Beweisschemata

Werbung
Mod-2.56
Elementare Beweistechniken
Beispiel: Satzform
Satz: (Pythagoras)
Voraussetzung: Gegeben sei ein beliebiges rechtwinkeliges Dreieck, die
Länge der Hypothenuse sei c und die Längen der anderen Seiten seien a und b.
Behauptung: Dann gilt c2 = a2 + b2.
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Beispiel: Satz-Beweisform
Satz: Name des Satzes
Voraussetzung: P.
Behauptung: Q.
Beweis: kurzer Hinweis auf die Idee, Methode, Struktur des Beweises
Beweistext.
q.e.d.
•
Mod-2.56
Indirekter Beweis
Beispiel: Schema für indirekten Beweis
Satz: Name
Voraussetzung: P.
Behauptung: Q.
Beweis: (indirekter Beweis, durch Widerspruch)
Nimm das Gegenteil an von Q, also ¬Q;
führe ¬Q zu einem Widerspruch;
hierbei darf die Voraussetzung P verwendet werden.
q.e.d.
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
•
Mod-2.56
Indirekter Beweis (2)
Satz: Unendlich viele Primzahlen.
Voraussetzung:
Behauptung: Es gibt unendlich viele Primzahlen.
Beweis: (durch Widerspruch)
Wir nehmen das Gegenteil an: Es gibt nur endlich viele Primzahlen, sagen wir p1,..., pn.
Sei m = p1∗p2∗...∗pn + 1. m ist nicht durch p1 teilbar, denn m dividiert durch p1 ergibt p2∗...∗pn mit
Rest 1. Aus demselben Grund ist m auch nicht durch p2, p3... oder pn teilbar.
Wir verwenden nun die Tatsache, dass eine Zahl, die größer als 1 ist, entweder eine Primzahl ist,
oder als ein Produkt von Primzahlen geschrieben werden kann. m ist größer als 1. Deshalb fahren
wir mit einer Fallunterscheidung fort:
Fall 1: m ist eine Primzahl. Da m größer als jede der Primzahlen p1,.., pn ist, haben wir eine weitere
Primzahl gefunden. Das ist ein Widerspruch zur Annahme, dass nur p1,.., pn Primzahlen sind.
Fall 2: m ist ein Produkt von Primzahlen. Sei q eine dieser Primzahlen, die m teilt. Da p1,.., pn nicht
Teiler von m sind, muss q verschieden von p1,.., pn sein. Das ist ein Widerspruch zur obigen Annahme. Damit haben wir die Annahme, also das Gegenteil der Behauptung des Satzes, zum
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Widerspruch geführt. Also gilt die Behauptung.
q.e.d.
•
Mod-2.56
Beweisstrukturen 1
1. Form Konjunktion (P ∧ R)
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Ein Satz P ∧ R gilt, falls sowohl P als auch R gelten. Somit müssen in einem
Beweis beide Teilaussagen gezeigt werden. Das Beweisschema sieht dann wie
folgt aus:
Beispiel: Konjunktion
Satz:
Behauptung: (P ∧ R)
Beweis:
Teil 1: Zeige P.
Teil 2: Zeige R.
q.e.d.
•
Mod-2.56
Beweisstrukturen 2
2. Form Disjunktion (P ∨ R)
Eine Aussage (P ∨ R) gilt, falls mindestens eine der Aussagen P und R gilt.
Beispiel: Disjunktion
Satz:
Behauptung: (P ∨ R)
Beweis:
Fall 1: P gilt: fertig.
Fall 2: P gilt nicht. Nimm ¬P an. Zeige, dass R gilt.
q.e.d.
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
•
Mod-2.56
Beweisstrukturen 3
3. Form Implikation (P → R)
Eine Implikation (P → R) ist äquivalent zu (¬P ∨ R) (siehe Disjunktion). Im
Beweisschema wird also P angenommen und damit R gezeigt.
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Implikationen treten häufig innerhalb eines Beweises auf und können mit dem
Kettenschluss zu neuen Implikationen führen. Sei beispielsweise (P → R) und
(R → S) gegeben, dann folgt daraus die Implikation (P → S).
Beispiel: Ketten
Satz:
Voraussetzung: P, (P → T), (T → S ).
