Markenfunktionen und Markenpflege........................................................................... 13
Produktqualität und Markenwirkung ............................................................................ 14
2
Exemplarische Entwicklung eines Markenkonzeptes für den Theaterbetrieb ........ 16
2.1
2.2
2.3
2.4
Publikumsansprüche an das Theater ............................................................................. 17
Programmatische Optionen der Produkt- und Markengestaltung................................... 21
Zusätzliche Optionen der Produkt- und Markengestaltung: Service und Infrastruktur ... 25
Markenzeichengestaltung............................................................................................. 27
3
Kulturmarken am Beispiel von Theatern.................................................................. 30
3.1
3.2
3.2.1
3.2.2
Entwicklung einer Markenarchitektur (Markenarten) ................................................... 31
Beispiele für Markenstrategien im öffentlichen Kulturbetrieb ...................................... 32
Schloss Drottningholm, Schweden ............................................................................... 32
Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen.............................. 33
4
Ausblick auf die Vermarktungsinstrumente ............................................................. 34
4.1
4.2
Markenwerte................................................................................................................ 34
Vermarktung von Marken und operatives Markenkommunikationsmanagement ........... 35
5
Zusammenfassung...................................................................................................... 37
Antworten zu den Kontrollfragen ........................................................................................... 38
Literaturverzeichnis................................................................................................................. 40
Sachwortverzeichnis................................................................................................................. 42
Markenmanagement
1
Betriebswirtschaftliches Verständnis
von Marken
• Nach dem Studium des ersten Kapitels sollen Sie wissen, wie eine
Marke im kommerziellen Denken definiert, entwickelt und gepflegt
wird.
1.1
S
Begriffe der Marke im wirtschaftlichen und
rechtlichen Raum (Markendefinition)
Im wissenschaftlichen Diskurs wird allgemein eine große begriffliche
Vielfalt im Zusammenhang mit Marken festgestellt (vgl. BRUHN [3],
S. 5). Auffällig ist, dass viele Autoren eine konkrete Definition zugunsten
einer Wesensbeschreibung der Marke vermeiden (vgl. u. a. KAPFERER
[13], S. 17 ff.; BRUHN [3], S. 7 ff.). Die Wesensbeschreibungen sind
durch diverse „Die Marke als…“-Konzepte gekennzeichnet (vgl. z. B.
KAPFERER [13], S. 20 ff.; dort wird die Marke als „Informationsspeicher“, „Programm“, „Konzept des Produktes“, „Bedeutungsträger für
Produkte“ oder als „Vertrag“ beschrieben). Auf diese Weise ergeben sich
mehr oder weniger vollständige Merkmalslisten, die insgesamt zu einer
Markenheuristik aggregiert werden könnten. Am deutlichsten umreißt
KOTLER die Bestandteile der Marke in Anlehnung an die Definitionen
der American Marketing Association. Auch dabei ergibt sich das implizierte Markenverständnis lediglich als Konglomerat unterschiedlicher
Bestimmungen:
„Marke: Ein Name, Begriff, Zeichen, Symbol, eine Gestaltungsform oder
eine Kombination aus diesen Bestandteilen zum Zwecke der Kennzeichnung der Produkte oder Dienstleistungen eines Anbieters oder einer Anbietergruppe und der Differenzierung gegenüber Konkurrenzangeboten.
Markenname: Der verbal wiedergebbare, ‚artikulierbare‘ Teil der Marke. Beispiele: Opel, Persil, Maggi, Mövenpick und Gardena.
Markenzeichen: Der erkennbare, jedoch nicht verbal wiedergebbare Teil
der Marke, z. B. ein Symbol, eine Gestaltungsform, eine charakteristische
Farbgebung oder Schrift. Beispiele: die Adidas-Streifen, der MercedesStern und die lila Milka-Kuh.
Warenzeichen: Eine Marke oder ein Markenbestandteil, die bzw. der
rechtlich geschützt ist und dem Anbieter die ausschließliche Nutzung des
Namens oder Zeichens sichert“ (KOTLER / BLIEMEL [18], S. 689).
1.1.1
Wissenschaftliches Markenverständnis
Die Markentheorie bietet verschiedene Ansätze zur systematischen Strukturierung vorhandener Erklärungen und Definitionen der Marke. Überzeugend erscheinen drei paradigmatische Markenansätze, die BRUHN in
seinem monographischen Kompendium zum Markenartikel ([3]) ausgewählt hat.
