www.plan-m.wdr.de 2014 | 2015 Braunfels – Schottische Phantasie Beitrag für den WDR Musikraum »Melancholisch, träumerisch und strahlend« Die »Schottische Phantasie« von Walter Braunfels Von Otto Hagedorn Mitwirkende: Der Komponist Walter Braunfels im Interview 1952 Sprecherin: Regina Münch Autor Musikbeispiele: Walter Braunfels: »Schottische Phantasie« für Viola und Orchester op. 47 Sarah-Jane Bradley (Viola), BBC Concert Orchestra, Leitung: Johannes Wildner MUSIK 1 »Schottische Phantasie«, 1. Teil: Breit <5>, 0'03"–0'38" (frei: 0'03"–0'11") AUTOR Melancholisch, düster fängt sie an – die »Schottische Phantasie« von Walter Braunfels. Es ist, als will der Komponist in dieser Musik die Zeit spiegeln, in der sie entstanden ist. SPRECHERIN Wir schreiben das Jahr 1933, die Nationalsozialisten haben gerade die Macht in Deutschland übernommen. (MUSIK 1 kurz hoch) SPRECHERIN Braunfels ist fast 50 Jahre alt – und damals einer der berühmtesten Komponisten im Lande. Mit seiner Oper »Die Vögel« hat er in den 1920er Jahren ein regelrechtes Erfolgsstück gelandet. Und auch sonst macht er große Karriere. AUTOR Zwei Jahrzehnte später erzählt er davon selbst in einem WDR-Interview: 1 www.plan-m.wdr.de 2014 | 2015 Braunfels – Schottische Phantasie O-Ton Walter Braunfels im Interview 1952 Jetzt muss ich Ihnen eigentlich noch sagen, wie ich nach Köln gekommen bin. Man wollte mich als Leiter einer Hochschule in Frankfurt haben. Und da Frankfurt meine Vaterstadt ist, so fiel mir der Spruch von dem Propheten im Vaterland ein – und ich schlug dem Ministerium vor, doch lieber die Sache in Köln zu machen. AUTOR Und Braunfels macht seine Sache gut: In nur wenigen Jahren ist die Kölner Musikhochschule eine der international beliebtesten und angesehensten. SPRECHERIN Aber im Mai 1933 ist damit Schluss: O-Ton Walter Braunfels im Interview 1952 Nachdem ich ein sehr vielaufgeführter Komponist war, nachdem ich hier der Leiter der Hochschule war, fanden mich die Nationalsozialisten doch nicht für fähig, ein solches Instrument zu leiten. Und ich kam wieder in meine geliebte Einsamkeit und habe viel komponiert. AUTOR Walter Braunfels zieht sich an den Bodensee zurück. Aber er resigniert nicht. Eines der ersten Werke, das der Komponist nach seiner Amtsenthebung fertigstellt, ist die »Schottische Phantasie« für Viola und Orchester. MUSIK 2 »Schottische Phantasie«, 5. Teil: Lebhaft <9>, 0'00"–0'20" (frei: 0'08"–0'13") AUTOR Die Uraufführung ist noch für 1933 in Dortmund geplant. Doch auch hier lassen ihn die Nationalsozialisten ihre Macht spüren – und verbieten das Stück kurzerhand. Immerhin: noch im selben Jahr kann die »Schottische Phantasie« in der neutralen Schweiz zum ersten Mal aufgeführt werden. SPRECHERIN Schottisch daran ist übrigens erst einmal das Hauptthema. Es ist ein altes Volkslied aus Schottland mit dem Titel »Ca’ the yowes«. MUSIK 3 Benjamin Britten: »Ca’ the yowes« aus den »Folk Song Arrangements«, Bd. 5 Christian Gerhaher (Bariton), Gerold Huber (Klavier) 0'00"–0'11" AUTOR Und genau dieses Lied ist der melancholische Anfang von Braunfels’ »Schottischer Phantasie«: MUSIK 4 (Wiederholung von MUSIK 1) »Schottische Phantasie«, 1. Teil: Breit <5>, 0'03"–0'11" 2 www.plan-m.wdr.de 2014 | 2015 Braunfels – Schottische Phantasie AUTOR Der Komponist gibt dem Lied viele Farben – zum Beispiel träumerisch mit der Solo-Viola: MUSIK 5 »Schottische Phantasie«, 4. Teil: Allegro molto – cadenza <8>, 3'11"–3'26" (frei: 3'11"–3'19") SPRECHERIN Und das ist gleichzeitig auch typisch für schottische Volksmusik: die Begleitung mit einer Harfe. AUTOR Und ganz zum Schluss strahlt dann das Volkslied: MUSIK 6 5. Teil: Lebhaft <9>, 11'46"–11'56" (Schluss) 3