Geologisches Landesamt Sachsen-Anhalt 3 Tätigkeitsbericht 1993 bis 1995 Erdgeschichtlicher Rückblick Dr. K. H. Radzinski 3.1 Überblick Die sehr wechselvolle geologische Geschichte des Landes Sachsen-Anhalt bildet sich in unterschiedlich alten und verschiedenartig deformierten Gesteinen und Formationen ab, die in den Strukturen der oberen Erdkruste teilweise zu Tage treten und untersucht werden. Diese „Fenster" gestatten uns quasi einen Blick zurück in die Erdgeschichte. Dabei wird deutlich, dass das heutige Sachsen-Anhalt zu den verschiedenen erdgeschichtlichen Zeiten teils Festland war, teils vom Meer oder von mächtigen Inlandeisgletschern bedeckt wurde, d. h. paläogeographisch und paläotektonisch ganz unterschiedlich eingebunden war. Zusammen mit weiten Teilen Mitteleuropas erfuhr es im späten Erdaltertum seine grundlegende strukturelle Prägung. Von Südwestengland über Mitteleuropa bis zum Nordwestrand der Karpaten bildete sich vor 300 bis 400 Mio. Jahren das alte variszische Gebirge, das die alten Kontinentalplatten Laurasia und Gondwana „verschweißte". Im Verlaufe des Erdmittelalters zerfiel dieser „Pangea" genannte Großkontinent. Im Westen Mitteleuropas öffnete sich der Atlantische Ozean und im Mittelmeerraum setzten erneute Faltungsprozesse ein, die u. a. zur Bildung der Alpen führten. Diese globaltektonischen Ereignisse zeigten im Gebiet von Sachsen-Anhalt ihre Wirkung in Form von Bruch- und Scherprozessen in der Erdkruste. Die neu entstandenen Schollen führten unterschiedliche Vertikalbewegungen aus. Ein markantes Beispiel dieser Vertikalbewegungen ist die Heraushebung des Harzes (Abb. 3.1). Die höhere Erdkruste kann in Sachsen-Anhalt, wie in den Nachbarländern, in mehrere Strukturstockwerke gegliedert werden, die sich durch Alter und Charakter der sie aufbauenden Gesteine sowie deren Verformungsgrad unterscheiden. Das kristalline Fundament besteht zu großen Teilen aus metamorphen Gesteinen der Erdurzeit (Proterozoikum vor 545 Mio. Jahren) und des tieferen Erdaltertums (Altpaläozoikum). Es tritt nur in begrenzten Gebieten an die Oberfläche und ist sonst nur aus Tiefbohrungen bekannt. Abb. 3.1: Die Heraushebung des Harzes in der höheren Oberkreide führte zur Steilstellung der Schichten im nördlichen Vorland (Harzrandaufrichtungszone). Ehem. Steinbruch an Mönchemühlen-teichen bei Blankenburg/ Harz Das Schiefergebirgsstockwerk ist in erster Linie im Harz mit Gesteinen des Altpaläozoikums (vorwiegend Devon und Unterkarbon, 400 ... 325 Mio. Jahre) sichtbar. Es verdankt seine Prägung der variszischen Gebirgsbildung. Das Molassestockwerk besteht aus dem Abtragungsschutt des variszischen Gebirges und gehört zeitlich in das Oberkarbon (in begrenztem Rahmen auch in das höhere Unterkarbon) und Rotliegende (325 ... 260 Mio. Jahre). Das Tafeldeckgebirge ist ein in nördlicher Richtung stark an Mächtigkeit zunehmendes Schichtpaket aus Gesteinen, die in der Zeitspanne vom Zechstein bis zur Oberkreide (260 . 11 Geologisches Landesamt Sachsen-Anhalt Tätigkeitsbericht 1993 bis 1995 Abb. 3.2: Stockwerksgliederung in Sachsen-Anhalt ... 65 Mill. Jahre) gebildet wurden. Es wurde von tektonischen Bewegungen bruchtektonisch verformt und bildet wesentliche Elemente des heute sichtbaren tektonischen Baus und der Landschaft. Das känozoische Lockergesteinsstockwerk besteht aus Schichten des Tertiärs und des alle älteren Stockwerke weitflächig überdeckenden Quartärs (Abb. 3.2). 