Analoge Schaltungstechnik für integrierte Schaltungen Band 1 Ein Lehrgang zur Entwicklung von integrierten analogen Schaltungen Herausgeber: Fachhochschule Nordwestschweiz IME Institut für Mikroelektronik, Steinackerstrasse 1, CH-5210 Windisch; www.ime.technik.fhnw.ch Autoren: Dr. Hanspeter Schmid, Dr. Alex Huber, Guido Keel Die Autoren und Herausgeber haben alle Informationen in diesem Buch mit grosser Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Jede Haftung von Autoren, Herausgeber oder Verlag ist ausgeschlossen, egal aus welchem Rechtsgrund. Die in diesem Buch wiedergegebenen Bezeichnungen können Warenzeichen sein, deren Benutzung durch Dritte für deren Zwecke die Rechte der Inhaber verletzen kann. ISBN-13: 978-3-9523090-1-8 ISBN-10: 3-9523090-1-X 1. Auflage 2006 Herausgeber: IME Institut für Mikroelektronik der Fachhochschule Nordwestschweiz © IME Institut für Mikroelektronik, Windisch, Schweiz Das Werk einschliesslich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ausserhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung der Herausgeber unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Bearbeitungen sonstiger Art sowie für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Dies gilt auch für die Entnahme von einzelnen Abbildungen und bei auszugsweiser Verwendung von Texten. Vorwort Die meisten Ingenieure setzen analoge integrierte Schaltungen in Form von fertigen käuflichen Bausteinen ein, zum Beispiel als Operationsverstärker, als Oszillatoren oder als Regler. Analoge integrierte Schaltungen sind aber auch Bestandteil vieler kundenspezifischer integrierter Schaltungen, sogenannter ASICs (Application Specific Integrated Circuits). Während das Verständnis und der Einsatz käuflicher AnalogBauelemente zum Rüstgut eines jeden Elektronik-Ingenieurs gehört, darf die Fähigkeit, eigene analoge Schaltungen in ASICs zu spezifizieren, entwickeln, modellieren, implementieren und verifizieren, als besonderes Spezialwissen bezeichnet werden. Dieses Buch wurde als Skript für die Ausbildung in analoger Schaltungstechnik für integrierte Schaltungen an der Fachhochschule Nordwestschweiz geschrieben. Wegen des grossen Umfangs wurde das umfassende Skript in zwei Bände aufgeteilt - das vorliegende Buch ist der erste Band dieses Skripts. Dieser Band enthält einen Überblick über die CMOS-Halbleiter-Technologie und die damit verfügbaren funktionalen und parasitären Elemente. Es werden die wichtigsten analogen Schaltungen vom einfachen Verstärker bis zum Rail-to-Rail Operationsverstärker vertieft behandelt. Dazu werden verschiedene Methoden der Schaltungsanalyse, die Modellierung und die Simulation von Transistoren vorgestellt. Warum soll dieses Buch gelesen werden? Leserinnen und Leser erfahren, wie analoge käufliche Schaltungen funktionieren und was die verschiedenen Eigenschaften wirklich bedeuten. Sie lernen, wie analoge Schaltungen in ASICs entwickelt, dimensioniert und verifiziert werden. Sie lernen verschiedene Standardstrukturen von analogen Schaltungsblöcken kennen und lernen, diese zu analysieren. Ziel ist, dass die Leserinnen und Leser den Entwurfsablauf für einfache analoge integrierte Schaltungen beherrschen und diese einsetzen können. Als Vorkenntnisse werden Grundkenntnisse in analoger Elektronik und allgemeiner Elektrotechnik erwartet. Zum Verständnis von analoger Schaltungstechnik sind auch Mathematikkenntnisse sowie abstraktes Denkvermögen wichtig und nützlich. Die Inhalte wurden von wissenschaftlichen Mitarbeitern des IME, des Instituts für Mikroelektronik an der Fachhochschule Nordwestschweiz, geschrieben. Die Leserinnen und Leser sind herzlich eingeladen, ihre Anregungen, Ergänzungen, Korrekturen an die Autoren zu richten – nur so kann das Werk verbessert und aktualisiert werden. Ich danke den Autoren Dr. Hanspeter Schmid, Dr. Alex Huber und Guido Keel sowie Silvia Rüegger vom IME und Daniel Gröflin von Gröflin&Partner für ihre grosse und wertvolle Arbeit, und allen Helfern für ihre Unterstützung. Prof. Karl Schenk, Leiter des IME i Inhaltsverzeichnis 1. 1.1 1.2 1.3 2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 6. 