PDF-Version - Lina Schwob

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Klaaierquartett
Klaaierquartett
Kle,aierquintett g-lWoII op. 57
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Kalt, Violine
D aniela Loo ser, Violine
Vera Glatthorn, Viola
Konradin H erzo g, Violonc eIIo
Lirua Schloob. Klaaier
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Werkbeschreibung
* Gustav Mahler (1860 – 1911)
Klavierquartett a-Moll (1876)
Das Klavierquartett entstand während Mahlers
Studienzeit in Wien. Es ist nicht nur das einzige
erhaltene Kammermusikwerk, sondern auch eines
der wenigen erhaltenen Jugendwerke. Die meisten
Kompositionen aus seiner Lehrzeit hat Mahler in
späteren Jahren eigenhändig vernichtet.
In «Erinnerungen an Gustav Mahler» berichtet
Natalie Bauer-Lechner von einem Gespräch, in
welchem ihr Mahler von einer Jugendkomposition
erzählte:
«Das beste davon war ein Klavierquartett, welches
am Schluss der vierjährigen Konservatoriumszeit
entstand und das grossen Gefallen erregte. Graedener (¹) behielt es monatelang bei sich und es gefiel
ihm so, dass er es bei Billroth (²) zur Aufführung
brachte. Bei einer Preiskonkurrenz zu der ich das
Quartett nach Russland schickte, ist es mir verloren
gegangen.»
Mit grösserer Wahrscheinlichkeit ist hier von diesem Klavierquartett die Rede. Bis heute ist nicht
geklärt, warum es sich im Nachlass Mahlers erhalten hat, wenn es doch auf dem Weg nach Russland
möglicherweise verloren ging.
Die thematische Erfindung dieses Klavierquartetts
weist bereits ein persönliches Profil auf, dennoch
deuten Form und Gestus deutlich auf das damalige
musikalische Bewusstsein des jungen Komponisten hin: auf Brahms, Schumann und Schubert.
Weiterhin erhalten ist noch die 24-taktige
Skizze eines Scherzo-Satzes für Klavierquartett. Ein
Vergleich von Handschrift und Papierformat
weist auf die fast gleichzeitige Entstehung hin und
lässt darauf schliessen, dass es sich um Teile ein
und desselben Quartetts handelt.
(¹) Hermann Graedener: unterrichtete Harmonielehre
und Kontrapunkt
(²) Theodor Billroth: Chirurg und Musikliebhaber,
veranstaltete regelmässig Hauskonzerte
* Alfred Schnittke (1934 – 1998)
Klavierquartett (1988)
«Eine meiner Kompositionen habe ich nach den
Skizzen des Klavierquartetts (Scherzo-Satz) des
jungen Mahler geschrieben, sie sieht auch die gleiche Besetzung vor. Doch Mahlers Thema kommt
erst am Ende zum Ausdruck. Es erscheint und hält
inne. Das Thema – genau das gleiche Thema
wie bei Mahler – bleibt unvollendet. Es klärt sich
beiläufig. Mahler hat nur den ersten Satz vollständig geschrieben. Von dem zweiten Satz gibt es
lediglich einige Takte. Doch das Thema ist einfach genial. Das ist unverwechselbar Mahler, den
man bereits am ersten Takt erkennt. Dabei hat
er dieses Werk mit sechzehn Jahren geschrieben!
Und es ist mit nichts vergleichbar. Die Modulation
von g-Moll nach A-Dur und anschliessend nach
a-Moll – das ist dermassen ungewöhnlich! Das
erfindet man nicht, das kann man auch kaum erklären, da kann man nur noch zuhören.»
An anderer Stelle sagte Schnittke:
«Der tonale Kreis in dem sich Mahler im Alter
von 16 Jahren ausdrückt, ist gar nicht stereotyp im
Aufbau, sondern man sieht auch schon den Mahler
der 10. Sinfonie durchscheinen, obwohl Jahrzehnte
dazwischen liegen.»
Wenn Alfred Schnittke 112 Jahre später die Skizze
von Mahlers Scherzo aufgreift um den Satz zu
vervollständigen, so nicht mit der Absicht einer Stilkopie oder einer Rekonstruktion der musikalischen
Sprache des späten 19. Jahrhunderts. Schnittke
gestaltet das Scherzo mit verschiedenen Mitteln der
Tonsprache des zu Ende gehenden 20. Jahrhunderts.
