1 1 Herz- und Kreislauforgane, Körperhöhlen P. Wohlsein, A. Gröne 1.1 Makroskopische Struktur Zum Herz- und Kreislaufsystem gehören das Herz sowie Blut- und Lymphgefäße. Das Herz (Cor) ist von einem Herzbeutel (Perikard) umgeben und stellt ein konisch geformtes, muskuläres Organ dar, das bei Säugetieren mit vier Kammern und vier Klappensystemen ausgestattet ist. Beide Ventrikel und Atrien werden durch ein muskuläres Septum voneinander getrennt. In den Ventrikeln sind prominente, in das Lumen hervorstehende Musculi (Mm.) papillares lokalisiert, während in den Atrien schwächer ausgebildete Muskelbäuche (Mm. pectinati) vorkommen. Die Papillarmuskeln sind über Chordae tendineae mit den Herzklappen verbunden. Zwischen dem linken Vorhof und dem linken Ventrikel finden sich zwei Klappensegel, die Valva mitralis, deren fibröses Grundgerüst tief im Ventrikelmyokard verankert ist. Entsprechend sind rechtsherzseitig die aus drei Klappen aufgebaute Valva tricuspidalis nachweisbar. Am Übergang vom linken Ventrikel in die Aorta sowie vom rechten Ventrikel zur A. pulmonalis sind die halbmondförmigen Taschenklappen, die Semilunarklappen, angeordnet. Vor allem im rechten Ventrikel finden sich fibromuskuläre Sehnenfäden (Trabeculae septomarginales; moderator bands), die netzartig zwischen den Trabekeln sowie der Kammerwand und dem Septum verlaufen. Die arterielle Blutversorgung des Herzens erfolgt über die A. coronaria sinistra und dextra. Sie verlaufen radiär im subepikardialen Gewebe und geben intramyokardiale Gefäße ab, an die untereinander anastomosierende Kapillaren angeschlossen sind. Das venöse Blut des Herzens wird dem rechten Vorhof direkt oder über den Sinus coronarius zugeführt. Die epi-, endo- und myokardialen Lymphkapillaren vereinigen sich zu größeren Lymphgefäßen und münden tierartlich unterschiedlich in die pulmonalen und/oder mediastinalen Lymphknoten. Das Blutgefäßsystem wird in arterielle, kapilläre und venöse Gefäße unterteilt. Die Arterien führen Blut vom Herzen fort und münden in einem Kapillarbett, das die Mikrozirkulation im Gewebe gewährleistet. Von dort wird das Blut gemeinsam mit Stoffwechselprodukten in Venen gesammelt und dem Herzen wieder zugeführt. Die Venen besitzen Klappensysteme, die einen Rückstrom des Blutes verhindern. Anatomische Endarteriengebiete (z. B. Niere) besitzen keine oder nur wenige Kollateralgefäße und sind deshalb für Gefäßverlegungen besonders vulnerabel. Das Lymphgefäßsystem ist ein ausschließlich zentripetales Drainagesystem der Organe, das aus Lymphkapillaren und größeren Lymphgefäßen besteht. Die Lymphgefäße eines tributären Gebietes führen die Gewebsflüssigkeit zu den regionären Lymphknoten. Von dort gelangt die Lymphe in den Brustmilchgang (Ductus thoracicus) oder zwei parallel zur Trachea angeordnete Lymphkanäle (Truncus trachealis dexter et sinister). Der rechte Truncus trachealis nimmt meist noch die Achsellymphgefäße auf und mündet dann als Ductus lymphaticus dexter im Ductus thoracicus oder selbstständig im Venenwinkel, in dem auch der linke Truncus trachealis und der Ductus thoracicus enden. Auch die Lymphgefäße besitzen Klappen. Körperhöhlen (Brust- und Bauchhöhle) und Herzbeutel werden von einer Serosa ausgekleidet (Serosa parietalis), die als viszerale Auskleidung (Serosa visceralis) auch die meisten Körperhöhlenorgane umgibt und die spaltförmige, seröse Körperhöhle begrenzt. Es handelt sich um ein glattes, transparentes, von einem dünnen Flüssigkeitsfilm überzogenes Gewebe. Multifokal können Ansammlungen von Immunzellen als grauweiße Flecken erkennbar sein. 86 Baumgärtner, Pathohistologie für die Tiermedizin (ISBN 9783830410546) © 2007 Enke Verlag Histologischer Aufbau 1.2 Histologischer Aufbau Der Herzbeutel ist außen von einer Serosa (Pleura pericardia) überzogen und innen von einer Serosa (Pericardium parietale) ausgekleidet. Die Serosa setzt sich aus einem einschichtigen, kubischen oder flachen Mesothel (Serosadeckzellen) und einem feinen, fibrovaskulären Stroma zusammen. Das Herz ist aus drei