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The Implications of the Symbiotic Political Economic
Relationship in Iraq and Kurdistan
Österreichisches Institut für Internationale Politik – oiip
The Implications of the Symbiotic Political Economic Relationship
in Iraq and Kurdistan
In-House Seminar
22. Juni 2016
Vortragender:
Dr. Sardar Aziz (Senior Advisor for the Natural Resource Committee at the
Kurdistan Parliament of Iraq)
Moderation:
Dr. Cengiz Günay (oiip)
Veranstaltungsort:
oiip, Berggasse 7, 1090 Wien
TeilnehmerInnen:
20
Zusammenfassung: Alexander Weissenburger, MLitt
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The Implications of the Symbiotic Political Economic
Relationship in Iraq and Kurdistan
Österreichisches Institut für Internationale Politik – oiip
Abstract
Tuesday June 22, 2016 the Austrian Institute for Foreign Affairs had the honour to welcome Dr. Sardar Aziz, Senior Advisor for the Natural Resource Committee at the Kurdistan Parliament of Iraq. Aziz
gave a lecture about the symbiotic relationship between politics and the economy. The internal division of Iraq along family, tribal, ethnic and sectarian lines manifests itself in the party-political landscape. Iraqi parties tend to be centred around a strong leading family, which allocates the positions
and revenues it draws from participating in the political process amongst its constituents. This clientalism is the product of the intrinsically primordial nature of Iraqi politics, which results from the
Middle East’s incomplete penetration by the norms and practices of modernity. Participation in the
political process is mainly seen as means to generate profit and not as a way to improve the lives of
Iraqi citizens. This is also attested by the fact that the leaders of a governmental party are hardly ever
part of the government itself. This allows them to exert tremendous political influence, while at the
same time being not accountable for possible blunders. Power and political weight in the political
arena are therefore sacrificed in favour of influence in the informal realm.
Zusammenfassung
Dienstag den 22. Juni 2016 freute sich das Österreichische Institut für Internationale Politik Dr. Sardar
Aziz, Senior Advisor des Komitees für natürliche Ressourcen des Parlamentes der Autonomen Region
Kurdistan im Irak, als Vortragenden bei einem In-House Seminar begrüßen zu dürfen. Vor dem Hintergrund der zahlreichen regionalen und innerirakischen Konflikte und Bruchlinien analysierte Aziz
die Besonderheiten des dem Irak und der Region Kurdistan eigenen politisch-ökonomischen Systems
welches stark durch Klientelismus und Korruption gekennzeichnet ist. Parteien seien durch die ethnische, religiöse, familiäre oder tribale Zugehörigkeit ihrer Wählerschaft und Parteimitglieder bestimmt
und nicht durch politische Gesinnung. Irakische Parteien seien hauptsächlich ein Vehikel der Wohlstandsverteilung und -vermehrung und keines für die Herbeiführung von Reformen. Parteieliten hielten sich meist aus Regierungsgeschäften heraus und machten ihren Einfluss primär im informellen
Sektor geltend, so Aziz. Ämter und Gelder würden so auf undurchsichtige Weise zu Gunsten der eigenen Anhänger verteilt, wobei die Trennung zwischen Wirtschaft und Politik de facto aufgehoben
würde. Dieses primordial-klientelistische Element irakischer Politik sei laut Aziz ein Produkt der unvollständig gebliebenen Transformation des Nahen Ostens durch die Einflüsse der westlichen Moderne.
