Erdbeben in der Schweiz

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Erdbeben in der Schweiz
Unterrichtsmaterialien zum Besuch des Erdbebensimulators
und der Ausstellung focusTerra an der ETH Zürich
Erstellt durch das Zentrum Naturwissenschafts- und Technikdidaktik
der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz FHNW, im Auftrag des
Bundesamts für Umwelt (BAFU), des Schweizerischen Erdbebendienstes an der
ETH Zürich (SED) und von focusTerra, ETH Zürich
Foto: Peter Rüegg, HK
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Impressum
Titel
Erdbeben in der Schweiz: Unterrichtsmaterialien zum Besuch des Erdbebensimulators
und der Ausstellung focusTerra an der ETH Zürich
Institutionen
Erstellt durch das Zentrum Naturwissenschafts- und Technikdidaktik der Pädagogischen
Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz (PH FHNW) im Auftrag des Bundesamts
für Umwelt (BAFU), des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) und von focusTerra der
ETH Zürich
Autoren/Autorin
PH FHNW
Peter Gloor, Institut Sekundarstufe I und II, Geographiedidaktik
Peter Labudde, Zentrum Naturwissenschafts- und Technikdidaktik
Nora Zimmermann, Zentrum Naturwissenschafts- und Technikdidaktik
Mitwirkende
Andrea Biedermann, Institut für Geophysik, ETH Zürich
Blaise Duvernay, BAFU
Florian Haslinger, SED, ETH Zürich
Daniela Jost, BAFU
Ulrike Kastrup, focusTerra, ETH Zürich
Anne Sauron, Institut für Geophysik, ETH Zürich
Layout
Karin Nöthiger, 5443 Niederrohrdorf
Ort, Datum
Basel, Bern, Zürich: November 2010
überarbeitete Version, Zürich: Februar 2014
Bezug
http://www.focusterra.ethz.ch/
© BAFU 2010
Überarbeitung focusTerra 2014
2
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Inhalt
1
2
3
Vorbereitung
6
1.1
Inhalt der Vorbereitung
6
1.2
Hinweise für Lehrpersonen
6
1.3
Skizze für eine zweistündige Unterrichtseinheit
7
Simulator- und Ausstellungsbesuch
9
2.1
Organisation und Ablauf
9
2.2
Hinweise für Lehrpersonen
9
2.3
Erdbebensimulator
10
2.4
Ausstellung focusTerra – Aufgabenblätter
11
Nachbereitung
3.1
18
Projektvorschlag 1: Erdbebenprophylaxe im Schulzimmer und zu
Hause
18
Projektvorschlag 2: «Info-Nachmittag» an unserer Schule zum
Thema Erdbeben und Erdbebenprävention
20
3.3
Projektvorschlag 3: Wir bauen einen Seismographen
23
3.4
Weitere Projektideen
24
3.5
Wir simulieren die Bewegungen von Erdkrusteplatten –
Ein Experiment im Schulzimmer
25
3.2
4
Unterrichtsmaterialien
26
5
Anhang: Lernziele
42
6
Anhang: Fachanalyse
44
6.1
Die Entstehung von Erdbeben
44
6.2
Die Verbreitung der Erdbeben
45
6.3
Ausbreitung von Erdbeben: Seismische Wellen und Untergrund
45
6.4
Erdbebenmessung
46
6.5
Erdbebenfrühwarnung
47
6.6
Erdbebenstärke
48
6.7
Erdbebenschäden
49
6.8
Fachwortverzeichnis Erdbeben
51
7
Anhang: Alltags- und Gegenwartsbezug
56
8
Anhang: Erdbeben in aktuellen und zukünftigen Lehrplänen (HarmoS)
58
8.1
Das Thema Erdbeben in den aktuellen kantonalen Lehrplänen
58
8.2
Das Thema Erdbeben in HarmoS und im zukünftigen Lehrplan 21
60
3
Erdbeben in der Schweiz
9
10
SED/focusTerra
Handlungsaspekte für die Sekundarstufe I und Basisstandards für das
Ende des 9. Schuljahrs
62
9.1
Fragen und untersuchen
62
9.2
Informationen erschliessen
62
9.3
Ordnen, strukturieren, modellieren
63
9.4
Einschätzen und beurteilen
63
9.5
Entwickeln und umsetzen
64
9.6
Mitteilen und austauschen
64
9.7
Interesse und Neugierde entwickeln
65
9.8
Eigenständig Arbeiten, mit anderen zusammenarbeiten
65
Themenbereiche für das 7. bis 9. Schuljahr
66
10.1
Planet Erde
66
10.2
Bewegung, Kraft, Energie
66
10.3
Wahrnehmung und Steuerung
66
10.4
Stoffe und Stoffveränderungen
66
10.5
Lebewesen
67
10.6
Lebensräume und Lebensgemeinschaften
67
10.7
Mensch und Gesundheit
67
10.8
Natur, Gesellschaft, Technik – Perspektiven
67
11
Bildungsstandards und Kompetenzen im Geographieunterricht
68
12
Anhang: Schülervorstellungen (Präkonzepte) zu Erdbeben und
Plattentektonik
70
12.1
Präkonzepte zu Erdbeben
70
12.2
Präkonzepte zur Plattentektonik (Erdinneres und Vulkanausbrüche)
70
12.3
Präkonzepte zu Vulkanausbrüchen
71
12.4
Hinweise zum Umgang mit Präkonzepten im Unterricht
73
4
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Einleitung
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen
Seit Beginn des Jahres 2010 ist die erdwissenschaftliche Ausstellung focusTerra der ETH Zürich mit dem
Erdbebensimulator des Bundesamtes für Umwelt um ein bedeutendes Lernelement reicher. Anhand von
real aufgezeichneten Signalen ermöglicht der Erdbebensimulator Besucherinnen und Besuchern Beben
unterschiedlicher Intensität selbst zu erleben. Der Simulator sensibilisiert Kinder, Jugendliche und Erwachsene einerseits für die Schweiz als erdbebengefährdetes Land, anderseits für richtige Verhaltensweisen im
Falle eines Bebens. Zusammen mit dem Simulator wartet die Ausstellung mit einem vielgestaltigen, informativen Wissensangebot auf: Dazu gehören zum Beispiel die Entstehung der Erde, die Prozesse im Erdinnern und auf der Erdoberfläche und die Erde als geologisches Archiv, das vielerlei Schätze beherbergt.
Das vorliegende Dossier bietet eine Unterrichtseinheit zum Thema «Erdbeben in der Schweiz» mit einem
integrierten Ausstellungs- und Simulatorbesuch in Zürich. Es wendet sich in erster Linie an Lehrpersonen,
kann aber auch bei interessierten Laien als Informationsmaterial Verwendung finden. Die Unterrichtseinheit ermöglicht es den Lernenden, die vielseitigen Eindrücke besser zu verorten und das Erfahrene in
vorgängig erarbeitetes Wissen einzubauen. Die im Auftrag des Bundesamts für Umwelt, des Schweizerischen Erdbebendienstes und focusTerra entstandenen Materialien sind ein didaktisch ausgearbeitetes
Unterrichtskonzept für Schülerinnen und Schüler im 8. bis 10. Schuljahr.
Der in Kapitel «Vorbereitung» bereitgestellte Lektionsplan bietet zusammen mit den Arbeitsblättern eine
zweistündige Vorbereitung auf den Ausstellungs- und Simulatorbesuch und sollte in dieser Form direkt im
Unterricht umsetzbar sein. Der zweite Teil des Dossiers bietet ausführliches Begleitmaterial für einen
zweistündigen Besuch mit der Klasse in der Ausstellung focusTerra und im Erdbebensimulator an der ETH
Zürich. Das Kapitel «Nachbereitung» enthält eine Ideen- und Materialsammlung, mithilfe derer die Schülerinnen und Schüler ihr erworbenes Wissen anwenden und erweitern sowie in Form eigener Projekte vertiefen können. Sämtliche Materialien der vorliegenden Unterrichtseinheit dienen als Unterrichtsidee und
lassen sich je nach Wissens- und Leistungsstand der Klasse anpassen und verändern. Für eine vertiefte
Auseinandersetzung mit dem didaktischen und wissenschaftlichen Hintergrund der erarbeiteten Materialien
bietet das Dossier im Anhang ausführliche Zusatzinformationen für Lehrpersonen.
Die Vermittlung von Grundkenntnissen zum Thema Erdbeben erachten wir als wichtige Voraussetzung für
einen Besuch in der Ausstellung und im Simulator; sie bildet gleichsam den roten Faden der erarbeiteten
Materialien. Der Bezug zur Alltagswelt der Jugendlichen steht dabei im Vordergrund.
Wir hoffen, dass Ihnen diese Unterrichtsunterlagen erlauben, den Besuch in der Ausstellung focusTerra und
dem Erdbebensimulator sinnvoll und effektiv zu unterstützen.
Das Autorenteam
Peter Gloor
Peter Labudde
Nora Zimmermann
5
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
1
Vorbereitung
1.1
Inhalt der Vorbereitung
Das Kapitel Vorbereitung bietet einen konkreten Unterrichtsplan für zwei Lektionen, als Vorbereitung auf
den anschliessenden Ausstellungs- und Simulatorbesuch, bei dem das erworbene Wissen vertieft und
ausgeweitet werden kann. Folgende Ziele werden mit der Vorbereitung verfolgt:
Die Schülerinnen und Schüler:
• erkennen Erdbeben als Naturgefahr in der Schweiz und wissen, warum es in der Schweiz und Südeuropa
zu Erdbeben kommt;
• kennen die Begriffe Erdkruste, Erdmantel und Erdkern und damit den Aufbau der Erde;
• können die Vorgänge in und auf der Erde an Beispielen beschreiben;
• kennen und verstehen die Begriffe Magnitude, Intensität, Richterskala und Epizentrum.
1.2
Hinweise für Lehrpersonen
Die vorliegende zweistündige Unterrichtssequenz sollte in dieser Form direkt im Unterricht einsetzbar sein.
Sie ist als Idee zu verstehen, wobei es der Lehrperson selbstverständlich frei steht, das Material zu nutzen
oder eigene Lektionen zu gestalten. Ausgehend von den Lernzielen für die gesamte Unterrichtseinheit
(siehe Anhang 1), ermöglicht der erste Teil der Doppellektion eine allgemeine Einführung ins Thema
Aufbau der Erde und Plattentektonik. Das Erfassen und Verstehen der Vorgänge in und auf der Erde dient
als roter Faden für das Verstehen der Ursachen von Erdbeben und weiteren Teilaspekten des Themas
Erdbeben in der Schweiz, wie sie in der Unterrichtseinheit thematisiert werden. Die zweite Lektion vertieft
einerseits das Grundwissen über Erdbeben und setzt sich andererseits das Ziel, die Lernenden in einem
ersten Schritt für die Schweiz als erdbebengefährdetes Land zu sensibilisieren.
Der Ansatz in der Erarbeitung der Plattentektonik, wie er in Lektion 1 verfolgt wird, gründet auf Erkenntnissen ausgewählter Studien zu Schülervorstellungen (Präkonzepte) zum Thema Erdbeben und Plattentektonik (siehe Anhang 5). Gemäss dieser Untersuchungen sind zwei Blickpunkte hinsichtlich des Unterrichts
zur Plattentektonik besonders zu beachten: Das Wissen um den konzentrischen Schalenbau der Erde gilt als
wichtige Voraussetzung für das weitere Verständnis der Prozesse im Zusammenhang mit der Plattentektonik. Dieses Wissen sollte wenn nötig in einem ersten Schritt erarbeitet und gesichert werden. Zweitens
ermöglicht das eigene Zeichnen von wissenschaftlichen Modellen den Schülerinnen und Schülern ein
besseres Verständnis der Materie, als wenn sie bereits fertige Modelle vorgesetzt bekommen. Das Erstellen
eigener Skizzen und Modellen fördert das aktive Bilden und Korrigieren bestimmter Denkmodelle. Beiden
Erkenntnissen wurde in der Lektionsplanung versucht Rechnung zu tragen.
6
Erdbeben in der Schweiz
1.3
SED/focusTerra
Skizze für eine zweistündige Unterrichtseinheit
Zeit
Unterrichtsverlauf/Inhalte
Lektionsaufbau, Lehr- und
Lerntätigkeit
Organisation
Sozialformen, Medien,
Figuren
Didaktischer Kommentar
Begründung einzelner
Schritte, Verweise auf
Teilziele
Materialien
1. Stunde
5’
Begrüssung und Einführung Klassengespräch
ins Thema,
informierender Einstieg mit
Lernzielen
Einleitungsphase; es soll
klar werden, um was es
geht, der Sache und den
Lernzielen folgend.
Folie mit Lernzielen
(M1)
15’
Folgende Fragen und
Inhalte sollten vorkommen,
Schwerpunkt ist der Aufbau
der Erde:
• Einstiegsfrage: Was ist
unter unseren Füssen?
Was wäre, wenn wir durch
die Erde bohren könnten,
und was träfen wir an?
Wo kämen wir heraus?
• Beispiel zeigen: Zwiebel
oder Pfirsich aufschneiden
Klassengespräch und
daraus folgend müssen die
SuS 1 zu zweit ihre Vorstellungen auf einem Plakat
festhalten.
Wichtig ist das Festhalten
der SuS-Vorstellungen
(die Präkonzepte) und die
Aktivierung.
Plakate und Stifte
5’
• Schalenbau der Erde
• Begriffe Erdkruste, oberer
LP zeigt Folie mit den
aktuellen Erkenntnissen
und erklärt für alle den
Aufbau der Erde und
verteilt den Lückentext als
Hausaufgabe.
Die Zusammenfassung
durch die LP soll Klarheit
für alle schaffen. Folie und
Kopie sollen den Lerninhalt
darstellen. Der Lückentext
dient der Festigung und
individuellen Überprüfung.
Folie «Der Schalenbau der Erde» (M2),
Kopie, AB «Der
Schalenbau der
Erde» (M3), Lückentext als Hausaufgabe
Im Rahmen einer Partnerarbeit werden 2 Aufgaben
gelöst.
Mit Hilfe der Übungen soll
neben den Inhalten auch
der Umgang mit thematischen Karten als Kompetenz gefördert werden.
Powerpoint (M4)
Folie 1
AB «Die Kontinente
auf Wanderschaft»
(M5), Atlas und ein,
zwei dünne, farbige
Schaumstoff-Lappen
oder zwei Bücher
und unterer Erdmantel,
innerer und äusserer
Erdkern
20’
(2 Aufgaben à 10’)
Die SuS setzen sich mit der
Theorie der Plattentektonik
auseinander. Anschliessend kurze mündliche
Einleitung. Einstiegsfrage:
Zu welchen Platten gehört
die Schweiz?
• Erdoberfläche in 7 grosse
und 5 kleinere Platten
unterteilt. Jede Platte hat
ihren Namen.
• Plattengrenzen und
Plattenbewegungen
• Erdbebenzonen und
Vulkanismus
Teil 1: Atlas-Übung: Tektonische Platten: Grenzen,
Bewegungen, Namen,
Zonen häufiger Erdbeben
und Vulkanismus
Teil 2: Simulation von
Plattenbewegungen mithilfe
der Schaumstoff-«Platten»
Ergebnissicherung und
Kontrolle der Übungen
1
SuS = Schülerinnen und Schüler; LP = Lehrperson; AB = Arbeitsblatt, M = siehe unter Kapitel 4. Materialien
7
Erdbeben in der Schweiz
Zeit
SED/focusTerra
Unterrichtsverlauf/Inhalte
Lektionsaufbau, Lehr- und
Lerntätigkeit
Organisation
Sozialformen, Medien,
Figuren
Didaktischer Kommentar
Materialien
Begründung einzelner Schritte, Verweise auf Teilziele
• SuS werden mit Bildern
TV-Beitrag: Bericht über
Erdbeben
Aktivierungsphase und
Arbeitsphase
Link:
www.videoportal
.sf.tv 2, Liste mit
vorgeschlagenen Links (M6)
Schweizer
Weltatlas oder
Diercke
Weltatlas
Festigung und Zusammenfassung
AB «Erdbeben –
Wie entsteht ein
Erdbeben?»
(M7)
Vertiefungsphase
AB «Erdbeben –
Wie misst man
Erdbeben?»
(M7)
2. Stunde
10’
eines Erdbebens
konfrontiert.
• Entstehung und Ursache
von Erdbeben anhand
eines Beispiels
• Allgemeine Informationen
zur Entstehung eines
Erdbebens
• Unterschiedliche Arten von
Erdbeben
5’
• Fazit: Es braucht Hitze
(Erdinneres) und Bewegung
(Erdinneres/Erdoberfläche)
zur Entstehung von
Erdbeben.
15’
Ergänzende Erläuterungen
zum Thema «Erdbeben in
der Schweiz» durch die LP
mit Hinweis auf historische
Beben
2
Aufgrund der Notizen fasst
die LP zusammen und
ergänzt: Allgemeine Erläuterungen zur Entstehung von
Erdbeben
SuS erhalten die wichtigsten
Informationen anschliessend
in kurzer Textform. SuS
lesen einzeln.
Unterricht
SuS lesen anschliessend
einzeln im AB. LP beantwortet allfällige Verständnisfragen.
• Gibt es auch in der Schweiz Vortrag der LP aufgrund
Erdbeben?
• Wieso bebt die Erde in der
Schweiz?
5’
SuS halten ihre Ergebnisse
im Heft fest. Zwei SuS
schreiben ihre Ideen an die
Tafel. Anschliessend Ergebnissicherung im Plenum.
• Bezug zum TV-Beitrag: Wie Fragend-entwickelnder
wurde die Stärke des
Bebens angegeben? Was
bedeutet das?
• Warum wollen die Menschen die Erdbebenstärken
bestimmen können?
• Wie misst man
Erdbebenstärken? (Begriffe: Magnitude, Intensität,
Richterskala)
10’
Auftrag: SuS müssen aufgrund des Films in Partnerarbeit herausfinden, weshalb
es am gezeigten Ort zu
einem Erdbeben gekommen
ist (Hilfsmittel: Atlas).
Puffer
Hausaufgaben erklären
Festigung und Zusammeneiner Powerpointpräsentation fassung
oder Folien: Die afrikanische
Platte und die eurasische
Platte stossen zusammen →
Schweiz ein erdbebengefährdetes Land
Powerpoint (M4)
Folie 2
Text zum historischen Beben
in der Stadt Basel im Jahr
1356
AB (M8) «Erdbeben in der
Schweiz»
Im Videoportal des Schweizer Fernsehens können sämtliche Beiträge nach Stichworten und/oder Datum gesucht werden. Eine Link-Liste
mit möglichen Kurz-Beiträgen zu den Beben in Haiti (Januar 2010) und L’Aquila, Italien (April 2009) liegt dem vorbereiteten Unterrichtsmaterial bei.
8
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
2
Simulator- und Ausstellungsbesuch
2.1
Organisation und Ablauf
Im Folgenden wird die Organisation und der Ablauf für einen circa zweistündigen Besuch des Erdbebensimulators und der erdwissenschaftlichen Ausstellung focusTerra an der ETH Zürich beschrieben. Wir
gehen von einer Klasse mit 24 Schülerinnen und Schülern aus, die sich in drei Gruppen à acht Personen
aufteilt. Jede Gruppe bearbeitet während 30 Minuten eine der drei Lernumgebungen. Die Bearbeitung aller
drei Lerneinheiten beträgt somit pro Gruppe insgesamt 90 Minuten. Eine Gruppe befindet sich zusammen
mit Ausstellungspersonal im Erdbebensimulator, die andere beschäftigt sich, ebenfalls unter Anleitung, mit
den Experimenten, und die dritte Gruppe befindet sich, zusammen mit der Lehrperson, auf dem Gang durch
die Ausstellung focusTerra und löst die bereitgestellten Aufgabenblätter. Zwei Mitarbeitende der Ausstellung, zusammen mit der Lehrperson, bilden das Begleitteam des Besuchs. Die Gesamtdauer des Simulatorund Ausstellungsbesuchs beträgt circa 2 Stunden.
