Syphilis / Lues Klinik ....................................................................................................................................................................................... Diagnostik ............................................................................................................................................................................... Spezifische Therapie ............................................................................................................................................................... Nachkontrolle und Ausschluss Neurolues ................................................................................................................................ Partnerinformation / Behandlung ............................................................................................................................................ Info / Quellen ........................................................................................................................................................................... Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 1 1 2 2 3 4 Guideline: Syphilis / Lues 13.02.2017 Klinik Primäres Stadium ■ ■ ■ ■ lokaler Befund, genital, oral primär weissliche, flache Papeln (Condyloma lata) Ulcus, indolent (!) mit hartem Rand (harter Schanker) regionale LK-Schwellung (verzögert, nicht obligat) Sekundäres Stadium: Systemische Erkrankung ■ ■ ■ ■ AZ-Verschlechterung, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Fieber (ca. 4-8 Wo nach Infektion) generalisierte Lymphadenopathie, Hautausschlag, meist mit Fieberabfall selten Augenmitbeteiligung, Leber-Nieren-Muskelbeteiligung Latente Syphilis: Früh- (<1Jahr) oder Spätform ■ ■ klinisch asymptomatisch (Lokalbefund spontan und narbenfrei ausgeheilt) Labor: serologisch aktive Infektion (VDRL positiv) Tertiäres Stadium ■ ■ ■ ■ Neurosyphilis, basale Meningitis (frühes Tertiärstadium) Gumma cerebral Tabes dorsalis Cardiovaskuläre Syphilis Diagnostik Allgemeine Aspekte ■ ■ ■ siehe auch: Sexualanamnese zur Inkubationszeit s. STD-allgemein Übersichts-Grafik: Serodiagnostik Syphilis Serodiagnostik Suchtest ■ ■ ■ TPPA (Treponema pallidum particle agglutination assay) oder T.pallidum IgG Wenn Positiv: immer HIV-Test anfordern Aktivitätstest (s.u.) durchführen Hinterlässt Seronarbe (Jahrzehnte !) ● ● ■ Aktivitätstest VDRL oder RPR 1. positiv ► Diagnose: aktive Lues ► Therapie 2. negativ St. nach behandelter Lues? ►Abschluss FTA (fluorescent treponemal antibody absorption) oder EIA (Treponema pallidum, IgG) ■ ■ ■ Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 1 Guideline: Syphilis / Lues 13.02.2017 Wenn erneut negativ, wahrscheinlich falsch pos. TPPA ► Rücksprache Labor Meldepflichtige Erkrankung Meldeformular Syphilis (klinisch) für BAG nach bestätigter Labordiagnostik Spezifische Therapie Primäre/sekundäre und frühe Latenzphase (Infektion < 1Jahr) ■ ■ Benzathine-Penicillin G 2.4 IU i.m. einmalig ventrogluteal (2 Injektionen, je 5ml, vgl. Injektionstechnik) (kein Penicillin G sondern Retardformulierung) Jarisch-Herxheimer Reaktion beachten, Patient informieren: Fieber, Allgemeinsymptome in den ersten Stunden nach Injektion Paracetamol 1 gr. 4-stdl. in Reserve mitgeben klingt am zweiten Tag spontan ab ● ● ● Späte Latenzphase (> 1 Jahr) und tertiäre Syphilis ■ ■ allgemeine Info siehe Primäre Syphilis Benzathine-Penicillin G 2.4 IU i.m. 3 Dosen im Abstand von einer Woche Neurosyphilis ■ Penicillin G 3-4 Mio i.v. alle 4 Std für 10-14 d Penicillin-Allergie ■ ■ ■ Peni-Allergie mit nur Hautausschlag: und Primär- oder Latenzphasen: Ceftriaxon 1g im/iv täglich für 8-10 d gesicherte, schwere Peni-Allergie (Anaphylaxie)! und Primär- oder Latenzphasen: Doxycyclin 2 x100 mg po für 14 d Neurosyphilis: Rücksprache mit Zentrum Serologische Nachkontrollen ■ VDRL od. RPR nach 3,6 und 12 Monaten, s. Diagnostik Nachkontrolle und Ausschluss Neurolues Nachkontrollen (Verlaufsparameter) ■ RPR (Rapid Plasma Reagin) früher in CH meist VDRL (Veneral Disease Research Laboratory) Ansprechen des RPR / VDRL Titers als Therapiekontrolle: 3, 6, 12 und 24 Monate nach Therapie Nach 6 Monaten sollte RPR / VDRL neg. sein oder mindestens 2-3 Titerstufen Abfall Bei fehlendem Abfall oder Wiederanstieg Reinfektion? Neurolues? ● ■ ● ● ■ ● ● Neurosyphilis ■ Indikation Lumbalpunktion bei jeder 2° Lues mit: neurologischen / psychiatrischen Befunden HIV-Infektion mit CD4 < 200 /µl HIV-Infektion und RPR oder VDRL > 1:32 Kinder, wenn Sympt > 1 Mt. LP (Zellzahl, Proteine, TPPH) und Serum gleichzeitig abnehmen Indikation zur Therapie Neurosyphilis, wenn Lues serologisch bestätigt, UND ● ● ● ● ■ ■ Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 2 Guideline: Syphilis / Lues 13.02.2017 1. TPPA intrathekal erhöht (Liquor-Serum Vergleich, Reiber Diagramm) oder 2. TPPA im Liquor positiv (unabhängig von Schrankenstörung) und Pleocytose oder Eiweisserhöhung