Elemente der Mathematik - Sommer 2016 Prof. Dr. Matthias Lesch, Regula Krapf Übungsblatt 8 Aufgabe 27 (8 Punkte). Ein Parallelogramm ist ein Rechteck ABCD mit Seiten a, b, c, d wie unten dargestellt, mit der Eigenschaft, dass a und c sowie b und d parallel sind. Beweisen Sie folgende Aussagen. (a) Ein Viereck ABCD ist genau dann ein Parallelogramm, wenn a = c und b = d. (b) In einem Parallelogramm drittelt die Verbindungsgerade einer Ecke mit der Mitte einer gegenüberliegenden Seite eine Diagonale. (c) Eine Parallelogramm hat genau dann gleich lange Seiten, wenn seine Diagonalen orthogonal sind. Hinweis: Zeigen Sie zuerst, dass sich die Diagonalen gegenseitig halbieren. (d) Ein Parallelogramm ist genau dann ein Rechteck, wenn beide Diagonalen gleich lang sind. Lösung. D c f Mc C S1 E d A S2 e Ma b a (a) Sei ABCD ein Parallelogramm. B Dann sind ]BAC und ]ACD sowie ]BCA und ]DAC Wechselwinkel und somit gleich. Aus dem Kongruenzsatz WSW folgt dann, dass a = c und b = d. Umgekehrt seien a = c und b = d. Aus dem Kongruenzsatz SSS folgt dann, dass die Winkel ]BAC und ]ACD gleich sind. Wären a und c nicht parallel, so hätten die Geraden AB und DC einen Schnittpunkt S. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit können wir annehmen, dass S links von A liegt. Aber dann gilt ]ASD = 180◦ − (]SAC + ]ACD) = 180◦ − (]SAC + ]BAC) = 0◦ , ein Widerspruch. 2 (b) Die Dreiecke ADMa und BCMc sind kongruent aufgrund des Kongruenzsatzes SWS und somit gilt Ma D = Mc B. Aus (a) folgt dann, dass Ma BMc D ein Parallelogramm ist, d.h. Mc B und DMa sind parallel. Der Strahlensatz impliziert dann 1 Mc C S1 C = = 2 c S2 C sowie 1 Ma A AS2 . = = 2 a AS1 Ausserdem folgt aus dem Kongruenzsatz WSW, dass die Dreiecke ∆AMa S2 und ∆CS1 Mc kongruent sind und daher S1 C = AS2 . Also gilt AS1 = 2S1 C und die Behauptung ist bewiesen. (c) Wir zeigen zuerst, dass sich die Diagonalen gegenseitig halbieren, d.h. AE = CE = e 2 und BE = DE = f2 . Ersteres folgt aus dem Kongruenzsatz WSW, da die Winkel ]ABD und ]BDC Wechselwinkel sind. Die zweite Aussage folgt analog. Wir nehmen zuerst an, dass das Parallelogramm ABCD gleich lange Seiten hat, d.h. a = b = c = d. Dann ist das Dreieck ∆ABD gleichschenklig und somit ]ABD = ]BDA. Der Kongruenzsatz SWS impliziert dann, dass die Dreiecke ∆ABE und ∆AED kongruent sind. Insbesondere gilt dann ]AEB = ]AED = 90◦ . Umgekehrt seien die Diagonalen e und f orthogonal, d.h. ]AEB = ]AED = 90◦ . Dann folgt aus dem Satz von Pythagoras e 2 f 2 a2 = + = b2 2 2 und somit a = b. (d) Wir nehmen zuerst an, dass das Parallelogramm ABCD ein Rechteck ist. Aus dem Satz von Pythagoras folgt, dass e2 = a2 + b2 = c2 + d2 = f 2 . Somit gilt e = f . Für die Rückrichtung nehmen wir an, dass e = f gilt. Dann folgt aus dem Kongruenzsatz SSS, dass die Dreiecke ∆ABC und ∆BCD kongruent sind. Somit gilt β = γ. Andrerseits gilt aber auch 4β = 2β + 2γ = α + β + γ + δ = 360◦ und somit sind alle Winkel 90◦ . 