. Elektrodynamik Gilberto Colangelo, Christoph Greub Institut für theoretische Physik Universität Bern Herbstsemester 2016 . Das vorliegende Skript basiert weitgehend auf demjenigen von Prof. H. Leutwyler, das zu einem Zeitpunkt geschrieben wurde, als die Elektrodynamik eine vierstündige Lehrveranstaltung war. Das Skript von H. Leutwyler behandelt Dinge, die selbst über den Rahmen einer vierstündigen Veranstaltung hinausgehen und ist deshalb als Lehrbuch zur klassischen Elektrodynamik zu verstehen. Christoph Greub Bern, September 2009 Um das Skript an meine Vorlesungen anzupassen habe ich in der vorliegenden Fassung die Reihenfolge der Kapitel geändert: Nach den ersten einführenden Kapiteln werden zuerst die Lösungen der Maxwellgleichungen im statischen Fall hergeleitet und diskutiert. Danach werden ebene elektromagnetische Wellen als Lösungen der Maxwellgleichungen hergeleitet. Schlussendlich leiten wir die retardierte Lösung her und erhalten somit die allgemeine Lösung der Maxwellgleichungen. Die Änderung der Reihenfolge hat nur minimale Änderungen im Text verlangt. Der Inhalt der einzelnen Kapitel ist grundsätzlich der gleiche wie in der ursprünglichen Fassung von Prof. C. Greub. Gilberto Colangelo Bern, September 2014 ii Literatur • J.D. Jackson, Klassische Elektrodynamik, de Gruyter Verlag, OGA 114. • T. Fliessenbach, Elektrodynamik, Wissenschaftsverlag, OGA 203. • G. Eder, Elektrodynamik, BI-Hochschultaschenbücher, OGA 130. • D. J. Griffiths, Elektrodynamik–Eine Einführung, Pearson Studium, ISBN: 978-3-86894-057-2; Englische Version: OGA 151. • R.P. Feynman, Lectures on Physics, Vol. 2, Addison-Wesley Publishing Company, ODD 125, v2. • L.D. Landau, F.M. Lifshitz, Lehrbuch der theoretischen Physik, Band II klassische Feldtheorie, ODE 201, v2; Band VIII Elektrodynamik der Kontinua, ODE 201, v8, Akademieverlag. • A. Sommerfeld, Elektrodynamik, Harri Deutsch Verlag, ODE 207, v3. • H. Leutwyler, Elektrodynamik und Optik, Skript Uni Bern [eigentlich ein Lehrbuch zur klassischen Elektrodynamik] iii Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 1.1 Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2 Elektrische Ladung, Strom, Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . 6 1.3 Elektrische und magnetische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2 Die Maxwellgleichungen 12 2.1 Struktur der Maxwellgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.2 Potentiale, Eichtransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.3 Maxwellgleichungen in Integralform . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3 Energie des elektromagnetischen Feldes 22 4 Elektrostatik 27 ~ E−Feld einer statischen Ladungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.1.1 Alternative Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4.1.2 Bedeutung von ϕ(~x) in der Elektrostatik . . . . . . . . . . 29 4.2 ~ Energie des statischen E−Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4.3 Multipolentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.3.1 Multipolentwicklung von ϕ(~x), wenn Q 6= 0 . . . . . . . . . 38 4.3.2 Multipolentwicklung von ϕ(~x), wenn Q = 0 . . . . . . . . . 40 4.1 iv 4.4 Multipolentwicklung der potentiellen Energie . . . . . . . . . . . . 43 R d3 y ρ(~y ) 6= 0) . . . . . . . . . . 43 d3 y ρ(~y ) = 0; 44 4.4.1 Geladenes Teilchen (Q = 4.4.2 Neutrales Teilchen (Q = R ρ(~y ) 6= 0 i.a.) . 5 Magnetostatik 5.1 46 Auf dünne Drähte konzentrierte Stromverteilung . . . . . . . . . . 47 5.1.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Energie statischer Magnetfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 5.2.1 Energiediskussion für zwei Kreisströme . . . . . . . . . . . 50 5.3 Magnetisches Moment – Multipolentwicklung des Vektorpotentials 54 5.4 ~ Potentielle Energie eines Teilchens im B−Feld . . . . . . . . . . . 59 5.2 Anwendung auf Kreisstrom 6 Elektromagnetische Wellen im Vakuum 6.1 62 Wellengleichung 2F = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 6.1.1 Ebene (monochromatische) Welle . . . . . . . . . . . . . . 64 6.1.2 Allgemeine Lösung der Wellengleichung . . . . . . . . . . . 66 6.2 Lösung der Maxwellgleichungen im Vakuum . . . . . . . . . . . . 70 6.3 Verhalten der elektromagnetischen Felder einer Welle . . . . . . . 72 6.4 Wellenpakete, Gruppengeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 76 A Energie eines ektromagnetischen Wellenpakets A.1 Vorbereitende Bemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . v 80 80 A.2 Delta-Funktionen (ganz rudimentär) . . . . . . . . . . . . . . . . 81 A.2.1 1–dimensional . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 A.2.2 3–dimensional . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 A.3 Eigentliche Herleitung des Energieausdrucks (6.1) . . . . . . . . . 83 7 Retardierte Felder 86 7.1 Allgemeine Lösung der Maxwellgleichungen . . . . . . . . . . . . . 86 7.2 Darstellung der retardierten Felder via Greensche Funktion . . . . 92 7.2.1 Was beschreibt Dret (~x, t)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 7.2.2 Retardierte Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 7.3 Eigenschaften der allgemeinen Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . 95 7.4 Felder stationärer Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 7.4.1 ~ Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E− 98 7.4.2 ~ Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B− 98 8 Felder veränderlicher Quellen 100 8.1 Nahzone – Fernzone 8.2 Emission elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . 105 8.3 Abgestrahlte Leistung in Dipolnäherung . . . . . . . . . . . . . . 109 8.3.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Abgestrahlte Leistung eines beschleunigten Teilchens . . . 111 vi 1 Einleitung Coulomb–Gesetz 1785 Gesetz von Biot + Savart 1820 Diese Gesetze führen die elektrischen und magnetischen Erscheinungen, die bei stationären Ladungs- und Stromverteilungen auftreten, auf elementare Fernkräfte zurück. Bem: Aus heutiger Sicht sind diese Gesetze die Lösungen der Maxwellgleichungen im stationären Fall. Im 19. Jahrhundert versuchten viele Physiker/Mathematiker auch die Phänomene, die bei zeitlich veränderlichen Ladungs- und Stromverteilungen auftreten, auf Fernkräfte zurückzuführen. Faraday (1791-1867) hat wohl als erster erfasst, dass diese Versuche folgendem Sachverhalt nicht gerecht werden: elektrische und magnetische Felder sind nicht blosse Rechengrössen, die durch vorhandene Ladungen und Ströme eindeutig bestimmt werden, sondern führen ein Eigenleben, tragen Energie, Impuls, etc. Die Grundgesetze, denen diese Felder unterworfen sind, wurden von Maxwell (1831-1879) abschliessend formuliert (1865, Treatise of Electricity and Magnetism: 1873). Die Vorstellung, dass Feldern eine physikalische Bedeutung zukommt, die keiner weiteren mechanischen Erklärung als Vibration eines strukturierten Mediums (Aether) bedarf, erscheint uns heute als problemlos. Selbst das Grundgesetz der Elektronentheorie (Schrödinger-Gleichung) enthält ein Wellenfeld als Grundgrösse. Fernwirkungsgesetze haben sich ausnahmslos als Näherungen erwiesen, die ihre Gültigkeit verlieren, wenn sich die Körper zu rasch bewegen. Sie verletzen insbesondere die Kausaliät: Eine rasche Änderung der Ladungsverteilungen auf der Sonne macht sich in Tat und Wahrheit auf der Erde erst nach ca. 8 Minuten bemerkbar, im Gegensatz zu einer Fernwechselwirkung, bei der die Änderung instantan registriert werden könnte. Im statistischen Grenzfall jedoch gibt es zwischen lokalen Feldgesetzen und Fernwirkungsgesetzen keinen prinzipiellen Unterschied. 1 Die Struktur der Maxwellgleichungen führte zu Beginn des 20. Jh. zur Entdeckung der Relativitätstheorie – die Maxwellgleichungen erweisen sich selbst für rasch bewegte Ladungen als korrekt (im Gegensatz zum Newtonschen Fernwirkungsgesetz der Gravitation, das die Relativitätstheorie nicht überlebte). Quantentheorie: Die Energie des elektromagnetischen Feldes tritt in quantisierten Einheiten auf, die sich als Photonen direkt nachweisen lassen (Planck 1900, Einstein 1905). Die Grundgesetze der Quantentheorie wurden in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts aufgedeckt (de Broglie 1923, Heisenberg 1925, Schrödinger 1925). Die Quantentheorie des elektromagnetischen Feldes wurde schon 1927 von Dirac formuliert, im Jahre vor seiner Entdeckung der relativistischen Wellengleichung des Elektrons (Diracgleichung, 1928). Die Wechselwirkung zwischen dem elektromagnetischen Feld und dem Wellenfeld des Elektrons wird durch die sog. Quantenelektrodynamik beschrieben. Im Prinzip eine recht einfache Theorie, deren mathematische Lösung recht komplizierte Hilfsmittel erfordert (Stichwort Störungstheorie, Entwicklung von physikalischen Grössen wie Wirkungsquerschnitte, magn. Momente, etc. nach Potenzen der kleinen Zahl α = 1/137.036...). Die Vorhersagen dieser Theorie haben sich bisher bis ins feinste Detail als korrekt erwiesen. Bsp.: Magnetisches Moment (µe ) des Elektrons (genaue Def. später; einfach eine charakt. Grösse des Elektrons (wie Masse oder Ladung)) 1.00115965221(3) Experiment e~ 1.00115965246(13)(7) Theorie · µe = {z } 2me | α 1+ 2π +... Seit einigen Jahren wissen wir, dass auch die starken und schwachen Wechselwirkungen (WW) durch Felder vermittelt werden, die sehr eng mit dem elektromagnetischen Feld verwandt sind (alle diese Felder sind sogenannte Eichfelder). 2 Elektromagn. WW: durch Photonen übertragen e− e− Streuung von zwei Elektronen in der Quantenelektrodynamik γ e− e− t Schwache WW: durch W ± − und Z 0 −Bosonen übertragen e− ν̄e Zerfall eines Muons (µ− ) in der schwachen WW W− µ− νµ t Starke WW: durch Gluonen übertragen u u Streuung von zwei u−Quarks, die sich in zwei Protonen befinden, die man am LHC (CERN) kollidieren lässt. g u t u Die Maxwellgl. haben nicht nur die Relativitätstheorie, sondern auch die Quantentheorie unbeschadet überlebt. Sie bestimmen die Ausbreitungseigenschaften des elektromagn. Feldes (oder der Photonen) und spielen damit eine ähnliche Rolle wie die Schrödingergl. (Diracgl.), die die Ausbreitungseigenschaften der Elektronen festlegt. 3 Sowohl Elektronen als auch Photonen manifestieren sich manchmal als Wellen, manchmal als Teilchen. Die de Broglie-Beziehung λ= h p die einem Teilchen vom Impuls p eine Welle der Wellenlänge λ = h/p zuordnet, gilt sowohl für Photonen als auch für Elektronen. Ist die Wellenlänge kurz im Vergleich zu den charakteristischen Distanzen des Systems, dann verhalten sich die Wellen wie lokalisierte Teilchen. Wenn λ dagegen mit den charakteristischen Distanzen vergleichbar ist (oder grösser), dann spielt der Wellenaspekt eine wesentliche Rolle. In dieser Vorlesung diskutieren wir nur Erscheinungen, bei denen der Teilchenaspekt des elektromagn. Feldes keine wesentliche Rolle spielt: =⇒ klassische Elektrodynamik Wir gehen davon aus, dass Sie mit dem Inhalt der Vorlesung Physik II (ED-Teil) vertraut sind, und wählen daher ein deduktives Verfahren, das die Maxwellgl. zum Ausgangspunkt nimmt. Vektoranalysis wird ausgiebig benutzt werden. Deshalb Repetition im Kurs MMPIII, der parallel läuft. 1.1 Einheiten • Wir verwenden SI-Einheiten. Alle mechanischen und elektromagnetischen Grössen haben Einheiten, die sich mit den 4 Grundeinheiten m, kg, s, A ausdrücken lassen. 1kgm/s2 = 1N (Newton) 1Nm = 1J (Joule) 1J/s = 1W (Watt) Strom J, [J] = 1A (Ampère) 4 Ladung Q, [Q] = 1As = 1Cb (Coulomb) Spannung U, [U] = 1J/Cb = 1V (Volt) ~ ~ = 1N/Cb = 1V /m = 1kgm/As3 E−Feld, [E] ~ ~ = 1V s/m2 = 1T B−Feld, [B] (Tesla); 1T = 1kg/(As2) ~ • Für das B−Feld wird auch “Gauss” als Einheit gebraucht: . 1 Gauss = 10−4T • In SI-Einheiten enthalten die Gesetze der Elektrodynamik die Konstanten ǫ0 , µ0 : ~ ·E ~ = ∇ ρ ǫ0 ~˙ = µ0~ ~ ×B ~ − 1E ∇ c2 ~ ·B ~ = 0 ∇ ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 ∇ √ c ist formal gesehen eine Abkürzung für die Kombination 1/ µ0 ǫ0 ; physikalisch gesehen ist c die Ausbreitungsgeschw. von e.m. Wellen im Vakuum, also die Lichtgeschw.. ǫ0 , µ0 sind durch Konventionen festgelegt. Vs . µ0 = 4π · 10−7 Am Dann ǫ0 durch die Gl. ǫ0 µ0 = 1/c2 . . c = 299792458m/s Seit 1983 ist der Meter via Lichtgeschw. c definiert. −→ ǫ0 = 8.854... · 10−12 5 As . Vm Vs legt eigentlich fest, was unter einer • Die Konvention µ0 = 4π · 10−7 Am Stromstärke von 1A zu verstehen ist: nach dieser Konvention ziehen sich 2 dünne, parallele Drähte, durch die ein Strom von 1A fliesst, im Abstand von d = 1m mit einer Kraft von 2 · 10−7 N pro Meter Draht an: dF 1 J1 J2 N = µ0 = 2 · 10−7 dℓ 2π d m J1 (J1 = J2 = 1A) . J2 d dF~ dℓ • Ladung eines Protons, “Elementarladung e”: e = 1.6021892(46) · 10−19 Cb 1.2 Elektrische Ladung, Strom, Kontinuitätsgleichung Bisher wurden in der Natur nur Körper gefunden, deren elektrische Ladung ein ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung beträgt. Zudem wurden nur Prozesse beobachtet, in denen die Summe der elektrischen Ladungen erhalten bleibt: e− → νe + γ nie beobachtet! Man nimmt deshalb an, dass die elektrische Ladung exakt erhalten bleibt (Erhaltungssatz der elektrischen Ladung). Kontinuierliche Ladungsverteilung Ladung im Volumen d3 x: dQ = ρ(~x, t) · d3 x ρ(~x, t): Ladungsdichte [ρ] = Cb/m3 . 