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SUSANNE SCHNEIDER
Zwar bündeln etliche deutsche Kreditinstitute gerade im jahrelang sträflich vernachlässigten Privatkundenbereich ihre Kräfte im Vertrieb auch mit
dem Ziel, die Cross-Selling-Rate, also
die Produktnutzungsquote pro Kunde,
zu steigern. Dennoch liegen hier sowohl im Privatkunden- als auch im Firmenkundengeschäft noch gewaltige
Potenziale brach.
Und diese sollten die Banken nach
Überzeugung vieler Experten heben,
auch um bei der Ertragskraft deutlicher
zur internationalen Konkurrenz aufzuschließen. Denn durch erfolgreiches
Cross Selling, so die gängige Meinung,
lassen sich sowohl die Zahl der abge-
FOTOS: ISTOCK, GOODSHOT
Die deutschen Banken haben im Geschäftsjahr 2005 ihre durchschnittliche
Kapitalrendite gegenüber dem Vorjahr
nahezu verdoppelt. Dennoch hängen
sie hinter dem globalen Durchschnitt
zurück. Ein Grund: Laut Reiner Hoock,
Geschäftsführer der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton, schaffen
es nur wenige deutsche Banken, ihrem
bestehenden Kundenstamm im Zuge
des Überkreuzverkaufs mehr Produkte
anzubieten: „Bei der Cross-Selling-Rate hinken die Deutschen hinter dem
Ausland her.“ Dabei sei es in verteilten
Märkten einfacher, Bestandskunden
mehr Produkte zu verkaufen als Neukunden zu gewinnen.
Zum Konto noch die passende Kreditkarte verkaufen: eine eher einfache Cross-Selling-Variante.
Über Kreuz
verkaufen
In Deutschland wollen etliche Kreditinstitute ihre
Produktnutzungsquote pro Kunde verbessern und stecken
Geld in Filialen, Schulungen der Mitarbeiter und
Multikanal-Banking. Garant für mehr Erträge ist
eine hohe Cross-Selling-Rate allein allerdings nicht.
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setzten Produkte als auch die Marge pro
Produkt erhöhen, da die Vertriebskosten pro verkaufter Leistung sinken.
Auch Hoock ist davon überzeugt,
dass mit höherer Cross-Selling-Quote
der Ertrag einer Bank steigt. Das zeige
das Beispiel Wells Fargo. Die US-Bank
habe 2006 die Cross-Selling-Rate auf
5,3 Produkte pro Kunden gegenüber
3,0 im Jahr 1998 steigern können und
sei im selben Zeitraum deutlich ertragreicher geworden.
le verkauft als in Deutschland. Daneben
spielten auch das andere Kundenverhalten, die Marktstruktur sowie die
Zählweise in den jeweiligen Ländern eine wichige Rolle.
Die unterschiedliche Zählweise ist für
Professor Dr. Bernd Skiera vom E-Finance Lab der Universität Frankfurt ein
Grund dafür, dass Auslandsbanken bei
der Cross-Selling-Quote teils so viel
besser dastehen als die deutschen.„Ausländische Banken zählen mitunter den
Maßgeschneiderte Beratung
findet nur selten statt
Auch Frank Nierhaus, Leiter Zielgruppenmanagement im Privatkundengeschäft der Commerzbank, betont:
„Selbstverständlich ist es unser Ziel, die
Cross-Selling-Rate, die sich bereits in
den vergangenen Jahren kontinuierlich
verbessert hat und aktuell auf zufrieden
stellendem Niveau liegt, in den nächsten Jahren weiter auszubauen.“ Dazu
Verkauf jedes einzelnen Produkts an eiseien nicht zuletzt die Maßnahmen
nen Kunden, also beispielsweise jedes
rund um den ‚Neuen Marktauftritt‘ geSparbuch oder Festgeld, und stehen opschaffen worden, „die wir mit attraktitisch dann natürlich besser da als viele
ven Produkten, zum Beispiel der Top
deutsche Banken, die als Zählweise in
Zins Anlage, untermauern“.
der Regel den Verkauf pro ProduktAuf diese Weise möchte die Comgruppe wählen.“
merzbank, die wie andere Großbanken
Da ganz unterschiedliche Analysen
sowie das Sparkassen- und Genossenzur Erhebung der Cross-Selling-Quote
schaftslager zunehmend Kunden an
existierten, sollten laut Professor Dr.
