Antikörper Prof. Dr. Albert Duschl Proteins reloaded Mit keinem Protein werden Sie im Studium so viel zu tun bekommen wie mit Antikörpern. Antikörper (= Immunglobuline) sind Proteine des Immunsystems die zur spezifischen Detektion von definierten Strukturen verwendet werden. Antikörper sind im Immunsystem vor allem für die Erkennung von Pathogenen gedacht. Die Möglichkeiten der Antikörper zur spezifischen Detektion werden in der Biologie in grossem Umfang verwendet. Bevor Sie diese Techniken verwenden sollten Sie etwas über Antikörper allgemein wissen. Was ist das also überhaupt für ein Protein? © Abbas/Lichtman/Pober: Cellular and Molecular Immunology Our ballpark Erdball UEFA-Ball Buckyball 0.7 nm 1 * 10-9 m 12,700 km 1.3 * 107 m 22 cm 2* 10-1 m © Antibody scheme: San Paulo A, Garcia R, Biophys J, 78, 1599 (2000) 0.7 nm 1 * 10-9 m Grundlegende Eigenschaften Die Grösse von Antikörpern liegt bei ca. 10 nm, sie sind also grösser als Wasser (0.2 nm) oder die Dicke der DNA-Doppelhelix (2 nm), etwa in der Grössenordnung wie die Dicke einer Cytoplasmamembran (5-10 nm) oder manche industriell verwendete Nanopartikel (5-200 nm) und kleiner als Viren (meist 20-200 nm) oder Bakterien (meist grösser als 500 nm). Unser Körper produziert ca. 108 unterschiedliche Typen von Antikörpern. Mit diesem Repertoire können wir entsprechend viele Strukturen spezifisch erkennen. Da wir weniger als 25.000 Gene haben kann nicht jeder unterschiedliche Antikörper von einem eigenen Gen codiert werden. Die Vielfalt der Antikörper entsteht durch Rekombination von DNA (→ LV Immunologie). Moleküle an die Antikörper binden sind Antigene, wobei für das Immunsystem Antigene von pathogenen Mikroorganismen im Vordergrund stehen (→ LV Immunologie). Im Prinzip können aber gegen Alles Antikörper erzeugt werden. Die erkannten Strukturen eines Antigens (Epitope) sind durch ihre dreidimensionale Struktur, durch hydrophobe und hydophile Bestandteile sowie durch positive und negative Ladungen gekennzeichnet. Ein Antigen kann mehrere Epitope haben und damit gleichzeitig mehrere Antikörper binden. Struktur Antikörper bestehen aus 4 Protein-Untereinheiten (Ketten), gehören also zu jenen Proteinen die nur im Komplex funktionell sind und daher eine Quartärstruktur besitzen. Zwei schwere Ketten (heavy chains) und zwei leichte Ketten (light chains) bilden einen kompletten Antikörper. Die beiden schweren und leichten Ketten eines Antikörpers sind jeweils identisch. Die vier Ketten des Antikörpers werden durch intermolekulare Disulfidbrücken zusammengehalten. Die Struktur ist aus Domänen aufgebaut. Der abgebildete Antikörper hat vier Domänen pro schwere Kette (es gibt auch welche mit fünf) und zwei Domänen pro leichte Kette. Die einzelnen Domänen werden durch intramolekulare Disulfidbrücken stabilisiert. © Janeway et al: Immunobiology Struktur - Funktion Die Domänen der Antikörper sind untereinander alle ähnlich. Die Tertiärstruktur ist von ß-Faltblättern dominiert. Jede Domäne besteht aus einem „Sandwich“ von zwei ß-Faltblättern. Domänen haben oft etwas mit einer konservierten Funktion zu tun. Die hier vorhandene Art von Domäne findet sich vorwiegend in Proteinen die mit Protein/Protein-Wechselwirkung zu tun haben. Die von Antikörpern erkannten Antigene sind überwiegend Proteine. Antikörper sind recht stabile Proteine (energetisch günstige Eigenschaften der ß-Faltblätter, Disulfidbrücken). Eine flexible Region (Hinge) lässt Y-förmige oder Tförmige Gestalten zu. © Janeway et al: Immunobiology Superfamilie Immunglobuline gehören zur Immunglobulin-Superfamilie. Damit bezeichnet man eine grosse Gruppe von Proteinen die strukturell ähnlich sind und sich aus einem einzigen Ursprungsgen ableiten lassen. Der Interleukin 4 Rezeptor aus Vorlesung 3 gehört zur Familie der Cytokinrezeptoren Typ I Rezeptoren, die wiederum zur Immunglobulin-Superfamilie gehört. Die gezeigten Proteine sind Rezeptoren und Zelladhäsionsproteine. Ihre Funktion brauchen Sie jetzt noch nicht zu kennen, aber merken Sie sich bitte daß Antikörper viele Verwandte haben, die sie an den typischen „Sandwich“-Domänen erkennen. © Abbas/Lichtman/Pober: Cellular and Molecular Immunology Differentielles Splicing Antikörper kommen in löslicher Form oder als Membranproteine vor. Diese Formen entstehen in der gleichen Zelle durch differentielles Splicing (= alternatives Splicing). Beide werden in der Immunantwort