Allgemeine Bewegungswissenschaft Universität Wien WS 2005/06 1. Sportmotorik – Definitionen Sportmotorik Beinhaltet alle organismischen Teilsysteme und Teilprozesse, die sportliche Bewegungen des Menschen auslösen und kontrollieren Hermann Schwameder Hermann Schwameder Sportmotorik 2 Sportmotorik Motorische Kontrolle Teilbereiche der Motorik (u.a. auch ‚motorische Kontrolle‘ – motor control bzw. Koordination) mit Einschränkung auf sportliche Bewegungen des Menschen Bezieht sich auf die Aufgabe der oben genannten Teilsysteme und –prozesse, die Freiheitsgrade des menschlichen Körpers zu kontrollieren Hermann Schwameder 1. Sportmotorik – Definitionen Hermann Schwameder 1. Sportmotorik – Definitionen 3 4 Motorische Kontrolle Koordination Wie gelingt es, die vielen an der Harmonisches Zusammenwirken der Bewegung beteiligten Muskeln bezüglich Teilsysteme und –prozesse auf der des Beginns der Kontraktion Ebene von der Dauer der Kontraktion Teilbewegungen der Stärke der Kontraktion 5 Bernstein (1897-1966) so zu kontrollieren, dass eine koordinierte Bewegung entsteht? Hermann Schwameder 1. Sportmotorik – Definitionen Hermann Schwameder 1. Sportmotorik – Definitionen Muskelkontraktionen (intermuskuläre Koordination) motorische Einheiten eines Muskels (intramuskuläre Koordination) 6 1 2. Physiologische und psychomotor. Grundlagen 2.1. Sensorische Systeme Sensorische Systeme Funktionen Aufnahme von körperäußeren und körperinneren Prozessen sowie Relationen des Körpers zur Umwelt Zentralnervale Strukturen und Verarbeitungsprozesse Reflexe 7 Hermann Schwameder Hermann Schwameder Effektorische Systeme 8 2.1. Sensorische Systeme 2.1. Sensorische Systeme Sensorik Sensorik – mehrere Ebenen Bezugspunkt für die Planung und Vorbereitung einer Bewegung Bewusster Zugriff (kortikale Ebene) Hermann Schwameder Hermann Schwameder Kontrollfunktion während der Bewegungsausführung 9 10 Motorische Eigen- und Fremdreflexe (Rückenmarksebene) 2.1. Sensorische Systeme Informationsaufnahme Rezeption (Empfindung) Bislang in der klassischen (westlichen) Bewegungsund Trainingslehre stark vernachlässigt Die aus einem einzelnen Rezeptorbereich stammende Information (z.B. optische Empfindung) Hermann Schwameder Hermann Schwameder Unbewusster (automatisierter) Zugriff (subcortikale bzw. cerebelläre Ebene) 2.1. Sensorische Systeme Sinneswahrnehmungen sind sehr gut trainierbar 11 Verarbeitung in unterschiedlichen Instanzen 12 2 2.1. Sensorische Systeme 2.1. Sensorische Systeme Perzeption (Wahrnehmung) Apperzeption (kognitiv strukturierte Wahrnehmung) Hermann Schwameder Hermann Schwameder Komplexer Sinneseindruck aus mehreren Rezeptorbereichen (z.B. Muskelsensibiliät und taktile Empfindung) 13 14 Durch Erwartung selektierter und durch Denken im Nachhinein strukturierter Sinneseindruck 2.1. Sensorische Systeme 2.1. Sensorische Systeme Absolute Wahrnehmungsschwelle Unterschiedsschwelle Minimale wahrnehmbare Differenz zwischen zwei Reizen gleicher physikalischer Dimension Hermann Schwameder Hermann Schwameder Untere Grenze eines physikalischen Reizes, der noch eine Rezeption auslöst 15 16 2.1. Sensorische Systeme 2.1. Sensorische Systeme Wahrnehmungs- und Unterschiedsschwellen