7
Markenmanagement
MEFFERTs entscheidungsorientierter Ansatz (MEFFERT [22],
S. 173 – 197) ist ein Prozessschema, das an der „markenpolitischen Zielsetzung“ eines Markenabsenders ansetzt. Aufbauend auf einer „Untersuchung der aktuellen und zukünftigen Markt- und Markensituation“
(ebenda, S. 175) im Rahmen einer Situationsanalyse werden alle Entscheidungen vor dem Hintergrund der Markenziele aus Sicht des Unternehmens getroffen.
Komplementär zu MEFFERT stellt BEHRENS einen verhaltenswissenschaftlich ausgerichteten Erklärungsansatz für Marken vor (BEHRENS
[2], S. 199 – 217). Während MEFFERT das Unternehmen als den aktiven
Protagonisten der Markentheorie und als Entscheider in den Mittelpunkt
stellt, geht Behrens vom Käufer der Marke aus. Zentrale These ist dabei,
dass die positive Kaufentscheidung des Markenverwenders nur dann erfolgt, wenn eine Marke wiedererkannt wird. Dazu stellt BEHRENS die
Konzepte der Wahrnehmung und des Lernens im Sinne einer subjektiven
Markenbildung gegenüber (ebenda, S. 201). Der verhaltenswissenschaftliche Markenansatz geht weder vom Produkt noch vom Markenabsender aus, sondern stellt den Konsumenten in den Vordergrund. Kritisch angemerkt werden sollte, dass das bloße Lernen im Sinne der Wissensspeicherung im Zusammenhang mit einer intendierten Verhaltenssteuerung möglicherweise zu kurz greift. WISWEDE beschreibt wirtschaftliches Verhalten daher anhand des lerntheoretischen Konzeptes der
instrumentellen Konditionierung umfassender als „gelerntes Verhalten“
(vgl. WISWEDE [31], S. 67). Das Wissen um ein Produkt oder eine Marke ist nur eine Voraussetzung, nicht jedoch bereits eine erfolgreiche Verhaltensprägung.
Eine dritte Sicht beleuchtet der funktionenorientierte Markenansatz
(KOPPELMANN [15], S. 219 – 237). Dieser systemtheoretisch fundierte
Erklärungsansatz für Marken verbindet die entscheidungsorientierte mit
der verhaltenswissenschaftlichen Sicht. Als Systemelemente der Markenpolitik können die Interaktionspartner im „Kräfteparallelogramm des
Marktes“ (KOPPELMANN [15], S. 494) verstanden werden. Für den
Konsum- und Sachgüterbereich definiert KOPPELMANN neben dem
Hersteller und den Käufern bzw. Verwendern noch den Handel und die
Konkurrenz. Das „Kräfteparallelogramm“ stellt sich in der Übersicht wie
folgt dar:
8
Markenmanagement
Händler
Hersteller
Käufer
Konkurrenz
Bild 1.1
„Kräfteparallelogramm“ des Marktes (KOPPELMANN [15], S. 220)
Die Wirkungsbeziehungen lassen sich als Wirkungshypothesen bzw.
Markenfunktionen konkretisieren. Um die Wirkungen der Markenfunktionen zu erklären, knüpft der funktionenorientierte Ansatz an verhaltenswissenschaftliche Modelle an. Dass die Fülle der möglichen Wirkungsbeziehungen eine Auswahl und somit Entscheidungen des Markenabsenders
erfordert, berücksichtigt der funktionenorientierte Markenansatz mit der
Fragestellung, „unter welchen Bedingungen man denn welche Wirkungsbeziehungen beabsichtigen sollte“ (KOPPELMANN [15], S. 228). Durch
die Verknüpfung von Einsatzbedingungen mit Markenfunktionen entsteht
eine Matrix, die eine Entscheidungsbasis für die Markenpolitik liefert.
Die Marke ist im Licht des funktionenorientierten Markenansatzes als
ein wechselseitig abhängiges Geflecht aus unternehmerischen Entscheidungen und marktseitigen Wahrnehmungen zu verstehen. Eine Folge für
die aktiv gestaltende Markenpolitik ist die systematische Erfassung aller
marktgegebenen Bedingungen sowie des unternehmerischen Entscheidungsraumes und die Aufstellung belastbarer Wirkungshypothesen, durch
welche Entscheidung welcher Marktbedingung angemessen begegnet
werden kann.