6 Zwei Beispiele: a) Ladungsverteilung des e− im Wasserstoff-Atom ρ(~x, t) = const e e−|~x|/a0 ; a0 : Bohrradius b) Ladungsverteilung im Festkörper: ρ Atomkerne x1 Elektronen Ladung im endlichen Volumen V : Q(V, t) = R V d3 x ρ(~x, t) ~ strömt: Ladung, die während der Zeit dt durch eine Fläche dS ~ dt dQ = ~(~x, t) · dS ~(~x, t): Stromdichte; [] = Cb . m2 s ~ dS ~j ~ ⊥ ~; ~ · dS ~= dQ = 0 für dS ~ cos θ |~| |dS| θ Beispiel: Schwarm geladener Teilchen mit Geschw. ~v: ~ = ρ~v 7 Strom durch endliches Flächenstück: ~j J= Z S ~ · ~(~x, t) dS S dQ = J dt Ladung, die während dt durch S strömt. Strom durch geschlossene Fläche J= I ∂V ∂V Rand von V ~ · ~ dS V Verwende Gauss: I ∂V −→ J = Ladungserhaltung: Z V ~ · ~ d3 x ∇ Q(t) = Z ~ · ~ = dS Z V ~ · ~ d3 x ∇ Strom durch Oberfläche ∂V von V d3 x ρ(~x, t) Ladung in V zur Zeit t . V Es gilt die folgende Gleichung: Abnahme der Ladung in V pro Sek. = Ladung, die pro Sek. durch Oberfl. abfliesst Z V Q̇ = −J Z 3 ~ · ~ d x ρ̇ = − d3 x ∇ V ~ · ~ = 0 . =⇒ ρ̇ + ∇ 8 (∀V ) ~ · ~ = 0 ρ̇ + ∇ Kontinuitätsgleichung=lokale Form der Ladungserhaltung ∂ρ(~x, t) ∂ρ(~x, t) = ρ̇ = ∂t ∂t ~x Wenn die Ladungsdichte ρ nicht konstant bleibt (ρ̇ 6= 0), dann muss ein Strom auftreten: Ladungen werden höchstens verschoben, sie gehen nie verloren. Flächenladung Oft treten an der Oberfläche grosser Körper geladene Schichten auf, deren Dicke nur einige Atomdurchmesser beträgt. Der Verlauf der Ladungsverteilung in dieser Schicht ist oft irrelevant - es zählt bloss die Gesamtladung, die sich im Flächenelement dS der Schicht befindet: dQ = ρ∗ dS Oberfächenschicht dS 1.3 ρ∗ (~x, t): Dichte der Flächenladung ([ρ∗ ] = Cb/m2 ). Elektrische und magnetische Felder Das Vorhandensein elektrischer und magnetischer Felder ist erkennbar an ihrer Wirkung auf geladene Probekörper. Für kleine Probekörper (Ausdehnung klein im Vergleich zu den Distanzen, über die sich die Felder wesentlich ändern), deren Ladung q so klein ist, dass die Rückwirkung auf die Ladungen und Ströme des Systems vernachlässigt werden kann, ist die Kraft proportional zu q: 9 n o ~ ~ ~ F = q E(~x, t) + ~v × B(~x, t) Kraft auf Punktladung q Bsp.: In der unteren Atmosphäre herrscht ein elektrisches Feld von der Grössenordnung 100 V /m (Himmel +, Erde -)*. Die Erde trägt eine Ladung von etwa −6 · 105 Cb; das elektrische Feld erzeugt einen Strom von insgesamt etwa 1500 A (über die ganze Erdoberfläche). ~ E Erdoberfläche *) Warum kann man dies feststellen, ohne gleich vom Schlag getroffen zu werden? ~ Warum bleibt dieses E−Feld trotz dem beschriebenen Stromfluss aufrechterhalten? Antworten: Siehe Feynman, Lectures on Physics, Band II, Kap. 9. Bsp.: Das magnetische Feld auf der Erdoberfläche ist von der Grössenordnung 5 · 10−5 T . ~ B N S 10 Bewegung einer Punktladung in vorg. elektromagnetischen Feld Bewegungsgesetz für punktförmige, langsame Ladung q: n o ¨ ˙ ~ ~ m~x = q E + ~x × B langsame punktf. Ladung Für rasch bewegte Ladung q bleibt die rechte Seite unverändert. p~˙ = F~res Relativitätstheorie : nicht: m~x¨ = F~res p~ = m~v γ =⇒ m n o d ˙ ~ + ~x˙ × B ~ γ ~x = q E dt ; γ= ~x˙ 2 1− 2 c !−1/2 Bewegungsgl. für punktf. Ladung Arbeitsleistung eines el.magn. Feldes an Ladungen Bewegt sich eine Punktladung im el.magn. Feld, dann leistet das Feld während der Zeit dt die Arbeit: d~x dAւ = F~ · d~x = F~ · dt = F~ · ~x˙ dt dt n o ~ + ~x˙ × B ~ · ~x˙ dt = q E ~ · ~x˙ dt = q E ~ · ~v dt = q E ~ ~ · ~x˙ = 0. Beachte, dass das B−Feld keine Arbeit leistet, weil (~x˙ × B) Kontinuierliche Ladungsverteilung: dq = ρ d3 x ~ ւ dA z}|{ ~ · ~v d x dt = ρ~v ·E ~ d3 x dt = ~ · E ~ d3 x dt = ρE 3 Energie, die während Zeit dt im Volumen d3 x vom Feld an die Materie abgegeben wird. 11 2 Die Maxwellgleichungen Die vier Maxwellgleichungen lauten: ~ ·E ~ = ρ/ǫ0 (1) ∇ ~˙ = µ0 ~ ~ ×B ~ − 12 E (2) ∇ c ~ ·B ~ =0 (3) ∇ ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 (4) ∇ Coulomb-Gauss Ampère-Maxwell es gibt keine magnetischen Ladungen Faraday Induktionsgesetz Darin kommen folgende Grössen vor: ~ = E(~ ~ x, t) E ~ = B(~ ~ x, t) B ρ = ρ(~x, t) ~ = ~(~x, t) 2.1 elektrisches Feld magnetisches Feld Ladungsdichte Stromdichte Struktur der Maxwellgleichungen • Falls ρ(~x, t) und ~(~x, t) vorgegeben ~ B. ~ −→ (1)-(4): Set von partiellen Differentialgleichungen (DGL) für E, Diese DGL sind: 1. Ordnung, linear, inhomogen. 1. Ordnung: nur erste Ableitungen treten auf, sowohl zeitlich als auch örtlich ~ B) ~ kommen nur linear vor, also keine linear: Die gesuchten Felder (E, 2 2 ~ ,B ~ −Terme, etc. E inhomogen: ρ und ~ sind die Inhomogenitäten Oft nennt man (3) und (4) die homogenen Maxwellgleichungen; (1) und (2) sind die sog. inhomogenen Maxwellgleichungen. 12 Bemerkung: Mit ρ und ~ in den obigen Maxwellgleichungen sind sämtliche Beiträge zur Ladungs- und Stromdichte gemeint. Falls man z.B. eine fixe Ladungsdichte ρ1 (~x) in die Umgebung eines Dielek~ trikums stellt, wird dieses vom E−Feld , das von ρ1 erzeugt wird, polarisiert. Es entsteht eine Polarisationsladungsdichte ρp (~x). Das ρ in den Maxwellgleichungen ist in diesem Fall ρ = ρ1 + ρp . In diesem Kapitel kümmern wir uns nicht darum, wie man das ρp berechnen kann, sondern: In diesem Kapitel: ~ x, t), B(~ ~ x, t). E(~ ρ(~x, t), ~(~x, t) seien fest vorgegeben. Gesucht: • Gibt es zu jedem (ρ(~x, t), ~(~x, t)) Lösungen zu (1)–(4)? ~ ·E ~ = ρ ; ∇ ǫ0 ~˙ = µ0~ ; ~ ×B ~ − 1E ∇ 2 c ∂ (1) : ∂t (1) (2) ~ · (2) : ∇ ~ ·E ~˙ = 1 ρ̇ ∇ ǫ0 ~ · (∇ ~ × B) ~ −1∇ ~ ·E ~˙ = µ0 ∇ ~ · ~ ∇ 2 {z } c | =0 =⇒ 1 ~ · ~ oder ρ̇ = −c2 µ0 ∇ ǫ0 ~ · ~ = 0 =⇒ ρ̇ + ∇ ~ · ~ = 0 ρ̇ + c2 µ0 ǫ0 ∇ | {z } Kontinuitätsgl. 1 =⇒ Es ist also notwendig, dass die Quellen ρ(~x, t), ~(~x, t) die Kontinuitätsgleichung erfüllen. In anderen Worten: Die Kontinuitätsgleichung ist eine sog. Integrabilitätsbedingung der Maxwellgleichungen. 13 Bedeutung der Kontinuitätsgleichung ~ = 0 über ein endliches Volumen Integriere die Kontinuitätsgleichung ρ̇+ ∇·~ V: d dt Z 3 V d x ρ̇ = − Z d3 x ρ = − | V {z } Z V I Gauss ~ · ~ === d x∇ − ∂V 3 I ∂V ~ · ~ dS ~ · ~ dS ∂V V Ladung in V Das Integral auf der rechten Seite ist nichts anderes als die Ladung die pro Zeit durch den Rand (∂V ) von V strömt. Betrachten den Fall, wo das Volumen gross wird: V → ∞, ~ und ρ seien 0 für |~x| → ∞. ~j, ρ 6= 0 ~j = ρ = 0 (ausserhalb) Dann gilt: d dt Z V d3 x ρ = 0 ←→ Gesamtladung erhalten Die Kontinuitätsgleichung ist also nichts anderes als die lokale Form der Ladungserhaltung. • Wir werden sehen: Falls die Kontinuitätsgleichung erfüllt ist, gibt es stets Lösungen zu den Maxwellgleichungen (1)–(4). • Frage: Ist die Lösung eindeutig bestimmt bei vorgegebenen Quellen ρ(~x, t) und ~(~x, t)? Antwort: Nein! Selbst bei ρ = ~ = 0 lassen die Maxwellgleichungen Lösun~ B ~ 6= 0 (Wellenlösungen!) gen zu mit E, 14 Aber es gilt: ~˙ = c2 ∇ ~ ×B ~ − 1 ~ (2) E ǫ0 ~˙ = −∇ ~ ×E ~ (4) B ~ x, t0 ), Falls also ~(~x, t) für t ≥ t0 bekannt ist und falls die Anfangswerte E(~ ~ x, t0 ) vorgegeben sind, dann sind E, ~ B ~ eindeutig festgelegt für t > t0 . B(~ ~ x, t0 ) und B(~ ~ x, t0 ) sind nicht beliebig vorgebbar. Beachte: Anfangswerte E(~ Sie müssen kompatibel sein mit den beiden übrigen Maxwellgleichungen ~ ·E ~ = 1ρ , (1) ∇ ǫ0 ~ ·B ~ =0 (3) ∇ ~ und B ~ zum Zeitpunkt (1) und (3) sind also Nebenbedingungen, denen E t = t0 genügen müssen. Die 6 Gleichungen (2) und (4) legen die zeitliche Entwicklung der 6 Grössen ~ B ~ zu diesen Anfangswerten eindeutig fest. Sie garantieren, dass die NeE, benbedingungen (1) und (3) für alle Zeiten gelten, falls sie zu t = t0 erfüllt waren. Verifikation: ~ · ~ = 1 ρ̇ ~ ·E ~˙ = − 1 ∇ (2) =⇒ ∇ ǫ0 ǫ0 ∂ ~ ~ 1 =⇒ ∇·E− ρ =0 ∂t ǫ0 ~ ·E ~ − 1 ρ zeitunabhängig ist. Falls also diese Gleichung Daraus folgt, dass ∇ ǫ0 für t = t0 erfüllt ist, ist sie für alle Zeiten erfüllt. Somit ist also Gl. (1) für alle Zeiten erfüllt. Analog zeigt man, dass (3) für alle Zeiten gilt, falls (3) für t = t0 erfüllt war (Übung). 15 2.2 Potentiale, Eichtransformationen Die homogenen Maxwellgleichungen ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 (4) ∇ ~ ·B ~ =0 (3) ∇ sind unabhängig von den Quellen ρ, ~ und lassen sich generell lösen. ~ ·B ~ = 0: Aus der Vektoranalysis wissen wir, dass ein Vektorpotential A(~ ~ x, t) so ∇ existiert, dass ~ x, t) = ∇ ~ × A(~ ~ x, t) B(~ Gleichung (4) lautet dann ~ ×E ~ +∇ ~ ×A ~˙ = 0 ∇ ~ × (E ~ + A) ~˙ = 0 ∇ ~ A ~˙ ist also rotationsfrei. Demzufolge existiert nach der Vektoranalysis Das Feld E+ ~ +A ~˙ = −∇ϕ, ~ d.h., ein skalares Potential ϕ(~x, t) mit E ~ = −A ~˙ − ∇ϕ ~ . E Allgemeine Lösung der homogenen Gleichungen ~ = −∇ϕ ~ −A ~˙ E ~ =∇ ~ ×A ~ , B ~ ϕ: A, beliebige Funktionen von ~x, t. ~ B ~ die Potentiale A, ~ ϕ eindeutig fest? Frage: Legen E, Antwort: Nein ~ und B−Feldern ~ Potentiale, die zu denselben E− führen, können als physikalisch ~ und B ~ sind die physikalischen äquivalent angesehen werden. In anderen Worten: E ~ ϕ. Objekte, nicht A, 16 ~ und (ϕ′ , A ~ ′ ) zu denselben E− ~ und Satz: Wenn die Potentialpaare (ϕ, A) ~ B−Feldern gehören, dann gibt es ein skalares Feld f (~x, t) so, dass ϕ′ = ϕ − f˙ ; Beweis: ~′ = A ~ + ∇f ~ . A . ~′ ~ ~1 = A A −A ; . ϕ1 = ϕ′ − ϕ Es gilt dann: ~ ~ ×A ~1 = ∇ ~ A ~′ ~ × A ∇ {z } − ∇ | {z } = 0 | × ~ B ˙ ~ 1 + ~A ∇ϕ 1= ~ B ˙ ~ +A ~˙ = 0 ~ + ~A ′ − ∇ϕ ∇ϕ {z } | {z } | ′ ~ −E ~ −E ~ 1 sind also Potentiale zu E ~ = 0, B ~ = 0: ϕ1 und A ˙ ~ 1 + ~A (b) ∇ϕ 1= 0 ~ ×A ~1 = 0 ; (a) ∇ ~ 1 geschrieben werden kann als Gradient eines Skalarfeldes h, Aus (a) folgt, dass A ~ 1 = ∇h. ~ Setze diese Darstellung in (b) ein: d.h., A g z }| { ~ ~ ~ (b) : 0 = ∇ϕ1 + ∇ḣ = ∇ (ϕ1 + ḣ) . =⇒ g = ϕ1 + ḣ unabh. vom Ort ~x Die Funktion g hängt also nur von der Zeit t ab. Z t . Def. f = h − g(t′) dt′ 0 ~ ~ =A ~1 = A ~′ − A ~ ∇f = ∇h f˙ = ḣ − g = ḣ − (ϕ1 + ḣ) = −ϕ1 = −(ϕ′ − ϕ) ~′ = A ~ + ∇f ~ =⇒ A ϕ′ = ϕ − f˙ ; 17 2 Die Transformation ϕ −→ ϕ′ = ϕ − f˙ ~ −→ A ~′ = A ~ + ∇f ~ A mit bel. Skalarfeld f = f (~x, t) heisst Eichtransformation. ~ B ~ invariant! Unter Eichtransformationen bleiben die physikalischen Felder E, Vom theoretischen Standpunkt ist dies ein wichtiges Charakteristikum der Elektrodynamik. Man sagt, die Elektrodynamik sei eine Eichtheorie. Auch die schwache Wechselwirkung und die starke Wechselwirkung sind sog. Eichtheorien. Durch geeignete Wahl von f (~x, t) kann man erreichen, dass ~ ·A ~=0 ∇ “Strahlungseichung” Mit dieser Bedingung wählt man aus der Klasse physikalisch äquivalenter Potentiale von “Hand” ein spezielles Element aus. Sprechweise: Man hat eine spezielle Eichung, die “Strahlungseichung” gewählt. Man kann die Eichung (d.h., die Funktion f (~x, t)) auch so wählen, dass ϕ = 0 ist oder so, dass A3 = 0 (axiale Eichung). Eine günstige Eichung im Zusammenhang mit der Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen ist die sog. Lorentzeichung: ~ ·A ~ + 1 ϕ̇ = 0 ∇ c2 “Lorentzeichung” Übung: Zeige, dass sich die Maxwellgleichungen in Lorentzeichung auf die Wel~ reduzieren: lengleichung für ϕ, A 2ϕ = wobei 1 ρ ; ǫ0 ~ = µ0 ~ 2A . 1 ∂2 2 = 2 2 − ∆; c ∂t 2: Wellenoperator oder d’Alembert-Op. ∆ ist der Laplace-Operator, also 18 ∆= ∂2 ∂2 ∂2 + + ∂x21 ∂x22 ∂x23 2.3 Maxwellgleichungen in Integralform Wir leiten im folgenden die Integralform der Maxwellgleichung her. • Gl. (4) ~ ×E ~ = −B ~˙ (4) ∇ Faraday, Induktionsgesetz Oberfläche S nehmen, mit Rand C(= ∂S). S C Beide Seiten von (4) über S integrieren: Z Z ~˙ · dS ~ ~ ~ ~ (∇ × E) · dS = − B S S ↓ Stokes I Z d ~ ~ ~ · dS ~ E · dℓ = − B dt S C | {z } Φ(S,t) Φ(S, t) heisst magnetischer Feldfluss durch die Fläche S (Anschaulich: Anzahl magnetische Feldlinien durch S). I • Gl. (2) ~ · d~ℓ = − d E dt ∂S Z S ~ · dS ~ B ~˙ + µ0 ~ ~ ×B ~ = 1E (2) ∇ c2 Gleiches Vorgehen wie bei (4): I Z ~ · d~ℓ = µ0 dS ~ ~ + ǫ0 E ~˙ B ∂S 19 |S {z I(S,t) } I(S, t) ist der “Gesamtstrom” durch S und bedeutet anschaulich die “Zahl der Stromlinien durch S”. Beachte, dass im Integranden von I(S, t) nur ein ~ Anteil von der Stromdichte der Ladungsträger herrührt. Falls das E−Feld ˙~ zeitlich veränderlich ist, kommt der Term (ǫ0 E) hinzu; dieser Zusatzterm ist die sog. Maxwellsche Verschiebungsstromdichte. I • Gl. (1) ∂S ~ · d~ℓ = µ0 B Z S ˙ ~ ~ dS ~ + ǫ0 E ~ ·E ~ = ρ (1) ∇ ǫ0 Beliebiges Volumen V nehmen; beide Seiten über V integrieren: Z Z 1 3 ~ ~ = d3 x ρ d x∇ · E ǫ 0 V V I ↓ Gauss ~ ·E ~ = dS ∂V 1 ǫ0 Z d3 x ρ | V {z } Q(V,t) Q(V, t) ist die im Volumen V enthaltene Gesamtladung. Die elektrischen Feldlinien sind nicht geschlossen. Positive el. Ladungen sind Quellen, negative el. Ladungen sind Senken des el. Feldes. I ∂V • Gl. (3) ~ ·E ~ = Q(V, t) dS ǫ0 ~ ·B ~ =0 (3) ∇ Vorgehen wie bei (1). Man erhält also I ∂V ~ ·B ~ =0 dS Magnetische Feldlinien sind geschlossen ←→ keine magnetischen Ladungen. 20 Solches Feldlinienbild unmöglich ~ für B−Felder. Zusammengefasst: (1) (2) (3) (4) Differentiell ~ ·E ~ = ρ/ǫ0 ∇ H ~˙ = µ0 ~ ~ ×B ~ − 12 E ∇ c ~ ·B ~ =0 ∇ ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 ∇ Integralform R 3 ~ ·E ~ = 1 d xρ dS ǫ0 Vn ∂V o R ~ℓ · B ~ = µ0 ~ · ~ + ǫ0 E ~˙ d d S ∂S S H ~ ·B ~ =0 dS ∂V R H ~ ·B ~ ~ =−d dS d~ℓ · E H ∂S dt S Übung: Bestimme aus der Integralform von (1) das von einer geladenen Metallkugel erzeugte elektrische Feld. Übung: Bestimme aus der Integralform von (2) das von einem unendlichen langen, geraden Draht, der unter Gleichstrom steht, erzeugte Magnetfeld. 21 3 Energie des elektromagnetischen Feldes Kraft, die das elektromagnetische Feld zum Zeitpunkt t auf Punktladung q ausübt, die sich zu diesem Zeitpunkt bei ~x befinde: n o ~ ~ ~ F = q E(~x, t) + ~v × B(~x, t) Arbeit, welche das e.m. Feld an dieser Punktladung während der Zeit dt verrichtet [die Wegänderung während dt heisse d~x]: d~x dt = F~ · ~x˙ dt = F~ · ~v dt dAւ = F~ · d~x = F~ · dt n o ւ ~ ~ ~ · ~v dt dA = q E(~x, t) + ~v × B(~x, t) · ~v dt = q E ~ · ~v ≡ 0 keine Arbeit. Das Magnetfeld leistet wegen (~v × B) Falls kontinuierliche Ladungsverteilung dq = d3 x ρ ; ρ: Ladungsdichte, ρ = ρ(~x, t) ~ d3 x dt ; dAւ = ρ~v ·E |{z} ~: Stromdichte; [~] = Cb m m3 s = Cb m2 s ~ ~ d3 x dt = ℓ d3 x dt dAւ = ~ · E ~ ℓ = ~ · E Leistungsdichte Wir versuchen, die Leistungsdichte ℓ mit den Feldgrössen auszudrücken. ~˙ = µ0 ~ ~ ×B ~ − 1E Maxwellgl. (2): ∇ 2 c 1 ~ ~˙ · E ~ ~ − 1E =⇒ ℓ = ∇×B 2 µ0 c 1 1 ~˙ ~ ~ ~ ~ ℓ= (∇ × B) · E − 2 E · E µ0 c 22 1 1 ˙ ~ × B) ~ ·E ~− E ~ ·E ~ (∇ ℓ= µ0 c2 Nach Vektoranalysis gilt: ~ · (E ~ × B) ~ =B ~ · (∇ ~ × E) ~ −E ~ · (∇ ~ × B) ~ ∇ | {z } (allg.) ~˙ (4):→−B also ~ · (∇ ~ × B) ~ = −B ~ ·B ~˙ − ∇ ~ · (E ~ × B) ~ E 1 1 ~˙ ~ ˙ ~ ~ ~ ~ ~ =⇒ ℓ = −B · B − ∇ · (E × B) − 2 E · E µ0 c ; (c2 µ0 ǫ0 = 1) ~ · (E ~ × B) ~ ~˙ · B ~− 1∇ ~˙ · E ~− 1B ℓ = −ǫ0 E µ0 µ0 Wir haben also die Leistungsdichte ℓ mit Feldgrössen ausgedrückt und das Resultat in eine Form geschrieben, die sich gut interpretieren lässt, wie wir im folgenden sehen werden. Wir betrachten jetzt die Terme auf der rechten Seite einzeln: • die beiden ersten Terme: Zeitableitung von w: 1 ~2 . ǫ0 ~ 2 + B w= E 2 2µ0 ǫ0 ~ ~˙ 1 ˙ ~ ~ ẇ = 2 E · E + 2B ·B 2 2µ0 ~ • 3. Term ist die Divergenz des Vektors S: ~ ×B ~ ~= 1 E S µ0 ~ heisst Poyntingvektor S ; Die Leistungsdichte ℓ kann demzufolge geschrieben werden als ~ ·S ~ ℓ = −ẇ − ∇ ~ angefangen haben, Wenn wir beachten, dass wir mit dem Audruck ℓ = ~ · E können wir die folgende Gleichung hinschreiben: ~ ·S ~ + ~ · E ~ =0 ẇ + ∇ 23 Satz von Poynting ~ müssen wir immer noch ein bisschen arbeiten: Für die Interpretation von w und S (a) Betrachte zuerst e.m. Felder im Vakuum, d.h. ~ = 0: ~ ·S ~=0 ẇ + ∇ Diese Gleichung ist von derselben Form wie die Kontinuitätsgleichung ~ · ~ = 0 ρ̇ + ∇ (Ladungserhaltung, lokal) ~ und B ~ (für festes t) nur im Inneren eines (grossen) Gebietes G von Null Seien E ~ verschieden (somit auch w und S) G ~ 6= 0 E ~ 6= 0 B ~ =B ~ =0 E Definiere die Grösse W (t) gemäss . W (t) = Z d3 x w(~x, t) R3 Betrachte die zeitliche Ableitung von W (t): Z Z d 3 ~ ·S ~ Ẇ (t) = W (t) = d x ẇ = − d3 x ∇ dt 3 3 R R Z I Gauss ~ ·S ~ === ~ ·S ~=0 = − d3 x ∇ − dS G ∂G ~ ist das Oberflächenelement und S ~ ist der Poyntingvektor.) (Notation ist blöd: dS Wir haben gezeigt, das Ẇ (t) = 0, also ist W zeitunabhängig. 