sind sehr gut trainierbar Schematischer Aufbau Rezeptoren (Sensoren) Umwandlung physikochemischer Reize in elektrische Signale Wassergefühl Ballgefühl Kantengefühl Hermann Schwameder Hermann Schwameder Weiterleitung 17 18 durch afferente Nervenfasern Verarbeitung in spezifischen Neuronengruppen des ZNS 3 2.1. Sensorische Systeme 2.1.1. Visuelles System Für die Sportmotorik wichtige sensorische Systeme Das visuelle System wandelt Licht (elektromagnetische Schwingungen bestimmter Wellenlängen) in bioelektrische Signale um und verarbeitet sie in verschiedenen Instanzen des ZNS Visuelles System Akustisches System 19 Propriozeptives System (Stellung und Bewegung von Körperteilen, Kräfte, …) Kineästhetisches System (Druck, Vibration, …) Nozizeptives System (Schmerzrezeptoren) Hermann Schwameder Hermann Schwameder Vestibuläres System 20 2.1.1. Visuelles System 2.1.1. Visuelles System Sinnesorgan des visuellen Systems ist das Auge Bewegungen des Auges werden durch 6 Muskeln gesteuert 120 Millionen Stäbchen Fixationen 6 Millionen Zäpfchen Saccaden Hermann Schwameder Hermann Schwameder Folgebewegungen Olivier & Rockmann, 2003 modif. nach Eysel, 1993 21 2.1.1. Visuelles System 2.1.1. Visuelles System Fixationen Saccaden Sehr schnelle, ruckartige Bewegungen Abbildung in der Fovea centralis 10 – 80 ms Minimale Hin- und Herbewegungen (Mikrotremor) 50 – 1000ms (300 ms) Hermann Schwameder Scharfsehen, Detailsehen Hermann Schwameder Akkomodationsbewegungen 22 Auge in relativer Ruhe 23 Vergenzbewegungen (Konvergenz- und Divergenz) Rotationsgeschwindigkeit des Auges: bis 600°/s Stark reduzierte visuelle Informationsaufnahme 24 4 2.1.1. Visuelles System 2.1.1. Visuelles System Folgebewegungen des Auges Vergenzbewegungen Augenbewegung gegenläufig zur Sagittalebene des Kopfes 25 Konvergenz (sich nähernde Objekte) bis ca. 70°/s, dann ‚einfangen‘ durch Saccaden Efferente Informationen für Wahrnehmung des Bewegungseindrucks Hermann Schwameder Hermann Schwameder Abbildung bewegter Objekte im Bereich der Fovea centralis Olivier & Rockmann, 2003 modif. nach Gregory, 2001 26 Wahrnehmung von Bewegungsrichtung und Bewegungsgeschwindigkeit 2.1.1. Visuelles System 2.1.1. Visuelles System Bedeutung für die Kontrolle und Steuerung von Bewegungen Bedeutung für die Kontrolle und Steuerung von Bewegungen Sehschärfe: dynamisch Hoher Zusammenhang zwischen Sehqualität und Bewegungskontrolle Peripheres Sehen: Spielsport Farb- bzw. Hell/Dunkel-Sehen: Dämmerung 27 Hermann Schwameder Räumliches Sehen: Absprungbalken Hermann Schwameder Divergenz (sich entfernende Objekte) Visuell anspruchsvolle Sportarten: Ballspiele Sehtraining verbessert die Antizipation 28 2.1.2. Akustisches System 2.1.2. Akustisches System Das Hörorgan (Cochlea) liegt im Mittelund Innenohrbereich Im Sport von unterschiedlicher Bedeutung Die Afferenzen zum Großhirn laufen auf sehr kurzem Weg über den Hörnerv Geräusche können Qualität der Technik identifizieren (z.B. Rudern, Tennis) 29 Hermann Schwameder Hermann Schwameder Timing (z.B. Skispringen) Olivier & Rockmann, 2003 modif. nach Zenner, 1993 Bewegungskontrolle (z.B. Balldribbling) 30 5 2.1.3. Vestibuläres System ‚Auditorische‘ Raumorientierung