1.1.2
Rechtlicher Markenbegriff
Gesetzliche Quellen zur Bestimmung der Marke sind in Deutschland das
Markengesetz, das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
und das Warenzeichengesetz (vgl. BRUHN [3], S. 6). Das Markengesetz
definiert in § 3 Abs. 1:
„Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich
Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer
Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und
Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren
oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“
9
Markenmanagement
Im GWB werden nach § 23 Abs. 2 insbesondere die Merkmale der Warenherkunft und der Lieferungsgarantie in gleich bleibender oder verbesserter Qualität betont. Neben der eher beschreibenden Definition des
Markengesetzes ist der Hinweis auf die Qualität eine wichtige Ergänzung
des GWB. Warenzeichen dienen laut Warenzeichengesetz zunächst nur
der Unterscheidung von Waren unterschiedlicher Gewerbetreibender. Das
Vertrauen der Verbraucher in die Qualitätsaussage des Warenzeichens
zieht neben der Funktion einer reinen Herkunftskennzeichnung darüber
hinaus noch eine Garantiefunktion nach sich. Natürlich umfasst das Warenzeichengesetz vor allem exklusive Schutzrechte, die mit der Anmeldung des Warenzeichens durch den Markenabsender einhergehen.1
Die Markenpraxis, die hier stellvertretend durch die Definition des
Markenverbandes repräsentiert ist, greift insbesondere den Aspekt der
gleich bleibenden Qualität intensiv auf: „Der Markenartikel ist ein Produkt, das die Marke des Herstellers trägt und stets gleich bleibende oder
verbesserte Qualität und Ausstattung bietet“ (www.markenverband.de
am 25. November 2003). Diese pragmatische Umschreibung des Markenartikels mit einer ausschließlichen Ausrichtung auf den Konsumgütermarkt ist im wissenschaftlichen Diskurs nicht unumstritten und wird daher nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Die Aspekte der gesetzlichen und praxisorientierten Quellen können auf
zwei Kernaussagen konzentriert werden: Zunächst fällt allgemein auf,
dass die gesetzlichen Grundlagen und der Markenverband relativ deutlich
zwischen Markenartikel und Marke unterscheiden. Dem steht die wissenschaftliche Auffassung entgegen, dass beide Begriffe „gleichlautend
verwendet“ werden können (BRUHN [3], S. 7). Dort unterscheidet
BRUHN z. B. „Marke, Markenartikel, Markenware, markierte Ware,
Waren- oder Markenzeichen“. Die zweite Beobachtung zeigt, dass die
Systemelemente im „Kräfteparallelogramm“ des Marktes insbesondere in
den Merkmalen des Markenverbandes mindestens implizit enthalten sind:
Durch die Schlüsselwörter „Verwender“ und „Käufer“, „Hersteller“ sowie „Wettbewerb“ (bzw. Konkurrenz) sind drei der vier Systemelemente
explizit angesprochen. Das fehlende Element, der Handel, kommt im
vierten Grundsatz des Markenverbandes im Zusammenhang mit dem Vertrieb und der überregionalen Versorgung zum Ausdruck.
1.2
Markenarten, Markenstrategien und
Markenführung (Markenentwicklung)
DOMIZLAFF stellt eine goldene Regel für Markennamen auf: „Die Verwendung eines Namens muß auf ein einziges Erzeugnis oder auf eine
möglichst konzentrierte Idee beschränkt werden“ (DOMIZLAFF [4],
S. 68). Komplexe Konzernstrukturen des modernen Wirtschaftslebens
zeigen, dass es nicht immer einfach ist, diesem Grundsatz treu zu bleiben.
In diesem Zusammenhang trägt der Begriffspluralismus nicht immer zur
1
10
Vgl. insbes. § 9 Abs. 1 WZG: „Der Schutz des eingetragenen Zeichens dauert zehn Jahre, die mit dem Tag beginnen, der auf die Anmeldung folgt.“
Markenmanagement
Klarheit bei: Dachmarke, Eigenmarke, Gattungsmarke, Handelsmarke,
Herstellermarke oder Familienmarke stellen einige begriffliche Beispiele
dar. Hinter den Begriffen verbergen sich Markenstrategien, die in der Literatur vielfältig diskutiert werden.
