A. Thiede Werkstoffe der Elektrotechnik 46 III. Halbleiter 1

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A. Thiede
Werkstoffe der Elektrotechnik
III. Halbleiter
1. Bandstruktur und Banddiagramm
In Abschnitt I.2.4 wurde gezeigt, wie die diskreten, erlaubten Energien für die Elektronen eines
Einzelatoms im periodischen Potential eines Festkörpers zu Bändern "verschmiert" werden. Dabei waren
wir von einem vereinfachten Potentialverlauf nach Kronig-Penney ausgegangen. Trotz dieser
Vereinfachung konnten wir die resultierende Gleichung I.97 nur noch grafisch lösen. Für reale Gitter
können die E(k)-Verläufe, die als Bandstruktur bezeichnet werden, nur noch auf numerischem Wege
berechnet werden. Bild III.1 zeigt die Bandstrukturen der heute wichtigsten Halbleitermaterialien. Zu
beachten ist, dass die in unterschiedlichen Kristallrichtungen anzugebenen Potentialverläufe zu
unterschiedlichen Bandstrukturen in den entsprechenden Richtungen des Wellenzahlvektors k führen.
Üblicherweise wird die Symmetrie bezüglich der Energieachse ausgenutzt und die Bandstruktur für
jeweils die Hälfte der ersten Brillouin-Zone in zwei Kristallrichtungen gleichzeitig dargestellt.
Ge
InP
GaAs
k [111] 0 [100] k
k [111] 0 [100] k
k [111] 0 [100] k
k [111] 0 [100] k
Energie in eV
Si
Bild III.1: Bandstrukturen wichtiger Halbleitermaterialien
Aus der Darstellung der Bandstruktur kann eine Reihe wichtiger Aussagen abgeleitet werden:
 Mit Gleichung I.25 erhalten wir für den Erwartungswert der Geschwindigkeit der Elektronen
d 1 d  h  f  1 dE 1
v  vG 
 
 
  grad k E  k 
(III.1)
 dk 
dk 
dk
d.h. der Erwartungswert der Geschwindigkeit ergibt sich als die Steigung der E(k)-Kurve und
muss somit an den Bandkanten 0 sein.
 Entsprechend ist der Erwartungswert des Impulses
m dE m
p  mv  
  grad k E(k)
(III.2)
 dk 
 und für die in Abschnitt I.25 eingeführte effektive Masse erhalten wir auch über den Impuls
dp
dk
dv
1 d 2 E dk
(III.3)
F
 
 m eff 
 m eff   2 
 dk dt
dt
dt
dt
46
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die aus Gleichung I.107 bereits bekannte Beziehung
1
 d2E 
(III.4)
m n,eff    2 
 dk 
Gleichung III.4 besagt, dass die Krümmung des E(k)-Verlaufs die effektive Masse der Elektronen
ausdrückt. Offensichtlich müssen dann also Elektronen verschiedene effektive Massen haben,
wenn sie sich in Minima mit unterschiedlicher Krümmung aufhalten. Darauf werden wir u.a. im
Zusammenhang mit dem Gunn-Effekte noch zurückkommen.
 An der Oberkante des Valenzbandes wird die effektive Masse negativ. Wie bereits in
Abschnitt I.25 erwähnt, wird daher das Loch oder Defektelektron eingeführt und seine effektive
Masse wie folgt definiert:
2
1
 d2E 
m p,eff     2 
(III.5)
 dk 
 Die Breite Eg der verbotenen Zone ergibt sich als die energetische Differenz des kleinsten
Minimums des Leitbandes und des größten Maximums des Valenzbandes. Liegen wie z.B. bei
GaAs oder InP das kleinste Minimum des Leitbandes und das größte Maximum des Valenzbandes
beim gleichen k-Wert, so spricht man von einem direkten Bandübergang, andernfalls wie z.B.
bei Si oder Ge von einem indirekten Bandübergang.
Die Kenntnis der genauen Bandstruktur, also der Abhängigkeit der Energie vom Wellenzahlvektor, ist für
das Verständnis vieler Halbleiterbauelemente unverzichtbar. Nicht weniger hilfreich ist andererseits die
Darstellung der Energie über dem Ort, wobei jedoch nur noch die Bandkanten berücksichtigte werden
können. Diese Darstellung gemäß Bild III.2 wird als Banddiagramm bezeichnet. Die Energie der
Elektronen ist
E  x   q    x 
(III.6)
2
so dass sich für die Energie und das Potential entgegengesetzte Orientierungen ergeben. Dem freien
Elektron entsprechen dabei die Energie bzw. das Potential 0.
Die Energie q   des Makropotentials  wird, sofern es konstant ist, zur Vereinfachung meist 0 gesetzt.
Treten keine Dipolladungen auf, so muss das Makropotential stetig sein.
EC und EV sind die Bandkanten des Leit- bzw. Valenzbandes. Ändern sich die Materialeigenschaften
innerhalb eines Kristall nicht, so verlaufen die Bandkanten parallel zueinander und parallel zum
Makropotential.
EF ist das sogenannte Fermi-Niveau. Wie wir noch sehen
0
werden, ist es für die Besetzungswahrscheinlichkeit der
energetischen Zustände mit Elektronen bzw. Löchern
q  
verantwortlich. Im thermodynamischen Gleichgewicht muss
es also stets waagerecht verlaufen, da es andernfalls ja sofort
EEA EH