durch Laufzeit- und Intensitätsdifferenzen zwischen den paarig angeordneten Rezeptoren (3 ns) Bei Blinden ist die Raumorientierung mittels Gehör deutlich besser ausgeprägt Das vestibuläre System wandelt translatorische und rotatorische Beschleunigungen des Kopfes in bioelektrische Signale um und verarbeitet sie in verschiedenen Instanzen des ZNS Zentralnervös weniger komplex verschaltet als das visuelle System (kürzere Latenz- und Reaktionszeiten auf akustische Reize) Unterstützung durch Signale aus dem visuellen und propriozeptiven System 31 Hermann Schwameder Hermann Schwameder 2.1.2. Akustisches System 32 2.1.3. Vestibuläres System 2.1.3. Vestibuläres System Vestibularapparat Vestibularapparat 3 Bogengangorgane, 2 Maculaorgane 2 Maculaorgane macula utriculi, macula sacculi Statolithenapparat (Translationsbeschleunigungen) Bei Beschleunigung Auslenkung von Haarzellen 33 Hermann Schwameder Hermann Schwameder 3 Bogengangorgane (Rotationsbeschleunigungen) 2.1.3. Vestibuläres System 2.1.3. Vestibuläres System Signale der Gleichgewichtsrezeptoren Vestibulares System wird unterstützt durch Steuern Haltungsreflexe (Nacken, Rumpf) sowie reflektorische Augenbewegungen Visuelles System Propriozeption der Hals-, Rumpfund Extremitätenmuskulatur Hermann Schwameder Hermann Schwameder Ausnahmslos weitergeleitet an den Hirnstamm oder an das Kleinhirn 35 Olivier & Rockmann, 2003 modif. nach Zenner, 1993 34 Vestibulo-okuläre Reflexe bei schnellen Drehbewegungen des Kopfes 36 6 2.1.4. Propriozeptives System 2.1.4. Propriozeptives System Propriozeption: Muskellängensystem (Intrafusale Muskelfasern, Muskelspindeln) Empfindungen der Muskeln Golgi-Sehnenrezeptoren Hermann Schwameder Hermann Schwameder Sehnen Gelenke 38 2.1.4.1. Muskellängensystem 2.1.4.1. Muskellängensystem Das Muskellängensystem wandelt Muskellängen und Muskellängen-veränderungen in bioelektrische Signale um und verarbeitet sie in verschiedenen Instanzen des ZNS 2-3 mm lange, quergestreifte Muskelfasern 2 Rezeptorsysteme Kernhaufenfasern (Kontraktionsgeschwindigkeit) Hermann Schwameder Hermann Schwameder 37 Kernkettenfasern (Grad der Muskeldehnung) 40 2.1.4.1. Muskellängensystem 2.1.4.1. Muskellängensystem Rezeptor des Muskellängensystems ist die Muskelspindel Die Signale werden von afferenten Nervenfasern (äquatoriale Anteile) an das ZNS weitergeleitet und verarbeitet In den Muskelspindeln befinden sich intrafusale Muskelfasern, die auf Längen und Längenänderungen reagieren Hermann Schwameder Hermann Schwameder 39 41 Mechanorezeptoren der Gelenke Olivier & Rockmann, 2003 modif. nach Matthews, 1972 42 Intrafusale Fasern können durch efferente Nervenfasern (polare Anteile) innerviert werden (Einstellung der Muskelspindelempfindlichkeit) Olivier & Rockmann, 2003 modif. nach Matthews, 1972 7 2.1.4.1. Muskellängensystem Innervation extra- und intrafusaler Fasern werden so koordiniert, dass eine bewegungsbegleitende Längenkontrolle der extrafusalen Muskelfasern möglich ist (α−γ-Koaktivierung) Hermann Schwameder Hermann Schwameder 2.1.4.1. Muskellängensystem Olivier & Rockmann, 2003 modif. nach Matthews, 1972 43 44 2.1.4.1. Muskellängensystem 2.1.4.1. Muskellängensystem Muskelsensibilität