Eine systematische Übersicht über Markenarten bietet KOPPELMANN
an:
Markenarten
Markenumfang
Markenabsender
Produktart
Leistungsniveau
Marktweite
Monomarke
Produzentenmarke
Konsumgütermarke
Luxusmarke
lokale Marke
Familienmarke
Handwerkermarke
Industriegütermarke
billige
Massenmarke
regionale
Marke
Dachmarke
Trägermarke
Dienstleistungsmarke
solide Marke
nationale
Marke
Firmenmarke
Händlermarke
Pioniermarke
internationale
Marke
Dienstleistermarke
Designermarke
Hemisphärenmarke
Künstlermarke
Bild 1.2
usw.
Weltmarke
Markenarten (nach KOPPELMANN [16], S. 492)
Mit dem Markenumfang ist die Produktbreite bzw. -tiefe bezeichnet, die
unter einem Markenzeichen zusammengefasst wird. Sie kann von Einzelprodukten bis hin zur gesamten Produktpalette einer Firma, eines Unternehmens oder Konzerns reichen. Die terminologischen Konstrukte zwischen Mono- und Firmenmarke sind durch starke Unschärfen in der Abgrenzung gekennzeichnet. Die Monomarke stellt vornehmlich die Konzentration und Isolation der Marke dar, um negative Transfereffekte zu
reduzieren (vgl. KOPPELMANN [16], S. 493). Unter der Familienmarke werden „verschiedene Einzelprodukte oder Dienstleistungen… zusammengefaßt“ (MÜLLER [25], S. 501), ohne dass dieses Produktbündel
bereits die gesamte Breite des Angebotes eines Markenabsenders abdeckt. Es wird daher auch vereinfachend gesagt, „daß eine Familienmarkenstrategie die gleichzeitige Führung mehrerer Dachmarken unter einem ‚Unternehmensdach’ bedeutet“ (SCHRÖDER [28], S. 515).
Mit der Firmenmarke wird der Übergang zum Markenabsender geschaffen. Die verschiedenen Markenabsender verweisen gemäß
KOPPELMANN ([16], S. 493) auf die Produktarten. Die bei
KOPPELMANN aufgeführten Markenabsender – Produzent, Handwerker, Händler, Dienstleister – werden in einer Vorschau auf den kultur-
11
Markenmanagement
wirtschaftlichen Markt um die Markenabsender Träger und Künstler ergänzt. Da der Kulturmarkt in starkem Maße öffentlich subventioniert
wird, ist nicht grundsätzlich auszuschließen, dass die finanziellen Träger
der jeweiligen Einrichtungen nicht das Theater als Markenabsender profilieren, sondern mit Hilfe des Theaters ein übergeordnetes Trägerimage
beispielsweise im Rahmen des Stadtmarketing (z. B. Wagner-Stadt Bayreuth, Mozart-Stadt Salzburg, Beethoven-Stadt Bonn, etc.) stützen wollen. Eine andere Strategie könnte die künstlerisch schaffenden oder ausführenden Personen zum Leitmotiv der Marke erheben. Da Künstler in
dem von KOPPELMANN vorgeschlagenen Rahmen nur schwer einzugliedern sind, werden sie separat aufgeführt.
Die aus den Markenabsendern resultierenden Produktarten werden nicht
eigens um ein Kunst- oder Kulturprodukt ergänzt, weil dieses als Sonderfall der Dienstleistung betrachtet wird (vgl. NOWICKI [26], S. 54). Auch
die Differenzierung unterschiedlicher Leistungsniveaus und Marktweiten kann im kulturwirtschaftlichen Zusammenhang aufrechterhalten werden. Allerdings werden die konkreten Bezeichnungen unterschiedlicher
Leistungsniveaus noch einer ausführlicheren Diskussion unterzogen (vgl.
Abschnitt 2.3.). Die dargestellten Ausprägungen bei Leistungsniveaus
und Marktweiten erschließen sich aus der Übersicht ohne ergänzende
Bemerkungen.