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 Einführung .....................................................................................................................1 Wozu braucht es im digitalen Zeitalter noch analoge Schaltungstechnik?......................1 Entwicklung der Halbleiter-Technologien ........................................................................2 Typen von integrierten Schaltungen................................................................................3 Schaltungsanalyse ........................................................................................................7 Motivation ........................................................................................................................7 Berechnungsverfahren für lineare Netzwerke ...............................................................10 Das Knotenpotentialverfahren.......................................................................................10 Beispiel einer komplexeren Schaltung: Filter in Sallen-Key-Struktur ............................23 Berechnung der UTF mittels Teil-UTF und Superpositionsprinzip ................................25 Schaltungsanalyse mit Blockschemas ..........................................................................28 Schaltungsanalyse mit Signalflussdiagrammen ............................................................31 Rückkopplung................................................................................................................42 Stabilitätsbetrachtung....................................................................................................46 Stabilitätsbetrachtung für Feedback-System.................................................................52 Analogsimulator ..........................................................................................................56 Einführung .....................................................................................................................56 SPICE-Netzliste.............................................................................................................57 Simulations-Arten ..........................................................................................................58 Spezielle Analysen ........................................................................................................60 Kommandos ..................................................................................................................61 Elemente .......................................................................................................................63 Quellen ..........................................................................................................................66 Einheiten .......................................................................................................................70 Mathematischer Hintergrund der Analogsimulation ......................................................71 Integrationsmethoden für Transientenanalyse ..............................................................72 Konvergenzprobleme ....................................................................................................75 CMOS Technologie .....................................................................................................79 Die Idee des Transistors ...............................................................................................79 Überblick über Silizium Transistortechnologien.............................................................79 Grundlagen für die Herstellung von integrierten Schaltungen.......................................81 Prozessschritte für die Herstellung eines MOS Transistors ..........................................90 Herstellungstoleranzen..................................................................................................97 Entwicklungsschritte der CMOS-Technologien .............................................................98 Elemente im CMOS Prozess.....................................................................................103 MOS Transistor ...........................................................................................................103 