Wenn das Mahlersche Thema zum ersten Mal
aufscheint, erhält die Musik einen spätromantischen
Hauch, dieser wird jedoch zunehmend durchbrochen. Beispielsweise wenn das Thema in den Strei-
chern kanonisch erklingt: Die Kanoneinsätze
sind zeitlich um einen Achtel und in der Tonhöhe
um einen Halbton verschoben. Dies ergibt ein
dissonantes und spannungsgeladenes Klangbild.
Weitere Effekte Schnittkes sind Clusterakkorde im
Klavier und Glissandi in den Streichern.
Es findet eine Entwicklung statt, die nahezu einen
geräuschhaften Höhepunkt erreicht. Nach einem
abrupten Abbruch klärt sich der Zusammenhang der
Komposition Schnittkes mit Mahlers Skizze:
In den Übergang des letzten Klavierakkordes wird
das Scherzo-Fragment unverändert eingeblendet. Nur noch einen Schlussakkord fügt Schnittke
hinzu, der jedoch kein wirklicher ist: Das Ende
bleibt offen.
Ein Grund, weshalb Schnittke ein Fragment von
Mahler für seine Komposition verwendet, mag
dessen grosse Bewunderung gegenüber Mahler sein:
«Ich wünschte mir sehr, viel Gemeinsames mit
Mahler zu haben. Doch für mich ist er eine
derart grosse Figur, dass ich es nie wagen würde,
mich an ihm zu messen. (…) Mag sein, dass
dieser Komponist meinem Schaffen am nächsten
steht, aber vieles trennt uns auch: Das, was
bei Mahler vorhanden ist, fehlt bei mir aber fast
gänzlich. Beispielsweise seine genialen Volkslieder. (…) Ich könnte weinen, dass ich so etwas
nicht kann.»
Nicht nur Mahler und Schnittke lassen sich in
Beziehung setzen, auch zwischen den russischen
Komponisten Schnittke und Schostakowitsch lässt
sich eine direkte Verbindung herstellen:
«Ich bin zweifellos Schostakowitschs Nachfolger,
ob ich es nun will oder nicht. Aber ich bin es nicht
bewusst. Nehmen wir doch nur das Phänomen seiner
Form. Das lange Ausspinnen, die lang währenden Kulminationen – das alles ist auch bei mir vorhanden, aber nicht deshalb, weil ich ihn nachahmen würde, sondern weil ich in einem Milieu und
in einer Atmosphäre aufgewachsen bin, die mit
seiner Musik verbunden war. Ich will nicht einmal
auf eine endgültige Wertschätzung dieser Umgebung eingehen – ich hatte einfach gar keine
andere Wahl!»
«Ich weiss nicht, ob Schostakowitsch meine späten
Werke kennen gelernt hat. Ich kann auch nicht
beurteilen, wie er zu mir stand. 1974 wurde in Moskau mein Konzert für Oboe, Harfe und Streicher
uraufgeführt. Als ich mich auf der Bühne verbeugte,
klatschte der ganze Saal Beifall; nur einer sass,
die Hände im Schoss, und applaudierte nicht. Es
war Dimitri Schostakowitsch. (…) Ich hatte schreckliche Angst vor ihm. Es war besser für mich, zu
denjenigen zu gehören, die Abstand hielten oder ihm
aus dem Wege gingen.»
«Dimitri Schostakowitsch war und bleibt eine
grossartige Figur, die verstandesmässig nicht erklärbar ist.»
* Dimitri Schostakowitsch (1906 – 1975)
Klavierquintett g-Moll op. 57 (1940)
Schostakowitsch schrieb sein Klavierquintett auf
Wunsch des befreundeten Beethoven-Quartetts. Nach
dem Erfolg seines ersten Streichquartetts (1938)
wünschten sie ein Stück, das man mit ihm selber am
Klavier spielen konnte. Die Uraufführung im Moskauer Konservatorium war ein triumphaler Erfolg.
1941 wurde das Klavierquintett mit dem Stalinpreis
1. Klasse ausgezeichnet. Damit war die öffentliche
Anerkennung zurück gewonnen.
Die Episode ist legendär: 1936 hatte Stalin
persönlich eine Aufführung der Oper «Lady Macbeth von Mzensk» in Moskau besucht. Bei ihrem
Erscheinen 1934 wurde sie als Meisterwerk gefeiert
und hatte grossen Erfolg. Stalin aber verliess die
Aufführung nach der Pause. «Das ist Blödsinn,
keine Musik», sagte er einem Kritiker. Zwei Tage
später erschien ein anonymer Artikel «Chaos
statt Musik» mit einem brutalen Verriss. Um seine
Existenzgrundlage nicht zu verlieren, musste
Schostakowitsch die Gunst der Parteioberen rasch
zurückgewinnen. Gefordert war in der sowjetischen Kunst nun ein volkstümlicher, optimistischer
und monumentaler Stil. Mit seiner 5. Sinfonie
gelang es ihm, sich vor dem Parteiapparat zu rehabilitieren, ohne sich künstlerisch zu verraten –
unter der Oberfläche verbirgt sich bittere Satire.