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The Implications of the Symbiotic Political Economic
Relationship in Iraq and Kurdistan
Österreichisches Institut für Internationale Politik – oiip
Politik und Wirtschaft: Ein symbiotisches Verhältnis
Ein im Allgemeinen eher düsteres Bild der Region zeichnend, begann Aziz seinen Vortrag mit einem
Überblick über die von verschiedenen Konfliktebenen geprägte politische Realität im Irak. Aziz zeigte,
die neben dem in den Medien stark repräsentierten Kampf gegen den IS die weiteren bestehenden
Konfliktlinien auf. In diesem Zusammenhang erwähnte er vor allem den Konflikt zwischen Schiiten
und Sunniten, der durchaus auch von anderen Regionalmächten geschürt wird. Laut Aziz interveniert
der Iran massiv. Teheran sei aus den militärischen Interventionen der USA im Irak und Afghanistan
gestärkt hervorgegangen und versuche nun seine Rolle als Regionalmacht auszubauen. Der Iran verfolge dieses Ziel vor allem durch seine Unterstützung für das Asad Regime in Syrien ohne welches er
einen Großteil seines Einflusses im Nahen Osten einbüßen würde. Gleichzeitig bekämpfe der Iran den
IS auch im Irak und versuche Teile des Zentralirak zu „schiitisieren“, um hier die politische Achse IranIrak-Syrien auch geographisch zu etablieren. Neben diesen Bemühungen dürfe
laut Aziz allerdings nicht vergessen werden, dass es auch einen innerschiitischen Konflikt gibt. Die intellektuell auf
schiitische Gelehrsamkeit in Najaf zurückgreifenden schiitischen politischen
Akteure des Irak verträten teils ein anderes Verständnis über die Grundsätze
und Rolle religiösen Einflusses in der
Politik als ihre sich auf das religiöse Zentrum in Qom berufenden Glaubensgenossen im Iran. Es herrschen laut Aziz demnach vor allem unterschiedliche Auffassungen bezüglich dem Ayatollah von
Khomeini vertretenen Konzept wilayat al-faqih, (die Herrschaft des Rechtsgelehrten). Neben dem
Iran erwähnte er auch die regionalen Interessen Russlands und der Türkei.
Das vielleicht wichtigste Grundproblem des Irak sei seine schwach ausgeprägte nationale Identität.
Der Irak sei mehr ein Produkt britischer Interessen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Im Wettstreit mit
Deutschland sei Großbritannien an den Erdölreserven des Landes interessiert gewesen. Die Staatsgründung reflektiere demnach mehr diese Interessen als es ein Ausdruck der Einheit der auf seinem
Staatsgebiet zusammenlebenden Ethnien, Clans, Familien, Religionsgemeinschaften und religiösen
Strömungen sei. Dies mache es extrem schwierig den Irak zu regieren. Aus dem missglückten Versuch
der USA, den Irak in ein Leuchtfeuer der Demokratie in der Region zu transformieren und dem ge3
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hegten Plan, das politische System auf einer Kombination aus Konsens und Föderalismus zu etablieren, wurde eine von schiitischen Eliten geprägte Diktatur. Die Sunniten hätten nach dem Fall Saddam
Husseins de facto alle Macht im Staat verloren, während Kurdistan überhaupt nur im politischen
Prozess partizipiere um sich die Chance auf umstrittene Landstriche, deren Zugehörigkeit nicht geklärt sei (disputed areas), zu bewahren.
Die Zersplitterung des Irak sei Ausdruck des primordialen Charakters der politischen Praxis des Irak,
der sich auch in der Struktur der politischen Parteien wiederspiegle. Irakische Parteien seien, so fluide sie durch ihren tagespolitischen Opportunismus auch erschienen, in Wahrheit durch ihren soliden
Kern definiert. Dieser Kern sei das Produkt des Zusammenspiels der Einflüsse des Parteiführers oder
oft auch der parteiführenden Familie, der territorialen Basis der Partei, ihrer Milizen, Propagandaorgane und Feinde sowie oft einer vagen politischen Idee, dem letzten Rest des ursprünglichen intellektuellen Kristallisationskeims der Partei.
Die besprochenen Charakteristika der irakischen Parteilandschaft seien so Aziz ein Produkt der unvollständigen Durchdringung der Region durch die Kräfte und Einflüsse der Moderne. Politik im Irak
könne daher nur unter Miteinbeziehungen der komplementären Einflüsse von Moderne und Tradition verstanden werden. Während das Bestehen eines parlamentarischen Systems ein Ausdruck der
Moderne sei, seien die ganz offensichtlichen Einflüsse persönlichen Charismas sowie der Familien-,
Religions- und Stammeszugehörigkeit auf das politische System Überbleibsel traditioneller Strukturen. Diese Gemengelage aus modernen und traditionellen Elementen werde von lokalen Machteliten
geschickt, gemäß der eigenen politisch-ökonomischen Interessen, manipuliert. Im Gegensatz zu in
vielen Ländern der ehemaligen Sowjetunion etablierten Oligarchen, die die Politik lediglich beeinflussen könnten, sei die irakische ökonomische Elite weitestgehend ident mit der politischen Elite. Wirtschaft und Politik, d.h. Parteien, Verwaltung und Regierung, seien in einem Maße miteinander Verschränkt, dass man hier von einem symbiotischen Verhältnis zum unmittelbaren Vorteil der Beteiligten, allerdings zum langfristigen Nachteil für das Land, sprechen müsse.