Aufbau und Organisation der Marke bilden einen hierarchischen Rahmen,
innerhalb dessen die Marke geführt werden muss. Gewöhnlich werden
dazu Produktmanager akkreditiert, die an der Schnittstelle zwischen den
Marken- und Unternehmenszielen operieren. HAEDRICH und
TOMCZAK verstehen Markenführung daher auf strategischer Ebene als
„kontinuierliche und systematische Pflege von eingeführten Marken“
([8], S. 927). Der strategische Markenführungsprozess ist dabei ein rollierender, der permanent die Marken- und Unternehmensziele vor dem Hintergrund einer Marktanalyse und -prognose neu justiert und deren Erreichung nachträglich in einer Kontrollschleife überwacht. Aufbauend auf
klassische Grundsatzstrategien des Marketing – die „aggressive Marktsegmentierungsstrategie“, die „aggressive Differenzierungsstrategie“ und
die „aggressive Preisführerschaftsstrategie“ (ebenda, S. 941 f.) – leiten
die Autoren auf instrumenteller Ebene erfolgreiche Strategiemodelle für
Marken ab. Es werden mit
–
–
–
–
der „Billigmarke“,
der „Imagestrategie“,
der „Qualitätsstrategie“ und
der „Premiummarke“
vier prototypische Modelle vorgestellt (vgl. zu Markenstrategien auch
ESCH [6], S. 299 ff.). Jedem Strategietyp wird dabei ein je unterschiedlicher instrumenteller Schwerpunkt bei der Gestaltung des Marketing-Mix
zugewiesen (ebenda, S. 942 f.). Mit Blick auf die Arbeit eines Kulturbetriebs können die Imagestrategie als emotional und kommunikationsorientiert geführte Marke, die Qualitätsstrategie als produktpolitisch konzentrierte Marke oder die Premiumstrategie als eine höherwertige Produkt-Preis-Kombination als relevante Markenführungsstrategien identifi-
12
Markenmanagement
ziert werden. Die Billigmarke fällt vor allem deshalb aus, weil sie „in der
Regel niedrigeren Produktkategorien an[gehört] und … in homogenen
Branchen
ohne
Differenzierungsmöglichkeiten
angesiedelt“
(HAEDRICH / TOMCZAK [8], S. 942 f.) sind – Kriterien, die der Komplexität eines Kulturproduktes und seinen unzähligen Variationsmöglichkeiten entgegenstehen.
Markenorganisation und Markenführung formen ein strategisches
Konzept für Marken. Sie sind erforderlich, um anerkannte und etablierte Marken steuern zu können. Im Kulturbetrieb kann bislang noch
nicht von konsequenter Markenführung und -steuerung gesprochen
werden, solange das Kunstprodukt als Markenprodukt auf operativer
Ebene nicht näher beschrieben ist.
1.3
M
Markenfunktionen und Markenpflege
Marken werden nicht „einfach so“ geschaffen, sondern sie sollen ganz
bestimmte Zusammenhänge oder Verhaltensweisen bewirken. Diese Wirkungszusammenhänge werden als Markenfunktionen bezeichnet. Damit
die Markenfunktionen nachhaltig erfüllt werden, muss die Marke „gepflegt“ werden, d.h. es werden Maßnahmen ergriffen, die die Wirkungszusammenhänge der Marke dauerhaft erhalten.
Die Stellvertretungs- und Symbolfunktion bewirkt als Hauptfunktion
der Marke dabei ihren Mehrwert gegenüber unmarkierten Produkten. Der
Mehrwert stellt keine eigenständig konsumierbare Leistung dar, sondern
er ergibt sich vielmehr daraus, dass durch die Kombination von Zeichen
und Inhalt Produktleistungen auch dann kontinuierlich und einheitlich am
Markt präsentiert werden können, wenn die Gestaltungsmittel, die das
Produkt konfigurieren, starken Anpassungen und Veränderungen, Moden
oder Trends unterworfen sind. Die wechselseitigen Bewirkungszusammenhänge zwischen den Anspruchsgruppen eines typischen Marktes
wurde schon in Bild 1.1 dargestellt.
Der Mehrwert der Marke zeigt sich in dieser Struktur mit den genannten
Funktionen als ein wechselseitiger Mehrwert insbesondere zwischen Hersteller und Käufer. Sowohl Hersteller als auch Käufer haben im Sinne eines Win-win-Spiels zusätzliche Vorteile, die sich nicht konkret mit dem
Produkt selbst, sondern mit seiner Markierung verbinden.
