Aufgabe - Positron Annihilation in Halle - Martin-Luther

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Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg
FB Physik
FortgeschrittenenPraktikum
Versuch 11: Elektronenbeugung
Der durch ein elektronenoptisches Linsensystem fokussierte Elektronenstrahl wird durch eine
polykristalline, 5 nm dicke Graphitschicht, die von einem Kupfernetz getragen wird, gebeugt.
1)
Man bestimme in nichtrelativistischer Näherung die de Broglie-Wellenlänge als Funktion
der Anodenspannung UA (G3 - Potential gegen Erde, siehe Postertafel am Versuch) im
Wertebereich von 5 < UA/kV < 10 und gebe eine Zahlenwertgleichung (inkl. graphischer
Darstellung) an.
2)
Geben Sie unter Beachtung relativistischer Effekte den relativen Fehler als Funktion der
Beschleunigungsspannung im Vergleich zur klassischen Rechnung an.
3)
Aus den Durchmessern der beiden intensivsten Beugungsringe bestimme man in
Abständen von ΔUA = 1kV im UA-Intervall von 1) die Beugungswinkel Θi (siehe Abb. 1;
D = (127±3) mm).
4)
Mit Hilfe der Bragg-Gleichung und der Geometrie der Abb.5 stelle man den Radius der
Interferenzringe als lineare Funktion der Wellenlänge λ dar (man beachte für kleine
Winkel ist cosα = 1). Aus dem Anstieg sind jeweils die Netzebenen-Abstände der
reflektierenden Netzebenen zu bestimmen.
5)
Aus den Gitterkonstanten von Graphit (Strukturtyp A9; a0 = 0,246 nm; c0 = 0,671 nm;
siehe Kristallmodell am Versuch) sind für die 10 intensivsten Reflexe mit Hilfe der
Millerschen Indizes (hkl) die Strukturfaktoren und die Netzebenenabstände der jeweils
reflektierenden Netzebenen zu berechnen. Man ordne die Reflexe aus 4) zu!
6)
In der (0001) Ebene ist die Koordinationszahl für den Abstand a (Graphitmodell am
Versuch) zu bestimmen. Der Gleichgewichtsabstand einer C-C Einfachbindung (ein
Elektronenpaar) beträgt 0,154 nm, siehe Diamant. Für eine Doppelbindung C=C (zwei
Elektronenpaare) ist dieser Abstand 0,133 nm. Man skizziere die Bindungsstruktur in der
Basisebene von Graphit. Man berechne daraus den mittleren Bindungsabstand <a> und
vergleiche ihn mit a=0,142 nm. Der Vergleich liefert Hinweise auf charakteristische
Eigenschaften (Ladungstransport, Wärmeleitfähigkeit, mechanische Festigkeit) von
Graphit. Ein Graphitkristall am Versuch kann daraufhin "begutachtet" werden.
Kontrollfragen:
9 Nennen Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Röntgen- und Elektronenbeugung!
9 Warum muss Elektronenbeugung im Vakuum stattfinden?
9 Wie ändert sich das reziproke Gitter, wenn man eine 2-dimensional periodische Struktur
(Oberfläche. Dünne Schicht) an Stelle einer 3-dimensionalen betrachtet?
9 Gleichung (5) ist die allgemeine Formel für die kinetische Energie. Leiten Sie die
klassische Formel für die kinetische Energie ab!
9 Wie sieht die Diamantstruktur aus?
9 Berechnen Sie für beide Modifikationen des Kohlenstoffs (Graphit und Diamant) jeweils
den Strukturfaktor und geben Sie den Netzebenenabstand als Funktion der Millerschen
Indizes an!
9 Berechnen Sie die Anzahl der Atome in einer Elementarzelle des Graphits! (Dichte
ρ = 2,23 g/cm3, a0 = 0,246 nm, c0 = 0,676 nm).
9 Warum unterscheiden sich physikalische Eigenschaften, wie Härte oder Leitfähigkeit, von
Diamant und Graphit?
9 In welcher Weise kann Kohlenstoff hybridisieren? Worin besteht der Zusammenhang mit
der Kristallstruktur?