Dehnungreflex Steuerung der Bewegung Sicherung des Bewegungsapparats vor Überlastung 45 Sie dienen nicht der Erzeugung von Kraft, sondern zur Kontrolle der Muskelaktivität Die Anzahl der Muskelspindeln ist umso größer, je präsziser der Muskel arbeiten muss (Hals, Hand) Hermann Schwameder Hermann Schwameder In bestimmten Muskeln sind 1/3 der Fasern intrafusal 46 2.1.4.2. Golgi-Sehnenrezeptoren 2.1.4.2. Golgi-Sehnenrezeptoren Hermann Schwameder Hermann Schwameder Aktive Kontraktion 47 48 8 2.1.4.2. Golgi-Sehnenrezeptoren 2.1.4.3. Mechanorezeptoren der Gelenke Aktive Kontraktion mit γ-Koaktivierung In Kapseln und Bändern Ruffini- und Vater-Pacinikörperchen Golgi-Sehnenorgane Freie Nervenendigungen Hermann Schwameder Hermann Schwameder Funktionen 49 50 2.1.5. Kinästhetisches System Funktionen Empfindungen der Körperoberfläche (Haut) Meissner-Tastkörperchen feine Tastempfindungen, besonders dicht in den Händen und Füßen Begrenzung der Kraftentwicklung Begrenzung der Kontraktionsgeschwindigkeit Aktive Entspannung in den Arbeitspausen der Muskulatur 51 Freie Nervenendigungen Hermann Schwameder Hermann Schwameder Voreinstellung von Spannungsendzuständen (stiffness) über die Muskelspindeln zur Realisierung zentralnervaler motorischer Programme Kälte, Schmerz, Juckreiz Golgi-Mazzoni-Körperchen Druck 52 2.1.5. Kinästhetisches System 2.1.5. Kinästhetisches System Empfindungen der Körperoberfläche (Haut) Empfindungen der Körperoberfläche (Haut) Vater-Pacinische Lamellenkörperchen Ruffini-Körperchen Wärme Niederfrequente Vibration befinden sich im Unterhautgewebe, in der Umgebung von Gelenken und and der Oberfläche von Sehnen und Faszien Krausesche Endkolben Temperatur Merkelsche Tastzellen Bewegung der Hauthaare Hermann Schwameder Hermann Schwameder Kaum für Information über die Gelenksstellung (kommen vorwiegend aus Sehnen und Muskeln) 2.1.4. Propriozeptoren Bereitstellung von Informationen über Kräfte, Spannungen, Kontraktionsgeschwindigkeiten, Gelenkstellungen usw. 53 Hemmung der Streckmuskulatur bei extremen Gelenkbelastungen (Problem des Bänderrisses) Haarfollikel Bewegungen der Hauthaare 54 9 2.1.5. Kinästhetisches System 2.1.6. Nozizeptives System Schmerzrezeptoren Marklose afferente Nervenfasern (C-Zellen bzw. freie Nervenendigungen) Verteilungshäufigkeit über den Körper sehr unterschiedlich 55 Hermann Schwameder Hermann Schwameder Generell hohe Empfindlichkeit ca. 50% der afferenten Nervenfasern sind marklos und der Großteil sind Nozizeptoren 56 2.1.6. Nozizeptives System 2.1.6. Nozizeptives System Schmerzrezeptoren Nozizeptiver Reflex Hautoberfläche Knochen Sehnen Gelenke 57 Hermann Schwameder Hermann Schwameder Muskeln 58 2.1. Sensorisches System 2.1. Sensorik Rezeptorsystem und Latenzzeiten bei motorischen Reaktionen Merksätze zur Sensorik (Loosch 1999) Bewegungen sind oft nur so gut wie die Sinneseindrücke, die sie steuern Propriozeption und Kinästhesie sind besonders zu fördern Optische Reize: ca. 150 – 250 ms 59 Kinästhetische Reize: ca. 90 – 150 ms Propriozeptive Reize: ca. 50 – 80 ms Vestibuläre Reize: < 100 ms Man sieht oft nur das, was man weiß Hermann Schwameder Hermann Schwameder Akustische Reize: ca. 100 – 