Ablauf
Zeit
Inhalt
Organisation und Betreuung
Einführung
25’
Begrüssung, Hinweis auf Organisatorisches
Einführende Powerpointpräsentation durch das
Ausstellungspersonal
Bildung von Gruppen zu jeweils sechs bis zehn Personen
Klasse im Plenum
Lerneinheiten
90’
Die drei Gruppen arbeiten jeweils 30 Minuten im Turnus an
einer der drei Lernumgebungen:
Gruppenarbeit
Lernumgebung 1: Besuch des Erdbebensimulators
Betreuung durch
Ausstellungspersonal
Lernumgebung 2: Experimente
Betreuung durch
Ausstellungspersonal
Lernumgebung 3: Besuch der Ausstellung focusTerra
zusammen mit Arbeitsblatt
Betreuung durch Lehrperson
Abschluss des Besuchs, allfällige Erteilung von Hausaufgaben an die Schülerinnen und Schüler
Klasse im Plenum
Abschluss
2.2
5’
Hinweise für Lehrpersonen
Exkursionen sind ein wichtiger Bestandteil der Schulgeographie. Im vorliegenden Konzept für den Simulator- und Ausstellungsbesuch werden die Schülerinnen und Schüler bei der Bearbeitung von Frage- und
Problemstellungen sowie bei der Vermittlung der Lerninhalte instruiert und angeleitet. Diese instruktionale
Orientierung basiert auf zwei grundlegenden Faktoren: Zum einen auf der Tatsache, dass die Inhalte der
Ausstellung focusTerra einen hohen fachlichen Schwierigkeits- und Abstraktionsgrad vorweisen und es so
für Schülerinnen und Schüler der 8. bis 10. Klasse kaum möglich ist, sie ohne unterstützende Anleitung zu
lernen und zu verstehen. Zum andern eignet sich aus Sicht der Theorie das angeleitete Lernen gerade für
jüngere Schülerinnen und Schüler, womit unser Konzept der angesprochenen Alterskategorie Rechnung
trägt. Das richtige Verhältnis zwischen selbstständig gestaltetem und angeleitetem Lernprozess bestimmt
letztendlich den Erfolg oder Misserfolg der Exkursion.
9
Erdbeben in der Schweiz
2.3
SED/focusTerra
Erdbebensimulator
Mit dem Erdbebensimulator können Bodenbewegungen von echten Erdbeben bis Intensität VIII simuliert
werden. Dabei bewegt sich der ca. drei Tonnen schwere Container in einer horizontalen Richtung. Der
Simulator ist mit Tischen und anderen beweglichen Gegenständen eingerichtet und bietet Platz für bis zu
zehn Personen gleichzeitig. Für Kleinkinder bis zum 5. Geburtstag, Personen mit Rücken- oder Nackenproblemen sowie Hochschwangere ist der Besuch des Simulators nicht geeignet.
Experimente
Im Vorraum des Erdbebensimulators befinden sich Experimente, zu denen detaillierte Beobachtungsaufträge aufliegen.
1. Experiment: Kann man ein Erdbeben vorhersagen?
Erdbeben lassen sich bis zum heutigen Tag leider weder vorhersagen noch
verhindern. Das erste Experiment verdeutlicht den plötzlichen Spannungsabbau entlang von Brüchen in der Erdkruste, der das Erdbeben auslöst.
Aufgabe: Drehe langsam an der Kurbel und schaue, was mit dem Häuschen
passiert.
Aufgrund der ständigen Bewegung der tektonischen Platten baut sich in den
Gesteinsschichten auf beiden Seiten eines Bruches Spannung auf. Wenn
diese genug gross ist, entlädt sie sich in einer plötzlichen, ruckartigen Bewegung. Die dabei freiwerdende seismische Energie breitet sich in Form von
Wellen durch die Erde und entlang der Erdoberfläche aus und verursacht die
als Beben wahrgenommenen Erschütterungen.
2. Experiment: Wie schwingen Gebäude während eines Erdbebens?
Gebäude reagieren unterschiedlich stark auf die Erschütterungen eines Erdbebens. Das Experiment zeigt, wie diese Unterschiede zustande kommen.
Aufgabe: Beobachte, wie sich die unterschiedlich langen Stäbe je nach gewählter Frequenz bewegen.
3. Experiment: Wie baut man erdbebensicher?
Den besten Schutz vor den Auswirkungen eines Erdbebens bieten eine erdbebengerechte Bauweise sowie das Sichern von Gegenständen, die herunterfallen könnten. In der Schweiz ist bei 90 Prozent der Gebäude unklar, inwieweit sie einem starken Erdbeben standhalten. Nur wenige Kantone
schreiben die Einhaltung der Baunormen für erdbebengerechtes Bauen gesetzlich fest.
Aufgabe: Teste deine Fähigkeiten als Baumeister eines erdbebengerechten
Hauses.
10
Erdbeben in der Schweiz
2.4
SED/focusTerra
Ausstellung focusTerra – Aufgabenblätter
Die folgenden Aufgaben für die erdwissenschaftliche Ausstellung focusTerra an der ETH Zürich wurden
für Schülerinnen und Schüler im 8. bis 10. Schuljahr konzipiert und werden in vier Zweier- oder Dreiergruppen bearbeitet.
Die Arbeitsblätter «Kevin und Jenny auf Entdeckungsreise» enthalten vier Aufgaben und zwei Zusatzaufgaben (Z1 und Z2). Die Zusatzaufgaben entsprechen einem höheren Niveau als die Aufgaben 1 bis 4. Sie
können entweder von leistungsstarken Schülerinnen und Schülern zusätzlich gelöst werden, oder mit einer
der übrigen Aufgaben ausgetauscht werden, falls diese aus Sicht der Lehrperson zu wenig anspruchsvoll
erscheinen. Idealerweise werden pro Gruppe mindestens zwei Aufgaben vollständig gelöst. Je nach Leistungsniveau und Stufe der Klasse können mehr oder weniger Aufgaben gelöst werden. Für die Bearbeitung
der Aufgaben stehen 30 Minuten zur Verfügung. Der erzählerische Rahmen, in den die Aufgaben eingebettet sind, wird von den Figuren Kevin und Jenny gebildet, zwei fiktive Jugendliche auf dem entdeckenden
Rundgang durch die Ausstellung. Die Reihenfolge der Aufgaben gestaltet sich frei.
Lageplan der Ausstellung
11
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Jenny und Kevin auf Entdeckungsreise
Aufgabenblatt zur Ausstellung focusTerra
Lies den Text und versuche Jenny und Kevin bei der Lösung der Rätsel zu helfen, die sie auf dem Rundgang durch die Ausstellung antreffen. Dazu benötigst du Schreibzeug und den Schweizer Weltatlas.
Deine Antworten kannst du jeweils direkt ins Aufgabenblatt schreiben.
Viel Spass!
Aufgabe 1: Erdbeben in der Schweiz
Jenny packt Kevin am Arm und redet aufgeregt auf ihn ein: «Hast du gewusst, dass es auch in der Schweiz
Erdbeben gibt?» «Nein, das stimmt doch nicht», entgegnet Kevin cool. Jenny: «Die meisten dieser Erdbeben sind eben nur schwach und kaum spürbar. Es gab aber auch schon richtig schwere Erdbeben, weißt du
mit Toten und Verletzten.» Kevin staunt: «Könnte es auch heute zu einem solchen schweren Beben in der
Schweiz kommen?» «Theoretisch ja», sagt Jenny, «nur ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein starkes Erdbeben bei uns auftritt, klein. Es gibt jedoch Regionen in der Schweiz, die eher mit schweren Beben rechnen
müssen, da dort die Gefährdung höher ist. Aber schau selber!» Jenny zeigt Kevin auf der Wand eine Karte
der Schweiz mit dem Titel «seismische Gefährdungskarte». Jenny und Kevin suchen auf der Karte die drei
Städte Basel, Sion und Zürich und bestimmen, wie stark diese Regionen erdbebengefährdet sind, d.h. ob
man hier mit einem Beben eher rechnen muss oder nicht..
1a. Kannst du ihnen dabei helfen?
Basel:
Sion:
Zürich:
Im Film «Wie bedrohlich sind Erdbeben in der Schweiz?» erfahren Kevin und Jenny, dass die Auswirkungen eines Erdbebens unter anderem mit der Art des Untergrunds zusammenhängen. Schau dir den Film an
und beantworte anschliessend folgende Frage:
1b.Welche Böden begünstigen grössere
Schäden bei einem Beben, welche sind
weniger gefährlich?
12
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Zusatzaufgabe Z1
Kevin und Jenny möchten gerne noch mehr zum Thema «Erdbebenrisiko und Erdbebengefahr in der
Schweiz» erfahren. Sie schauen sich nochmals den Film «Wie bedrohlich sind Erdbeben in der Schweiz?»
an und überlegen sich anschliessend sinnvolle Antworten. Hilf ihnen dabei.
a. Was ist der Unterschied zwischen
dem Erdbebenrisiko und der Erdbebengefährdung?
b. Weshalb besteht sowohl in Zürich als
auch in Sion ein hohes Erdbebenrisiko
und das, obwohl ein Beben in Zürich
sehr unwahrscheinlich ist? Die Antwort
findest Du im Film, wenn Du schaust,
woraus sich das Erdbebenrisiko zusammensetzt.
13
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Aufgabe 2: Der grosse Globus
Jenny und Kevin stehen etwas ratlos vor dem grossen Globus hinten in der Ecke der Halle. Sie drücken
wahllos auf dem Bildschirm herum. Auf dem Globus erscheinen nacheinander unterschiedliche Bilder,
manche von ihnen bewegen sich. Dieser Globus ist ja richtig spannend!
2a. Wähle ein Programm auf dem Globus, das dir besonders gut gefällt und
versuche zu beschreiben, was auf dem
Globus geschieht.
Jenny entdeckt auf dem Bildschirm ein Feld, das mit Plattentektonik angeschrieben ist. Beim Antippen des
Feldes beginnt auf dem Globus ein Film, in dem sich die Erdteile, oder besser gesagt die Erdplatten bewegen. «Wow, die Kontinente verschieben sich?! Wie soll das denn bitte gehen? Die sind ja wohl ein bisschen
schwer!» – Kevin erklärt ihr, dass die Erde tatsächlich nicht immer so aussah wie heute, sondern sich im
Laufe der Erdgeschichte ständig, wenn auch nur langsam, verändert hat. Kevin zeigt auf den Globus: «Hier
siehst du, wie sich die Erde in den letzten 300 Millionen Jahre verändert hat, und auch, wie sie in 100
Millionen Jahren aussehen könnte.» Da Kevin und Jenny einen indischen Freund, Anup, haben, wollen sie
wissen, wo Indien vor 300 Millionen Jahren auf der Erde lag. Kevin drückt dafür noch einmal auf das Bild
und der Film beginnt von vorne. Komisch, Indien ist zu Beginn des Films nirgends zu sehen. Plötzlich
entdeckt Jenny ein Dreieck in der Grösse eines Zeichnungsblattes in der Nähe des Südpols, ganz unten.
2b. Was passiert? Schreib deine Beobachtung auf. Kannst du dabei folgende Worte verwenden: Platten, Wanderung, Ozean- und Meeresboden,
Gebirge.
14
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Zusatzaufgabe Z2
Kevin schaut sich die Animation «Die stärksten Erdbeben» auf dem Globus an. Diese Animation zeigt die
weltweite Verteilung der stärksten Erdbeben. Kevin sucht drei Regionen/Länder, wo sich besonders viele
Beben ereignen. Kannst du ihm bei der Auswahl der drei Regionen/Länder helfen? Beobachte ganz genau,
wo die Erdbeben auftreten (in einem Land, am Rand eines Landes, am Rand eines Ozeans, im Ozean)?
Kannst du drei Regionen beschreiben oder drei Länder nennen, in denen starke Erdbeben auftreten?
-
Kevin bemerkt, dass die starken Erdbeben vorwiegend in der Nähe der farbigen Linien auftreten. Er fragt
sich, was die farbigen Linien auf dem Globus bedeuten. Kannst du vielleicht helfen?
Violett:
Grün:
Rot:
15
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Aufgabe 3: Aufbau der Erde und Plattentektonik
«Schau mal!» ruft Jenny und zeigt auf die Steine in der grossen Glasvitrine. «Das sind Steine, na und?»
meint Kevin und verdreht die Augen. «Das sind aber nicht irgendwelche Steine, diese Steine stammen aus
dem Innern der Erde!» sagt Jenny und Kevin horcht auf: «Und wie kommen die Steine denn hier in diese
Vitrine?» Jenny: «Tja, die wurden wahrscheinlich mal von einem Vulkan ausgespuckt und von Forschern
eingesammelt.»
«Hier erfährst du noch viel mehr über das Innere unserer Erde», sagt Jenny und deutet auf die Texte und
Zeichnungen an der Wand links von der Vitrine. Beide lesen den Text «Der Aufbau der Erde» genau durch
und lösen dann die Aufgaben. Mach dasselbe, notiere und zeichne. Vieles aus dem Text kennst du vielleicht bereits aus dem Unterricht. Schreibe in der untenstehenden Skizze der Erde die unterschiedlichen
Schichten der Erde ein. Nenne dabei ihre Namen, ihre Mächtigkeit sowie ihre Materialbeschaffenheit (fest,
halbfest, flüssig, zähflüssig).
16
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Aufgabe 4: Die Entstehung von Gebirgen
«Weisst du, wo sich die Alpen befinden?» fragt Kevin. «Na, klar!» meint Jenny und zeigt im Atlas auf die
richtige Stelle. «Siehst du», erklärt sie ganz stolz «die Alpen erstrecken sich vom Ligurischen Meer bei
Italien bis nach Osteuropa.» – «Wow, tönt gescheit. Aber kennst du auch noch weitere grosse Gebirge
ausser den Alpen?» fragt Kevin interessiert. «Mmmh…» Jenny überlegt.
4a. Hilf Jenny auf die Sprünge. Welche
Gebirge kennst du noch ausser den
Alpen? Nenne drei Gebirge, nimm für
diese Aufgabe wieder den Atlas zur Hilfe.
Kevin zeigt Jenny zwei Bilder von berühmten Hochgebirgsregionen. Die Anden in Bild A und die Schweizer Alpen in Bild B. Trotz ähnlicher Gebirgsformen haben die beiden eine ganz unterschiedliche Entstehungsweise.
4b. Suche für dich im Atlas die beiden
Gebirgsregionen.
Bild A Huayna Potosí, Bolivianische Anden
Bild B Matterhorn, Schweizer Alpen
Quelle: Wikipedia
4c. Lies den Text in der Ausstellung
«Die Entstehung von Gebirgen» und
erkläre anschliessend den Unterschied
in der Entstehungsweise der beiden
Gebirgsregionen, bzw. erkläre, wie die
beiden Gebirge entstanden sind.
17
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
3
Nachbereitung
3.1
Projektvorschlag 1: Erdbebenprophylaxe im Schulzimmer und zu Hause
Erdbeben, fast ebenso so stark wie jene in Kalifornien, der Türkei, Japan oder Neuseeland sind in der
Schweiz möglich, wenn auch viel seltener. Auch in der Schweiz gab es in der Vergangenheit Erdbeben, die
enorme Gebäudeschäden verursachten und viele Verletzte forderten, so beispielsweise in Basel 1356 und in
der Walliser Ortschaft Visp im Jahr 1855. Solche Schadensbeben sind in der Zukunft wieder zu erwarten.
In der Schweiz wurden bisher nicht alle Gebäude erdbebensicher gebaut. Der Hauptgrund dafür ist, dass die
ersten genügenden Baunormen bezüglich Erdbebensicherheit von Gebäuden erst 1989 veröffentlicht worden sind. 90 % der Gebäude wurden vor dieser Zeit gebaut und es bleibt unklar, inwieweit sie einem starken Erdbeben standhalten. Nur wenige Kantone schreiben die Einhaltung der Baunormen für erdbebengerechtes Bauen gesetzlich fest. Zusammenfassend heisst dies, dass
• mindestens 90 % der Gebäude nicht spezifisch um Erdbeben zu widerstehen gebaut worden sind;
• die Mehrheit davon aber trotzdem als akzeptabel, bezüglich der Sicherheit von Personen, einzustufen
sind, weil sie durch ihre Art der Konstruktion einen gewissen Grundschutz gegen Erdbeben aufweisen;
• ein Teil davon, die grössere Mängel haben, potentiell sehr gefährlich für deren Bewohner und Bewohne-
rinnen sind (sogenannte «killer buildings»).
Erdbebenvorsorge ist der einzige Weg um die Konsequenzen von Erdbeben langfristig reduzieren zu
können. Heutzutage wird viel Effort in die bauliche Prävention gesetzt. Prioritär müssten alle Neubauten
erdbebensicher nach Baunormen gebaut werden. Bei grösseren Sanierungen und Umbauten müsste die
Erdbebensicherheit kontrolliert werden und allfällige nötige Verstärkungsmassnahmen umgesetzt werden.
Diese Prinzipien sind in der Schweiz weitgehend für öffentliche Gebäude auf Stufe Bund und Kantone
umgesetzt, leider aber noch nicht genügend systematisch für Gemeindebauten und private Bauten. Die
Lage verbessert sich aber fortlaufend. Dabei spielen die verbesserte Ausbildung der Architekten und Ingenieure, die Sensibilisierung der Bauherren und der Bevölkerung und der steigende Druck seitens der Baubehörden eine wichtige Rolle.
Auch richtiges Verhalten im Falle eines Bebens ist sehr wichtig und kann die Auswirkungen eines Erdbebens verringern und Menschenleben retten. Ebenfalls in Gebäuden, die nicht Einsturz gefährdet sind,
können die Leute durch herunterfallende Objekte, wie z. B. Schränke, Lampen, heruntergehängte Decken
oder Zwischenwände verletzt oder sogar getötet werden. In Ländern wie Kalifornien und Japan üben die
Kinder bereits im Kindergarten und in der Schule regelmässig den Ernstfall und lernen dabei, wie man sich
bei einem Beben richtig verhält. In Schweizer Schulen ist das Thema Erdbebenprophylaxe noch kaum
verbreitet.
Innenraum eines Erdbebensimulators
Quelle: Emmanuel Ammon BAFU/AURA
18
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Projektskizze
Ziel des Projekts ist die Sensibilisierung der Schülerinnen und Schüler für Fragen rund um die Erdbebenvorsorge. Die Erdbebenprophylaxe im eigenen Schulzimmer und zu Hause steht dabei im Vordergrund.
Der Besuch der erdwissenschaftlichen Ausstellung focusTerra und des Erdbebensimulators an der ETH
Zürich eignet sich als Initiierung des Projektes. Nach einer Einführung in das Projekt durch die Lehrperson
arbeiten die Jugendlichen mehrheitlich selbstständig. Im Laufe des Projekts erstellen die Schülerinnen und
Schüler zu zweit ein Poster mit einem Massnahmenkatalog zur Erdbebenprävention. Aufgrund der gesammelten Erkenntnisse stellen sie ein Erdbeben-Kit zusammen und richten das Schulzimmer gemeinsam
erdbebensicher ein. Zusätzlich können die Jugendlichen den erstellten Massnahmenkatalog auch zu Hause
anwenden. Zweck des projektorientierten Unterrichts ist neben der fachlich-inhaltlichen Vertiefung auch
die Förderung der Teamarbeit und Kommunikation innerhalb der Klasse sowie die Fähigkeit zur selbstständigen Arbeit.
Projektinhalt
Folgender Katalog enthält Fragen zum Thema Erdbebenprophylaxe, die als Einstiegsfragen und/oder
zur Weiterarbeit verwendet werden können:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Wie kann das Erdbebenrisiko in der Schweiz vermindert werden?
Wie berechnet man das Erdbebenrisiko?
Welche Regionen in der Schweiz haben ein höheres bzw. geringeres Erdbebenrisiko?
Wie sieht die Erdbebenprävention in der Schweiz aus? Welche Massnahmen werden auf Bundes-,
Kantons- und Gemeindeebene getroffen?
Wie teuer ist Erdbebenvorsorge?
