Ve r t r i e b Tr e n d 16 2/07 Bankmagazin Ve r t r i e b Tr e n d 17 SUSANNE SCHNEIDER Zwar bündeln etliche deutsche Kreditinstitute gerade im jahrelang sträflich vernachlässigten Privatkundenbereich ihre Kräfte im Vertrieb auch mit dem Ziel, die Cross-Selling-Rate, also die Produktnutzungsquote pro Kunde, zu steigern. Dennoch liegen hier sowohl im Privatkunden- als auch im Firmenkundengeschäft noch gewaltige Potenziale brach. Und diese sollten die Banken nach Überzeugung vieler Experten heben, auch um bei der Ertragskraft deutlicher zur internationalen Konkurrenz aufzuschließen. Denn durch erfolgreiches Cross Selling, so die gängige Meinung, lassen sich sowohl die Zahl der abge- FOTOS: ISTOCK, GOODSHOT Die deutschen Banken haben im Geschäftsjahr 2005 ihre durchschnittliche Kapitalrendite gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt. Dennoch hängen sie hinter dem globalen Durchschnitt zurück. Ein Grund: Laut Reiner Hoock, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton, schaffen es nur wenige deutsche Banken, ihrem bestehenden Kundenstamm im Zuge des Überkreuzverkaufs mehr Produkte anzubieten: „Bei der Cross-Selling-Rate hinken die Deutschen hinter dem Ausland her.“ Dabei sei es in verteilten Märkten einfacher, Bestandskunden mehr Produkte zu verkaufen als Neukunden zu gewinnen. Zum Konto noch die passende Kreditkarte verkaufen: eine eher einfache Cross-Selling-Variante. Über Kreuz verkaufen In Deutschland wollen etliche Kreditinstitute ihre Produktnutzungsquote pro Kunde verbessern und stecken Geld in Filialen, Schulungen der Mitarbeiter und Multikanal-Banking. Garant für mehr Erträge ist eine hohe Cross-Selling-Rate allein allerdings nicht. 2/07 Bankmagazin Ve r t r i e b Tr e n d 18 setzten Produkte als auch die Marge pro Produkt erhöhen, da die Vertriebskosten pro verkaufter Leistung sinken. Auch Hoock ist davon überzeugt, dass mit höherer Cross-Selling-Quote der Ertrag einer Bank steigt. Das zeige das Beispiel Wells Fargo. Die US-Bank habe 2006 die Cross-Selling-Rate auf 5,3 Produkte pro Kunden gegenüber 3,0 im Jahr 1998 steigern können und sei im selben Zeitraum deutlich ertragreicher geworden. le verkauft als in Deutschland. Daneben spielten auch das andere Kundenverhalten, die Marktstruktur sowie die Zählweise in den jeweiligen Ländern eine wichige Rolle. Die unterschiedliche Zählweise ist für Professor Dr. Bernd Skiera vom E-Finance Lab der Universität Frankfurt ein Grund dafür, dass Auslandsbanken bei der Cross-Selling-Quote teils so viel besser dastehen als die deutschen.„Ausländische Banken zählen mitunter den Maßgeschneiderte Beratung findet nur selten statt Auch Frank Nierhaus, Leiter Zielgruppenmanagement im Privatkundengeschäft der Commerzbank, betont: „Selbstverständlich ist es unser Ziel, die Cross-Selling-Rate, die sich bereits in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert hat und aktuell auf zufrieden stellendem Niveau liegt, in den nächsten Jahren weiter auszubauen.“ Dazu Verkauf jedes einzelnen Produkts an eiseien nicht zuletzt die Maßnahmen nen Kunden, also beispielsweise jedes rund um den ‚Neuen Marktauftritt‘ geSparbuch oder Festgeld, und stehen opschaffen worden, „die wir mit attraktitisch dann natürlich besser da als viele ven Produkten, zum Beispiel der Top deutsche Banken, die als Zählweise in Zins Anlage, untermauern“. der Regel den Verkauf pro ProduktAuf diese Weise möchte die Comgruppe wählen.