180 ms 60 Alle unsere Sinnesleistungen haben beträchtliche Reserven Die Integration aller Sinnesmodalitäten im sportlichen Üben bringt Vorteile 10 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse Zentralnervensystem (ZNS) Gehirn Gehirn Großhirnrinde (Cortex) Rückenmark Zwischenhirn 61 Basalganglien Hermann Schwameder Hermann Schwameder Mittelhirn Physiologische Träger der Verarbeitung von Informationen aus den Sinnesorganen Brücke Verlängertes Mark 62 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse Großhirnrinde (Cortex) Funktionen der Großhirnrinde (Cortex) Ca. 2.5 – 4 mm dicke Schicht von Neuronen Sensorische und motorische Areale In beiden Arealen gibt es eine topografische Gliederung der Körperuskulatur (motorische Repräsentation: Homunculus) 2500 cm² groß 80% der Hirnmasse Verschiedene Teile (Lappen) mit spezifischen Aufgaben und Funktionen 63 Hermann Schwameder Zahlreiche Furchen und Windungen Hermann Schwameder Kleinhirn Kontralaterale Präsentation der Körpermuskulatur (Kreuzung der Pyramidenbahnen) 64 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse Motorische Repräsentation (Homunculus) Funktionen der Großhirnrinde (Cortex) Limbisches System Motivationsareal Hermann Schwameder Hermann Schwameder Steht mit dem Hypothalamus in Verbindung 65 66 Motivation Emotion Aufmerksamkeit 11 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse Funktionen der Großhirnrinde (Cortex) Funktionen der Großhirnrinde (Cortex) Assoziationsfelder (uni- und multimodal) Kontrolle der Willkürmotorik Planung Initiierung Ausführung der Bewegung Erkennen bestimmter Charakteristika (Farben, Laute, Gesichter, Haltungs- und Gangmuster, Spielsituationen – Taktik) Wahrscheinlich beteiligt an der Gedächtnisbildung 67 Hermann Schwameder Hermann Schwameder 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse Zwischenhirn Mittelhirn Dorsaler Teil Sensorische Funktionen (Verarbeitung visueller und auditiver Informationen) Übergeordnete Schaltzentrale für das vegetative (autonome) Nervensystem Weiterleitung sensorischer Informationen an den Cortex Koordiniert die Arbeit einzelner Regionen den Cortex Beteiligt an Bewegungsplanung und -koordination 69 Hermann Schwameder Hermann Schwameder Thalamus Ventraler Teil Motorische Funktionen (Stützmotorik) 70 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse Basalganglien Kleinhirn Vestibulocerebellum Verbinden Cortex und Thalamus (5 vernetzte Kerne) Vestibuläre Informationen, Stützmotorik, Gang Nur indirekt an der Bewegungsausführung beteiligt Beteiligt an Planung, Initiierung und Kontrolle von Willkürbewegungen (vorwiegend langsame, stabile Bewegungsmuster) Krankheitsbild: Morbus Parkinson Augenmotorik Spinocerebellum Informationen aus dem Rückenmark Hermann Schwameder Hermann Schwameder Kortikokortikale Verbindungen Thalamokortikale Bahnen Hirnstamm 68 Hypothalamus 71 Afferente Zuflüsse 72 Koordiniert Haltung und Fortbewegung Pontocerebellum Koordiniert Stützmotorik Koordiniert sehr schnelle Bewegungen Korrigiert bereits ablaufenden Bewegungen 12 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse Brücke und verlängertes Rückenmark Differenzielle Probleme der Informationsverarbeitung