zu weiteren Ausgleichsvorgängen kommen würde.
E
EC
Die Elektronenaffinität EEA ist die energetische Differenz
zwischen
dem Makropotential  und der Unterkante des
Eg
EF
Leitbandes EC .
Die Austrittsarbeit EH ist die energetische Differenz
EV
zwischen dem Makropotential  und dem Ferminiveau EF .
Die Stärke des elektrischen Feldes ergibt sich aus dem
x
Potentialverlauf zu
d
Bild III.2: Banddiagramm
(III.7)
E x  
dx
Zur Veranschaulichung der Wirkung dieses Feldes auf Elektronen und Löcher kann man sich also bildlich
vorstellen, dass Elektronen wie eine "schwere Masse" an einer geneigten Leitbandkante "herunterrollen",
während Löcher wie "Luftblasen" an einer geneigten Valenzbandkante "aufsteigen".
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2. Elektronen- und Löcherkonzentration im Leit- bzw. Valenzband
Die Konzentrationen der Elektronen n0 und Löcher p0
ergeben
sich zum einen aus den Dichten erlaubter Energien,
1
die auch als Energietermdichten Dn bzw. Dp bezeichnet
werden. Multipliziert mit dem Faktor 2 erhält man die
Zustandsdichten, da nach dem Pauli-Prinzip jedes
erlaubte Energieniveau von zwei Elektronen mit
antiparallelem Spin besetzt werden kann. Für die
E
Dn(E), Dp(E)
tatsächlichen Konzentrationen der Elektronen und Löcher
müssen zum zweiten jedoch die Besetzungswahrscheinlichkeiten Fn und Fp, d.h. die Wahrscheinlichkeiten, mit denen ein existierenden Zustand auch besetzt ist,
Berücksichtigung finden. Schließlich ist über den Produkten
aus den Besetzungswahrscheinlichkeiten und Zustandsdichten, die jeweils wie in Bild III.3 skizziert Funktionen
E
Fn(E) Dn(E), Fp(E) Dp(E)
der Energie sind, zu integrieren.
1
Die energieabhängige Besetzungswahrscheinlichkeit der
p0
n0
Elektronen wird durch die Fermi-Dirac-Funktion
1
(III.8)
Fn 
E  EF
1  e k T
beschrieben. Wie in Bild III.4 gezeigt, ist die
E
EV
EF
EC
Besetzungswahrscheinlichkeit also für Energien deutlich
Bild III.3: Besetzungswahrscheinlichkeit,
unterhalb des Fermi-Niveaus nahezu 1, beträgt exakt am
Energietermdichte und DichteFermi-Niveau 0.5 und fällt dann weiter gegen 0. Der
funktion für Elektronen und
Übergang würde für T=0 sprunghaft erfolgen und wird mit
Löcher als Funktionen der
steigender Temperatur immer weicher.
Energie
Da die Besetzung durch ein Loch gleichbedeutend mit der
Nichtbesetzung durch ein Elektron ist, ergibt sich für die
Besetzungswahrscheinlichkeit der Löcher
Fn
T2 > T1 > T0 = 0
E EF
1
1
e k T
1