3.2 Die tieferen Stockwerke Das kristalline Fundament besteht aus metamorphen Gesteinen in Form von Gneisen, präkambrischen und kambrischen Grauwacken und Tonschiefern, die im Südteil SachsenAnhalts in einer SW - NE verlaufenden Hochlage, der mitteldeutschen Kristallinzone, relativ oberflächennah verbreitet sind. Die bisher nur aus Bohrungen bekannten Gesteine gestatten Einblicke in die Frühgeschichte unserer Erde (vor 505 Mill. Jahren). 12 Ablagerungen der vier Perioden Ordovizium, Silur, Devon und Karbon treten im Harz und auf der Flechtingen-Roßlauer Scholle an die Oberfläche bzw. werden hier unter jüngerer Überdeckung erbohrt. Diese beiden Hochschollen sind zugleich Ausschnitte eines ehemals ausgedehnten Meeresbeckens (Geosynklinale), in dem über einen Zeitraum von etwa 200 Millionen Jahren Sedimente und Magmatite zur Ablagerung gelangten, die uns heute vom Rheinischen Schiefergebirge über den Harz bis in den Raum von Magdeburg als Grauwacken, Tonschiefer, Diabase oder Kalksteine begegnen. Sie wurden durch die variszische Gebirgsbildung gefaltet, geschiefert, verschuppt und mannigfach umgelagert, so dass sie zum Schiefergebirgsstockwerk zusammengefasst werden können. Dieser Bereich wird auch als Rhenoherzynische Zone des mitteleuropäischen Variszikums bezeichnet. In den Grenzbereich zu der nach Geologisches Landesamt Sachsen-Anhalt Südosten anschließenden Saxothuringischen Zone, die durch einen höheren Anteil kristalliner Gesteine (z. B. in der Mitteldeutschen Kristallinzone) gekennzeichnet ist, fallen zugleich die südöstlichen metamorphen Zonen des Harzes von Wippra und von Pakendorf in der Flechtinger-Roßlauer Scholle. Erst in jüngerer Zeit ist es gelungen, die Ergebnisse von Jahrzehnten intensiver geowissenschaftlicher Forschung in plausible Modellvorstellungen über die Ablagerungsbedingungen und die Dynamik der gebirgsbildenden Prozesse in diesem Raum umzusetzen. Danach erfolgte die Einsenkung des rhenoherzynischen Teiltroges als Zusammenspiel von Ausdünnung der kontinentalen Kruste (Lithosphäre) und Grabenbildung. Wie die Untersuchungen an Diabasen (basaltische Lava) zeigen, bildete sich hierbei ein schelfähnliches Flachmeer mit einer Wassertiefe zwischen 300 und 400 m. Auf dem ungleichmäßig absinkenden und in Becken und Schwellen gegliederten Meeresboden lagerte sich ab dem O r d o v i z i u m eine bunte Folge von sedimentären und vulkanischen Gesteinen ab. Als älteste und nur sehr lückenhaft verbreitete Schichtenfolge wurden Quarzite, manganreiche Schiefer und Vulkanite des Unter-Ordovizium im Bereich der Wippraer und Pakendorfer Zone nachgewiesen. Nur geringe flächenhafte Anteile haben die Schichten des S i l u r , dunkle Tonschiefer, aber auch Kalke mit einer z. T. reichen Fossilführung. Eine starke Differenzierung zeigen die Schichten des D e v o n . Geringmächtige Schwellenkalke, die auf wenigen Metern Zeiträume von vielen Millionen Jahren repräsentieren, wechseln mit fossilreichem und viele hundert Meter mächtigem Korallenkalk. In den absinkenden Teilbecken kommt es dagegen zu einer enormen Akkumulation von Sandsteinen und Tonschiefern. Die mit der Ausformung des Geosynklinalraums verbundenen Krustenbewegungen schufen tiefreichende Bruchzonen, auf denen metallführende Lösungen und basaltische Laven aufstiegen. An das Umfeld dieser Brüche sind die früher wirtschaftlich wichtigen