Januar Bodensee Der Bodensee ist der drittgrößte See Mitteleuropas. Sein warmes, sauerstoffreiches und Licht durchflutetes Flachwasser sowie die tiefen kühlen Freiwasserbereiche bieten einen komplexen Lebensraum für Mikroorganismen, Pflanzen und Tiere. Für über vier Millionen Menschen ist der See Trinkwasserspeicher. Ab den 50er Jahren gelangten mehr und mehr ungeklärte Abwässer in den Bodensee, so dass sein ökologisches Gleichgewicht massiv bedroht war. Mit großen Investitionen in den Bau von Kläranlagen gelang es, die Wasserqualität nach und nach wieder zu verbessern. Der Rückgang des Phosphorgehalts im Seewasser zeigt dies deutlich. Heute ist der Bodensee wieder so sauber wie vor 50 Jahren. Die mittlere jährliche Wasserspiegelschwankung beträgt 1,6 m, im Extremfall aber auch mehr als 3 m. Dadurch verändert sich auch die Seefläche alljährlich um mehrere Quadratkilometer. Ein Großteil des Wassers stammt aus dem Alpenrhein. Mit dem Wasser schwemmt der Fluss jedes Jahr auch etwa zwei bis drei Millionen Kubikmeter Sand und Schwebstoffe in den See. Würde man diese Menge auf einen Güterzug verladen, wäre er rund 400 km lang. Dies entspricht etwa der Strecke Bregenz – Salzburg. Auch Holz wird mit jedem Unwetter in den See geschwemmt. So gelangten im Hochwasserjahr 1999 etwa 50.000 m3 Treibholz in den Bodensee. Das entspricht einem Wald von mehr als 200 ha. Die Wassermasse des Sees speichert Wärme und sorgt für ein ausgeglichenes Klima. Deshalb gefriert der See auch nur sehr selten zu. Das letzte Mal im Winter 1962/63. Dafür treten häufig hartnäckige Nebel auf, weil von der verhältnismäßig warmen Seeoberfläche Wasserdampf aufsteigt. Das 120 ha große Naturschutzgebiet im Naherholungsraum am Mehrerauer Seeufer ist ein Naturjuwel mit außergewöhnlicher Pflanzen- und Tierwelt. Flachwasserbereiche, Röhrichte, Streuewiesen und Auwälder sind sensible und unverzichtbare Lebensräume für die gefährdeten Arten. Das Gebiet wurde im Jahr 1991 durch Verordnung des Landes Vorarlberg zum Naturschutzgebiet erklärt und ist seit 2003 Europaschutzgebiet (Natura 2000 Gebiet gemäß Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie). März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Quallen Moorbläuling Streuwiesen Bodensee Zum Schutz der Natur ist es verboten: – Pflanzen oder Pflanzenteile zu entfernen oder zu beschädigen – Schilfflächen und Streuwiesen zu betreten – außerhalb gekennzeichneter Wege zu gehen. Ausgenommen sind die Liegewiesen (dunkelgrün) sowie die hellgrün gekennzeichneten Bereiche – zu kampieren, das Lagern ist auf den Liegewiesen (dunkelgrün) von 05.00 bis 01.00 Uhr erlaubt – auf den Kiesstränden (grün schraffiert) zu lagern, das Betreten und das Baden am trocken liegenden Kiesufer ist von 5 Uhr bis eine Stunde nach Sonnenuntergang erlaubt. Die rot schraffierten Kiesstrände dürfen zum Schutz der Natur vom 01.04. bis 30.09. nicht betreten werden – Feuer zu betreiben, ausgenommen an den fest eingerichteten Feuerstellen an den Liegewiesen – außerhalb der ausgewiesenen Radwege Rad zu fahren (fahren mit Kraftfahrzeugen ist generell verboten, ausgenommen Einsatz- und Erhaltungsfahrzeuge) UferNatur – außerhalb der ausgewiesenen