Behauptung: R.
Beweis:
Schließe aus der Voraussetzung (P → T) und (T → S) auf (P → S).
Schließe aus der Voraussetzung P und aus (P → S) auf S.
Beweise als Zwischenschritt die Implikation (S → R).
Schließe mit Hilfe von S und (S → R) auf R.
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen 4
4. Form Komplexe Implikation (P1 ∨ ... ∨ Pn) → Q
Beispiel: Komplexe Implikation
Satz:
Behauptung: (P1 ∨ ... ∨ Pn) → Q
Beweis: (durch Fallunterscheidung)
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Fall 1: Zeige (P1 → Q).
...
Fall n: Zeige (Pn → Q).
q.e.d.
•
Mod-2.56
Beweisstrukturen 5
5. Form Komplexe Strukturen (Beispiel)
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Satz:
Voraussetzung: Sei R eine zweistellige Relation über der Menge M und sei
a,b ∈ M mit a ungleich b.
Behauptung: R ist weder eine Halbordnung, noch eine strenge Halbordnung, noch eine totale Ordnung.
Beweis: Die Struktur des Satzes hat die Form Z → (¬HO ∧ ¬sHO ∧ ¬tO),
wobei Z für die Voraussetzung steht, HO und sHO für Halbordnung und
strenge Halbordnung und tO für totale Ordnung. Der Beweis könnte
dann wie folgt gegliedert werden:
Nimm Z an {siehe Schema für die Implikation} und zeige die Konklusion
(¬HO ∧ ¬sHO ∧ ¬tO).
Beweis von (¬HO ∧ ¬sHO ∧ ¬TO)
Teil 1: Zeige ¬HO
Teil 2: Zeige ¬sHO
Teil 3: Zeige ¬TO
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Quantoren)
Vorbemerkung:
Seien n und m natürliche Zahlen, dann gilt (n+m)2 = n2 + 2mn + m2
andere Schreibweise
∀n ∈ ΙΝ ∀m ∈ ΙΝ: (n+m)2 = n2 + 2mn + m2.
•
1. Form ∃x ∈ D: E(x)
- konkretes Element x∈ D: mit der Eigenschaft E(x) angeben
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
- indirekter Beweis: Nehme an ∀x ∈ D: ¬E(x) und zeige Widerspruch
- Existenz eines x∈ D mit E(x) allgemein zeigen
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Allquantor)
2. Form ∀x ∈ D: E(x)
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
- indirekten Beweis, - den Beweis durch Fallunterscheidung, -den Beweis
durch Induktion.
Beispiel: Indirekter Beweis von Allaussagen
Satz:
Behauptung: Für alle natürlichen Zahlen n > 1 gilt n3 > n2.
Beweis: (Indirekter Beweis)
Wir nehmen an, es gelte das Gegenteil der Behauptung, also
¬(∀n ∈ ΙΝ: (n>1 → n3 > n2)).
Mit der Umformung erhalten wir dann ∃n ∈ ΙΝ: (n>1 ∧ n3 ≤ n2).
Sei n0 eine solche Zahl mit n0 3 ≤ n0 2. Wir teilen nun beide Seiten der Ungleichung durch n02 und erhalten die Ungleichung n0 ≤ 1. Das widerspricht der Voraussetzung n0 > 1.
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Allquantor 2)
2. Form ∀x ∈ D: E(x)
Fallunterscheidung
Satz:
Behauptung: Für alle ganzen Zahlen ungleich 0 gilt n2 ≥ n.
Beweis: (Beweis durch Fallunterscheidung)
Wir zerlegen die Menge der ganzen Zahlen in M< = {n| n < 0} und
M> = {n| n > 0}.
Fall 1: Es gelte n ∈ M<. Dann zeigen wir n2 ≥ n.
Fall 2: Es gelte n ∈ M>. Dann zeigen wir n2 ≥ n.
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Allquantor 2)
2. Form ∀x ∈ D: E(x)
Fallunterscheidung
Die Idee des Beweises durch Fallunterscheidung: Die Grundmenge D in endlich viele Mengen D1 ∪ ... ∪ Dr = D aufzuteilen,
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
für jede der einzelnen Mengen Di die Aussage ∀x ∈ Di: E(x) zu zeigen.
