Seminararbeit

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Seminararbeit
Oberseminar „Marketing und Innovation“
WS/SS …
[Bitte zutreffende Lehrveranstaltung und Semester eintragen!]
am
Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und
Besondere des Marketing und des Innovationsmanagement
Prof. Dr. D. Baier
Institut für Wirtschaftswissenschaften
Fakultät 3
Brandenburgische Technische Universität in Cottbus
Sichtweisen des Marketing in Unternehmungen und
verhaltensbestimmende Einflüsse gegenüber dem
kommerziellen Marketing
[Bitte zutreffendes Thema eintragen!]
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Seminar-/ Studien-/ Diplomarbeiten
Marketing I / Marketing II - eCommerce /
WS/SS …
[Bitte zutreffende Lehrveranstaltung und Semester eintragen!]
am
Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und
Besondere des Marketing und des Innovationsmanagement
Prof. Dr. D. Baier
Institut für Wirtschaftswissenschaften
Fakultät 3
Brandenburgische Technische Universität in Cottbus
Sichtweisen des Marketing in Unternehmungen und
verhaltensbestimmende Einflüsse gegenüber dem
kommerziellen Marketing
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… [1. Bearbeiter : Name, Vorname, Matr.-Nr.]
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… [5. Bearbeiter : Name, Vorname, Matr.-Nr.]
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-I-
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung ..........................................................................................................................................1
2. Marketingauffassungen in der Theorie ............................................................................................1
2.1 Systematik von Marketingansätzen und Marketingkonzeptionen .................................................1
2.2 Stellung des Marketing in der Betriebswirtschaftslehre und Managementlehre ...........................4
2.3 Einzelne Sichtweisen des Marketing in der Wissenschaft ............................................................5
3. Die Rolle des Marketing in der Unternehmenspraxis .....................................................................7
4. Verhaltensbestimmende Einflüsse gegenüber dem Marketing...................................................12
5. Fazit und Entwicklungstendenzen..................................................................................................15
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Grundkategorien von Marketingdefinitionen .............................................................................2
Abb. 2:
Determinanten der verschiedenen Sichtweisen des Marketing................................................4
Abb. 3:
Ansichten zur Rolle des Marketing im Unternehmen................................................................8
Abb. 4:
Einfluss des Marketing bei der Entscheidungsfindung (außerhalb der klassischen
Marktbearbeitungsfelder) ..........................................................................................................9
Abb. 5:
Einfluss des Marketing auf Rahmenbedingungen der strategischen
Unternehmensführung ..............................................................................................................9
Abb. 6:
Das Fünf-Dimensionen-Modell der Unternehmensführung (Kernmodell) ..............................10
Abb. 7:
Die drei Wirkungsebenen des Marketing ................................................................................12
Abb. 8:
Die Verhaltens- und Einstellungsakzeptanz nach Benutzertypen ..........................................14
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Beispiele für Auffassungen des Marketing................................................................................3
Tab. 2:
Sichtweisen des Marketing in Unternehmen.............................................................................8
- II -
Abkürzungsverzeichnis
Aufl.
Auflage
bearb.
bearbeitet
erw.
erweiterte
etc.
et cetera
f.
folgende
H.
Heft
Hrsg.
Herausgeber
i.e.S.
im engeren Sinne
i.w.S.
im weiteren Sinne
Jg.
Jahrgang
S.
Seite
u.a.
und andere
überarb.
überarbeitete
vgl.
vergleiche
vollst.
vollständig
z.B.
zum Beispiel
-1-
1. Einführung
Im Verlauf der letzten Jahre sind gesellschaftliche Tendenzen sichtbar geworden, denen sich die Unternehmen in der Gegenwart und Zukunft stellen müssen. Vielfältige gesellschaftliche Krisenerscheinungen (ökologische, politische, sozio-kulturelle Krisen) haben in der Öffentlichkeit eine zunehmende
Sensibilisierung bewirkt. Unternehmen geraten im Zuge dieses Wertewandels immer mehr in eine
Legitimationskrise. Dabei werden Unternehmer einerseits als Problemverursacher für diese Entwicklung angesehen, darüber hinaus werden von ihnen zunehmend aktive Beiträge als Problemlöser
zur Bewältigung erwartet (Wiedmann 1993, S. 39; Kotler 1989, S. 16).
Im Feld der gesellschaftlichen Anforderungen und einer fortgeschrittenen Diversifikation ist auch ein
zunehmender Identitätsverlust von Unternehmen zu verzeichnen. In Anbetracht stagnierender und
schrumpfender Absatzmärkte (Absatz als Engpassfunktion) ist besonders das Marketing angesprochen, sich vor diesem Hintergrund neu zu profilieren. Hier ergeben sich Fragestellungen, welche Beiträge das Marketing unter diesem Blickwinkel leisten kann und welche Ansprüche und Anforderungen
daraus abzuleiten sind (o.V. 1986).
In den meisten Unternehmen ist die Marketing-Funktion heute noch nicht vollständig entwickelt, und
zwar aus vielerlei Gründen (Kotler 1989, S. 16):
•
Relative Neuheit des Marketing: Das Marketing ist eine relativ neue Disziplin, die häufig mit einer ihrer Teilfunktionen, wie Verkauf oder Werbung, verwechselt wird.1
•
Feindseligkeiten gegenüber dem Marketing: Dem Marketing stehen in der Regel etablierte Interessen innerhalb der Organisation gegenüber.
•
Gesetz des langsamen Lernens: Das Marketing wächst in das Unternehmen hinein und durchläuft dabei mehrere Stadien, in denen es auf verschiedene Weise missverstanden wird.
•
Gesetz des schnellen Vergessens: Der Erfolg beschleunigt in der Regel das Vergessen der
Marketing-Prinzipien, die den Managern deshalb von Zeit zu Zeit vergegenwärtigt werden müssen.
Angesichts dieser Feststellungen soll in dieser Arbeit dargelegt werden, welche praktische Rolle das
Marketing in Unternehmungen der Gegenwart spielt und welche verhaltensbestimmenden Faktoren
die Stellung des Marketing beeinflussen. Dazu wird als erstes eine Systematisierung des Marketing
vorgenommen, um dann einige verschiedene Marketingansätze und -konzeptionen mit ihren Ansprüchen und Inhalten darzulegen.