Reitwege zu reiten Naturnahe Flachufer zählen zu den wichtigsten Lebensräumen am See. Derzeit ist etwa die Hälfte des Bodenseeufers verbaut. Es hat sich jedoch gezeigt, dass durch die Reflexion der Wellen an Mauern naturnahe Bereiche und die Bauwerke selbst geschädigt werden. Daher werden, vergleichbar dem EU-LIFE-Natur-Projekt am Mehrerauer Seeufer, verbaute Ufer seit über 20 Jahren wieder renaturiert. Februar – Hunde frei laufen zu lassen – Abfälle außerhalb der bereitgestellten Sammelbehälter zurückzulassen – zu lärmen und laute technische Geräte zu betreiben Auszug aus der Verordnung über das Naturschutzgebiet Mehrerauer Seeufer – Bregenzerachmündung LGBl. Nr. 33/1991 i.d.g.F. Naturschutzgebiet Impressum Medieninhaber und Herausgeber: Amt der Landeshauptstadt Bregenz, 6900 Bregenz Verantwortlich für den Inhalt: Thomas Gehrer, Dipl.-Ing. Gerold Ender Fachliche Beratung: Mag. Markus Grabher, UMG Fotos: M. Waldinger, M. Grabher, W. Zepf, F. Motta Gestaltung: Reinhard Gasser, Bernd Altenried Druck: Höfle GmbH, Dornbirn Sommer am Mehrerauer Seeufer UferNatur Der Sommer ist in vielerlei Hinsicht der Höhepunkt im Naturschutzgebiet: Im Juni oder Juli erreicht der Wasserspiegel des Bodensees sein Maximum, die Fläche des Sees vergrößert sich um mehrere Quadratkilometer. Seit dem Frühjahr ist das Schilf täglich um mehrere Zentimeter gewachsen und hat nun seine volle Höhe von vier Metern erreicht. Diese enorme Leistung ist nur dank der hohen Temperaturen und der langen Tage möglich, wenn die Fotosynthese auf Hochtouren läuft. In Schilf und Wald sind inzwischen die Jungvögel geschlüpft. Der sommerliche Singvogelbestand ist dadurch um ein Mehrfaches höher als im Winter. Die Tierwelt ist im Sommer besonders aktiv. Unzählige Insekten schwirren durch die Luft. Auch die Mücken haben jetzt wieder Hochsaison, weil das warme Wasser der Uferzonen den Larven ideale Bedingungen bietet. Die Wasservögel wechseln im Hochsommer ihr Gefieder. Während der Mauser sind Enten für mehrere Wochen flugunfähig und daher sehr gefährdet. Ungestörte Uferabschnitte sind jetzt besonders wichtig. Diese zu sichern ist im Naherholungs- und Naturschutzgebiet am Mehrerauer Seeufer eine anspruchsvolle Herausforderung, denn der Sommer ist auch für viele Menschen der Höhepunkt am See. Naturschutzgebiet Wocherhafen Betreten verboten Kiesufer Betreten verboten vom 1.4. bis 30.9. Liegewiese Lagern von 5 bis 1 Uhr Trockener Kiesstrand Betreten erlaubt von 5 Uhr bis eine Stunde nach Sonnenuntergang Naturbeobachtung Feuerstelle Streuwiese Schilf Gehweg Radweg Reitweg Jachthafen Sporthafen Kloster Mehrerau Bregenzerach Süßwasserqualle Quallen sind Meeresbewohner, das ist bekannt. Wenige wissen, dass auch im Süßwasser Quallen leben. Tatsächlich konnten in den vergangenen Jahren mehrmals Quallen mit dem klingenden Namen Craspedacusta sowerbii im österreichischen Bodenseegebiet beobachtet werden. In Europa wurde die Süßwasserqualle erstmals 1880 in England beobachtet. Manche vermuten, dass die ursprüngliche Heimat in Ostasien liegt, andere in Südamerika. Tatsächlich ist die Süßwasserqualle heute nahezu weltweit verbreitet. Vielleicht können wir künftig jedes Jahr Quallen im Bodensee