Satz:
Behauptung: ∀x ∈D : E(x)
Beweis: (Beweis durch Fallunterscheidung)
Wir zerlegen die Menge D in endlich viele Mengen D1 ∪ ... ∪ Dr = D.
Fall 1: Menge D1. Zeige ∀x ∈ D1: E(x).
...
Fall r: Menge Dr. Zeige ∀x ∈ Dr: E(x).
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Fallunterscheidung)
Satz:
Behauptung: Seien A und B zweistellige, symmetrische Relationen über der
Menge M. Dann ist C = A ∪ B auch eine symmetrische Relation.
Beweis: (geschachtelte Fallunterscheidung)
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Fall 1: A und B seien leer. Dann ist auch C leer und gemäß der Definition der
Symmetrie auch symmetrisch.
Fall 2: A oder B seien nicht leer. Dann ist auch C nicht leer. Es sei x C y für
bestimmte Elemente x und y.
Fallunterscheidung über x A y:
Fall 2.1: Gelte x A y. Dann gilt auch y A x, da A symmetrisch ist,
und damit gilt y C x.
Fall 2.2: Gelte nicht x A y. Wegen x C y muss dann x B y gelten.
Da B symmetrisch ist, erhalten wir y B x und damit y C x.
Ende der inneren Fallunterscheidung.
Es folgt also, dass für x C y auch y C x gilt. Deshalb ist C eine symmetrische
Relation.
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Induktion)
Definition : Induktive Definition einer Menge M
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
1.Lege die Anfangselemente fest; z. B. a1 ,..., an ist in M.
2.Regel 1: Seien x1 ,..., xm in M, dann ist auch f1(x1 ,..., xm) in M.
...
Regel r: Seien x1 , .., xm in M, dann ist auch fr(x1 , .., xm) in M.
3.Nur die mit (1) und den Regeln 1 bis r erzeugten Elemente sind in M.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Induktion 2)
Schema für den induktiven Beweis
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Satz:
Behauptung: ∀x ∈Μ : E(x)
Beweis: Induktion über den Aufbau von M.
Induktionsanfang: Zeige die Behauptung für die Anfangselemente, also
beweise E(ai) für 1 ≤ i ≤ n.
Induktionsschritt:
Regel 1: Zeige für beliebige, aber feste x1 ,..., xm aus M unter
Ausnutzung der Induktionsvoraussetzungen E(x1 ), .., E(xm),
dass E(f1(x1 , .., xm)) gilt.
...
Regel r:Zeige für beliebige, aber feste x1 ,..., xm aus M unter
Ausnutzung der Induktionsvoraussetzungen E(x1 ),..., E(xm),
dass E(fr(x1 ,..., xm)) gilt.
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Induktion 3)
Beispiel: natürliche Zahlen
Satz:
Behauptung: Für alle natürlichen Zahlen n > 0 gilt n ≤ 2n.
Beweis: Induktion über natürlichen Zahlen n.
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Induktionsanfang: Wir zeigen die Behauptung für n = 1. Offensichtlich
gilt
1≤ 2= 21.
Induktionsschritt: (von n auf n+1) Sei n eine natürliche Zahl größer 0.
Wir zeigen nun n+1 ≤ 2n+1. Es gilt 2n+1 = 2n2. Wir nutzen nun die Induktionsvoraussetzung n ≤ 2n aus und erhalten damit 2n ≤ 2n+1. Da weiterhin
n+1 ≤ 2n für n > 0 gilt, haben wir die Behauptung bewiesen.
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Induktion Worte)
Sei die Menge ab-Worte wie folgt induktiv definiert: a und b sind zwei Buchstaben.
1.Anfangselemente sind die Worte aa und aba, also die Zeichenfolgen aa und
aba.
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
2.1: Ist w ein Wort aus ab-Worte, dann ist auch awb ein Wort der Menge.
2: Ist w ein Wort aus ab-Worte, dann ist auch aawab ein Wort der Menge.
3.Nur so gebildete Worte gehören zu ab-Worte.
Mod-2.56
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Beweisstrukturen (Induktion Worte - Beweis)
Satz: In jedem Wort aus ab-Worte kommen mehr Buchstaben a als Buchstaben b vor.
Beweis: Induktion über den Aufbau der Menge ab-Worte.