und -speicherung Enge Beziehung zum Kleinhirn ‚Enge‘ des Bewusstseins Kontrolle der aufrechten Haltung Bewusstheit und Automatisierung Steuerung der Hals- und Labyrinthreflexe Regulierung von Verdauung, Atmung und Herzfrequenz 73 Physikalische und subjektive Zeit Hermann Schwameder Hermann Schwameder Abstimmung der Kopf-, Rumpf- und Extremitätenbewegung (Stützmotorik) 2.3. Effektorische Systeme Merksätze zur Informationsverarbeitung und –speicherung (Loosch 1999) Funktionen Bewegungen starten Widersprüche in der Bewegung akzeptieren, beachten und nutzen Bewegungen ausführen Die Bewegung spielt sich auch im Kopf ab Bewegungsausführungen überwachen Das Nichtbewusste in der Bewegungskontrolle nutzen Im Lernprozess haben regressive Phasen Sinn Das ‚geistige‘ Spiel mit der Bewegung nicht vergessen Hermann Schwameder Hermann Schwameder Bewegungsergebnis bewerten Ausführungsvorschriften der Prozesse speichern 76 2.3. Effektorische Systeme 2.3.1. Muskelkontraktion Motorische und sensorische Systeme sind untrennbar miteinander verbunden Körperbewegungen entstehen durch Muskelverkürzungen (Kontraktionen) Aufbau des Muskels Areale des Kortex (Großhirnrinde) Nerven zum Rückenmark Motorneurone Muskel Muskelfaser (Muskelzelle) Hermann Schwameder Hermann Schwameder Behalten und Vergessen 2.2. ZNS und Verarbeitungsprozesse Elemente der motorischen Systeme 77 Hemmung und Aktivierung 74 Zeit und Raum sich nicht nur objektive Größen 75 Physikalischer und subjektiver Raum 78 Myofibrille Sarkomer Myosin, Aktin Olivier & Rockmann, 2003 modif. nach Matthews, 1972 13 2.3.1. Muskelkontraktion 2.3.1. Muskelkontraktion Motorische Einheit Kontraktionskraft Motorneuron Frequenzierung Entladung eines Motoneurons führt zu einer Einzelzuckung Zahl der versorgten Muskelfasern liegt zwischen 10 und mehreren Tausend, je nach Größe und Funktion des Muskels 79 Wiederholte Entladungen führen zu Überlagerungen (Summation) Hermann Schwameder Hermann Schwameder Sämtliche von ihm versorgte Muskelfasern Rekrutierung Muskelfasertypen Intramuskuläre Koordination 80 2.3. Effektorische Systeme 2.3. Effektorische Systeme Differenzielle Probleme der Effektorik Beispiele zu Stabilität und Variabilität Wechselwirkungen Agonist – Antagonist Interferenz FITTsches Gesetz (Genauigkeit und Geschwindigkeit) Loosch & Tamme (1997) Lateralität Stabilität und Variabilität Haltung und Bewegung: Stützmotorik – Zielmotorik Beweglichkeit und Dehnung 81 Hermann Schwameder Hermann Schwameder Motorischer Transfer 2.3. Effektorische Systeme 2.4. Reflexe Merksätze zur Effektorik (Loosch 1999) Willkürbewegungen haben Handlungscharakter Zielgerichtet Bewegung ist nicht nur ein Resultat muskulärer Anspannung Bewusste Planung und Korrektur Transferphänome gezielt nutzen Nicht nur Idealvorgaben anstreben – auch individuelle Stärken fördern Bewegungen sind nicht widerspruchsfrei Hermann Schwameder Hermann Schwameder Teilleistungsbereiche nicht unkritisch maximieren 83 Loosch (1999) 82 Reflexe sind stereotype Antworten des Nervensystems auf sensorische Reize Großteil der Reflexe läuft über die Ebene des Rückenmarks 84 14 2.4. Reflexe 2.4. Reflexe Einfachste Form einer koordinierten motorischen