Wie sieht die Arbeit von Erdbebeningenieuren und -ingenieurinnen aus?
Was ist zu tun vor, während und nach einem Erdbeben?
Was sind die SIA-Normen?
Welche rechtlichen Folgen kann eine ungenügende Erdbebenprävention haben?
An wen kann man sich bei Fragen zur Erdbebenprävention wenden?
Material
Das untenstehende, kommentierte Verzeichnis bietet eine Auswahl an geeigneten Internetlinks und Materialien, die aktuelles und gut aufbereitetes Informationsmaterial bieten:
• Ist unser Haus erdbebensicher?: Kurze, übersichtliche und leserfreundliche Broschüre zum Thema
•
•
•
•
•
•
erdbebensicheres Bauen mit Checkliste und rechtlichen Hinweisen. Zusammengestellt von der Stiftung
für Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen und dem Bundesamt für Umwelt 2013.
Erdbebensicheres Bauen in der Schweiz: Kurze, übersichtliche und leserfreundliche Broschüre mit
Checkliste und rechtlichen Hinweisen. Zusammengestellt von der Stiftung für Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen und dem Bundesamt für Umwelt 2013.
Erdbebenvorsorge: Informationen des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) zum Thema Erdbebenprävention.
Erdbebenrisiko und Gefährdung: Informationen des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) zum
Thema Erdbebenrisiko und Gefährdung in der Schweiz.
Erdbebenertüchtigung von Bauwerken: Eine Broschüre des Bundesamtes für Umwelt 2008 zur Problematik der Erdbebenertüchtigung von Bauwerken. Der Text ist für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I schwierig, die Broschüre kann Lehrpersonen als Grundlage zur Vertiefung dienen.
Erdbebenrisiko in der Schweiz: Kurze, übersichtliche Informationen des Bundesamtes für Umwelt
(BAFU) zum Thema Erdbebenrisiko in der Schweiz.
Massnahmenprogramm Erdbeben: Die Seite des BAFU enthält ausführliche Informationen und Dokumente zum Downloaden zum Massnahmenprogramm des Bundes.
19
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
• Erdbebensicheres Bauen: Die Seite des BAFU enthält ausführliche Informationen und Materialien zum
Downloaden zum Thema erdbebensicheres Bauen.
• Links Erdbeben: Link-Zusammenstellung des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) für Schülerin-
nen und Schüler zum Thema Erdbeben.
• Im Erdbebensimulator: Beitrag des Wissensmagazin «Einstein» des Schweizer Fernsehens zum Erdbebensimulator im Rahmen des basecamp09.
3.2
Projektvorschlag 2: «Info-Nachmittag» an unserer Schule zum Thema
Erdbeben und Erdbebenprävention
Projektskizze
Die Idee dieses Projekts ist es, dass die Schülerinnen und Schüler im Klassenverband einen Informationsnachmittag zum Thema «Erdbeben und Erdbebenprävention» an der Schule oder an einem anderen Ort
organisieren und durchführen. Es handelt sich dabei um ein ausführlicheres Projekt. Im Zentrum der fachlichen Auseinandersetzung steht der Aspekt Erdbebenprävention. An dieser Stelle soll auf den Projektvorschlag 1 «Erdbebenprophylaxe im Schulzimmer und zu Hause» hingewiesen werden. Nach einer Einführung durch die Lehrperson arbeiten die Lernenden in Gruppen selbstständig an ihrem ausgewählten
Themenaspekt, der im Rahmen des Projektunterrichts vertieft werden soll. Die erarbeiteten Produkte
(Poster, Modelle, Bilder und Ähnliches) jeder Gruppe werden am Informationsnachmittag für die anderen
Klassen im Schulhaus präsentiert.
Projektplanung
Phase 1 Initiierung des Projekts durch den Besuch des Erdbebensimulators und der erdwissenschaftlichen
Ausstellung focusTerra an der ETH Zürich.
Phase 2 Einführung in das Projekt durch die Lehrperson (z. T. in Absprache mit den Schülerinnen und
Schülern): Inhaltliche Vorgaben, Produkt und Präsentationsform, Sozialform während des Projekts, Räumlichkeiten, Arbeits- und Zeitplan.
Phase 3 Planung: Die einzelnen Gruppen wählen ein Thema, das sie bearbeiten möchten, sammeln Materialien, arbeiten ein Konzept aus für ihr geplantes Produkt.
Phase 4 Arbeitsphase: Die Gruppen erarbeiten selbstständig die gewählten Inhalte und entwickeln das
Produkt. Die Lehrperson beobachtet den Arbeitsprozess der einzelnen Gruppen, ist Ansprechperson bei inhaltlichen und/oder organisatorischen Fragen, gibt wo nötig Inputs, prüft die Einhaltung
des vorgegebenen Zeitplans.
Phase 5 Präsentation: An einem eigens organisierten Informationsnachmittag werden die entwickelten
Produkte (bewährte Präsentationsformen sind das Poster, Modelle, Bilder, Powerpoint Präsentationen, iPods, Video oder Lernkioske) in Form einer Ausstellung den übrigen Klassen der Schule präsentiert.
Phase 6 Auswertung: Das Projekt wird hinsichtlich des Arbeitsprozesses und der Endprodukte im Plenum
unter der Anleitung der Lehrperson ausgewertet.
20
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Planungsvorschlag für eine Themenwoche
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Phase 1
Phase 4
Phase 4
Phase 4
Phase 4
Phasen 2 + 3
Phase 4
+ Abgabe des
Konzepts
Phase 4
Phase 4
Phase 5
Vormittag
Nachmittag
Der Lernkiosk
Eine bewährte Methode, Inhalte anschaulich und stufengerecht zu erarbeiten, bietet die Präsentationsform
«Lernkiosk». Je eine Gruppe von 4 bis 6 Lernenden erarbeitet gemeinsam einen solchen Kiosk. Der Lernkiosk bietet in Form eines kleinen Standes ein abwechslungsreiches und originelles Lernangebot. Die
Kioskbesucherinnen und -besucher werden anhand eines Konzeptes oder unter mündlicher Anleitung durch
das Thema des Kiosks geführt und erfahren auf diese Weise Neues und Wissenswertes zum Thema Erdbeben. Ziel des Kiosks ist es, dass die Besuchenden anhand unterschiedlicher Medien sich selbstständig neue
Inhalte erarbeiten können. Beispielsweise, indem sie ein Quiz lösen oder sich einen Videoausschnitt anschauen. Ein guter Lernkiosk bietet dazu verschiedene Lernmedien wie Textauszüge, Bilder, Poster, eine
Powerpointpräsentation und Ähnliches. Als Erweiterung des Konzepts kann die Gruppe zusätzlich eine
Broschüre gestalten, die die wichtigsten Lerninhalte des Kiosks zusammenfasst. Interessierte Besucherinnen und Besucher sollten – je nach Umfang des Kiosks – während circa 15 Minuten am Kiosk verweilen
können.
Themenvorschläge
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•
Erdbebenprävention in der Schweiz
Erdbebenrisiko und Erdbebengefährdung
Wie werden Erdbeben gemessen?
Was tun vor, während und nach einem Erdbeben?
Erdbebenwellen
Die Schweiz, ein Erdbebenland?
Historische Beben in der Schweiz
Aufbau der Erde (Kern, Mantel, Lithosphäre, Asthenosphäre…)
Die schwersten Erdbeben in den letzten 1000 Jahren
Zusammenhang zwischen Erdbeben und Vulkane
Beschaffenheit des Untergrunds (Porosität…)
Tsunami
Aktuelles Beben: Warum gab es beim Erdbeben in Neuseeland praktisch keine Toten und in Haiti sehr
viele? Was lässt sich daraus lernen?
• Wie hoch ist das Erdbebenrisiko in Sion, Zürich und Basel?
21
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Materialvorschläge
BAFU Erdbeben: Ausführliches Informationsmaterial des Bundesamtes für Umwelt rund um das Thema
Erdbeben
http://www.seismo.ethz.ch/edu: Ausführliches Informationsmaterial des Schweizerischen Erdbebendienstes
für Schulen zum Thema Erdbeben. Unter Literaturliste findet man ausserdem eine ausführliche Liste für
Schülerinnen und Schüler.
Bachofner D., Batzli S., Hobi P., Rempfler A. 2001: Das Geobuch: Geografie für die Sekundarstufe 1.
Band 1 (pp. 116–119). Zug: Klett und Balmer Verlag AG. Das Lehrmittel für die Schweizer Sekundarschule bietet eine knappe, aber stufengerechte Darstellung zum Thema. Der Bezug zur Schweiz und deren
Erdbebengefährdung wird hergestellt.
Hasler M., Egli, H. (Ed.). 2004: Geographie: wissen und verstehen (pp. 151–162). Bern: hep Verlag AG.
Das Lehrmittel für die Sekundarstufe II bietet im Kapitel «Geologie» Ausführliches zum Thema. Neben der
Entstehung und Vorhersage von Erdbeben sowie der Seismik, enthält das Kapitel einen Exkurs zu Erdbeben in der Schweiz. Der Text müsste für Klassen der Sekundarstufe I teilweise vereinfacht werden. Hinweis: In der Neuauflage des Lehrmittels aus dem Jahr 2010 fehlt der Exkurs Erdbeben in der Schweiz
gänzlich.
Hürlimann R., Egli-Broz H. 2005: Geologie: Lerntext, Aufgaben mit Lösungen und Kurztheorie (pp. 108–
120). Zürich: Compendio Bildungsmedien AG. Der Band «Geologie» aus der Reihe der Compendio Bildungsmedien enthält ein ausführliches, didaktisch sinnvoll aufgearbeitetes Kapitel zum Thema, geeignet
für Lernende und Lehrpersonen. Ein Bezug zu Erdbeben und Erdbebengefährdung in der Schweiz fehlt
jedoch.
Wiemer 2008: Modultexte der Ausstellung: Erdbeben und Erdbebengefährdung in der Schweiz. Zürich:
focusTerra.
www.crealp.ch: Das Zentrum für alpine Umweltforschung liefert ausgezeichnete wissenschaftliche Informationen zu Erdbeben und geologischen Gefahren im Berggebiet mit folgenden Kapiteln: Erdbebentätigkeit weltweit; Erdbebenrisiko im Wallis; erdbebensicheres Bauen und Forschungsprojekte.
Fachliteratur «Erdbeben»
Grotzinger J. et al. 2007: Allgemeine Geologie. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag Jäckli H.
1989: Geologie von Zürich. Von der Entstehung der Landschaft bis zum Eingriff des Menschen. Zürich:
Orell Füssli.
Richter D. 1997: Geologie. Das Geographische Seminar. Braunschweig: Westermann Schulbuchverlag
GmbH.
Richter D. 1992: Allgemeine Geologie. Berlin: de Gruyter.
22
Erdbeben in der Schweiz
3.3
SED/focusTerra
Projektvorschlag 3: Wir bauen einen Seismographen
Projektsskizze
Die Schülerinnen und Schüler lernen in diesem Projekt, wie man mit einfachen Mitteln einen Seismographen baut. Das Projekt eignet sich gut als Teil einer Unterrichtseinheit oder einer Projektwoche zum Thema
Erdbeben. Nachdem im Unterricht eine Sequenz zum Thema Erdbeben durchgeführt worden ist, bietet
dieses Projekt eine praktische Vertiefung. Nach einer inhaltlichen Einführung zur Erdbebenmessung,
erhalten die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, an einem selbstgebauten Seismographen dessen
Funktionsweise kennen zu lernen. Als Ausgangpunkt des Projekts eignet sich ein Besuch des Erdbebensimulators und der erdwissenschaftlichen Ausstellung focusTerra an der ETH Zürich.
Kinder vor einem Seismographen
Quelle: Wikipedia
Links und Literatur mit Bauanleitungen für einen Seismographen
http://www.roesa.uni-oldenburg.de/erdbeben/: Schülergerechtes Material rund um das Thema Erdbeben
inklusive einer Bauanleitung für einen Seismographen.
Terra Online Seismograph: Bauanleitung für einen Seismographen.
Brunken N., Leistner J. 2004: Erdbeben: Bau und Anwendung eines selbstgebauten Seismographen.
Geographie heute, 218, 12–15
Terra Online Erdbeben: Online-Plattform des Klett-Verlags zum Thema Erdbeben.
23
Erdbeben in der Schweiz
3.4
SED/focusTerra
Weitere Projektideen
Weitere mögliche Themen zur Nachbereitung sind zum Beispiel:
Seismo at School
Das Bildungsprogramm «Seismo at School» des Schweizerischen Erdbebendienstes stellt ausgezeichnete
Materialien für Lehrende und Lernende im Unterricht zur Verfügung.
Aus dem Inhaltsverzeichnis von «Seismo at School» (www.seismoatschool.ethz.ch):
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Was ist ein Erdbeben?
Historische Erdbeben
Geologie der Schweiz
Interaktives Seismo
Seismische Experimente
Erdbebeninfo
Material für Lehrende
Filme
SED Daten
u.v.m.
Berufsportraits
Berufsportraits von Menschen in der Schweiz, die mit Erdbeben und/oder Erdbebenprävention zu tun
haben. Arbeitsteiliger Gruppenunterricht. Auftrag in Zweiergruppen: Lernende erstellen Fragebogen und
nehmen Interviews auf Podcasts auf. (Schweizerischer Erdbebendienst, Bundesamt für Umwelt, Vertreterinnen und Vertreter einer Hilfsorganisation, Schweizer Katastrophenhilfe, Direktion für Entwicklungsund Zusammenarbeit DEZA, Bauwesen, Polizei und Feuerwehr, Spitäler… etc. ).
Schwere Erdbeben in der Geschichte
Die Schülerinnen und Schüler recherchieren gruppenweise schwere Erdbeben, die sich in den vergangenen
paar Jahren auf der Welt ereignet haben. Wo liegt der betroffene Ort? Wie stark war das Beben? Wie gross
waren die Schäden und warum? Gilt immer der Zusammenhang, je stärker das Beben, umso grösser der
Schaden? Allenfalls: Wie leben die Menschen heute nach dem Beben? Historische Beben: Wie ging man
früher mit einer Naturkatastrophe um? Wo sah man die Ursachen für Erdbeben in Zeiten ohne das heutige
geologische Wissen?
Zeitungsbericht
Die Jugendlichen schreiben einen fiktiven Zeitungsbericht über ein Erdbeben, das sich irgendwo auf der
Welt ereignet hat. Sie recherchieren vorher genau einen möglichen Ort, wo ein starkes Beben auftreten
könnte (begründete Auswahl). Im Bericht beschreiben sie den Ort des Bebens, das Epizentrum, die Stärke
und Intensität des Bebens sowie die Schäden und allenfalls Folgeschäden (Tsunami).
Erdbebenalarm
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln gruppenweise Ideen für ein Erdbeben-Alarmsystem in der
Schweiz.
24
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen
Die SuS erarbeiten in Zweier- oder Dreiergruppen die möglichen wirtschaftlichen Schäden und gesellschaftlichen Folgen im Falle eines schweren Erdbebens in ihrer Wohngegend. Sie erstellen dabei ein
Szenario, sie reden mit einer Behördenvertretung und gehen der Frage nach, ob an ihrem Wohnort ein
Massnahmenplan existiert.
3.5
Wir simulieren die Bewegungen von Erdkrusteplatten –
Ein Experiment im Schulzimmer
Um was es bei diesem Experiment geht:
• Was geschieht mit den Erdkruste-Platten bei einem Erdbeben?
• Weshalb kann man Erdbeben nicht voraussagen?
Erdkruste-Platten gleiten aneinander vorbei und reiben dabei aneinander. Verhaken sich die Platten, bauen
sie Spannungen auf, die sich über sehr lange Zeit aufbauen können. Irgendwann sind die Spannungen so
gross, dass sie sich entladen. Innerhalb von Sekunden kommt es zum Bruch oder zur Verformung der
Platten. Die dabei entstehenden Erschütterungen nennt man Erdbeben.
1
2
3
Nimm die Platte A (Hier eignen sich Lasagne»Platten», eventuell 3–4 zusammen, oder ein
Lineal), halte sie mit beiden Händen links und
rechts. Biege sie vorsichtig leicht und lasse sie
dann wieder los. Beschreibe, wie sich das Material
verhält. (Antwort: Platte lässt sich leicht biegen,
geht nach dem Loslassen wieder in die alte
Position zurück. Das Material verhält sich
elastisch).
Nimm die Platte B (z. B. aus Knetmasse, Fimo,
Ton) und versuche das Gleiche wie mit Platte A.
Diesmal verhält sich die Platte anders, als bei
Platte A. Wo liegt der Unterschied? (Antwort: Die
Platte bleibt verbogen, und geht evtl. sogar ein
wenig kaputt. Die Platte B verhält sich plastisch).
Nun versuche dieselbe Übung nochmals mit der
Platte A, setze diesmal aber viel mehr Kraft ein als
das erste Mal. Du bringst nun diese Platte unter so
grosse Spannung, bis diese sich entlädt und die
Platte bricht. Kannst du den Zeitpunkt des
Zerbrechens voraussagen?
Quelle: Giunti Progetti Educativi 2010
So plötzlich die Platte bei Übung 3 zerbricht, so überraschend können sich auch die Spannungen bei den grossen Lithosphären-Platten entladen und es kommt zu Erdbeben. Bei deinem Experiment konntest du beobachten,
dass die Platte zwar unter grosser Spannung steht und wahrscheinlich bald zerbrechen wird, den genauen
Zeitpunkt des Zerbrechens vorherzusagen jedoch war für dich unmöglich. Und genauso geht es den Erdbebenforschenden: Sie wissen zwar genau, welche Lithosphären-Platten – in manchen Fällen bereits seit Jahrzehnten
– unter grossen Spannungen stehen, den genauen Zeitpunkt des Bruchs, also das Erdbeben, vorauszusagen, ist
jedoch auch heute noch für die Wissenschaft unmöglich.
25
Erdbeben in der Schweiz
4
SED/focusTerra
Unterrichtsmaterialien
Im Folgenden geht es um die in Kapitel 1.3 erwähnten Unterrichtsmaterialien M1 bis M8. Die Materialien
sind in dieser Form direkt im Unterricht einsetzbar und dienen zur Vorbereitung des Besuchs an der ETH
Zürich.
Inhalt:
M1: Folie «Lernziele Erdbeben in der Schweiz»
M2: Folie «Der Schalenbau der Erde»
M3: Arbeitsblatt «Der Schalenbau der Erde»
M4: Powerpoint-Präsentation «Erdbeben in der Schweiz»
M5: Arbeitsblatt «Kontinente auf Wanderschaft»
M6: Linkliste «Berichterstattung zum Thema Erdbeben»
M7: Arbeitsblatt «Erdbeben»
M8: Arbeitsblatt «Erdbeben in der Schweiz»
26
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
M1: Folie «Lernziele Erdbeben in der Schweiz»
Erdbeben in der Schweiz
Ihr:
- erkennt Erdbeben als Naturgefahr in
der Schweiz und wisst, warum es in der
Schweiz und Südeuropa zu Erdbeben
kommt;
- kennt die Begriffe Erdkruste, Erdmantel und
Erdkern und damit den Aufbau der Erde;
- könnt die Vorgänge in und auf der Erde an
Beispielen beschreiben;
- kennt und versteht die Begriffe Magnitude,
Intensität, Richterskala und Epizentrum.
27
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
M2: Folie «Der Schalenbau der Erde»
Der Schalenbau der Erde
angepasst nach USGS/USGov
28
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
M3: Arbeitsblatt «Der Schalenbau der Erde»
Der Schalenbau der Erde
Wie sieht die Erde im Innern aus? Das ist eine der brennenden Fragen, die Forschende bis heute beschäftigt. Obwohl noch nie ein Mensch selber bis ins Erdinnere vorgedrungen ist, wissen wir heute erstaunlich
viel über das Innere der Erde. Dies wurde zum einen dadurch möglich, dass bis zu 13 Kilometer tiefe
Bohrungen in die Erdkruste vorgenommen wurden und zum andern auch durch den Bau von Tunnels. Auch
aufgrund von vulkanischen Gesteinen, Meteoriten und dem Gebirgsaufbau wissen die Forschenden viel
über das Erdinnere.
