BERTHOLD LEIBINGER INNOVATIONSPREIS Nominierte Arbeit 2008 Rein digitale und hybride analog-digitale Strahlprofil-Messtechnik Nabeel A. Riza, Nuonics, Inc., Oviedo, FL, USA, und CREOL, University of Central Florida, Orlando, FL, USA Design und Aufbau hochpräziser optischer Systeme der nächsten Generation werden durch hybride analog-digitale Laserstrahlprofil-Messtechnik unterstützt. Die erstmals auch kommerziell erhältliche Technik beruht auf kleinen analogen Verschiebungen eines Digital Micro-Mirror Device (DMD) und dessen Chip-interner digitaler Steuerung von fast 1 Million Mikrospiegeln, die wie programmierbare Lochblenden wirken. Selbst bei schwankender Laserleistung erreicht ein solches großflächiges Profilometer sub-µm Auflösung für ultraviolette, sichtbare und nahinfrarote Laserstrahlen im Watt-Bereich. Ein auf LCD-Basis ähnlich aufgebautes, aber rein digitales Strahlprofil-Messgerät befindet sich in der Entwicklung. Technischer Stand Derzeit werden Profile kommerzieller Hochleistungslaser mittels herkömmlicher Messerschneiden-Verfahren mit beweglicher Kantenblende direkt vermessen. Dazu muss ein mechanisches Element sehr genau über einen relativ langen Stellweg im Zentimeterbereich analog verschoben werden. Denkt man sich ein typisches Messfeld von 1 cm x 1 cm in 10 000 x 10 000 Einzelfelder mit 1 µm Auflösung unterteilt, dann stellt dies beachtliche Anforderungen an die Bewegungssteuerung eines solchen mechanischen Profilometers. Mit zunehmender Messfeldgröße führt das zu Einschränkung bei Kosten, Zuverlässigkeit und Verarbeitungszeit. Komplizierter aufgebaute Profilometer nutzen die präzise Bewegung mehrerer mechanischer Komponenten wie Schlitze oder Lochblenden, was die Komplexität des Messsystems vergrößert. Darüber hinaus sind Profilometer auf Basis abbildender Photodetektoren oder zweidimensionaler (2D) CCDs (charge coupled devices) zur direkten Profilvermessung von Hochleistungs-Laserstrahlen meist begrenzt durch Sättigungseffekte des Detektors und Ladungs-Übersprechen zwischen den einzelnen Bildelementen. Hierbei erfasst ein diskret in 2D abbildender Sensor ein direktes zeitintegriertes Bild des optischen 2D-Leistungsprofils. Typischerweise sind solche Profilometer nur bei niedrigen Strahlleistungen (z.B. < mW) im sichtbaren Spektralbereich effektiv einsetzbar. Hersteller haben die für sichtbares und auch nahinfrarotes (NIR) Licht empfindlichen CCD-Profilometer für den Einsatz 30 Photonik 1/2009 Bild 1: Prinzip der Strahlabtast-Geometrie auf Basis selektierbarer Chip-Pixel sowie Draufsicht auf den Aufbau eines Strahlprofilometers mit Digital MicroMirror Device (DMD) und einem einzigen großflächigen Photodetektor (PD). Für überauflösenden hybriden analog-digitalen Betrieb wird der DMD-Chip zusätzlich in lateraler Richtung beweg im Infraroten modifiziert, indem sie den CCD-Sensor mit einer IR-empfindlichen Phosphorlage beschichten. Dies ermöglicht eine indirekte Messung von IR-Strahlen. Solche Profilometer erreichen aber keine hohe Ortsauflösung wegen Ladungsdiffusion in den Phosphorschichten. Diese zeigen außerdem eine nichtlineare Lichtantwort auf die einfallende IR-Strahlung, was eine ständige Kalibrationsanpassung sowie zusätzliche Software-Verarbeitung erfordert und zu einer eingeschränkten Messdynamik führt. Die umfangreiche Nutzung von Lasern mittlerer bis hoher Leistung sowohl in der Forschung als auch in kommerziellen Systemen zeigt den Bedarf an zuverlässigen optischen Strahlprofilometern mit hoher Auflösung, großem Messfeld und Kompatibilität mit hohen oder schwankenden Laser- leistungen. Daneben sind niedrige Kosten, einfache Anwendung und einigermaßen schnelles Antwortverhalten gefragt. DMD-basiertes Strahlprofilometer Bild 1 zeigt das innovative Strahlprofilometer mit DMD Chip von Texas Instruments (TI) und rein digitaler, Chip-integrierter Mikrospiegelsteuerung für grobe Bewegung der Messerschneiden-artigen digitalen Blende [1-4]. Der zu untersuchende Lichtstrahl wird von der DMD-Chipoberfläche reflektiert, auf der sich eine zweidimensionale (2D) Anordnung von z.B. 786 432 digitalen Mikrospiegeln befindet, die jeweils um einen kleinen Winkel verkippt werden können. Jeder Mikrospiegel hat zwei Ruhezustände, nämlich die Spiegelpositionen +θ und -θ. Befinden sich die gewünschten Mikrospiegel in der +θ Positi- Optische Messtechnik on, wird der dazugehörige Teil des optischen Strahls auf den Photodetektor reflektiert, und es erfolgt eine Leistungsmessung. Sind dagegen die spezifizierten Mikrospiegel in die -θ Position gesetzt, wird der optische Strahl auf den Absorber gelenkt (oder auf einen anderen Detektor, falls Messungen unabhängig von der Laserleistung gefordert sind). Effektiv wirkt jeder Mikrospiegel wie ein Pixel eines Bildsensors; somit bilden die Mikrospiegel des DMD kollektiv ein Software-steuerbares optisches Profilometer auf Basis eines 2D Arrays. Die örtliche Messauflösung eines solchen Strahlprofilometers im rein digitalen Betrieb ist durch den Pixel-Mittenabstand des DMD begrenzt, genauso wie bei einem aus Bildelementen zusammengesetzten Profilometer auf CCD-Basis, dessen Pixel-Mittenabstand je nach Gerät typischerweise bei 10–25 µm liegt. Ein solches Messgerät mit einer Auflösung nahe 1 µm stellt nach wie vor eine Herausforderung dar, sowohl für DMD- als auch für CCD-Entwickler. Bild 2 zeigt den DMD-Chip in unterschiedlichen Konfigurationen für verschiedene Profil-Messmethoden. Hybrider Betrieb des DMD-basierten Strahlprofilometers Der in Bild 1 angedeutete hybride Ansatz steigert die Auflösung des Profilometers über die Grenzen des Pixel-Mittenabstands hinaus. Dabei wird zunächst eine Strahlprofilmessung mit rein digitaler Messerschneiden-Bewegung durchgeführt, indem die optische Leistung bei verschiedenen digital eingestellten Positionen der Messerschneide erfasst wird. Durch Auswertung der Fehlerfunktion wird daraus ein gemessenes Profil erstellt, dessen Abtastintervall dem Mittenabstand der DMD-Mikrospiegel entspricht. Bei symmetrischen Strahlen wie z.B. Gauß-Strahlen ergibt sich das gesuchte Leistungsverteilungsprofil des einfallenden Laserstrahls aus der Ableitung der Fehlerfunktion der erfassten Rohdaten. Die Grenze der Profilometer-Auflösung, die vom Versatz der DMD-Pixel herrührt, kann überwunden werden, indem man diesen Abstand in ‘n’ kleinere gleiche Schritte unterteilt, die somit eine neue, reduzierte räumliche Schrittgröße für die Strahlabtastung festlegen. Hierzu wird der gesamte DMD-Chip um diese reduzierte Schrittweite bewegt und eine erneute Strahlprofilmessung mit rein digitaler MesserschneidenBewegung durchgeführt. Dieses hybride Verfahren zur Strahlprofil-Messung wird ‘n’ Mal wiederholt, wobei das DMD-Modul jedes Mal um die festgelegte reduzierte Schrittweite verschoben wird. Anschließend normiert man die ‘n’ digitalen Fehlerfunktions-Profile, die mit dem hybriden Betrieb erzeugt werden, und ordnet sie auf einer gemeinsamen Ortsachse entlang der DMD-Bewegung an. Daraus ergibt sich ein endgültiges hybrides analogdigitales Fehlerfunktions-Profil aus ‘n-1’ neuen Abtastungen innerhalb eines P i x e l - Ve r s a t z e s . Die somit erzeugte Fehlerfunktion mit Überauflösung erreicht eine ‘n’ Mal höhere räumliche Bild 2: DMD-Chip konfiguriert für verschiedene ProfilmessAuflösung als das methoden: in Y-Richtung bewegte Messerschneide (links); in DMD-basierte rein X-Richtung bewegte Messerschneide (Mitte); Lochblendendigitale Profilome- Profilometrie im X-Y-Koordinatenraster des Chip (rechts) ter allein. Für eine Strahlprofil-Kartierung in 2D muss an einem Gauß’schen Strahl zunächst mit das DMD um einen