9 Was versteht man in der Kristallographie unter Polymorphismus?
9 Welche Möglichkeiten gibt es, Elektronenstrahlen nachzuweisen, sichtbar zu machen?
2
Grundlagen
Bei der Untersuchung von Festkörpern spielen Streuexperimente eine herausragende Rolle.
Neben Röntgenstrahlen sind vor allem auch Elektronen als Sonde im konventionellen Labor in
Form von Elektronenmikroskopen sehr weit verbreitet (siehe auch Versuch 17
Rasterelektronenmikroskop). Während Röntgenstrahlen aufgrund ihrer Wechselwirkung mit der
Elektronenhülle ein sehr hohes Durchdringungsvermögen haben, ist die Reichweite der
Elektronen wegen ihrer Ladung relativ gering. Die Information über die Struktur der Probe ist in
der Streuintensität in Abhängigkeit von der Streurichtung enthalten.
Wechselwirkung der Elektronen mit Materie
Bei fast allen Elektronenmikroskopen treten Elektronen (PE, primäre Elektronen) in eine Probe
ein, verlassen diese wieder als elastisch oder inelastisch gestreute Elektronen. Zur
Elektronenstreuung gehören einige wichtige Grundbegriffe. Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein
einzelnes Elektron gestreut wird, wird mit dem so genannten Wirkungsquerschnitt σ bzw. mit
der mittleren freien Weglänge λ beschrieben.
N [# / mol ]
ρ g / cm 3 # / cm 3 fallen pro
Auf das Target mit einer Teilchendichte von n2 = A
A[g / mol ]
dn1
Zeiteinheit
, wobei NA die Avogadro-Zahl und A das Molgewicht sind. Die Zahl der
dt
dN dn1
Wechselwirkungen pro Zeit ergibt sich zu
=
n 2 dxσ . σ hat die Dimension einer Fläche.
dt
dt
Geometrisch kann man sich n 2 dxσ als den Anteil der projizierten Querschnittsfläche aller
Targetteilchen an der Gesamtfläche vorstellen. Man kann diesen Prozess auch mit der mittleren
freien Weglänge beschreiben.
λ = 1 Nσ
(1)
Bei dünnen Proben kann das Elektron einmal oder gar nicht gestreut werden. Bei dickeren
Proben kann es mehrfach gestreut werden Unter elastischer Streuung versteht man einen
Vorgang, bei dem sich die Energie der PE trotz einer Richtungsänderung nicht ändert, zumindest
nicht messbar. Entsprechend ist die inelastische Streuung ein sehr allgemeiner Begriff, der jeden
Vorgang bezeichnet, bei dem die Primärelektronen einen Energieverlust erleiden (Näheres zur
inelastischen Streuung siehe Versuch 17, REM).
Die elastische Streuung beruht auf der Coulombschen Wechselwirkung der Primärelektronen PE
mit dem Atomkern und allen ihn umgebenden Elektronen. Die so genannte Rutherford-Streuung
führt zu einer stark nach vorn gerichteten Verteilung der gestreuten Elektronen. Bei einer PEEnergie von E0 ist die Wahrscheinlichkeit p(θ) einer Streuung um den Winkel θ:
Z2
p (θ ) ∝ 2
(2)
E 0 sin 4 θ
(Z – Ordnungszahl). Die Streuwahrscheinlichkeit nimmt mit dem Streuwinkel und mit
zunehmender Elektronenenergie stark ab. Außerdem hängt die mittlere freie Weglänge λ von der
Ordnungszahl ab. So ist z.B. bei einer Elektronenenergie von 100 keV λ bei Gold (Z=79) etwa
5 nm und bei Kohlenstoff (Z=6) jedoch 150 nm.
[
] [
]
Wie bei der Röntgenbeugung kann man auch die gebeugte Elektronenwelle als eine Summe von
Partialwellen auffassen, entsprechend dem Huygensschen Prinzip. Die Streuung bzw. Beugung
erfolgt für beide Strahlungsarten an den Atomen. Im hochfrequent oszillierenden elektrischen
3
Feld der Röntgenstrahlen führen die Elektronen eine beschleunigte Bewegung aus. Die
Oszillatoren ihrerseits emittieren elektromagnetische Wellen gleicher Frequenz, also elastisch.