“ merzbank, die wie andere Großbanken Da ganz unterschiedliche Analysen sowie das Sparkassen- und Genossenzur Erhebung der Cross-Selling-Quote schaftslager zunehmend Kunden an existierten, sollten laut Professor Dr. Direktbanken verliert, laut Nierhaus Bernd Rolfes, Gründer und Hauptge„wieder deutlicher von den Bestandssellschafter der Unternehmensberakunden und von potentung zeb, für Cross-SelS E R V I C E ziellen Neukunden am ling-Raten auch nur Buch zum Thema Markt als kompetenter Bandbreiten genannt Detlef Effert/ Partner wahrgenommen werden. Seinen ErheWilfried Hanreich (Hrsg.): werden“. bungen zufolge weisen Ganzheitliche Beratung Neben hochwertigen die deutschen Großbanbei Banken Produkten und einer Beken eine Spannbreite Modeerscheinung oder ratung, die sich maßgevon 2,1 bis 2,4 auf, SparErfolgskonzept? schneidert an den Wünkassen von 2,7 bis 3,0 Gabler Verlag 2006, schen und Bedürfnissen und die Genossen254 Seiten, der Kunden ausrichten schaftsbanken von 2,9 58,00 Euro sollte – was aber laut bis 3,3. ISBN 3-8349-0309-4 diverser UntersuchunDas europäische Ausgen offenbar noch viel zu land sieht Rolfes mit 2,6 wenig der Fall ist –, rät – anders als die Mercer Unternehmensberater Hoock den BanManagement Consulting-Studie – im ken, verstärkt über ProduktbündelunDurchschnitt nicht vor Deutschland. gen nachzudenken. Außerdem empUngeachtet der Einschränkungen bei fiehlt er Kombiprodukte, in denen der internationalen Vergleichbarkeit mehrere Bankprodukte zu einem Paket hält jedoch auch Rolfes das Cross Selgeschnürt werden. ling in Deutschland für „zu schwach Auslandsbanken stehen aufgrund ihrer Zählweise oft besser da. Ähnlicher Meinung sind die Autoren der Studie „Multi Channel Banking 2006“ von bbw Marketing Dr. Vossen und Partner. Auch sie sehen im Anstieg der Cross-Selling-Rate eine Art Zauberformel für den künftigen Erfolg einer Bank. Demnach könne eine moderate Steigerung um durchschnittlich 0,5 Produkte je Kunde den Ertrag je Kunde um zehn bis 15 Prozent erhöhen. Gegenwärtig, so die bbw-Studie weiter, gelinge es allerdings nur wenigen deutschen Kreditinstituten, mehr als zwei Produkte zu verkaufen, während die europäische Konkurrenz eine Rate von mehr als drei Produkten je Bankkunde erziele. Die Studie bezieht sich auf Zahlen der Mercer Management Consulting, die für deutsche Kreditinstitute einen Durchschnitt von 2,6 Produkten pro Kunde ausweist (siehe Tabelle Seite 19). Vertriebsausrichtung deutscher Banken: Note „ungenügend“ Ursache für das im internationalen Vergleich schwache Abschneiden deutscher Banken beim Cross Selling ist laut bbw-Studie, „die nicht zufrieden stellende Vertriebsausrichtung im Personal Banking“. Zusätzlich würden in der Europäischen Union im Schnitt mehr Versicherungsprodukte über die Bankfilia- 2/07 Bankmagazin ausgeprägt“. Zudem erstrecke es sich häufig nur auf ganz wenige – und immer dieselben – Kunden. Für einige deutsche Banken ist die Verbesserung ihrer aktuellen Cross-Selling-Quote inzwischen auch ein strategisches Ziel.