2. Marketingauffassungen in der Theorie
2.1 Systematik von Marketingansätzen und Marketingkonzeptionen
Der Begriff „Marketing“ leitet sich aus dem englischen „to market“ ab, was soviel bedeutet wie „to by or
sell on market“. Diese allgemeine Erklärung lässt vielfältige Interpretationen zu, so dass bis heute mit
dem Terminus „Marketing“ kein einheitlicher Vorstellungsinhalt verbunden ist.
1
Selbst Altbundeskanzler Helmut Schmidt verwechselte bei der Laudatio für den Deutschen Marketingpreisträger 1987, das
Schleswig-Holstein Musikfestival, Marketing mit Werbung (Trux 1989, S. 153).
-2-
Anfang der 50er Jahre brachten Cox, Alderson und Shapiro (1950) die Auffassung von Marketingsystemen als Input-Output-Systeme in die Diskussion ein. Aufbauend auf dieser neuen Auffassung entwickelte schließlich McCarthy zu Beginn der 60er Jahre eine managementorientierte Sicht des Marketing mit der Formulierung der 4 P (price, product, place, promotion) als Ansatzpunkte für marktgerichtete Aktivitäten.
Diese war die Geburtsstunde des „modernen Marketing“, das insbesondere von Philip Kotler weiter
ausgearbeitet wurde. McCarthy und Philip Kotler stellten die konsequente Orientierung der Unternehmensaktivitäten an den Bedürfnissen und Wünschen der Nachfrager in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Damit war der Wandel des Marketing von einer funktionsorientierten Sichtweise zu einer unternehmensbezogenen Denkhaltung im Sinne eines ”integrierten Marketing” als Unternehmensphilosophie vollzogen (Meffert 1989, S. 342).
Marketingdefinitionen können stark vereinfacht in zwei Kategorien (Meffert 1986, S. 31) eingeteilt
werden (vgl. Abb. 1).
Marketing-Kategorien
Klassisch/ ökonomische
(enge) Auffassung
- Gegenstand sind ausschließlich kommerzielle
Austauschbeziehungen
Moderne/ generische
(weite) Auffassung
Broadening
- Gegenstand sind jegliche
Formen des Austausches
zwischen zwei Kontrahenten auch im nichtkommerziellen Bereich
Deepening
- Ausrichtung/Realisierung
gemeinschaftlicher
Interessen und
Erfordernisse im Sinne
einer gesellschaftlichen
Verantwortung
- Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten auf alle
aktuellen und potentiellen
Märkte
- Verwirklichung der Unternehmensziele durch dauerhafte Befriedigung der
Kundenbedürfnisse
Abb. 1:
Grundkategorien von Marketingdefinitionen
(Eigene Darstellung)
Die Entwicklungsgeschichte des Marketing ist von den unterschiedlichen Sichtweisen der allgemeinen
Betriebswirtschaftslehre direkt beeinflusst worden (vgl. Anhang 1, S. 19). Dabei ist die Entwicklung
des modernen Marketing nachhaltig von den bis heute nebeneinander existierenden Paradigmen des
system- und entscheidungsorientierten sowie dem situativen Ansatz geprägt worden (Meffert 1989,
S. 339):
•
Der systemorientierte Marketingansatz beinhaltet die Beschreibung und Strukturierung von
Marketingsystemen und -prozessen (Vertreter: Ulrich).
-3-
•
Im Rahmen des verhaltenswissenschaftlichen Ansatzes wird versucht, Erkenntnisse über das
Verhalten von Konsumenten und Organisationen bereitzustellen (Vertreter: Koeber-Riel).
•
Der entscheidungsorientierte Ansatz ist bemüht, Erklärungs- und Gestaltungsaufgaben des
Marketing zu integrieren (Vertreter: Heinen).
•
Der situative Marketingansatz versucht die verschiedenen Theorieansätze zu kombinieren und
kontextbezogene Ansatzpunkte für effiziente Marketing-Konzeptionen abzuleiten. Damit stellt er
den vorläufigen Schlusspunkt in der Entwicklung der Marketingdisziplinen dar (Meffert 1989,
S. 341).
Neben den Entwicklungslinien hat sich in der Marketinglehre eine Ausweitung des Marketingverständnisses in zwei Formen vollzogen (Meffert 1989, S. 344):
1.
„Vertiefung des Marketing“ (Deepening). Hierbei erfolgt eine Erweiterung der Zielinhalte und
Ausrichtung der Adressaten des Marketing, die beispielsweise in solchen neueren Ansätzen wie
Social-Marketing, Öko-Marketing bis hin zum gesellschaftsorientierten Marketing sichtbar werden.
2.
Darüber hinaus wird das Marketing nicht mehr nur von kommerziellen Instituten (Unternehmen)
im Hinblick auf die klassischen Transakionsprozesse beansprucht. Zunehmend erfährt das Marketing eine „Verbreiterung“ (Broadening) in seiner Anwendung und wird für soziale, kulturelle
(i.w.S. gesellschaftsbezogene) Zwecke in der Gesellschaft praktiziert
Die Grenzen zwischen der klassisch/ökonomischen (engen) und der modernen/generischen (weiten) Auffassung des Marketing sind fließend. Darin lassen sich unter verschiedenen Kriterien wie
Objektorientierung, Branchenzugehörigkeit, Wettbewerbs- und Marktsituation sowie individueller
Schwerpunktsetzung die unterschiedlichen Ansätze einordnen, wobei die Charakteristik einiger Marketing-Versionen wohl besser in Unternehmenszielen und -strategien zu implementieren wären. Exemplarisch sollen hier nur einige der vielfältigen Marketingversionen aufgezählt werden (Wiedmann
1993a, S. 42):
•
Wettbewerbsorientiertes Marketing
•
Öko- und Bio-Marketing
•
Erlebnisorientiertes Marketing
•
Differenziertes oder Individual-Marketing
•
Technologieorientiertes Marketing
•
Internationales Marketing bzw. GlobalMarketing
Tab. 1:
•
Multiversales Marketing
(Berth 1994a, 1994b)
•
Turbo-Marketing
•
Ostmarketing
•
Verbandsmarketing
•
Mittelstandsmarketing
Beispiele für Auffassungen des Marketing
(Eigene Darstellung in Anlehnung an Wiedmann 1993a, S. 42)
Die heutige Marketinglehre mit ihrer konsequenten Forderung nach einem umfassenden MarketingManagementkonzept korrespondiert direkt mit der stark von amerikanischen Einflüssen unterliegenden Managementlehre. Gegenüber den früheren Orientierungen (Produktion, Verkauf, Kunden i.e.S.)
setzt sich zunehmend die Perspektive des strategischen Marketing durch. Generelle Wechselwirkungen zwischen dem Marketing und der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre werden besonders in den
neueren Ansätzen der Marketingtheorie deutlich (Meffert 1989, S. 339-441).