Dagegen werden einfallende Elektronen an den positiv geladenen Atomrümpfen abgelenkt. Das
streuende Coulomb-Feld wird von den Elektronen jeweils unterschiedlich gesehen. Im
Beugungsexperiment wird die elastisch gestreute Intensität gemessen. Das ist bei
elektromagnetischen Wellen das Absolutquadrat der elektrischen Feldstärke. Die Elektronen
werden quantenmechanisch durch die Wellenfunktion dargestellt. Mathematisch wird die
einfallende Elektronenwelle durch eine ebene Schrödinger-Welle Ψ0 = exp i (k 0 r − ωt )
beschrieben. Im Ergebnis des Streuvorgangs, der die Lösung der entsprechenden SchrödingerGleichung erfordert, wird das gestreute Elektron durch eine sphärische Welle
ΨS = exp i (k S r − ωt ) / r beschrieben. Integriert man über alle Streuprozesse innerhalb des
Atoms, so erhält man den Atomformfaktor (siehe Versuch 16, Röntgenbeugung). Die
nächstgrößere Einheit in einem Kristall ist die Elementarzelle. Die Summation über alle Atome
der Elementarzelle liefert den Strukturfaktor. Weiterhin müssen bei der Betrachtung der
Intensität noch der Flächenhäufigkeitsfaktor und der Lorentzfaktor berücksichtigt werden.
Abbildung 1: Ewaldsche Konstruktion.
Für die Berechnung der Lage der Reflexe, also
der Winkelabhängigkeit, und des Strukturfaktors
genügt die so genannte kinematische Theorie. Sie
berücksichtigt keine Mehrfachstreuung, keine
Brechung, keine Wechselwirkung zwischen
gebeugtem und Primärstrahl und geht davon aus,
dass jeder Ort im Kristall mit der gleichen
Primärintensität getroffen wird. Dies trifft im Fall
der Elektronenbeugung im Allgemeinen nicht zu.
Für die Berechnung der Streuintensität der
einzelnen Reflexe ist die dynamische Theorie
erforderlich. Der wesentliche Unterschied im
Ergebnis ist, dass bei der kinematischen Theorie
sich
die
Intensität
proportional
zum
Absolutquadrat des Strukturfaktors verhält, bei
der dynamischen dagegen ist sie proportional zum
Betrag des Strukturfaktors.
Welle-Teilchen-Dualismus
Verschiedene Experimente zeigen, dass man an Licht und an Elektronen sowohl Teilchen- als
auch Welleneigenschaften beobachten kann. Welleneigenschaften treten bei Beugungs- und
Interferenzversuchen zutage, Teilcheneigenschaften dagegen beim Photo- bzw. Compton-Effekt.
Da beide Eigenschaften an einem physikalischen Objekt beobachtet werden können, müssen
auch die Beschreibungsformen identisch bzw. ineinander überführbar sein. Die
Bewegungsgleichungen sind Erfahrungsgesetze, man kann sie also nicht ableiten.
−1 ∂
2
ω→
2
2 2
p
h k
h ∂
E = hω
1 ⎛h ∂ ⎞
∂
i
t
E=
mit
→ −
mit
ψ =
→ hω =
⎜
⎟ψ
1 ∂
p = hk
i ∂t
2m
2m
2m ⎝ i ∂r ⎠
k→
i ∂r
In der obigen Zeile wird mit Hilfe der Einstein- und de Broglie-Beziehung von der
Bewegungsgleichung auf die Wellengleichung für freie Teilchen geschlossen. Die Erweiterung
4
auf die Bewegung von Teilchen in einem Kraftfeld wird durch einen geeigneten
Hamiltonoperator erreicht, was letztendlich die Grundgleichung der Quantenmechanik, die
Schrödinger-Gleichung liefert:
r r
r
r r
r
h ∂
h2
−
ψ (r , t ) = H ( p, r )ψ (r , t ) mit H ( p, r ) = −
Δ + V (r )
i ∂t
2m
Bemerkenswert ist, dass die Hamiltonfunktion durch einen Operator ersetzt wird, und die
Wellenfunktion ψ(r,t) als Lösung der Schrödinger-Gleichung komplex ist. Messbare Größen
müssen aber reell sein. Der einfachste reelle Ausdruck, der sich von einer komplexen Größe
2
2
bilden lässt und der die Verteilung eines Ensembles von Elektronen charakterisiert, ist ψ . ψ
besitzt also eine statistische Bedeutung und gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit man ein
Elektron in einem bestimmten Raumbereich antreffen kann. Wie sieht es mit der
Beobachtbarkeit von Welleneigenschaften von Teilchen mit einer von Null verschiedenen
Ruhemasse aus? Wie groß wäre die Wellenlänge eines Körpers mit einer Masse von 1 kg und
einer Geschwindigkeit von 1 m/s?