MOSFET-Ersatzschaltbilder ........................................................................................112 Simulationsmodelle MOS Transistoren .......................................................................114 Kondensatoren ............................................................................................................121 Widerstände ................................................................................................................125 Bipolare Transistoren ..................................................................................................130 Dioden .........................................................................................................................130 Bondpads ....................................................................................................................131 PROM-Zellen in CMOS-ASICs....................................................................................133 Anhang Halbleiterelektronik ........................................................................................136 Analoge CMOS-Grundbausteine..............................................................................139 Einführung ...................................................................................................................139 Schalter .......................................................................................................................140 Aktiver Widerstand ......................................................................................................141 Stromquellen, Stromsenken ........................................................................................143 Stromspiegel ...............................................................................................................144 Analyse von Teilschaltungen mit Signalflussdiagrammen...........................................150 iii 7. 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 7.10 8. 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 8.8 9. 9.1 9.2 9.3 10. iv Verstärkergrundschaltungen................................................................................... 157 Einführung .................................................................................................................. 157 Über Strong Inversion und Weak Inversion ................................................................ 157 Common-Source-Schaltung (Inverter)........................................................................ 160 Common-Drain-Schaltung .......................................................................................... 165 Common-Drain-Stufe mit Stromabgriff ....................................................................... 166 Common-Gate-Schaltung ........................................................................................... 167 Der AD844: Ein kommerzieller Verstärker aus einfachen Stufen ............................... 169 Differenzverstärker (differential pair) .......................................................................... 170 Frequenzverhalten der Common-Source-Stufe.......................................................... 173 Inverter mit Kaskode................................................................................................... 178 Operationsverstärker ............................................................................................... 181 Einleitung .................................................................................................................... 181 Stabilitätsbetrachtungen ............................................................................................. 181 Einstufige Operationsverstärker ................................................................................. 186 Zweistufige Operationsverstärker ............................................................................... 194 Kompensation des zweistufigen OTAs ....................................................................... 197 Charakteristische Eigenschaften von Operationsverstärkern..................................... 