-4-
2.2 Stellung des Marketing in der Betriebswirtschaftslehre und
Managementlehre
Das Spannungsfeld zwischen Marketing und Betriebswirtschaftslehre wird unter verschiedenen Aspekten behandelt und teilweise kontrovers diskutiert. Die Thematik lässt sich in ihrem Wesen auf einige grundlegende Determinanten zurückführen, die in Abb. 2 dargestellt sind.
Existenzberechtigung des Marketing
Marketing- Ansichten
Führungsanspruch
des Marketing
Kein Führ.anspruch
Abb. 2:
eine Führ.konzeption
Inhaltliche/ Disziplinäre Ausgestaltung
dominante/
(bes. effiziente)
Führ.-Konzep.
Funktionale
Teildisziplin
der BWL
Interdisziplinäre
Ausrichtung
Determinanten der verschiedenen Sichtweisen des Marketing
(Eigene Darstellung)
Im folgenden Kapitel sollen einige unterschiedliche Sichtweisen im Kontext der Marketing-Wissenschaft wiedergegeben werden, die in den letzten Jahren von Bedeutung waren. Bei einer geschlossenen Betrachtung der verschiedenen Ansichten werden jedoch einige spezifische Probleme sichtbar,
die einen umfassenden Vergleich und eine Bewertung stark erschweren:
•
die Terminologie weicht voneinander ab,
•
Begriffe werden mit unterschiedlicher Bedeutung benutzt,
•
das Diskussionsfeld wird unterschiedlich weit abgegrenzt und
•
das Umfeld und die Einflussfaktoren werden unterschiedlich interpretiert.
Grundlegend befasst sich auch Wiedmann in seiner „Rekonstruktion des Marketingansatzes“ (1993b)
mit dieser Problematik. Darin fordert er, das „bestehende babylonische Sprachspielgewirr etwas zu
entflechten“ und sich dann auf „die echten, inhaltlichen und/oder methodologischen und nicht allein
auf die sprachlichen Unterschiede“ zu konzentrieren (Wiedmann 1993b, S. 136).
Insgesamt ist festzustellen, dass ein allgemeiner Bezugsrahmen fehlt (Wiedmann 1993b, S. 8; Meffert
1989, S. 348). Außerdem ist durch die hohe Dynamik der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse die zeitliche Relevanz der Aussagen zu beachten. Denn besonders auch die
Marketingwissenschaft ist eine sehr lebendige und innovative Wissenschaft.
-5-
Nicht zuletzt sind die folgenden, ausschnittsweisen Diskussionen zur Identität und zur Abgrenzung
des Marketing unter dem Aspekt zu sehen, dass die Beantwortung „der Frage nach dem sogenannten
Objektbereich“ nicht durch Sachaussagen und empirischen Feststellungen, sondern nur durch Werturteile erfolgen kann (Dichtl 1983, S. 75). Deshalb ist ein Konsens nur im Wege der Konvention erreichbar, wozu die zahlreichen - wenn auch manchmal kontroversen - wissenschaftlichen Aussagen ihren
notwendigen Beitrag leisten.
2.3 Einzelne Sichtweisen des Marketing in der Wissenschaft
Werden in dieser Arbeit verschiedene Sichtweisen des Marketing dargestellt, wird implizit davon ausgegangen, dass es sich beim Marketing um eine grundlegend fruchtbare Basis handelt (Wiedmann
1993b, S. 5). Die drei hauptsächlichen Vertreter, die dies in Zweifel ziehen, sind:
•
Schneider (1983), der aus theoretischer Sicht Marketing als eine „betriebswirtschaftliche Tragödie“
und als „Viper am Busen der Betriebswirtschaftslehre“ bezeichnet,
•
Gerken (1990), der wortreich den „Abschied vom Marketing“ zelebriert und dazu auffordert, statt
auf Marketing auf Interfusion zu setzen sowie
•
Freimann (1984) mit seinen dubiosen Ausführungen vom „Marketing-Imperialismus“.
In der Perspektive der gesamten Marketingtheorie stellen diese Aussagen jedoch die absolute Ausnahme dar und sollen deshalb nicht weiter verfolgt werden, zumal sie in den verschiedensten Ausführungen bereits widerlegt wurden (z.B. bei Müller-Hagedorn 1983, Meffert 1989, Hansen/Strauss 1993,
Fritz 1993).
Die Forderung nach einer bewusst marktorientierten Führung von Unternehmen hat sich angesichts dynamischer Marktveränderungen weitgehend durchgesetzt. Die heutige Marketinglehre umfasst eine ganzheitliche Führungs- und Managementkonzeption, die Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Absatzsituationen bereithält (Meffert 1989, S. 342). Dies entspricht dem schon vorher
aufgeführten „situativen Marketingansatz“, der von der „Münsteraner Marketing-Mannschaft“ vertreten
wird (Meffert/ Backhaus/Briskorn 1989, S. 13).
Zur Interpretation des Marketing und seines Managementanspruches sind im Wesentlichen drei Ansatzpunkte hervorzuheben (Nieschlag/Dichtl/Hörschgen 1985):
•
Marketing als Maxime, d. h. der Käufer soll Ausgangspunkt und Ziel der Management-Philosophie sein. Unabdingbare Voraussetzung dafür ist die Erforschung des Marktes.