r r
Es bleibt noch die Auswirkungen der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation Δp ⋅ Δr ≥ h / 2
zu betrachten. Auch hier ergibt sich, dass ein Körper mit einer Masse von 1 kg und einer
Geschwindigkeit von 1 m/s nicht in die Größenordnung des Planckschen Wirkungsquantums
kommt. Anders sieht es bei der Bewegung eines Elektrons im Wasserstoffatom aus, hier liegt
eben ein quantenmechanisches Problem vor. Die gleichzeitige Angabe von Ort und Impuls ist
sinnlos, man muss nach einer anderen Beschreibungsweise suchen, die man mit der SchrödingerGleichung gefunden hat.
Reziprokes Gitter und Ewald-Konstruktion
Ein unentbehrliches Hilfsmittel sind bei Beugungsphänomenen und nicht nur hier das reziproke
Gitter und die so genannte Ewald-Konstruktion. Schaut man sich das Beugungsbild eines
Einkristalls an, so erkennt man, dass die Beugung an Netzebenen erfolgt, die nahezu parallel
zum einfallenden Elektronenstrahl verlaufen und dass das Beugungsbild aus Punkten besteht, die
einem Abstand proportional zu 1/d (d Netzebenenabstand) senkrecht zu den jeweiligen
Netzebenscharen liegen. Die Konstruktion des reziproken Gitters erfolgt nun in genau der Weise,
dass jede Netzebenschar im realen Raum durch einen Punkt im reziproken Gitter mit dem
Abstand 1/d vom Ursprung dargestellt wird. Die Gleichwertigkeit beider Darstellungsweisen
ergibt sich daraus, dass es möglich ist, eine Darstellung aus der anderen abzuleiten. Beim
Vergleich von Beugungsbild und reziprokem Gitter erkennt man, dass das Beugungsbild in erster
Näherung einen Schnitt durch das reziproke Gitter senkrecht zur Richtung des einfallenden
Strahls ergibt. Die Beziehung zwischen beiden lässt sich mit Hilfe der Ewald-Konstruktion
erläutern (siehe Abb.1).
9 Kristall wird durch sein reziprokes Gitter dargestellt.
9 Elektronenstrahl, dargestellt durch einen Vektor der Länge 1/λ, verläuft parallel zum
einfallenden Strahl und endet im Ursprung des reziproken Gitters.
9 Um den Punkt A wird ein Kreis mit Radius 1/λ geschlagen.
Für jeden Punkt, der auf dem Umfang dieses Kreises liegt (im 3-dimensionalen die Fläche der
Ewald-Kugel), gilt die Bragg-Gleichung.
2d ⋅ sin θ = nλ
(3),
mit λ der Wellenlänge, d dem Netzebenenabstand, θ dem Bragg-Winkel und n der
Beugungsordnung.
5
Andere Beugungsmethoden
Weitere Beugungserscheinungen sind die Kikuchi-Linien und Beugungsbilder mit konvergenten
Strahlen. In der Abbildung 4 ist schematisch die Entstehung der Kikuchi-Linien gezeigt. Einige
der Elektronen, die bei P inelastisch gestreut werden, werden bei R bzw. Q elastisch gebeugt.
Die Intensitätsverteilung der inelastisch gestreuten Elektronen weicht demzufolge von der
„normalen“ Verteilung ab. Dies führt zu Intensitätsumschichtungen, die als helle oder dunkle
Linien an einem Beispiel in der
Abbildung 2 zu sehen sind.