beobachten, wenn heiße Sommer in Mitteleuropa zur Regel werden. Vom Polyp zur Qualle Quallen sind Nesseltiere, die eine komplizierte Entwicklung durchlaufen: Die sesshafte Form, der Polyp, wird bei unserer Qualle nur etwa 2 mm groß. Polypen vermehren sich ungeschlechtlich durch „Knospung“. Steigt aber die Wassertemperatur über 22°, schnüren sich vom Polyp kleine Medusen ab, die zu 25 mm großen Quallen mit bis zu 400 Fangarmen heranwachsen. Durch die geschlechtliche Vermehrung der Quallen entstehen dann wiederum Polypen. Da Polyp und Qualle völlig unterschiedlich aussehen, beschrieben die Wissenschaftler zunächst zwei Arten. Erst später zeigte sich, dass beide zu der selben zählen. Wie alle Quallen besitzt auch die Süßwasserqualle Nesselzellen, mit denen sie mikroskopisch kleine Tiere aufspießt. Für den Menschen ist die Art harmlos; es ist nicht einmal sicher, dass die Nesselzellen die menschliche Haut durchdringen können, obwohl manche durchaus von schmerzhaften Begegnungen berichten. ausgewachsene Qualle 4. Woche kleine Qualle 2. Woche freischwimmend 2. Tag Knospung 1.Tag Polyp Moorbläuling Gast im Ameisennest Der Helle Moorbläuling ist ein seltener Gast in den Feuchtwiesen. Der Schmetterling ist sehr anspruchsvoll, denn für seine Fortpflanzung ist er nicht nur auf eine bestimmte Blumenart angewiesen, sondern auch auf Ameisen. Im Hochsommer legen die Schmetterlinge ihre Eier auf die Blüten des Großen Wiesenknopfs, einer in Streuwiesen weit verbreiteten Pflanze. Bald schlüpfen die winzigen Raupen, die sich zunächst vegetarisch von ihrer Wirtspflanze ernähren. Nach zwei bis drei Wochen lassen sie sich auf den Boden fallen und sondern ein Sekret ab, das auf Ameisen unwiderstehlich wirkt. Die Ameisen tragen die Raupen in ihren Bau und pflegen sie wie die eigene Brut. Dankbarkeit ist den Raupen fremd, denn sie bedienen sich ungeniert an den Larven ihrer ahnungslosen Gastgeber. Nach der Verpuppung verlassen elegante Schmetterlinge das Ameisennest. Entwässerungen können zum Verschwinden des Wiesenknopfs führen. Bodenverdichtung mit schweren Traktoren entzieht den Ameisen die Lebensgrundlage. Und wird schließlich vor dem Herbst gemäht, fehlen den Schmetterlingsraupen die Nahrungspflanzen. Auf Grund dieser großen Ansprüche sind Moorbläulinge so stark bedroht, dass die Europäische Union besondere Schutzmaßnahmen fordert. Partnersuche Bei den meisten Schmetterlingen verläuft die Entwicklung natürlich weit weniger kompliziert als bei den Moorbläulingen. Trotzdem stehen gerade seltene Arten vor dem Problem, erst mal einen Partner zu finden. Die Männchen mancher Arten sind daher den Großteil des Tages mit Suchflügen nach Weibchen beschäftigt. Hierzu zählen beispielsweise Kohlweißling und Schwalbenschwanz. Bei anderen wiederum, z.B. bei Bläulingen, sitzen die Männchen irgendwo und warten auf vorbei fliegende Weibchen. Dabei helfen die empfindlichen Geruchsorgane an den Fühlern, mit denen die Männchen mancher Nachtschmetterlinge weibliche Lockstoffe, die Pheromone, über kilometerweite Distanzen wahrnehmen können. Moorbläulinglarve – 9 Monate Ameisenlarve Schafgarbe Odermennig Landreitgras Sumpfdotterblume Wiesenschaumkraut Schlanksegge