•
Marketing als systematische Marktbeeinflussung und -gestaltung. Dies geschieht durch die
Koordination des Einsatzes absatzpolitischer Instrumente in Marketingprogrammen.
•
Marketing als Ausdruck systematischer Entscheidungsfindung. Das Systematische kommt in
dem planmäßigen Vorgehen und im institutionalisierten Ablauf von Entscheidungsprozessen zum
Ausdruck.
Die Handlungsmaximen des Marketing sind allerdings nicht so zu verstehen, dass die Marketinglehre
alle Bereiche der Betriebswirtschaftslehre integrieren möchte. Vielmehr ist Marketing immer dann als
dominante Handlungsmaxime anzusehen, wenn der Absatzbereich der zentrale Engpass der Unternehmenstätigkeit darstellt.
-6-
Der grundsätzliche Anspruch des Marketing ist aber aus den inhaltlichen Entwicklungslinien sowie
seinen Ausweitungstendenzen (Deepening, Broadening) abzuleiten. Angesichts dieser Ausweitungstendenzen und der wachsenden Interdisziplinarität werden immer wieder Stimmen laut, auch aus dem
Lager der Marketing-Wissenschaftler, die eine deutlichere Abgrenzung der Aufgaben und Inhalte des
Marketing fordern.
Der Frage „Marketing als marktorientierte Unternehmenspolitik oder deren integrativer Bestandteil?“
nachgehend, sind Hansen/Strauss (1993, S.78) der Meinung: „Marketing ist keine marktorientierte
Unternehmenspolitik, sondern eine Denkhaltung“. Wenn im klassischen Marketingkonzept von
marktorientierter Unternehmenspolitik die Rede sei, dann ist die unternehmerische Denkhaltung gemeint, die eine Ausrichtung der betrieblichen Funktionen auf die Bedürfnisse der Kunden zum Inhalt
hat. „Marktorientierung heißt demnach primär Kundenorientierung, Bedürfnisorientierung“, die in den
Mittelpunkt der unternehmerischen Aktivitäten gestellt werden sollen. Gleichzeitig ziehen sie aber
auch die Essenz der Kunden- und Bedürfnisorientierung in Frage:
•
ein Kauf muss kein Zeichen von Zufriedenheit sein, er kann auf Grund eines Mangels an wünschenswerten Alternativen erfolgen (kurzfristiger Vorteil),
•
gesellschaftliche Probleme treten am Markt erst mit zeitlicher Verzögerung auf und äußern sich
dort als Kundenbedürfnisse (keine Problemvermeidung möglich).
Hansen und Strauss sprechen deshalb dem Marketing seine Führungsrolle ab und fordern aufgrund
der begrenzten Orientierungsmöglichkeiten an Bedürfnissen, Marketing als integrativen Bestandteil
einer markt- und umweltbezogenen Unternehmenspolitik einzuordnen (Hansen, Strauss 1993, S.83).
Heyes/Abernathy (1980) werfen dem Marketingkonzept vor, den Niedergang zahlreicher amerikanischer Firmen auf dem Weltmarkt verursacht zu haben. Besonders ihre einseitige Orientierung an
Verbraucherbefragungen und ROI-Betrachtungen sowie die Vernachlässigung von Innovation und internationaler Ausrichtung führten zu entscheidenden Wettbewerbsverlusten. Ähnliche Einwände bringt
Briskorn (1988) in seinen Thesen zum Ausdruck. Die erhobene Kritik ist dabei insofern inadäquat, da
sie sich auf praktische Fehlinterpretationen des Marketinginhaltes und dadurch Fehlorientierungen und -leistungen stützt, die von ihnen letztendlich dem gesamten Marketingkonzept angelastet
werden.
Kundenorientierung muss aber keinesfalls mit einer Vernachlässigung anderer unternehmerischer Erfolgsfaktoren (Innovation, Kostenmanagement) verbunden sein, sondern Kundenzufriedenheit wird
als Grundlage und Voraussetzung für Gewinnerzielung und damit für die Überlebensfähigkeit des
Unternehmens angesehen (Kotler 1974, S. 23). Das Hauptproblem in der klassischen Interpretation
der Bedürfnisbefriedigung liegt - neben strategischen Wettbewerbsnachteilen der Unternehmen - darin, dass eine zu starke Orientierung an kurzfristigen Verbraucherbedürfnissen auch mit langfristigen
Nachteilen für Verbraucher und Gesellschaft einhergehen kann. Im Ergebnis kommt Kotler zu einem
„sozialen Marketingkonzept“ (1972; 1982, S. 66).
In die Diskussion zu den aufgeführten Problemen werden auch die unterschiedlichen Paradigmen des
Marketing einbezogen. Angriffen war vor allem der verhaltenswissenschaftliche Ansatz ausgesetzt,
der den „Grundsatz der Firmenwahrheit“ (Schneider 1983, Elschen 1984, S. 63) verletzt haben soll,
was zu dieser Zeit besonders von Müller-Hagedorn (1983) zum Anlass genommen - aber auch als Anregung auffasst - wurde, auf die Notwendigkeit einer interdisziplinären Ausrichtung hinzuweisen. Haben verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse ihren unverzichtbaren Nutzen zweifellos bewiesen, so
zeigen Diskrepanzen zwischen Marketingforschung und praktischer Anwendung den „vergleichbar
beschränkten Einfluss der entscheidungsorientierten Marketingwissenschaft“ (Simon 1986, S. 212).
Für ein sehr weitgreifendes und modernes Verständnis des Marketing plädieren Raffée/Wiedmann
(1985) mit ihrem „gesellschaftsorientierten Marketing“. Die spezifisch inhaltliche Ausgestaltung der
Unternehmensführung soll nicht nur primär am Markt erfolgen, sondern umfassend gesellschaftliche
-7-
Zusammenhänge berücksichtigen. Dazu ist „die Unternehmensphilosophie und das gesamte Unternehmenskonzept zu ändern, um neue Herausforderungen zu erkennen und adäquat beantworten zu
können“ (Wiedmann 1993a, S. 40). Die wesentlichsten Grundcharakteristiken sind:
•
die Überwindung der engen ökonomischen Ausrichtung,
•
Zusammenfassung verschiedener Teilansätze wie das Sozio-, Öko- oder Biomarketing zu einem
ganzheitlichen, fest integrierten und ständig relevanten Bestandteil der Unternehmenspolitik.