Die Lage der Kikuchi-Linien spiegelt sehr
empfindlich die Orientierung der Probe
wider. Man kann die Probe damit bis auf
Bruchteile eines Grades orientieren.
Abbildung 2: Kikuchi-Linien einer Al-Probe.
AA´ und BB´ sind jeweils zwei parallel
verlaufende helle und dunkle Linien.
Normalerweise werden Beugungsbilder mit
parallelen Strahlen erzielt. Wird jedoch ein
konvergentes Strahlenbündel auf das
Objekt gerichtet, so werden die Reflexe zu
Scheibchen,
deren
Feinstruktur
Rückschlüsse auf die Dicke, die
Kristallstruktur und den Gitterparameter
zulassen. Abbildung 3 zeigt ein Beispiel.
Bei dem wichtigsten Einsatzgebiet der
Elektronenbeugung,
dem
TEM
Abbildung 3: Konvergente Beugung an einer
[111]-orientierten Probe auf Ni-Basis.
(Transmission Electron Microscopy) erhält man
zwei Bilder, auf der einen Seite das Beugungsbild
und auf der anderen Seite ein vergrößertes Bild, in
dem dann die Kontraste zu sehen sind. Das sind
Massendicken-Kontrast, Beugungskontrast, sowohl
kinematisch
als
auch
dynamisch
und
6
Abbildung 4. Entstehung von KikuchiLinien.
Phasenkontrast.
Wichtige Verfahren der Elektronenbeugung sind die RHEED (Reflection High Energy Electron
Diffraction) und die LEED (Low Energy ED) Methoden. Bei beiden Verfahren wird der
Tiefenbereich, aus dem die Information kommt, gering gehalten. Bei der ersteren durch einen
schrägen Einfall auf die Probe unter dem Bragg-Winkel. Damit tritt der Strahl nur geringfügig in
die Probe ein. Beim zweiten Verfahren verwendet man Elektronen mit niedriger Energie und
verringert so die Eindringtiefe.
Gerätetechnisches:
Elektronenbeugungsröhre
In der Elektronenbeugungsröhre wird durch Glühemission an einer Wolframkatode ein
Elektronenstrahl mit einem Anodenstrom kleiner 1 mA erzeugt und mit Hilfe des
Wehneltzylinders (G1) kollimiert. Die Probe ist 35 mm von der Katode entfernt und D beträgt
(127±3) mm. Wenn man die Wehneltspannung reduziert, wird der Elektronenstrahl aufgeweitet,
und die Struktur des Cu-Netzes, das die Probe trägt, ist zu sehen.
Abbildung 5: Aufbau der Elektronenbeugungsröhre
Abbildung 7: Beschaltung der
Elektronenbeugungsröhre.
Abbildung 6: Schema der
Elektronenbeugungsröhre.
7
In einem Kristall ist die de Broglie-Wellenlänge eines Elektronenstrahls vom Brechungsindex
abhängig. Der Brechungsindex n variiert mit dem Verhältnis von potentieller und kinetischer
Energie des Elektrons im Kristallgitter.
E
(4)
λ = n ⋅ λVak = 1 − pot E ⋅ λVak
kin
Zur Abschätzung des Einflusses wird für das Kristallpotential Epot = -10 eV angenommen. Bei
50 eV Elektronen weicht der Brechungsindex um 10 % vom Vakuumwert ab, bei 10 keV
Elektronen ist der Einfluss zu vernachlässigen.
Die de Broglie-Wellenlänge für Materiewellen ist über die Beziehung λ=h/p gegeben, mit h als
dem Planckschen Wirkungsquantum. Gemäß der speziellen Relativitätstheorie ist mit jeder
Masse m eine Energie verbunden. E = m ⋅ c 2 . Für die kinetische Energie ergibt sich als Differenz
von Gesamtenergie und Ruheenergie
⎛
⎞
1
(5)
E kin = E − m0 c 2 = m0 c 2 ⎜
− 1⎟ .