3 Aufgabe 28 (2 Punkte). Betrachten Sie folgenden Beweis. Satz. Jedes Dreieck ist gleichschenklig. Beweis. Im Dreieck ∆ABC halbiere CD den Innenwinkel γ und M D sei die Mittelsenkrechte zu AB. Dann sind nach dem Kongruenzsatz WSW die Dreiecke ∆CED und ∆CF D kongruent. Nach dem Kongruenzsatz SWS sind die Dreiecke ∆AM D und ∆BM D ebenfalls kongruent. Wegen ED = F D, AD = BD und ]AED = ]BF D = 90◦ , sind auch ∆AED und ∆BF D kongruent. Also it AE = BF und AC = BC, d.h. das Dreieck ∆ABC ist gleichschenklig. Wo steckt der Fehler? Lösung. Der Schnittpunkt D der Mittelsenkrechten zu AB und der Winkelhalbierenden von γ liegt ausserhalb des Dreiecks. Aufgabe 29 (6 Punkte). (a) Beweisen Sie, dass die Fläche eines Dreiecks ∆ABC durch folgende Formel berechnet werden kann. 1 1 1 F (∆ABC) = (a · ha ) = (b · hb ) = (c · hc ). 2 2 2 Spiegeln Sie dazu das Dreieck am Mittelpunkt M der Seite a um 180◦ wie unten dargestellt.1 (b) Folgern Sie, dass der Flächeninhalt berechnet werden kann durch 2 1 1 F = bc sin α = ac sin β = ab sin γ. 2 2 2 Hinweis: Finden Sie ein rechtwinkliges Dreieck mit der gleichen Fläche und verwenden Sie (a). 1Quelle der Bilder: www.matheraetsel.de/texte/geom 2.5.pdf 4 Lösung. (a) Wenn wir das Dreieck ∆ABC um M um 180◦ drehen, dann gilt für das Bilddreieck ∆A0 B 0 C 0 , dass B 0 = C und C 0 = B. Da die Dreiecke ∆ABC und ∆A0 B 0 C 0 kongruent sind, ist dann nach Aufgabe 27 (a) das Viereck ABA0 C ein Parallelogramm. Sei D der Schnittpunkt der zu c rechtwinkligen Gerade durch A mit der Gerade CA0 , und E der Schnittpunkt der cu c rechtwinkligen Gerade durch B mit CA0 . Dann sind nach dem Kongruenzsatz WSW die Dreiecke ∆ACD und ∆BA0 E kongruent und somit flächengleich. Dann gilt für die Flächen 2F (∆ABC) = F (ABA0 C) = F (∆BA0 E) + F (ABEC) = F (ABED) = c · BE = chc . (b) Wir verwandeln das Dreieck ∆ABC in ein flächengleiches rechtwinkliges Dreieck ∆ABD, indem wir D als den Schnittpunkt der Senkrechten zu AB durch A mit der Parallelen zu AB durch C wählen. Dann gilt ]ACD = α und somit AD = b sin α. Dies ergibt 1 1 F (∆ABC) = F (ABD) = c · AD = bc sin α. 2 2 Die anderen Gleichheiten zeigt man analog. Aufgabe 30 (3 Punkte). Verwenden Sie den Kosinussatz sowie Aufgabe 29 (b) um die Heron’sche Formel zur Berechnung der Fläche eines Dreiecks p F = p(p − a)(p − b)(p − c) herzuleiten, wobei p = 21 (a + b + c). Lösung. Aus dem Kosinussatz folgt cos α = b2 + c2 − a2 2bc 5 und somit sin α = p 1 − cos2 α r 4b2 c2 − (b4 + 2b2 c2 + c4 − 2a2 b2 − 2a2 c2 + a4 ) 4b2 c2 √ −a4 − b4 − c4 + 2a2 b2 + 2a2 c2 + 2b2 c2 = . 2bc Nun folgt aus Aufgabe 29 (b) = 1 F = bc sin α 2 √ 1 −a4 − b4 − c4 + 2a2 b2 + 2a2 c2 + 2b2 c2 = bc · 2 2bc √ 4 4 4 2 2 −a − b − c + 2a b + 2a2 c2 + 2b2 c2 = 4 Andrerseits gilt r p 1 1 1 1 p(p − a)(p − b)(p − c) = (a + b + c) · (−a + b + c) · (a − b + c) · (a + b − c) 2 2 2 2 p ((b + c)2 − a2 )(a2 − (b − c)2 ) = 4 p 2 2 (b + c) a − a4 − (b + c)2 (b − c)2 + a2 (b − c)2 = 4 √ 2 2 2 2 2 a b + 2a bc + a c − a4 − b4 + 2b2 c2 − c4 + a2 b2 − 2a2 bc + a2 c2 = 4 √ 2 2 2 2 2 2 4 4 2a b + 2a c + 2b c − a − b − c4 = 4 =F wie gewünscht.