•
Die Markt- und Wettbewerbsorientierung behält weiterhin ihren zentralen Stellenwert.
Faktum ist, dass die Identität und die Gemeinsamkeiten der Marketingwissenschaft nicht im klassischen Abgrenzungsbereich der Betriebswirtschaftslehre eingeordnet werden kann (Tietz 1993,
S. 151).
3. Die Rolle des Marketing in der Unternehmenspraxis
Die Stellung und Bedeutung des Marketing nimmt in der Unternehmenspraxis sehr verschiedene
Formen an (Abb. 3). Noch weit verbreitet ist die Rolle des Marketing als gleichberechtigte Funktion,
wobei dann das Verständnis des Marketing häufig auf Vertriebs- oder gar Werbefunktionen reduziert
ist (Abb. 3-a). Problematisch ist eine nicht gerechtfertigte Überbetonung der Marketingfunktion, die allein in einer hierarchischen Organisationsstruktur begründet ist (abgebildet in 3-b und 3-c). Eine solche Vormachtstellung kann sich im Unternehmen eher negativ auswirken und zu Akzeptanzverlusten
führen.
Der besondere Stellenwert des Marketing ist dann gegeben, wenn es gelingt, Marketing als integrative
Sichtweise oder Denkhaltung aller Unternehmensbereiche auf die Befriedigung der Kundenbedürfnisse auszurichten (Abb. 3-e). Für das Konzept in Abbildung 3-e sprechen folgende Argumente (Kotler
1989, S. 10):
•
Die Aktiva des Unternehmens haben wenig Wert, wenn es keine Kunden gibt.
•
Die Schlüsselaufgabe des Unternehmens besteht deshalb darin, Kunden zu finden und zu halten.
•
Kunden werden angezogen durch Versprechen und werden gehalten durch Zufriedenheit.
•
Die Aufgabe des Marketing ist es, ein angemessenes Versprechen zu formulieren und die Zufriedenheit sicher zu stellen.
•
Die tatsächlich dem Kunden „gelieferte“ Zufriedenheit hängt von der Leistung der übrigen Abteilungen ab.
•
Das Marketing muss diese anderen Abteilungen beeinflussen und kontrollieren können, wenn die
Kunden zufrieden gestellt werden sollen.
-8-
Abb. 3:
Ansichten zur Rolle des Marketing im Unternehmen
(Kotler 2001, S. 43; Kotler/Armstrong 1988, S. 57)
Eine andere Klassifikation von Sichtweisen des Marketing in Unternehmungen nimmt Müller-Hagedorn vor (Müller-Hagedorn 1990, S. 5-21). Er unterscheidet vier Ausprägungen, die sich nach dem
Umfang der Tätigkeit und der Ausrichtung des Marketing ergeben (Tab. 2):
Umfang der Tätigkeit
Ausrichtung des Marketing
(1) Enge funktionale Sichtweise:
die Marketingabteilung übernimmt neben einer
eigenständigen Vertriebsabteilung die Aufgaben
der Absatzvorbereitung.
(3) Marketing als marktbezogener Denk- und
Führungsstil im Sinne einer Führungskonzeption
(2) Weite funktionale Sichtweise:
Marketing übernimmt als betriebliche Teilfunktion
alle absatzpolitischen Aufgaben
(4) Marketing als Dienst der Unternehmung am
Kunden, ausgerichtet an den Bedürfnissen und
Wünschen der Kunden
Tab. 2:
Sichtweisen des Marketing in Unternehmen
(Eigene Darstellung in Anlehnung an Müller-Hagedorn 1990, S. 5-21)
-9-
Die Anerkennung der Marketingwissenschaft durch die Praxis hält sich wegen des nicht unerheblichen
Auseinanderklaffens von Erwartungshaltung und Leistung in Grenzen. Im Verhältnis zur Marketingpraxis ist sie überwiegend nur eine „Nachlaufwissenschaft“, die abgelaufene Ereignisse oder historische Strukturen beschreibt und erklärt (Tietz 1993, S. 151).
Trotzdem besitzt das Marketing auch heute schon einen großen Einfluss auf lebenswichtige Entscheidungen in Unternehmen. Dies ergab eine Umfrage unter dem Leitgedanken: „Welche Rolle spielt Ihr
Marketing”, die rund 700 Teilnehmer des Deutschen Marketing-Tages (o.V. 1990) beantworteten
(Abb. 4):
100%
90%
2%
11%
3%
4%
14%
17%
5%
80%
35%
70%
Keine
Angaben
60%
50%
40%
87%
Nein
82%
80%
30%
60%
Ja
20%
10%
0%
Zieldefinition
Abb. 4:
Formulierung
Unternehmensleitbild
UnternehmensWachstumsimpulse
Neustrukturierung des
Unternehmens
Einfluss des Marketing bei der Entscheidungsfindung (außerhalb der klassischen Marktbearbeitungsfelder)
(Eigene Darstellung in Anlehnung an o.V. 1990, S. 12)
Der Einfluss des Marketing im Rahmen der strategischen Unternehmensführung wirkt sich dabei erstaunlicher Weise vor allem unternehmensintern aus, indem das Marketing die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen fördert. Deutlich geringer wurde der Einfluss auf äußere Faktoren eingeschätzt, wie z.B. die Einstellung der Öffentlichkeit zu ökologischen Fragen, die Einbindung in den
gesellschaftlichen Entwicklungsprozess oder die Akzeptanzförderung von Innovationen (Abb. 5):
sehr schwach
schwach
mittel
stark
sehr stark
40%
30%
20%
10%
0%
Aufwertung des
Standortes
Abb. 5:
Förderung der
Einbindung d. UnterFörderung der
Einstellung der
Akzeptanz von Basis- nehmenstätigkeit in Identifikation der
Öffentlichkeit zu
Innovationen
den gesellschaftl.