Pixel-Mittenabstand einem herkömmlichen groben Messerentlang sowohl der x- als auch der y-Achse schneiden-Profilometer mit 10 µm Schrittbewegt werden, um für beide Richtungen weite der 1/e2-Strahltaillen-Radius zu ca. Fehlerfunktionsdaten zu erfassen. Da das 190 µm gemessen. Als nächstes kam das DMD-Modul hierbei nur um maximal einen DMD-Profilometer im rein digitalen Modus Pixel-Versatz bewegt werden muss, genügt zum Einsatz, um diese Strahltaille abzueine präzise analoge Translationssteuerung schätzen. Das normierte Fehlerfunktionsüber einen sehr kleinen Bereich, der gut zu Profil wurde mittels des DMD-basierten handhaben ist. Dies macht die Chip-Bewedigitalen Messerschneiden-Experiments gung schnell und gut reproduzierbar, und mit 10 µm effektiver Auflösung erfasst. die Gesamtzeit der Strahlprofilerfassung Aus der Messung ergab sich das in wird erheblich reduziert. Mit Hilfe hoch Bild 3(a) gezeigte Strahlprofil, aus dem entwickelter analoger Translationsmechaein 1/e2-Strahltaillen-Radius von 187,3 µm nik und Bewegungssteuerung kann die resultiert. Auflösung des hybriden Profilometers bis Um eine höhere Auflösung mittels des in den Nanometer-Bereich vordringen. hybriden Verfahrens zu erreichen, wurde Soll die Strahlausbreitungs-Charakteristik die analoge Feinverstellung angewandt. erfasst werden, muss das DMD-Modul Der Pixel-Versatz von 10 µm wurde mit auch entlang der optischen Achse (z-Richeinem Faktor n = 5 unterteilt, so dass tung) bewegt werden. die Abtast-Auflösung des Profilometers mit 2 µm vorgegeben war. Mittels eines manuell bedienten mechanischen PräziAnwendungsbeispiel sionstisches wurde das DMD-Modul fünf Das gemäß Bild 1 vorgeschlagene hybride Mal um einen Abstand von 2 µm in der Profilometer-Design wurde in einem LaboBewegungsrichtung der Messerschneide raufbau umgesetzt. Zum Vergleich wurde verschoben und jedes Mal die digitale Bild 3: Gauß’sche Strahlprofile aus Experimenten mit dem DMD-Profilometer bei (a) rein digitalen 10µm-Schritten und (b) hybriden 2µm-Schritten der Messerschneide Photonik 1/2009 31 Optische Messtechnik kompakter Aufbau Bild 4: Typisches DMD-Profilometriesystem, an dem die Einfachheit des optischen Aufbaus zu erkennen ist Bild 5: Aufbau (Draufsicht) des vorgeschlagenen kompakten rein digitalen Strahlprofilometers mit LCD-Chip und großflächigem Photodetektor (PD) Messung durchgeführt. Die so ermittelten fünf normierten Fehlerfunktions-Profile wurden versetzt über einer gemeinsamen Achse aufgetragen. Bild 3(b) zeigt das endgültige Fehlerfunktions-Profil mit einer räumlichen Auflösung von 2 µm. Aus diesem Profil resultiert ein 1/e2-Strahltaillen-Radius von 188,4 µm. Die Strahltaillen-Ergebnisse sind sowohl miteinander konsistent als auch mit der genannten klassischen Messerschneiden-Profilometrie-Messung. Darüber hinaus wurde das Profilometer mit einem Laserstrahl getestet, dessen Ausgangsleistung absichtlich zeitlich variiert wurde. Erste Experimente im rein digitalen Modus konnten sowohl mit sichtbarer Laserstrahlung höherer Leistung (z.B. 1 W cw Ar-Ionen-Laser) als auch bei NIRWellenlängen (z.B. im Band um 1550 nm) erfolgreich durchgeführt werden. Bild 4 zeigt den typischen Aufbau des Profilmesssystems mitsamt Steuerungs-PC, Profilometrie-Software, dem auf einem Justiertisch montierten DMD-Modul sowie zwei Photodetektoren, die an ein Leistungsmessgerät angeschlossen sind. ten Mikrospiegeln. In diesem Fall dient das Software-programmierbare LCD als rein digitaler 2D-Chip ohne bewegliche Teile, der das bewegliche Element generieren kann, wie es für z.B. Messerschneidenoder Lochblenden-Messungen erforderlich ist. Da sich über den gesamten Querschnitt des einfallenden Strahls jedes LCDPixel stets an der gleichen Stelle befindet, hat die Software-gesteuerte bewegliche Lochblende immer exakt die