200 Spezielle Operationsverstärker................................................................................... 209 Beispiel eines kommerziellen OpAmps ...................................................................... 216 Referenz-Quellen ...................................................................................................... 219 Einführung .................................................................................................................. 219 Einfache Spannungs- und Stromreferenzen............................................................... 219 Bandgap-Referenzen.................................................................................................. 223 Literaturverzeichnis.................................................................................................. 229 x(t ) + x(t ) − − ∂ y (t ) dt 1 k y (t ) ∂ ∂t Abbildung 2-19: Blockschaltbild2 der Differentialgleichung Beim Vergleich von Abbildung 2-18 und Abbildung 2-19 wird klar, dass die gleiche Differentialgleichung auf zwei verschiedene Arten dargestellt werden kann. Es gibt offensichtlich Regeln, die es ermöglichen, die Umstellung auf rein formalem Wege zustande zu bringen. Der Vergleich der beiden Abbildungen sagt zum Beispiel, dass wenn k in einem nach links gerichteten Zweig vorkommt, wir 1/k in einen nach rechts gerichteten Zweig einsetzen müssen. Ebenso sind die Integration und die Differentiation ein Paar, wenn wir in einem Signalzweig die Signalflussrichtung wechseln. Es sei darauf hingewiesen, dass für Operationsverstärker-Schaltungen die gleichen Regeln gelten: Ein integrierendes Bauelement in einer Rückkopplungsschleife bewirkt, dass die Gesamtschaltung differenziert. Übertragungsfunktionen von einfachen Blockschemas werden aus den Schaltungen abgeleitet. Die Berechnung der Übertragungsfunktion von komplexen Blockschemas wird mit der Formel von Mason gelöst. Diese Formel von Mason und die Schaltungsanalyse mit Signalflussdiagrammen werden im folgenden Kapitel behandelt. 2.7 Schaltungsanalyse mit Signalflussdiagrammen Für kompliziertere Schaltungen, das heisst Schaltungen mit mehreren Vorwärtspfaden und Rückkopplungskreisen, wird die Darstellung mit Blockschemas schnell unübersichtlich. In diesen Fällen sind Signalflussdiagramme besser geeignet. Signalflussdiagramme sind den Blockschemas sehr nahe verwandt, eigentlich werden nur Multiplikation und Addition anders dargestellt. x Knoten → y b ← Zweig z a Abbildung 2-20: Einfaches Signalflussdiagramm Die Knoten in den Signalflussdiagrammen sind Variablen, die Zweige Multiplikatoren. Gehen mehrere Zweige in einen Knoten hinein, so werden die Signale immer addiert, Subtraktionen können nur gemacht werden, indem der Faktor eines Zweiges negativ gemacht wird. Das ist der wesentlichste Unterschied zu Blockschaltbildern, wo ein Summationspunkt addierende und subtrahierende Eingänge haben kann. Das kleine Diagramm in Abbildung 2-20 beschreibt also folgende Gleichung: z = bx + ay Formel 2-33 31 Ein Signalflussdiagramm ist also nur eine graphische Darstellung eines linearen Gleichungssystems. Ein solches Gleichungssystem kann man lösen und umformen; am schwierigsten ist es aber oft, es für eine gegebene Schaltung aufzustellen. 2.7.1 Berechnen von Übertragungsfunktionen mit der Formel von Mason Abbildung 2-21 zeigt ein Signalflussdiagramm eines Systems mit einfacher Rückkopplung: b x y 1 z a Abbildung 2-21: System mit einfacher Rückkopplung Es ist beschrieben durch die folgenden Gleichungen: y = x + bz , z = ay Formel 2-34 Dies können wir auflösen, indem wir die erste Gleichung in die zweite Gleichung einsetzen: z = a( x + bz ) ; das heisst z − abz = ax und damit T = z a = x 1 − ab Formel 2-35 Formel 2-35 ist die Herleitung der wohlbekannten Formel der Übertragungsfunktion eines Systems mit einer Rückkopplungsschleife. Nun haben wir aber nicht Signalflussdiagramme eingeführt, um danach Gleichungssysteme von Hand lösen zu müssen. Mason leitete folgende allgemeine Regel her für die Übertragungsfunktion von einem beliebigen Eingang zu einem beliebigen Knoten eines Signalflussdiagramms: T= ∑ P∆ i ∆ i i Formel 2-36 Dabei sind die Pi die verschiedenen Vorwärtspfade durch das Diagramm, das ∆ ist die Graphdeterminante, und