24 (b) Betrachte jetzt den Fall, wo Ströme vorhanden sind: ~ 6= 0 Z ~ −→ Ẇ (t) = − d3 x ~ · E R3 Rechte Seite: bis auf das Vorzeichen die Energie, welche das e.m. Feld pro Sekunde im ganzen Raum an die Ladungen überträgt. Somit hat W eine naheliegende Interpretation: W : Energie des e.m. Feldes W (t) = Z d3 x w(~x, t) R3 w(~x, t) ist demzufolge die Energiedichte des e.m. Feldes. Die Gleichung Ẇ (t) = − Z R3 ~ d3 x ~ · E ist dann einfach ein Energieerhaltungssatz. ~ Betrachte dazu wieder den Fall Was ist die Bedeutung des Poyntingvektors S? ~ = 0. Es gilt dann also ~ ·S ~=0 ẇ + ∇ ~ Betrachte endliches Volumen V : Feldenergie, die in diesem Volumen steckt (E, ~ hier 6= 0, auch ausserhalb von V ): B Z W (V, t) = d3 x w(~x, t) V ist nicht erhalten, selbst wenn keine Ströme vorhanden sind: Z Z I d 3 3 ~ ~=− ~ ·S ~ W (V, t) = d x ẇ(~x, t) = − d x∇ · S dS dt V V ∂V {z } | 6=0 H ∂V ~ ·S ~ dS ist die Feldenergie, die pro Sekunde durch die Oberfläche ∂V strömt. ~ bestimmt den Energiestrom: Der Poyntingvektor S 25 ~ · dS ~ dt dW = S w= [w] = ~ strömt Feldenergie, die während dt durch dS ǫ0 ~ 2 1 ~2 E + B 2 2µ0 : Energiedichte des e.m. Feldes ~ ×B ~ ~= 1 E S µ0 : Poyntingvektor J m3 ; ~ = [S] Watt m2 Beachte: ~ = 0. ~ = 0 und B • w > 0, falls nicht gerade E ~ steht senkrecht zu E ~ und zu B. ~ • S ~ nur dann von Null verschieden, wenn E ~ = ~ = ~ • Energiestrom S 6 0, B 6 0 und E ~ nicht parallel zu B. ~ E ~ S ~ B 26 4 Elektrostatik Wie im Rest des Skriptes nehmen wir an, dass die Ladungsverteilung ρ und die ~ B ~ Stromverteilung ~ bekannt seien. Die Maxwellgleichungen legen die Felder E, ~ in , B ~ in ), die von der fest – bis auf eine beliebige Überlagerung ebener Wellen (E ~ in = B ~ in = 0. Die Materie keine Kenntnis nimmt und die wir daher weglassen, E ~ in , B ~ in werden wir im Kapitel 6 Lösung der Maxwellgleichungen im Vakuum E im Detail diskutieren. In diesem Abschnitt untersuchen wir das elektrische Feld, das von einer statischen Ladungsverteilung erzeugt wird. Wir nehmen zudem an, dass keine Ströme fliessen, ~ = 0. Bem.: Aus ~ = 0 folgt übrigens, dass sich die Ladungsdichte zeitlich nicht ändern kann, denn ~ · ~ = 0 −→ ρ̇ = 0 =⇒ ρ zeitlich konstant ρ̇ + ∇ 4.1 ~ E−Feld einer statischen Ladungsdichte Betrachten wir die Maxwellgleichungen im statischen Limes: Felder und Quellen ~˙ = 0, B ~˙ = 0, ρ̇ = 0 und ~˙ = 0. sind unabhängig von der Zeit, d.h, E Maxwellgleichungen allgemein: ~ ·E ~ = ρ ∇ ǫ0 ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 ∇ Maxwellgleichungen statisch: ~ ·E ~ = ρ ∇ ǫ0 ~ ×E ~ =0 ∇ ~ ·B ~ =0 ∇ ~ ·B ~ =0 ∇ ~˙ = µ0 ~ ~ ×B ~ − 1E ∇ c2 ~ ×B ~ = µ0 ~ ∇ ~ und B−Feld ~ Man sieht, dass im statischen Limes die Gleichungen für das E− entkoppeln: 27 ~ ·E ~ = ρ ∇ ǫ0 Elektrostatik ~ ×E ~ =0 ∇ ~ ·B ~ =0 ∇ Magnetostatik ~ ×B ~ = µ0 ~ ∇ Wir betrachen im folgenden die Elektrostatik: Aus der zweiten Gleichung der Elektrostatik folgt (unter Verwendung der allgemeinen Sätze der Vektoranalysis), dass ~ = −∇ϕ ~ . E ~ Wenn wir diese Darstellung für das E−Feld in die erste Gleichung einsetzen, erhalten wir ρ ~ ∇ϕ) ~ ∇(− = ǫ0 ∆ϕ = − ǫρ0 (4.1) Wir wissen, dass diese Poissongleichung genau eine Lösung hat, die im Unendlichen abfällt, nämlich Z 1 ρ(~y ) ϕ(~x) = d3 y . 4π ǫ0 |~x − ~y | ~ x): Daraus erhalten wir durch Gradientbildung E(~ Z (~x − ~y ) 1 ~ ~ d3 y ρ(~y ) E(~x) = −∇ϕ(~x) = 4π ǫ0 |~x − ~y |3 4.1.1 Alternative Herleitung Betrachten wir eine punktförmige Ladung Q1 , die im Ursprung des Koordinatensystems sitzt. In diesem Fall kann die Lösung der Gleichung der Elektrostatik durch Anwendung des Gauss’schen Satzes hergeleitet werden: Z Z Z 3 ~ ~ ~ · E(~ ~ x) . Q1 = d xρ(~x) = ǫ0 ∇ · E(~x) = ǫ0 dS V V ∂V 28 Man ist natürlich frei, das Volumen V und die entsprechende Oberfläche ∂V beliebig zu wählen. Um die Kugelsymmetrie des Problems auszunutzen, nehmen wir für V eine Kugel mit Radius r: Das elektrische Feld wird überall auf der Kugeloberfläche den gleichen Betrag haben und radial ausgerichtet sein: Z ~ · E(~ ~ x) = 4πr 2 |E(~ ~ r )| . dS ∂V Somit erhalten wir die gewünschte Lösung: ~ x) = E(~ Q1 r̂ . 4πǫ0 r 2 (4.2) Wenn wir jetzt mehrere Punktladungen Q1 , . . . , Qn betrachten, die auf den Punkten ~x1 , . . . , ~xn sitzen können wir das davon erzeugte elektrische Feld durch die Linearität der Maxwellgleichungen erhalten: ~ x) = E(~ n Qi 1 X (~x − ~xi ) . 4πǫ0 i=1 |~x − ~xi |3 (4.3) Der letzte Schritt um die allgemeine Lösung der Elektrostatik zu erhalten besteht darin, die diskrete Ladungsverteilung in eine kontinuierliche umzuwandeln. Das bedeutet: Z X → , ~xi → ~y , Qi → ρ(~y )d3 y und führt wieder zu ~ x) = E(~ 4.1.2 1 4π ǫ0 Z d3 y (~x − ~y ) ρ(~y ) . |~x − ~y |3 Bedeutung von ϕ(~x) in der Elektrostatik ~ In der Statik ist das E−Feld ein Gradientenfeld: ~ x) = −∇ϕ(~ ~ x) . E(~ Für Gradientenfelder ist die Arbeit, die man während des Transports einer Punktladung q gegen das Kraftfeld leisten muss, gegeben durch 29 A1→2 = − = q Z Z 2 1 1 2 d~x · F~ = −q Z 2 1 ~ d~x · E ~ d~x · ∇ϕ = q {ϕ(~x2 ) − ϕ(~x1 )} Das Resultat ist unabhängig vom Pfad, der zwischen 1 und 2 eingeschlagen wird. Man nennt die Arbeit, die man gegen das Feld pro Coulomb leisten muss, die Spannung (U) zwischen den beiden Endpunkten des Weges U = ϕ(~x2 ) − ϕ(~x1 ) . Das Potential ϕ(~x) misst die Spannung zwischen dem Punkt ~x und einem Punkt mit ϕ = 0 (z.B. |~x| → ∞). Bem.: Wir werden im folgenden immer mit demjenigen Potential arbeiten, das im Unendlichen abfällt, d.h., ϕ(~x) = 0 (|~x| → ∞). ~ Die potentielle Energie einer Punktladung im statischen E−Feld (Arbeit, die man gegen das Feld leisten muss, um das Teilchen aus dem Unendlichen an die Stelle ~x zu transportieren) beträgt V (~x) = q ϕ(~x) . Übung: Zeige, dass Punktladungen, die sich nach dem Gesetz ~ p~ = m~x˙ γ ; γ = q 1 p~˙ = q E ~ x˙ 2 1 − c2 ~ x) bewegen, den Energiesatz im statischen Feld E(~ m c2 γ + q ϕ(~x) = konst. erfüllen. Speziell gilt für langsame Teilchen (|~x˙ | ≪ c) m ˙2 ~x + q ϕ(~x) = konst. 2 30 4.2 ~ Energie des statischen E−Feldes Die im statischen elektrischen Feld gespeicherte Energie Z Z ǫ0 ǫ0 3 ~2 ~ ·E ~ W = d xE = d3 x E 2 2 Z Z ǫ0 ǫ0 3 ~ ~ d x E · (−∇ϕ) = − d3 x = 2 2 beträgt ~ · ∇ϕ ~ E | {z } ~ ~ ~ E ~ ∇·(ϕ E)−ϕ ∇· ǫ0 2 W = Z n o ~ · (ϕ E) ~ +ϕ∇ ~ ·E ~ d3 x −∇ Das Integral über den ersten Term kann via Satz von Gauss in ein Oberfächenintegral im Unendlichen übergeführt werden und liefert keinen Beitrag (ϕ ∼ 1/r, ~ ∼ 1/r 2 , Oberfläche ∼ r 2 ). Somit gilt E Z Z ǫ0 1 3 ~ ~ d x ϕ (∇ · E) = d3 x ϕ(~x) ρ(~x) W = | {z } 2 2 ρ/ǫ0 1 4π ǫ0 ϕ(~x) = Z 1 W = 8π ǫ0 d3 y Z ρ(~y ) |~x − ~y | d3 x d3 y einsetzen ρ(~x) ρ(~y ) |~x − ~y | (4.4) Wenn die Ladungsverteilung ρ(~x) aus zwei Teilen besteht ρ(~x) = ρ1 (~x) + ρ2 (~x) kann man die Feldenergie in drei Teile zerlegen: Z [ρ1 (~x) + ρ2 (~x)] [ρ1 (~y ) + ρ2 (~y )] 1 d3 x d3 y W = 8π ǫ0 |~x − ~y | Z Z x) ρ1 (~y ) ρ2 (~x) ρ2 (~y ) 1 1 3 3 ρ1 (~ d xd y d3 x d3 y + + W = 8π ǫ0 |~x − ~y | 8π ǫ0 |~x − ~y | | {z } | {z } W1 2 8π ǫ | 0 Z d3 x d3 y {z W12 W2 ρ1 (~x) ρ2 (~y ) |~x − ~y | } 31 W = W1 + W2 + W12 . W1 ist die Energie des elektrischen Feldes, das durch ρ1 allein erzeugt wird (“Selbstenergie” dieses Teilsystems). W12 hängt sowohl von ρ1 als auch von ρ2 ab: Z ρ1 (~x) ρ2 (~y ) 1 d3 x d3 y Wechselwirkungsenergie (4.5) W12 = 4π ǫ0 |~x − ~y | Falls der Abstand der beiden Teile gross ist gegenüber ihrer Ausdehnung, dann kann der Faktor |~x − ~y |−1 vor das Integal gezogen werden: Z 1 1 Q1 Q2 1 W12 = d3 x d3 y ρ1 (~x) ρ2 (~y ) = 4π ǫ0 |~x − ~y | 4π ǫ0 |~x − ~y | {zZ } Z| d3 x ρ1 (~x) d3 y ρ2 (~y ) {z }| {z } | Q1 W12 1 Q1 Q2 (4.6) = 4π ǫ0 |~x − ~y | Q2 Wechselwirkungsenergie zweier (nahezu) punktförmiger Ladungen (eine bei ~x, die andere bei ~y ) Betrachte die folgende Situation: Beide Teile seien weit voneinander entfernt Dann ist W12 vernachlässigbar klein. Die von den zwei Quellen erzeugte Feldenergie ist dann die Summe der Selbstenergien der beiden Teile. Bringt man nun die Ladungen (bei festgehaltener Form der Ladungsverteilungen ρ1 , ρ2 ) einander näher, dann wächst die Feldenergie, falls Q1 und Q2 gleiches Vorzeichen haben. ~1 + Offenbar ist W12 die Arbeit, die zum Aufbau der zusätzlichen Feldenergie [(E ~ 2 )2 6= E ~2 + E ~ 2 ] geleistet werden muss. E 1 2 Diese Arbeit stimmt mit der potentiellen Energie des einen Teilchens im elektrischen Feld des anderen überein: 32 V = Q1 ϕ2 (~x) = Q1 1 Q1 Q2 Q2 = 4π ǫ0 |~x − ~y | 4π ǫ0 |~x − ~y | ⇒ Die beim Transport eines der Teilchen geleistete mechanische Arbeit wird vollständig in Feldenergie umgesetzt; die potentielle Energie ist also im elektrischen Feld gespeichert. 4.3 Multipolentwicklung ~ Wie wir am Schluss von Kapitel 7 im Detail diskutieren werden, fällt das E−Feld einer statischen Ladungsverteilung in grossem Abstand von den Ladungsträgern wie 1/r 2 ab (r = |~x|; ~xˆ = ~x/r). Z Q ~xˆ 3 + O(1/r ) ; Q = d3 x ρ(~x) . 4π ǫ0 r 2 Im folgenden leiten wir eine systematische Entwicklung des Feldes nach Potenzen von 1/r her, die neben dem führenden Beitrag ∼ Q/r 2 auch die Glieder ∼ 1/r 3 , 1/r 4 , .... liefert. Diese Entwicklung heisst Multipolentwicklung. ~ x) = E(~ ~ x) selbst zu untersuchen, sondern das Es ist etwas einfacher, nicht das Feld E(~ zugehörige Potential ϕ(~x) (nur eine Grösse statt drei): Z ρ(~y ) 1 d3 y (4.7) ϕ(~x) = 4π ǫ0 |~x − ~y | Voraussetzung: Die Verteilung ρ(~y ) sei auf das Gebiet |~y | < d beschränkt (d : “Radius” der Quelle). Das Potential ϕ(~x) interessiert uns nur weit weg von der Ladungsverteilung, d.h. |~x| ≫ d. 33 Wir entwickeln den Abstand |~x − ~y | in Gl. (4.7) für |~x| ≫ d. 34 Vereinfachung der Notation: ~x ~xˆ = |~x| ~y ~yˆ = |~y | q p |~x − ~y | = ~x2 − 2~x · ~y + ~y 2 = r 2 − 2r|~y| ~xˆ · ~yˆ + |~y |2 1/2 |~y | ˆ ˆ |~y|2 (4.8) ~x · ~y + 2 |~x − ~y | = r 1 − 2 |{z} r r |{z} =z . . r = |~x| ; ; =t Der Faktor |~x − ~y |−1 in Gl. (4.7) ist daher von der Form −1/2 1 1 1 − 2 t z + t2 = |~x − ~y | r ; z = ~xˆ · ~yˆ ; t= |~y| . r Für grosse Werte von r wird t klein; wir benötigen also die Entwicklung von (1 − 2 t z + t2 )−1/2 nach Potenzen von t. Die Reihenentwicklung hat die Form 1 − 2 t z + t2 −1/2 = ∞ X Pℓ (z) tℓ . (4.9) ℓ=0 Dies ist eine Potenzreihe in t; die Koeffizienten Pℓ hängen von der Variablen z ab. Explizit lauten die paar ersten Koeffizienten P0 (z) = 1 ; P1 (z) = z ; P2 (z) = 1 (3z 2 − 1) , .... 2 Allgemein sind die Koeffizienten Pℓ Polynome in der Variablen z vom Grad ℓ; sie heissen Legendrepolynome. 35 Die Reihe (4.9) entspricht der gesuchten Taylorentwicklung von |~x − ~y |−1 nach Potenzen von ~y . Die ersten drei Terme lauten (t = |~yr | ; z = ~xˆ · ~yˆ): −1/2 1 1 1 − 2 t z + t2 = |~x − ~y | r 1 P0 (z) t0 + P1 (z) t1 + P2 (z) t2 + O(t3 ) = r |~y |2 1 |~y | 1 ˆ ˆ 2 3 ˆ ˆ = 1 + (~x · ~y ) 3(~x · ~y ) − 1 + + O(~y ) r r 2 r2 1 1 (~xˆ · ~y ) 1 = + + 3 [3(~xˆ · ~y )2 − ~y 2 ] + O(~y 3) 2 |~x − ~y | r r 2r Mit der vollständigen Reihenentwicklung (4.9) erhalten wir die folgende Darstellung für das Potential Z ρ(~y ) 1 d3 y ϕ(~x) = 4π ǫ0 |~x − ~y | ℓ ∞ Z X 1 |~y | 3 ϕ(~x) = d y ρ(~y ) Pℓ (~xˆ · ~yˆ) 4π ǫ0 r ℓ=0 r ∞ Q0 Q1 Q2 1 1 X Qℓ (~xˆ) = + 2 + 3 + .... ϕ(~x) = 4π ǫ0 ℓ=0 r ℓ+1 4π ǫ0 r r r Z Qℓ (~xˆ) = d3 y ρ(~y ) |~y|ℓ Pℓ (~xˆ · ~yˆ) (4.10) Wir betrachten die ersten paar Terme dieser Entwicklung im Detail: • Mit P0 (z) = 1 wird R Q0 = d3 y ρ(~y ) : • Mit P1 (z) = z wird Q1 (~xˆ) = Gesamtladung der Quelle Q0 unabhängig von der Richtung von ~x Z ˆ · ~yˆ = ~xˆ · d y ρ(~y ) |~y | ~x 3 36 Z d3 y ρ(~y ) ~y | {z } .p =~ Der Wert des Koeffizienten Q1 (~xˆ) wird durch das Integral Z p~ = d3 y ρ(~y ) ~y Dipolmoment der Ladungsverteilung (4.11) bestimmt. Q1 (~xˆ) = ~xˆ · ~p (4.12) • Der nächste Term enthält P2 (z) = 12 (3z 2 − 1) und führt auf Z 1 ˆ Q2 (~x) = d3 y ρ(~y ) |~y|2 [3 (~xˆ · ~yˆ)2 − 1] 2 Z 1 [3 (~xˆ · ~y )2 − ~y 2] Q2 (~xˆ) = d3 y ρ(~y ) {z } 2 P| i,k {3x̂i x̂k yi yk −δik yi yk } Z 1 3 X yi yk (x̂i x̂k − δik ) 2 i,k 3 Z 1 3 X ˆ (x̂i x̂k − δik ) d3 y ρ(~y ) yi yk Q2 (~x) = 2 i,k 3 {z } | Q2 (~xˆ) = d3 y ρ(~y ) qik P Q2 (x̂) = 23 i,k x̂i x̂k − 31 δik qik (4.13) Z qik = d3 y ρ(~y ) yi yk Quadrupolmoment der Ladungsverteilung (4.14) Zusammengefasst: 1 ϕ(~x) = 4π ǫ0 Z d3 y ρ(~y ) |~x − ~y | Ausserhalb der Quelle kann das Potential als Überlagerung einer unendlichen Reihe von Multipolbeiträgen dargestellt werden: 37 ∞ 1 X Qℓ (x̂) 1 Q1 Q2 Q0 ϕ(~x) = = + 2 + 3 +.... ℓ+1 4π ǫ0 r 4π ǫ0 r r r ℓ=0 |{z} |{z} |{z} (a): Monopolbeitrag ; (a) (b): Dipolbeitrag (b) (c) ; (4.15) (c): Quadrupolbeitrag Qℓ : hängen i.a. von der Richtung ~xˆ von ~x ab, aber nicht von |~x| = r. Das Abfallverhalten in 1/r ist also sehr explizit dargestellt in (4.15). Q0 = Z Q1 = ~xˆ 3 d y ρ(~y ) ; Z d3 y ~y ρ(~y ) {z } | p ~ Z 1 3 X Q2 = x̂i x̂k − δik d3 y yi yk ρ(~y ) 2 i,k 3 {z } | qik ~p : qik : Dipolmoment der Ladungsverteilung; Quadrupolmoment der Ladungsverteilung Bis jetzt haben wir nicht unterschieden, ob die Gesamtladung Q, die zur Ladungsdichte ρ gehört, verschwindet oder nicht. Ab jetzt werden wir dies tun. 4.3.1 Multipolentwicklung von ϕ(~x), wenn Q 6= 0 Q0 = Q = Z d3 y ρ(~y ) 6= 0 . Für geladene Objekte dominiert für r → ∞ der “Monopolterm”, dessen Stärke durch die Gesamtladung der Quelle bestimmt ist. Der Dipolterm verschwindet um eine Potenz von r rascher, der Quadrupolterm um zwei Potenzen, etc.. Beachte: Für geladene Teilchen ist das Dipolmoment Z p~ = d3 y ρ(~y ) ~y 38 physikalisch bedeutungslos, weil der Wert von p~ von der Wahl des Koordinatenursprungs abhängt. Man kann das Bezugssystem stets so wählen, dass p~ verschwindet: es genügt, den Ursprung in den durch Z 1 ~ = d3 y ρ(~y ) ~y X Q definierten Ladungsschwerpunkt zu legen. Dagegen kommt dem (auf den Ladungsschwerpunkt bezogenen) Quadrupolmoment geladener Teilchen physikalische Bedeutung zu. Übung: Zeige, dass der Quadrupoltensor einer kugelsymmetrischen Ladungsverteilung proportional zur Einsmatrix ist: qik = 0 für i 6= k und q11 = q22 = q33 . Die Spur der Matrix qik Sp(q) = X qii = i Z d3 y ~y 2 ρ(~y ) bestimmt den sog. mittleren quadratischen Ladungsradius Z 1 2 d3 y ~y 2 ρ(~y ) hr