„Wir arbeiten daran, unsere aktuelle Cross-Selling-Quote von 2,1 auf mindestens vier anzuheben“, betont Hubert Piel, Vorstandsmitglied beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Ve r t r i e b Tr e n d Doch nicht nur neue Ideen beim Produktdesign – ein ganzes Maßnahmenbündel ist gefragt, wenn es darum geht, die Cross-Selling-Rate anzuheben. Dabei gilt es zunächst, die Sammlung und Auswertung von Kundendaten deutlich zu verbessern. Nur so können Kundengruppen genauer segmentiert und ermittelt werden, die am wahrscheinlichsten weitere Bankprodukte kaufen. Bei diesen Kunden empfiehlt Bernd Skiera vom E-Finance Lab zwei Herangehensweisen. „Man kann zum einen den Blick nach vorne richten und beispielsweise überlegen: Welches Produkt braucht der Kunde künftig, der gerade eine Immobilie erworben hat?“ Oder man könne den Blick zurückrichten und fragen: „Welches Produkt müsste der Kunde bei einer anderen Bank bereits gekauft haben, der jetzt bei mir ein Depot eröffnet?“ Multikanalfähigkeit ausbauen Als weitere Maßnahme, um die CrossSelling-Rate anzuheben, gilt die Verbesserung der Vertriebsstrukturen. Dazu gehört auch der Ausbau der Multikanalfähigkeit. So wollen etwa die Volksund Raiffeisenbanken laut BVR-Vorstandsmitglied Hubert Piel „die Funktionalitäten im Internet für die Information des Kunden und den Verkauf von Produkten als Vertriebsweg im Rahmen einer integrierten Mulitkanalkonzeption weiter ausbauen“. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Qualifizierung der Mitarbeiter zu kompetenten Beratern mit mehr verkäuferischem Engagement und verbesserter Abschlussfähigkeit sowie zu einer ganz- 19 Verbesserung der Cross-Selling-Quote kommt es ihm zufolge auch noch darauf an, die Attraktivität der Filialen zu erhöhen, etwa durch Kooperationen mit externen Dienstleistern oder der Gründung von Jugendfilialen. Immer mehr Banken öffneten ihre Filialen Beratungs- und Verkaufskompetenz bietet Verbesserungschancen. heitlichen Kundenbetreuung. Gerade in diesem Bereich, sagt Hoock, sei in Deutschland noch besonders viel zu tun. Das zeige auch eine Studie von Booz Allen Hamilton aus dem Jahr 2005, die Bankkunden nach ihrer Zufriedenheit mit den Filialen befragt hatte. „Das Ergebnis war, dass die Beratungs- und Verkaufskompetenzen in Deutschland quer durch die gesamte Bankenlandschaft noch großes Verbesserungspotenzial aufweist.“ Laut Piel berücksichtigen die Volksund Raiffeisenbanken inzwischen stärker den Aspekt der Erfolgshonorierung, um die Befähigung der Mitarbeiter zum Abschluss zu fördern. Für eine auch samstags, da die Kunden mehr Zeit hätten. Damit eine höhere Cross-SellingQuote aber auch tatsächlich dazu beitragen kann, die Ertragskraft einer Bank zu steigern, ist intelligentes Cross Selling gefragt, das etwa die unterschiedlichen Deckungsbeiträge der Produkte nicht aus dem Auge verliert. Ob und in welchem Maße Cross Selling zum Ertrag einer Bank beiträgt, hänge „von den konkreten Produkten ab, die zusätzlich verkauft werden“, unterstreicht Jürgen Lieberknecht, Leiter Marketing Privat- und Geschäftskunden bei der Deutschen Bank, Frankfurt. So sei beispielsweise die Auswirkung Steckbrief „Cross Selling“ U nter Cross Selling oder „Überkreuzverkauf“ versteht man den Verkauf von Dienstleistungen verschiedener Produkte oder Produktkategorien über gemeinsame Kanäle. Das Kundenpotenzial kann damit besser ausgeschöpft werden, so dass auch der Kundenwert steigt. Cross Selling hat weiterhin zum Ziel, durch den Verkauf sowohl mehrerer einander ergänzender als auch verschiedener