die ∆ i sind die zu den Pfaden gehörenden Subdeterminanten. Die Graphdeterminante wird wie folgt berechnet: sie ist Eins minus die Kreisverstärkung aller Kreise Li plus das Produkt der Kreisverstärkungen von jeweils zwei Kreisen, die keine Knoten gemeinsam haben minus das Produkt der Kreisverstärkungen von jeweils drei Kreisen, die keine Knoten gemeinsam haben plus das Produkt der Kreisverstärkungen von jeweils vier Kreisen, die keine Knoten gemeinsam haben und so weiter Die Subdeterminante wird ebenso berechnet, nur dass hier ausschliesslich jene Kreise berücksichtigt werden, welche mit dem Vorwärtspfad keine Knoten gemeinsam haben. 32 Als einfaches Beispiel: Das Diagramm in Abbildung 2-21 hat nur einen Vorwärtspfad, nur einen Kreis, und dieser Kreis berührt den Vorwärtspfad. Die Rechnung wird sehr einfach: P1 = 1 ⋅ a , ∆1 = 1 , L1 = a ⋅ b , ∆ = 1 − ab ∑ P∆ und damit: T = i i ∆ i Formel 2-37 a = 1 − ab Abbildung 2-22 zeigt ein weiteres Beispiel; die Berechnung ist aufwändiger, aber eigentlich nicht schwieriger, da nur diszipliniertes Vorgehen nötig ist; das Diagramm hat drei Kreise, die sich nicht alle berühren, und drei Vorwärtspfade, von denen nicht alle jeden Kreis berühren. m k n x a b z c g d e f h Abbildung 2-22: komplexes Signalflussdiagramm L1 = cn , L2 = cdm , L3 = kf ∆ = 1 − L1 − L2 − L3 + L1L3 + L2 L3 = 1 − cn − cdm − kf + cnkf + cdmkf ∆ = 1 − c(n + dm )(1 − kf ) − kf P1 = abcdef , ∆1 = 1 Formel 2-38 P2 = agef , ∆ 2 = 1 − L1 = 1 − cn P3 = ah , ∆ 3 = 1 − L1 − L2 = 1 − cn − cdm = 1 − c(n + dm ) und damit: T = ∑ P∆ i i ∆ i = abcdef + agef (1 − cn ) + ah(1 − c(n + dm )) 1 − c(n + dm )(1 − kf ) − kf 2.7.2 Rechnen mit Signalflussdiagrammen Da Signalflussdiagramme eigentlich nur die graphische Repräsentation eines Gleichungssystems sind, können wir nun dieses Gleichungssystem auch rein graphisch umformen. Die gängigen Umformungsregeln sind in diesem Abschnitt dargestellt. Diese Umformungen können auch verwendet werden, um andere Wege zu finden, eine bestimmte Übertragungsfunktion zu implementieren. Darauf gehen wir hier aber nicht ein. Die Regeln können auf alle Teile eines Signalflussdiagramms angewendet werden, ausser die Pfadumkehrung: Dort muss der umzukehrende Pfad von einem Quellenknoten ausgehen, das heisst von einem Knoten, in den keine Zweige hineingehen. 33 Reihenschaltung 1 2 b 3 1 c 3 bc Eingangspfad verschieben 4 4 a 1 2 b ab 3 1 c 3 bc Ausgangspfad verschieben 4 4 a 1 2 b ac 3 1 c 3 bc Entfernung eines Knotens ac a 1 2 b 3 1 c 3 bc Entfernung einer Eigenschleife a 1 2 b 34 3 c 1 2 b/(1- a) 3 c 6. Analoge CMOS-Grundbausteine 6.1 Einführung Im analogen IC-Design stehen selten Bibliothekselemente (Operationsverstärker, Komparatoren, Bandgapreferenzen usw.) für den Schaltungsentwurf zur Verfügung. Meist werden Analogschaltungen für eine bestimmte Funktion oder für bestimmte charakteristische Eigenschaften optimiert. Wegen der Vielzahl an möglichen Schaltungen ist es in der analogen Schaltungstechnik nötig, die Grundbaublöcke und deren Verhalten zu verstehen, bevor man diese in komplexeren Schaltungen einsetzt. In Abbildung 6-1 sind die Grundbausteine eines zweistufigen Miller-Operationsverstärkers eingezeichnet. VDD invertierender Verstärker einfacher OTA Stromspiegel Diodenlast aktive Last Common-SourceStufe uin1 uin2 uout Differenzstufe Stromsenke aktive Last Ubias VSS Abbildung 6-1: Grundbausteine eines zweistufigen Operationsverstärkers In den folgenden Unterkapiteln gehen wir näher auf die Funktionalität und das Verhalten der folgenden Grundschaltungsblöcke ein: • Schalter • aktiver Widerstand • Stromquelle (Stromsenke) • Stromspiegel Die Verstärkergrundschaltungen (Differenzstufe und Common-Source-Stufe im obigen Beispiel) werden wir im nächsten Kapitel getrennt behandeln. Meistens werden wir die Funktion mit nMOS-Transistoren erklären, doch selbstverständlich können alle Schaltungen durch entsprechende Polarisierung der Arbeitspunktquellen und durch geeignete Wahl der Stromrichtung auch mit pMOS-Transistoren realisiert werden. 