Zwischen den Hauptanspruchsgruppen der Hersteller und Käufer werden
im Besonderen folgende Markenfunktionen erkannt (Bild 1.3):
13
Markenmanagement
Bekanntheit
Inferenz
Programmdifferenzierung
Kundenerschließung
Kundenbindung
Hersteller
Käufer
Risikoreduktion
Rationalisierung
Identifizierung
Emotionalisierung
Wiedererkennung
Bild 1.3
Markenfunktionen (nach KOPPELMANN [15], S. 227)
Die Funktionen sind Teilfunktionen der Stellvertretungs- und Symbolfunktion der Marke. Mit den Hinweisen auf die Wahrnehmungspsychologie und Kognitionsforschung wurden bereits lerntheoretische Bezüge angesprochen, die geeignet sind, die postulierten Wirkungszusammenhänge
zu erklären.
1.4
Produktqualität und Markenwirkung
Marken bestechen durch ihr „Markenimage“. Das Image kann durchaus
weit vom Kern der Produktleistung entfernt sein. Die Wirkung einer
Marke setzt daher eine im Grundsatz andere Herangehensweise an die
Definition von Produktqualität voraus. Entscheidend sind dabei nicht nur
objektive Kriterien der Bau- oder Funktionsweise bzw. der Rezeptur des
Markenproduktes, sondern auch die subjektive Sicht der Verwender auf
die Marke und ihre Produkte.
Oben wurde darauf verwiesen, dass der funktionenorientierte Markenansatz aufgrund seiner Mischung aus Entscheidungs- und Wahrnehmungsorientierung besondere Relevanz besitzt. Dies kommt vor allem in der
Wirkung der Marke auf den Markenverwender zum Ausdruck. Die Wirkung hat wiederum mit der Qualität, hier vor allem der wahrgenommenen
Qualität, des Markenproduktes zu tun. Was aber ist die Qualität?
Die Produktionstheorie geht davon aus, dass Produkte durch (messbare)
Kriterien beschreibbar sind. Die Erfüllung dieser Kriterien bestimmt die
Qualität: technische Leistung, Erfüllung von Höhen-, Längen- oder Breitennormen usw. garantieren so gesehen eine hohe Produktqualität. Im
Zeitalter der nachfragebestimmten Märkte wird dieses objektive Qualitätsdenken, das vielfach Spezialwissen voraussetzt, in Frage gestellt.
Qualität wird im Sinne eines teleologischen, angestrebten Begriffes oder
als „subjektiv faktisches Qualitätsurteil“ (KOPPELMANN [16], S. 476)
aus Sicht der Nachfrager definiert.
14
Markenmanagement
Ein solches Qualitätsverständnis setzt voraus, dass nur solche Qualitätseigenschaften relevant sind, die auch vom Kunden subjektiv als
entscheidend angenommen werden.
M
Technische, handwerkliche oder prozessbezogene, also objektive Qualitätsmerkmale stellen zunächst notwendige Merkmale der Produktion,
nicht jedoch automatisch hinreichende Qualitätsmerkmale der subjektiven Qualitätsbeurteilung durch den Kunden dar. Für den Produzenten
oder Dienstleister ist es daher notwendig, seine individuellen Qualitätskriterien mit der Qualitätsbeurteilung des Kunden in Übereinklang zu
bringen. Dazu ist es erforderlich zu wissen, was der Kunde überhaupt zur
Qualitätsbeurteilung heranzieht. Gelingt es, in diesem Sinne die intendierte Qualität mit dem durch den Kunden geprägten subjektiv faktischen
Qualitätsurteil übereinzubekommen, spricht KOPPELMANN vom „kongruenten Qualitätsurteil“ (KOPPELMANN [16], S. 477).
Insbesondere bei Bildungsgütern wie Kulturangeboten muss davon ausgegangen werden, dass die relevanten Kriterien für die Wahrnehmung
und Bewertung der Dienstleistungsqualität im Einzelfall extrem breit gestreut sind. Das Feuilleton und die Kunstkritik richten sich in ihren Beiträgen dabei möglicherweise pointiert nur an solche Kundengruppen, die
ausschließlich programmatische und künstlerische Prozesse zur Bewertung heranziehen. Daneben sind aber auch gesellschaftliche, ereignisoder unterhaltungsbezogene Parameter mögliche Maßstäbe der Kritik anderer Besuchergruppen. Diese gilt es im Rahmen der Wirkungsforschung
zu identifizieren und zu kommunizieren.