Buntmetall- und Eisenerzlager im Harz geknüpft. Als Zeugen des lebhaften untermeerischen (initialen) Vulkanismus finden wir mächtige Diabase, Keratophyre und Schalsteine des Mittel- und Oberdevon, z. B. im Raum Elbingerode. Die Schichtenfolgen des K a r b o n weisen auf einen großräumig einheitlichen Sedimentationsraum hin, in dem sich ab dem Oberdevon Tätigkeitsbericht 1993 bis 1995 vorwiegend Grauwacken und Tonschiefer ablagern. Mit einem Begriff aus der geologischen Erforschung der Alpen wird dieser Vorgang als Flysch-Sedimentation bezeichnet. Im Unterharz bleibt die Mächtigkeit dieser von Südosten geschütteten Grauwackenfolgen vergleichsweise gering, dagegen bildet sich nordwestlich der sog. Acker-Schwelle ein rasch absinkendes Becken, in dem seit dem höheren Unterkarbon bis zum tiefen Oberkarbon (Namur, Magdeburg-Flechtinger Grauwacke) etwa Dreiviertel aller Grauwacken dieses Raums zur Ablagerung kommen. Die Erforschung der Lagerungsverhältnisse im Unterharz hält bis heute an. Die Entschlüsselung der im Extremfall chaotischen Gemenge silurischer bis unterkarbonischer Gesteine hatte die kartierenden Geologen in der Vergangenheit vor eine unlösbare Aufgabe gestellt. Erst in den sechziger Jahren gelang Geologen aus Halle der wissenschaftliche Durchbruch mit dem Nachweis tiefgreifender Umlagerungsvorgänge am Meeresboden durch Rutschungen der erst schwach verfestigten Sedimente am Schelfhang (Olisthostrome). Zum Ende des Namur beobachten wir in der Rhenoherzynischen Zone eine Umkehrung der Spannungszustände in der Erdkruste. Die langanhaltende Dehnung wird von einengenden Kräften abgelöst, deren Wirkung zu einer intensiven Verfaltung, Schieferung und Überschiebungstektonik innerhalb der abgelagerten Schichten führt. Diese als v a r i s z i s c h e O r o g e n e s e bezeichnete Phase der Erdgeschichte wird mit dem Aufdringen (Intrusion) granitischer Magmen abgeschlossen. Die in einem hochliegenden Krustenniveau auskristallisierten Magmenkörper begegnen uns im Mittel- und Unterharz an der Oberfläche mit dem Brocken- und Ramberggranit und in Tiefbohrungen bei Flechtingen und Roxförde. Das nachfolgende Übergangs- und MolasseStockwerk (Oberkarbon und Rotliegendes, 325 - 260 Mill. a.) ist gekennzeichnet durch klastische Sedimente in Form von Konglomeraten, Sandsteinen und Tonsteinen, durch Steinkohlenbildung und einen regen Vulkanismus. Auf die Faltung der altpaläozoischen Meeressedimente folgte die Gliederung Mitteleuropas in Hebungsgebiete und Senkungsgebiete, die von Südwest nach Nordost gerichtet waren. Hebungsgebiete waren im O b e r k a r b o n das Gebiet von Nordwestsachsen und der Oberharz. Von diesen Schwellen oder Gebirgen wurde der Abtragungsschutt (Molasse) in die Saalesenke transportiert. Das Klima war zunächst tropisch humid, da unser Gebiet noch am Äquator lag, so dass sich in den Senken 13 Geologisches Landesamt Sachsen-Anhalt Steinkohlenmoore bilden konnten. Aber die Pflanzen hatten die Gebirge noch nicht erobert, so dass reichlich grober Verwitterungsschutt anfiel und die Moore immer wieder zerstörte. Im U n t e r r o t l i e g e n d e n entstand die Unterharzschwelle neu und trennte die Becken von Ilfeld und Meisdorf im Unterharz von der Saalesenke ab. In der Altmark bildeten sich randliche Senken zur großen norddeutschen Senke aus. In allen Gebieten war die Sedimentation von einer starken magmatischen Tätigkeit