iρ = Q p hr 2iρ ist ein Mass für die Ausdehnung der Quelle. (4.16) ′ Beachte: qik kann zerlegt werden in einen spurlosen Anteil qik und einen Anteil, der proportional ist zur Einsmatrix 1 1 qik = qik − Sp(q) δik + Sp(q) δik 3 {z | } 3 ′ qik 39 Der Koeffizient Q2 in der Multipolentwicklung ist dann 1 3 X x̂i x̂k − δik qik Q2 = 2 i,k 3 1 3 X 1 ′ x̂i x̂k − δik Q2 = qik + Sp(q) δik 2 i,k 3 3 1 1 3 X 3 X 1 ′ x̂i x̂k − δik qik + x̂i x̂k − δik Q2 = Sp(q) δik 2 i,k 3 2 i,k 3 3 {z } | =0 Q2 = 3 2 X i,k x̂i x̂k − 1 δik 3 ′ qik = 31 X 3 X ′ ′ (x̂i x̂k ) qik − δik qik 2 i,k 2 3 i,k | {z } Sp(q ′ )=0 Q2 = 3 2 P i,k ′ x̂i x̂k qik ′ qik : spurloser Anteil des Quadrupoltensors (4.17) Natürlich ist folgende Formel nach wie vor korrekt: P Q2 = 32 i,k x̂i x̂k − 31 δik qik qik : voller Quadrupoltensor 4.3.2 Multipolentwicklung von ϕ(~x), wenn Q = 0 Q0 = Q = Z d3 y ρ(~y ) = 0 (ρ(~y ) 6= 0 i.a.) . Für ungeladene Objekte dominiert für r → ∞ der Dipolterm. ϕ(~x) = 1 1 Q1 (~xˆ) + O(1/r 3) 4π ǫ0 r 2 ϕ(~x) = 1 ~xˆ · ~p 1 ~x · ~p 3 + O(1/r ) = + O(1/r 3) 4π ǫ0 r 2 4π ǫ0 r 3 p~ = Z d3 y ~y ρ(~y ) (4.18) Dipolmoment Übung: Zeige, dass das Dipolmoment p~ eines ungeladenen Teilchens unabhängig ist von der Wahl des Koordinatenursprungs. ~ Das zu (4.18) gehörende E−Feld lautet ~ x) = −∇ ~ ϕ(~x) = E(~ o 1 1 n ˆ ˆ 3 ~ x ( ~ x · p ~ ) − p ~ + O(1/r 4) 4π ǫ0 r 3 40 (4.19) Auf der Dipolachse (~xˆ k ~p) zeigt das Feld in Richtung von p~ ~ = E 1 ~p + O(1/r 4) 3 2π ǫ0 r In der Äquatorebene (~xˆ ⊥ ~p) ist das Feld zu ~p entgegengesetzt gerichtet und ist bei gleichem Abstand nur halb so gross wie auf der Achse ~ = − 1 p~ + O(1/r 4) E 4π ǫ0 r 3 Bsp.: Quelle bestehend aus zwei entgengengesetzt gleichen Punktladungen q (resp. −q). q sitze bei ~y1 , −q bei ~y2 . Die Ladungsdichte ist demzufolge ρ(~y ) = q δ(~y − ~y1 ) − q δ(~y − ~y2 ) . Was ist das Dipolmoment ~p in diesem Fall? Z Z Z 3 3 ~p = d y ~y ρ(~y ) = d y ~y q δ(~y − ~y1 ) − d3 y ~y q δ(~y − ~y2 ) ~p = ~y1 q − ~y2 q = q d~ . ~p = q d~ Bem.: Nach der Quantenmechanik ist der Erwartungswert der Ladungsverteilung für stationäre Zustände isolierter, ruhender Atome oder Moleküle symmetrisch bezüglich Raumspiegelungen ρ(~x) = ρ(−~x) (Spiegelung am Schwerpunkt des Teilchens). Daher haben einzelne Atome oder Moleküle kein elektrisches Dipolmoment. [Ein Dipolmoment kann nur dann auftreten, wenn paritätsverletzende Effekte eine Rolle spielen (schwache Wechselwirkung). Diese Effekte sind 41 allerdings sehr klein – für das Neutron liegt die obere experimentelle Schranke bei |~p| < e (3 · 10−25 cm).] Trotzdem ist es sinnvoll, Molekülen ein Diplomoment zuzuordnen: Wenn mehr als ein Atomkern vorhanden ist, kann man die Ladungsverteilung bei festgehaltener Lage der Kerne betrachten. (Erwartungswert ohne Mittelung über die Drehlage der Kernpositionen). Diese Verteilung ist z.B. für ein Molekül wie HCl oder H2 O keineswegs symmetrisch gegenüber Spiegelungen und weist ein Dipolmoment auf von der Grössenordnung p~ ∼ e aBohr ∼ 8 · 10−30 Cbm. Zusammenfassung der Multipolentwicklung In grossem Abstand von der Quelle ist das elektrostatische Potential von der Form (r = |~x|) ( ) 1 Q ~xˆ · p~ X x̂i x̂k ′ ϕ(~x) = + 2 + qik + ... (4.20) 3 4π ǫ0 r r r i,k ′ Die Koeffizienten Q, ~p, qik sind Momente der Ladungsverteilung ρ: Z Q = d3 y ρ(~y ) Ladung, Monopolmoment p~ = ′ qik = Z Z d3 y ~y ρ(~y ) Dipolmoment 1 2 d y yi yk − δik ~y ρ(~y ) spurloser Teil des Quadrupolmoments 3 3 42 4.4 Multipolentwicklung der potentiellen Energie Eine Punkladung q, die in einem elektrostatischen Feld im Punkt ~x sitzt, hat potentielle Energie q ϕ(~x) (q ϕ(~x) ist die Arbeit, die man gegen das Feld verrichten muss, um q vom Unendlichen an den Punkt ~x zu bringen). Die potentielle Energie eines (ausgedehnten) Teilchens mit Ladungsdichte ρ(~y ) setzt sich aus den Beiträgen der verschiedenen Volumenelemente zusammen Z V = d3 y ρ(~y ) ϕ(~y ) . 4.4.1 Geladenes Teilchen (Q = R d3 y ρ(~y ) 6= 0) Es ist sinnvoll, ϕ(~y ) um den Ladungsschwerpunkt ~x zu entwickeln: X ϕ(~y ) = ϕ(~x) + (yi − xi ) ∂i ϕ(~y )|~y=~x + i + 1 X (yi − xi ) (yk − xk ) ∂i ∂k ϕ(~y )|~y=~x + ... 2 i,k Falls sich das Potential wenig ändert über die Ausdehnung des Teilchens (nahezu punktförmiges Teilchen), dann liefert der erste Term den Hauptbeitrag und die Glieder mit höheren Potenzen von ~y − ~x werden vernachlässigbar. 1 ~x = Q Definition des Ladungsschwerpunktes: Z d3 y ~y ρ(~y ) . Beachte: ~x ist der Ladungsschwerpunkt, und nicht wie in Abschnitt 4.3 ein Punkt, der weit weg von der Ladungsverteilung ist. Wir setzen nun die entwickelte Version von ϕ(~y ) in den Ausdruck für die potentielle Energie ein: " Z X 3 V = d y ρ(~y ) ϕ(~x) + (yi − xi ) ∂i ϕ(~x)+ i 1 X (yi − xi ) (yk − xk ) ∂i ∂k ϕ(~x) + ... + 2 i,k 43 # Beachte [unter Verwendung der Definition des Ladungsschwerpunktes], dass der zweite Term in der eckigen Klammer einen Null-Beitrag macht, denn Z Z Z 3 3 d3 y ρ(~y ) = 0 d y (yi − xi ) ρ(~y ) = d y yi ρ(~y ) − xi {z } | {z } | Q xi xi Q Somit erhalten wir für die potentielle Energie 1 X qik ∂i ∂k ϕ(~x) + ... geladenes Teilchen V = ϕ(~x) Q + 2 i,k Z qik = d3 y (yi − xi ) (yk − xk ) ρ(~y ) Quadrupolmoment Bem.: Der Ausdruck für das Quadrupolmoment ist derselbe wie in 4.3, wenn man beachtet, dass dort ~x der Koordinatenursprung war. Übung: Auch hier spielt nur der spurlose Anteil des Quadrupolmoments eine Rolle. Die potentielle Energie einer kugelsymmetrischen Ladungsverteilung in einem beliebigen äusseren elektrostatischen Feld hängt nur von der Gesamtladung ab. 4.4.2 Neutrales Teilchen (Q = R d3 y ρ(~y ) = 0; ρ(~y ) 6= 0 i.a.) Für ein neutrales Teilchen ist die potentielle Energie in einem langsam veränderlichen elektrischen Feld in erster Näherung gegeben durch Z Z X 3 ∂i ϕ(~x) d3 y (yi − xi ) ρ(~y ) + ... V = ϕ(~x) d y ρ(~y ) + i | {z } =0 V = X i V = X i (~p = Z ∂i ϕ(~x) Z d3 y yi ρ(~y ) + ... ~ x) + ... pi ∂i ϕ(~x) + ... = −~p · E(~ (neutrales Teilchen) d3 y ~y ρ(~y )) Die auf das Teilchen wirkende Kraft ist der Gradient der potentiellen Energie ~ V F~ = −∇ ( ~ + 1 P qik ∂i ∂k E ~ + ... geladene Teilchen QE i,k 2 ~ F = P ~ neutrale Teilchen i pi ∂i E + ... 44 Die Kraft versucht, das Teilchen in ein Gebiet mit niedriger potentieller Energie ~ zu verschieben. Für geladene Teilchen ist der Wert des E−Feldes im Ladungsschwerpunkt ~x massgebend – das Quadrupolmoment bewirkt eine Korrektur, die von den Inhomogenitäten des Feldes abhängt. Neutrale Teilchen erfahren im ho~ mogenen E−Feld keine Kraft, reagieren aber auf die erste Ableitung des Feldes an der betreffenden Stelle. Die potentielle Energie hängt nicht nur vom Ort des Teilchens ab, sondern auch von der Ausrichtung des Dipolmomentes oder des Quadrupolmomentes. Für ein neutrales Teilchen ist die potentielle Energie am kleinsten, wenn p~ in die Richtung ~ zeigt. Das elektrische Feld bewirkt daher ein Drehmoment, das den Vektor von E ~ zu drehen versucht. p~ in die Richtung von E ~ = p~ × E. ~ Übung: Dieses Drehmoment ist gegeben durch M 45 5 Magnetostatik ~ = 0. In diesem Fall ist B ~ zeitlich konBetrachte ein reines Magnetfeld, d.h., E stant. Grund: Eine der Maxwellgleichungen sagt ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 =⇒ B ~˙ = 0 ∇ Zudem: Aus der Maxwellgleichung ~ ×B ~ − 1E ~˙ = µ0 ~ , ∇ 2 c ~ ×B ~ = µ0 ~, folgt welche sich reduziert auf ∇ ~˙ = 0 ; ~ · ~ = 0 ∇ Übung (5.1) ~ Das B−Feld einer stationären Stromverteilung kann als Lösung der Maxwellgleichungen im statischen Limes hergeleitet werden: (a) (b) ~ ·B ~ =0 ∇ ~ ×B ~ = µ0 ~ ∇ ~ gibt mit B ~ = ∇× ~ A. ~ Diese Darstellung Aus (a) folgt, dass es ein Vektorpotential A ~ in (b) eingesetzt, ergibt für B ~ × (∇ ~ × A) ~ = µ0 ~ ∇ ~ ∇ ~ · A) ~ − ∆A ~ = µ0 ~ . ∇( ~ ·A ~ = 0) gilt In der Strahlungseichung (∇ ~ = −µ0 ~ ∆A Poissongleichung Die Lösung, welche im Unendlichen abfällt, lautet ~ x) = µ0 A(~ 4π Z 46 d3 y ~(~y ) |~x − ~y | (5.2) Die Rotation dieses Ausdrucks ist leicht zu berechnen und ergibt ~ x ) = µ0 B(~ 4π Z d3 y ~(~y ) × (~x − ~y ) |~x − ~y |3 (5.3) Bem.: Vergleiche mit der analogen Situation in der Elektrostatik: Z ρ(~x) ρ(~y ) 1 ∆ϕ(~x) = − d3 y −→ ϕ(~x) = . ǫ0 4π ǫ0 |~x − ~y | ~ Übung: Zeige, dass das B−Feld in Gl. (5.3) aus (5.2) durch Rotationsbildung ~ ·A ~ = 0. folgt. Zudem erfüllt der Ausdruck (5.2) die Eichbedingung ∇ 5.1 Auf dünne Drähte konzentrierte Stromverteilung Falls die Stromverteilung auf einen dünnen Draht konzentriert ist, ist es günstig, die dreidimensionale Integration in Gl. (5.3) wie folgt aufzusplitten: d3 y = dS dℓ dS: zur Stromröhre senkrechte Querschnittsfläche dℓ: Linienelement längs des Drahtes ~ Falls der Punkt ~x, an dem das B−Feld gemessen werden soll, nicht in unmittelbarer Nähe des Drahtes ist, ist der Faktor (~x − ~y ) |~x − ~y |3 über den Drahtquerschnitt praktisch konstant. Z dS ~ = J ~n ; J: Gesamtstrom ~n: Einheitsvektor in Richung von ~ oder eben in Richtung des Drahtes. ~ Für das B−Feld erhalten wir in dieser Situation Z (~x − ~y ) µ0 ~ d3 y ~(~y ) × B(~x) = 4π |~x − ~y |3 Z µ0 (~x − ~y ) = J dℓ ~n × |{z} 4π |~x − ~y |3 d~ ℓ 47 ~ x ) = µ0 J B(~ 4π 5.1.1 Z (~x − ~y ) d~ℓ × |~x − ~y |3 ; Biot-Savart (1820) (5.4) Anwendung auf Kreisstrom Der Ausdruck (5.4) führt auf ein ellip~ tisches Integral, falls man das B−Feld an einem beliebigen Punkt berechnen will. Wir beschränken uns im folgenden nur auf Punkte, die auf der Symmetrieachse liegen. Der Abstand |~x − ~y | ist überall gleich längs des Drahtes, nämlich |~x − ~y | = (a2 + R2 )1/2 . Kontrollieren wir dies auf etwas formale Art und Weise: ~x = (0, 0, a) ; ~y (ϕ) = R(cos ϕ, sin ϕ, 0) ; ϕ parametrisiert Kreis d~y d~ℓ = d~y = dϕ dϕ d~ℓ = dϕ R (− sin ϕ, cos ϕ, 0) |~x − ~y |2 = ~x2 + ~y 2 − 2~x · ~y = a2 + R2 −→ |~x − ~y | = (a2 + R2 )1/2 X | {z } =0 In Gl. (5.4) kommt d~ℓ × (~x − ~y ) vor. In unserer Parametrisierung kann dies geschrieben werden als d~ℓ × (~x − ~y ) = dϕ R (− sin ϕ, cos ϕ, 0) × (−R cos ϕ, −R sin ϕ, a) = dϕ R (a cos ϕ, a sin ϕ, R) . 48 ~ Der Ausdruck für das B−Feld wird dann Z Z 2π (~x − ~y ) µ0 J R µ0 J ~ ~ dℓ × = dϕ (a cos ϕ, a sin ϕ, R) B(~x) = 4π |~x − ~y |3 4π (a2 + R2 )3/2 0 | {z } (0,0,2πR) 1 ~ = µ0 J R 2 B (0, 0, 1) 2 2 (a + R2 )3/2 ~ = |B| 1 µ0 J 2 2R (1 + a /R2 )3/2 (5.5) Für grosse Abstände a fällt das Feld mit 1/a3 ab. Dieses Potenzverhalten trifft auch für Punkt ausserhalb der Achse zu (siehe Abschnitt 7.3). ~ Das B−Feld fällt also in allen Himmelsrichtungen mit der 3. Potenz des Abstandes ab, 2 ~ ∼ µ0 J R ; |~x| ≫ R |B| |~x|3 5.2 Energie statischer Magnetfelder Die im Magnetfeld gespeicherte Energie beträgt Z 1 ~2 . W = d3 x B 2µ0 ~ Das B−Feld wird von der Quelle ~ erzeugt. Wir wollen einen Ausdruck für die Feldenergie W herleiten, in dem nur ~ vorkommt. Z 1 ~ · (∇ ~ × A) ~ W = d3 x B 2µ0 ~ · (B ~ × A) ~ =A ~ · (∇ ~ ×B ~) − B ~ · (∇ ~ × A) ~ Identität: ∇ | {z } µ0 ~ Somit wird W : Z h i 1 ~ · µ0~ − ∇ ~ · (B ~ × A) ~ d3 x A W = 2µ0 Im zweiten Term kann man den Satz von Gauss anwenden und erhält Z I 1 1 3 ~ ~ · (B ~ × A) ~ W = d x A · ~ − dS 2 2µ0 49 ~ ∼ 1/r 3, |A| ~ ∼ 1/r 2 , Der zweite Term verschwindet, da (für sehr grosse r) |B| Oberfläche ∼ r 2 . Z 1 ~ x) · ~(~x) . d3 x A(~ →W = 2 Unter Verwendung von Z µ0 ~(~y ) ~ A(~x) = d3 y 4π |~x − ~y | ~ erhalten wir den gewünschten Ausdruck für die Energie des B−Feldes einer stationären Stromverteilung µ0 W = 8π Z d3 x d3 y ~(~x) · ~(~y ) |~x − ~y | (5.6) ~ Vergleiche dies mit dem Ausdruck für die Energie des E−Feldes einer stationären Ladungsverteilung Z 1 ρ(~x) ρ(~y ) Wel = d3 x d3 y 8π ǫ0 |~x − ~y | 5.2.1 Energiediskussion für zwei Kreisströme Die Stromverteilung ~(~x) soll aus zwei Kreisströmen bestehen. ~(~x) = ~1 (~x) + ~2 (~x) Der explizite Ausdruck für die magnetische Feldenergie ist kompliziert für dieses System. Für die folgende Diskussion ist er aber unwesentlich. 50 ~ 1 , ~2 erzeugt Magnetfeld B ~ 2 . Die Feldenergie W lässt sich ~1 erzeugt Magnetfeld B in drei Anteile zerlegen W = W1 + W2 + W12 , ~ 1 und B ~ 2 und W12 die wobei W1 und W2 die Selbstenergien sind der Felder B Wechselwirkungsenergie der beiden Ströme. Der Ausdruck für W12 lautet Z Z 1 µ ~1 (~x) · ~2 (~y ) 0 3 ~ ~ 2 (~x) = W12 = d x B1 (~x) · B d3 x d3 y µ0 4π |~x − ~y | In beiden Leitern fliesse derselbe Strom. Vergleiche die Feldenergie in den zwei Situationen A und B: Die Beiträge W1 = W2 sind unabhängig von der Lage der Leiter. Fall A: In diesem Fall ist W12 vernachlässigbar klein: A W12 =0 ; W A = 2 W1 . Fall B: Das Magnetfeld ist überall doppelt so gross wie das Feld eines einzelnen Leiters: Die Gesamtenergie ist daher 4 mal grösser W B = 4 W1 B −→ W12 = 2 W1 . Beim Transport A → B wird also die gesamte Feldenergie grösser um B A W12 − W12 = 2 W1 . Man könnte meinen, dass diese Zunahme der Feldenergie der Arbeit entspricht, die man aufbringen muss beim Transport von A → B. Dies ist aber falsch! Um dies einzusehen, berechnen wir die 51 Mechanische Arbeit A → B ~ 1 (~x) bewirkt eine Kraft auf den Das durch den ersten Stromkreis erzeugte Feld B zweiten Leiter: Z ~ ~ 1 (~x) . F = d3 x ~2 (~x) × B Für gleichgerichtete Ströme ist diese Kraft anziehend. =⇒ Transportiert man einen Leiter aus dem Unendlichen heran, ist nicht Energie aufzuwenden, sondern es wird mechanische Arbeit freigesetzt! Woher diese Energie kommt, betrachten wir etwas weiter unten. Wir wollen zuerst die mechanische Arbeit quantitativ angeben in der folgenden Ergänzung: Leiter L1 sei fix im Raum, Stromverteilung ~1 (~x). Leiter L2 sei zunächst im Unendlichen. Leiter L2 wird in endliche Distanz zu L1 transportiert (Stromverteilung von L2 soll während des Transportes die Form beibehalten). Die Stromverteilung auf L2 nach dem Transport sei ~2 (~x). Die Arbeit V , die man dabei aufwenden muss, ist (Herleitung siehe Skript-L, p. 86/87) Z ~ 1 (~x) V = − d3 x ~2 (~x) A (5.7) ~ 1 (~x) das von ~1 erzeugte Vektorpotential ist: wobei A Z ~1 (~y ) µ0 ~ d3 y A1 (~x) = 4π |~x − ~y | Somit wird die Arbeit V : µ0 V =− 4π Z d3 x d3 y ~1 (~x) · ~2 (~y ) |~x − ~y | (5.8) Diese Arbeit V ist nach Definition die potentielle Energie der beiden Leiter. Diese Arbeit (oder eben die potentielle Energie) ist gerade entgegengesetzt gleich gross wie sie im Magnetfeld gespeicherte Wechselwirkungsenergie W12 : V = −W12 . Zur Erinnerung: In der Elektrostatik gilt V = +W12 . 