Mitarbeiter
ökologischen Fragen
Entwicklungsprozeß mit d. Unternehmen
Einfluss des Marketing auf Rahmenbedingungen der strategischen Unternehmensführung
(Eigene Darstellung in Anlehnung an o.V. 1990, S. 13)
- 10 -
In der Diskussion um das Marketing nimmt die Frage nach dem „Führungsanspruch“ bzw. „unternehmenspolitischen Dominanzanspruch“ des Marketing ein zentrale Stellung ein. Fritz (1993, S.
238) führt die zum Teil massive Kritik in der Marketing-Theorie vor allem ” auf ein bemerkenswertes
Versäumnis der marketingwissenschaftlichen Forschung” zurück, die seiner Meinung nach kaum den
ernsten Versuch unternommen hat, die ”Überlegenheit des Marketing als Führungskonzeption” nicht
nur zu behaupten, sondern auch überzeugend zu beweisen. Zu dieser Aussage kam er nach einer
umfassenden Analyse von 40 Untersuchungen, die ihm keine klare Antwort zu dieser Problematik geben konnten. In diesem Zusammenhang wäre lediglich auf die Studien von Peters/Waterman (1984)
hinzuweisen, von denen mit die wichtigsten Impulse ausgingen (Fritz 1990, S. 92).
Ausgehend von dieser Feststellung führte Fritz (1992, 1993) selbst eine empirische Untersuchung zur
unternehmenspolitischen Bedeutung des Marketing durch2. Die Untersuchung verfolgte drei zentrale Ziele (Abb. 6):
1. Ermittlung des Stellenwertes des Marketinggedankens innerhalb des Gesamtkonzeptes der Unternehmensführung,
2. Analyse der Wirkung marktorientierter Unternehmensführung auf den Unternehmenserfolg und
3. Überprüfung der Wirksamkeit von Handlungsempfehlungen für eine marktorientierte Unternehmensführung sowie die Ableitung praktischer Konsequenzen.
Die Durchführung erfolgte 1990 durch eine schriftliche Befragung der Top-Manager von 417 westdeutschen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, von denen sich 144 beteiligten und ein repräsentatives Abbild der Grundgesamtheit darstellen.
Marktorientierung
Umwelt- und
Gesellschaftsorientierung
Mitarbeiterorientierung
Abb. 6:
Produktionsund Kostenorientierung
Technologieu. Innovations-orientierung
Das Fünf-Dimensionen-Modell der Unternehmensführung (Kernmodell)
(Fritz 1993, S. 240)
Die Ergebnisse der Studie werden in drei Hauptaussagen zusammengefasst:
(1) Die Marktorientierung ist eine wesentliche Dimension der Unternehmensführung. Zusammen mit
der Produktions- und Kostenorientierung sowie der Mitarbeiterorientierung, die beide in ihrer Bedeu2
Die Untersuchung wurde 1993 mit dem Wissenschaftspreis der Deutschen Marketing-Vereinigung ausgezeichnet.
- 11 -
tung noch etwas höher eingeschätzt werden, bildet sie den „harten Kern“ der unternehmerischen Führungskonzeption.
(2) Die Marktorientierung stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor insbesondere neben den beiden
eben genannten Orientierungen dar. Unter bestimmten Bedingungen kommt der Marktorientierung eine besondere Bedeutung zu, woraus sich ein Dominanzanspruch des Marketing ableiten ließe:
•
Zwischen der Marketing-, der Produktions- sowie der Forschungs- und Entwicklungsabteilung besteht eine enge Kooperation.
•
Die Unternehmen unterliegen einer geringen Eigentümerkontrolle (bzw. einer hohen Managerkontrolle).
•
Der Absatzbereich bildet den dominanten Engpass, den die Unternehmen zu überwinden haben.
•
Die Unternehmen sind Hersteller von Konsumgütern.
•
Es ist ein hohes Maß an Delegation von Entscheidungsverantwortung von der Führungsspitze auf
die nachgelagerten Hierarchieebenen in den Unternehmen gegeben.
•
Die Markteintrittskosten für potentielle Konkurrenten in den relevanten Absatzmärkten der Unternehmen sind erheblich.
•
Die Unternehmen sehen sich einer hohen gesamtwirtschaftlichen Dynamik gegenüber.
(3) Manche Maßnahmen der Marketing-Implementierung entfalten unerwünschte Nebenwirkungen
und sind daher riskant. Grundsätzlich haben sich Maßnahmen der Marketingimplementierungen als
vorteilhaft erwiesen, wobei aber eine zu hohe Machtposition des Marketingchefs sowie eine zu große
Machtfülle des Marketingbereichs eine direkte Minderung des Unternehmenserfolgs bewirkt (entspricht Abb. 3-b und 3-c). Als besonderer Schwerpunkt bei der Implementierung gilt es, eine enge Kooperation mit den anderen Unternehmensbereichen und besonders mit dem Produktions- sowie dem
F&E-Bereich zu realisieren (Kotler/Bliemel 1992, S. 1027, Meffert 1989, S. 346 f.). Von Bedeutung ist
in diesem Zusammenhang auch das Verhalten der Marketing-Manager, über deren Akzeptanz die
Stellung des Marketing in der Praxis bedingt wird.
Die Untersuchung von Fritz hat also die führende Rolle des Marketing (neben anderen) bestätigt. Die
festgestellten unerwünschten Nebenwirkungen bei der Marketing-Implementierung weisen darauf hin,
dass in der Praxis noch weitgehend die funktionale Sichtweise des Marketing vorherrscht. Die inzwischen sich in der Theorie durchgesetzte Auffassung von einer „bewusst marktorientierten Führung
des Unternehmens“ (Meffert 1986, S. 29) mit ihrem integrativen Charakter wird noch nicht im gleichen
Maß umgesetzt. Vielmehr bestehen in der Praxis des Marketing nur wenige Paradigma, die charakterisiert sind durch (Tietz 1993, S. 158):
•
weitgehendes Gleichverhalten in einer Branche oder in einem Wirtschaftssektor,
•
ähnlich wahrgenommener Wettbewerbstrend,
•
oft ähnliche Wahrnehmung über die vermutliche Wirkung von Marktinstrumenten.
Eine Ursache dieser Darstellung wird im fehlenden Problemverständnis der Marketingwissenschaft
gesehen, „dass viele Antworten zu Fragen vorliegen, die entweder nicht bekannt oder irrelevant sind“.