begleitet. Die während der variszischen Gebirgsbildung durch Krustenstapelung in den Schmelzbereich abgesunkenen Gesteine drängten nun als Magma wieder nach oben. Je nach dem Chemismus war die Platznahme unterschiedlich. Basische basaltische Laven traten als Lavaströme aus und bildeten weniger Tuffe. Saure rhyolithische Magmen wurden von ihrem Gasgehalt als Glutwolken an die Erdoberfläche gebracht und sedimentierten als Ignimbrite, der entgaste Rest des Magmas blieb als Staukuppe in den Sedimenten stecken. Im O b e r r o t I i e g e n d e n ließ die magmatische Tätigkeit nach, eine intensive Bruchtektonik (saalische Bewegungen) in SENW-Richtung schuf neue Abtragungs- und Sedimentationsräume. Da unser Kontinent inzwischen in den nördlichen Wüstengürtel gewandert war, bildeten sich rote Abtragungsgesteine. 3.3 Die höheren Stockwerke Tafeldeckgebirge (Zechstein - Kreide) Nach einem weitgehenden Reliefausgleich zum Ende des Rotliegenden und sich durchsetzenden Senkungstendenzen erfolgte in das so entstandene Germanische Becken vor ca. 260 Millionen Jahren der Einbruch des Z e c h s t e i n - Meeres, das große Teile Europas zwischen England und Polen bis in den süddeutschen Raum überflutete. Die unterste Zechsteinschicht ist der erzmetallhaltige Kupferschiefer, der trotz seiner geringen Mächtigkeit im Mansfelder Land Gegenstand eines jahrhundertealten bedeutsamen Bergbaus war. In dem flachen Zechsteinmeer verdunstete bei heißem Klima ständig Wasser, was zur Ausfällung der im Meerwasser gelösten Salze führte. Infolge ständiger Absenkung des Meeresbodens und fortgesetzter Zufuhr frischen Meerwassers erreichten diese Salzschichten beträchtliche Mächtigkeiten. Da die im Meerwasser enthaltenen Salze eine unterschiedliche Löslichkeit besitzen, kam es zu 14 Tätigkeitsbericht 1993 bis 1995 einer gesetzmäßigen Abfolge der Zechsteinschichten (Salztone, Karbonate, Sulfate, Chloride, Kalisalze). Diese Abscheidungsfolge wiederholte sich in Sachsen-Anhalt fünfmal. Die Kalisalzlager des Zechsteins begründeten seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen intensiven Salzbergbau, der sich zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor SachsenAnhalts entwickelte. Die heutigen Verbreitungsgebiete und Mächtigkeiten der salinaren Gesteine des Zechsteins entsprechen aber meistens nicht mehr den ursprünglichen Gegebenheiten. Da Stein- und Kalisalze auf Druck plastisch reagieren, wanderten sie bei den nachfolgenden tektonischen Impulsen aus Gebieten hoher Druckbeanspruchung aus - hier kam es zu Schichtausdünnungen und im Extremfall zu totaler Salzabwanderung - und stauten sich im Druckschatten mit hohen Mächtigkeiten zu Salzkissen, -satteln und -stöcken an. Durch die Wasserlöslichkeit der Stein- und Kalisalze sowie der Sulfate kommt es bis in unsere Zeit zur Auslaugung und dadurch verursachte großflächige Fehlstellen in der heutigen Verbreitung. Das aus der Auflösung der Salzgesteine resultierende Massendefizit im Untergrund machte sich durch Auslaugungssenken an der Oberfläche bemerkbar, die ihrerseits Sedimentationsräume für spätkreidezeitliche bis rezente Sedimente boten. Die in unserem Gebiet relativ weit verbreitete T r i a s beginnt mit den Gesteinsfolgen des Unteren und Mittleren Buntsandsteins, die in einem sehr großen, häufig trockenfallenden Flachwasserbecken bzw. Endsee abgelagert wurden, dem von Süden her nach