52 (5.9) Woher kommt die Energie beim Transport A → B? Energiesatz im Kapitel 3: dW =− dt Z ~ x) d3 x ~(~x) · E(~ Die im gesamten Raum enthaltene Feldenergie W kann nur dann zunehmen, wenn Energie von den Ladungen an das Feld übertragen wird. Während des Transportes müssen daher elektrische Felder auftreten, die den bewegten Ladungen die für ~ den Aufbau des Feldes benötigte Energie entziehen. (In der Tat kann sich ja B nur ändern, wenn elektrische Felder vorhanden sind.) Falls die Ströme durch Batterien gespiesen werden, müssen diese sowohl die Energie für den Aufbau des Magnetfeldes als auch die frei werdende mechanische Arbeit abgeben. Stellt man sich statt dessen vor, die Ströme würden durch Ladungen bewirkt, die auf Kreisscheiben frei rotieren, dann wird bei der Annäherung die Rotation abgebremst. 53 5.3 Magnetisches Moment – Multipolentwicklung des Vektorpotentials Die Stromverteilung sei auf ein endliches Gebiet des Raumes beschränkt. Man kann in diesem Fall das Magnetfeld in grossem Abstand von der Stromverteilung nach Potenzen von 1/r entwickeln (Multipolentwicklung). ~ x) das zugehörige Vektorpotential Es ist bequemer, anstelle des Magnetfeldes B(~ ~ x) zu betrachten: A(~ Z µ ~(~y ) 0 ~ x) = A(~ d3 y . 4π |~x − ~y | Potenzreihenentwicklung von 1/|~x − ~y |: (siehe Kapitel 4.3) ∞ 1 1 X |~y |ℓ = Pℓ (~xˆ · ~yˆ) |~x − ~y | r rℓ ; [P0 (z) = 1 ; P1 (z) = z , ....] ℓ=0 = 1 |~y | ˆ ˆ 1 ~xˆ · ~y + 2 ~x · ~y + ... = + 2 + ... , r r r r wobei r = |~x|, ~xˆ = ~x/r Einheitsvektor in Richtung von ~x, ~yˆ = ~y /|~y| Einheitsvektor in Richtung von ~y . ~ x) die Form Somit hat die Multipolentwicklung von A(~ ( ) ~1 ~0 M M + 2 + ... r r Z ˆ ~ ~ Mℓ = Mℓ (~x) = d3 y |~y |ℓ Pℓ (~xˆ · ~yˆ) ~(~y ) . ~ x) = µ0 A(~ 4π (5.10) ~ 0 und M ~ 1 sind durch folgende Momente Die ersten beiden Multipolkoeffizienten M 54 der Stromverteilung ~(~y ) gegeben (P0 (z) = 1; P1 (z) = z): Z ~ M0 = d3 y ~(~y ) Monopol ~1 = M Z d3 y (~xˆ · ~y ) ~(~y ) Dipol ~ 0 immer verschwindet. Wir starten mit der folgenden Identität: Wir zeigen, dass M ~ · [yk ~(~y )] = ∂i [yk i (~y )] = δik i (~y ) +yk ∂i i (~y ) ∇ | {z } | {z } ~ (~ ∇·~ y )=0 k (~ y) ~ · [yk ~(~y )] k (~y ) = ∇ ~ 0 schreiben als (K bedeutet Somit kann man die k−te Komponente des Vektor M eine grosse Kugel und ∂K deren Oberfläche) Z Z 3 ~ · [yk ~(~y )] M0,k = d y k (~y ) = d3 y ∇ R3 = Z K Gauss ~ · [yk ~(~y )] ==== d y∇ 3 ~0 = 0 M Z ~=0 auf ∂K ~ [yk ~(~y )] ==== 0 . dS ∂K (5.11) Dies bedeutet, dass der führende Term der Multipolentwicklung (5.10) durch ~ 1 gegeben ist. Wir wollen einen “handlichen Ausdruck” für M ~1 den Beitrag ∼ M gewinnen. Z ~ 1 = d3 y x̂i yi ~(~y ) M Die Summe über i ist nicht explizit hingeschrieben. Wir verwenden hier also die Konvention, dass über doppelt vorkommende Indices automatisch zu summieren ~ 1 ist dann ist. Die k−te Komponente von M Z Z 3 M1,k = d y x̂i yi k (~y ) = x̂i d3 y yi k (~y ) | {z } Iik 55 Wir vereinfachen im folgenden die Matrix Iik Z Iik = d3 y yi k (~y ) i, k = 1, 2, 3 → (3 × 3) Matrix Wir zeigen, dass nur 3 der 9 Zahlen I11 , I12 , ..., I33 voneinander unabhängig sind. Dazu leiten wir eine geeignete Identität her: ~ · [yi yk ~(~y )] = ∂ℓ [yi yk ℓ (~y )] ∇ = δiℓ yk ℓ + yi δkℓ ℓ +yi yk ∂ℓ ℓ |{z} | {z } | {z } yk i yi k ~ =0 ∇·~ ~ · [yi yk ~(~y )] = yk i + yi k ∇ (Identität) Wir integrieren nun beide Seiten dieser Identität über den ganzen Raum. Nach Gauss ergibt die linke Seite Null. Somit gilt: Z Z 3 0 = d y yk i (~y ) + d3 y yi k (~y ) | {z } | {z } Iki Iik Also ist Iik + Iki = 0 oder Iki = −Iik ; d.h., die Matrix Iik ist antisymmetrisch. Die Diagonalelemente I11 , I22 , I33 sind Null und die 6 nicht-diagonalen Elemente sind durch 3 Zahlen bestimmt: I23 = −I32 = µ1 ; I31 = −I13 = µ2 ; I12 = −I21 = µ3 . Man kann dies kompakt schreiben als X Iik = ǫikj µj ≡ ǫikj µj . j Die 3 Zahlen ~µ = (µ1 , µ2 , µ3 ) bilden einen Vektor. Dieser Vektor ~µ heisst magnetisches Moment der Stromverteilung. Löse die obige Gleichung nach µℓ auf. Multipliziere dazu die Gleichung mit ǫikℓ und summiere über i, k: Iik = ǫikj µj | · ǫikℓ ǫikℓ Iik = ǫikℓ ǫikj µj = 2µℓ | {z } 2δℓj 1 1 1 µℓ = ǫikℓ Iik = ǫℓik Iik = 2 2 2 56 Z d3 y ǫℓik yi k (~y ) | {z } [~ y ×~(~ y )]ℓ Somit erhalten wir für das magnetische Moment ~µ 1 ~= µ 2 Z d3 y ~y × ~(~y ) (magnetisches Moment) (5.12) Die Dimension von ~µ ist: [~µ] = Am2 (Strom mal Fläche) ~ 1: Das magnetische Moment bestimmt den Dipolbeitrag M M1,k = x̂i Iik = x̂i ǫikj µj = ǫikj x̂i µj = −ǫkij x̂i µj M1,k = −(~xˆ × ~µ)k ~ 1 = −~xˆ × ~µ M (5.13) In grossem Abstand von der Stromverteilung ist das Vektorpotential von der Ordnung 1/r 2 : ˆ ~ x) = − µ0 ~x × ~µ + O(1/r 3) . A(~ 4π r 2 (5.14) ~ =∇ ~ ×A ~ fällt daher ab wie 1/r 3 : Das zugehörige Magnetfeld B ˆ ˆ ~ x) = µ0 3~x (~x · ~µ) − ~µ + O(1/r 4) B(~ 4π r3 (5.15) Vergleich: Das elektrische Feld eines ungeladenen Teilchens wird in grossem Abstand von der Ladungsverteilung durch das elektrische Diplomoment p~ bestimmt: ~ x) = E(~ 1 3~xˆ (~xˆ · ~p) − ~p + O(1/r 4) 4π ǫ0 r3 57 Bsp.: Kreisstrom vom Radius R. Das magnetische Moment ~µ steht senkrecht zur Ebene des Kreisstromes und hat den Wert Z Z 1 1 3 d x ~x × ~(~x) = ~x × d~ℓ J ~µ = 2 2 I 1 = R dℓ ~n J = ~n J R2 π 2 ~µ = ~n J R2 π ~n : Normalenvektor zur Kreisebene (Strom mal umflossene Fläche) Übungen: (a) Zeige, dass das magnetische Moment für jeden ebenen, geschlossenen, linienförmigen Leiter durch Strom mal umströmte Fläche gegeben ist. (b) Zeige, dass ~µ unabhängig ist von der Wahl des Koordinatenursprungs. ~ (c) Zeige, dass das B−Feld eines Kreisstromes auf der Symmetrieachse (siehe Gl. (5.5)) für grosse Abstände mit (5.15) übereinstimmt. Auch Elektronen, Protonen und Neutronen sind von magnetischen Feldern umgeben, die in grossem Abstand wie 1/r 3 abfallen. e− , n: Richtung von ~µ entgegengesetzt zur Spinrichtung p: Richtung von ~µ parallel zur Spinrichtung 58 Sei Spin in Richtung der 3. Achse. Dann ist das magnetische Moment von der Form ~µ = µ (0, 0, 1) mit µe = − µp = e~ · 1.001159 2 me e~ · 2.79 2 mp µn = − e~ · 1.91 2 mn |µe | ∼ 660 · |µp | Magnetisches Moment eines Atoms: Zum magnetischen Moment eines Atoms trägt neben µe und µKern auch die Bewegung der Elektronen in der Hülle bei. Die entsprechende Stromdichte erzugt einen Beitrag von der Grössenordnung µe . 5.4 ~ Potentielle Energie eines Teilchens im B−Feld ~ 1 (~x) sei ein vorgegebenes Magnetfeld und A ~ 1 (~x) das zugehörige Vektorpotential B ~ 1, A ~ 1 werde vom Strom ~1 erzeugt). (wir können uns vorstellen, B ~2 (~x) sei eine (andere) Stromverteilung. ~ 1 lautet: Die potentielle Energie V der Stromverteilung ~2 im Magnetfeld B Z ~ 1 (~x) V = − d3 x ~2 (~x) · A ~1 = ∇ ~ ×A ~ 1 gegen die LorBedeutung von V : Mechanische Arbeit, die im Feld B entzkraft geleistet werden muss, um die Stromverteilung ~2 aus dem Unendlichen an die aktuelle Stelle (beschrieben durch ~2 (~x)) zu transportieren. ~ 1 (~x) nur wenig ändert über die Ausdehnung der Verteilung ~2 (~x), kann Falls sich A ~ 1 (~x) um den Mittelpunkt ~a der Verteilung entwickeln: man A ~ 1 (~x) = A ~ 1 (~a) + A 3 X i=1 ~ 1 (~a) + ... (xi − ai ) ∂i A Der Beitrag des ersten Terms zum Potential V ist proportional zum Monopolmo59 ~0 ment M ~0 = M Z d3 x ~2 (~x) = 0 und fällt deshalb weg. Der Beitrag des zweiten Terms zu V liefert Z V = − d3 x (xi − ai ) ∂i A1,k (~a) 2,k (~x) , V = − Z d3 x xi 2,k (~x) ∂i A1,k (~a) , {z } | I2,ik wobei I2,ik mit dem magnetischen Moment ~µ2 ausgedrückt werden kann: I2,ik = ǫikℓ µ2,ℓ . Somit lässt sich die potentielle Energie schreiben als V V = −ǫikℓ µ2,ℓ ∂i A1,k (~a) ~ 1 (~a) = −µ2,ℓ ǫℓik ∂i A1,k (~a) = −~µ2 · B | {z } ~ A ~ 1 )ℓ =B1,ℓ (∇× V ~ 1 (~a) = −~µ2 · B ~ im vorgeResultat: Um ein kleines Teilchen mit dem magnetischen Moment µ ~ gebenen Magnetfeld B vom Unendlichen an die Stelle ~x zu transportieren (ohne die Richtung von ~µ zu ändern), ist die Energie ~ x) V = −~µ · B(~ (5.16) erforderlich. Homogenes Magnetfeld: bewirkt keine Kraft, sondern ein Drehmoment, welches ~ zu drehen versucht. die Richtung von ~µ in die Richtung von B n o ~ V =∇ ~ µ ~ x) ist nicht Null. Inhomogenes Magnetfeld: Kraft F~ = −∇ ~ · B(~ =⇒ Teilchen, die ein magnetisches Moment aufweisen, verhalten sich somit in einem Magnetfeld gleich, wie ungeladene Teilchen im elektrischen Feld [V = ~ x)]. −~p · E(~ 60 Übung: Zeige, dass die potentielle Energie zweier Teilchen mit den magnetischen Momenten ~µ1 , ~µ2 gegeben ist durch V =− µ0 3 (~µ1 · ~xˆ) (~µ2 · ~xˆ) − ~µ1 · ~µ2 . 4π r3 (5.17) Bestimme die Energiedifferenz zwischen den Zuständen (p↑ , e−↑ ) und (p↑ , e−↓ ), wenn der Abstand zwischen dem Proton p und dem Elektron e− einen Bohrradius beträgt. Welche Wellenlänge haben Photonen dieser Energie? 61 6 Elektromagnetische Wellen im Vakuum Im Kapitel4 haben wir die allgemeine Lösung für den statischen Fall ρ 6= 0, ~ 6= 0, ρ̇ = 0, ~˙ = 0, hergeleitet. In diesem Kapitel machen wir den ersten Schritt zur Konstruktion der allgemeinen Lösung der Maxwellgleichungen. Wir betrachten den wichtigen Speziallfall ρ = ~ = 0: =⇒ elektromagnetische Felder im Vakuum Im nachfolgenden Kapitel 7 werden wir dann die allgemeine Lösung herleiten für den Fall ρ 6= 0, ~ 6= 0, wo diese auch von der Zeit abhängen dürfen. Maxwellgleichungen im Vakuum: ~ ·E ~ =0 (1) ∇ ; ~ ·B ~ =0 (3) ∇ ; ~ ×B ~ − 1E ~˙ = 0 (2) ∇ 2 c ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 (4) ∇ Wir wollen Lösungen endlicher Feldenergie: Z 1 ~2 ǫ0 ~ 2 3 E + B <∞ d x 2 2µ0 R3 ~ und B ~ sollen also quadratintegrierbar sein. Insbesondere sind konDie Felder E stante Felder ausgeschlossen. (Allgemein: Es gibt keine statischen Lösungen endlicher Energie, siehe später). Aus den obigen Maxwellgleichungen leiten wir folgendes her: ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 ~ anwenden (4) ∇ | ∇× ~ × (∇ ~ × E) ~ ∇ | {z } VA ~ ∇· ~ E)−∆ ~ ~ ==∇( E VA ~ ×B ~˙ ∇ | {z } + =0 (2) 1 ¨ ∂ ~ ~ ~ == E (∇×B) ∂t c2 Die Abkürzung == bedeutet, dass eine Identität aus der Vektoranalysis verwendet wird. Wir haben also ~¨ = 0 ~ (∇ ~ · E) ~ −∆E ~ + 1E ∇ 2 | {z } c (1) ==0 =⇒ 1 ∂2 ~ ~ =0 E − ∆E c2 ∂t2 62 ~ Das E−Feld erfüllt also die sog. Wellengleichung 1 ∂2 ~ ~ = 0 oder kurz E − ∆E c2 ∂t2 . 1 ∂2 ~ =0 ; 2E 2 = 2 2 − ∆ d’Alembert-Operator, Wellenoperator c ∂t Der Wellenoperator 2 wirkt – wie der darin enthaltene Laplaceoperator ∆– auf jede Komponente E1 , E2 , E3 einzeln, also: 2E1 = 0 ; 2E2 = 0 ; 2E3 = 0 . Sprechweise: Im Vakuum erfüllt jede Komponente des elektrischen Feldes die Wellengleichung. ~ = 0 ebenfalls gilt. Übung: Zeige, dass 2B ~ zeitunabhängig ist, folgt: Bem.: Falls E ~ =0 ∆E Laplace-Gleichung Es ist wohlbekannt, dass diese Gleichung keine nicht-triviale Lösung hat, die im Unendlichen abklingt. Es gibt also keine Lösungen endlicher Energie. ~ = 0 mit endlicher Feldenergie sind notwendigerweise zeitlich =⇒ Lösungen zu 2E veränderlich. Strategie: Die Maxwellgleichungen (1)–(4) implizieren die Wellengleichungen ~ =0 ; 2E ~ = 0. 2B Löse zuerst diese; setze dann die Lösungen der Wellengleichungen in die Maxwellgleichungen ein. 63 6.1 Wellengleichung 2F = 0 Ziel: Mathematische Aussagen zur Wellengleichung gewinnen 2F = 0 ; F = F (~x, t) . ~ oder In unserem Zusammenhang ist F eine beliebige Komponente vom E− ~ B−Feld. 6.1.1 Ebene (monochromatische) Welle ~ Lösungsansatz: F (~x, t) = ei k~x−iωt ~ ∂t F = Ḟ = −iω ei k~x−iωt ~ 2 x−iωt ∂t2 F = F̈ = (−iω)2 e|i k~{z } = −ω F F ~ ∂1 F = i k1 ei k~x−iωt ~ ∂12 F = (i k1 )2 ei k~x−iωt ∆ F = ∂12 F + ∂22 F + ∂32 F ~ x−iωt ∆ F = (i k1 )2 + (i k2 )2 + (i k3 )2 |ei k~{z } =⇒ F ∆ F = −~k 2 F Also: 1 2 F = 2 F̈ − ∆F = c ω2 − 2 + ~k 2 c ~ F =0 Der Ansatz F = ei k~x−iωt erfüllt 2F = 0 genau dann, wenn gilt ω 2 = c2 ~k 2 ~k: heisst Wellenvektor; ω: heisst Kreisfrequenz 64 Beachte: ~ ~ F = eik~x−iωt = ei (k~x−ωt) F = cos(~k~x − ωt) + i sin(~k~x − ωt) Der Realteil ReF = cos(~k~x −ωt) und der Imaginärteil ImF = sin(~k~x −ωt) erfüllen die Wellengleichung ebenfalls, da die Differentialgleichung linear und reell ist. Betrachte ~ F = eik~x−iωt für festes t: Der Funktionswert F ist konstant für alle ~x, wenn ~k~x = konst.. Die Punkte ~x, die ~k~x = konst. erfüllen, liegen in einer Ebene, die senkrecht zum Vektor ~k steht. =⇒ ebene Welle. Eine ebene Welle ist also durch den Wellenvektor ~k charakterisiert. Bei festem ~k ist auch die Kreisfrequenz ω festgelegt, nämlich gemäss ω = c |~k| . −→ Deshalb heissen ebene Wellen auch monochromatische Wellen. Detailanalyse der ebenen Welle: ~ ~ F = eik~x−iωt = eik~x e−iωt zeitliche Periode T : ! F (~x, t + T ) = F (~x, t) =⇒ ! e−iω(t+T ) = e−iωt ! =⇒ e−iωt e−iωT = e−iωt =⇒ e−iωT = 1 2π 1 ωT = 2π −→ T = = ω ν Welle in x−Achsenrichtung: ~k = (k, 0, 0) F = eikx−iωt örtliche Periode λ: ! F (x + λ, t) = F (x, t) ! eik(x+λ) = eikx −→ kλ = 2π ; 65 λ= 2π k ReF = cos(kx − ωt) = cos x t ReF = cos 2π − λ T 2π 2π x− t λ T Wir betrachten ab jetzt wieder die Situation, wo die ebene Welle in beliebige ~ Richtung ~k propagiert. Wir wissen, dass die ebene Welle F = eik~x−iωt die Wellengleichung 2F = 0 genau dann löst, wenn ω = c |~k| ist. Aus dieser Gleichung folgt die bekannte Relation c = λν, denn 2π 1 2π =c ←→ c = λ = λν . ω = c|~k| ←→ T λ T 6.1.2 Allgemeine Lösung der Wellengleichung ~ Bisher: ~k beliebig. Bilde F = eik~x−iωt mit ω = c|~k|. Dieses F ist eine (spezielle) Lösung der Wellengleichung 2F = 0. Man kann solche ebenen Wellen überlagern: ~ F1 = eik1~x−iω1 t ; ~ ; F2 = eik2~x−iω2 t ω1 = c|~k1 | ; ω2 = c|~k2 | ; 2F1 = 0 2F2 = 0 Beh.: F = A1 F1 +A2 F2 (A1 , A2 Konst.) erfüllt dann ebenfalls die Wellengleichung 2F = 0. Bew.: Übung. Man kann beliebig viele solche ebenen Wellen zur Überlagerung bringen. 