Direktbanken verliert, laut Nierhaus
Bernd Rolfes, Gründer und Hauptge„wieder deutlicher von den Bestandssellschafter der Unternehmensberakunden und von potentung zeb, für Cross-SelS E R V I C E
ziellen Neukunden am
ling-Raten auch nur
Buch zum Thema
Markt als kompetenter
Bandbreiten genannt
Detlef Effert/
Partner wahrgenommen
werden. Seinen ErheWilfried Hanreich (Hrsg.):
werden“.
bungen zufolge weisen
Ganzheitliche Beratung
Neben hochwertigen
die deutschen Großbanbei Banken Produkten und einer Beken eine Spannbreite
Modeerscheinung oder
ratung, die sich maßgevon 2,1 bis 2,4 auf, SparErfolgskonzept?
schneidert an den Wünkassen von 2,7 bis 3,0
Gabler Verlag 2006,
schen und Bedürfnissen
und die Genossen254 Seiten,
der Kunden ausrichten
schaftsbanken von 2,9
58,00 Euro
sollte – was aber laut
bis 3,3.
ISBN 3-8349-0309-4
diverser UntersuchunDas europäische Ausgen offenbar noch viel zu
land sieht Rolfes mit 2,6
wenig der Fall ist –, rät
– anders als die Mercer
Unternehmensberater Hoock den BanManagement Consulting-Studie – im
ken, verstärkt über ProduktbündelunDurchschnitt nicht vor Deutschland.
gen nachzudenken. Außerdem empUngeachtet der Einschränkungen bei
fiehlt er Kombiprodukte, in denen
der internationalen Vergleichbarkeit
mehrere Bankprodukte zu einem Paket
hält jedoch auch Rolfes das Cross Selgeschnürt werden.
ling in Deutschland für „zu schwach
Auslandsbanken stehen aufgrund
ihrer Zählweise oft besser da.
Ähnlicher Meinung sind die Autoren
der Studie „Multi Channel Banking
2006“ von bbw Marketing Dr. Vossen
und Partner. Auch sie sehen im Anstieg
der Cross-Selling-Rate eine Art Zauberformel für den künftigen Erfolg einer Bank. Demnach könne eine moderate Steigerung um durchschnittlich 0,5
Produkte je Kunde den Ertrag je Kunde
um zehn bis 15 Prozent erhöhen.
Gegenwärtig, so die bbw-Studie weiter, gelinge es allerdings nur wenigen
deutschen Kreditinstituten, mehr als
zwei Produkte zu verkaufen, während
die europäische Konkurrenz eine Rate
von mehr als drei Produkten je Bankkunde erziele. Die Studie bezieht sich
auf Zahlen der Mercer Management
Consulting, die für deutsche Kreditinstitute einen Durchschnitt von 2,6 Produkten pro Kunde ausweist (siehe Tabelle Seite 19).
Vertriebsausrichtung deutscher
Banken: Note „ungenügend“
Ursache für das im internationalen Vergleich schwache Abschneiden deutscher Banken beim Cross Selling ist laut
bbw-Studie, „die nicht zufrieden stellende Vertriebsausrichtung im Personal
Banking“. Zusätzlich würden in der Europäischen Union im Schnitt mehr Versicherungsprodukte über die Bankfilia-
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ausgeprägt“. Zudem erstrecke es sich
häufig nur auf ganz wenige – und immer dieselben – Kunden.
Für einige deutsche Banken ist die
Verbesserung ihrer aktuellen Cross-Selling-Quote inzwischen auch ein strategisches Ziel.„Wir arbeiten daran, unsere aktuelle Cross-Selling-Quote von 2,1
auf mindestens vier anzuheben“, betont
Hubert Piel, Vorstandsmitglied beim
Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).