⎜ 1− v2 c2
⎟
⎝
⎠
(m0 – Ruhemasse, c – Lichtgeschwindigkeit, v - Geschwindigkeit). Der Impuls berücksichtigt die
relativistische Massenveränderung
m0 v
p=
.
(6)
1− v2 c2
Aus diesen beiden Beziehungen erhält man den relativistischen Energiesatz (relativistischer
Pythagoras)
E 2 = m02 c 4 + c 2 p 2 ,
(7)
mit dem sich der systematische Fehler für die de Broglie-Wellenlänge in dem betrachteten
Energiebereich gemäß Aufgabe 2 berechnen lässt.
Probenmaterial
Als Probe dient ein Graphitplättchen, das in die Elektronenstrahlröhre eingebaut ist. Unter
normalen Bedingungen ist Graphit die stabile Modifikation des Kohlenstoffs. Graphit hat eine
Schichtstruktur, wobei in der Schicht jedes C-Atom aufgrund der sp2-Hybridisierung eine starke,
kovalente σ-Bindung mit jeweils 3 Nachbaratomen eingeht. Der Bindungswinkel von 120°
bewirkt die hexagonale Struktur der Schichten. Das vierte Valenzelektron verbleibt in einem pOrbital, das senkrecht zur Schicht ausgerichtet ist. Die p-Orbitale überlappen sich und führen zu
einer π-Bindung. Die Beweglichkeit der π-Elektronen bewirkt die gute elektrische Leitfähigkeit
parallel zu den Schichten. Der Zusammenhalt zwischen den Schichten beruht auf den schwachen
van-der-Waals-Kräften, wodurch die geringe Härte des Graphits erklärt werden kann.
8
Abbildung 8: Modifikationen des elementaren Kohlenstoffes.
Die Koordinationszahl ist die Zahl der nächsten Nachbarn, sie unterscheidet sich von der
Koordinationszahl einer anderen Modifikation des Kohlenstoffs, dem Diamant.
Um weitere Informationen über Graphit zu erhalten, kann man sich der PDF-Datei (Powder
Diffraction File) bedienen. In dieser Datei werden Strukturdaten und die Beugungsdiagramme
von Kristallstrukturen aller Art weltweit zusammengetragen und können für die Identifizierung
von Phasen mittels der Röntgenbeugung, sozusagen als Fingerprint, genutzt werden.
In der unten abgebildeten Karte ist in der Überschrift die PDF-Nummer = 41-1487 für eine
Struktur von Graphit-2H zu sehen. Daneben ist ein Zeichen für die Qualität der Eintragung
angeführt. Es bedeuten: * = Hohe Qualität; C = Computed von Strukturdaten; I = Gute Qualität
(Indexed); Q = Nicht so gut (Questionable); N = Nicht spezifiziert; D = Gelöscht (Deleted). Die
CAS-Number wird jeder chemischen Verbindung vergeben (Chemical Abstracts Service, eine
Abteilung der Amerikanischen Chemischen Gesellschaft).
9
Abbildung 9. PDF-Datei von Graphit-2H.
Bezüglich der Kristallstruktur sind das Kristallsystem = Hexagonal, der Gittertyp = Primitiv, die
Raumgruppe (Space Group) = P63/mmc(194) und die Gitterparameter a,b,c und die Winkel
angegeben. Mit Dx und Dm sind die berechnete und die unabhängig davon experimentell
bestimmte Dichte angegeben. Außerdem sind die experimentellen Bedingungen, unter denen das
Diffraktogramm gemessen wurde, angegeben.
Was sich hinter dem Symbol für die Raumgruppe verbirgt, kann man in den “The International
Tables of Crystallography” Vol. A nachlesen. Es ist sehr nützlich, mit diesen Tabellen umgehen
zu können. Am Beispiel der Raumgruppe 194 sollen die wichtigsten Informationen, die man den
Tabellen entnehmen kann, aufgezeigt werden (siehe Abbildungen 10 und 11).
P 63/mmc:
Hermann-Mauguin-Raumgruppensymbol (gekürzt).
P 63/m 2/m 2/c:
Hermann-Mauguin-Raumgruppensymbol (vollständig).
Der erste Buchstabe gibt die Zentrierung des Gitters an (vgl. Bravaistyp), hier P für primitiv.