Doch wie erforscht man das Innere der Erde? In der Erdbebenforschung benutzt man dafür Erdbebenwellen. Natürliche und grosse Erdbeben durchleuchten grosse Tiefen, während man oberflächennah auch selbst
ausgelöste, kleinere Beben (durch Sprengungen) nutzen kann. Anhand der Art der Wellenausbreitung kann
man auf die Beschaffenheit der Erdschichten schliessen. So ‚sieht’ man aufgrund der Materialunterschiede
zum Beispiel die Grenze zwischen der festen Lithosphäre und der teilweise aufgeschmolzenen Asthenosphäre oder die Kern-Mantel-Grenze.
Der Schalenbau der Erde
angepasst nach USGS/USGov
29
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Lückentext «Der Schalenbau der Erde»
Die Erde besteht aus unterschiedlichen Schalen. Die oberste Schale, die ________, ist die dünnste
und auf den Kontinenten etwa _______________ dick, unter den Ozeanen sogar nur ____________.
Die Erdkruste besteht aus _______ Gestein. Darunter folgt der Erdmantel, welcher bis in eine Tiefe
von ________ hinabreicht und dort unten Temperaturen von über _____________ erreicht.
Der grösste Teil des Mantels befindet sich in einem Zustand zwischen fest, halbfest und zähflüssig.
Dies kann man sich ein wenig vorstellen wie einen Gletscher: Er ist zwar fest, fliesst aber trotzdem.
Nun gibt es im obersten Bereich des Mantels aber zwei Besonderheiten: Die obersten 50–100 km sind
______, genau wie die Erdkruste. Daher bildet dieser Bereich gemeinsam mit der Erdkruste eine
Einheit, die sogenannte ___________. Das ist griechisch und bedeutet _____________. Die Lithosphäre ist in verschiedene Teile, die _______________, zerbrochen. Diese bewegen sich aufeinander
zu, voneinander weg oder aneinander vorbei. Damit sich die Platten gut bewegen können, braucht es
einen entsprechenden Untergrund. Den stellt die nächste Schicht im Mantel dar, die ____________,
welche ca. 250 km tief hinabreicht. Der Name Asthenosphäre ist ebenfalls griechisch und bedeutet
Kugel ohne Festigkeit. In der Tat ist die Asthenosphäre teilweise aufgeschmolzenes Mantelmaterial.
Und so wie Eisblöcke auf dem Wasser schwimmen, so treiben die Lithosphärenplatten auf der weichen Asthenosphäre. Angetrieben werden sie dabei von den langsamen Fliessbewegungen im darunterliegenden Mantel. Unter dem Mantel liegt der _______, welchen man in einen äusseren und inneren _________ unterteilt. Den äusseren Erdkern kann man sich wie einem Hochofen vorstellen, in
dem sich Eisen bewegt. Der Kern gibt sehr viel Wärme nach aussen in den Mantel ab. Das ist der
Motor für die langsamen Fliessbewegungen im Mantel. Im ____________, welcher bei etwa
___________ Tiefe beginnt, ist es ____________ heiss! Trotzdem ist das Gestein im Innern des
Erdkerns nicht geschmolzen, sondern ______. Das kommt daher, dass das Gestein in dieser Tiefe
durch den hohen _______ zu einer festen __________ zusammengepresst wird. Das Zentrum der
Erde liegt in __________ Tiefe.
30
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
M3: Arbeitsblatt «Der Schalenbau der Erde» (Lösung Lückentext)
Der Schalenbau der Erde
Die Erde besteht aus unterschiedlichen Schalen. Die oberste Schale, die Erdkruste, ist die dünnste und auf
den Kontinenten etwa 30–40 Kilometer dick, unter den Ozeanen sogar nur 6–8 Kilometer. Die Erdkruste
besteht aus festem Gestein. Darunter folgt der Erdmantel, welcher bis in eine Tiefe von 2900 km hinabreicht und dort unten Temperaturen von über 3000 Grad Celsius erreicht. Der grösste Teil des Mantels
befindet sich in einem Zustand zwischen fest, halbfest und zähflüssig. Dies kann man sich ein wenig vorstellen wie einen Gletscher: Er ist zwar fest, fliesst aber trotzdem. Nun gibt es im obersten Bereich des
Mantels aber zwei Besonderheiten: Die obersten 50–100 km sind fest, genau wie die Erdkruste. Daher
bildet dieser Bereich gemeinsam mit der Erdkruste eine Einheit, die sogenannte Lithosphäre. Das ist griechisch und bedeutet Steinkugel. Die Lithosphäre ist in verschiedene Teile, die Lithosphärenplatten, zerbrochen. Diese bewegen sich aufeinander zu, voneinander weg oder aneinander vorbei. Damit sich die Platten
gut bewegen können, braucht es einen entsprechenden Untergrund. Den stellt die nächste Schicht im Mantel dar, die Asthenosphäre, welche ca. 250 km tief hinabreicht. Der Name Asthenosphäre ist ebenfalls
griechisch und bedeutet Kugel ohne Festigkeit. In der Tat ist die Asthenosphäre teilweise aufgeschmolzenes Mantelmaterial. Und so wie Eisblöcke auf dem Wasser schwimmen, so treiben die Lithosphärenplatten
auf der weichen Asthenosphäre. Angetrieben werden sie dabei von den langsamen Fliessbewegungen im
darunterliegenden Mantel. Unter dem Mantel liegt der Erdkern, welchen man in einen äusseren und inneren
Kern unterteilt. Den äusseren Erdkern kann man sich wie einem Hochofen vorstellen, in dem sich geschmolzenes Eisen bewegt. Der Kern gibt sehr viel Wärme nach aussen in den Mantel ab. Das ist der Motor
für die langsamen Fliessbewegungen im Mantel. Im inneren Erdkern, welcher bei etwa 5150 Kilometern
Tiefe beginnt, ist es 5000–7000 Grad heiss! Trotzdem ist das Gestein im Innern des Erdkerns nicht geschmolzen sondern fest. Das kommt daher, dass das Gestein in dieser Tiefe durch den hohen Druck zu einer
festen Kugel zusammengepresst wird. Das Zentrum der Erde liegt in 6371 km Tiefe.
Die Bewegungen im Mantel treiben die Plattentektonik an.
Quelle: USGS/USGov
31
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
M4: Powerpoint-Präsentation «Erdbeben in der Schweiz»
Folie 1
Folie 2
Folie 3
Folie 4
32
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
M5: Arbeitsblatt «Die Kontinente auf Wanderschaft»
Kontinente auf Wanderschaft
Der berühmte deutsche Geophysiker, Alfred Wegener (1880–1930), legte zu Beginn des 20. Jahrhunderts
mit seinen Beobachtungen und Ideen zu den Bewegungen der Kontinente den Grundstein für die Theorie
der Plattentektonik. Diese Theorie besagt, dass die Erdoberfläche, genauer gesagt die Erdkruste gemeinsam
mit dem festen Teil des oberen Erdmantels, die sogenannte Lithosphäre, aus unterschiedlich grossen Platten
bestehen. Es sind je nach Betrachtungsweise sieben grosse und fünf kleinere Platten. Die meisten dieser
Platten bestehen aus Kontinenten und Teilen eines Ozeans. Einige sind ausschliesslich Teile eines Ozeans.
Durch die grosse Hitze im Innern der Erde werden die Platten einzeln angetrieben; sie schwimmen auf der
weichen Asthenosphäre. Es können im Wesentlichen drei Arten von Bewegungsrichtungen entstehen:
1. Die Platten driften auseinander.
2. Die Platten driften gegeneinander. Dabei stossen sie zusammen oder werden ineinander geschoben.
3. Die Platten driften aneinander vorbei.
Arten der tektonischen Plattengrenzen
1
2
3
angepasst nach USGS/USGov
33
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Von blossem Auge und in kurzer Zeit kann man nicht erkennen, dass sich die Platten bewegen. Anhand
von Gesteinsspuren von früheren Gletschern gelingt dies. Dank den Untersuchungen der Vergleichen von
Plattengrenzen, der Verbreitung von Fossilien und anderen Untersuchungen können Forschende beweisen,
dass sich Lage und Form von Kontinenten in Millionen von Jahren immer wieder verändert haben und sich
in Zukunft weiter verändern werden. Heute kann man dies mit Hilfe von Satelliten und genauen Messungen
zeigen. Diese Bewegung ist aber nicht nur verantwortlich für die Form unserer Kontinente, sondern ist der
eigentliche Motor von Vulkanausbrüchen, Erdbeben und Gebirgsentstehungen auf der ganzen Erde.
Die farbig dargestellten Verbreitungsgebiete von Lebewesen wie Cynognathus, Mesosaurus,
Glossopteris und Lystrosaurus erlauben die Rekonstruktion eines Urkontinentes (Gondwana) und
sind damit Belege für die Existenz der Plattentektonik.
Quelle: USGS/USGov
34
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Aufgabe: Löst die Teile 1 und 2 zu zweit (Zeit pro Teil: 10’).
Teil 1:
Material: Zwei farbige Schaumstoff-Platten.
Simuliere mit Hilfe der beiden Schaumstoff-Platten folgende Plattenbewegungen.
(Hinweis: Falls kein geeignetes Material vorhanden ist, eignen sich für diese Übung auch zwei dünne
Bücher):
• Die Platten driften auseinander.
• Die Platten stossen zusammen.
• Die Platten driften aneinander vorbei.
Versuche in einem zweiten Schritt die drei Plattenbewegungen zu skizzieren:
35
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Teil 2:
Material: Schweizer Weltatlas S. 177 (Ausgabe 2002) oder Diercke Weltatlas S. 166 (Ausgabe 2006).
a) Beschrifte mit Hilfe des Atlas in der untenstehenden Grafik die Platten mit den korrekten Namen.
Erdbebenverbreitung
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
b) Studiere die obenstehende Karte und deren Legende. Beschreibe die weltweite Verteilung von Erdbeben.
Was hat die weltweite Verteilung von Erdbeben mit den Plattenbewegungen zu tun?
36
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
M6: Linkliste «Berichterstattung zum Thema Erdbeben»
Linkliste Berichterstattung zum Thema Erdbeben
Videos verfügbar auf: http://www.videoportal.sf.tv (Stand: Juli 2010)
Berichterstattung zum Erdbeben in Haiti, Januar 2010
«Haiti: Hilfe rollt an» (Tagesschau vom 17. Januar 2010)
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=b1d7e3b1–15da-4fe3-a287-c1266634ae08
«Verzweiflung führt in Haiti zu Plünderungen und Gewalt» (Tagesschau vom 18. Januar 2010)
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=b3243d6b-5f8f-4f1b-a372-ccf1a468ca08
«Haiti: Zahl der Erdbebenopfer steigt weiter» (10 vor 10 vom 18. Januar 2010)
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=f228f0bb-3875–41ba-a9f7–2e2fbd86acd6
«Haitis Not: Folgen der Katastrophe für die Bevölkerung» (Rundschau vom 20. Januar 2010)
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=bdd731b0–62ce-4677-a3bf-7f890af3fc10
«Nachbeben auf Haiti» (10 vor 10 vom 20. Januar 2010. Der zweite Teil ist ein längeres
Korrespondenten-Interview.)
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=3e8c4c3c-5c95–4f2d-9dd9–872855485389
«Haiti: Nackter Überlebenskampf» (Tagesschau vom 21. Januar 2010)
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=e77f9f8e-1b95–42ab-82d9–59d3540679a2
Berichterstattung zum Erdbeben in L’Aquila, Italien, April 2009
«Schweres Beben erschüttert Italien» (Tagesschau vom 6. April 2009)
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=8e4eae44-e252–4ffa-a270–7fcfc3711323
«L’Aquila: Ein Tag nach dem Beben» (Tagesschau vom 7. April 2009)
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=cfd6d3a5-ba9b-41b9–8cb8-cb612ea2fcde
«L’Aquila: Fieberhafte Suche nach Überlebenden» (Tagesschau vom 7. April 2009)
http://www.videoportal.sf.tv/video?id=2bb1dc47-a91f-416d-b219-e7ab7b753bbe
37
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
M7: Arbeitsblatt «Erdbeben»
Erdbeben
Wie entsteht ein Erdbeben?
Im Laufe eines Jahres werden weltweit etwa 500 000 Erdbeben gemessen. 100 000 davon werden verspürt
und 100 verursachen Schäden. Erdbeben sind eine Folge der Plattentektonik, verursacht durch die Hitze im
Erdinnern, die die Platten in Bewegung bringt. Die Erdplatten bewegen sich gegeneinander, aneinander
vorbei oder auseinander. Da die Plattengrenzen aber nicht glatt sind, können die Platten nicht einfach
aneinander vorbei gleiten, sondern reiben aneinander. Verhaken sich die Platten, können sich über Jahrzehnte hinweg Spannungen aufbauen. Irgendwann sind die Spannungen so gross, dass das Gestein ihnen
nicht mehr standhalten kann. Dann kommt es innerhalb von Sekunden zum Bruch oder einer Verformung
der betroffenen Platten. Die dabei entstehenden Erschütterungen nennt man Erdbeben. Über 90 % aller
Erdbeben entstehen im Bereich der Plattengrenzen. Steigt Magma in einem Schlot bis an die Erdoberfläche
oder kommt es zum Einsturz von Hohlräumen, kann es auch zu schwachen Erdbeben innerhalb einer Platte
kommen. Erdbeben können mit Sprengungen oder unterirdischen Atomexplosionen auch künstlich durch
den Menschen erzeugt werden.
Erdbebenentstehung
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
Wie misst man Erdbeben?
Mit Hilfe eines Seismographen kann die Ausbreitung der Erdbebenwellen gemessen werden.
Früher mass man die Stärke eines Bebens an seinen Auswirkungen: Anzahl der Toten und Verletzten und
Gebäudeschäden. Im Jahr 1902 entwickelte der italienische Seismologe und Vulkanologe Giuseppe Mercalli (1850–1914) die Mercalli-Skala, welche die sicht- und fühlbaren Auswirkungen eines Erdbebens an
der Erdoberfläche angibt. Anhand der Schadensauswirkung lässt sich jedoch keine Aussage über die freigesetzte Energie eines Erdbebens ableiten. Die ursprüngliche Mercalli-Skala ist nicht mehr in Gebrauch.
Offiziell ist heute in Europa die Intensitätsskala EMS-98 (European Macroseismic Scale von 1998)
gültig. Unsere Wahrnehmung eines Erdbebens entspricht nicht automatisch der tatsächlichen Energie, die
38
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
freigesetzt wurde. 1935 entwickelte deshalb der amerikanische Seismologe Charles Francis Richter (1900–
1985) die heute weltweit verwendete Richterskala. Die Richterskala unterteilt die bei einem Erdbeben
freigesetzte Energie in unterschiedliche Magnituden. Kleine Beben haben niedrige Magnituden (0–3),
gespürt werden können Erdbeben normalerweise ab Magnitude 3. Theoretisch könnte der Wert nach oben
unbegrenzt sein, die Forschenden gehen allerdings davon aus, dass ein Erdbeben mit einer Magnitude
grösser als 9.5 kaum möglich sei, da die Ausdehnung der längstmöglichen Bruchflächen, an denen so ein
Erdbeben stattfinden könnte, durch die Grösse der Kontinente begrenzt ist.
Die grössten Erdbeben der Geschichte
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
Siehe auch: Die stärksten Erdbeben (USGS), http://earthquake.usgs.gov/earthquakes/world/10_largest_world.php
39
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
M8: Arbeitsblatt «Erdbeben in der Schweiz»
Erdbeben in der Schweiz
3
Die Schweiz – ein erdbebengefährdetes Land?
Zwischen 1975 und 2001 registrierte der Schweizerische Erdbebendienst in der Schweiz und ihrer unmittelbaren Umgebung 6400 Erdbeben. Das bedeutet durchschnittlich jeden zweiten Tag ein Erdbeben. Die
meisten dieser Beben wiesen allerdings eine Magnitude kleiner als 3 auf und waren daher nicht spürbar. Im
globalen Vergleich ist die Schweiz gering bis mittel erdbebengefährdet. Bezieht man jedoch sämtliche
historische Erdbeben mit ein, die sich in der Schweiz ereignet haben, ereignet sich durchschnittlich alle
zehn Jahre ein Schadensbeben und circa alle hundert Jahre ein Beben der Intensität VIII (nach EMS-98).
Das Erdbeben von Basel 1356
Den 18. Oktober 1356 schildert der Basler Dominikaner Conrad von Waltenkofen so: «Im Jahr 1356, am
Lukastag, ereignete sich vor der Vesper in Basel und im Umkreis von zwei Meilen ein Erdbeben, das viele
Kirchen, Gebäude und Burgen zerstörte, und viele verschüttete Menschen starben. An diesem Tag und der
darauffolgenden Nacht wiederholten sich viele schreckliche Erdbeben, so dass die Menschen aus der Stadt
in die Gärten, Zelte und Dörfer flohen und dort tagelang ausharrten.» 4 Gegen 18 Uhr Ortszeit wurde die
Stadt von einem oder mehreren Erdstössen so heftig erschüttert, dass viele Leute erschrocken das Freie
suchten. Es folgten etliche kleinere Stösse, bevor dann – vermutlich gegen 22 Uhr – das Hauptbeben begann. Kamine, Zinnen, ganze Fassadenabschnitte, Teile der Stadtbefestigung, des Münsters und weitere
Kirchen hielten den enormen Kräften nicht stand und stürzten ein. In Basel, dessen Häuser häufig noch mit
Schindel oder Stroh bedacht waren, breitete sich in der Folge ein riesiger Brand aus, wohl eine der verheerendsten Folgen des Bebens. Verlassene Öfen und Feuerstellen von geflüchteten Bewohnerinnen und
Bewohner verhalfen dem Feuer zur weiteren Ausbreitung. Der Brand zerstörte die gesamte Basler Innenstadt sowie die St. Alban-Vorstadt. Manche Zeitzeugen waren denn auch der Ansicht, dass Basel stärker
unter dem Feuer als unter dem Erdbeben gelitten habe. Basel war vorübergehend unbewohnbar geworden:
In den Strassen türmte sich der Schutt, die Wasserversorgung funktionierte nicht mehr und die Gefahr, von
einstürzenden Hausmauern verschüttet zu werden, schien zu riskant. Viele Leute verliessen die Stadt und
verbrachten die folgenden Nächte im Freien oder in Zelten. So etwa die Nonnen des Steinenklosters, die
tagelang in einem Garten ausserhalb der Stadt ausharrten.
Die Rückversicherungs-Gesellschaft «Swiss Re» hat ausgerechnet, dass ein heutiges Erdbeben des Ausmasses von 1356 einen Gesamtschaden zwischen 33 und 118 Milliarden Franken verursachen würde. Zum
Vergleich: Die Gesamtausgaben des Bundes im Jahr 2009 betrugen über 56 Milliarden Franken. 5
3
4
5
Gisler M., Fäh D., Giardini D. (Ed.). 2008: Nachbeben: Eine Geschichte der Erdbeben in der Schweiz. Bern: Haupt Verlag.
Sieber L. 1875: Konrad von Waltenkofen, 1360. In: Beiträge zur vaterländischen Geschichte 10, ed. Historische Gesellschaft Basel.
www.efv.admin.ch (Stand: 1.9.2010)
40
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Europäische Makroseismische-Skala von 1998 (EMS-98)
Quelle: Schweizerischer Erdbebendienst
In Sebsastian Münsters «Cosmographia» von 1550 wurden die Schäden des Bebens 1356 in der
Stadt Basel dargestellt
Quelle: Gisler M., Fäh D., Giardini D. (Ed.). 2008: Nachbeben: Eine Geschichte der Erdbeben in der Schweiz. Bern: Haupt Verlag.
41
Erdbeben in der Schweiz
5
SED/focusTerra
Anhang: Lernziele
In der folgenden Tabelle werden die detaillierten Grob- und Feinziele der Unterrichtseinheit dargestellt.
Grobziele
1. Sensibilisierung und Bereitschaft zur Wahrnehmung von Erdbebengefahren und -risiken in der Schweiz
erzeugen.