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Doch nicht nur neue Ideen beim Produktdesign – ein ganzes Maßnahmenbündel ist gefragt, wenn es darum geht,
die Cross-Selling-Rate anzuheben. Dabei gilt es zunächst, die Sammlung und
Auswertung von Kundendaten deutlich
zu verbessern. Nur so können Kundengruppen genauer segmentiert und ermittelt werden, die am wahrscheinlichsten weitere Bankprodukte kaufen.
Bei diesen Kunden empfiehlt Bernd
Skiera vom E-Finance Lab zwei Herangehensweisen. „Man kann zum einen
den Blick nach vorne richten und beispielsweise überlegen: Welches Produkt
braucht der Kunde künftig, der gerade
eine Immobilie erworben hat?“ Oder
man könne den Blick zurückrichten
und fragen: „Welches Produkt müsste
der Kunde bei einer anderen Bank bereits gekauft haben, der jetzt bei mir ein
Depot eröffnet?“
Multikanalfähigkeit ausbauen
Als weitere Maßnahme, um die CrossSelling-Rate anzuheben, gilt die Verbesserung der Vertriebsstrukturen. Dazu
gehört auch der Ausbau der Multikanalfähigkeit. So wollen etwa die Volksund Raiffeisenbanken laut BVR-Vorstandsmitglied Hubert Piel „die Funktionalitäten im Internet für die Information des Kunden und den Verkauf
von Produkten als Vertriebsweg im
Rahmen einer integrierten Mulitkanalkonzeption weiter ausbauen“.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist die
Qualifizierung der Mitarbeiter zu kompetenten Beratern mit mehr verkäuferischem Engagement und verbesserter
Abschlussfähigkeit sowie zu einer ganz-
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Verbesserung der Cross-Selling-Quote
kommt es ihm zufolge auch noch darauf an, die Attraktivität der Filialen zu
erhöhen, etwa durch Kooperationen
mit externen Dienstleistern oder der
Gründung von Jugendfilialen. Immer
mehr Banken öffneten ihre Filialen
Beratungs- und Verkaufskompetenz
bietet Verbesserungschancen.
heitlichen Kundenbetreuung. Gerade
in diesem Bereich, sagt Hoock, sei in
Deutschland noch besonders viel zu
tun. Das zeige auch eine Studie von
Booz Allen Hamilton aus dem Jahr
2005, die Bankkunden nach ihrer Zufriedenheit mit den Filialen befragt hatte. „Das Ergebnis war, dass die Beratungs- und Verkaufskompetenzen in
Deutschland quer durch die gesamte
Bankenlandschaft noch großes Verbesserungspotenzial aufweist.“
Laut Piel berücksichtigen die Volksund Raiffeisenbanken inzwischen stärker den Aspekt der Erfolgshonorierung, um die Befähigung der Mitarbeiter zum Abschluss zu fördern. Für eine
auch samstags, da die Kunden mehr
Zeit hätten.
Damit eine höhere Cross-SellingQuote aber auch tatsächlich dazu beitragen kann, die Ertragskraft einer
Bank zu steigern, ist intelligentes Cross
Selling gefragt, das etwa die unterschiedlichen Deckungsbeiträge der
Produkte nicht aus dem Auge verliert.
Ob und in welchem Maße Cross Selling
zum Ertrag einer Bank beiträgt, hänge
„von den konkreten Produkten ab, die
zusätzlich verkauft werden“, unterstreicht Jürgen Lieberknecht, Leiter
Marketing Privat- und Geschäftskunden bei der Deutschen Bank, Frankfurt.
So sei beispielsweise die Auswirkung
Steckbrief „Cross Selling“
U
nter Cross Selling oder „Überkreuzverkauf“ versteht man den
Verkauf von Dienstleistungen
verschiedener Produkte oder
Produktkategorien über gemeinsame Kanäle. Das Kundenpotenzial
kann damit besser ausgeschöpft
werden, so dass auch der Kundenwert steigt. Cross Selling hat weiterhin zum Ziel, durch den Verkauf
sowohl mehrerer einander ergänzender als auch verschiedener
Dienstleistungen und Produkte die
Kundenbindung und Kundenzufriedenheit zu verbessern und die
Erträge zu steigern.