Sumpfsegge Filzsegge Flockenblume Echtes Tausendgüldenkraut Mehlprimel Gewöhnliches Hornkraut Sumpfkratzdistel Ackerkratzdistel Schneide Sibirische Schwertlilie Herbstzeitlose Braunes Zypergras Gelbliches Zypergras Wilde Möhre Sumpfweidenröschen Sumpfwurz Sumpfschachtelhalm Einjähriges Berufskraut Wasserdost Gemeiner Augentrost Rohrschwingel Nordisches Labkraut Moorlabkraut Sumpflabkraut Wolliges Honiggras Weidenblättriger Alant Sumpfschwertlilie Glanzfrüchtige Binse Rauer Löwenzahn Sumpflöwenzahn Zweiblatt Blutweiderich Gilbweiderich Gemeiner Wolftrapp Wasserminze Ruhrwurz Brennender Hahnenfuß Schnittlauch Blutwurz Hohe Schlüsselblume Zungenhahnenfuß Waldhahnenfuß Schwarzes Kopfried Sumpfhelmkraut Sumpfziest Teufelsabbiss Sumpfdreizack Dost Schilf Raues Veilchen Hundsveilchen Vogelwicke Echter Baldrian Sumpfbaldrian Ackeleiblättrige Wiesenraute Gelbe Wiesenraute Streuwiesen Früher wurden Feuchtwiesen nicht gedüngt und einmal im Jahr gemäht. Diese herbstliche Nutzung lieferte kein Futter, sondern Einstreu für das Vieh – daher der Name Streuwiese. Zahlreiche Pflanzen verlagern im Herbst ihre Nährstoffe in Knollen oder Wurzeln. Die verbleibenden strohigen Pflanzenteile bestehen im wesentlichen nur noch aus Zellulose, die die Pflanzen mit Hilfe von Sonnenenergie aus Wasser und dem Kohlendioxid aus der Luft herstellen. Durch diese Strategie liefern die Wiesen, obwohl sie nicht gedüngt werden, Jahr für Jahr den selben Ertrag. Vielfalt durch Bewirtschaftung Seltene Pflanzen und Tiere profitieren von der naturnahen Bewirtschaftung. Auffallende Blumen wie die Sibirische Schwertlilie oder versteckte Raritäten wie der Wassernabel kommen heute fast nur mehr in Streuwiesen vor. Und für den Hellen Moorbläuling, einen seltenen Schmetterling, fordert sogar die Europäische Union besondere Schutzmaßnahmen. Die Streuwiesen am Mehrerauer Seeufer sind in den vergangenen Jahrzehnten weniger geworden, weil sie ihre wirtschaftliche Bedeutung weitgehend verloren haben. Heute werden die verbliebenen vor allem aus Gründen des Naturschutzes bewirtschaftet. Streuwiesen müssen als wichtiger Lebensraum in der Ufer-Natur vor Betritt geschützt werden. Mit der Mahd wird bis Oktober gewartet, um seltenen Pflanzen wie Lungenenzian oder Duftlauch ausreichend Zeit für Blüte und Samenbildung zu geben. Glücklicherweise hat der Bodensee eine Entwässerung der Streuwiesen verhindert – ein großes Problem in vielen anderen Feuchtgebieten. Wassernabel Fischerei Ertrag: 1200 t Abfluss Seerhein: ca 11 km3/Jahr D 173 km CH 63 km Entnahme für Trinkwasser: 170 Mio m3/Jahr Natürliche Verdunstung: 290 Mio m3/Jahr 14 km Seevolumen: 50 000 000 000 000 l. Theoretisch dauert es vier Jahre und vier Monate, bis das gesamte Wasser des Sees einmal ausgetauscht ist. Mit dem Wasser des Bodensees könnte man die Fläche Österreichs 60 cm tief unter Wasser setzen. tiefste Stelle: 254 m 63 km A 14 km Erdkrümmung 44,25 m Konstanz 1975 82 mg Phosphorgehalt in mg pro m3 Bodenseewasser 1965 35 mg 1960 18 mg 1970 52 mg Wasserzufluss durch Alpenrhein und Bregenzer Ach: ca 8 km3/Jahr Transportiertes Material: ca 2–3 Mio m3/Jahr Bregenz 1980 83 mg 1985 62 mg 1990 35 mg 1995 22 mg 2000 12 mg 2005 9 mg