Schichten, dem Epi-, Myound Endokard, aufgebaut. Das Epikard besteht aus einer Serosa (Pericardium viscerale), die am Ansatz des Herzbeutels kontinuierlich in das Pericardium parietale übergeht, und einer fibrovaskulären Gewebsschicht mit Lymphgefäßen und Nerven. Es wird von einem einschichtigen Epithel überzogen. Das Epikard ist innig mit dem Myokard verbunden, das aus spiralig ineinander verwobenen Muskelbündeln besteht, die an einem inneren Bindegewebsgerüst inserieren. Dieses umfasst die Klappenbasis und die Ursprünge von Aorta und A. pulmonalis. Die Herzinnenräume und alle Innenstrukturen sind vom gefäßfreien Endokard überzogen, das kontinuierlich in die Auskleidung der mit dem Herzen in Verbindung stehenden Gefäße übergeht. Es setzt sich aus einer durchgehenden Schicht von Endothelzellen und subendothelialem, fibroelastischem Bindegewebe zusammen. Die Herzklappen besitzen ein Gerüst aus ineinander verwobenen Kollagenfasern, das vor allem vorhofseitig von einer Schicht aus lockerem Bindegewebe überzogen ist. Normalerweise sind die Herzklappen erwachsener Tiere nicht vaskularisiert. Die modifizierten Herzmuskelzellen des Reizleitungssystems besitzen ein deutlich größeres Kaliber als die Herzmuskelzellen. Sie zeichnen sich zudem durch reichlich schwach eosinophiles, glykogenreiches und fibrillenarmes Zytoplasma aus. Als primäres Erregungsbildungszentrum fungiert der Sinusknoten (Keith-Flack), der sich an der Einmündung der V. cava cranialis befindet und aus spezialisierten Herzmuskelzellen zusammengesetzt ist, die die Fähigkeit zur spontanen Depolarisation besitzen. Als sekundäres Zentrum elektromotorischer Reize dient der Atrioventrikularknoten (Aschoff-Tawara), der auf der rechten Seite im in- teratrialen Septum lokalisiert ist. Als Reizleitungssystem gehen von diesem Knoten Bündel (His’sche Bündel) modifizierter Herzmuskelzellen aus, die sich in die beiden Tawara-Schenkel aufzweigen und sich als Purkinje-Zellen subendokardial ausbreiten. Diese stehen über bestimmte Interzellularkontakte (Nexus) mit der Arbeitsmuskulatur in Verbindung. Die Blutgefäße (Arterien und Venen) besitzen prinzipiell den gleichen morphologischen Aufbau aus einer Tunica (T.) intima, T. media sowie einer T. externa, auch T. adventitia genannt. Das einschichtige, flache Endothel der Tunica intima sitzt auf einer Basalmembran und wird von dünnem, kollagenem Bindegewebe gestützt. Die glatten Muskelzellen der Tunica media erfüllen nicht nur kontraktile, sondern auch stoffwechselaktive Aufgaben, insbesondere im Hinblick auf Synthese und Zusammensetzung der extrazellulären Matrix. Die Tunica externa stellt über lockeres Bindegewebe die morphologische Verbindung zur Umgebung her oder kann sich in den großen Körperhöhlen auch als Serosaüberzug darstellen. Je nach Gehalt an elastischen Fasern, der Dicke der glatten Muskelwand und der Größe werden elastische und muskuläre Arterien sowie Arteriolen unterschieden. Ihre Übergänge sind jedoch kontinuierlich. Herznahe Arterien haben einen hohen Anteil an elastischen Fasern. Dieser tritt bei muskulären Arterien zwischen Tunica interna und media als scharf begrenzte Membrana elastica interna hervor. Die Membrana elastica externa am Übergang von Tunica media zur Tunica externa ist weniger deutlich erkennbar und fehlt den Arteriolen. Venen besitzen meist ein größeres Lumen als Arterien, kollabieren bei Blutdruckabfall schnell und sind dann histologisch schwer zu erkennen. Die Muskulatur der Venen ist dicker als die der Venolen und zusätzlich findet sich eine wenig entwickelte Membrana elastica interna. Die Venenklappen bestehen aus halbmondförmigen Projektionen der Tunica intima. Venolen bestehen aus Endothelzellen, einer Basalmembran und einer dünnen Lage glatter Muskelzellen. Die high endothelial venules in Lymphknoten, die morphologisch durch prominente Endothelzellen gekennzeichnet sind, gewährleisten den Austritt von Leukozyten in das lymphatische Gewebe. 87 Baumgärtner, Pathohistologie für die Tiermedizin (ISBN 9783830410546) © 2007 Enke Verlag 1