Cross-Selling-Quoten deutscher Banken
Institut
Quote
Postbank
1,8
Dresdner Bank
2,1
Deutsche Bank
2,1
Commerzbank
2,1
Hypo-Vereinsbank
2,1
Durchschnitt Deutschland
2,6
Sparkassen
3,0
Genossenschaftsbanken
3,1
Anzahl verkaufter Produkte pro Kunden; die Cross-Selling-Quote wurde auf Basis von Produktgruppen ermittelt.
Quelle: Mercer Management Consulting/bbw-Studie
© BM-Grafik
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Intelligentes Cross-Selling muss
Deckungsbeiträge berücksichtigen.
auf die Erträge größer, wenn das zusätzlich verkaufte Produkt eine umfangreiche Baufinanzierung sei als bei
einem zusätzlich eröffneten Sparkonto.
Zudem lohnt immer auch ein Blick auf
die Kostenseite. Denn wer etwa auf Produkte mit sowieso schon niedriger
Marge noch deftige Rabatte gewährt
oder Produkte gar ganz verschenkt,
erntet zwar oft zusätzlich Volumen, erkauft dies aber teuer im Ertrag.
In manchen Fällen können solche
Strategien allerdings dem kalkulatorischen Ausgleich dienen. Das bedeutet:
Ein Teil des Produktangebots wird zu
Selbstkosten oder mit nur geringen Ge-
winnen abgesetzt, wenn dadurch der
Verkauf von Sortimentsteilen mit hohen Gewinnbeiträgen gefördert wird.
So bieten etwa Banken und Sparkassen
die mit der Führung von Girokonten
anfallenden Dienstleistungen meist zu
weit unter den Selbstkosten liegenden
Preisen an, nur um über den Aufbau einer stabilen Kundenbeziehung ertragsstarke Zusatzgeschäfte tätigen zu können. Denn Untersuchungen zeigen: Je
mehr Leistungen ein Kunde bei einer
Bank in Anspruch nimmt, umso mehr
ist er an diese gebunden.
„Eine einigermaßen gute Kundenbindung ist erst bei der Nutzung von
Citibank: Erfolg mit Produktbündeln
C
itibank Deutschland gilt hierzulande als Musterbeispiel für erfolgreiches
Cross Selling. Das bestätigt auch die bbw-Studie „Multi Channel Banking
2006“. Sie weist für die Bank eine Cross-Selling-Quote von neun aus. Als
einen Grund für diesen hohen Wert nennen die Autoren der Studie, dass die
Bank ihre Kundenkontakte gut für ertragreiche Kundenbindung und Cross
Selling nutzt. Der Kundenkontakt, der für etliche Experten der Schlüssel für
erfolgreiches Cross Selling ist, liegt laut bbw-Studie bei der Citibank bei 53
Prozent der Arbeitszeit im Vergleich zu 19 Prozent bei deutschen Banken.
Für die Citibank Deutschland selbst ist Voraussetzung für ein erfolgreiches
Cross Selling eine klare Analyse der Kundenbedarfssituation. Daneben komme der Kundenprofilierung „eine große Bedeutung zu“, sagt Peter Karst, Direktor Marketing bei der Citibank Deutschland. Auf dieser Basis sei es wichtig, klare Kundenvorteile etwa durch Produktbündelung zu bieten. So habe
die Citibank beispielsweise mit ihrem ab einem Guthaben von 2.500 Euro kostenlosen Girokonto CitiBest ein sehr attraktives Produktbündel im Angebot,
das aus dem kostenlosen Girokonto mit Tagesgeldfunktion – also mit Guthabenverzinsung von 2,75 Prozent p. a. für Neukunden ab dem ersten Euro und
garantiert für ein Jahr –, aus der kostenlosen Depotführung, dem kostenlosen SMS-Service Citibank Kontoticker, der ab 2.500 Euro Einkaufsumsatz pro
Jahr kostenlosen goldenen Kreditkarte sowie aus dem Free Cash-Service für
gebührenfreies Geldabheben mit der Kreditkarte besteht. „Produktbündel
wie diese mit zahlreichen Vorteilen für den Kunden werden wir weiter ausbauen“, betont Karst.