Aber auch die überzogene Darstellung der Erkenntnisse, die „Mathematisierung der Wirtschaftswissenschaften sowie die überspannten und überheblichen Versprechungen der Leistungsfähigkeit der
Operations Reseach” (Tietz 1993, S. 162) rufen Akzeptanzprobleme hervor.
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4. Verhaltensbestimmende Einflüsse gegenüber dem
Marketing
Die Diskussionsausschnitte zu den verschiedenen wissenschaftlichen Ansichten des Marketing, insbesondere zur inhaltlichen Ausgestaltung, beziehen sich auf unterschiedliche Gruppen von Marktteilnehmern (Abb. 7).
Abb. 7:
Die drei Wirkungsebenen des Marketing
(Meffert 2000, S. 259)
Zwischen den drei Ebenen bestehen vielfältige Interdependenzen, z.B. in der Art, dass ein Mitarbeiter des Unternehmens zugleich privater Verbraucher und ein Bestandteil der Gesellschaft ist, ebenso
ist das Unternehmen auf der Beschaffungsseite Nachfrager und unterliegt politischen, wirtschaftlichen,
rechtlichen etc. Einflüssen. Zur besseren Veranschaulichung sollen die verhaltensbestimmenden Einflüsse gegenüber dem Marketing anhand der drei Eben aufgezeigt werden.
(1) Wie schon einführend in dieser Arbeit bemerkt wurde, sieht sich unsere Gesellschaft einer wachsenden Zahl von Problemen gegenüber, die scheinbar unvermeidlich mit einer entwickelten Industriegesellschaft verbunden sind. Durch unmittelbare Betroffenheit des einzelnen ist eine erhöhte Sensibilität eingetreten. Das Marketing als Disziplin, die unmittelbar das Bild des Unternehmens nach außen
hin bestimmt, ist dadurch in besonderen Maße einer kritischen Betrachtung unterworfen. Dabei werden oft:
•
die Auswirkungen einer „Überflussgesellschaft“ („Müllnotstand“, „Ozonloch“, Giftmüllskandale,
Gewässerverschmutzung etc.) als Folge ungezügelten unternehmerischen Handelns,
•
die Proklamation des Konsums diffiziler Güter (z.B. Alkohol, Zigaretten)
•
sowie allgemein die Verursachung strittigen Verbraucherverhaltens und „Überkonsumtion“ dem
Marketingkonzept als Ganzes zur Last gelegt.
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(2) Die angedeuteten Probleme in (1) haben ihre Ursachen zum Teil in einem ungenügenden Marketingverständnis. Das Dilemma besteht aber darin, dass durch fehlerhaftes Umsetzen von Marketingkonzepten hervorgerufene Misserfolge und Probleme mit einem fortschreitenden Akzeptanzverlust
einhergehen. Dies aber bedingt wiederum eine unzulängliche Beschäftigung mit der Thematik, wodurch zukünftige Konflikte vorprogrammiert sind. Auch die Wahrnehmung und Nutzung von Erkenntnissen der Marketingwissenschaft in der Praxis ist nur von kurzfristigen Aspekten geprägt (Tietz 1993,
S. 158):
a) Von der Marketingpraxis wird aus der Marketingwissenschaft nur das wahrgenommen, was möglichst unmittelbar operational und implementierbar diesen Zielen entspricht.
b) Die allgemeine Risikoaversion führt in der Praxis auch zu einer Stabilisierung der aktuellen Strategien und teilweise zu einer Be- und Verhinderung von Innovationen im Marketing.
c) Für die Aufnahme von Informationen von außen ist die Erwartung an einen unmittelbaren Zielbeitrag das Selektionskriterium.
Das Interesse der Marketingpraktiker wird dabei vor allem durch unmittelbar praktische Gesichtspunkte bestimmt, anhand derer sie wissenschaftliche Erkenntnisse bewerten und akzeptieren, wie
beispielsweise:
•
Welche neuen Produkt- und Dienstleistungschancen lassen sich auf den Märkten erkennen?
•
Welche neuen Marktsegmente lassen sich für bestehende Produkte und Dienste finden?
•
Welche Veränderungen ergeben sich in z. Z. bearbeiteten Märkten?
•
Welche Positionierungsalternativen für Produkte, Betriebstypen oder Unternehmen bestehen, wie
lassen sie sich bewerten und wie können sie implementiert werden?
Die Abhängigkeit der Akzeptanz des Marketing von verschiedenen Determinanten wird von Tietz
(1993, S. 162) unter folgenden Stichworten charakterisiert:
•
Interminiertheit: erst extreme Interpretationen (z.B. Gerken 1990) erwecken das Interesse an
wissenschaftlichen Erklärungen.
•
Theorietourismus: erst wenn Theoreme aus den USA übernommen werden, gewinnen sie in
Deutschland an Bedeutung.
•
Mainstream-Konzept: innovativen Konzepten wird kaum eine Chance zur Realisierung gegeben.
•
Schweigende Akzeptanz: viele Ergebnisse der Marketingforschung werden in der Praxis stillschweigend rezipiert.
•
Auftragsforschung: der Auftraggeber determiniert die Fragestellung und produziert dadurch eine
präformierte Akzeptanz.
Strategische Planungssysteme sind mit dem Marketingkonzept implizit verbunden. Dementsprechend
wurden die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zur Weiterentwicklung strategischer Planungssysteme speziell auf marketingrelevante Faktoren untersucht und die Resultate publiziert. Im
Wesentlichen wurde festgestellt, dass eine Weiterentwicklung selten projektgesteuert, sondern vielmehr evolutionär verläuft. Ursachen für eine schrittweise Einführung und Entwicklung sind vielfältige fachliche und psychologische Probleme, die in Akzeptanzproblemen ihren entscheidenden Ausdruck finden (Kreikebaum 1993):
- 14 -
•
Mangelndes Engagement der Unternehmensleitung, insbesondere die Orientierung an operativen
Steuergrößen,
•
übertriebene Formalisierung der Planung,
•
mangelnde fachliche und menschliche Qualifikationen der Planer,
•
eine allgemeine Abneigung gegen Innovationen,
•
eine negative Grundeinstellung der Entscheidungsträger gegenüber der Planung,
•
unzureichendes Wissen über die Unternehmensplanung.