2. Grundwissen über Erdbeben kennenlernen, erarbeiten und verstehen.
3. Unterschiedliche Auswirkungen von Erdbeben sowie Präventionsmassnahmen kennenlernen, verstehen und
notfalls in Handlungen umsetzen können.
Zu Grobziel 1
Zu Grobziel 2
Kognitive Feinziele
Affektive Feinziele 6
Die SuS kennen die unterschiedlichen Gefährdungsräume in der
Schweiz und die entsprechenden
Zonen in der Welt
Die SuS verändern ihre EinstelDie SuS erwerben die Kompelung gegenüber der Einschätzung tenz, Risiko – und Gefahrenkarten
zu lesen und zu interpretieren
von Erdbebengefahren und
Risiken
Die SuS erkennen Erdbeben als
Naturgefahr in der Schweiz
Die SuS beurteilen die Schweiz
als erdbebengefährdetes Land
Die SuS kennen die Risiken, die
von Erdbeben in der Schweiz
ausgehen
Die SuS erörtern allfällige wirtschaftliche Schäden und gesellschaftliche Folgen
Die SuS wissen, warum es in der
Schweiz Erdbeben gibt und
kennen die Gefahrengebiete mit
aktuellem und historischem
Bezug
Instrumentelle Feinziele 7
Die SuS können topographische
und thematische Karten lesen und
interpretieren
Die SuS kennen die Begriffe
Erdkruste, Erdmantel und Erdkern
(Erweiterung: Lithosphäre, Asthenosphäre)
Die SuS können die dynamischen Die SuS können die ErdbebengeProzesse in und auf der Erde
fahr im geographischen Raum der
exemplarisch beschreiben
Schweiz besser verstehen und
verorten
Die SuS können grob zwischen
folgenden Erdbebenarten unterscheiden: Tektonische Beben,
vulkanische Beben, Einsturzbeben, Beben infolge Atombombenversuche (Explosionen)
Die SuS weisen auf einer schematischen Darstellung die Begriffe Epi- und Hypozentrum den
korrekten Stellen zu und wissen,
was dort vor sich geht
6
7
Die SuS können die schematischen Darstellung lesen und
anwenden
Die SuS kennen die einfachen
Formen von Erdbebenwellen und
ihre Ausbreitung in verschiedenen
Materialien
Die SuS sollen ein Bewusstsein
dafür entwickeln, dass der Erdbebensimulator die unterschiedlichen Erdbebenwellen nur begrenzt simulieren kann
Die SuS wissen und verstehen,
wie sich Erdbebenwellen im
Die SuS erkennen die Bedeutung
dieses Wissens für unsere Kennt-
Die SuS sind in der Lage, Graphiken zum Thema Erdbebenwellen
richtig zu interpretieren
Affektive Lernziele beziehen sich auf den Bereich von Gefühlen und Wertungen, von Einstellungen und Haltungen der SuS.
Instrumentelle Lernziele beziehen sich auf den Umgang mit Methoden zur Erschliessung von Informationen.
42
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Kognitive Feinziele
Affektive Feinziele 6
Innern der Erde fortbewegen
nisse über den Schalenbau der
Erde
Instrumentelle Feinziele 7
Die SuS kennen die Funktionsweise eines Seismographen. Sie
kennen und verstehen dabei
folgende Begriffe: Seismograph,
Seismogramm, Magnitude,
Intensität und Richterskala
Zu Grobziel 3
Die SuS können zwischen direkten und indirekten Auswirkungen
von Erdbeben unterscheiden
Die SuS entwickeln ein Bewusstsein dafür, dass nicht das Beben
tötet, sondern einstürzende
Gebäude
Die SuS wissen, dass der Untergrund eine wichtige Rolle bei der
Schadenswirkung hat. Sie verstehen, dass es auf unterschiedlichen Böden unterschiedlich bebt.
(Konkreter – dass es z. B. im Tal
in Flussnähe [lockeres Gestein]
stärker schüttelt, als auf einem
Berg [Fels])
Die SuS kennen die Prinzipien
und wichtigsten Punkte des
erdbebensicheren Bauens
Die SuS erkennen, dass das
erdbebensichere Bauen einfach
und kostengünstig sein kann und
dass in der Schweiz in manchen
Regionen bauliche Vorsorgemassnahmen und Nachrüstungen
nötig sind und noch zu wenig
Gewicht erhalten
Die SuS wissen, dass Erdbeben
nicht kurzfristig vorhersagbar
sind, es demnach keine Warnmöglichkeit besteht, aber dass
beim Auftreten eines Erdbebens
ein Alarm ausgelöst werden kann
Die SuS erkennen, dass für
Erdbeben heute keine Warnmöglichkeiten existieren, jedoch für in
Folge des Bebens ausgelöste
Naturgefahren wie beispielsweise
Tsunamis
Die SuS kennen Massnahmen für
die Prävention von Erdbebenschäden im privaten Rahmen
Die SuS entwickeln das Bewusstsein dafür, dass präventive
Massnahmen bereits im kleinen
Rahmen möglich sind
Die SuS kennen die wichtigsten
Verhaltensmassnahmen im Falle
eines Erdbebens und können
diese im Ernstfall umsetzen
Die SuS entwickeln ein persönliDie SuS können sich während
ches Interesse am Wissen über
und nach einem Erdbeben situatidas richtige Verhalten und sind
onsgerecht verhalten
bereit, dieses auch weiterzugeben
oder im Ausland anzuwenden
Die SuS können ein Erdbeben-Kit
zusammenstellen sowie eine
Wohnung erdbebensicher einrichten
Die SuS kennen Beispiele von
Vorsorgemassnahmen aus der
Schweiz sowie aus den grossen
Erdbebengebieten der Welt
43
Erdbeben in der Schweiz
6
SED/focusTerra
Anhang: Fachanalyse
Anhand von verschiedenen Schweizer Lehrplänen und Lehrmitteln ergeben sich die auf der Sekundarstufe I
gebräuchlichen Begriffe zum Thema Erdbeben. In den Arbeitsmaterialien für die Schülerinnen und Schüler
werden in der Regel nur diese angewandt. Je nach Klasse und eigenem Ermessen können selbstverständlich
weitere Begriffe eingeführt werden.
Mit diesem Kapitel wird eine knappe Einführung ins Thema für Lehrpersonen aus fachlicher Perspektive
angeboten. Mit Hilfe der Abbildungen aus dem Buch von Martin Hasler und Hans-Rudolf Egli aus dem hep
Verlag «Geografie – Wissen und Verstehen» (2004, Neuauflage 2010) wird am Fachwissen auf der
Schweizer Gymnasialstufe angeknüpft. Vertiefungen für die Vorbereitungen können über die Hinweise in
Kapitel 3 zur Themennachbereitung erschlossen werden. In Kapitel 6 zur Fachanalyse geht es um die
persönliche, praktische und effiziente Vorbereitung des Unterrichts, respektive des bevorstehenden
Besuchs der Ausstellung und des Erdbebensimulators.
Die Liste in Kapitel 6.8 zeigt der Vollständigkeit halber das Beispiel einer Fachbegriffssammlung. Ein
gutes und lesenswertes Vorbereitungsdokument kann im Übrigen bei der Nagra bestellt werden: «Erdbeben
– keine Gefahr für Tiefenlager» vom März 2010. Die Broschüre ist gegliedert in die Kapitel Erdbeben,
Auswirkungen von Erdbeben und Erdbeben in der Schweiz. Damit ist eine rasche und einfache stoffliche
Vorbereitung für Sekundarstufe 1-Lehrpersonen möglich.
Die Auswahl der Begrifflichkeiten hängt letztlich an den persönlichen Zielsetzungen und muss sich an den
Entwicklungsstufen der Jugendlichen oder der Zielgruppe orientieren.
6.1
Die Entstehung von Erdbeben
Die Lithosphärenplatten bewegen sich auf der Asthenosphäre. An den Grenzen reiben sich die Platten oder
Krustenteile (Reibungskräfte), so dass Spannungen aufgebaut werden. Werden sie zu gross, entladen sie
sich ruckartig. So entstehen Erdbeben.
Erdbebenentstehung
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
44
Erdbeben in der Schweiz
6.2
SED/focusTerra
Die Verbreitung der Erdbeben
Eine wichtige Grundlage zum Verstehen der Zusammenhänge ist die Abhängigkeit der Verbreitung von
Erdbeben und Vulkanausbrüchen entlang von Plattengrenzen. Das Auftreten von Erdbeben in der Schweiz
ist gut erkennbar und kann mit Hilfe des geologischen Datenviewers (Thema Naturgefahren des BAFU)
gezeigt und entdeckt werden. Entsprechende Karten zu den Erdbebengefahren und Risiken in der Schweiz
finden sich unter Gefährdungskarte.
Erdbebenverbreitung
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
6.3
Ausbreitung von Erdbeben: Seismische Wellen und Untergrund
Ausgehend vom Erdbebenherd werden verschiedene Wellen in alle Richtungen ausgesandt. Die schnellen
Wellen, die Primärwellen (P-Wellen), sind in der Kruste mit mit einer Geschwindigkeit von circa. 6 km/h
unterwegs, wobei sie in Schotter und Sandstein wesentlich langsamer sind als in Gneis und Basalt. Man
kann sich die P-Wellen als Zusammenschieben (stauchen) und Strecken (dehnen) von Gesteinsteilchen
vorstellen (ähnlich wie beim Spielen einer Ziehharmonika). (Man beachte die Unterschiede der
Erdbebengeschwindigkeiten an der Oberfläche und im Erdinnern, Abbildung «Erdbebenwellen im Erdinnern»).
Die sekundären Wellen (S-Wellen) erreichen in der Kruste circa 3.5 km/h und lassen die Teilchen in einer
senkrechten Ebene schwingen (auf und ab sowie seitwärts bewegend, ähnlich den Schwingungen eines
Seils).
P- und S-Wellen breiten sich im Inneren der Erde aus und werden auch als Raumwellen bezeichnet. Im
Gegensatz dazu breiten sich Rayleigh- und Love-Wellen (benannt nach ihren Entdeckern) entlang der
Erdoberfläche aus. Sie werden daher als Oberflächenwellen bezeichnet.
45
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Die Rayleigh-Wellen führen wie eine Wasserwelle eine rotierende Auf- und Abwärtsbewegung aus
(Partikel bewegen sich auf einer «retrograden Ellipse»).
Die Love-Wellen bewegen den Erdboden in seitlicher Richtung.
Für die Sekundarstufe 1 dürfte es genügen, die P- und S-Wellen mit ihren Eigenschaften zu kennen und die
andern Wellen als Oberflächenwellen zu bezeichnen.
Das Verhalten der Wellen ist – je weiter weg sie vom Erdbebenherd sind – umso komplexer. Der
Untergrund spielt eine grosse Rolle: Konkret sind es die Wechsel von Medien/Materialien und natürlich die
Schichtengrenzen. Besonders schwierig wird es auch, wenn sich Wellen überlagern. Für Schäden an
Gebäuden sind hauptsächlich die Oberflächenwellen verantwortlich.
Erdbebenwellen
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
6.4
Erdbebenmessung
Mit Hilfe von Seismographen
focusTerra gezeigt und erklärt
breitungsgeschwindigkeiten der
und dass es bereits mit Hilfe
bestimmen.
werden die Erdbeben aufgezeichnet, was sehr gut in der Ausstellung
wird. Im Wesentlichen ist es wichtig, auf die unterschiedlichen AusP-, S- und Oberflächenwellen (Rayleigh und Love-Wellen) hinzuweisen
von drei Messstationen möglich ist, das Epizentrum geometrisch zu
46
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Erdbebenwellen im Erdinnern
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
6.5
Erdbebenfrühwarnung
Eine Erdbebenwarnung kurz vor einem Beben ist bis heute nicht möglich. In einigen Ländern, zum Beispiel
Japan, nutzt man jedoch die Tatsache, dass die P-Wellen schneller sind als Oberflächenwellen und beide
langsamer als die elektromagnetischen Wellen, mit denen Kommunikations-Signale verbreitet werden.
Elektromagnetische Wellen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus (300 000 km/h). In Kabeln werden
die Signale allerdings etwas verlangsamt (270 000 km/h). Tritt nun ein Erdbeben auf und wird anhand der
P-Wellen erkannt und lokalisiert, so wird ein elektrisches Signal (elektromagnetische Welle) an alle
kritischen Infrastrukturen gesandt, z. B. Hochgeschwindigkeitszüge und Kernkraftwerke, um diese automatisch zu warnen, bremsen oder abzuschalten. So ist bei ausreichender Distanz zum Erdbebenherd eine
kritische Infrastruktur bei Eintreffen der (langsameren) Oberflächenwellen vorbereitet und weniger schadenanfällig.
Ausbreitung der Wellen vom Hypozentrum aus
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
47
Erdbeben in der Schweiz
6.6
SED/focusTerra
Erdbebenstärke
Die Stärke eines Erdbebens wird auch anhand seiner Auswirkungen bestimmt. Dazu dient die IntensitätsSkala. In der Vergangenheit gab es verschiedene Skalen, die jeweils weiterentwickelt wurden. Bekannt ist
die Mercalli-Skala (entwickelt Ende 19. Jahrhundert). Heute ist in Europa die Europäische Makroseismische Skala von 1998 (EMS-98) gebräuchlich.
Aus der Intensität lässt sich allerdings keine Aussage über die freigesetzte Energie eines Erdbebens
ableiten. Die Aussagekraft ist beschränkt und fehlerbehaftet (menschliche Wahrnehmung in Abhängigkeit
von verschiedensten Faktoren wie Distanz vom Erdbebenherd, Untergrund etc.).
Europäische Makroseismische Skala von 1998 (EMS-98)
Quelle: Schweizerischer Erdbebendienst
Charles Francis Richter führte 1935 ein objektives Mass für die durch ein Erdbeben freigesetzte Energie
(die Magnitude) ein. Die Richterskala berücksichtigt die Entfernung vom Erdbebenherd und die maximale
Amplitude (Ausschlag des Seismometers). Mit Hilfe der Grafik (Abbildung «Richter-Skala») wird die
Magnitude bestimmt.
48
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Richter-Skala
mit Hilfe der Herdentfernung und der Amplitude wird eine Verbindungslinie gezogen und so die Magnitude bestimmt
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
6.7
Erdbebenschäden
Die Auswirkungen eines Bebens hängen stark von der Tiefe des Erdbebenherdes, der Distanz eines
Gebietes zum Herd, dem lokalen Untergrund und der Besiedlung mit der entsprechenden Bebauung und
Infrastruktur ab. Schäden sowie Anzahl Todesopfer stehen nur indirekt im Zusammenhang mit der
Magnitude.
Die grossen Erdbeben in der Schweiz in den letzten 1000 Jahren
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
Siehe auch: Historische Erdbeben der Schweiz SED, http://www.seismo.ethz.ch/eq_swiss/hist/index
49
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Die grössten Erdbeben-Katastrophen in der Geschichte
(kursiv entspricht einer grossen historischen Bedeutung.)
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
Siehe auch: Die stärksten Erdbeben (USGS), http://earthquake.usgs.gov/earthquakes/world/10_largest_world.php
50
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Weltweit und jährlich durchschnittlich zu erwartende Erdbeben
Unter http://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeben#St.C3.A4rkste_gemessene_Erdbeben findet man die stärksten gemessenen Erdbeben auf der
Erde.
Quelle: Hasler M. et al. 2004. Geografie: Wissen und verstehen. Bern: hep Verlag AG.
6.8
Fachwortverzeichnis Erdbeben
Aseismisch
Weitgehend erdbebenfrei
Asthenosphäre
Weicher, d. h. teilweise aufgeschmolzener Teil des oberen Erdmantels. Liegt direkt unter der Lithosphäre.
Material, auf dem die Lithosphärenplatten driften. Hergeleitet von (griech.) «a + sthenos = ohne Festigkeit» und
«sphära = Kugel»
Becken (geol.)
Gegenüber der Umgebung tiefer liegender Sedimentationsbereich. Beispiel: Molassebecken (z. B.
Schweizerisches Mittelland, Wiener Becken)
Bergschlag
Seismisches Ereignis, das im Bergbau zu Schäden führt (nicht zu verwechseln mit Bergsturz)
Bergsturz
Grosse Fels- und Schuttbewegung aus Bergflanken (über einer Million Kubikmeter)
Bruch (geol.)
Störung
Einsatz (seismologisch)
Zeitpunkt des Eintreffens einer bestimmten seismischen Wellenart (z. B. P-Welle) in einem Seismogramm
Einsturzbeben
Karsterscheinung, Dolinen. Einsturz von natürlichen Hohlräumen
EMS-98
Derzeit in Europa gebräuchliche Intensitäts-Skala
Epizentralintensität
Intensität im Epizentrum
51
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Epizentrum
Stelle auf der Erdoberfläche genau über dem Hypozentrum (Erdbebenherd). Hergeleitet von «epi = (griech.)
auf, darauf», weil oberhalb des Hypozentrums
Erdbeben
Zeitlich begrenzte Erschütterung des Bodens. Wird oft als zusammenfassender Begriff für das
Erdbebenereignis (Epizentrum, Zeit, Stärke) verstanden. Man unterscheidet natürliche und induzierte
Erdbeben. Die meisten Erdbeben kommen durch plötzliche Verschiebungen der Erdkrustenteile zustande.
Erdbebengefährdung
Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Erdbebens bestimmter Stärke innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
Beinhaltet keine Aussage über Schäden
Erdbebenrisiko
Mathematisch das Produkt aus Gefährdung und möglichem Schaden. Das Risiko ist also gross, wenn der
mögliche Schaden oder die Gefährdung gross ist.
Felssturz
Kleinere Fels- und Schuttbewegung aus Bergflanken (unter einer Million Kubikmeter)
Graben (geol.)
Ausbildung einer Senke, die durch geologische Störungen begrenzt ist (z. B. Rheintal, Rheingraben)
Herd
Hypozentrum
Herdtiefe
Tiefe des Herdes (Lokalisierung unter der Oberfläche)
Herdzeit
Zeitpunkt des Beginns des Verschiebungsvorganges, der sich als Erdbeben äussert
Hypozentrum
Ort des Erdbebens im Erdinnern, wo der eigentliche Verschiebungsvorgang stattfindet. Wird auch als «Herd»
bezeichnet. Hergeleitet von «hypo = (griech.) darunter», weil unterhalb des Epizentrums
Induzierte Erdbeben
Durch menschliche Tätigkeit verursachte Erdbeben. Dazu zählen unter anderem durch Bergbau oder
Wasserreservoirs ausgelöste Erdbeben, Atomtests, Sprengungen, Bauwerkseinstürze und der Überschallknall.
Intensität (seismol.)
Schadens- und Fühlbarkeitsauswirkung an der Oberfläche, zugeordnet aufgrund der Intensitäts-Skala. Den
höchsten Wert, der dem Epizentrum zugeordnet wird, bezeichnet man als Epizentralintensität.
Intensitäts-Skala
Skala, nach der die Schäden und die Fühlbarkeitsberichte klassifiziert werden. Anfang der 80er-Jahre des 19.
Jahrhunderts führten der Italiener Michele Stefano de Rossi und der Schweizer Francis Forel eine 10-teilige
(1–10) Skala ein, die bis zur Mitte den 20. Jahrhunderts noch vereinzelt ihre Anwendung fand. 1902 wurde
aber bereits von Guiseppe Mercalli die in ihren Grundzügen noch heute bestehende 12-teilige (1–12)
«Mercalli»-Skala eingeführt. Auf ihr beruht auch die heute verwendete Europäische Makroseismische Skala –
die EMS-98. Die Intensitätsgrade werden oft mit der Magnitude verwechselt.
Isoseisten
Linien gleicher Intensität von Erschütterungen auf der Erdoberfläche, auf einer Landkarte dargestellt.
Hergeleitet von «iso (griech) = gleich» und «seistos (griech.) = erschüttert»
52
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Kompressionswelle
Verdichtungs- bzw. Druckwelle. Sie erreicht den Beobachtungsort als erste Bodenbewegung und wird daher
auch als Primärwelle (P-Welle) bezeichnet.