benötigt. © Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie Antigen-Erkennung Die Bindung von Antigenen erfolgt über die N-terminalen Domänen von leichten und schweren Ketten. Sie bilden die variable Region des Antikörpers. Die Bindung des Antigens erfolgt über drei hypervariable Loops. Da die beiden schweren und leichten Ketten jeweils identisch sind, hat ein Antikörper zwei identische Antigen-Bindungsstellen. © Abbas/Lichtman/Pober: Cellular and Molecular Immunology Antikörperklassen Es gibt fünf Gene für die schweren Ketten und entsprechend fünf Antikörperklassen mit unterschiedlichen konstanten Domänen und jeweils speziellen Aufgaben. Es gibt auch zwei verschiedene leichte Ketten, die aber beliebig mit schweren Ketten kombinierbar sind und keine eigenen Klassen definieren. Sie werden am öftesten mit IgG zu tun bekommen, weil dies die häufigste Klasse ist. Konstante Domänen sind selber ausgezeichnete Antigene wenn sie in eine fremde Spezies gelangen. Wenn sie also etwa einen Ziege-anti-Maus Antikörper haben, dann wurden dafür einer Ziege Maus-Antikörper injiziert. Sie haben nun die Möglichkeit mit Ziegenserum Maus-Antikörper nachzuweisen. © Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie Monoklonale Antikörper Die Immunantwort erfolgt polyklonal, das heisst es reagiert mehr als eine Antikörper-produzierende Zelle (B-Zelle) auf ein Antigen. Im Serum sind dann eine Vielzahl von Antikörpern mit verschiedener Affinität zu finden, die unterschiedliche Epitope erkennen können. Es gibt inzwischen die Möglichkeit auf künstlichem Wege monoklonale Antikörper herzustellen (Köhler und Milstein, Nobelpreis 1984). Dafür fusioniert man B-Zellen aus einer immunisierten Maus (produzieren Antikörper) mit MausTumorzellen (sind unsterblich). Nun kann man einen Klon selektionieren, der von einer einzelnen fusionierten Zelle abstammt. Monoklonale Antikörper können kontinierlich und in grossen Mengen produziert werden. Seite aus Georges Köhlers Laborjournal © Eichmann: Köhlers Invention Fragmente Statt ganzen Antikörpern verwendet man oft auch Fragmente. Spaltung mit der Thiol-Protease Papain ergibt Fab Fragmente, die nur eine Antigenbindungsstelle haben. Spaltung mit der sauren Protease Pepsin ergibt F(ab)2 Fragmente die zwei Bindungsstellen haben, aber kleiner sind als vollständige Antikörper © Janeway et al.: Immunobiology Markierte Antikörper Viele Antikörper sind bereits markiert erhältlich damit man sie bequem nachweisen kann. Verbreitete Markierungsmethoden sind das Anhängen von Enzymen Farbstoffen Fluorophoren Nanopartikeln Beachten Sie daß man nicht für jeden Primärantikörper eine markierte Version braucht. Oft genügt ein markierter Sekundärantikörper, der für viele Zwecke verwendbar ist. © Invitrogen™ Avidin/Streptavidin Eine andere Methode um Antikörper flexibel einzusetzen ist das Biotin/Avidin System. Biotin ist Vitamin B7 (= Vitamin H). Es bindet mit einer Dissoziationskonstante K von 10-15 M an das in Hühnereiweiß vorkommende Protein Avidin. Das ist eine der stärksten nicht-kovalenten Bindungen die man überhaupt kennt! Biotin bindet mit der selben hohen Affinität auch an das Protein Streptavidin aus dem Bakterium Streptomyces avidinii. Nachdem sich Antikörper auf einfache Weise kovalent mit Biotin koppeln lassen, kann man markiertes Avidin oder Streptavidin zur Detektion verwenden. Als Markierungsstoffe werden die gleichen verwendet wie für Antikörper selbst. Biotin Strukturformel © Wikipedia Klinische Anwendungen Antikörper kommen für klinische Anwendungen als Agonisten oder Antagonisten in Frage – mehr dazu in der nächsten Vorlesung. Da Antikörper aus der Maus als Fremdproteine erkannt und abgestossen werden, ist es erforderlich die verwendeten Antikörper denen des Menschen anzupassen: Humanisierte Antikörper. Ross Bleckner: In Sickness and in Health Einige Laboranwendungen Immunpräzipitation: Zur Proteinsolierung Western Blot: Zum Proteinnachweis auf einer Nitrozellulosemembran Immunaffinitätssäulen: Zur Proteinreinigung Fluoreszenzmikroskopie: Zur Darstellung räumlicher Strukturen Durchflußzytometrie: Zum Nachweis von Membranproteinen auf intakten Zellen ELISA: Zum spezifischen Nachweis beliebiger Substanzen RIA: Zum spezifischen Nachweis beliebiger Substanzen ELISPOT: Zum Nachweis sezernierter Proteine ...... Entwicklen Sie Ihre eigene Methode, aber achten Sie darauf dass es schöne Abbildungen gibt. © Busch/Silver: Why Cats Paint