Eine schrittweise Weiterentwicklung und Implementierung des Marketinggedanken ergibt sich auch
aus den Interessenkonflikten mit den anderen betrieblichen Abteilungen. Die ständigen Bemühungen
des Marketing, die Aufmerksamkeit auf die Zufriedenstellung des Kunden zu richten, bedroht die subjektiv empfundene Autonomie der anderen Abteilungen (Kotler 1989, S. 10-15). In der Regel wächst
das Aufklärungsniveau innerhalb des Unternehmens langsam heran. Jeder ausgeführte Schritt, der
sich bewährt, erhöht die Bereitschaft des Managements, weitere Fortschritte des Marketing-Denkens
und der Marketing-Praxis zu befürworten. Kotler spricht deshalb vom „Gesetz des langsamen Lernens“. Nachdem das Marketing verschieden Stadien durchlaufen hat und in der Organisation etabliert
ist, muß das Management gegen starke Tendenzen ankämpfen, damit grundlegende MarketingPrinzipien im Soge des Erfolges in Vergessenheit geraten. Diese Erscheinung charakterisiert Kotler
mit dem „Gesetz des schnellen Vergessens“.
(3) Neben den grundsätzlichen Problemen einer verfehlten Ausrichtung des Marketing erzeugt auch
ein unangemessener Einsatz der Marketinginstrumente Akzeptanzprobleme bei den Verbrauchern.
Die Akzeptanzkriterien können in zwei Dimensionen unterschieden werden: die Einstellungsakzeptanz im Sinne von Reaktionsbereitschaft und die Verhaltensakzeptanz als beobachtetes Verhalten
(Gaul/Both 1990, S.100).
Verhaltensakzeptanz
Merkmale/
Ausprägung
Einstellungsakzeptanz
Abb. 8:
ja
nein
ja
Überzeugter
Benutzer
Verhinderter
Benutzer
nein
Gezwungener
Benutzer
Überzeugter
Nicht-Benutzer
Die Verhaltens- und Einstellungsakzeptanz nach Benutzertypen
(Gaul/Both 1990, S.100)
Beispiele für Verursachung von Akzeptanzproblemen bei den Verbrauchern sind:
•
überhöhte Preise (aufgrund aufwendiger Werbung, hoher Vertriebskosten etc.),
•
Manipulation und Irreführung der Verbraucher durch Preistaktiken, täuschende Werbung, Verkaufsförderungspolitik oder Verpackung,
•
aggressive Verkaufs- und Werbepraktiken („Haustürgeschäfte“, Brief- und Telefonwerbung),
•
Werbung und Vertrieb für gefährliche oder gesundheitsschädigende Erzeugnisse.
- 15 -
Die hier nur beispielsweise aufgezeigten Erscheinungen ließen sich beliebig fortsetzen. Eine übersichtlich zusammengestellte Darlegung der Verbraucherpolitik im Handel ist im Anhang 2 (S. 20) enthalten.
5. Fazit und Entwicklungstendenzen
Als ein entscheidender Erfolgsfaktor hat sich das Marketing in Unternehmungen fest etabliert. Dabei
hat sich gezeigt, dass noch vielfach praktische Aspekte die Realisierung determinieren.
Die Ausrichtung im Unternehmen folgt noch nicht der wissenschaftlichen Auffassung von einer interdisziplinären Zusammenarbeit mit allen Bereichen des Unternehmens, um eine ganzheitliche und integrierte Marktorientierung zu realisieren. Hier ist vor allem bei den spezifischen Akzeptanzproblemen
anzusetzen. Marketing sollte mehr in Form von Leitgedanken und Unternehmensgrundsätzen als in
Gestalt einer funktionalen Abteilung wirken. Die Überbetonung der Marketinginstrumente hat sich als
direkt nachteilig für die gesamte Marketingkonzeption erwiesen.
In der Wirkung nach außen bestehen sowohl in der Auffassung als auch in der Umsetzung der Marketingkonzeption Defizite bezüglich der sozialen Verantwortung. Durch das Ignorieren gesellschaftlicher Verhältnisse in der strategischen Ausrichtung und in der Ausgestaltung des Marketing-Mix werden nicht nur gesellschaftliche Probleme hervorgerufen, sondern in deren Folge führen Akzeptanzverluste langfristig zu Markteinbußen. Es gilt hier die ersten Ansätze wie Umwelt- oder Öko-, Social- oder
Human-Marketing konsequent weiter zu entwickeln sowie auch glaubhaft und transparent umzusetzen.
Das schon von einigen Marketingwissenschaftlern vertretene gesellschaftsorientierte Marketing
(z.B. Fritz, Meffert, Raffée, Wiedmann) bietet allen Voraussetzungen nach die besten Grundlagen,
dass Unternehmen den wachsenden Anforderungen gerecht werden können, und dies nicht nur aufgrund von rein ökonomischen Beweggründen, sondern auch hinsichtlich der Bewahrung elementarer
Lebensgrundlagen.
Neben der Bereitstellung und dem Transfer adäquater wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis
stellt sich als eigentlicher Schwachpunkt die praktische Umsetzung heraus (Simon 1986, S. 207).
Denn letztendlich bleibt die Realisierung bei Beachtung aller Determinanten abhängig von dem Willen
und den Fähigkeiten der Beteiligten, weshalb auch eine erfolgreiche Einführung und Umgestaltung
von Marketingkonzeptionen nur evolutionär und schrittweise erfolgen kann.
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Anhangverzeichnis
Anhang 1:
Entwicklung des Marketing im Paradigmenwechsel der Betriebswirtschaftslehre.......19
Anhang 2:
Synoptischer Überblick der Verbraucherpolitik im Handel ...........................................20
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Anhang 1:
Entwicklung des Marketing im Paradigmenwechsel der Betriebswirtschaftslehre
(Meffert 1989, S. 340)
- 20 -
Anhang 2:
Synoptischer Überblick der Verbraucherpolitik im Handel
(Hansen 1990, S. 587)
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