Dienstleistungen und Produkte die Kundenbindung und Kundenzufriedenheit zu verbessern und die Erträge zu steigern. Cross-Selling-Quoten deutscher Banken Institut Quote Postbank 1,8 Dresdner Bank 2,1 Deutsche Bank 2,1 Commerzbank 2,1 Hypo-Vereinsbank 2,1 Durchschnitt Deutschland 2,6 Sparkassen 3,0 Genossenschaftsbanken 3,1 Anzahl verkaufter Produkte pro Kunden; die Cross-Selling-Quote wurde auf Basis von Produktgruppen ermittelt. Quelle: Mercer Management Consulting/bbw-Studie © BM-Grafik 2/07 Bankmagazin Ve r t r i e b Tr e n d 20 Intelligentes Cross-Selling muss Deckungsbeiträge berücksichtigen. auf die Erträge größer, wenn das zusätzlich verkaufte Produkt eine umfangreiche Baufinanzierung sei als bei einem zusätzlich eröffneten Sparkonto. Zudem lohnt immer auch ein Blick auf die Kostenseite. Denn wer etwa auf Produkte mit sowieso schon niedriger Marge noch deftige Rabatte gewährt oder Produkte gar ganz verschenkt, erntet zwar oft zusätzlich Volumen, erkauft dies aber teuer im Ertrag. In manchen Fällen können solche Strategien allerdings dem kalkulatorischen Ausgleich dienen. Das bedeutet: Ein Teil des Produktangebots wird zu Selbstkosten oder mit nur geringen Ge- winnen abgesetzt, wenn dadurch der Verkauf von Sortimentsteilen mit hohen Gewinnbeiträgen gefördert wird. So bieten etwa Banken und Sparkassen die mit der Führung von Girokonten anfallenden Dienstleistungen meist zu weit unter den Selbstkosten liegenden Preisen an, nur um über den Aufbau einer stabilen Kundenbeziehung ertragsstarke Zusatzgeschäfte tätigen zu können. Denn Untersuchungen zeigen: Je mehr Leistungen ein Kunde bei einer Bank in Anspruch nimmt, umso mehr ist er an diese gebunden. „Eine einigermaßen gute Kundenbindung ist erst bei der Nutzung von Citibank: Erfolg mit Produktbündeln C itibank Deutschland gilt hierzulande als Musterbeispiel für erfolgreiches Cross Selling. Das bestätigt auch die bbw-Studie „Multi Channel Banking 2006“. Sie weist für die Bank eine Cross-Selling-Quote von neun aus. Als einen Grund für diesen hohen Wert nennen die Autoren der Studie, dass die Bank ihre Kundenkontakte gut für ertragreiche Kundenbindung und Cross Selling nutzt. Der Kundenkontakt, der für etliche Experten der Schlüssel für erfolgreiches Cross Selling ist, liegt laut bbw-Studie bei der Citibank bei 53 Prozent der Arbeitszeit im Vergleich zu 19 Prozent bei deutschen Banken. Für die Citibank Deutschland selbst ist Voraussetzung für ein erfolgreiches Cross Selling eine klare Analyse der Kundenbedarfssituation. Daneben komme der Kundenprofilierung „eine große Bedeutung zu“, sagt Peter Karst, Direktor Marketing bei der Citibank Deutschland. Auf dieser Basis sei es wichtig, klare Kundenvorteile etwa durch Produktbündelung zu bieten. So habe die Citibank beispielsweise mit ihrem ab einem Guthaben von 2.500 Euro kostenlosen Girokonto CitiBest ein sehr attraktives Produktbündel im Angebot, das aus dem kostenlosen Girokonto mit Tagesgeldfunktion – also mit Guthabenverzinsung von 2,75 Prozent p. a. für Neukunden ab dem ersten Euro und garantiert für ein Jahr –, aus der kostenlosen Depotführung, dem kostenlosen SMS-Service Citibank Kontoticker, der ab 2.500 Euro Einkaufsumsatz pro Jahr kostenlosen goldenen Kreditkarte sowie aus dem Free Cash-Service für gebührenfreies Geldabheben mit der Kreditkarte besteht. „Produktbündel wie diese mit zahlreichen Vorteilen für den Kunden werden wir weiter ausbauen“, betont Karst. 