Fp  1  Fn  1 
(III.9)
E  EF
E EF
E  EF

k T
k T
k T
1 e
1 e
1 e
Die
Verläufe
der
Besetzungswahrscheinlichkeiten
Fn und Fp
0.5
über der Energie E sind also entsprechend Bild III.3
symmetrisch bezüglich des Fermi-Niveaus EF .
Abgesehen von Energiewerten in unmittelbarer Nähe des
Fermi-Niveaus ist
EF
E
(III.10)
E  EF  k  T
Fn(E), Fp(E)
Bild III.4: Fermi-Dirac-Funktion
und somit werden die Besetzungswahrscheinlichkeiten

E EF
E EF
(III.11)
Fn  e kT
und Fp  e kT
Die Näherungen III.11 entsprechen der Boltzmann-Statistik, mit der sich ja z.B. auch das
Dichteverhältnis der Teilchen in der Atmosphäre an zwei Orten mit unterschiedlicher potentieller Energie
ausdrücken lässt. Dabei wird allerdings davon ausgegangen, dass die Teilchen in so geringer
Konzentration vorliegen, dass sie sich gegenseitig nicht beeinflussen. Wir werden noch sehen, dass dies
in Halbleitern nicht generell der Fall ist.
Wenden wir uns nun der Energietermdichte D(E) zu. Dazu müssen wir zunächst das Volumen
bestimmen, das ein Quantenzustand im k-Raum einnimmt. Wir könnten auch die Schrödinger-Gleichung
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bemühen, kommen jedoch wesentlich eleganter mit Hilfe der Heisenberg'schen Unschärferelation zum
Ziel. Für ein Teilchen in einem Würfel mit der Kantenlänge L ist die Unschärfe des Ortes
x  y  z  L
(III.12)
Die Unschärfe des Impulses muss nach Gleichung I.27 dann
h

p x  p y  p z   2π 
(III.13)
L
L
betragen, wegen
p    k
(III.14)
ist die Unschärfe ausgedrückt durch den Wellenvektor
2π
k 
(III.15)
L
und schließlich das Volumen im k-Raum
3
3
2π 
2π 


3
Vk 0  k x  k y  k z   k   3 
(III.16)
L
V
Dabei ist V das Kristallvolumen und der Faktor 2π erinnert nicht zufällig an die Definitionen zum
reziproken Gitter ab Gleichung I.113, da die Einheit der Wellenzahl ja die einer reziproken Länge ist.
Mit Hilfe von Gleichung III.16 können wir die Zahl der Energieterme im
Volumenelement dVk nun durch
ky k
dk
dV
dVk
D  E  dE  k 
V
(III.17)
Vk 0  2π 3
kx
kz
ausdrücken. Wie in Bild III.5 veranschaulicht, wollen wir uns dieses
Volumenelement
dVk  4π  k 2  dk
(III.18)
Bild III.5: Kugelschale
als eine Kugelschale der Dicke dk vorstellen und in Gleichung III.17 einsetzen.
im k-Raum
4π  k 2  V dk
V
dk
D E 

 2  k2 
(III.19)
3
dE
 2π  dE 2π
Die Ableitung in Gleichung III.19 erfordert eine geschlossene Darstellung der Bandstruktur, die natürlich
nicht bekannt ist. Da die meisten Ladungsträger sich jedoch an den Bandkanten befinden, wollen wir die
Bandstruktur an dieser Stelle durch eine Taylor-Reihe approximieren, die wir nach dem zweiten Glied
zweiten Grades abbrechen.
E(k)  E C  C1  k  C2  k 2
(III.20)
Da der Erwartungswert der Geschwindigkeit an den Bandkanten 0 sein muss erhält man mit
Gleichung III.1 für die Konstante
dE
0
(III.21)
C1 
dk k 0
Durch zweimaliges Ableiten nach der Wellenzahl k erhält man mit Gleichung I.107 für die Konstante
1 d²E
²
C2   2 
(III.22)
2 dk
2  m eff
Es sei an dieser Stelle nochmals hervorgehoben, dass die so resultierende Näherung
2
E(k)  E C 
 k2
(III.23)
2  m eff
nur an den Bandkanten gilt, da ansonsten die effektive Masse keinesfalls als konstant vorausgesetzt
werden kann.
Gleichung III.23 liefert nun die erforderliche Ableitung
49
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1
1
 2

m
dk  dE 


 k   2 eff
(III.24)


dE  dk 
 k
 m eff 
sowie für die Wellenzahl selbst
2  m eff
(III.25)
k
 (E  E C )
2
und Einsetzen dieser Ergebnisse in Gleichung III.19 erhalten wir
m
m
2  m eff
m
V
V
V
(III.26)
D n  E   2  k 2  2 eff  2  k  eff
 2
 (E  E C )  eff
2
2
2π
2π
  k 2π