gleiche Position, wenn die Messschritte zur zuverlässigen Datenerfassung wiederholt werden. Effektiv verleiht die rein digitale Natur des LCD-Chips dem vorgeschlagenen Profilometer seine Charakteristik mit 100%iger Mess-Reproduzierbarkeit. Im Gegensatz zum DMD-basierten Profilometer ist dabei zu beachten, dass der Photodetektor beim LCD-Profilometer direkt beim Chip platziert werden kann, wenn die Linse entfernt ist. Auf diese Weise kann ein äußerst kompaktes, transmissives Design ohne bewegte Teile realisiert werden, wenngleich bei diesem Verfahren eine Polarisationsabhängigkeit in Kauf genommen werden muss. Rein digitales LCD-basiertes Profilometer Fazit Ein neuartiges mechanisches Profilometer, das zur Zeit erstmals entwickelt wird, nutzt das digitale Paradigma der Profilometrie [5-8]. Der Begriff ‘digital’ meint dabei nicht nur einfach die Verwendung eines AnalogDigital-Wandlers (ADC) zur Umsetzung des elektrischen Signals, wie es von analog arbeitenden Profilometern wie z.B. CCDSensoren erzeugt wird, oder von mechanischen Profilometern mit analogem Leistungsmesser. Vielmehr bezieht sich ‘digital’ hier auf eine intrinsisch digitale optische Operation des mechanischen Profilerfassungsprozesses. Bild 5 zeigt ein entsprechendes, kompakteres Design des vorgeschlagenen Profilometers mit transmissivem FlüssigkristallDisplay (LCD) statt des DMD mit beweg32 Photonik 1/2009 Hochwertige ortsaufgelöste Strahlmessungen haben großen Einfluss auf die Entwicklung moderner Laser und optischer Systeme. Für einen weit verbreiteten Einsatz von Strahlprofilometern sind aber neben der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit auch die Kosten ein entscheidender Parameter. Das hier vorgestellte patentierte Design von Profilometern auf Chip-Basis kann einen Beitrag zu ihrer kostengünstigen Massenfertigung leisten. Insbesondere wenn über den zu untersuchenden optischen Strahl noch nichts sicher bekannt ist, stellt Lochblenden-basierte Profilometrie den einzigen Zugang dar. Nuonics ist stolz, die unseres Wissens einzige Softwaregesteuerte Lösung für diese Anforderung bieten zu können. Übersetzung: J. Kuppe Literaturhinweise: [1] N.A. Riza, F.N. Ghauri, Super Resolution Hybrid Analog-Digital Optical Beam Profiler Using Digital Micro-Mirror Device, IEEE Photon. Tech. Lett., Vol.17, No.7, pp.1492-94, July 2005 [2] N.A. Riza, M.J. Mughal, The NU-POWER All-Digital Beam Profiler: A Powerful New Tool for Spatially Characterizing Laser Beams, Proceedings of SPIE Photonics North Conference, Paper 101-721, May 26-29, Montreal, Canada, 2003 [3] N.A. Riza, M.J. Mughal, Optical Power Independent Optical Beam Profiler, Optical Engineering, Vol.43, No.4, pp.793-797, April 2004 [4] N.A. Riza, M.J. Mughal, Digital optical beam profiler, US Patent No. 7 092 079, August 15, 2006 [5] S. Sumriddetchkajorn, N.A. Riza, Micro-ElectroMechanical System-Based Digitally Controlled Optical Beam Profiler, Applied Optics, Vol.41, Issue 18, p.3506, June 2002 [6] N.A. Riza, Mechanical Profilers Go Digital, Laser Focus World, August 2004 [7] N.A. Riza, Digital optical beam profiler, US Patent No. 6 922 233, July 26, 2005 [8] M. Gentili, N.A. Riza, Wide Aperture No Moving Parts Optical Beam Profiler Using Liquid Crystal Displays, Applied Optics, Vol.46, pp.506-512, 2007 Ansprechpartner: Prof. Dr. Nabeel A. Riza Head of Photonic Information Processing Systems Laboratory The College of Optics Center for Research and Education in Optics and Lasers (CREOL) University of Central Florida 4000 Central Florida Blvd. Orlando, FL 32816-2700, USA Tel. +1/407/823-6829 eMail: [email protected] Internet: http://pips.creol.ucf.edu und Gründer der Nuonics, Inc. 1862 Royal Majesty Court Oviedo, FL 32765, USA eMail: [email protected] Internet: www.nuonics.com www.photonik.de c Webcode 1002