139 u = irDS 2 + (i + g m3 irDS 2 ) ⋅ rDS 3 Formel 6-14 rO = rDS 2 + (1 + g m3rDS 2 )rDS 3 ≈ rDS 2 (1 + g m3rDS 3 ) ≈ rDS 2 g m3rDS 3 Der Stromspiegel in Abbildung 6-11 kommt mit nur 2UDSsat aus, zum Preis allerdings, dass eine zusätzliche, wohl kontrollierte Bias-Spannung erzeugt werden muss. Ist diese Spannung zu tief, dann sind MN1 und MN2 nicht mehr in Sättigung. Ist sie zu hoch, dann ist MN4 nicht mehr in Sättigung, weil die Spannung an der Drain von MN4 fast nur durch MN1 bestimmt ist. Kleinsignalmässig unterscheiden sich die Stromspiegel in Abbildung 6-10 und Abbildung 6-11 aber kaum. i Iref Vbias MN4 Io G MN3 D UGSgm3 rDS3 UGS3 MN3 S MN2 MN1 MN2 D rDS2 S Abbildung 6-11: Low-Voltage Kaskode-Stromspiegel und Ersatzschaltbild Eine Möglichkeit, ohne zusätzliche Bias-Spannung auszukommen, ist der Stromspiegel in Abbildung 6-12: hier sind alle vier Gates zusammengehängt. Dies funktioniert nicht, wenn alle vier Transistoren vom selben Typ sind und im selben Bereich betrieben werden, weil dann die Spannungen an den Drains von MN1 und MN2 so klein werden, dass diese Transistoren nicht mehr in Sättigung sind. Wird jedoch ein Prozess verwendet, in dem nMOS-Transistoren mit verschiedenen Schwellspannungen zur Verfügung stehen, z.B. normal-UT mit 0.6V und low-UT mit 0.35V, dann können für MN1 und MN2 normal-UT Transistoren und für MN3 und MN4 low-UT Transistoren verwendet werden, und MN1 und MN2 werden immer noch 250mV an der Drain haben und einwandfrei funktionieren. Eine andere Methode ist in jedem Prozess anwendbar: MN1 und MN2 werden in Strong Inversion betrieben; MN3 und MN4 in Weak Inversion. Der "Weak Inversion"-Bereich heisst auch "Sub-Threshold"-Bereich, weil in diesem Bereich die Gate-Source-Spannung kleiner als UT ist. Durch geeignete Wahl der Transistorgrössen (MN1 und MN2 sollen nicht zu kurz, aber schmal sein, MN3 und MN4 sollen sehr kurz und sehr breit sein) können MN1 und MN2 genügend Drain-Spannung haben, um in Sättigung zu bleiben. Der Nachteil dieser Methode ist aber, dass MN3 und MN4 relativ gross werden und dass dadurch ihre parasitären Kapazitäten die Schaltung langsamer machen. 147 i Iref Io G MN3 D UGSgm3 rDS3 UGS3 MN4 MN3 S MN2 MN1 D rDS2 MN2 S Abbildung 6-12: Self-Biased Low-Voltage Kaskode-Stromspiegel und Ersatzschaltbild Auch der self-biased low-voltage Kaskode-Stromspiegel hat im Wesentlichen dasselbe Kleinsignalersatzschaltbild wie die zwei anderen Kaskode-Stromspiegel. 6.5.3 Geregelter Stromspiegel (nach Wilson) i rin Io G D MN3 UGSgm3 rDS3 UGS3 Iref MN3 S D UGSgm1 MN1 MN2 rin rDS1 MN1 G MN2 G,D 1/gm2 UGS1 = UGS2 S S Abbildung 6-13: Geregelter Stromspiegel und Ersatzschaltbild Der Ausgangswiderstand des Wilson-Stromspiegels wird durch eine Strom-Gegenkopplung (negative feedback) erhöht. Steigt der Ausgangsstrom Io an, wird der Strom durch die Dioden-Last MN2 und deren Gate-Source-Spannung ebenfalls erhöht. Falls Iref konstant bleibt, steigt dadurch der Spannungsabfall über rDS1 und die Gate-Source-Spannung von MN3 wird verringert, was den Strom wieder reduziert. Der Innenwiderstand rin der Referenzstromquelle muss im Ersatzschaltbild mitberücksichtigt werden, da er MN1 zusätzlich belastet. u = u GS 2 + rDS 3 (i − g m3u GS 3 ) wobei u GS 3 = − i g m2 (1 + g m1 (rDS1 || rin )) ⎛ ⎞ ⎛ g g (r || r ) ⎞ 1 + rDS 3 ⎜⎜1 + m 3 (1 + g m1 (rDS1 || rin ))⎟⎟ ≈ rDS 3 ⎜⎜1 + g m 3 m1 DS1 in ⎟⎟ rO = g m2 g m2 g m2 ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ 148 Formel 6-15 6.5.4 Geregelter Kaskode-Stromspiegel In Abschnitt 6.5.2 wurde beschrieben, dass der Kaskode-Transistor wie ein lokaler Rückkopplungsverstärker wirkt. Dieser Rückkopplungseffekt kann mit einer zusätzlichen Verstärkerstufe vergrössert werden, wie in Abbildung 6-14 gezeigt. Die Verstärkung A geht direkt in die Formel 6-16 für den Ausgangswiderstand ein. Iref i Io G -A Vbias + MN3 D UGSgm3 rDS3 UGS3 MN3 - S MN1 MN2 MN2 D rDS2 S Abbildung 6-14: Geregelter Kaskoden-Stromspiegel und Ersatzschaltbild u = u DS 2 + rDS 3 (i − g m3uGS 3 ) uGS 3 = − A ⋅ u DS 2 u DS 2 = irDS 2 Formel 6-16 rO = rDS 2 + rDS 3 (1 + Ag m3rDS 2 ) ≈ A ⋅ rDS 3rDS 2 g m 3 Es mag seltsam erscheinen, dass ein Operationsverstärker als Teil eines Stromspiegels verwendet wird. Ist ein solcher Aufwand gerechtfertigt? Der Aufwand ist allerdings nicht so gross, wie es auf den ersten Blick aussieht, denn dieser Verstärker sieht immer dieselbe Last (das Gate