Die nächsten 3 Symbole geben Symmetrieelemente in bestimmten Raumrichtungen, auch
Blickrichtungen genannt, an. Die Blickrichtungen sind für die einzelnen Kristallsysteme
10
festgelegt, im hexagonalen System sind das die:
[001]-Richtung für die sechszählige Schraubendrehachse mit einer Translation von 3/6 c entlang
der c-Achse und mit Symmetriezentrum. Symbol 63/m (/m bedeutet Spiegelebene m ist senkrecht
zur Achse)
[100] bzw. [010] Richtung für die zweizählige Drehachse mit einer Spiegelebene senkrecht dazu
Symbol 2/m
[110]-Richtung für die zweizählige Drehachse mit einer axialen Gleitspiegelebene senkrecht
dazu, Symbol 2/c. Die Translation entlang der c-Achse beträgt c/2.
Die entsprechenden graphischen Symbole können den “The International Tables of
Crystallography” entnommen werden. Es gibt insgesamt 230 Raumgruppen.
Abbildung 10: Ausschnitt aus International Tables of Crystallography.
D46h:
Schönflies-Symbol
6/mmm:
Punktgruppe
Das ist die Gruppe, die alle Punktsymmetrieoperationen enthält, d.h. es bleibt mindestens ein
Punkt ortsfest. Es gibt 32 Punktgruppen oder auch Kristallklassen genannt.
Hexagonal: Kristallsystem
Die 7 Kristallsysteme sind die geeigneten Koordinatensysteme zur Beschreibung der
entsprechenden Kristallstrukturen.
No.194:
Raumgruppennummer
11
Symmetry operations:
Symmetrieoperationen der Raumgruppe
Positions:
Allgemeine und spezielle Punktlagen
Graphit hat die Punktlagen 2b und 2c.
1.Spalte
Zähligkeit der Punktlagen, hier jeweils 2
2.Spalte
Wyckoff-Bezeichnung, kleine Buchstaben für die einzelnen Punktlagen. Es
müssen nicht alle Punktlagen, die möglich sind, auch in der Kristallstruktur besetzt sein.
3.Spalte
Symmetrien der Punktlage in den Blickrichtungen
4.Spalte
Koordinaten äquivalenter Punkte der einzelnen Punktlagen.
5.Spalte
Reflexionsbedingungen
Abbildung 11: Ausschnitt aus International Tables of Crystallography.
12
Abbildung 12: Ausschnitt aus International Tables of Crystallography.
An dieser Stelle wird noch die Struktur für die Raumgruppe 186 gezeigt. In Datenbanken und in
der Literatur findet man die Modifikation Graphit-2H durch beide Raumgruppen beschrieben.
Der Unterschied besteht darin, dass bei der Raumgruppe 186 die C-Atome in den hexagonalen
Ebenen um einen Betrag von 1/20 der Gitterkonstante c abwechselnd verschoben sind. Dadurch
entsteht eine leichte Welligkeit, so dass die Spiegelebene parallel zu den hexagonalen Ebenen
fehlt. Erkennbar ist dieser Unterschied an den Wyckoff-Positionen. Graphit hat 4 Atome in der
Elementarzelle. Bei der Raumgruppe 186 werden die Atompositionen durch die Positionen 2a
und 2b, dagegen bei der Raumgruppe 194 durch die Positionen 2b und 2c bestimmt. Da diese
Abweichung (z) so gering ist, kann man im Allgemeinen immer die Raumgruppe 194 für diese
C-Modifikation verwenden.
13
Abbildung 13: Ausschnitt aus International Tables of Crystallography.
Literatur:
9 Bergmann/Schaefer: Experimentalphysik VI (Kapitel 2, Kristallstrukturen)
9 Ashcroft/Mermin: Festkörperphysik
9 Goodhew: Elektronenmikroskopie: Grundlagen und Anwendung
9 Picht/Heydenreich: Einführung in die Elektronenmikroskopie, Abschnitt 2.6.
9 Brümmer: Festkörperanalyse mit Elektronen, Ionen und Röntgenstrahlen (Kapitel 7)
9 Borchardt-Ott: Kristallographie
14
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