Kontinentalverschiebungstheorie
Von Alfred Wegener 1912 postulierte Theorie der horizontalen Bewegungen der leichten Landmassen und des
Vorhandenseins eines grossen Urkontinents (Pangäa). Diese Theorie lieferte die Grundidee für die
Plattentektonik.
Lithosphäre
Äussere Erdschale mit Gesteinscharakter, die aus der Erdkruste und dem festen Teil des oberen Erdmantels
besteht. Der Begriff wurde ursprünglich im Kontrast zur Hydro- und Atmosphäre geprägt. Hergeleitet von
(griech.) «lithos = Stein» und «sphära = Kugel»
Magnitude (seismol.)
Von Charles Francis Richter 1935 eingeführtes logarithmisches Mass der im Hypozentrum freigesetzten
seismischen Energie in einem bestimmten Frequenzbereich. Nicht zu verwechseln mit der 12-stufigen
Intensitätsskala. Daher aus Unterscheidungsgründen auch oft als nach «oben offene» Richter-Skala
bezeichnet. Da die Energie in verschiedene Frequenzbereiche vom Hypozentrum abgegeben wird, existieren
auch verschiedene Magnituden-Skalen, die sich jeweils auf einen bestimmten Frequenzbereich beziehen:
Oberflächenwellen-Magnitude, Raumwellen-Magnitude, Lokal-Magnitude und andere. Daher auch die
geringfügig unterschiedlichen Magnitudenangaben in den Medien im Falle eines Katastrophenbebens. Die
Momenten-Magnitude bildet eine Ausnahme – sie ist unabhängig von der Frequenz, kann aber nur mit einer
Vielzahl von seismischen Registrierungen bestimmt werden. Dank des technischen Fortschritts und des damit
einhergehenden Datenaustausches findet sie im zunehmenden Masse Verwendung.
Makroseismik
Fachgebiet, das sich mit der Auswertung und Interpretation der Schadens- und Fühlbarkeitsmeldungen
befasst. Manchmal werden darunter aber auch Erdbeben verstanden, die stark genug waren, um von
Menschen wahrgenommen zu werden.
Mikroseismik
Aufzeichnung sehr kleiner Bodenbewegungen, die meist durch Wind, Meereswellen oder Industrie (=
seismisches Hintergrundrauschen oder auch Bodenunruhe) verursacht werden. Manchmal wird auch die
Messung sehr sehr kleiner Beben als Mikroseismik bezeichnet.
Nachbeben
Kleinere Erdbeben nach dem Hauptbeben, welche in Abhängigkeit von der Stärke des Hauptbebens Minuten
bis sogar Jahre nach dem Hauptbeben auftreten können
Natürliche Erdbeben
Dazu zählen tektonische, vulkanische und Einsturzbeben. Im Gegensatz zu induzierten Erdbeben. Die meisten
Erdbeben sind natürlichen Ursprungs.
Oberflächenwelle
Wellen, die sich entlang der Erdoberfläche ausbreiten (im Unterschied zu den P- und S-Wellen, die sich durch
das Erdinnere fortpflanzen). Letztere werden daher auch als Raumwellen bezeichnet. Die Oberflächenwelle
richtet meist die grössten Schäden an.
Plattentektonik
Theorie über die Bewegung von Lithosphärenteilen (Platten).Die Erdoberfläche setzt sich dabei aus sieben
grossen und fünf kleineren Hauptplatten zusammen, die sich laufend gegeneinander verschieben. Die
plötzlichen Verschiebungsvorgänge entlang der Plattengrenzen (Seismotektonik der Erde) äussern sich oft als
Erdbeben. Die Theorie versucht, die Naturerscheinungen wie Erdbeben, Gebirgsbildung, Vulkanismus und
Subduktionszonen zusammenhängend zu erklären.
Primärwelle
siehe P-Welle
53
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
P-Welle
Primärwelle beziehungsweise Kompressionswelle. In der Erdkruste beträgt ihre Fortpflanzungsgeschwindigkeit
circa 6 km/h. Damit ist sie die schnellste Erdbebenwelle und als erste am Beobachtungsort (daher «primär»).
Richter-Skala
Skala für die Magnitude nach Richter, logarithmisches Mass für die durch ein Erdbeben freigesetzte Energie
Scherwelle
Die Sekundärwelle (S-Welle), sie erreicht den Beobachtungsort nach der P-Welle.
Schüttergebiet
Gesamtbereich, in dem das Erdbeben verspürt worden ist.
Seebeben
Erdbeben, dessen Epizentrum im Meer beziehungsweise im Ozean liegt.
Seismizität
Erdbebenhäufigkeit und Erdbebenstärke in einer Region
Seismogramm
Darstellung der Bodenbewegung mittels eines Seismographen. Früher meist ein Papierstreifen, auf dem die
Bodenbewegungen als Funktion der Zeit abgebildet sind
Seismograph
Gerät zur (vergrösserten) Darstellung der Bodenbewegung. Einer der ersten war der «Wiechert-Seismograph»,
dessen träge Masse circa eine Tonne betrug. Heute weitgehend synonym für Seismometer
Seismologin/Seismologe
Fachperson auf dem Gebiet der Seismologie
Seismologie
Erdbebenkunde. Hergeleitet von seismos (griech.) Erschütterung und «logos (griech.) = Lehre»
Seismometer
Gerät zur Messung der Bodenbewegungen. Das eigentliche Kernstück eines Seismographen beziehungsweise
einer Erdbebenstation. Heute weitgehend synonym für Seismograph
Seismotektonik
Lehre der Beziehung zwischen Erdbeben und tektonischen Strukturen und deren Bewegungsabläufen. Da
Erdbeben Ausdruck tektonischer Prozesse sind, werden sie mit anderen Erscheinungen wie Hebungen,
Senkungen, Faltungen, Horizontalverschiebungen und Überschiebungen in Verbindung gebracht.
Störung (geol.)
In diesem Zusammenhang ein Bruch in der Erdkruste. Oft auch als Verwerfung bezeichnet. Versatz von
Gesteinsschichten
Subduktionszone
Kollisionszone zweier Platten, in denen die schwerere, ozeanische Platte unter die leichtere, kontinentale
Platte abgedrängt wird. Entlang dieser Zonen ereignen sich die tiefsten Erdbeben – bis 700 km – der Welt.
S-Welle
Sekundärwelle beziehungsweise Scherwelle. In der Erdkruste beträgt ihre Fortpflanzungsgeschwindigkeit circa
3.4 km/h, folgt nach der P-Welle
Tektonik
Lehre vom Aufbau der Erdkruste und den Bewegungen und Kräften, die diese erzeugen (tektonikós, griech. =
«die Baukunst betreffend»)
54
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Tektonische Erdbeben
Erdbeben, die durch den plötzlichen Spannungsabbau entlang einer Störungszone oder Plattengrenze
entstehen. 90 % aller natürlichen Erdbeben fallen in diese Kategorie.
Tsunami
Grosse Meereswelle (jap. = Hafenwelle). Ausgelöst durch Erdbeben am Meeresboden (Seebeben) oder
Bergsturz ins Meer
Verwerfung (geol.)
Störung
Vulkanische Erdbeben
Durch einen Vulkanausbruch oder die Bewegung von Magma unter einem Vulkan herbeigeführte
Erschütterungen
Überarbeitet nach der Quelle:
http://www.noezsv.at/noe/pages/startseite/zivilschutz-themen-a---z/erdbeben/fachwortverzeichnis.php
55
Erdbeben in der Schweiz
7
SED/focusTerra
Anhang: Alltags- und Gegenwartsbezug
In Anlehnung an die fünf didaktischen Grundfragen (didaktische Analyse) von Wolfgang Klafki werden im
Folgenden der Wert und die Bedeutung des Unterrichts für die SuS zum Thema Erdbeben erörtert.
1. Exemplarische Bedeutung (Was können die SuS mit dem heute Gelernten anfangen?):
• Die Auseinandersetzung mit Erdbeben ermöglicht den SuS die Dimensionen der Geologie (in Zeit und
Raum) und deren Dynamik zu erfassen. Die Endlichkeit und bescheidenen Möglichkeiten der Menschen
in Bezug auf Massnahmen, Warnungen und Vorhersagen werden bewusst. Es wird zum Beispiel klar,
dass Erdbeben nicht verhindert werden können.
• Aufgrund des Verstehens, wie Erdbeben entstehen und wie sie wirken, können die SuS Medienberichte
zu grossen, weltweiten Erdbebenkatastrophen einordnen und diese mit der Gefährdung in der Schweiz in
Beziehung setzen. Die Kompetenzen zur Erfassung und Verarbeitung von Erdbebenkatastrophen lassen
sich in verschiedenster Weise auf ähnliche aktuelle Probleme übertragen.
• Das Wissen und Verstehen von geologischen Prozessen dient als Basis zum Verständnis von anderen
geographisch-geologischen Themenaspekten.
2. Gegenwartsbedeutung (Was bedeutet es für die SuS heute?):
• Die SuS erkennen, dass die Schweiz ein erdbebengefährdetes Land ist: Erdbeben finden nicht nur «weit
•
•
•
•
weg von uns» statt, sondern können auch bei uns jederzeit geschehen. Daraus sollen auch die Hilfs- und
Präventivmassnahmen, z. B. vom Bund, Kanton und Gemeinden, verstanden werden.
Ganz wichtig ist, dass die SuS wohl begreifen, dass Erdbeben nicht verhindert werden können, dass aber
die Schäden/Folgen zumindest teilweise vermindert werden können. Dazu gehört, dass die SuS wissen,
wie sie sich im Erdbebenfall verhalten müssen und auf welche Gefahren sie in ihrer Schulklasse oder zu
Hause achten müssen.
Die SuS erkennen, dass Prävention bereits im Kleinen möglich ist. Sie richten z. B. ihr Zimmer erdbebensicher ein.
Die Einschätzung von immer wiederkehrenden Katastrophen und deren Hintergründe sollen aufgrund
von naturwissenschaftlichen Zusammenhängen verstanden werden.
Die Notwendigkeit, sich in der Gesellschaft mit unabwendbaren Naturkatastrophen auseinanderzusetzen,
soll «positiv» begriffen werden.
3. Zukunftsbedeutung (Was wird der Inhalt für die SuS morgen bedeuten?):
• In verschiedensten Funktionen im Rahmen der Gesellschaft wie auch als Privatperson sollen die SuS
erkennen, welche Massnahmen sie ergreifen oder auslösen können. Sie sollen sich bewusst werden,
schon in der Gegenwart und in naher Zukunft Verantwortung übernehmen zu können, z. B. für die Bauweise eines Gebäudes, für Präventionsmassnahmen in Bezug auf ihr Verhalten, auf Abstimmungen, auf
den Zivilschutz.
• Die SuS werden einst als informierte Bürger Fragen nach der Sicherheit von öffentlichen Bauten stellen
und Druck auf die Politik für eine kohärente Prävention machen können.
• Die SuS werden als informierte Bauherren die Erdbebensicherheit in ihren Bauprojekten explizit verlangen.
56
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
4. Struktur des Inhalts (Was ist die Struktur des Inhalts?):
• Die SuS sollen die Zusammenhänge zwischen dem Erdaufbau und der Plattentektonik erkennen und
ableiten, dass Katastrophen unter Berücksichtung von erdwissenschaftlichen Erkenntnissen zu beurteilen
sind (z. B: Haiti-Beben von Januar 2010). Gleichzeitig muss aber klar werden, dass ein Naturereignis
keine Katastrophe ist, sondern erst durch seine Auswirkungen auf die Gesellschaft zu einer wird (z. B.
ein sehr grosses Beben im unbewohnten Alaska wird nicht als Katastrophe eingestuft).
• Durch das strukturelle Erfassen der Schweiz als erdbebengefährdetes Land/Gebiet aufgrund von erdwissenschaftlichen Erkenntnissen können die SuS im Idealfall auch die Schweiz als Teil eines weltweiten,
komplexen geologischen Gefüges und dessen Dynamik einordnen und beurteilen.
5. Zugänglichkeit (Wie bringe ich es bei, welche Eselsbrücken gibt es?): Welches sind die
besonderen Fälle, Phänomene oder Situationen in oder an denen die Struktur des jeweiligen Inhalts
den SuS «veranschaulicht» werden kann?
• Ein eingängiges Beispiel bietet IKEA im Materialset der Bücherregale: Sie enthalten Metallwinkel zur
Wandbefestigung. Wer sie montiert, rettet im Fall eines Erdbebens evtl. Leben.
• Das Modellzimmer im Erdbebensimulator macht deutlich, wie ein Zimmer nicht erdbebensicher einge-
•
•
•
•
räumt ist – nicht Erdbeben töten, sondern herumfliegende Gegenstände und die einstürzenden Gebäude
oder Folgen wie z. B. Tsunamis.
Filme über das Verhalten von Gebäuden im Ereignisfall zeigen, was Erdbebensicherheit bedeuten kann.
Der Erdaufbau soll erfasst werden und anhand von Vergleichen mit Zwiebel, hartgekochtem Ei oder
Pfirsich verstanden werden.
Verschiedene Prozesse in und auf der Erde können simuliert oder mit Hilfe von Vergleichen dargestellt
werden. (z. B. Isostasie → Eiswürfel in einem Glas Wasser…, Ausschneiden von Kontinenten → Umrissvergleiche…).
Ursache von Erdbeben wird als Auswirkung der Bewegung der Lithosphäre (Zerbrechen von starren
Körpern) verstanden. Was bricht (im Kleinen) so ähnlich?
57
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
8
Anhang: Erdbeben in aktuellen und zukünftigen Lehrplänen
(HarmoS)
8.1
Das Thema Erdbeben in den aktuellen kantonalen Lehrplänen
Zusammenfassung: Die bestehenden kantonalen und regionalen Lehrpläne enthalten das Thema Erdbeben
bzw. Naturgewalten. So werden für das 7.–9. Schuljahr explizit erwähnt:
• Aufbau der Erde,
• Veränderungsprozesse in und auf der Erde,
• Naturgewalten und -katastrophen und ihre Auswirkungen auf Lebewesen,
• Schutzmassnahmen gegen Naturgewalten.
Mit den bestehenden rechtlichen Grundlagen wird eine ausführliche Behandlung des Themas Erdbeben
legitimiert.
Analyse der aktuellen Lehrpläne
Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) liess im Jahre 2005 alle kantonalen Naturwissenschaftslehrpläne analysieren (Szlovak 2005). Die Analyse diente als eine der Grundlagen, um darauf aufbauend das Kompetenzmodell und die zukünftigen Bildungsstandards für die Naturwissenschaften zu entwickeln (siehe unter Anhang 8.2).
In der Analyse werden die kantonalen und regionalen Lehrpläne für den Bereich Naturwissenschaften
miteinander verglichen. Dabei wird der Fokus auf die Zielbeschreibungen gerichtet, aus welchen das
Datenmaterial gewonnen worden ist. Die Zielbeschreibungen geben im Lehrplan jeweils am detailliertesten
Auskunft darüber, was Schülerinnen und Schüler in einem gewissen Zeitraum lernen sollen. Die Vergleichsarbeit geschieht auf zwei Ebenen: I) Struktureller und konzeptioneller Aspekt, II) Inhaltliche Ebene.
Im Folgenden beschränken wir uns auf die inhaltliche Ebene. Zur Erfassung der Daten auf der inhaltlichen
Ebene wurde ein Kategoriensystem entwickelt. Es beruht auf bisher in der Fachliteratur publizierten Gliederungen von naturwissenschaftlichen Lernzielen bzw. bestehenden Bildungsstandards aus dem englischen
Sprachraum.
Inhaltlicher Vergleich regionaler und kantonaler Lehrpläne
Anhand eines inhaltlichen Vergleichs der regionalen und kantonalen Lehrpläne werden Ziel- und Inhaltsbeschreibungen nach bestimmten Gesichtspunkten geordnet und quantifiziert. Folgende Seiten der Analyse
thematisieren explizit den Bereich Erdbeben oder allgemeine geologische Aspekte:
S. 97: Aufbau der Erde,
S. 101: Naturgewalten bzw. -katastrophen und ihre Auswirkungen auf Lebewesen und die Umwelt beschreiben,
S. 101: Schutzmassnahmen gegen Naturgewalten kennen,
S. 101: eigene Verantwortung für Umwelt-/Natur-/Landschaftsschutz erkennen; umweltbewusstes Denken
und Handeln entwickeln.
58
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Im Rahmen einer gesamten Kategorisierung der Themen werden sechs naturwissenschaftliche
Hauptbereiche in insgesamt 28 thematische Unterbereiche gegliedert. In einem knappen Überblick werden
im Folgenden die jeweiligen Seiten mit ihren Unterbereichen genannt, die dem Fach Geologie anzugliedern
sind (die folgenden Bereiche beziehen sich auf das 7.–9. Schuljahr):
S. 52:
S. 55:
S. 66:
S. 67:
Aufbau der Erde,
Veränderungsprozesse in und auf der Erde,
Naturgewalten und -katastrophen und ihre Auswirkungen auf Lebewesen,
Schutzmassnahmen gegen Naturgewalten kennen.
Quellen
Szlovak Barbara 2005: HarmoS – Lehrplanvergleich Naturwissenschaften (bestehend aus zwei Dokumenten bzw. Dateien: Haupttext und Anhang). Bern: Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. http://www.edudoc.ch/static/web/arbeiten/harmos/l_natur_d.pdf;
http://www.edudoc.ch/static/web/arbeiten/harmos/l_natur_a_d.pdf (30. August 2010)
59
Erdbeben in der Schweiz
8.2
SED/focusTerra
Das Thema Erdbeben in HarmoS und im zukünftigen Lehrplan 21
Zusammenfassung: Im Rahmen von HarmoS wurden für die Naturwissenschaften ein Kompetenzmodell
und Basisstandards vorgeschlagen. Nach der für 2011 zu erwartenden politischen Verabschiedung von
Modell und Standards werden beide einen wichtigen Rahmen für den zukünftigen Deutschschweizer
Lehrplan 21 bilden.
Mit HarmoS soll der Unterricht vermehrt auf die Förderung von Kompetenzen ausgerichtet sein, d. h. nicht
nur auf die Vermittlung von Inhalten, sondern auch auf die Förderung von Handlungsaspekten (auch als
Fähigkeiten und Fertigkeiten bezeichnet). Das Thema Erdbeben eignet sich in exemplarischer Weise dazu,
im Sinne von HarmoS kompetenzorientiert zu unterrichten.
Das bildungspolitische Projekt HarmoS
Mit dem bildungspolitischen Grossprojekt HarmoS (Harmonisierung der obligatorischen Schule) werden in
der Schweiz die Schulstrukturen, Unterrichtsziele und -inhalte vom Kindergarten bis und mit 9. Schuljahr
harmonisiert. So wurden im Auftrag der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren
(EDK) unter anderem ein Kompetenzmodell sowie Bildungsstandards für die Naturwissenschaften entwickelt (www.edk.ch → HarmoS; Konsortium HarmoS Naturwissenschaften, 2008; Labudde & Adamina,
2008).
Nach dem politischen Anhörungsprozess im Jahre 2010 wird es zu einer – vermutlich nur kleineren –
Überarbeitung von Kompetenzmodell und Standards kommen. Mit der politischen Verabschiedung von
Modell und Standards ist in der ersten Jahreshälfte 2011 zu rechnen. Die Standards werden einen wichtigen
Rahmen für die Entwicklung des zukünftigen Deutschschweizer Lehrplans 21 bilden. Letzter soll 2014
erstellt sein und dann von den Kantonen eingeführt werden können. Für die Erarbeitung der Unterrichtsmaterialien zu Erdbeben und Erdbebensimulator wurden bereits jetzt die Rahmenvorgaben von HarmoS
einbezogen.
