Einführung in die Soziologie sozialer Ungleichheit (PS) Programm der heutigen Sitzung 1. Wiederholung: Marx und Weber 2. Referate zu Geiger und Schelsky Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 1 Marx und Weber in fünf Schritten 1) Marx‘ Historischer Materialismus 2) Arbeit als zentraler Begriff bei Marx 3) Klassen und Klassenkampf bei Marx 4) Webers Klassen und Stände 5) Vergleich Marx/Weber Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 2 1. Historischer Materialismus 1. Historischer Materialismus • Beginn von Marx´ Werk durch die Auseinandersetzung mit Hegel und dem deutschen Idealismus gekennzeichnet Hegels Philosophie a. Fortschrittslogik der Menschheitsgeschichte als die permanente Auflösung von Widersprüchen Dialektik: These (das Alte) + Antithese (Negation des Alten = das Neue) = Synthese (Aufhebung der Widersprüche auf einer höheren Ebene) b. geistiges („ideelles“) Prinzip: alle gesellschaftlichen Erscheinungen wie Wirtschaft, Politik oder Recht sind Manifestationen des Weltgeistes Idealismus Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 3 1. Historischer Materialismus Marx´ Kritik am Idealismus Marx stellt Hegel „vom Kopf auf die Füße“ • Dabei bezieht er sich zunächst auf Feuerbach – es gibt kein außermenschliches Gestaltungsprinzip gibt (weder Gott noch Weltgeist) – sondern: nur der Mensch allein ist Schöpfer seiner Welt Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) Ludwig Feuerbach (1804-1872) Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 4 1. Historischer Materialismus Marx´ Kritik an Feuberbach „Feuerbach löst das religiöse Wesen in das menschliche Wesen auf. Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das ensemble der gesellschaftlichen Wirklichkeit.“ (Marx, Thesen über Feuerbach) Historischer Materialismus • Historisch = Mensch im geschichtlich-gesellschaftlichen Kontext • Materialismus = Mensch als Schöpfer der Welt Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 5 Marx und Weber in fünf Schritten 1) Marx‘ Historischer Materialismus 2) Arbeit als zentraler Begriff bei Marx 3) Klassen und Klassenkampf bei Marx 4) Webers Klassen und Stände 5) Vergleich Marx/Weber Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 6 2. Arbeit als Basis Marx´ Menschenbild • Arbeit als anthropologische Grundvoraussetzung des Menschen: – Definition: Arbeit ist die tätige Auseinandersetzung mit der Natur – Mirko-Ebene: der Mensch muss arbeiten um zu überleben – Makro-Ebene: erst durch Arbeit entsteht das, was wir Gesellschaft nennen • Axiome (= ohne Beweis anerkannt) – Notwendigkeit der Produktion um Reproduktion zu sichern – Notwendigkeit, dies in Kooperation mit anderen zu tun Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 7 2. Arbeit als Basis Produktionsweise der Gesellschaft • Produktionsweise = Verhältnis von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen • Produktivkräfte = alle konkreten Arbeitsgegenstände – Menschliche Arbeitskraft – Produktionsmittel wie Rohstoffe, Werkzeuge, Maschinen – produktive Fähigkeiten (Wissen) menschlicher Arbeitskraft, technische Erfindungen • Produktionsverhältnisse – die Beziehungen der Gesellschaftsmitglieder untereinander und zu den Produktionsmitteln/Produkten Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 8 Marx und Weber in fünf Schritten 1) Marx‘ Historischer Materialismus 2) Arbeit als zentraler Begriff bei Marx 3) Klassen und Klassenkampf bei Marx 4) Webers Klassen und Stände 5) Vergleich Marx/Weber Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 9 3. Klassen und Klassenkampf Marx´ dialektisches Geschichtsverständnis • Produktivkräfte entwickeln sich weiter und • geraten zunehmend in Widerspruch zu den bestehenden Produktionsverhältnissen • revolutionäre Spannungen neue Produktionsweise etabliert sich Theorie des sozialen Wandels • Marx weist den Produktivkräften und Produktionsverhältnisse jeweils soziale Gruppen als Träger zu = Klassen • Klassen = bestimmt durch Stellung im Produktionsprozess, d.h. durch die Eigentumsverhältnisse (Besitz vs. Nicht-Besitz von Produktionsmitteln) Klassenkämpfe als „Motor“ des sozialen Wandels Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 10 3. Klassen und Klassenkampf Gesellschaftsformationen „Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen.“ (Marx/Engels) • Urgesellschaft: klassenlose Gesellschaft • Sklavenhalterordnung: Freier vs. Sklave • Feudalismus: Feudalherr vs. Leibeigener • Kapitalismus: Bourgeoisie vs. Proletariat • Kommunismus: klassenlose Gesellschaft Kritik: Marx beschreibt mit seiner Theorie v.a. den Übergang von der feudalen Agrargesellschaft zur kapitalistischen Industriegesellschaft Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 11 3. Klassen und Klassenkampf Klasse und Bewusstsein Bedingungsfaktoren für die Entstehung von Klassenbewusstsein im Kapitalismus • Verschwinden der Übergangs- und Zwischenklassen • Homogenisierung und Entfremdung innerhalb der Arbeiterklasse • Verelendungs-These: – Polarisierung des Reichtums – Reservearmee verhindert steigende Löhne in Zeiten wirtschaftlicher Prosperität – Konzentrierung der Arbeiter in den Städten (Elendsviertel) – Krisen des Kapitalismus machen die gemeinsame Lage bewusster Aus der „Klasse an sich“ (=gemeinsame Lage) wird eine „Klasse für sich“ (=gemeinsames Bewusstsein) Prognose: Es kommt zur Revolution und nach einer kurzen „Diktatur des Proletariats“ erreicht die Gesellschaft den Endzustand als klassenlosen Gesellschaft Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 12 Marx und Weber in fünf Schritten 1) Marx‘ Historischer Materialismus 2) Arbeit als zentraler Begriff bei Marx 3) Klassen und Klassenkampf bei Marx 4) Webers Klassen und Stände 5) Vergleich Marx/Weber Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 13 4. Klassen und Stände bei Weber Besitz- und Erwerbsklassen bei Max Weber • Besitzklassen – interne Differenzierung nach Art des Besitzes – bspw. Landbesitz, Kapitalbesitz, etc. • Erwerbsklassen (eigentumslose Klassen) – interne Differenzierung nach Qualifikation – Klassenlage = Marktlage Entstehung von Klassenbewusstsein durch interne Differenzierung unwahrscheinlich • Soziale Klassen: Bündelung unterschiedlicher Klassenlagen – Arbeiterschaft, Kleinbürgertum, besitzlose Intelligenz und Fachgeschultheit, Besitzende – vertikale Mobilität nur innerhalb von sozialen Klassen Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 14 4. Klassen und Stände bei Weber Stände bei Weber • Stände sind unabhängig von der ökonomischen Sphäre • Hauptmerkmal: Lebensführung • Basis: Prestige – ständische Ehre: durch Lebensstil wird Zugehörigkeit zu einem Stand nach außen signalisiert – Zuschreibungsprozesse: für jeden Stand gibt es eine typische Einschätzung in der Bevölkerung, welchen Position der Stand im vertikalen Gefüge inne hat Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 15 Marx und Weber in fünf Schritten 1) Marx‘ Historischer Materialismus 2) Arbeit als zentraler Begriff bei Marx 3) Klassen und Klassenkampf bei Marx 4) Webers Klassen und Stände 5) Vergleich Marx/Weber Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 16 5. Vergleich Marx und Weber im Vergleich • Beide gehen davon aus, dass sich Klassen aufgrund ökonomischer Kriterien herausbilden • Marx: unterschiedliche Stellung im Produktionsprozess, Entstehung von Klassenbewusstsein wahrscheinlich • Weber: unterschiedliche Markt- und Erwerbschancen, Entstehung von Klassenbewusstsein durch interne Differenzierung der Klassen unwahrscheinlich Weber erweitert das Ungleichheitsmodell durch eine kulturelle Dimension sozialer Ungleichheit = Stände, die den Gegensatz zur rein ökonomischen Gliederung bilden Soziale Ungleichheit (PS) - Saša Bosančić, M.A. 17