Innerhalb der Parteien würden Entscheidungen nicht durch Abstimmungen sondern durch Entscheidungen von oben getroffen. Interessant sei, dass die für die Entscheidungen zuständigen Parteiführer
regierender Parteien selbst nicht in Regierungsämtern tätig seien. Dies erleichtere ihnen die Verantwortung für die politischen und ökonomischen Zustände von sich zu weisen, gleichzeitig kontrollierten sie allerdings die Regierung und somit das politische Geschehen. Die hierarchische und intransparente, auf eine Person oder Familie, zulaufende Struktur der Parteien zeitige einen durch Amtsmiss4
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brauch und Klientelismus geprägten realpolitischen Alltag in dem Korruption zu einer Überlebensstrategie werde. Der Umstand, dass das wirtschaftliche System gerade in Kurdistan weitestgehend
eine klassische Rentenökonomie darstellt, erleichtere die intransparente Allokation von Geldern.
Abschließend meinte Aziz, dass Parteien nur am politischen Prozess teilnähmen um den Interessen
der eigenen Familie, Ethnie oder Religionsgruppe gerecht zu werden, dass Regierungsämter meist
lediglich als Einkommensquelle für die Partei gesehen würden, Korruption systemisch sei und dass
die Parteieliten größtenteils konstant blieben, die Parteien sich also kaum reformieren könnten.
In der abschließenden Fragerunde wurde angemerkt, dass Elemente des irakischen Systems wie beispielweise die enge Verquickung von Politik und Wirtschaft, sowie der große Einfluss gewisser Familien oder Interessengruppen keineswegs ein Spezifikum des politischen Systems im Irak, sondern
auch in anderen, westlichen Ländern zu finden
sei. Aziz entgegnete dem, dass der große Unterscheid sei, dass zum Beispiel in den USA die Familien Bush und Clinton zwar äußerst Einflussreich seien, dies allerdings innerhalb eines funktionalen institutionellen und prozessualen Rahmens in dem sie auch Niederlagen einstecken
müssten. Auch sei es in westlichen Ländern zumeist der Fall, dass das Mächteverhältnis zwischen Regierungspartei und Regierung im Vergleich zu Ländern des Nahen Ostens zu Gunsten letzterer verschoben sei. In Anbetracht der misslichen Lage des Irak wurde auch die Frage aufgeworfen
was die Region Kurdistan davon abhalte ihre Unabhängigkeit aktiver zu forcieren. Aziz bezog sich hier
auf die erwähnten institutionell-prozessualen Rahmenbedingungen die Notwendig seien, um einen
funktionierenden Staat aus der Taufe zu heben. Die unabdingbaren Voraussetzungen an das politische System seien schlichtweg noch nicht gegeben. Eine weitere Wortmeldung behandelte die Natur
der schiitischen Milizen und ob diese zentral kontrolliert würden. Aziz hob hervor, dass die angesprochenen Milizen nicht zentral, beispielsweise durch den Iran, gelenkt würden, sondern dass, mit einer
Ausnahme, alle schiitischen Parteien ihre eigene Miliz hätten die sich aus ihrer Wählerschaft rekrutiere. Eine letzte Frage thematisierte den Schmuggel von Erdöl aus dem von IS kontrollierten Gebiet. Es
handle sich hier um Schmugglernetzwerke über die allerdings nicht allzu viel bekannt sei, so Aziz. Es
habe in Kurdistan eine Untersuchung zu den Akteuren und Profiteuren des Schmuggels gegeben, der
offizielle Bericht sei allerding zu brisant um veröffentlicht zu werden.
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