2/07 Bankmagazin mindestens drei Bankprodukten gegeben“, meint Gerhard W. Fabian, Geschäftsführer der Nürnberger Unternehmensberatung „Konzept für Bankerfolg“. Demzufolge fühlen sich MehrProdukt-Kunden in der Regel umfassender beraten und betreut. Damit blieben Erträge im Haus, die sonst zu anderen Anbietern wanderten. Eine hohe Produktnutzung allein bedeute zwar keine Garantie für höheren Ertrag pro Kunde, steigere aber die Wahrscheinlichkeit dafür. Über die Cross-Selling-Quote den Kunden nicht vergessen Peter Karst, Direktor Marketing bei der Citibank Deutschland, betont in diesem Zusammenhang, dass Cross Selling „neben dem direkten Ergebnisbeitrag auch durch die positive Auswirkung auf die Kundenbindung zur Profitabilität beiträgt“. Die Citibank verfügt in Deutschland nach eigenen Angaben seit Jahren über eine steigende CrossSelling-Quote und ist laut Karst „ein Vorreiter in der Branche bei diesem Thema“ (siehe Kasten links). Für Lieberknecht von der Deutschen Bank wiederum verbessern enge Kundenbeziehungen die Zufriedenheit, Loyalität und Empfehlungsbereitschaft der Kunden. Dennoch:„Es bringt wenig für den Gesamterfolg, wenn man sich einseitig auf die Cross-Selling-Quote fixiert und dabei den Kunden vergisst. Deshalb orientieren wir unsere Kenngrößen stärker an den Kundenwünschen und weniger an internen Vorgaben“, betont Lieberknecht. „Auch wegen der fehlenden Aussagekraft bzw. der nicht gegebenen Vergleichbarkeit nennen wir keine Cross-Selling-Quote für unser Haus.“ Eigene Angaben dazu wollen auch weder die Commerzbank noch die Citibank machen. Für Lieberknechts Einschätzung spricht ein Blick auf die Ertragslage der Postbank, die laut der Mercer Management Consulting-Studie mit nur 1,8 Produkten je Kunden einen vergleichsweise niedrigen Cross-Selling-Wert aufweist: Die Bank verbuchte in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres, getragen vom Privatkundengeschäft, gegenüber dem Vorjahreszeit- Ve r t r i e b Tr e n d raum einen Anstieg des Konzerngewinns um 18 Prozent. Für Ertragssteigerungen durch höhere Cross-Selling-Quoten im deutschen Retailmarkt sieht die Postbank laut bbw-Studie auch wenig Potenzial. „Die Erhöhung der Cross-Selling-Quote ist aufgrund der fehlenden Aussagekraft dieser Kennziffer für uns kein strategisches Ziel“, bestätigt das für das Privatkundengeschäft zuständige Vorstandsmitglied der Postbank, Wolfgang Klein, und fügt hinzu: „Unser Ziel ist, den Ertrag pro Kunden zu steigern.“ Auch für die Deutsche Bank ist zur Messung des Vertriebserfolgs der Ertrag finanziellen Wünsche und Ziele an. Danach wird festgestellt, was er zu deren Verwirklichung bereits getan hat und herausgearbeitet, was er darüber hinaus noch machen könnte. Dahinter steckt die Idee, dass vor allem die Sparkassen, die sich ihren Kunden intensiv widmen, mehr Geschäft machen und gleichzeitig auch ihr Cross Selling verbessern. „Derzeit verkaufen wir pro Finanzkonzept-Gespräch im Durchschnitt 2,7 Produkte an unsere Kunden“, freut sich Michael Kaiser, Geschäftsstellenleiter Privatkunden der Hauptstelle der Kreissparkasse Schongau, die an der Entwicklung des Spar- In über 70 Prozent der Fälle findet reiner Produktverkauf statt. pro Kunde ein weitaus verlässlicherer Indikator als die Cross-Selling-Rate. Lieberknecht zufolge ist das Ziel eine möglichst umfassende Beratung und Betreuung der Kunden. Wie in allen anderen Geschäftsbereichen strebe die Deutsche Bank natürlich auch hier eine kontinuierliche Verbesserung ihrer Leistungen an. „Insofern“, sagt Lieberknecht, „besteht immer auch die Absicht, die Finanz- und Vermögensplanung – und damit implizit das Cross Selling – zu verbessern.