66 Satz: Jede Lösung von 2F = 0 ist eine Überlagerung ebener, monochromatischer Wellen. Für reelles F hat die allgemeine Lösung die Form Z o n ~ ~ F (~x, t) = d3 k a(~k)ei(k~x−ωt) + a∗ (~k)e−i(k~x−ωt) ω = c|~k| Das Integral auf der rechten Seite stellt sicher eine relle Funktion dar, denn der zweite Term ist das komplex-konjugierte der ersten Terms. Beweis: Wir untersuchen nur Lösungen, die überall stetig sind und die für |~x| → ∞ verschwinden (sie müssen verschwinden, damit die Energie endlich ist). Der Satz von Fourier sagt (vergl. MMPIII-Vorlesung), dass man abfallende Funktionen als Fourierintegrale darstellen kann: Z ~ F (~x; t) = d3 k eik~x f (~k; t) Zu jedem Zeitpunkt t hat man also die Ortsabhängigkeit als Fourierintegral geschrieben. Die Fouriertransformierte f (~k; t) hängt somit von t ab, wie in der Notation angedeutet. Wir gehen jetzt mit diesem Fourieransatz für F (~x, t) in die Differentialgleichung ∂2 2F = 0: (2 = c12 ∂t 2 − ∆) Z n o ~ 2F = d3 k 2 eik~x f (~k, t) Z 1 ~ ~ = d k 2 eik~x f¨ − (i~k)2 eik~x f c Z 1 ¨ ~2 3 i~k~ x = d ke f +k f =0 c2 3 Die letzte Zeile besagt, dass ein Fourierintegral verschwinden soll. Dies geht nur, wenn der Integrand selber verschwindet (oder anders ausgedrückt G = 0 ⇔ Fouriertransformierte von G = 0). =⇒ 1 ¨ ~2 f +k f =0 c2 67 (∀~k !) Für jedes feste ~k ist diese Gleichung eine gewöhnliche DGL 2. Ordnung in der Zeit t. Ihre allgemeine Lösung können wir sofort hinschreiben: f (~k, t) = a(~k) e−iωt + b(~k) e+iωt ; ω = c|~k| Check: f (~k, t) ist Lösung: f¨ = −ω 2 f dies in DGL einsetzen: 2 ω 1 2 2 2 − 2 ω f + ~k f = − 2 + ~k f = 0 X c c Somit: Die allgemeine Lösung von 2F = 0 lautet Z ~ F (~x, t) = d3 k eik~x f (~k, t) F (~x, t) = Z 3 i~k~ x d ke o n −iωt +iωt ~ ~ a(k) e + b(k) e ; ω = c|~k| ~ oder B−Feld ~ Da F in unserer Anwendung eine Komponente vom E− sein wird, wollen wir reelles F . Z Z ~ 3 i~k~ x −iωt ~ F (~x, t) = d k e a(k) e + d3 k eik~x b(~k) e+iωt | {z } ~k→−~k substituieren Beachte, dass ω als Funktion von ~k zu verstehen ist: ω = c|~k|. Da ω jedoch nur vom Betrag von ~k abhängt, bleibt dieses bei der Substitution unverändert. Nach der Substitution haben wir also Z Z ~ 3 i~k~ x −iωt ~ F (~x, t) = d k e a(k) e + d3 k e−ik~x b(−~k) e+iωt Wir sehen jetzt, dass F (~x, t) genau dann reell wird, wenn b(−~k) = a∗ (~k). =⇒ F (~x, t) = Z d3 k n ~ ~ a(~k) ei(k~x−ωt) + a∗ (~k) e−i(k~x−ωt) allgemeine reelle Lösung von 2F = 0 ; ω = c|~k| o Wir haben somit den Satz bewiesen, dass jede Lösung von 2F = 0 eine Überlagerung von ebenen, monochromatischen Wellen ist. 68 Übung für theoretisch Interessierte 2F (~x, t) = 0 ⇐⇒ 1 F̈ − ∆F = 0 c2 Diese (partielle) DGL ist zweiter Ordnung bezüglich der Zeit t. Man kann demzufolge F (~x, t0 ) und Ḟ (~x, t0 ) beliebig vorgeben (∀~x) zu festem Zeitpunkt t0 . Die DGL legt dann die Lösung für alle Zeiten eindeutig fest: CauchyAnfangswertproblem. Die Idee ist folgende: Aus F (~x, t0 ), Ḟ (~x, t0 ) kann man f (~k, t0 ), f˙(~k, t0 ) berechnen. f (~k, t0 ) und f˙(~k, t0 ) legen dann f (~k, t) eindeutig fest. Somit ist F (~x, t) eindeutig festgelegt. Das explizite Resultat für a(~k) lautet Z i 1 1 ~ 3 −i( k~ x −ωt ) 0 F (~x, t0 ) + Ḟ (~x, t0 ) d xe a(~k) = (2π)3 2 ω Speziell sieht man aus dieser Formel: Verschwindet F und Ḟ zu irgendeiner Zeit t0 , dann ist F ≡ 0 für alle Zeiten t. 69 6.2 Lösung der Maxwellgleichungen im Vakuum Wir haben gesehen, dass die Maxwellgleichungen die Wellengleichung 2F = 0 implizieren, wobei F = E1 , E2 , E3 ; B1 , B2 , B3 . Mit der Information aus Abschnitt 4.1 kann man die allgemeine Lösung der Wel~ und B−Feld ~ lengleichung für das E− sofort hinschreiben Z n o ~ ~ E(~x, t) = d3 k ~e(~k) ei(k~x−ωt) + k.k. ~ x, t) = B(~ ω = c|~k| Z n o i(~k~ x−ωt) ~ ~ d k b(k) e + k.k. 3 Beachte, dass diese allgemeinen Lösungen der Wellengleichung die Maxwellgleichungen nicht automatisch erfüllen müssen. In der Tat führen die Maxwellgleichungen zu Bedingungen an die Fourieramplituden ~e(~k) und ~b(~k): (4) ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 ∇ Z n o 3 i(~k~ x−ωt) ~ ~ ~ ~ ∇ × E = d k ik × ~e(k) e + k.k. ~˙ = B Z d3 k n ~ −iω~b(~k) ei(k~x−ωt) + k.k. =⇒ ~k × ~e − ω ~b = 0 (a) ~ ×B ~ − 1E ~˙ = 0 ∇ 2 c (2) 1 =⇒ ~k × ~b + 2 ω ~e = 0 c (1), (3) o ~ ·E ~ =0 ; ∇ =⇒ ~k · ~e = 0 (b) ~ ·B ~ =0 ∇ =⇒ ~k · ~b = 0 (c) ; (d) Aus (a) und (c) liest man ab, dass ~b = 1 ~k × ~e = 1 ~k × ~e = ω c|~k| und ~e ⊥ ~k . 70 1 ~ˆ k × ~e ; c ~ ~kˆ = k |~k| ˆ Behauptung: Falls ~b = 1c ~k × ~e und ~e ⊥ ~k, dann sind alle Konsequenzen (a)–(d), die aus den Maxwellgleichungen (1)–(4) folgen, erfüllt. Grund: (a), (c) klar. (d): (b): ~k · ~b = ~k · 1 (~kˆ × ~e) = 0 X c " # 1 1 ˆ ~kˆ (~k · ~e ) − ~e (~k · ~k) ~k × ~b = ~k × (~kˆ × ~e) = |{z} c c =0 ~ ~k × ~b = − |k| ~e = − ω ~e c c2 ~k × ~b + 1 ω ~e = 0 X Somit: c2 Also: ~e ⊥ ~k und die Verknüpfung ~b = aus den Maxwellgleichungen. 1 c ~kˆ × ~e sind die einzigen Bedingungen Es gibt zwei linear unabhängige Vektoren ~ǫ1 , ~ǫ2 , die auf ~k senkrecht stehen. Man ˆ kann ~ǫ1 und ~ǫ2 so wählen, dass die drei Vektoren ~k, ~ǫ1 , ~ǫ2 reell sind, zueinander senkrecht stehen und die Länge 1 aufweisen: ~kˆ × ~ǫ1 = ~ǫ2 ~kˆ × ~ǫ2 = −~ǫ1 Somit lässt sich ~e(~k) schreiben als ~e(~k) = α1 (~k) ~ǫ1 (~k) + α2 (~k) ~ǫ2 (~k) . b(~k) wird dann ~b(~k) = 1 ~kˆ × ~e = 1 α1 (~k) ~ǫ2 (~k) − 1 α2 (~k) ~ǫ1 (~k) c c c 71 Die allgemeine Lösung der Maxwellgleichungen für die Fourierkomponenten ~e(~k), ~b(~k) lautet demzufolge: ~e(~k) = α1 (~k) ~ǫ1 (~k) + α2 (~k) ~ǫ2 (~k) n o ~b(~k) = 1 −α2 (~k) ~ǫ1 (~k) + α1 (~k) ~ǫ2 (~k) c Sie enthält zwei beliebige komplexe Funktionen α1 (~k), α2 (~k). ~ und In anderen Worten enthalten α1 (~k), α2 (~k) die volle Information über das E− ~ B−Feld. Insbesondere kann man die im elektromagnetischen Feld gespeicherte Energie Z n o ǫ0 ~ 2 (~x, t) + c2 B ~ 2 (~x, t) W = d3 x E 2 durch α1 (~k) und α2 (~k) ausdrücken. Man erhält Z n o 3 W = (2π) 2 ǫ0 d3 k |α1 (~k)|2 + |α2 (~k)|2 . (6.1) Man sieht explizit, dass W unabhängig ist von der Zeit t. Weiter sieht man, dass es Lösungen gibt mit endlicher Energie, falls α1 (~k), α2 (~k) so beschaffen sind, dass das Integral (6.1) endlich ist. Die Herleitung von (6.1) ist im Anhang A zu finden. 6.3 Verhalten der elektromagnetischen Felder einer Welle Greife aus dem Wellenpaket einen Grundbaustein heraus, nämlich eine durch den Vektor ~k charakterisierte ebene Welle: ~ = 1 ~e ei(~k~x−ωt) + k.k. E 2 ~ ~ = 1 ~kˆ × E B c ~ ⊥E ~ B ; ; ~ ⊥ ~k B 72 ~ ~kˆ = k |~k| ; ~ ⊥ ~k . E ~ ×B ~ zeigt demzufolge in Richtung ~k. Das bedeutet ~= 1E Der Poyntingvektor S µ0 also, dass der Energiestrom in der Ausbreitungsrichtung der elektromagnetischen Welle fliesst (was vernünftig ist). Wie oben schreiben wir ~e als Linearkombination von zwei Polarisationsvektoren ~e = α1 ~ǫ1 + α2 ~ǫ2 ~ǫ1 , ~ǫ2 sind reelle, orthogonale Einheitsvektoren; α1 und α2 sind im allgemeinen komplex. Spezialfall 1 α1 , α2 : reell → ~e reell ~ = ~e cos(~k~x − ωt) ; →E ~ = 1 ~kˆ × ~e cos(~k~x − ωt) B c ~ schwingt überall in Richtung von ~e. Man sagt deshalb, die Welle sei in Richtung E von ~e linear polarisiert. Spezialfall 2 α1 , α2 nicht reell, aber in Phase. α1 = |α1 |eiϕ1 ; α2 = |α2 |eiϕ2 ; in Phase: ϕ1 = ϕ2 ≡ ϕ ~ = 1 [α1 ~ǫ1 + α2 ~ǫ2 ] ei(~k~x−ωt) + k.k. E 2 ~ = 1 |α1 | ~ǫ1 ei(~k~x−ωt+ϕ) + 1 |α2 | ~ǫ2 ei(~k~x−ωt+ϕ) + k.k. E 2 2 ~ = 1 |α1 | ~ǫ1 + 1 |α2 | ~ǫ2 ei(~k~x−ωt+ϕ) + k.k. E 2 2 | {z } reell ~ = (|α1 | ~ǫ1 + |α2 | ~ǫ2 ) cos(~k~x − ωt + ϕ) E 73 Die Welle ist linear polarisiert in Richtung von (|α1 | ~ǫ1 + |α2 | ~ǫ2 ). Spezialfall 3 |α1 | = |α2 |; Phasendifferenz sei π/2. Konkretes Beispiel von diesem Typ: α1 = 1, α2 = i. ~ = 1 [~ǫ1 + i~ǫ2 ] ei(~k~x−ωt) + k.k. E 2 ~ = 1 ~ǫ1 + eiπ/2 ~ǫ2 ei(~k~x−ωt) + k.k. E 2 ~ = 1 ~ǫ1 ei(~k~x−ωt) + 1 ~ǫ2 ei(~k~x−ωt+π/2) + k.k. E 2 2 ~ = ~ǫ1 cos(~k~x − ωt) + ~ǫ2 cos(~k~x − ωt + π ) E 2} {z | − sin(~k~ x−ωt) ~ = ~ǫ1 cos(~k~x − ωt) − ~ǫ2 sin(~k~x − ωt) E ~ Ort fest: Die Spitze des E−Vektors dreht sich in einer Ebene, die senkrecht zu ~k steht, auf einem Kreis. =⇒ zirkular-polarisierte Welle ~ bei Zeit fest, d.h. Momentanaufnahme. In Fortpflanzungsrichtung dreht sich E konstantem Betrag wie eine Linksschraube. Eine solche Welle heisst linkszirkular polarisiert. (“Negative Helizität”). 74 Für α2 = −iα1 ist die Welle rechtszirkular polarisiert. Allgemeiner Fall α1 , α2 komplex, beliebig, d.h., α1 = |α1 |eiϕ1 , α2 = |α2 |eiϕ2 . ~ = 1 |α1 | eiϕ1 ~ǫ1 + |α2 | eiϕ2 ~ǫ2 ei(~k~x−ωt) + k.k. E 2 ~ = 1 |α1 | ~ǫ1 ei(~k~x−ωt+ϕ1 ) + 1 |α2 | ~ǫ2 ei(~k~x−ωt+ϕ2 ) + k.k. E 2 2 ~ = |α1 | cos(~k~x − ωt + ϕ1 ) ~ǫ1 + |α2 | cos(~k~x − ωt + ϕ2 ) ~ǫ2 E ~ Ort fest: Die Spitze des E−Vektors bewegt sich in der (~ǫ1 , ~ǫ2 )−Ebene auf einer Ellipse. =⇒ elliptische Polarisation Zirkulare und lineare Polarisation sind Spezialfälle der allgemeinen elliptischen Polarisation. 75 6.4 Wellenpakete, Gruppengeschwindigkeit Das elektromagnetische Feld ist eine Überlagerung ebener Wellen. Jede einzelne ebene Welle ist durch einen Wellenvektor ~k charakterisiert. Die Frequenz ω ist festgelegt durch ~k: ω = ω(~k) = c|~k|. Die Gleichung ω(~k) = c |~k| heisst Dispersionsrelation für ebene elektromagnetische Wellen. Woher kam diese Beziehung? Sie ist eine Folge der Wellengleichung 2F = 0 ~ F = eik~x−iωt ; 1 (−iω)2 − (i~k)2 = 0 2 c ω2 − 2 + ~k 2 = 0 −→ ω 2 = c2 |~k|2 . c → Die verwandte, sog. Klein–Gordon Gleichung mc 2 F =0 2F + ~ kann ebenfalls mit demselben Exponentialansatz gelöst werden. Es gibt wieder eine Dispersionsrelation, d.h., der Wellenvektor ~k legt die Frequenz ω eindeutig fest. Der explizite Zusammenhang zwischen dem Wellenvektor und der Frequenz ist jedoch anders als bei der elektromagnetischen Welle, siehe Übungen. Wir betrachten im folgenden eine Überlagerung ebener, monochromatischer Wellen: Z ~ A(~x, t) = d3 k a(~k) eik~x−iωt ω = ω(~k) beliebig vorgegeben. Wir nennen die obige Überlagerung ein “Wellenpaket”. Die Fourieramplitude a(~k) sei um den Punkt ~k0 konzentriert. 76 a(~k) nur in einem kleinen Gebiet um ~k0 herum von Null verschieden Es ist deshalb eine gute Idee, ω(~k) in eine Taylorreihe um ~k = ~k0 zu entwickeln: ~ ~ ~ ~ ~ ω(k) = ω(k0) + (k − k0 ) · (∇ω) +O((∆k)2 ) ~k=~k0 | {z } Taylor-Approx. 1. Ordn. . ~ ~ ~v = ∇ω(k) Abkürzung ~k=~k0 =⇒ A(~x, t) = ≈ Z Z 2 ~ ~ ~ ~ d3 k a(~k) eik~x−i[ω(k0 )+(k−k0 )~v +O((∆k) )] t ~ ~ ~ ~ d3 k a(~k) eik~x−ik~vt e−i[ω(k0 )−k0~v] t i[~k0~v −ω(~k0 )] t A(~x, t) ≈ e Z ~ d3 k eik(~x−~vt) a(~k) (6.2) Die Approximation (6.2) ist nur erlaubt, wenn ∂2ω (~k − ~k0 )2 2 t ≪ 1 . ∂k Für kleine Zeiten t ist diese Ungleichung immer erfüllbar. Beim genügend grossem t bricht die Approximation jedoch zusammen. Das in der approximierten Version von A(~x, t) vorkommende Integral in Gl. (6.2) Z ~ d3 k eik(~x−~vt) a(~k) hängt von ~x und t nur via der Kombination ~x −~v t ab. Für den Betrag von A(~x, t) gilt daher |A(~x, t)| = |A(~x − ~v t, 0)| (6.3) 77 • Paket sei zur Zeit t = 0 um ~x = 0 konzentriert • Paket ist dann zur Zeit t > 0 um ~x = ~v t konzentriert Das Paket läuft als Ganzes mit der Gruppengeschwindigkeit ~ ~ ~v = ∇ω(k) ~ ~ k=k0 Falls t gross wird, gilt (6.3) nicht mehr, weil die Taylorapproximation in (6.2) nicht gerechtfertigt ist. =⇒ Das Paket fliesst auseinander. Bis jetzt war die Dispersionsrelation ω = ω(~k) völlig allgemein. Wir betrachten jetzt den Fall, wo ω nur vom Betrag von ~k abhängt: ω = ω(|~k|) = ω(k) ; (k = |~k|) . Es gilt dann dω ~ dω ~k ~ ∇ω(k) = ∇k = dk dk k dω v = |~v| = Betrag der Gruppengeschwindigkeit dk . ω vph = = ν λ heisst Phasengeschwindigkeit k Für elektromagnetische Wellen im Vakuum ist ω(k) = ck. Die Phasengeschwindigkeit und die Gruppengeschwindigkeit sind beide c (für jeden Wert von k). Wir betrachten jetzt ein elektromagnetisches Wellenpaket im Vakuum, das sich also mit der Gruppengeschwindigkeit v = c bewegt. Die am Paket beteiligten Wellenvektoren ~k seien um ~k0 konzentriert. Die Approximation Z ~ i[~k0~v −ω(~k0 )] t A(~x, t) ≈ e d3 k eik(~x−~vt) a(~k) lässt sich in diesem Fall vereinfachen. Der Faktor vor dem Integral ist 1, denn: ! ~ dω k ~k0 ~v = ~k0 ∇ω ~ = ~k0 ~k=~k0 dk k ~ ~ k=k0 ~k0 = ~k0 c = c k0 = c |~k0| = ω(~k0 ) k0 78 Für A(~x, t) ergibt sich also A(~x, t) = Z ~ d3 k eik(~x−~vt) a(~k) A(~x, t) hat die Eigenschaft A(~x, t) = A(~x − ~v t, 0). Falls also das elektromagnetische Wellenpaket aus ebenen Wellen zusammengesetzt ist, deren Wellenvektoren ~k bei ~k0 konzentriert sind, dann hat das E− ~ und das B−Feld ~ die folgende Form: ~ x, t) = E(~ ~ x − ~kˆ0 c t, 0) ; E(~ ~ x, t) = B(~ ~ x − ~kˆ0 c t, 0) . B(~ ~ ~kˆ0 = k0 |~k0 | Solche elektromagnetische Signale bewegen sich en bloc mit c in Richtung von ~k0 für kleine Zeiten. Bei elektromagnetischen Wellen im Material tritt Dispersion auf: Der Zusammenhang ω ↔ ~k wird modifiziert. Die Propagationsgeschwindigkeit ist nicht c; sie hängt ab vom mittleren ~k, resp. ~k0 . 79 A Energie eines ektromagnetischen Wellenpakets In diesem Anhang wollen wir den Ausdruck Z o n 3 W = (2π) 2 ǫ0 d3 k |α1 (~k)|2 + |α2 (~k)|2 . für die in einem elektromagnetischen Feld gespeicherte Feldenergie herleiten (siehe Gl. (6.1) im Haupttext). Die Herleitung wird in einem späteren Durchgang durch das Skript klarer, nachdem wir aus der Vorlesung MMPIII mehr wissen. A.1 Vorbereitende Bemerkung Die Herleitung wird relativ einfach, nachdem man eingesehen hat, dass gilt: Z ~′ ~ d3 x ei~x(k −k) = (2π)3 δ 3 (~k ′ − ~k) Diese Beziehung kann man aus dem Satz von Fourier gewinnen: Sei f (~x) eine genügend stark abfallende, vorgegebene Funktion. Fourier: f (~x) besitzt die Fourierdarstellung Z ~ f (~x) = d3 k f˜(~k) eik~x wobei Somit: f˜(~k) = 1 (2π)3 Z 1 (2π)3 f˜(~k) = Z 3 dx ~ d3 x f (~x) e−ik~x . Z ~ ~′ d3 k ′ f˜(~k ′ ) eik ~x e−ik~x {z } | f (~ x) f˜(~k) = 1 (2π)3 Z d k f˜(~k ′ ) 3 ′ Z ~′ ~ d3 x ei~x(k −k) {z } | G(~k ′ −~k) 80 Das unterklammerte Integral in der letzten Zeile definiert eine Funktion von (~k ′ − ~k); wir nennen diese G(~k ′ − ~k). Diese Funktion hat somit die Eigenschaft Z 1 ˜ ~ G(~k ′ − ~k) f˜(~k ′ ) f (k) = d3 k ′ (2π)3 Daraus folgt, dass 1 (2π)3 G(~k ′ − ~k) als (3–dimensionale) δ−Funktion wirkt: G(~k ′ − ~k) = (2π)3 δ 3 (~k ′ − ~k) Somit gilt also Z A.2 ~′ ~ d3 x ei~x(k −k) = (2π)3 δ 3 (~k ′ − ~k) Delta-Funktionen (ganz rudimentär) A.2.1 1–dimensional “Funktion”, die bei x = a konzentriert ist, mit der Eigenschaft, dass die Fläche unter der Kurve gleich 1 ist. δ(x − a) Z ∞ −∞ Was ist dann Z ∞ −∞ dx δ(x − a) f (x) = ? dx δ(x − a) = 1 . f (x) sei “normale Funktion” • Produkt wird ≈ 0 falls x 6= a • x ≈ a: Produkt = δ(x − a) f (a) 81 =⇒ Z Z ∞ −∞ dx δ(x − a) f (x) = ∞ −∞ dx δ(x − a) f (a) = f (a) | Also: Z Z ∞ −∞ dx δ(x − a) = f (a) . {z } 1 ∞ −∞ dx δ(x − a) f (x) = f (a) Vergiss die Herleitung; nimm dies als Regel! Analog gilt: A.2.2 Z ∞ −∞ dk δ(k − k ′ ) f˜(k) = f˜(k ′ ) . 3–dimensional δ 3 (~x − ~a) “Funktion”, die bei ~x = ~a konzentriert ist, mit der Eigenschaft, dass das Integral auf 1 normiert ist: Z d3 x δ 3 (~x − ~a) = 1 . R3 Bem.: Die “3” im Ausdruck δ 3 ist Teil der Symbolik und deutet an, dass wir im 3−dimensionalen Fall sind. Bsp.: Ladungsdichte ρ(~x) einer Punktladung q, die sich bei ~x = ~a befindet: ρ(~x) = q δ 3 (~x − ~a) Wir prüfen kurz nach, dass die Gesamtladung, die zu dieser Ladungsverteilung gehört, tatsächlich q ist: Z Z Z 3 3 3 d x ρ(~x) = d x q δ (~x − ~a) = q d3 x δ 3 (~x − ~a) = q X 3 3 3 R R R | {z } 1 82 Wie im 1−dimensionalen Fall gilt (f (~x) sei “normale” Funktion): Z d3 x δ 3 (~x − ~a) f (~x) = f (~a) . R3 A.3 Eigentliche Herleitung des Energieausdrucks (6.1) ǫ0 W = 2 Z n o ~ 2 (~x, t) + c2 B ~ 2 (~x, t) d3 x E 3 → W = (2π) 2 ǫ0 elektrischer Anteil Z ǫ0 We = 2 n o 2 2 ~ ~ d k |α1 (k)| + |α2 (k)| 3 Z ~2 =? d3 xE ~ Wir setzen das E−Feld Z n o 3 i(~k~ x−ωt) ~ ~ E(~x, t) = d k ~e(k) e + k.k. ; ω = c|~k| in den Ausdruck für We ein und erhalten: ~ x,t) E(~ ǫ0 We = 2 Z d3 x zZ Z }| { o n ~ ~ d3 k ~e(~k) ei(k~x−ωt) + ~e ∗ (~k) e−i(k~x−ωt) · o n ′ i(~k ′ ~ x−ω ′ t) ∗ ~′ −i(~k ′ ~ x−ω ′ t) ~ + ~e (k ) e · d k ~e(k ) e {z } | 3 ′ ~ x,t) E(~ Durch Ausmultiplizieren erhält man 4 Terme Z n ǫ0 ′ ~ ~′ ~e(~k) · ~e(~k ′ ) ei~x(k+k ) e−it(ω+ω ) + d3 x d3 k d3 k ′ We = 2 ′ ~ ~′ +~e(~k) · ~e ∗ (~k ′ ) ei~x(k−k ) e−it(ω−ω ) + + k.k.