episodischen Starkregen Wasser und Sediment durch verwilderte Flusssysteme zugeführt wurden. Das Klima war arid; die Übersalzung des Wassers behinderte weitgehend die Entwicklung einer Fauna. Nur in kurzen Phasen kam es zu einer marinen Beeinflussung. Ein Höhepunkt festländischer Entwicklung mit Sedimentationsruhe und Abtragung trat im höheren Mittleren Buntsandstein infolge erster altkimmerischer Bewegungen ein. Die Eichsfeld-AltmarkSchwelle entwickelte sich zu einem paläogeographischen Hauptelement, das die von Weimar-Erfurt über Halle und Bernburg nach Westbrandenburg verlaufende ThüringenWestbrandenburg-Senke von der niedersächsischen Weser-Senke trennte. Im Oberen Buntsandstein dominierten zunächst die Bedingungen eines großen Salzsees, in dem es zur Bildung von Sulfaten und Steinsalz kam; später erfolgte die Ablagerung vorwiegend tonig-mergeligen Materials. Gelegentliche Mee- Geologisches Landesamt Sachsen-Anhalt resvorstöße hinterließen Karbonatgesteine mit einer marinen Fauna. Der im Oberen Buntsandstein eingeleitete marine Einfluss setzte sich im Unteren Muschelkalk voll durch. Durch den Anstieg des Meeresspiegels wurden weite Teile des Germanischen Beckens vom Muschelkalkmeer überflutet, das den Wellenkalk mit seiner marinen Fauna hinterließ. Im Mittleren Muschelkalk kam es zur Eindampfung: Sulfate und Steinsalz wurden abgeschieden. Im Oberen Muschelkalk kehrten die vollmarinen Bedingungen zurück, es wurden Kalk- und Mergelstein-Wechselfolgen abgelagert. Ab Unterem Keuper setzten sich die im höheren Muschelkalk eingeleiteten regressiven Tendenzen fort. Fluviatile, von Norden geschüttete Sandsteine wechselten mit tonig-mergeligen Bildungen und marinen Karbonaten. Den Gipskeuper repräsentieren Ablagerungen eines Endsees, in dem es zu tonig-mergliger Sedimentation und zu Eindampfungen mit resultierender Abscheidung von Sulfaten und Chloriden kam. Eingeschaltet ist der Schilfsandstein, der fluviatilen Charakter besitzt und wiederum aus nördlicher Richtung herantransportiert wurde. Hebungstendenzen führten zu vorübergehender Beendigung der Sedimentation und zur Herausbildung der altkimmerischen Hauptdiskordanz. Im nördlichen Teil SachsenAnhalts gibt es zur Zeit des Keupers deutliche Anzeichen für die Bildung von Salzkissen und die ersten Salzdurchbrüche nebst Randsenkenbildung. Die altkimmerischen Bewegungen an der Wende Mittel-/Oberkeuper beendeten das Hauptabsenkungsstadium des Germanischen Beckens. In dem nachfolgenden Differenzierungsstadium wird der Sedimentationsraum in Absenkungszentren, die durch hohe Mächtigkeiten und relativ vollständige Schichtenfolgen gekennzeichnet sind, und Hochgebiete mit lückenhafter Sedimentation gegliedert. Lebhaftere Faziesmuster sind die Folge. So entstanden Steinmergelkeuper und Rhät unter wechselnd flachmarin-litoralen und terrestrisch-fluviatilen Bedingungen. Im J u r a setzten sich diese Verhältnisse fort. Während Lias und Dogger waren die entstehende Subherzyne Senke und die Prignitz-Altmark-Brandenburg-Senke Zentren bevorzugter Sedimentation. Die EichsfeldAltmark-Schwelle wird auf ein AltmarkHochgebiet eingeschränkt. Jenseits dieses Hochs griff der auf niedersächsischem Gebiet gelegene Gifhorner Trog randlich auf die Altmark über. Die Sedimente sind vorwiegend sandig, schluffig oder tonig ausgebildete Ablagerungen des Flachschelfs. Transgressive und regressive Tendenzen wechselten