von MN3), arbeitet in einem sehr eng definierten Spannungsbereich, muss nicht linear sein, darf Offset haben, und so weiter. Im einfachsten Fall genügt sogar ein einzelner Transistor, der durch einen konstanten Strom gespiesen wird, wie in Abbildung 6-15 gezeigt [Säckinger80]. Iref i Io G Ibias MN3 D UGSgm3 rDS3 UGS3 MN3 S MN4 MN1 D MN2 UGSgm4 rDS4 MN4 UGS4 S G MN2 D rDS2 S Abbildung 6-15: Geregelter Kaskoden-Stromspiegel nach Säckinger; mit Ersatzschaltbild 149 7.3.3 Inverter mit Stromquellenlast In Operationsverstärkern wird der Lastwiderstand der Common-Source-Stufe fast ausschliesslich mit Stromquellen realisiert. Der hohe Ausgangswiderstand ermöglicht grosse Verstärkungsfaktoren. VDD Vbias MP2 MN1 uout uin Abbildung 7-7: Inverter mit Stromquellenlast AV 0 = − g m1 = − g m1 (rDS1 || rDS 2 ) g DS1 + g DS 2 Formel 7-6 Abbildung 7-8 zeigt das Ausgangskennlinienfeld mit der Lastkurve der pMOS-Stromquelle. Die Ableitung der Übertragungskennlinie entspricht der Leerlaufverstärkung Av0. ID Uin=VDD Uin=0.8 VDD Uin=0.6 VDD Uin=0.4 VDD VDD Uout 1 gain 0. 0.8 0.6 -5. gain Uout / VDD -2.5 -7.5 0.4 -10. 0.2 Uout / VDD -12.5 -15. 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Uin / VDD Abbildung 7-8: Ausgangskennlinienfeld mit Lastkurve und Grosssignal-Übertragungskennlinie 163 7.3.4 Inverter mit parallelem Eingang (Push-Pull Stufe) Ein Nachteil des Inverters mit Stromquellenlast ist, dass er eine Biasspannung für die Stromquelle braucht. Er kann sehr viel Strom aus einer Last herausziehen (pull out), aber maximal nur seinen eigenen Biasstrom in die Last hineinführen (push in). Wird das Gate von MP2 direkt mit dem Gate von MN1 verbunden (Abbildung 7-9), so erhält man eine CommonSource-Stufe mit parallelem Eingang. Sie heisst auch Push-Pull-Stufe, weil sie einen hohen Strom sowohl in die Last hineinführen wie auch aus der Last herausziehen kann. Die Stufe wird vorwiegend in der Digitaltechnik (im Grosssignalbetrieb) als Inverter eingesetzt. Sie kann aber auch, mit entsprechend kleinen Auslenkungen am Eingang, in der analogen Schaltungstechnik verwendet werden. Die Verstärkung berechnet sich nach Formel 7-7. In Abbildung 7-10 wurde das Ausgangskennlinienfeld des NMOS Transistors mit dem des PMOS Transistors überlagert. Da sich die Gate-Source-Spannungen der beiden Transistoren jeweils zu VDD ergänzen, bestimmt für jedes uin genau ein Kurvenpaar den Arbeitspunkt. VDD MP2 MN1 uout uin Abbildung 7-9: Inverter mit parallelem Eingang (push-pull Inverter) AV 0 = − ( g m1 + g m 2 )(rDS1 || rDS 2 ) ID Formel 7-7 Uin=VDD Uin=0.8 VDD Uin=0.4 VDD Uin=0.6 VDD Uin=0.4 VDD VDD Uout Abbildung 7-10: Inverter mit parallelem Eingang (Ausgangskennlinienfeld mit Lastkurve) 164 Z out → Z in → ∞ ∞ + Z out → 0 + OTA Z in → ∞ ∞ 0 Gm = I out U in Ai = ∞ 0 1 + 0 ∞ + + W - - Z OpAmp Av = U out U in Floating OpAmp W + Z Current-Mode OpAmp Z in → Z out → I out I in OTRA (Operational Transresistance Amplifier) Rm = Floating OTRA U out I in 1 Current-Feedback OTA Current-Feedback OpAmp 1 W Z OFC (Operational Floating Conveyor) Abbildung 8-6: Die neun Operationsverstärker 8.3.1 Einfacher OTA (Operational Transconductance Amplifier) Der einfache einstufige OTA ist in Abbildung 8-7 gezeigt. Es handelt sich dabei um eine selbstregelnde Differenzstufe mit aktiver Last (self-biasing differential pair). Das Problem der Arbeitspunkteinstellung (IDS1 + IDS2 = IB) wird durch den Stromspiegel MP3 und MP4 gelöst. 188 VDD MP3 MP4 1 2 i1 i2 MN1 uin1 CL MN2 uout uin2 3 IB MN5 Ubias VSS Abbildung 8-7: Schaltbild des einfachen OTA DC-Analyse: Zur Bestimmung der Spannungsverstärkung ist das Kleinsignal-Ersatzschaltbild des Ausgangsknotens in Abbildung 8-8 dargestellt. Unter der Annahme, dass der Stromspiegel MP3–MP4 ideal ist, liefert MP4 den Strom i1 = ugs1gm1. Der Differenzstrom id erzeugt über den Knotenwiderstand Rn2 das Ausgangssignal. MP4 D uGS1gm1 rDS4 S MN2 G i1=uGS1gm1 i2=uGS2gm2 uGS2gm2 uGS2 id=i1-i2 rDS2||rDS4 D rDS2 uout uout S Abbildung 8-8: Vereinfachtes Ersatzschaltbild des Ausgangsknotens Av 0 = mit (i − i )R (u g − u 2 g m 2 )Rn 2 u out = 1 2 n 2 = 1 m1 = G m Rn 2 u1 − u 2 u1 − u 2 u1 − u 2 Gm = g m1 = g m 2 und Formel 8-4 Rn 2 = (rDS 2 || rDS 4 ) IB ⎛W ⎞ Gm = 2 K ' n I B ⎜ ⎟ = ⎝ L ⎠1 (U GS − U T )1 Formel 8-5 Der Ausgangswiderstand an Knoten 2 entspricht der Parallelschaltung der Ausgangswiderstände von MN2 und MP4. AC-Analyse: Für die Frequenzgang-Analyse der Schaltung müssen zuerst die Knoten bestimmt werden. Nebst den Speisungsnetzen besitzt die Schaltung drei Knoten. Der Knoten 3 ist für das 189 jω 1 RC > gm2 0 < RC < pnd pd RC = z 1 gm 2 σ RC = 0 1 gm2 Abbildung 8-16: Verschiebung der positiven Nullstelle durch RC Im Miller-OpAmp können wir, wenn wir wollen, die Nullstelle auf dieselbe Frequenz legen wie den ersten nichtdominanten Pol. Nullstelle und Pol heben sich dann auf, und erst der zweite nichtdominante Pol spielt dann für die Phasenmarge wieder eine Rolle, so dass der Verstärker sehr schnell gemacht werden kann. Probleme treten dann allerdings auf, wenn das Eingangssignal einen Sprung macht. Während des Sprungs ist das Differential Pair nicht im Gleichgewicht, und der nichtdominante Pol ändert kurzfristig seine Frequenz. Die Nullstelle tut das aber nicht, weil ihre Frequenz hauptsächlich durch passive Komponenten bestimmt ist. Deshalb heben sich Pol und Nullstelle während eines Signalsprungs nicht auf, und die Wirkung davon ist, dass in einem solcherart kompensierten Verstärker wesentlich mehr Überschwingen auftreten kann als aus einer linearen Analyse wie in Abbildung 8-4 hervorgeht. 8.6 Charakteristische Eigenschaften von Operationsverstärkern Nebst der Leerlaufverstärkung und dem Frequenzverhalten sind in den Datenblättern von Operationsverstärkern noch weitere charakteristische Eigenschaften definiert. In diesem Kapitel werden die wichtigsten nichtidealen Eigenschaften und ihre Ursachen untersucht: • Gleichtakt-Eingangsspannungsbereich (CMR) • Ausgangsspannungsbereich und Ausgangsstrom • Eingangs-Offsetspannung • Anstiegszeitbegrenzung (Slew Rate) • Gleichtaktunterdrückung (CMRR) • Speisespannungs-Unterdrückung (PSRR) 8.6.1 Gleichtakt-Eingangsspannungsbereich (CMR, Common Mode Range) Die Gleichtakt-Eingangsspannung ist als Durchschnittswert beider Eingangsspannungen gemäss Formel 8-35 definiert: u inCM = u in1 + u in 2 2 Formel 8-35 Der Bereich, in der die Gleichtakt-Eingangsspannung liegen darf, ist durch die Sättigungspegeln (UDSsat = UGS - UT) der Transistoren beschränkt. Für die folgende Untersuchung der Funktionsgrenzen wird das Schaltbild eines Miller-OTA mit pMOSDifferenzstufe gemäss Abbildung 8-17 betrachtet. Die Versorgungsspannung entspricht der Summe VS = VDD - VSS. 200 ubias MP3 UGS1 VS uin1 MP1 UDS1 ubias UDS3 MP2 uin2 MP7 CC uout MN6 UGS4 MN4 MN5 Abbildung 8-17: Miller-OTA mit PMOS-Differenzstufe Steigt die Spannung an beiden Eingängen an, so steigt das Potential am Drain-Anschluss des Stromquellen-Transistors MP3 ebenfalls an. Die obere Grenze des GleichtaktEingangbereichs wird erreicht, sobald dieser den Sättigungsbereich verlässt. u inCM max = V S − U DSsat 3 − U GS 1 Formel 8-36 Wenn beide Eingangsspannungen sinken, fällt der Eingangstransistor MP1 in den linearen Bereich (ohmschen Bereich). An diesem Punkt wird die untere Grenze des GleichtaktEingangbereichs erreicht. u inCM min = U GS 4 + U DSsat1 − U GS 1 = U GS 4 + (U GS 1 − U T 1 ) − U GS 1 = U GS 4 − U T 1 Abbildung 8-18 zeigt den Gleichtakt-Eingangsbereich einer NMOS- und Differenzstufe in Abhängigkeit der Versorgungsspannung VS. Formel 8-37 einer PMOS- VinCM VS PMOS NMOS VS Abbildung 8-18: Common Mode Eingangsbereich der NMOS- und der PMOS-Differenzstufe 201 3 : 1 IB uin+ RN RP uin- IB 1 : 3 Abbildung 8-36: Angleichung der Transkonduktanz mit 3x Stromspiegel IB uin+ uin- W/L 3W/L IB Abbildung 8-37: Angleichung der Transkonduktanz mit Stromverbrenner Mit beiden Schaltungstricks lässt sich die Gesamt-Transkonduktanz bis auf eine Abweichung von ungefähr 15 % ausgleichen. Falls das nicht gut genug ist, gibt es noch genauere, aber aufwändigere und langsamere Schaltungen. gm gmn + gmp gmn VSS gmp VDD Abbildung 8-38: Gesamt-Transkonduktanz mit 3x Stromspiegel oder Stromverbrenner 8.7.3 Symmetrische Operationsverstärker (balanced, fully differential) Oft werden in der analogen Signalverarbeitung Operationsverstärker mit differentiellen Ausgängen verwendet. Man unterscheidet folgende drei Ausgangstypen: 213