Das Problem der unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe ist als Konzept
des „kongruenten Qualitätsurteils“ durch einen Ansatz von HENTSCHEL
auf den Dienstleistungsbereich übertragbar. HENTSCHEL geht dabei davon aus, dass aufgrund der Komplexität von Dienstleistungen gar nicht
alle Teilprozesse vom Kunden wahrgenommen werden. Es gilt daher die
„kritischen, qualitätsrelevanten Ereignisse“ (HENTSCHEL [10],
S. 218) der Wahrnehmung zu identifizieren, weil diese tendenziell überproportional in die Qualitätsbeurteilung einfließen. Bei der Bewertung
der Dienstleistungsqualität von Supermarktketten ist beispielsweise anzunehmen, dass Kunden von Aldi neben dem Preisvorteil eher die Geschwindigkeit der Kassierer als qualitätsprägenden Prozess anerkennen,
während Kunden von Kaisers oder Edeka möglicherweise den Service
und die Freundlichkeit des Personals schätzen und dafür längere Wartezeiten in Kauf nehmen.
Im folgenden Kapitel wird versucht, das oben beschriebene Markenkonzept auf den Kulturbereich zu übertragen.
K 1.1
Wie werden Marken allgemein definiert? Welche Probleme
gibt es dabei?
K 1.2
Welche markentheoretischen Ansätze kennen Sie? Skizzieren
Sie sie bitte kurz.
K
15
Markenmanagement
S
K 1.3
Wo und wie werden Marken rechtlich beschrieben?
K 1.4
Welche Markenarten gibt es?
K 1.5
Welche Markenstrategien sind allgemein beobachtbar?
K 1.6
Warum könnte die Strategie der Billigmarke im Kulturbereich
problematisch sein?
K 1.7
Welche Markenfunktionen können zwischen Hersteller und
Käufer auftreten? Wie sind diese Funktionen mit Blick auf den
Kulturmarkt beschreibbar?
K 1.8
Erläutern Sie bitte den Unterschied zwischen „objektiver Produktqualität“, dem „teleologischen Qualitätsbegriff“ und dem
„subjektiv faktischen Qualitätsurteil“.
2
Exemplarische Entwicklung eines
Markenkonzeptes für den Theaterbetrieb
• Im zweiten Kapitel lernen Sie die Besonderheiten des Kulturbetriebs
bei der Übertragung des Markenmanagements kennen.
Der Kulturbetrieb umfasst zahlreiche Sparten von bürgerschaftlichen
Einzelinitiativen und sozio-kulturellen Stadtteilzentren bis hin zu großen
Institutionen (Museum, Theater, Konzerthaus, Festival usw.) des öffentlichen und privaten Kulturbetriebs. Wie gezeigt ist eine Abstrahierung des
Markenkonzeptes möglich. Hier soll nun eine Konkretion erfolgen. Das
Theater wird als besonders komplexer und besonders vielseitiger Betrieb
exemplarisch herausgegriffen. Mit hochgradig differenzierten, ständig
wechselnden Angeboten stellt es einen Sonderfall des Kulturbetriebs dar,
der zahlreiche Probleme des markenpolitischen Denkens exemplarisch
offenbart. Eine Übertragung auf andere Kultursparten erscheint – zumindest methodisch – immer gegeben.
Einleitend wurde darauf verwiesen, dass Markenbildung im Kulturbetrieb
in ganz starkem Maße auch künstlerische und inhaltliche Entscheidungen
berührt. Durch bewusst zielgruppenspezifische Produkt- und Programmentscheidungen werden Wahrnehmung, Bekanntheit, Profil, Image usw.
gestärkt. Das Ziel ist die Stabilisierung und Steigerung von Auslastung
und Verkaufszahlen. Das Markenkonzept, wie es oben skizziert wurde,
bedarf daher der Anpassung auf Parameter des Kunst- und Kulturbetriebs. Im Mittelpunkt steht dabei das Publikum mit spezifischen Ansprüchen an kulturelle Kern- und Nebenleistungen (Produkt). Die Marke
erwächst dabei aus dauerhaft gleich bleibender Produktqualität. Daher
wird die Kulturmarke wie folgt verstanden:
16
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