Induktionsanfang: Wir betrachten zuerst das Anfangselement aa. Da kein b
vorkommt, gilt offensichtlich die Behauptung. Das zweite Anfangselement
aba enthält zwei Buchstaben a, aber nur ein b. Also gilt auch hier die Behauptung.
Induktionsschritt Regel 1: Sei w ein Wort in ab-Worte und awb ein Wort,
gemäß der ersten Regel. Nach der Induktionsvoraussetzung wissen wir, dass
in w der Buchstabe a häufiger vorkommt. Da in awb genau ein a und genau
ein b zu w hinzugefügt worden sind, bleibt das Verhältnis der Vorkommen erhalten, und somit gilt die Behauptung.
Induktionschritt Regel 2: Sei w ein Wort in ab-Worte und aawab ein Wort
gemäß der zweiten Regel. Die Induktionsvoraussetzung ist wieder, dass die
Behauptung schon für w gilt. Wie man sieht, werden mit der zweiten Regel
mehr Buchstaben a als Buchstaben b zum Wort w hinzugefügt. Damit gilt
dann auch für aawab die Behauptung.
Ende der Induktionsschritte. q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Induktion Fibonacci)
1.Es gilt F(0) = 0 und F(1) = 1, dies sind die Anfangselemente.
2.Sei n eine natürliche Zahl größer 1, dann sei F(n) = F(n-1) + F(n-2).
Beispiel: Fibonacci
Satz:
Behauptung: Für alle natürlichen Zahlen n gilt: F(n) ≤ 2n.
Beweis: Induktion über n.
Induktionsanfang: Sei n = 0, dann gilt F(0) = 0 ≤ 20 = 1.
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Sei n=1, dann gilt F(1) = 1 ≤ 21=2.
Induktionsschritt: Sei n eine natürliche Zahl. Wir zeigen nun die Behauptung für n + 1. Es gilt nach Definition F(n+1) = F(n) + F(n-1). Wir nutzen
nun die Induktionsvoraussetzung nicht nur für n sondern auch für n-1
aus, also für die schon früher in der Definition erzeugten Zahlen. Nach
Induktionsvoraussetzung gilt also F(n) ≤ 2n und F(n-1) ≤ 2n-1. Wir erhalten dann
F(n+1) ≤ 2n + 2n-1 ≤ 222n-1 ≤ 2n+1.
Damit haben wir den Induktionsbeweis abgeschlossen.
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (genau ein)
3. Form ∃! x ∈ D: E(x)
Der Quantor ∃! x∈D soll ausdrücken Es gibt genau ein x aus D mit der Eigenschaft E(x).
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Satz:
Behauptung: ∃! x ∈ D: E(x)
Beweis:
Schritt 1 (mindestens ein Element): Zeige ∃x0 ∈ D: E(x0).
Schritt 2: (x0 explizit bekannt): Zeige ∀x ∈D - {x0}: ¬Ε(x).
(Alternative für Schritt 2: Zeige ∀x ∈ D ∀y ∈ D: ((E(x) ∧ E(y)) → x=y).)
q.e.d.
Mod-2.56
Beweisstrukturen (Funktionale Abhängigkeit)
4. Form ∀x ∈ A ∃y ∈ B: E(x,y)
Wir können die Quantorenfolge ∀x ∈ A ∃y ∈ B aus eher funktionaler Sicht
behandeln. Zu jedem x ∈ A muss es mindestens ein y ∈ B mit der Eigenschaft
E(x, y) geben. Die Zuordnung eines y abhängig von x kann man daher als eine
Funktion betrachten.
Beispiel: ∀n ∈ ΙΝ ∃m ∈ ΙΝ: (n > 2 → (n2 < m < n3)).
© 2008 bei Prof. Dr. Uwe Kastens
Beispiel: Funktionale Abhängigkeit
Satz:
Behauptung: ∀x ∈ A ∃y ∈ B: E(x, y)
Beweis: Konstruiere zu jedem x ∈ A ein y ∈ B. Dies kann durch die Angabe einer Funktion f: A → B geschehen, also y = f(x).
Beweise für das gewählte f die Eigenschaft ∀x ∈ A E(x, f(x)).
q.e.d.
Herunterladen