Liquor 3. Bei HIV-Infektion mit pos. VDRL im Serum genügt auch Pleozytose oder Eiweissvermehrung für Verdachts-Dg Neurolues ■ Neurolues praktisch gesichert, wenn zusätzlich neurologische Manifestation (die nach Therapie abklingt) Partnerinformation / Behandlung Grundsätze ■ ■ ■ ■ Zeitgleiche Behandlung der regelmässigen Sexualpartner ist Voraussetzung für langfristigen Therapieerfolg. Den meisten Menschen fällt die Partnerinformation schwer, wegen 1. Scham und 2. der Angst, den Partner oder die Partnerin zu verlieren. Je enger das sexuelle Netzwerk, desto stärker rückt das Eigeninteresse bei der Partnerinformation in den Vordergrund. Diese Motivation ist nicht zu unterschätzen. Grundlage jeder Partnerinformation ist eine umfassende Sexualanamnese. Methoden der Partnerinformation 1. Patient kennt die Partner, möchte sie informieren Patient informiert Partner und schickt diese zum selben Arzt ► beste, bevorzugte Methode, falls möglich. Patient informiert Partner, Verlauf Nachkontrolle unbekannt ► unbefriedigend. Besser: Notiz mitgeben, nachbehandelnder Arzt soll sich zur Rücksprache bei der Instanz der Erstdiagnose melden 2. Patient kennt die Partner, möchte aber nicht informieren Patient gibt Kontaktinformation an den Arzt weiter; dieser informiert die möglichen Indexpersonen ohne seine Informationsquelle anzugeben. 3. Patient kennt die Partner nicht, aber den Ort der Infektion Kommerzieller Sexort - Bordell, Sauna, Sexkino, Darkroom: ► Evtl. Betreiber informieren, damit dieser z.B. einen Aushang macht für eine Testempfehlung. Private Sexparty, Swingerclub, etc.: ► Evtl.Telefonnummer des Organisators erfragen, damit dieser ggf. die weitere Partnerinformation übernimmt. Bei allen anderen Orten erfolgen in der Regel keine weiteren Massnahmen. In Einzelfällen Besprechung je nach Situation mit Kantonsarzt, etwa bei lokalen Ausbrüchen (z.B. sexuell übertragene Hepatitis A, Shigellen) ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Tips zur Partnerinformation ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Konkrete Sprache benutzen. Statt vage von Sex konkret von Sexualpraktiken sprechen: z.B. "Oralverkehr" ("Blasen", "Lecken"), "Analverkehr" ("eindringend/aufnehmend", "Sind Sie beim Analverkehr der eindringende oder aufnehmende Partner oder beides?" statt "aktiv/passiv")... Oralverkehr immer separat und gezielt ansprechen. Wird von vielen nicht als "Sex" begriffen. Deutlich machen, dass es bei STI auch um "geschützte" Kontakte geht. Patienten geben häufig nur die Partner an, mit denen sie "ungeschützte" Kontakte hatten. Präventionsbotschaften verdeutlichen ("Kondome schützen nur vor Schwangerschaft und HIV") Unterstreichen, dass STI häufig asymptomatisch sind, vor allem "im Hals", "anal" und "vaginal". Unterstreichen, dass Partner nicht warten sollen, bis sie Symptome haben oder sie ebenfalls positiv gestestet wurden. Offene Fragen stellen: "Wen werden Sie informieren?" - "Übernehmen Sie die Benachrichtigung selbst oder soll ich das für Sie tun?" Medikamente für die Partnerbehandlung können auch mitgegeben werden. Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 3 Guideline: Syphilis / Lues 13.02.2017 Therapie ■ ■ ■ ■ Partnertherapie bei bakteriellen / parasitären STI ist in aller Regel eine empirische Therapie ► keine Testung der Sexualpartner, bzw. vor Tx nicht erst Testergebnisse abwarten Möglichst zeitgleiche Therapie mit demselben Antibiotikum. Fortgesetzte Sexualkontakte zwischen den gleich(zeitig) behandelten Partnern sind möglich. Ausnahmen von dieser Regel sind z.B. Syphilis, wenn der letzte Sexualkontakt mehr als 90 Tage zurückliegt. Keine Partnerbehandlung bei viralen STI wie HIV, Virushepatitis, Genitalherpes, Condylomata ... Zeitfenster - wie welche Sexualpartner sollen informiert werden? ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Grundregel: Das Zeitfenster ist für bakterielle Infektionen kürzer als für virale; für symptomatische kürzer als für asymptomatische; bei der Syphilis stadienabhängig (Primäre < Sekundäre Lues < Lues latens usw.) Ulcus molle: bis 10 Tage vor Symptombeginn Symptomatische Gonorrhoeo: 10 bis 30 Tage vor Symptombeginn Filzläuse und Skabies: bis 30 Tage vor Symptombeginn Asymptomatische Gonorrhoe, CT, MG, UU, etc., Donovaniosis: bis 60 Tage Primäre Syphilis: bis 90 Tage Sekundäre Syphilis: bis 6 Monate Info / Quellen Weitere wichtige Aspekte ■ ■ ■ allgemeine Aspekte zu Sexuell übertragbaren Krankheiten HIV / Lues-Testung bei Risikoverhalten Ev. Hepatitis B Testung und Imfpung Literatur: ■ ■ Review: Management Lues bei Erwachsenen (Ghanem KG, 2011 CID) Diagnostik Syphilis (Fokus: kongenital): Peeling et al, WHO-Bulletin 2004 Verantwortlicher Autor: Pietro Vernazza Erstellt am: 06.11.2012 Letzte Änderung: 22.08.2016 Publizierte Version: 5.5.0 Gültig für: KSSG / Infektiologie (05.06.2014, Pietro Vernazza) BAG (05.06.2014, Pietro Vernazza) Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 4