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mindestens drei Bankprodukten gegeben“, meint Gerhard W. Fabian, Geschäftsführer der Nürnberger Unternehmensberatung „Konzept für Bankerfolg“. Demzufolge fühlen sich MehrProdukt-Kunden in der Regel umfassender beraten und betreut. Damit
blieben Erträge im Haus, die sonst zu
anderen Anbietern wanderten. Eine hohe Produktnutzung allein bedeute zwar
keine Garantie für höheren Ertrag pro
Kunde, steigere aber die Wahrscheinlichkeit dafür.
Über die Cross-Selling-Quote
den Kunden nicht vergessen
Peter Karst, Direktor Marketing bei der
Citibank Deutschland, betont in diesem Zusammenhang, dass Cross Selling
„neben dem direkten Ergebnisbeitrag
auch durch die positive Auswirkung auf
die Kundenbindung zur Profitabilität
beiträgt“. Die Citibank verfügt in
Deutschland nach eigenen Angaben
seit Jahren über eine steigende CrossSelling-Quote und ist laut Karst „ein
Vorreiter in der Branche bei diesem
Thema“ (siehe Kasten links).
Für Lieberknecht von der Deutschen
Bank wiederum verbessern enge Kundenbeziehungen die Zufriedenheit,
Loyalität und Empfehlungsbereitschaft
der Kunden. Dennoch:„Es bringt wenig
für den Gesamterfolg, wenn man sich
einseitig auf die Cross-Selling-Quote fixiert und dabei den Kunden vergisst.
Deshalb orientieren wir unsere Kenngrößen stärker an den Kundenwünschen und weniger an internen Vorgaben“, betont Lieberknecht. „Auch wegen der fehlenden Aussagekraft bzw.
der nicht gegebenen Vergleichbarkeit
nennen wir keine Cross-Selling-Quote
für unser Haus.“ Eigene Angaben dazu
wollen auch weder die Commerzbank
noch die Citibank machen.
Für Lieberknechts Einschätzung
spricht ein Blick auf die Ertragslage der
Postbank, die laut der Mercer Management Consulting-Studie mit nur 1,8
Produkten je Kunden einen vergleichsweise niedrigen Cross-Selling-Wert
aufweist: Die Bank verbuchte in den
ersten neun Monaten des vergangenen
Jahres, getragen vom Privatkundengeschäft, gegenüber dem Vorjahreszeit-
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raum einen Anstieg des Konzerngewinns um 18 Prozent.
Für Ertragssteigerungen durch höhere Cross-Selling-Quoten im deutschen
Retailmarkt sieht die Postbank laut
bbw-Studie auch wenig Potenzial. „Die
Erhöhung der Cross-Selling-Quote ist
aufgrund der fehlenden Aussagekraft
dieser Kennziffer für uns kein strategisches Ziel“, bestätigt das für das Privatkundengeschäft zuständige Vorstandsmitglied der Postbank, Wolfgang Klein,
und fügt hinzu: „Unser Ziel ist, den Ertrag pro Kunden zu steigern.“
Auch für die Deutsche Bank ist zur
Messung des Vertriebserfolgs der Ertrag
finanziellen Wünsche und Ziele an. Danach wird festgestellt, was er zu deren
Verwirklichung bereits getan hat und
herausgearbeitet, was er darüber hinaus
noch machen könnte.
Dahinter steckt die Idee, dass vor allem die Sparkassen, die sich ihren Kunden intensiv widmen, mehr Geschäft
machen und gleichzeitig auch ihr Cross
Selling verbessern. „Derzeit verkaufen
wir pro Finanzkonzept-Gespräch im
Durchschnitt 2,7 Produkte an unsere
Kunden“, freut sich Michael Kaiser, Geschäftsstellenleiter Privatkunden der
Hauptstelle der Kreissparkasse Schongau, die an der Entwicklung des Spar-
In über 70 Prozent der Fälle findet
reiner Produktverkauf statt.
pro Kunde ein weitaus verlässlicherer
Indikator als die Cross-Selling-Rate.