Im Folgenden sind Auszüge aus dem Anhörungsbericht zitiert (www.edk.ch → HarmoS; veröffentlicht am
25. Januar 2010). 8 Es werden vorgestellt:
• Kompetenzmodell HarmoS Naturwissenschaften
• Handlungsaspekte für die Sekundarstufe I und Basisstandards für das Ende des 9. Schuljahrs
• Themenbereiche für die 7.–9. Schuljahre
Kompetenzmodell HarmoS Naturwissenschaften
Das für den naturwissenschaftlichen Unterricht entwickelte Kompetenzmodell umfasst drei Dimensionen:
1. Handlungsaspekte, 2. Themenbereiche, 3. Anforderungsniveaus (die 3. Dimension wurde in der folgenden Abbildung aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht dargestellt). Das Modell bezieht sich auf eine
Kompetenzentwicklung vom 1. bis zum 9. Schuljahr (in drei mehrjährige Phasen unterteilt). Über alle drei
Phasen hinweg bleiben es dieselben Handlungsaspekte und Themenbereiche; es erfolgt dabei eine Progression durch Vertiefung und Erweiterung innerhalb der Bereiche.
8
Einer der Autoren des vorliegenden Berichts, P. Labudde, war Ko-Leiter des Konsortiums HarmoS Naturwissenschaften, welches Kompetenzmodell und Bildungsstandards in der Zeit von 2005–2008 ausgearbeitet hat.
60
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Das Kompetenzmodell HarmoS Naturwissenschaften
www.edk.ch → HarmoS
Die erste Dimension umfasst acht Handlungsaspekte, die in ihrer Gesamtheit die Beschreibung grundlegender Fähigkeiten und Fertigkeiten einer naturwissenschaftlichen Grundbildung ergeben: Ein erster
betrifft «Interesse und Neugierde», d. h. eine affektive Facette von Scientific Literacy. Die folgenden sechs
Handlungsaspekte beziehen sich jeweils auf kognitive Facetten, welche für eine naturwissenschaftliche
Bildung von zentraler Bedeutung sind. Der achte Handlungsaspekt «Eigenständig arbeiten, mit anderen
zusammenarbeiten» liegt auf überfachlicher Ebene und bezieht sich insbesondere auch auf personale und
sozial-kommunikative Kompetenzen. Diesem Aspekt kommt gerade in der naturwissenschaftlichen Bildung im Hinblick auf forschendes Lernen grosse Bedeutung zu. Jeder der acht Handlungsaspekte weist
zwei bis fünf Teilaspekte auf.
Die Handlungsaspekte bilden in dem Sinn die primäre Achse des Modells, als sich die Basisstandards auf
sie beziehen. Wenn bei den Anforderungsniveaus und damit auch bei den Basisstandards notiert wird
«Schülerinnen und Schüler können …» bezieht sich das Können auf Teil-Handlungsaspekte wie «Erkundungen, Untersuchungen oder Experimente durchführen», auf Fähigkeiten wie «genau beobachten» oder
auf «ordnen und vergleichen». Mit dem gezielten Bezug der Basisstandards auf die Handlungsaspekte wird
eine Voraussetzung für eine naturwissenschaftliche Bildung geschaffen, welche primär an den Handlungsaspekten orientiert ist.
Dass diese Handlungsaspekte nur an konkreten Inhalten erarbeitet werden können, kommt mit der Dimension Themenbereiche zum Ausdruck: Erst in der von Handlungsaspekten und Themenbereichen aufgespannten Ebene liegen die Kompetenzen. Die acht Themenbereiche bilden aus inhaltlicher Perspektive das
Gerüst für ein Kerncurriculum. Sie sind einerseits ein Spiegelbild aktueller in- und ausländischer Lehrpläne, andererseits werden in ihnen zentrale Leitideen und Begriffe aufgenommen, wie sie von Fachdidaktik,
abnehmenden Schulen, Berufswelt und aus gesellschaftlicher Perspektive in Form von aktuellen Schlüsselfragen postuliert werden.
Die Handlungsaspekte «Interesse und Neugierde entwickeln» und «Eigenständig arbeiten, mit anderen
zusammenarbeiten» beziehen sich auf verschiedene, miteinander verflochtene Facetten, die komplex
angelegt sind und nur in erweiterten Formen überprüft werden können. Sie liegen damit auf einer anderen
Ebene als die anderen Handlungsaspekte. Für diese wurden jeweils keine Basisstandards definiert, sondern
Empfehlungen verfasst.
61
Erdbeben in der Schweiz
9
SED/focusTerra
Handlungsaspekte für die Sekundarstufe I und Basisstandards
für das Ende des 9. Schuljahrs
Die acht Handlungsaspekte von HarmoS Naturwissenschaften umfassen über die ganze obligatorische
Schule dieselben Teilaspekte. Im Folgenden werden die Handlungsaspekte und ihre Teilaspekte vollständig
wiedergegeben; gelb unterlegt sind diejenigen Teilaspekte, welche für das Thema Erdbeben von Bedeutung
sein könnten. Die Basisstandards (in den Textboxen) sind nur in Auszügen notiert, d. h. es werden nur
diejenigen zitiert, welche eine Relevanz für das Thema Erdbeben haben.
9.1
Fragen und untersuchen
Bewusst wahrnehmen: Phänomene (Lebewesen, Gegenstände, Situationen, Prozesse) aufmerksam betrachten, genauer erkunden, beobachten, beschreiben und vergleichen.
Fragen, Probleme und Hypothesen aufwerfen, um Beobachtungen, Entdeckungen und technische Konstruktionen zu ermöglichen.
Geeignete Werkzeuge, Instrumente und Materialien auswählen und verwenden für Erkundungen, Untersuchungen, Experimente und technische Konstruktionen.
Erkundungen, Untersuchungen oder Experimente durchführen: Fragen und Probleme aufgrund von Beobachtungen und Vorkenntnissen aufwerfen, Erkundungen, Untersuchungen und Experimente planen und
durchführen, Daten sammeln, messen, ordnen und auswerten, Hypothesen überprüfen bzw. Sachverhalte
und Regelhaftigkeiten erkennen und festhalten.
Über Ergebnisse und Untersuchungsmethoden nachdenken: Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus Untersuchungen, Erkundungen und Experimenten beurteilen und bewerten, Frage- und Problemstellungen,
Versuchsanlagen, Untersuchungs- und Messmethoden sowie technische Konstruktionen reflektieren,
hinterfragen und dazu Verbesserungen vorschlagen.
Die Schülerinnen und Schüler können:
• Phänomene mit mehreren Sinnen wahrnehmen und beobachten;
• zu Lebewesen, Gegenständen und Prozessen aus ihrer Umgebung verschiedenartige Fragen, Probleme
und einfache Hypothesen formulieren und Voraussetzungen für deren Untersuchung bestimmen (z. B.
Variablen festlegen);
• […]
9.2
Informationen erschliessen
Informationsformen erkennen: Formen, Aufbau und Strukturen von Informationen erkennen (Textarten,
Karten, Grafiken, Tabellen).
Informationen lesen: Mittelbare Informationen zu naturwissenschaftlichen Inhalten frage- und sachbezogen
identifizieren und (heraus)lesen.
Nach Informationen recherchieren: Nach Informationen zu Inhalten, Themen angeleitet und eigenständig
suchen, in Informationsträgern recherchieren.
Informationen umsetzen: Informationen sachbezogen für sich erkenntlich, einsichtig und nutzbar machen.
62
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Informationen und Informationsquellen einordnen: Informationen kritisch sichten, die Herkunft von Informationen erkennen.
Die Schülerinnen und Schüler können:
• naturwissenschaftliche Informationsformen erkennen (z. B. verschiedene Textformen, Grafiken, Tabellen, Karten, kombinierte Formen), aus verschiedenen Informationsformen Angaben herauslesen und diese mit eigenen Worten beschreiben;
• Informationen nach selbst gewählten, sachbezogenen Gesichtspunkten lesen und kennzeichnen (z. B.
Angaben in Darstellungen, Zuweisung von Symbolen);
• zu Themen eigenständig in Informationsmitteln (Sachbücher, Internet) nach Unterlagen und Angaben
suchen und diese nach vorgegebenen Strukturen verarbeiten;
• […]
9.3
Ordnen, strukturieren, modellieren
Sammeln und ordnen: Objekte, Materialien und Merkmale zu Erscheinungen und Situationen in der Natur
sowie Anwendungen in der Technik sammeln, vergleichen und ordnen.
Analysieren und strukturieren: Elemente, Merkmale, Erscheinungen und Situationen analysieren, gliedern,
abgrenzen, strukturieren, in Beziehung setzen, vernetzen (systemisches Denken).
Einordnen und modellieren: Regelhaftigkeiten, Gesetzmässigkeiten, Modelle und Konzepte erkennen,
entwickeln und zur Erklärung herbeiziehen; grafische Darstellungen und mathematische Hilfsmittel einsetzen.
Die Schülerinnen und Schüler können:
• die grundlegenden Elemente und Beziehungen (Strukturen) in Systemen erfassen, erklären und in einfa-
•
•
•
•
cher Form aufzeichnen (z. B. einfaches Wirkungsdiagramm) sowie Veränderungen in Systemen erfassen
und beschreiben;
entsprechende Repräsentationsformen (z. B. Verlaufsgrafiken) verstehen und Folgen von Veränderungen
ansatzweise voraussagen (wenn…, dann…);
Erscheinungen und Situationen umfassend beschreiben, zu einfachen Regelhaftigkeiten in Bezug setzen
sowie Analogien mit Alltagsbezug erfassen;
von gegenständlichen Modellen den Transfer auf die Wirklichkeit vornehmen sowie zu ihnen bekannten
Sachbezügen bildliche und einfache modellartige Repräsentationen erkennen;
[…]
9.4
Einschätzen und beurteilen
Zusammentragen, einschätzen, gewichten, beurteilen: Merkmale (Fakten) und persönliche Einstellungen zu
Erscheinungen, Situationen, Prozessen zusammentragen, einschätzen, gewichten, bewerten und dabei
mehrere Perspektiven einbeziehen.
Argumentieren und sich positionieren: Zu Situationen, Entwicklungen und anderem argumentieren und
sich positionieren. Persönliche Vorstellungen, Argumente und Einschätzungen beschreiben und bedenken.
Informationsquellen kritisch sichten. Persönlich und sachbezogen bewerten: Die Bedeutsamkeit von
Sachverhalten bzw. Situationen aus persönlicher und zunehmend sachbezogener Perspektive einschätzen
und bewerten.
63
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
Die Schülerinnen und Schüler können:
• Beschreibungen und Wertungen zu Situationen erkennen, voneinander unterscheiden und aus mehr als
einer Perspektive kommentieren;
• mehrheitlich Gewichtungen und Prioritäten in Aussagen erfassen sowie ansatzweise kennzeichnen und
kommentieren;
• […]
9.5
Entwickeln und umsetzen
Nachdenken: Über Fragen, Situationen, Erfahrungen und Entwicklungen im Einzugsbereich von Natur,
Umwelt, Technik und Gesellschaft nachdenken.
Vordenken: Ideen, Perspektiven, Fantasien, Visionen zu Natur, Umwelt, Technik und Gesellschaft entwickeln und mögliche Folgen einschätzen.
Planen: Gestaltungsbereitschaft entwickeln und die Umsetzung von Ideen oder Visionen planen und kritisch überprüfen.
Handeln und reflektieren: Handlungsbereitschaft entwickeln, die Ideen oder Visionen umsetzen und anschliessend reflektieren.
Die Schülerinnen und Schüler können:
• eigenständig ihren Alltagserfahrungen und Fragen aus den Bereichen Natur, Umwelt, Technik, Gesundheit und Gesellschaft nachgehen, nach Antworten suchen und dabei verschiedene Perspektiven einnehmen;
• unterschiedliche Ideen oder Visionen zu Fragen aus Natur, Umwelt, Technik, Gesundheit und Gesellschaft in ihrem Umfeld entwickeln, sie vergleichen und einzelne mögliche Folgen einschätzen;
• […]
9.6
Mitteilen und austauschen
Beschreiben, präsentieren und begründen: Naturwissenschaftliche Inhalte und eigene naturwissenschaftliche Arbeiten fachlich in Wort und Schrift sowie mittels geeigneter Repräsentationsformen korrekt präsentieren; stringent und alltags- bzw. fachbezogen argumentieren.
Zuhören und mitdenken, reflektieren und hinterfragen: Präsentationen und Argumentationen von anderen
aufnehmen; aktiv zuhören und die Ideen anderer – auch mittels eigener Ideen – weiterentwickeln; eigene
und fremde Präsentationen und Dokumentationen anhand von Kriterien beurteilen; Ergänzungen und
Einwände von anderen (selbst-)kritisch reflektieren und hinterfragen.
Die Schülerinnen und Schüler können:
• einfache naturwissenschaftliche Objekte und Prozesse in der Alltagssprache und mit ausgewählten
naturwissenschaftlichen Begriffen beschreiben;
• Merkmale, Beziehungen, Verknüpfungen anhand von vorgegebenen oder selbst erstellten gegenständlichen Modellen, Zeichnungen, Fotos sowie spezifischen Repräsentationsformen (Tabelle, Karte, Schnittzeichnung u.a.) beschreiben;
• […]
Die folgenden zwei Aspekte werden im Vernehmlassungsbericht der EDK (2010) nur im Anhang aufgeführt, im vorliegenden Dokument jedoch gleichwertig wie die anderen Handlungsaspekte aufgelistet (allerdings ohne Basisstandards).
64
Erdbeben in der Schweiz
9.7
SED/focusTerra
Interesse und Neugierde entwickeln
Erfahrungen mit Sachen und Situationen zu Natur, Umwelt und Technik im Alltag sammeln und eigene
Zugänge, Bezugspunkte und Bedeutsamkeiten zu naturwissenschaftlichen Fragen und Themen finden.
Freude und Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Fragen der Naturwissenschaften, der Technik, Gesundheit, der nachhaltigen Entwicklung entwickeln und überdauernde Interessen aufbauen.
Wille und Bereitschaft zum Nachdenken, zur Mitwirkung und Mitgestaltung über Fragen zu Natur, Umwelt
und Technik aufbauen.
9.8
Eigenständig Arbeiten, mit anderen zusammenarbeiten
Eigenständig Fragen und Aufgaben bearbeiten: sich Fragen stellen und eigenständig Fragen nachgehen;
realistische Vorstellungen zum Bearbeiten von Fragen und Aufgaben entwickeln.
Vorhaben planen und umsetzen: Vorhaben konzipieren, Arbeitsschritte planen und umsetzen.
Übertragen und Anwenden: Erfahrungen, aufgebautes, erworbenes Wissen und Können in neuen Situationen aufnehmen und anwenden.
Ergebnisse aufbereiten und präsentieren (steht in Bezug mit dem Handlungsaspekt «Mitteilen und Austauschen»).
Über das Lernen nachdenken, das eigene Lernen kontrollieren und steuern (Selbstorganisation), eigene
Ressourcen nutzen und einschätzen (Selbstwirksamkeit).
Kooperieren und im Team arbeiten: sich in ein Team einbringen, mit anderen zusammen kleine Arbeiten
bzw. grössere Vorhaben gemeinsam planen, durchführen, auswerten und reflektieren (ko-konstruktives und
dialogisches Lernen; dieses steht in einem engen Bezug zum Handlungsaspekt «Mitteilen und Austauschen»).
65
Erdbeben in der Schweiz
10
SED/focusTerra
Themenbereiche für das 7. bis 9. Schuljahr
Die Basisstandards zu Handlungsaspekten stehen in enger Verbindung mit Themenbereichen. Für die 7.–9.
Schuljahre bilden folgende inhaltliche Bezugspunkte den Kernbereich einer naturwissenschaftlichen
Grundbildung:
10.1 Planet Erde
• Naturelemente und -phänomene der Erde (Kreisläufe und wiederkehrende Naturphänomene, z. B. Ge•
•
•
•
steinskreislauf, Kohlenstoffkreislauf, Gezeiten); Bewegungen in verschiedenen Sphären
Klima- und Landschaftszonen; Ökosysteme (Einflüsse, Zusammenhänge)
Naturgefahren; Veränderungen lokal und global
Spuren, Rekonstruktionen, Modelle zur Geschichte der Erde und zur Evolution der Lebewesen
Raum-, Zeit- und Raum-Zeitvorstellungen und -darstellungen; Sphärenmodelle früher und heute; Bewegungen von Himmelskörpern; Gravitation
10.2 Bewegung, Kraft, Energie
• Energieerhaltung und -umwandlung (einige Energieformen quantitativ: Lageenergie, Bewegungsenergie,
•
•
•
•
elektrische Energie; Energieumwandlung in unserem Körper; Perpetuum mobile; Reibung als «Energieverlust»)
Kraft und Gegenkraft (Messen von Kräften: Betrag und Richtung; Ortsabhängigkeit der Schwerkraft;
Ortsunabhängigkeit der Masse)
Mechanische Arbeit und einfache Maschinen («Goldene Regel der Mechanik» an Beispielen)
Mechanische und elektrische Leistung; Leistung als umgewandelte Energie pro Zeit
Impuls und Impulserhaltung qualitativ (als Phänomen, ohne Formeln)
10.3 Wahrnehmung und Steuerung
• Funktionen von Auge und Ohr (Aufbau; Linsen; Akkommodieren); Farben (additive und subtraktive
Farbmischung)
• Schallwellen (nur qualitativ: Tonhöhe entspricht Frequenz; Lautstärke entspricht Amplitude)
• Stromkreise (seriell und parallel), Messen von Stromstärken und Spannung; Zusammenhang zwischen
Strom, Spannung und Widerstand
• Steuerung als technische Anwendung (z. B. elektrische Schaltungen, Thermostat, optisch gesteuerte
Schiebetüren)
10.4 Stoffe und Stoffveränderungen
• Stoffe und Stoffeigenschaften; Gemisch und Reinstoff; Löslichkeit (qualitativ); sauer / basisch / neutral;
Dichte; Schmelz- und Siedepunkt; radioaktiv/nicht radioaktiv
• Stoffe verändern und umwandeln: chemische Reaktion als materielle und energetische Umwandlung;
Erhaltung der Masse
• Stoffe nutzen und entwickeln (Analyse/Synthese); Trennmethoden
• Modelle veranschaulichen und erklären: Atommodell (Kern-Hülle, Proton, Neutronen, Elektronen);
Periodensystem der Elemente: Element, Verbindungen (Atom-, Ionenbindung)
66
Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
10.5 Lebewesen
•
•
•
•
•
Kennzeichen des Lebendigen: Struktur und Funktion – von der Zelle zum Organismus
Stoff- und Energieumwandlung bei Pflanzen, Tieren und Menschen (exemplarisch)
geschlechtliche und ungeschlechtliche Fortpflanzung
Entwicklung des Menschen
Ordnung in der Vielfalt: Artenvielfalt (Systematik und vergleichende Anatomie)
10.6 Lebensräume und Lebensgemeinschaften
• Systemische Beziehungen: biotische und abiotische Faktoren; Nahrungsnetze; Stoffkreisläufe (Individu-
en, Populationen und Ökosysteme)
• Wechselwirkungen innerhalb von Systemen; Wechselbeziehungen zwischen Individuen und Arten
• Einflüsse von Menschen in Ökosystemen – Biodiversität und ihre Erhaltung
10.7 Mensch und Gesundheit
• Humanbiologische Grundlagen: exemplarische Systeme und Zusammenhänge, z. B. Gehirn, Nervensys-
tem und Hormone
• Sexuelle Ausprägungen; sexuell übertragbare Krankheiten
• Umgang mit Medizin; Medizinalpersonen (z. B. Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden
und -techniken, Therapiearten, Impfungen u.a.)
• Gesundheitskompetenz: persönlicher Umgang mit seelischer Gesundheit und Krankheit
10.8 Natur, Gesellschaft, Technik – Perspektiven
• Nachhaltige Entwicklung als Zukunftsperspektive für einen sorgsamen Umgang mit natürlichen Res-
•
•
•
•
•
sourcen; mehr Gerechtigkeit und Lebensqualität; nachhaltiges Handeln in den Bereichen Wohnen, Mobilität, Konsum, Arbeit und Freizeit; globale Umweltfragen: Klima, Meere, Wälder, Böden
Forschung und Zukunftstechnologien: ausgewählte Entwicklungen aus Bio- und Gentechnologie, Hirnforschung, Nanotechnik; Nachhaltigkeit und Technologie (z. B. erneuerbare Energien); Bionik: Natur als
Vorbild für nachhaltige Produkte und Verfahrensweisen
Berufswahl mit naturwissenschaftlicher oder technischer Ausrichtung
Risiken durch naturwissenschaftliche oder technische Entwicklungen: Dürfen wir das tun was wir tun?