“ Die Sparkassen arbeiten ohne konkrete Cross-Selling-Vorgabe Die Sparkassen haben sich laut Michaela Roth, Sprecherin des Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), keine konkrete Vorgabe für die CrossSelling-Quote gesteckt, die nach DSGV-Erhebungen aktuell bei etwas über zwei liegt. „Unser Ziel ist es“, sagt Roth, „den Produktabsatz zu steigern.“ Ein wichtiger Aspekt dabei ist die ganzheitliche Kundenberatung über alle Lebensphasen, wie es auch das so genannte Sparkassen-Finanzkonzept vorsieht. Im Rahmen eines Finanzkonzept-Gesprächs gibt der Kunde zunächst seine kassen-Finanzkonzepts beteiligt war. „Unsere Marschroute dabei ist jedoch der Kundennutzen“, so Kaiser weiter, „und nicht das Verkaufen um jeden Preis.“ Nach Studien von Gerhard W. Fabian sind derzeit allerdings im Durchschnitt nur rund 20 Prozent aller Kundenberatungen bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken ganzheitliche, an den Wünschen und Zielen der Kunden ausgerichtete Beratungen, wie es das Sparkassen-Finanzkonzept, aber auch der VR-Check-Up der Genossenschaftsbanken vorsehe. „Zu über 70 Prozent herrscht bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken gleichermaßen nach wie vor der reine Produktverkauf vor, was immer noch häufig mit Provisionszahlungen an die Berater zusammenhängt und weniger mit der Analyse des voraussichtlichen Kundenbedarfs“, bemängelt der Bankenexperte. Ihm zufolge scheitern ganzheitliche Beratungsansätze häufig an der geringen Identifikation der Berater mit den Instrumenten sowie – auch aufgrund des Einflusses der Verbundpartner – am Kampagnen-Aktionismus, der letztlich wieder zu Produktverkäufen führe und 21 Checkliste für den Vertrieb Kundenprofil-Analyse ■ Kundengruppen segmentieren, ■ Kunden identifizieren, die für Cross Selling offen sind, ■ Cross-Selling-Potenzial eines Kunden ermitteln. Verbesserung der Vertriebsstruktur ■ Multikanalfähigkeit ausbauen, ■ Kanalmix optimieren, ■ einen mobilen Vertrieb etablieren, ■ eine Vertriebskultur schaffen. Qualifizierung der Mitarbeiter ■ Kunden aktiv ansprechen, ■ ganzheitlich beraten, ■ die Abschlussfähigkeit verbessern. Produktdesign ■ maßgeschneiderte Produkte anbieten, ■ Produkte bündeln, ■ Produkte kombinieren. Modernisierung des Filialvertriebs ■ neue Filialkonzepte entwickeln, ■ Attraktivität der Filialen erhöhen. den ganzheitlichen Ansatz unterlaufe. „Wir raten unseren Kunden, mit konkreten Produktangeboten in den Beratungsprozess einzusteigen“, ergänzt Fabian. Habe der Kunde Interesse am Produkt und entscheide sich dafür, könne der Berater leicht in die ganzheitliche Beratung überleiten. Fazit: Schon bei ihrer Ermittlung offenbart die Cross-Selling-Rate Mängel und vernachlässigt Faktoren wie Deckungsbeitrag oder Kundenbindung. Banken sollten sich gut überlegen, wie viel Wert sie der Kennziffer beimessen. ■ Susanne Schneider ist freie Journalistin. 2/07 Bankmagazin