Lieberknecht zufolge ist das Ziel eine
möglichst umfassende Beratung und
Betreuung der Kunden. Wie in allen anderen Geschäftsbereichen strebe die
Deutsche Bank natürlich auch hier eine
kontinuierliche Verbesserung ihrer
Leistungen an. „Insofern“, sagt Lieberknecht, „besteht immer auch die Absicht, die Finanz- und Vermögensplanung – und damit implizit das Cross
Selling – zu verbessern.“
Die Sparkassen arbeiten ohne
konkrete Cross-Selling-Vorgabe
Die Sparkassen haben sich laut Michaela Roth, Sprecherin des Deutschen
Sparkassen- und Giroverband (DSGV),
keine konkrete Vorgabe für die CrossSelling-Quote gesteckt, die nach
DSGV-Erhebungen aktuell bei etwas
über zwei liegt. „Unser Ziel ist es“, sagt
Roth, „den Produktabsatz zu steigern.“
Ein wichtiger Aspekt dabei ist die ganzheitliche Kundenberatung über alle Lebensphasen, wie es auch das so genannte Sparkassen-Finanzkonzept vorsieht.
Im Rahmen eines Finanzkonzept-Gesprächs gibt der Kunde zunächst seine
kassen-Finanzkonzepts beteiligt war.
„Unsere Marschroute dabei ist jedoch
der Kundennutzen“, so Kaiser weiter,
„und nicht das Verkaufen um jeden
Preis.“
Nach Studien von Gerhard W. Fabian
sind derzeit allerdings im Durchschnitt
nur rund 20 Prozent aller Kundenberatungen bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken ganzheitliche, an den
Wünschen und Zielen der Kunden ausgerichtete Beratungen, wie es das Sparkassen-Finanzkonzept, aber auch der
VR-Check-Up der Genossenschaftsbanken vorsehe. „Zu über 70 Prozent
herrscht bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken gleichermaßen
nach wie vor der reine Produktverkauf
vor, was immer noch häufig mit Provisionszahlungen an die Berater zusammenhängt und weniger mit der Analyse des voraussichtlichen Kundenbedarfs“, bemängelt der Bankenexperte.
Ihm zufolge scheitern ganzheitliche
Beratungsansätze häufig an der geringen Identifikation der Berater mit den
Instrumenten sowie – auch aufgrund
des Einflusses der Verbundpartner – am
Kampagnen-Aktionismus, der letztlich
wieder zu Produktverkäufen führe und
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Checkliste für
den Vertrieb
Kundenprofil-Analyse
■ Kundengruppen segmentieren,
■ Kunden identifizieren, die für
Cross Selling offen sind,
■ Cross-Selling-Potenzial eines
Kunden ermitteln.
Verbesserung der Vertriebsstruktur
■ Multikanalfähigkeit ausbauen,
■ Kanalmix optimieren,
■ einen mobilen Vertrieb etablieren,
■ eine Vertriebskultur schaffen.
Qualifizierung der Mitarbeiter
■ Kunden aktiv ansprechen,
■ ganzheitlich beraten,
■ die Abschlussfähigkeit verbessern.
Produktdesign
■ maßgeschneiderte Produkte
anbieten,
■ Produkte bündeln,
■ Produkte kombinieren.
Modernisierung des Filialvertriebs
■ neue Filialkonzepte entwickeln,
■ Attraktivität der Filialen
erhöhen.
den ganzheitlichen Ansatz unterlaufe.
„Wir raten unseren Kunden, mit konkreten Produktangeboten in den Beratungsprozess einzusteigen“, ergänzt Fabian. Habe der Kunde Interesse am Produkt und entscheide sich dafür, könne
der Berater leicht in die ganzheitliche
Beratung überleiten.
Fazit: Schon bei ihrer Ermittlung offenbart die Cross-Selling-Rate Mängel
und vernachlässigt Faktoren wie
Deckungsbeitrag oder Kundenbindung. Banken sollten sich gut überlegen, wie viel Wert sie der Kennziffer
beimessen.
■
Susanne Schneider ist freie Journalistin.
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