Wissenschaftliche Erkenntnisse und wirtschaftliche Umsetzung: Nutzung und Gefahren für Natur und
Menschen
Reflexion über Naturwissenschaften und Technik; Entwicklung der Naturwissenschaften; Wissenschaft
als offener Prozess
Quellen
Konsortium HarmoS Naturwissenschaften+ 2008: HarmoS Naturwissenschaften (Wissenschaftlicher
Schlussbericht zuhanden der EDK). Bern: Konsortium HarmoS Naturwissenschaften.
Labudde P., Adamina M. 2008: HarmoS Naturwissenschaften: Bildungsstandards für die Schule von morgen.
Beiträge zur Lehrerbildung, 26(3), 351–360.
Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK, 2010). Basisstandards für die
Naturwissenschaften: Unterlagen für den Anhörungsprozess (25. Januar 2010). Bern: EDK.
http://www.edk.ch/dyn/20692.php (30. August 2010)
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Erdbeben in der Schweiz
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SED/focusTerra
Bildungsstandards und Kompetenzen im
Geographieunterricht
Zusammenfassung: Mit dem Thema Erdbeben lassen sich die Kompetenzbereiche und mögliche Bildungsstandards, welche im Moment im Fachbereich Geographie diskutiert und entwickelt werden, fördern.
Wichtig sind die Handlungs- und Anwendungsorientierung von künftigem Unterricht, vor allem in Bezug
auf die Alltagswelt von Schülerinnen und Schülern. Was für den naturwissenschaftlichen Unterricht in
Kap. 8.2 festgehalten wird, gilt grösstenteils gleichermassen für den Fachbereich Geographie, auch wenn
Geographie in der Schweiz mancherorts zu den sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern gezählt wird.
Das Thema Erdbeben gehört traditionellerweise zum Schulfach Geographie und in diesem Zusammenhang
werden für dieses Konzept die zu erwartenden Entwicklungen im Fach berücksichtigt. Die «Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren Bildungsabschluss» vom Deutschen Schulgeographenverband,
welche unter http://www.geographie.de/docs/geographie_bildungsstandards_aufg.pdf heruntergeladen
werden können, geben gute Hinweise dazu.
Das Dokument, das bei allen geographischen Gruppen auf grosse Akzeptanz stösst, weist sechs Kompetenzbereiche als konstitutiv für eine geographische Gesamtkompetenz aus:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Fachwissen
Räumliche Orientierung
Erkenntnisgewinnung/Methoden
Kommunikation
Beurteilung/Bewertung
Handlung
Diese Bereiche werden wiederum über konkrete Teilkompetenzen und Standards präzisiert. Die Tabelle mit
den Lernzielen (s. Kap. 4, Anhang: Lernziele) belegt, dass diese sechs Kompetenzbereiche über das Thema
Erdbeben gefördert werden können. Es ist möglich, dass dereinst über die Erreichung von Kompetenzen
konkrete Bildungsstandards auch für den Schweizer Geographie-Unterricht formuliert werden.
Die Verbindung von Lernzielen und Kompetenzen steht im Zusammenhang mit künftigen Lehrplanentwicklungen und es wird empfohlen, bei den Entwicklungen von Lehrmaterialien darauf Rücksicht zu
nehmen, was mit diesem Konzept geschieht.
Die Überlegungen und Arbeiten zum Konzept basieren unter anderem auch auf dem Bericht zum Projekt
Deutschschweizer Lehrplan «Grundlagen für den Lehrplan 21, Plenarversammlung der deutschsprachigen
EDK-Regionen vom 18.3.2010». Dort wird auf die Bedeutung von Kompetenzen hingewiesen.
Schwergewichtig soll in Zukunft der kompetenzorientierte Unterricht sein und «mit der Kompetenzorientierung ergibt sich eine veränderte Sichtweise auf den Unterricht. Lernen wird verstärkt als aktiver, selbstgesteuerter, reflexiver, situativer und konstruktiver Prozess verstanden. Schülerinnen und Schüler erwerben
Wissen und Fähigkeiten, die sie in unterschiedlichen Situationen anwenden und umsetzen lernen.» (Grundlagen für den Lehrplan 21, S. 14).
Die ausgearbeiteten Produkte sind soweit als möglich auf die folgenden Punkte ausgerichtet worden. Zitiert
aus «Grundlagen für den Lehrplan 21» von Seite 15:
Ein kompetenzfördernder Unterricht ist dadurch gekennzeichnet, dass
• handlungs- und anwendungsorientiert gelernt wird;
• klar und deutlich erkennbar ist, was gelernt werden soll;
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Erdbeben in der Schweiz
SED/focusTerra
• die Lernangebote zu grundlegenden Einsichten bei den Schülerinnen und Schülern führen;
• das Wissen systematisch aufgebaut und mit anderen Wissensgebieten vernetzt wird, damit es nachhaltig
und anschlussfähig wird;
• überfachliche Kompetenzen wie beispielsweise Selbstreflexion integriert werden;
• Schülerinnen und Schüler gemäss ihrem individuellen Stand und ihren Leistungsfähigkeiten gefördert
werden, damit die Lernmotivation erhalten bleibt;
• Schülerinnen und Schüler Lernerfahrungen machen, die über den Unterricht hinausreichen und für sie
sinnstiftend sind.
Dabei wird der Blick verstärkt auf die Anwendbarkeit von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten
gerichtet. Der Erwerb einer Kompetenz bzw. der Grad der Erreichung zeigt sich in der Art und Weise der
erfolgreichen Bewältigung von Aufgaben. Dies wird durch die Aufgabenstellungen in Bezug auf die Ausstellung und die Bearbeitung der Experimente beim Simulator erreicht.
Nach dem Pädagogen Franz E. Weinert (2001) umfassen Kompetenzen Fähigkeiten, Fertigkeiten und
Wissen sowie auch Bereitschaften, Haltungen und Einstellungen, über die Schülerinnen und Schüler verfügen müssen, um neuen Anforderungssituationen gewachsen zu sein.
Eine Schülerin oder ein Schüler ist beispielsweise in einem Fach kompetent, wenn sie oder er
•
•
•
•
•
•
über Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Lösen von Problemen verfügt;
auf vorhandenes Wissen zurückgreift bzw. sich das notwendige Wissen beschafft;
zentrale fachliche Zusammenhänge versteht;
angemessene Handlungsentscheidungen trifft;
Lerngelegenheiten nutzt;
motiviert ist, ihre bzw. seine Kompetenzen auch in Zusammenarbeit mit anderen einzusetzen.
Quellen
Deutsche Gesellschaft für Geografie 2006: Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren
Mittelschulabschluss. Bonn: Deutsche Gesellschaft für Geografie.
http//:www.geographie.de/docs/geographie_bildungsstandards.pdf (5. September 2010).
Labudde P., (Ed.). 2007: Bildungsstandards am Gymnasium: Korsett oder Katalysator? Bern: hep Verlag AG.
Reinfried S. 2005: Geographie Curriculum International. Standardisierte Geographiecurricula in England und
den USA – Erfolgsgeschichten oder die Büchse der Pandora. Geographie und Schule, 33–43.
Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK, 1994). Rahmenlehrplan für die
Maturitätsschulen (9. Juni 1994). Bern: EDK.
Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK, 2010). Grundlagen für den Lehrplan 21,
Bericht zur Vernehmlassung. Bern: EDK.
Weinert E.F. 2001: Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim: Beltz.
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Erdbeben in der Schweiz
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SED/focusTerra
Anhang: Schülervorstellungen (Präkonzepte) zu Erdbeben und
Plattentektonik
In den letzten 20 Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts bildete die Erforschung von Schüler- und
Lehrervorstellungen einen wichtigen Forschungsschwerpunkt in den Naturwissenschaftsdidaktiken. Unter
anderem gab es auch einige Untersuchungen über Vorstellungen (preconceptions, früher auch als misconceptions bezeichnet) zu Erdbeben bzw. Plattentektonik. Im Folgenden werden einige wichtige Erkenntnisse
aus ausgewählten Studien zusammengefasst:
12.1 Präkonzepte zu Erdbeben
Eine Studie von Katharyn E.K. Ross und Thomas J. Shuell (1993) an Primarschülerinnen und
-schülern aus den USA zu ihren Präkonzepten zum Thema Erdbeben erlaubt folgende Schlussfolgerungen:
• Kinder verfügen beim Thema Erdbeben eher über Vorwissen zu technischen oder geologischen Details
•
•
•
•
•
•
•
als über Massnahmen bezüglich Prävention und Verhalten im Falle eines Bebens. Gobert beispielsweise
weist in einer Studie darauf hin, dass das Wissen über Magmaströme im Innern der Erde bei Schülerinnen und Schülern sehr verbreitet ist, bedingt durch die Medien, die Vulkane oft thematisieren. (Gobert,
2000, p. 960).
Anweisungen zu Prävention und Verhalten im Falle eines Erdbebens garantiert weder ein besseres
Verständnis von Erdbeben noch die Reduktion von falschen Vorstellungen (Präkonzepte).
Die Vermischung von Erdbeben mit anderen Naturkatastrophen und Wetterereignissen ist ein häufig
beobachtbares Verhalten bei Schülerinnen und Schülern. Viele Lernende im Primarschulalter gehen zudem davon aus, Erdbeben und Vulkanausbrüche seien ein und dasselbe.
Bei Primarschülerinnen und -schülern wurde beobachtet, dass sie – nachdem sie selbst ein Erdbeben
miterlebt hatten – durch die mediale Informationsflut zum Thema Erdbeben verunsichert werden und
Hilfe benötigen, indem die Informationen für sie geordnet und analysiert werden.
Das eigene Erleben eines Erdbebens garantiert weder ein vertieftes Wissen über Erdbeben noch das
richtige Verhalten im Falle eines Bebens.
Es herrscht ein allgemeiner Glaube, dass Erdbeben grundsätzlich immer spürbar sind und Schaden
anrichten.
Viele Primarschülerinnen und -schüler nehmen an, dass der Unterstand bei einer Türe Schutz biete
während eines Bebens aufgrund des metallischen Türrahmens und nicht aufgrund der Gebäudekonstruktion.
Kinder können einerseits wissenschaftlich einigermassen haltbare Aussagen machen, während sie dennoch an fehlerhaften Präkonzepten festhalten, andererseits können sie korrekt Theorien wiedergeben,
ohne diese jedoch verstanden zu haben.
Chin-Chung Tsai (2001) zeigte in seiner Studie zu Präkonzepten über Erdbeben an 11–12-jährigen taiwanesischen Schülerinnen und Schülern, dass nicht nur der Wissensstand eine Rolle spielt bei der Bildung
von Präkonzepten, sondern ebenso soziokulturelle Faktoren. So kombinierten die Kinder in ihren Erklärungen zur Ursache von Erdbeben sowohl übernatürliche, mythische und wissenschaftliche Vorstellungen.
12.2 Präkonzepte zur Plattentektonik (Erdinneres und Vulkanausbrüche)
Untersuchungen von Gobert (2000) zu den Vorstellungen von Lernenden zur Plattentektonik, bei denen die
Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren Skizzen aufgrund von Texten zur
Plattentektonik anfertigen mussten, zeigen verschiedene Denkmodelle, die wie folgt zusammengefasst
werden können:
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Erdbeben in der Schweiz
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Präkonzepte zum Erdinneren
Figur 1
turmartiger Bau
Figur 2
zwiebelförmiger Schalenbau
Etwa 10 Prozent der getesteten Schülerinnen und Schüler zeichneten das Erdinnere gemäss der Figur 1,
d. h. sie gingen beim Aufbau der Erde von einer Art turmartigem Bau der drei Schichten (die im vorgängig
gelesenen Text beschrieben werden) Kern, Mantel und Kruste aus. Die restlichen circa 90 Prozent zeichneten ein korrektes Modell der Erde mit dem zwiebelförmigen Schalenbau (Figur 2). Wichtig für den Unterrichtsalltag ist die Erkenntnis, dass Schülervorstellungen, wie in Figur 1 dargestellt, als Barriere für das
weitere Verständnis wirken können. Haben Schülerinnen und Schüler eine fehlerhafte Vorstellung des
Erdinneren, fällt ihnen das Erfassen von erweiterten Prozessen im Erdinnern und die damit zusammenhängenden beobachtbaren Phänomenen wie Erdbeben und Vulkanausbrüchen schwer. Wird hingegen – wie in
Figur 2 – zwar der konzentrische Schalenbau der Erde korrekt erfasst, jedoch beispielsweise eine verhältnismässig zu breite Kruste gezeichnet, hat dies keine schwerwiegenden Folgen für das weitere Verständnis
der Materie. Es lohnt sich also im Unterricht, das Vorwissen bezüglich des Schalenbaus der Erde vorgängig
abzuklären und wenn nötig zu erarbeiten.
12.3 Präkonzepte zu Vulkanausbrüchen
Im folgenden Abschnitt werden vier Gruppen von Schülermodellen beschrieben, die aufgrund der Frage
nach der Entstehung von Vulkanausbrüchen entstanden sind (Gobert, 2000). Neben der ModellBezeichnung wird der prozentuale Anteil der jeweiligen Modelle an der Gesamterhebung angegeben.
Modell 1: Hitze-Modell (4 %)
Dieses vereinfachte Modell geht von der Hitze als einzige Ursache von Vulkanausbrüchen aus und schliesst
jegliche Bewegungsmechanismen, ausgehend von Mantel-, Magma- oder Plattenbewegungen, aus. Dieses
Modell wurde vergleichsweise wenig gezeichnet, da Kinder im entsprechenden Alter zumindest meist die
Existenz von aufsteigendem Magma kennen.
Modell 2: Bewegungs-Modell (62 %)
Die meisten der gezeichneten Schülermodelle sind zur Gruppe des Modells 2 zu rechnen. Auch dieses
Modell ist eine vereinfachte Darstellung, da es als einzige Ursache von Vulkanausbrüchen Bewegungsmechanismen skizziert. Während die vorherrschenden hohen Temperaturen nicht ins Schülermodell integriert
werden, erwähnen viele der Skizzen aufsteigendes Magma als Hauptsursache von Vulkanausbrüchen.
Modell 3: Kombiniertes Modell (30 %)
Skizzen, die zum Modell 3 gruppiert werden, zeigen eine differenziertere Vorstellung von Vulkanausbrüchen indem sie beide Mechanismen erwähnen, sowohl der Bewegungsmechanismus wie auch hitzebedingte
Mechanismen. Obwohl beide Faktoren als Ursache dargestellt werden, setzen die Schülerinnen und Schüler
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Erdbeben in der Schweiz
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diese nicht miteinander in Verbindung. Das Verständnis für die Entstehung von Konvektionsströmen, die
die Platten in Bewegung setzen, fehlt bei diesen Modellen.
Modell 4: Integratives Modell (4 %)
Dieses Modell zeigt ein integratives Denkmuster bezüglich Vulkanausbrüchen, indem es die Hitze als
mögliche Ursache der Konvektionsströme skizziert. Dieses Modell wurde nur von einem kleinen Teil der
Befragten gezeichnet, die zudem bereits Kurse zum Thema Konvektion besucht hatten.
Vier Schülermodelle zu Vulkanausbrüchen
1. Hitzemodell
2. Bewegungs-Model
3. Kombiniertes Modell
4. Integratives Modell
nach Godert, 2000
Eine frühere Studie von Gobert und Clement (1999) weist darauf hin, dass die graphische Zusammenfassung von (Fach-)Texten in Form von Skizzen und Modellen Lernenden ein besseres Verständnis des Gelesenen ermöglicht. Schülerinnen und Schüler, die während des Lesens eines Textes über die Plattentektonik
eine Skizze machen mussten, verstanden im Nachhinein die räumlichen, ursächlichen und dynamischen
Zusammenhänge besser als solche Schülerinnen und Schüler, die während des Lesens eine Textzusammenfassung erstellten oder lediglich den Text lasen.
Das Verständnis für den Aufbau der Erde ist eine Voraussetzung für das Verständnis der ursächlichen und
dynamischen Vorgänge, mit denen die Plattentektonik zusammenhängt. Anhand eines Modells mit den
konzentrischen Schichten und dem Magma-gefüllten Mantelteil, der den Kern umgibt, ist es einfacher zu
verstehen, wie der Erdkern als Quelle der Hitze für das Magma fungiert. Die Studie von Gobert legt nahe,
dass beim Erarbeiten von komplexen Modellen wie die Plattentektonik es sinnvoll erscheint, mit statischen
Grundlagen zu beginnen und in einem zweiten Schritt die dynamisch-ursächlichen Elemente hinzuzufügen.
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Erdbeben in der Schweiz
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Dieses Vorgehen ermöglicht es Schülerinnen und Schüler bereits in jüngeren Klassen mentale Modelle von
komplexen Prozessen zu erstellen.
12.4 Hinweise zum Umgang mit Präkonzepten im Unterricht
12.4.1 Welche Schwierigkeiten können beim Thema Plattentektonik für Lernende entstehen?
Die folgenden Punkte, die das Erfassen des Themas für Lernende möglicherweise erschweren, bieten
Hinweise für Lehrpersonen, die das Thema Plattentektonik im Unterricht behandeln:
• Die für uns beobachtbaren Phänomene auf der Erdoberfläche entstehen in den inneren Erdschichten und
den dort für uns unbeobachtbaren Prozessen wie z. B. die Konvektion.
• Für Schülerinnen und Schüler sind die Grössenverhältnisse auf der Erde schwer zu erfassen.
• Die zeitliche Dimension, in der geologische Prozesse ablaufen, ist für Schülerinnen und Schüler schwie-
rig zu erfassen, zumal sie unsere individuelle Lebenszeit weit übertrifft.
• Die Plattentektonik setzt das Verständnis und die Integration mehrerer unterschiedlicher begrifflicher,
räumlicher, ursächlicher und dynamischer Themenaspekte voraus.
12.4.2 Hinweise zum Umgang mit wissenschaftlichen Modellen im Unterricht
Vielfach werden Lernende nicht selber zum Skizzieren von Modellen angehalten, sondern ihnen werden
fertige, meist komplexe Modelle vorgesetzt. Die richtige Interpretation von Modellen ist für viele Schülerinnen und Schüler mit Schwierigkeiten behaftet, so lohnt es sich folgende Punkte für die Arbeit mit Modellen im Unterricht zu beachten:
• Lernende tun sich häufig damit schwer, in Modellen gezielt nach den relevanten Informationen zu
suchen. Noch wissen sie häufig nicht, welche Informationen des Modells als wichtig gelten und welche
weniger.
• Wissenschaftliche Modelle sind vielfach mit fachspezifischen Symbolen gekennzeichnet, die von den
Lernenden nicht gelesen werden können.
• Die Präsentation fertiger Modelle versetzt Lernende in eine passive Rolle, während beim Erstellen von
Modellen durch die Schülerinnen und Schüler das aktive Bilden und Korrigieren eigener Denkmodelle
gefördert wird. Letzteres bildet zudem eines der Hauptziele im naturwissenschaftlichen Unterricht.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Gobert J.D. 2000: A typology of causal models for plate tectonics: Inferential power and barriers to
understanding. International Journal of Science Education, 22(9), 937–977.
Gobert J.D., Clement J. 1999: The effects of students-generated diagrams on conceptual understanding of
causal an dynamic knowledge in science. Journal of Research in Science Teaching, 36(1), 39–53.
Ross K.E. K., Shuell T.J. 1993: Children’s Beliefs about Earthquakes. Science Education, 77(2), 191–205.
Tsai C.-C. 2001: Ideas about earthquakes after experiencing a natural disaster in Taiwan: An analysis of
students’ worldviews. International Journal of Science Education, 23(10), 1007–1016.
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