laufend mit- Tätigkeitsbericht 1993 bis 1995 einander ab. In den regressiven Phasen kam es zur Verbrackung und Aussüßung, teilweise auch zur Sedimentationsruhe (Ausbildung von Wurzelböden, Kohleflözchen). Charakteristisch für den Jura sind Eisenooide bzw. oolithische Eisenerze, die früher bei Badeleben und Sommerschenburg nordwestlich Oschersleben (Lappwald-Mulde) abgebaut wurden. Die klimatischen Bedingungen entsprechen zu dieser Zeit einer Position im Übergangsgebiet von einer ariden zu einer tropischen bzw. humiden Zone. Im Malm werden vorwiegend kalkigmergelige Sedimente abgelagert, regressive Tendenzen nehmen zu. Tektonische Impulse im Zuge der jungkimmerischen Bewegungen führten zur Bildung von Diskordanzen. Durchbrüche von Salzdiapiren und sich bildende Randsenken verursachen eine weitere Differenzierung der Sedimentverteilung. Kreide Die Kreide als jüngste Periode des Erdmittelalters umfasst einen Zeitraum von rd. 70 Mio. Jahren (137 ... 65 Mio. Jahre). In diesem Zeitraum vollzogen sich Prozesse, die das heutige Landschaftsbild in Sachsen-Anhalt vorgeprägt haben. Sedimente der Kreidezeit sind in zwei Bereichen erhalten geblieben: in der Altmarksenke unter mächtigem Känozoikum verdeckt und nur durch Bohrungen bekannt und in der Subherzynen Kreidemulde. Die ursprüngliche Verbreitung der Sedimentbecken reichte über die heutige Kreideverbreitung hinaus. Im Zuge der jungkimmerischen Bewegungen im Oberjura wurden die Sedimentationsräume stark eingeengt (Prignitz-Altmark-Senke). Hier wurden zunächst in der tieferen Unterkreide (Wealden, Valangin) terrestrische Bildungen in Form von Sanden, Schluffen und Tonen abgelagert und das Meer drang nur gelegentlich aus dem Nordseeraum unter Bildung von Mergelkalken in diesen Raum vor. Eine erste kräftige Meeresüberflutung, verbunden mit einer Ausweitung des Sedimentbeckens, fand im Hauterive statt, doch bleibt die Sedimentation mit Sanden, Tonen und Tonmergeln im Flachwasserbereich. Der große paläogeographische Umbruch beginnt mit der auf die austrische Gebirgsbildungsphase folgenden Alb-Transgression, also in der oberen Unterkreide. Diese Transgression schreitet aus dem norddeutschen Becken nach Süden und Osten fort. In der östlichen Subherzynen Kreidemulde zeigen erst die Grünsande des Untercenoman 15 Geologisches Landesamt Sachsen-Anhalt die Meeresüberflutung an, die ihren Höhepunkt im Turon erreicht und weit nach SachsenAnhalt hinein und nach Thüringen (OhmGebirge) gereicht hat. Mit dieser weltweit wirksamen Meerestransgression vor rd. 105 Mill. Jahren entsteht ein großes mitteleuSanton, machen sich Bodenbewegungen bemerkbar. Diese subherzynen Bewegungen führen zu einem Schollenbau von vorwiegend herzynisch streichenden Hoch- und Tiefschollen. Die Dominanz der Eichsfeld-AltmarkSchwelle geht jetzt endgültig verloren. Es entsteht die markante Mitteldeutsche Hauptlinie als große Störungslinie quer durch SachsenAnhalt, die die mitteldeutsche Hauptscholle von dem norddeutschen Tiefland trennt (Abb. 3.3). Nördlich vor den aufsteigenden Schollen des Harzes und von Flechtingen-Roßlau bilden sich in der höheren Oberkreide einsinkende Randtröge, die den Abtragungsschutt aufnehmen, in denen die Kreidesedimente sehr mächtig werden und tief abgesenkt liegen. Die saxonischen tektonischen Bewegungen geben Salzbewegungen neue Impulse. In der Altmarksenke, aber auch auf der subherzynen Scholle