Aktion Vorteile gegenüber Willkürbewegungen Sehr schnell (30 – 50 ms) Eindeutige Reiz-ReaktionsBeziehung Hermann Schwameder Hermann Schwameder Laufen instinktiv ab – Entlastung des Bewusstseins 85 86 2.4. Reflexe 2.4. Reflexe Nachteile gegenüber Willkürbewegungen Klassifikation von Reflexen Nach Relation zum Lernprozess: unbedingte – bedingte Reflexe Unbedingte Reflexe entziehen sich dem bewussten Zugriff – keine direkte Steuerung und Kontrolle Nutzung und Abgewöhnung bedarf eines intensiven Trainings Nach Art und Anzahl beteiligter neurophysiologischer Strukturen: monosynaptisch - polysynaptisch Hermann Schwameder Hermann Schwameder Können Verletzungen induzieren (z.B. Abstützen nach einem Sturz, Überlagerung sportmotorischer Abläufe mit Angst- und Schutzreflexen) 87 2.4. Reflexe 2.4. Reflexe Unbedingte Reflexe (sind angeboren) Muskeldehnungsreflex Monosynaptisch Reiz- und Reaktionsort sind gleich Nur eine synaptische Verschaltung sehr schnell (30 – 50 ms) Muskeldehnungsreflex Eigenreflex Golgi-Sehnen-Reflex Reiz- und Reaktionsort sind getrennt langsamer (100 – 200 ms) Schutzreflexe Tonus- und Haltungsreflexe Hermann Schwameder polysynaptisch: Hermann Schwameder Nach ihrer Funktion: statische Reflexe und Lagereflexe Schutzreflexe Fluchtreflexe 88 monosynaptisch: 89 Sichern den Organismus vor Überlastung und Verletzung Reiz und Reaktion befinden sich im selben Organ (Muskel) Olivier & Rockmann, 2003 90 15 2.4. Reflexe 2.4. Reflexe Komponenten des motorischen Reflexes Muskeldehnungsreflex Stabilisierung der Muskellänge des betreffenden Muskels Rezeptor Afferente Nervenfasern Olivier & Rockmann, 2003 Rezeptor: Muskelspindeln Efferente Nervenfasern Effektor (reagierender Muskel) 91 Afferente Nervenfasern: Ia-Fasern Hermann Schwameder Hermann Schwameder Reflexzentrum (Schaltung) 2.4. Reflexe Im Sport bedeutsame Reflexe Im Sport bedeutsame Reflexe Reflexe zum Ausgleich von peripheren Störgrößen (Erhaltung des Gleichgewichts) Schutzreflexe in der Bewegung Halsreflexe steuern den Muskeltonus Zurücknehmen des Kopfes bewirkt Körperspannung und –streckung 93 Hermann Schwameder Steuerfunktion des Kopfes Hermann Schwameder Effektor (gedehnter Muskel) 2.4. Reflexe Gehen und Laufen, gekreuzte Streckreflexe Zufliegender Ball: Hände vor das Gesicht Fangen und Schlagen von Bällen: Augen schließen (negativ) Stürzen und Fallen: Einziehen des Kopfes 94 2.4. Reflexe 2.4. Reflexe Unerwünschte Wirkungen von Schutzreflexen Merksätze zum Umgang mit Reflexen im Sport (Loosch 1999) Einknicken der Hüfte bei nach hinten gerichteten Bewegungen Reflexe sind wichtige Bausteine jeder Bewegung Abfaller rückwärts im Wasserspringen Die Nutzung von Reflexen erfordert oft intensives und geduldiges Üben Schießsport Torwarte im Hand- und Fußball Block im Volleyball Halsstellreflex Kopf an die Brust beim Rückwärtssalto Kopf in den Nacken beim Kopfsprung Hermann Schwameder Lidschlussreflex Hermann Schwameder Entladung des Motoneurons: efferente Nervenfasern 92 Reflexe zur Rechts-Links-Koordination 95 Reflexzentrum (Rückenmark) Funktionsumwandlungen bei kritischen Reflexen anstreben Reflexe sind oft in Kausalketten eingebunden, an deren Anfang man ansetzen muss 96 16