} R Wir führen als erstes die Integration d3 x... aus, unter Verwendung von Z ~ ~′ d3 x ei~x(k±k ) = (2π)3 δ 3 (~k ± ~k ′ ) 83 Wir erhalten ǫ0 We = (2π)3 2 Z d3 k d3 k ′ n ′ ~e(~k) · ~e(~k ′ ) δ 3 (~k + ~k ′ ) e−it(ω+ω ) + ′ +~e(~k) · ~e ∗ (~k ′ ) δ 3 (~k − ~k ′ ) e−it(ω−ω ) + + k.k.} Wir führen jetzt die Integration δ 3 −Funktionen: R d3 k ′ ... aus unter Verwendung der 1. Zeile: ~k ′ −→ −~k : ω ′ −→ +ω 2. Zeile: ~k ′ −→ ~k : ω ′ −→ +ω Wir erhalten dann ǫ0 We = (2π) 2 3 Z n o d3 k ~e(~k) · ~e(−~k) e−2itω + ~e(~k) · ~e ∗ (~k) + k.k. (A.1) magnetischer Anteil Z ǫ0 2 ~ 2 (~x, t) d3 x B Wm = c 2 Z n o ~ ~ B(~x, t) = d3 k ~b(~k) ei(k~x−ωt) + k.k. ; ω = c |~k| Eine analoge Rechnung wie oben führt auf den Ausdruck Z n o 3 ǫ0 2 Wm = (2π) d3 k ~b(~k) · ~b(−~k) e−2itω + ~b(~k) · ~b∗ (~k) + k.k. c 2 b(~k) lässt sich durch ~e(k) ausdrücken: ~b(~k) = 1 ~kˆ × ~e(~k) c ~b(~k) · ~b(−~k) = . . . = − 1 ~e(~k) · ~e(−~k) c2 ~b(~k) · ~b∗ (~k) = . . . = 1 ~e(~k) · ~e ∗ (~k) c2 Z n o 3 ǫ0 d3 k −~e(~k) · ~e(−~k) e−2itω + ~e(~k) · ~e ∗ (~k) + k.k. Wm = (2π) 2 Es gilt: 84 (A.2) Die gesamte Feldenergie W = We + Wm ist dann Z n o 3 ∗ ~ 3 ǫ0 ~ 2 d k ~e(k) · ~e (k) + k.k. W = (2π) 2 Z 2 3 W = (2π) 2 ǫ0 d3 k ~e(~k) Wir zerlegen ~e(~k) gemäss ~e(~k) = α1 (~k) ~ǫ1 (~k) + α2 (~k) ~ǫ2 (~k) . |~e(~k)|2 ist dann |~e(~k)|2 = |α1 (~k)|2 + |α2 (~k)|2 (da ~ǫ1 , ~ǫ2 orthog. Einheitsvektoren) Schliesslich lautet der Ausdruck für die elektromagnetische Feldenergie Z o n 3 3 2 2 ~ ~ uff! 2 W = (2π) 2 ǫ0 d k |α1 (k)| + |α2 (k)| 85 7 Retardierte Felder In diesem Kapitel machen wir den zweiten Schritt zur Konstruktion der allgemeinen Lösung der Maxwellgleichungen. Wir betrachten den Fall, wo ρ 6= 0 und ~ 6= 0. 7.1 Allgemeine Lösung der Maxwellgleichungen ρ 6= 0 ; ~ 6= 0 Annahme: In ferner Vergangenheit (t < −T ) seien noch keine Quellen vorhanden. Diese werden erst später eingeschaltet. Dies bedeutet also ρ(~x, t) = ~(~x, t) = 0 (t < −T ) . Ansonsten seien ρ, ~ beliebig vorgegeben, natürlich unter Berücksichtigung der ~ · ~ = 0. Kontinuitätsgleichung ρ̇ + ∇ Maxwellgleichungen: ~ ·E ~ = ρ ∇ ǫ0 ; ~ ·B ~ =0 ; ∇ ~˙ = µ0 ~ ~ ×B ~− 1 E ∇ 2 c ~ ×E ~ +B ~˙ = 0 ∇ (7.1) ~ 1, B ~ 1 ) und (E ~ 2, B ~ 2 ) Lösungen von (7.1). Diese Gleichungen sind linear. Seien (E . . ~3 = E ~1 − E ~ 2 und B ~3 = B ~1 − B ~ 2 die vier homogenen Dann lösen die Felder E Gleichungen, die zu ρ = 0 und ~ = 0 gehören. ~ 1, B ~ 1 ) irgendeine “partikuläre” Lösung von (7.1). Dann kann man jede =⇒ Sei (E ~ 1, B ~ 1 und einer homogenen (Vakuum) andere Lösung darstellen als Summe von E Lösung. =⇒ Oder: Irgendeine Lösung der homogenen Gleichungen führt zu einer Lösung ~ 1, B ~ 1 addiert. des inhomogenen Problems, wenn man sie zu E 86 Zusammengefasst haben wir also die folgende Situation Allgemeine Lösung der inhomogenen Gleichungen = Partikuläre Lösung der inhomogenen Gleichungen + Allgemeine Lösung der homogenen Gleichungen Da wir im Kapitel 6 die allgemeine Lösung des homogenen Problems diskutiert haben, brauchen wir nur noch eine einzige Lösung des inhomogenen Problems zu konstruieren. Wir gehen wieder via Wellengleichungen vor. Diese lauten in Anwesenheit von Quellen: 1 ~ ˙ ~ ~ ~ ∇ ρ + µ0 ~ 2E = f ; f =− ǫ0 ~ = ~g 2B ~ × ~ ~g = µ0 ∇ ; Herleitung: 1 c2 ~ × (∇ ~ × B) ~ = 1 ∇ c2 ~ ×B ~ = ∇ ~ = ~ · (∇ ~ ·B ~ ) − ∆B ∇ } | {z =0 ~˙ + µ0 ~ E | Rotation anwenden . ~ ×E ~ + µ0 ∇ ~ × ~ ∇ . 1 ~ ~ × ~ ~ + µ0 ∇ ∇ × E c2 | {z } ~ = − −∆B ~˙ −B 1 ~¨ ~ × ~ B + µ0 ∇ c2 1 ~¨ ~ = µ0 ∇ ~ × ~ B − ∆B c2 ~ = µ0 ∇ ~ × ~ 2B | {z } .g =~ X Ähnlich erhält man: ~ = ... = − 2E 1 ~ . ∇ ρ + µ0~˙ = f~ ǫ0 ~g und f~ werden im folgenden Quellterme der Wellengleichungen genannt. 87 (7.2) Annahme: Die Quellen seien nur in einem beschränkten Raum-Zeit Gebiet |t| < T , |~x| < R von Null verschieden. Es gilt dann der folgende Satz: Es gibt genau eine Lösung zu ~ = ~g 2B ~ = f~ 2E , ~ und B ~ vor dem Einschalten der Quellen verschwinden, für welche die Felder E die sogenannte retardierte Lösung: ~ ret (~x, t) = E 1 4π Z ~ ret (~x, t) = B 1 4π Z y| ) f~(~y , t − |~x−~ c dy |~x − ~y | 3 y| ~g (~y , t − |~x−~ ) c dy |~x − ~y | 3 (7.3) Beweis: 1) Die Integrale in (7.3) verschwinden für t < −T , da nach Voraussetzung 1 ~ ρ + µ0 ~˙ und ~g = µ0 ∇ ~ × ~ zu solchen Zeiten verschwinden. f~ = − ǫ0 ∇ ~ = f~ mit dieser Eigenschaft. 2) Es gibt nur 1 Lösung zu 2E . ~ ~ 1, E ~ 2 seien zwei solche Lösungen. E ~3 = ~ 2 wäre eiE1 − E Grund: E ne Lösung der homogenen Wellengleichung. Wie am Schluss des Kapitels 6 erwähnt, gilt: Falls F Lösung von 2F = 0 mit Anfangsbedingung F (~x, t0 ) = Ḟ (~x, t0 ) = 0 (∀~x), dann ist F (~x, t) = 0 (∀t, ∀~x). ~ 3 (~x, t0 ) = E ~˙ 3 (~x, t0 ) = 0 (∀~x). Folglich Nimm t0 so, dass t0 < −T . Dann ist E ~ 3 = 0 (∀t, ∀~x). Also gilt E ~ 1 (~x, t) = E ~ 2 (~x, t). Die Eindeutigkeit ist somit ist E gezeigt. ~ ret (~x, t), B ~ ret (~x, t) erfüllen die Wellengleichung. 3) Die retardierten Felder E ~ ret (~x, t) = 1 E 4π Z d3 y y| f~(~y , t − |~x−~ ) c |~x − ~y | ~ ret (~x, t) = ..... = f~(~x, t) 2E 2= 1 ∂2 −∆ ; c2 ∂t2 88 ∆= ∂2 ∂2 ∂2 + + . ∂x21 ∂x22 ∂x23 Wie wir sehen werden, ist die Verifikation (durch .... angedeutet) etwas länglich. Es genügt 2F (~x, t) = f (~x, t) zu betrachten und zu zeigen, dass 1 F (~x, t) = 4π Z y| ) f (~y , t − |~x−~ c dy |~x − ~y | 3 diese Gleichung tatsächlich löst. Es ist günstig, die folgende Substitution durchzuführen: d3 y = d3 z Z 3 dz |~z | 1 . f ~x + ~z, t − → F (~x, t) = 4π |~z | c ~y = ~x + ~z → Damit der Faktor |~1z | nicht zu Problemen führt, sparen wir eine Kugel Kε vom Radius ε um ~z = 0 aus im Integral (und lassen ε → 0 gehen am Schluss). Wir betrachten jetzt also 1 Fε (~x, t) = 4π und bilden 2Fε : wobei Z R3 \K ε d3 z z ; f ~x + ~z, t − z c 1 2Fε = 4π Z . z = |~z| d3 z I , z≥ε 1 1 ¨ f − ∆x f . I= z c2 (7.4) Wir versuchen nun, die partiellen Ableitungen nach ~x durch solche nach ~z auszudrücken: ~ zf = ∇ ~ x f + f˙ (−1) ∇ ~ z (z) = ∇ ~ x f − 1 ~z f˙ ∇ c | {z } cz ~ z z ~x=∇ ~ z + 1 ~z ∂ ~ xf = ∇ ~ z f + 1 ~z f˙ oder ∇ ⇒∇ cz c z ∂t 89 ∆x f wird dann: 1 ~z ∂ 1 ~z ∂ ~ ~ · ∇z + f ∇z + c z ∂t c z ∂t ~z ˙ 1 ~z ~ ˙ 1 ¨ 1~ ∇z f + ∇ = ∆z f + z f + 2f c z cz c | {z } ~x·∇ ~ xf = ∆x f = ∇ ~z ˙ 1 ∇z f+ c z |{z} ~ 1 c ~ z~ ∇ f˙ z z 2/z Somit ist 2 1 ˙ 2 ~z ~ ˙ 1 ¨ ∇z f + 2 f . f+ cz cz c Setze nun diesen Ausdruck für ∆x f in Gl. (7.4) ein: ∆x f = ∆z f + 1 2 1 ˙ 2 ~z ~ ˙ I = − ∆z f − f− ∇z f . z c z2 c z2 (7.5) Behauptung: I kann als Divergenz geschrieben werden: 1~ ~z 2 ~z ˙ ~ I = ∇ z · − ∇z f − 3 f − f . z z c z2 (7.6) Übung: Zeige, dass dieser Ausdruck mit demjenigen in Gl. (7.5) übereinstimmt. Lösung der Übung: Starte mit Gl. (7.6) und zeige, dass man Gl. (7.5) zurückgewinnt. 1 1 ~z ~ z f − ∆z f − ∇ ~ z ~z f − ~z ∇ ~zf I = − ∇ ∇ z z z3 z3 2~ ~z 2 ~z ~ ˙ − ∇z ∇z f f˙ − 2 c z c z2 Unter Verwendung von 1 ~z ~z 1 ~ =− 2 =− 3 ∇z z z z z ~z ∇ ; ~z z3 =0 ; ~z ∇ ~z z2 erhält man 1 2 1 ˙ 2 ~z ~ ˙ I = − ∆z f − f− ∇z f , z c z2 c z2 90 also Gl. (7.5) X = 1 z2 Somit: 1 2Fε = 4π Z 1~ ~z 2 ~z ˙ ~ d z ∇z · − ∇ z f − 3 f − f . z z c z2 z≥ε 3 Wir haben also ein Volumenintegral über eine Divergenz zu berechnen. Mithilfe des Satzes von Gauss können wir dieses in ein Oberflächenintegral über den Rand des Volumens umwandeln. Der Rand im Unendlichen liefert keinen Beitrag, da nach Voraussetzung f (und somit auch f˙) dort verschwinden. Es bleibt nur der Beitrag vom Rand der kleinen Kugel Kε : I 1 ~ z 1 2 ~ z ~· ~ zf + f + 2Fε = dS ∇ f˙ . 4π z=ε z z3 c z2 ~ ist nach aussen gerichtet (bezüglich der kleinen Kugel, deshalb der VordS zeichenwechsel). ~ bei ~z = 0 auswerten. ε klein machen: Dann kann man f , f˙ und ∇f Die Kugeloberfläche ist ∼ ε2 . Der 1. und 3. Term in der geschweiften Klammer verhalten sich wie ∼ 1/ε, während sich der 2. Term wie 1/ε2 verhält. ⇒ Nur der 2. Term überlebt im Limes ε → 0. I 1 ~ ~z f |~z=0 = . . . = 1 4π f |~z=0 = f (~x+~z , t− z )|~z=0 = f (~x, t) . dS· 2Fε→0 = 4π z=ε z3 4π c D.h., es gilt 2F (~x, t) = f (~x, t) . Also: F (~x, t) = 1 4π Z d3 y erfüllt tatsächlich die Wellengleichung f ~y , t − |~x − ~y | 2F (~x, t) = f (~x, t) . Der Satz ist also bewiesen. 91 |~ x−~ y| c Zusammengefasst: ~ ret (~x, t) = 1 E 4π Z d3 y 1 4π Z d3 y ~ ret (~x, t) = B y| f~(~y , t − |~x−~ ) c |~x − ~y | y| ~g (~y , t − |~x−~ ) c |~x − ~y | (7.7) sind die eindeutig bestimmten Lösungen der Wellengleichung, welche vor dem Einschalten der Quellen verschwinden. Übung: Begründe, wieso diese automatisch die Maxwellgleichungen lösen. 7.2 Darstellung der retardierten Felder via Greensche Funktion ~ ret und B ~ ret können auch dargestellt werden als E Z ~ Eret (~x, t) = Dret (~x − ~x′ , t − t′ ) d3 x′ dt′ f~(~x′ , t′ ) ~ ret (~x, t) = B Z Dret (~x − ~x′ , t − t′ ) d3 x′ dt′ ~g (~x′ , t′ ) Aus dieser Darstellung sieht man sehr gut, dass die retardierten Felder am Punkt ~x zur Zeit t eine Überlagerung von Beiträgen sind, die von den Quellen zu verschiedenen Zeiten (t′ ) und Orten (~x′ ) produziert werden. 92 Der explizite Ausdruck für Dret (~x, t) lautet: |~x| 1 δ t− Dret (~x, t) = 4π |~x| c ~ ret , B ~ ret in Gl. (7.7): Dieser explizite Ausdruck für Dret (~x, t) führt tatsächlich zu E Z ~ Eret (~x, t) = Dret (~x − ~x′ , t − t′ ) d3 x′ dt′ f~(~x′ , t′ ) Z = |~x − ~x′ | 1 ′ d3 x′ dt′ f~(~x′ , t′ ) . δ t−t − 4π |~x − ~x′ | c Wir führen jetzt die Integration über t′ aus unter “Verwendung” der δ−Funktion. Diese liefert nur dann einen Beitrag zum Integral, wenn t′ = t − |~x − ~x′ | . c Wir erhalten also ~ ret (~x, t) = 1 E 4π Z d3 x′ ~ ′ |~x − ~x′ | , f ~x , t − |~x − ~x′ | c ~ ret (~x, t) in Gl. (7.7) übereinstimmt. was mit E 7.2.1 Was beschreibt Dret (~x, t)? Behauptung: Dret beschreibt das Wellenfeld, das von einer punktförmigen (bei ~x = 0) Quelle erzeugt wird, die während kurzer Zeit (bei t = 0) aufblitzt. ~ Um dies einzusehen, betrachten wir z.B. die erste Komponente des E−Feldes. Die zu dieser Situation gehörende Quelle ist f1 (~x, t), beschrieben durch f1 (~x, t) = δ 3 (~x) δ(t) . ~ ret (~x, t) ist dann also E Eret (~x, t)1 = Z f1 (~ x′ ,t′ ) z }| { Dret (~x − ~x′ , t − t′ ) δ 3 (~x′ ) δ(t′ ) d3 x′ dt′ = Dret (~x, t) . 93 Wie behauptet, gilt Eret (~x, t)1 = Dret (~x, t) . X ~ ret (~x, t), welches zu einer Quelle f~(~x, t) gehört, Wir wissen ganz allgemein, dass E die inhomogene Wellengleichung ~ ret (~x, t) = f~(~x, t) 2E erfüllt. Speziell gehört das Wellenfeld Dret (~x, t) zur Quelle δ 3 (x) δ(t), also gilt die Gleichung 2Dret (~x, t) = δ 3 (~x) δ(t) . Weitere Interpretationen von Dret : |~x| 1 δ t− Dret (~x, t) = 4π|~x| c Die δ−Funktion ist nur dann von Null verschieden, wenn ihr Argument verschwindet: Zur Zeit t ist nur gerade im Abstand |~x| = ct ein Wellensignal vorhanden! Dret (~x, t) beschreibt also die Propagation einer Kugelwelle, die zur Zeit t = 0 am Ort ~x = 0 erzeugt wurde. Man kann denselben Sachverhalt auch 4−dimensional darstellen: Dret 6= 0 nur auf dem Vorwärtslichtkegel. 94 7.2.2 Retardierte Potentiale ~ x, t) und ϕ(~x, t) in der In den Übungen haben wir gezeigt, dass die Potentiale A(~ Lorentzeichung die Wellengleichung ~ x, t) = µ0 ~(~x, t) 2 A(~ 2 ϕ(~x, t) = 1 ρ(~x, t) ǫ0 erfüllen. Die retardierten Lösungen können wir direkt hinschreiben: y| ~(~y , t − |~x−~ ) c dy |~x − ~y | Z y| ) y , t − |~x−~ 1 3 ρ(~ c ϕret (~x, t) = dy 4π ǫ0 |~x − ~y | ~ ret (~x, t) = µ0 A 4π Z 3 (7.8) ~ ret , B ~ ret in Gl. (7.7) führen Übung: Zeige, dass diese Potentiale zu den Feldern E . (Hinweis: Man ersetze die Integrationsvariable ~y durch ~z = ~x − ~y ). Übung: Zeige, dass die Potentiale (7.8) tatsächlich der Lorentzbedingung genügen: ~ ·A ~ ret + 1 ϕ̇ret = 0 . ∇ c2 7.3 Eigenschaften der allgemeinen Lösung Die allgemeine Lösung der Maxwellgleichungen (bei vorgegebenen Quellen ρ und ~) ist von der Form ~ x, t) = E ~ ret (~x, t) + E ~ in (~x, t) E(~ ~ x, t) = B ~ ret (~x, t) + B ~ in (~x, t) B(~ ~ ret , B ~ ret : E Felder, die von den Quellen erzeugt werden. Diese sind gegeben durch explizite Integrale über ρ, ~: 95 Z 1 1 1 3 ~ ρ + ~˙ ~ ret (~x, t) = − dy ∇ E 4π ǫ0 |~x − ~y | c2 ret Z h i µ0 1 3 ~ ~ Bret (~x, t) = dy ∇ × ~ 4π |~x − ~y | ret (7.9) [F ]ret : Wert einer Grösse F an retardierter Stelle, d.h., |~x − ~y | ) ; [F ]ret = F (~y , t − | {z c } tret : retardierte Zeit tret ~ in , B ~ in : E Überlagerung ebener, monochromatischer Wellen ~ in (~x, t) = E ~ in (~x, t) = B Z Z n o ~ d3 k ~e(~k) ei(k~x−ωt) + k.k n o ~ d3 k ~b(~k) ei(k~x−ωt) + k.k 1ˆ [~b(~k) = ~k × ~e(~k)] c ω = c |~k|. ~e(~k) beliebige komplexe Funktion von ~k mit ~e(~k) · ~k = 0. ~ in , B ~ in : E e.m. Wellen, die schon vor dem Einschalten der Quellen anwesend sind und welche auch nachher unabhängig von der Materie anwesend sind. Allgemeine Lösung ist Überlagerung ~ in und E ~ ret (resp. B ~ in und B ~ ret ). von E ~ ret und B ~ ret Beachte: Nach dem Abschalten der Quellen zur Zeit t = T sind E ~ in , B ~ in Lösungen zu den homogenen Gleichungen. Man kann demzufolge E ~ ret , B ~ ret gerade kompensiert werden für t > T , d.h., so wählen, dass E ~ = E ~ in + E ~ ret = 0; B ~ = B ~ in + B ~ ret = 0 (t > T ). Diese Lösung heisst E avancierte Lösung der Maxwellgleichungen. Diese kann so interpretiert werden, dass einlaufende elektromagnetische Wellen von den Quellen absorbiert werden. 