bilden sich Salzdiapire und Salzmauern und modifizieren das Bild der Schollentektonik. Am Ende der Kreidezeit weicht das Meer in den Nordseeraum zurück, Sachsen-Anhalt wird Festland. Es entstehen die heutigen Konturen der Mittelgebirge und Flachlandgebiete, die im Tertiär weiter ausgeformt werden. Im Alb ändert sich mit dem Einsetzen der Angiospermenflora plötzlich und grundsätzlich das Pflanzenkleid der Erde (Florensprung). Damit beginnt bereits mit der Oberkreide das Neophytikum. Die Bedecktsamer haben dann im Tertiär einen Entwicklungshöhepunkt und liefern im wesentlichen die Biomasse für die Braunkohlenflöze. Lockergesteinsstockwerk (Tertiär-Quartär) Tertiär Als tertiäre Sedimente werden marine und terrestrische Ablagerungen zusammengefasst, die während der Erdgeschichte in dem Zeitraum von vor 65 bis 2,3 Millionen Jahren gebildet worden sind. In dieser Zeit befand sich das Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt im südlichen Randbereich eines nordwesteuropäischen Meeresbeckens, dessen Ausdehnung aber größer war als die der heutigen Nordsee. Aufgrund lokaler Hebungen im Süden und eustatischer Meeresspiegelschwankungen kam es zu einer ständigen Veränderung des südli- 16 Tätigkeitsbericht 1993 bis 1995 Jahren entsteht ein großes mitteleuropäisches Meer und Sedimentbecken, in dem zunächst vorwiegend Kalkgesteine zur Ablagerung kommen. Ab Coniac, verstärkt aber dann im chen Küstensaumes, der zu Beginn des Tertiärs weithin nördlich der mitteldeutschen Hauptlinie lag. Im Verlaufe des Alttertiärs wanderte der Küstensaum mit seinen Moorbildungen, aus denen später die Braunkohle entstand, nach Süden und zog sich im Jungtertiär wieder zurück nach Norden. Während des Oligozäns kam es zur maximalen Überflutung, wobei das Meer über das Vogtland bis in das Gebiet des Eger-Grabens und über das Thüringer Becken und die hessische Senke weit nach Süden reichte und Verbindung mit dem Mainzer Becken hatte. Während sich im nördlichen Teil SachsenAnhalts vorwiegend marine Tertiärablagerungen bildeten, entstanden im südlichen Teil überwiegend fluviatile, limnisch-palustrische bis ästuarine Sedimente. Mächtige Flusssysteme entwässerten ähnlich wie heute das südlich gelegene Abtragungsgebiet und mündeten in das nordwesteuropäische Meeresbecken. In mehrfachem Wechsel feuchthumiden und trockneren Klimas veränderte sich die Vegetation von immergrünen subtropischen Laubwäldern während des Alttertiärs zu sommergrünen Wäldern eines gemäßigten Klimas im Jungtertiär. Während in den südlichen und westlichen Nachbarregionen zur Zeit des Tertiärs eine rege vulkanische Tätigkeit mit effusivem basaltischem Magmatismus zu verzeichnen ist, bleibt das Gebiet von Sachsen-Anhalt frei von vulkanischen Erscheinungen. Lediglich während des Untereozäns werden im nordwestlichen Randbereich zu Niedersachsen vulkanische Aschen eingeweht, deren Fördergebiet im Bereich der heutigen Nordsee lag. Von der alpidischen Gebirgsbildung im Süden ausgehende tektonische Impulse bewirkten wechselnde Dehnungs- und Pressungsvorgänge in der Erdkruste, die zur weiteren Ausgestaltung des Schollenbaus führten und die Salinargesteine des Untergrundes zur Bildung vielfältiger Salzstrukturen anregten. Quartär Zum Ende des Tertiärs nahmen die Klimaschwankungen zu, es kam zu einer generellen Abkühlung und zum Beginn der quartären Inlandvereisung (E i s z e i t a l t e r ). In