Während der Kriegsjahre fuhr Schostakowitsch
fort, in diesem gefälligen Stil zu schreiben. In
dieser Schaffensphase entstand auch das Klavierquintett, welches auf barocken Formen basiert:
Es beginnt mit einem romantisch-pathetischen Präludium, auf das als umfangreichster Satz eine
Adagio-Fuge folgt. In der Mitte steht ein Scherzo.
Bei allem grotesken Witz hat es einen bösen
Unterton, wirkt wie eine sarkastische Karikatur.
Das Intermezzo lässt mit endloser Melodie über
schreitendem Pizzicatobass Händel anklingen. Im
Finale wird ein lichter Ton der Versöhnung angestimmt. Die Leichtigkeit des Schlusses scheint
allerdings nicht ganz ohne verborgenen Schwermut
zu sein.
Interpreten
Franziska Kalt (*1985) erhielt mit acht Jahren
ihren ersten Violinunterricht bei Ladislav Brozman und Rahel Cunz. Mit 17 Jahren trat sie in die
Berufsklasse von Rudolf Koelman an der Zürcher
Hochschule der Künste (ZHdK) ein. Vergangenen
Juni erhielt sie das Lehrdiplom und studiert nun in
der Konzertklasse weiter. Sie war Preisträgerin
im Finale des Schweizerischen Jugendmusikwettbewerbs, beim Wettbewerb des Rotary Clubs Zurzach
und war Gast bei den Kammermusikfestivals Flims
und Zug.
Daniela Looser (*1987) erhielt ihren ersten
Geigenunterricht mit fünf Jahren. Sie war Schülerin
von Eiko Furusawa (Konzertmeisterin des Tonhalleorchesters Zürich). Daniela Looser hat an kantonalen und nationalen Wettbewerben erfolgreich
teilgenommen und Meisterkurse bei Primoz Novsak,
Rainer Kussmaul und Ana Chumachenco besucht.
Zurzeit studiert sie an der Hochschule der Künste
Bern bei Monika Urbaniak.
Vera Glatthorn (*1985) besuchte mit fünf Jahren ihren ersten Geigenunterricht an der Musikschule Chur bei Margrit Badrutt. Sie entdeckte ihre
Vorliebe für die Viola und wechselte im Alter von
19 Jahren das Instrument. Im Oktober 2005 begann
sie mit dem Studium an der ZHdK bei Michel
Rouilly. Seit Frühling 2006 ist sie Mitglied im
Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester, seit 2007 als
Solobratschistin. Im September 2007 trat sie in
der Konzertwoche «Herbst in der Helferei» mit dem
Carmina Quartett auf.
Konradin Herzog (*1982) studiert an der
ZHdK Violoncello im Hauptfach, sowie Dirigieren,
Klavier und Gesang im Nebenfach. Für sein
Lehrdiplom-Konzert im Januar 2007 erhielt er das
Prädikat «mit Auszeichnung». Zurzeit ist er in
der Konzertklasse von Susanne Basler. Kurse
besuchte er unter anderem bei Claude Starck, Ross
Harbough, Wen-Sinn Yang, Ana Chumachenco,
Werner Bärtschi und Mitgliedern des Carmina
Quartettes. Er leitet das Jugend Kammer Orchester
Winterthur.
Lina Schwob (*1985) erlangte im Sommer
2007 das Klavierlehrdiplom mit Prädikat «mit Auszeichnung» und studiert nun in der Konzertklasse
von Adalbert Roetschi an der ZHdK weiter. Lina
Schwob besuchte Meisterkurse bei Natalya Antonova, Barry Snyder, Adrian Oetiker und dem Trio Jean
Paul. Sie war mehrfache Preisträgerin im Finale
des Schweizerischen Jugendmusikwettbewerbs, sowie
Stipendiatin der Stiftungen Fritz-Gerber und Lyra.
Neben ihrer Konzerttätigkeit unterrichtet sie an
der Kantonsschule Limmattal Klavier und ist Organistin in Kappel a. A. und Rifferswil.
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