96 Nochmals retardiertes Feld am Ort ~x zur Zeit t: Dieses Feld ist Überlagerung von y| erzeugt wurden. Beiträgen, die an den Orten ~y zur retardierten Zeit tret = t− |~x−~ c 3 Das Volumenelement d y am Ort ~y macht den folgenden Beitrag zum Feld: 1 1 ˙ 1 ~ ~ dEret (~x, t) = − ∇ ρ + 2 ~ d3 y 4π ǫ0 c |~ x − ~ y | ret [f ]ret = f (~y , tret ) ; tret = t − |~x − ~y | . c ~ ret bei ~x und t ist das Verhalten der Quellen auf dem RückwärtsMassgebend für E lichtkegel: 7.4 Felder stationärer Quellen ρ̇ = ~˙ = 0 : stationäre Quellen Z 1 1 ~ ret (~x, t) = − ~ y) −→ E d3 y ∇ρ(~ 4π ǫ0 |~x − ~y | Z 1 µ 0 ~ × ~(~y ) ~ ret (~x, t) = d3 y ∇ B 4π |~x − ~y | Diese Felder sind, wie zu erwarten, unabhängig von der Zeit. Wir verzichten ~ ret (~x), B ~ ret (~x). deshalb im folgenden auf das Zeitargument und schreiben E 97 7.4.1 ~ Feld E− Es gilt: 1 ~ y) = ∇ ~y ∇ρ(~ |~x − ~y | ρ(~y ) |~x − ~y | ~y 1 − ρ(~y ) ∇ |~x − ~y | | {z } (~ x−~ y) |~ x−~ y |3 ~ ret auch schreiben als Somit kann man E Z 1 ρ(~ y ) (~ x − ~ y ) ρ(~ y ) 3 ~ ret (~x) = − ~y E dy ∇ − 4π ǫ0 |~x − ~y | |~x − ~y |3 Der erste Term in der geschweiften Klammer ist ein Randterm. Da ρ für |~y | → ∞ verschwindet, liefert dieser Term keinen Beitrag. Man erhält ~ ret (~x) = E 1 4π ǫ0 Z d3 y ~x − ~y ρ(~y ) ; |~x − ~y |3 ~ E−Feld einer stat. Ladungsvert. ~ Wie sieht das E−Feld weit weg von der Ladungsverteilung aus? Z ~x ρ(~y ) |~x|3 ~ ret (~x) ≃ E 1 4π ǫ0 ~ ret (~x) ≃ E 1 ~x Q ; 4π ǫ0 |~x|3 d3 y Q= ~x weit weg von Lagungsverteilung 7.4.2 Z d3 y ρ(~y ) : Gesamtladung ~ Feld B− ~ ret (~x) = µ0 B 4π Z d3 y 98 1 ~ × ~(~y ) ∇ |~x − ~y | Es gilt: 1 ~ × ~(~y )) = ∇ ~y× (∇ |~x − ~y | (~x − ~y ) 1 ~ − × ~ ; |~x − ~y | |~x − ~y |3 (Übung) Der erste Term auf der rechten Seite führt (bei Einsetzen in den Ausdruck für ~ ret ) wieder zu einem verschwindenden Oberflächenterm. Wir erhalten also B ~ ret (~x) = − µ0 B 4π Z d3 y (~x − ~y ) × ~(~y ) |~x − ~y |3 99 ; ~ B−Feld einer stat. Stromvert. 8 Felder veränderlicher Quellen ~ und B−Felder ~ In diesem Kapitel betrachten wir wieder zeitabhängige E− und knüpfen somit an Kapitel 7 an. 8.1 Nahzone – Fernzone ~ und B−Felder ~ Im Kapitel 7 haben wir die retardierten E− diskutiert. Diese lauten (siehe Gl. (7.9)): Z 1 1 1 3 ˙ ~ ret (~x, t) = − ~ ρ + ~ E dy ∇ 4π ǫ0 |~x − ~y | c2 ret Z h i 1 µ 0 ~ × ~ ~ ret (~x, t) = d3 y ∇ B 4π |~x − ~y | ret Was ist gemeint mit dem Symbol [F ]ret ? Die Situation ist die, dass wir es mit einer Funktion F von zwei Variablen zu tun haben. Die erste Variable ist die (dreidimensionale) Ortsvariable und die zweite Variable ist die Zeitvariable. [F ]ret , welches in obigen Integralen vorkommt, ist wie folgt gemeint: |~x − ~y | ) ; [F ]ret = F (~y , t − | {z c } tret : retardierte Zeit tret ~ ret ist gemeint, dass man zuerst den Gradienten Beachte: Mit dem Ausdruck [∇ρ] bezüglich des Ortes bilden soll; nachdem dieser gebildet ist, setzt man für das y| Ortsargument ~y ein und für das zeitliche Argument tret = t − |~x−~ . c ~ ret ist nicht dasselbe wie der Gradient von [ρ]ret ! Es gilt die folgende Beachte: [∇ρ] Beziehung zwischen den zwei Grössen: Übung: Zeige, dass gilt |~ x − ~ y | ~ ret + ~x − ~y 1 [ρ̇]ret . ~ y [ρ]ret ≡ ∇ ~ y ρ ~y , t − = .... = [∇ρ] ∇ c |~x − ~y | c Vereinfachung der Schreibweise: ~ = ~x − ~y R ; R = |~x − ~y | ; 100 ~ ~ˆ = R R R Somit: ~ˆ [ρ̇]ret ~ y [ρ]ret = [∇ρ] ~ ret + 1 R ∇ c Mit Hilfe dieser Relation gilt Z ~ˆ 1 ˙ 1 1R 3 1 ~ ~ d y ∇y [ρ]ret − [ρ̇]ret + [~]ret Eret (~x, t) = − 2 4π ǫ0 R c R R c | {z } partiell integr. 1 ~ ~y ∇y [ρ]ret = ∇ R | 1 ~y 1 [ρ]ret −[ρ]ret ∇ R R {z } | {z } Oberfl.term→0 ˆ 1 ~ R R2 ~ ret (~x, t) geschrieben werden als Somit kann E ~ ret (~x, t) = + 1 E 4π ǫ0 Z 1 ~ˆ [ρ]ret + 1 d3 y 2 R |R {z } |c Coulomb ~ˆ R 1 ˙ [ρ̇]ret − [~]ret 2 R R c {z } Strahlungsterme (8.1) Statische Quellen: ρ̇ = ~˙ = 0: Nur der erste Term bleibt: [ρ]ret = ρ(~y ) → Coulombgesetz! ρ̇ 6= 0, ~˙ 6= 0: Die zwei weiteren Terme werden verantwortlich sein für die Energieabstrahlung. ~ ret (~x, t) umformen, wenn man die Identität Ähnlich kann man den Ausdruck für B ~ˆ R ~ ~ ∇y × [~]ret = [∇ × ~]ret + × [~˙]ret c braucht und dann partiell integriert: ~ ret (~x, t) = − µ0 B 4π Z ˆ R ~ˆ 1R ~ d y 2 × [~]ret + × [~˙]ret |R {z } |c R {z } Biot-Savart Strahlungsterm 3 101 (8.2) Sehr wichtig: Man sieht deutlich, dass die Strahlungsterme mit 1/R abfallen, während der Coulombterm und der Biot-Savartterm mit 1/R2 abfallen. Zeitlich veränderliche Quellen ρ, ~ sind durch die Kontinuitätsgleichung ~ · ~ = 0 ρ̇ + ∇ verknüpft. Annahme: Im folgenden oszillieren Strom- und Ladungsverteilung mit der Frequenz ω. ρ(~x, t) = cos(ωt) ρ0 (~x) ; ~(~x, t) = sin(ωt) ~0(~x) Kontinuitätsgleichung: ~ · ~ = 0 ρ̇ + ∇ ~ · ~0 (~x) = 0 , −ω sin(ωt) ρ0 (~x) + sin(ωt) ∇ also ρ0 (~x) = 1 ~ ∇ · ~0 (~x) , ω d.h., ρ0 (~x) ist durch ~0 (~x) festgelegt. " ˆ # Z ~ ~ˆ 1 R R 1 1 3 ~ ret (~x, t) = E dy [ρ]ret + [ρ̇]ret − [~˙]ret 4π ǫ0 R2 c R R c2 R ; f = ρ, ρ̇, ~˙ [f ]ret = f ~y , t − c ~ ret (~x, t) ist periodisch mit Periode T = 2π : Ort ~x fest: E ω ~ ret (~x, t) ~ ret ~x, t + 2π = E E ω R 2π R = f ~y , t − . − weil f ~y , t + ω c c ~ ret schwingt mit der Frequenz ω und breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit =⇒ E kugelförmig aus. Die Wellenlaänge λ ist λ= c 2π c = . ν ω 102 Die Wellenlänge hängt also nicht von der Geometrie der Antenne ab, sondern nur von der Frequenz, mit der sie betrieben wird. ~ ret : Betrachte das Magnetfeld B ~ ret (~x, t) = − µ0 B 4π Z ˆ R ~ˆ 1R ~ d y 2 × [~]ret + × [~˙]ret |R {z } |c R {z } Biot-Savart Strahlungsterm 3 Wir schätzen die beiden Terme ab (grössenordnungsmässig!) ~˙ = ω cos(ωt) ~0 ∼ ω ~ [∼ bedeutet gleiche Grössenordnung] Strahl.term ∼ Biot-Savartterm ω cR 1 R2 ∼ R ω R∼ c λ Biot-Savartterm dominiert bis zu grossen Abständen. Erst wenn R ∼ λ, dann wird der Strahlungsterm signifikant ω klein −→ λ gross −→ Nahzone der Quelle: Bereich von ~x, in dem R = |~x − ~y | ≪ λ für alle Punkte ~y der Quelle. Fernzone der Quelle: R ≫ λ In der Nahzone ist das Feld durch den Biot-Savartterm dominiert und in der Fernzone durch dem Strahlungsterm. Stationäre Quellen: ω = 0 −→ λ = ∞. In diesem Fall gibt es keine Fernzone, d.h., das Feld ist durch den Biot-Savartterm gegeben. Bsp.: Antenne mit Frequenz ν = 1 MHz = 106 s−1 . −→ λ = c 3 · 108 m = s = 300 m ν 106 s In einer Distanz R = 10m ist man in der Nahzone. Die Retardierung Rc = 10 m ≃ 3 · 10−8s ist klein im Vergleich zur Schwingungsdauer T = ν1 = 3·108 m/s 10−6 s. Die Fernzone umfasst das Gebiet grosser Abstände (R ≫ 300m). In diesem Gebiet hinkt das Feld um mehrere Schwingungsperioden nach. 103 Bem.: Es gibt nicht wirklich Quellen mit exakt scharfer Frequenz. Jede beliebige Stromverteilung lässt sich aber als Überlagerung von Beiträgen scharfer Frequenz darstellen (gemäss dem Satz von Fourier): ~(~x, t) = Z ∞ dω e+iωt ~˜(~x, ω) −∞ Das entsprechende Feld ist dann auch eine Überlagerung von Feldern scharfer Frequenz. Falls das Frequenzspektrum um ω̄ konzentriert ist, dann ist die typische c. Diese bestimmt dann die Nah– und Fernzone. Wellenlänge λ = 2π ω̄ ~ ret −Feld: Wir betrachten jetzt das E ~ ret (~x, t) = 1 E 4π ǫ0 Z 1. Strahl.term ∼ Coulomb ω cR 1 R2 ˆ R 1 ~ d3 y 2 [ρ]ret + |R {z } |c Coulomb ∼ ω R R∼ c λ ~ˆ R 1 ˙ [ρ̇]ret − [~]ret 2 R R c {z } Strahlungsterme ~ ret −Feld Gleiche Diskussion wie oben beim B Der 2. Strahlungsterm ist bis auf Faktor c von gleicher Grössenordnung wie der ~ ret −Feld. Strahlungsterm im B ~ ret | und c |B ~ ret | gleich sind in der Im nächstes Abschnitt werden wir sehen, dass |E Fernzone, weit weg von den Quellen. 104 8.2 Emission elektromagnetischer Wellen " ˆ # ~ ~ˆ R R 1 1 d3 y [ρ]ret + [ρ̇]ret − [~˙]ret R2 c R R c2 " # Z ˆ ˆ ~ ~ R 1R ~ ret (~x, t) = − µ0 B d3 y × [~]ret + × [~˙]ret 2 4π R c R ~ ret (~x, t) = 1 E 4π ǫ0 ~ = ~x − ~y ; R Z R = |~x − ~y | ; ~ ~ˆ = R . R R Die Quellen sind zeitlich veränderlich, ihre räumliche Ausdehnung sei d (d.h., ~ˆ |~y | < d). In grossem Abstand von den Quellen (|~x| ≫ d) werden die Vektoren R und R, die in den Integralen vorkommen, nahezu unabhängig von der Integrationsvariable ~y : ~ˆ ≃ ~x R ≃ |~x| ; R |~x| Setze . r = |~x| ; ~x ~xˆ = |~x| ~ ret und B ~ ret , dass Man sieht in den obigen Ausdrücken für E Coulombterm, Biot-Savartterm: Strahlungsterme: fallen mit 1/r 2 ab fallen mit 1/r ab ~ ret und B ~ ret von der Ordnung In anderen Worten sind für r ≫ d, r ≫ λ sind E 1/r. ~ ret = 1 ~e + O(1/r 2) E r ~ ret = 1 ~b + O(1/r 2) B r Z h i µ0 ~e = d3 y c~xˆ [ρ̇]ret − [~˙]ret 4π Z h i µ 0 3 ˆ ˙ ~b = − d y ~x × [~]ret 4π c (µ0 ǫ0 c2 = 1 verwendet) Beachte: Die retardierte Zeit tret hängt vom Abstand zur Quelle ab. ~e und ~b hängen deshalb nicht nur von ~xˆ und t, sondern auch von r = |~x| ab. 105 Umformung von ~e: Wir können die Kontinuitätsgleichung in der Form ~ · ~]ret [ρ̇]ret = −[∇ verwenden. Mithilfe der Relation ~ˆ R ~ ~ ∇y · [~]ret = [∇ · ~]ret + · [~˙]ret c kann [ρ̇]ret geschrieben werden als [ρ̇]ret " # ~ˆ R ~ y [~]ret − =− ∇ · [~˙]ret . c Unter Verwendung dieser Gleichung erhält man für ~e: Z h i µ0 ˆ ˙ 3 ˆ ˆ ˙ ~ ~ d y −c ~x (∇y · [~]ret ) + ~x (R · [~]ret ) − [~]ret ~e = 4π erster Term: ∼ ~xˆ Z Gauss ˆ ~ y · [~]ret === d y∇ ~x 3 ~ˆ ≃ ~xˆ zweiter Term: R I ~ · [~]ret dS | {z } =0 Somit lauten ~e und ~b µ0 ~e = 4π Z ~b = − µ0 4π c Definition: . ~ x, t) = J(~ Z 3 h i d3 y ~xˆ (~xˆ · [~˙]ret ) − [~˙]ret , Z h i d3 y ~xˆ × [~˙]ret . d y [~]ret = Z |~x − ~y | . d y ~ ~y , t − c 3 Mithilfe dieser Definition lauten ~e und ~b: i µ µ0 h ˆ ˆ ~˙ ˙ 0 ˆ ~˙ , ~e = ~x (~x · J) − J~ = ~x × (~xˆ × J) 4π 4π µ ~b = − 0 ~xˆ × J~˙ . 4π c 106 (8.3) ~ ret und B ~ ret fallen mit 1/r ab: Resultat: r ≫ d; r ≫ λ. E ~ ret (~x, t) = µ0 ~xˆ × (~xˆ × J) ~˙ + O(1/r 2) E 4π r ~ ret (~x, t) = − µ0 ~xˆ × J~˙ + O(1/r 2) B 4π c r Z |~ x − ~ y | 3 J~ = d y ~ ~y , t − c ~ ret ⊥ ~x, wichtige Eigenschaften: E ~ ret ⊥ ~x, B (8.4) ~ ret ⊥ E ~ ret . B ~ ret | = c |B ~ ret|. Übung: Zeige, dass |E In grossem Abstand von der Quelle hat das elektromagnetische Feld somit die für Wellen charakteristische Eigenschaften (vergleiche ebene Welle in Richtung von ~x). ~ ret und B ~ ret ist J(~ ~ x, t): Massgebend für E Z ~ J(~x, t) = d3 y ~[~y , tret ] ; |~x − ~y | . tret = t − c ~ x, t) Es stellt sich heraus, dass man im Falle wo λ ≫ d bei grossen Abständen J(~ vereinfachen kann: ~ x, t) = J(~ Z h ri d3 y ~ ~y , t − ; c 107 (r ≫ d ; r ≫ λ ; λ ≫ d) Bewegt man sich mit der Geschwindigkeit v = c radial von der Quelle weg (r = ~ x, t) dasselbe. c t + const.), bleibt J(~ Da wir im folgenden die Energieabstrahlung berechnen wollen, betrachten wir den Poyntingvektor ~ ret × B ~ ret . ~= 1 E S µ0 Dieser lautet weit weg von der Quelle: µ0 ~˙ × [~xˆ × J] ~˙ [~xˆ × (~xˆ × J)] 2 2 16π c r µ0 ~˙ ~˙ × [~xˆ × (~xˆ × J)] ~= [~xˆ × J] S 2 2 {z } {z } | | 16π c r ~ =− S ~a [~b×~c] Unter Verwendung von ~a × [~b × ~c] = ~b (~a · ~c) − ~c (~a · ~b) erhält man µ0 ~= ~˙ 2 − (~xˆ × J) ~˙ (~xˆ · (~xˆ × J)) ~˙ ~xˆ (~xˆ × J) S 2 2 | {z } 16π c r =0 ~= S µ0 ~˙ 2 + O(1/r 3) ~xˆ |~xˆ × J| 2 2 16π c r ~ zeigt also radial von der Quelle weg und fällt ab wie 1/r 2 [für Der Vektor S (t − r/c) fest]. Zur Erinnerung: [S] = Leistung/m2 Die Gesamtenergie, die pro Sekunde durch eine Kugel vom Radius r strömt, also die abgestrahlte Leistung L, ist gegeben durch I ~ ·S ~. L = dS ~ = ~xˆ |dS| ~ = ~xˆ r 2 dΩ; Mit dS dΩ = sin θ dθ dϕ erhält man I µ0 ~˙ 2 . dΩ |~xˆ × J| L= 16π 2 c (8.5) L hängt nur von (t − r/c) ab: Die Energie, die zur Zeit t durch eine Kugel mit Radius r strömt, fliesst später durch eine Kugel weiter draussen. 108 8.3 Abgestrahlte Leistung in Dipolnäherung Zentrales Objekt: J~ = Behauptung: Z h ri d y ~ ~y , t − c 3 r ˙ ~ J = ~p t − c (r ≫ λ ; r ≫ d ; λ ≫ d) wobei ~p(t) = Z d3 y ~y ρ(~y , t) . p~(t) ist das (zeitabhängige) Dipolmoment der Ladungsverteilung ρ(~y , t). Beweis: Betrachte die zeitliche Ableitung der 1. Komponente von p~: Z Z Kont.gl 3 ~ · ~ ṗ1 = d y y1 ρ̇ === − d3 y y1 ∇ = − = − Z Z ~ · (y1 ~) − (1, 0, 0) · ~] d 3 y [∇ ~ · (y1 ~) + d y∇ | {z } 3 Z d3 y j1 Gauss→0 → ṗ1 = J1 . Andere Komponenten analog, also gilt: J~ = ~p˙ . Die retardierten Felder lauten dann in dieser Approximation µ0 ˆ h ˆ ¨i ~x × ~x × ~p + O(1/r 2) Strahlungsfeld in der Fernzone 4π r in Dipolnäherung µ0 ˆ ¨ 2 ~ Bret (~x, t) = − ~x × ~p + O(1/r ) 4πc r ~ ret (~x, t) = E Die abgestrahlte Leistung dL in das Raumwinkelelement dΩ ist gegeben durch (siehe Gl. (8.5)) µ0 ˆ ¨ 2 |~x × p~| dΩ . dL = 16π 2 c Falls das Dipolmoment in einer Richtung schwingt (z.B. Stabantenne in Richtung der z−Achse), hat man die folgende Situation: 109 dL = µ0 ¨ 2 µ0 ˆ ¨ 2 |~x × ~p| dΩ = |p~| sin2 θ dΩ . 2 16π c 16π 2 c (8.6) Gesamte Leistung L des Senders: Da p~ unabhängig ist von den Winkeln θ und ϕ, kann man das Integral in Gl. (8.6) ausführen: Z 8π dΩ sin2 θ = . 3 Wir erhalten für die gesamte abgestrahlte Leistung (in Dipolnäherung): L= µ0 ¨ 2 |p~| 6π c (Dipolnäherung) (8.7) Das Dipolmoment schwinge mit der Frequenz ω: ~p(t) = ~p0 cos(ω t) −→ p~¨(t) = −ω 2 p~0 cos(ω t) Mittleres L̄ (halbes maximales L) L̄ = µ0 ω 4 |~p0 |2 . 12π c (8.8) Die abgestrahlte Leistung wächst also mit der vierten Potenz von ω! Beachte: Wir haben die Leistung berechnet, die zur Zeit t durch eine (grosse) Kugel mit Radius r fliesst. Diese Leistung wurde vom Sender zur Zeit t − r/c emittiert. 110 8.3.1 Abgestrahlte Leistung eines beschleunigten Teilchens Ladungsverteilung mit vorgegebener Form f , die auf einer Bahn ~z (t) bewegt wird. Die zugehörige Ladungsverteilung ρ(~y , t) lautet in diesem Fall: ρ(~y , t) = f (~y − ~z (t)) . Gesamtladung q der Quelle: q= Z d3 y f (~y ) Das zugehörige Dipolmoment ~p(t) ist Z p~(t) = d3 y ~y f (~y − ~z(t)) ; p~(t) = Z 3 d u (~u + ~z (t)) f (~u) = Subst.: ~y − ~z (t) = ~u Z p ~0 zeitunabh. → p~¨(t) = q ~z¨(t) Z d u ~u f (~u) +~z (t) d3 u f (~u) {z } | {z } | 3 q ~z¨(t) ist die Beschleunigung der Ladungsverteilung, resp. die Beschleunigung des geladenen Teilchens, welches längs der Bahn ~z (t) fliegt. 111 Abgestrahlte Leistung eines beschleunigten Teilchens: p~¨ = q ~z¨ in Gl. (8.7) einsetzen. Man erhält L= µ0 2 ¨2 µ0 ¨ 2 |p~| = q ~z 6π c 6π c Formel von Larmor (8.9) Beachte: Ein ruhendes oder ein geradlinig gleichförmig bewegtes Teilchen emittiert keine Wellen. Die abgestrahlte Leistung ist proportional zum Quadrat der Beschleunigung! Bsp.: Ein geladenes Teilchen bewege sich auf der Kreisbahn ~z(t) = ρ (cos ωt, sin ωt, 0) ω = 2π/T Kreisfrequenz der Bewegung ; ρ : Kreisradius Der Betrag der Beschleunigung ist in diesem Fall |~z¨| = ω 2 ρ . Für die abgestrahlte Leistung erhalten wir µ0 2 2 4 L= q ρ ω 6π c Wir sollten beachten, dass diese Formel in der Dipolnäherung hergeleitet wurde, d.h., sie gilt nur, wenn λ≫d∼ρ λ≫ρ c ≫ ρ resp. c ≫ ρ ω . ω ρ ω ist die Umlaufgeschwindigkeit. Die Dipolnäherung gilt in dieser Anwedung, wenn das Teilchen langsam ist verglichen mit der Lichtgeschwindigkeit! Die Energie-Abstrahlung von relativistischen Teilchen wurde jeweils in der Elektrodynamik II behandelt (siehe Kap. 13 im Skript von H. Leutwyler) und jetzt wohl in der Vorlesung über klassische Feldtheorie. 112