Geologisches Landesamt Sachsen-Anhalt Tätigkeitsbericht 1993 bis 1995 Abb. 3.3: Regionalgeologische Gliederung Sachsen-Anhalts Sachsen-Anhalt sind sowohl quartäre Schichten nachweisbar, die direkt auf die Tätigkeit der eiszeitlichen Gletscher zurückzuführen sind, als auch solche, die mit dem kaltzeitlichen Klima im Vorland zu erklären sind. Zu den ältesten quartären Schichten gehören die in isolierten Resten erhaltenen frühpleistozänen Terrassen, die auf eine glazialklimatische Aufschotterung der Flusssysteme von Saale, Mul- de und Elster zurückzuführen sind. Während der Elster-Kaltzeit (beginnend vor rund 400.000 Jahren) stieß das Inlandeis am weitesten nach Süden vor und bedeckte Sachsen-Anhalt nahezu vollständig. Die Hinterlassenschaft sind Bändertone, Grundmoränen und Schmelzwasserbildungen. In der nachfolgenden HolsteinWarmzeit zogen sich die Gletscher weit zurück und es bildeten sich limnische und limnisch- 17 Geologisches Landesamt Sachsen-Anhalt brackische Ablagerungen. lm Zuge der Klimaverschlechterung vor der vor ca. 200 – 250.000 Jahren beginnenden nächsten Vereisung kam es wieder zur Aufschotterung. Saale, Mulde und Elster bildeten die frühsaalekaltzeitlichen Haupt- bzw. Mittelterrassen. Die nachrückenden Gletscher der Saale-Vereisung erreichten nicht die Ausdehnung der elsterkaltzeitlichen, führten aber im mitteldeutschen Raum z. T. zu ganz erheblichen Stauchungen des Untergrundes (Abb.3.4). Ihre Randlagen verliefen vom Harznordrand über Querfurt, Naumburg bis Zeitz. Die Endmoränenzüge in der südlichen Altmark (Zichtauer Berge, Letzlinger Heide), denen ausgedehnte Sanderflächen vorgelagert sind, werden dem Warthe-Stadium der SaaleKaltzeit zugeschrieben. In der anschließenden Eem-Warmzeit werden in Hohlformen limni- Tätigkeitsbericht 1993 bis 1995 sche Sedimente abgelagert und es kommt zu Bodenbildungen. Das Eis der Weichsel-Kaltzeit (einsetzend vor 110.000 Jahren) erreichte nur den äußersten Nordosten Sachsen-Anhalts bei Havelberg. Im Vorland dieser Vergletscherung kam es zur Aufschotterung der weitgehend an die heutigen Flusstäler gebundenen Niederterrassen, zur Bildung von Fluglöß und Fließerden. Im Harz bildeten sich Schuttdecken. Die vor etwa 11.500 Jahren einsetzende Erwärmung leitete das Holozän ein, das im wesentlichen durch Auenkiese und -sande, den auflagernden Auenlehm, torfige Bildungen und Mudden der heutigen Fluss- und Bachauen repräsentiert wird. Dünen und Flugsanddecken werden aufgeweht. Abb. 3.4: Geologischer Schnitt durch die Hochfläche von Gräfenhainichen Bad Schmiedeberg und die Elbtalwanne (nach KNOTH 1978). 1 - 8 Quartär: 1 - Holozän bis Weichsel-Kaltzeit, Talsedimente; 2 - 4 Saale-Kaltzeit: 2 - Schmelzwassersande und -kiese; 3 - Grundmoränen, 4 - Flussschotter der Mittelterrassen; 5 -7 Elster-Kaltzeit: 5 – Schmelzwassersande und -kiese; 6- Beckenschluff und -ton; 8 - Unterpleistozän bis Frühelster, Flussschotter; 9 - 17 Tertiär: 9 - 10 Untermiozän, Briesker Schichten: 9 - Sand; 10 - Schluff bis Ton; 11-12 Untermiozän, Bitterfelder Folge:11 - Sand; 12 - Ton und Schluff; 13 - Oberoligozän, Cottbusser Schichten, Glimmersande, im unteren Teil auch Schluff; 14 - 15 Mitteloligozän 14 - Rupelton; 15 - Rupelbasissande, 16 - Obereozän, Ton und Schluff mit untergeordneten Sandeinschaltungen; 17 - Braunkohlenflöze, stratigrafische Stellung entsprechend den Begleitschlichten; 18 - glazigene Störungen. 18