2
Wir wollen nun noch  durch h 2π ersetzen, die Gleichung III.26 danach etwas umschreiben
3
1
 2    m eff  k  T  2 2  E  E C  2 1
Dn  E   V  

 
 
h2
π  k T  k T


einige der Konstanten zu der sogenannten effektiven Zustandsdichte im Leitband
(III.27)
3
 2  π  m eff  k  T  2
NC  2  

h2


zusammenfassen und erhalten schließlich
(III.28)
1
1  E  EC  2 1
Dn  E   V  NC 

(III.29)
 
π  k T  k T
Als Produkt der so ermittelten Zustandsdichte und der Besetzungswahrscheinlichkeit entsprechend
Gleichung III.8. erhalten wir ausgehend von der Energietermdichte aus Gleichung III.29 unter
Hinzunahme des aus dem Pauli-Prinzips resultierenden Faktors 2 und nach dem Übergang zu
volumenbezogenen Trägerdichten
E 
1 d

1
1
2  E  E C  2  k  T 
dn  dN   2  D n (E)  Fn (E)   dE  N C 

(III.30)
 
E EF
V
V
π  k T 
k T
1 e
Die Elektronenkonzentration ergibt sich schließlich als das Integral über alle Energien des Leitbandes
E  EC 
1 d
EC 0 



2
2
 E  EC 
 k T 
n 0   dn  N C 


(III.31)

E  EF
k

T



EC
0
1  e k T
wobei die obere Integrationsgrenze nicht im Widerspruch zu der eingangs für die Taylor-Entwicklung der
Bandstruktur gemachten Voraussetzung steht, nur Energien in der Nähe der Leitbandkante zu betrachten,
da höhere Energieniveaus praktisch keine Beiträge zu diesem Integral liefern.
Trotz aller bereits eingeführten Näherungen ist auch dieses Integral nicht geschlossen lösbar. Für E  E F
können wir jedoch entsprechend Gleichung III.11 die Fermi-Dirac-Funktion durch die BoltzmannStatistik nähern und das Integral durch das Herausziehen von Konstanten so umformen
1

EE
2
 E  E C  2  k T F  E  E C 
n 0  NC 

d
 e

 0  k T 
 k T 
E E
 C F
k T

1
2
(III.32)
E  EC

k T
2
 E  EC 
 E  EC 
e

d
 e

k T 

 k T 
0
dass man mit Hilfe des einem Nachschlagewerk entnehmbaren bestimmten Integrals

1
x
0 x  e  dx  2 
 NC 
50
(III.33)
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die überraschend einfache Lösung

EC  EF
k T

EC  EF
k T
n 0  NC  e
(III.34)
erhält.
Für E  E F kann die Lösung des Integrals jedoch nur numerisch erfolgen. Das Fermi-Niveau EF liegt
dann offensichtlich oberhalb der Leitbandkante EC , d.h. nicht mehr in der verbotenen Zone sondern
innerhalb des Leitbandes. Man spricht von Entartung, da aufgrund der in diesem Fall sehr hohen
Trägerdichten die für die Boltzmann-Statistik vorausgesetzte gegenseitige Unabhängigkeit der Träger
nicht mehr gegeben ist und statt dessen tatsächlich die Fermi-Statistik Anwendung finden muss.
Diese exemplarisch für die Elektronen durchgeführte Rechnung könnte nun in dualer Weise auch für die
Löcher vorgenommen werden. Die Ergebnisse sind für den gewöhnlichen und entartetet Fall jeweils für
Elektronen und Löcher in den folgenden Gleichungen zusammengefasst:
n 0  NC  e
p0  N V  e

EF  EV
k T
für n 0  N C , p 0  N V
3
3
4
1  EF  EC  2
4
1  EV  EF  2
für n 0  N C , p 0  N V
n 0   NC 

p0   N V 



3
3
π  k T 
π  k T 
Für nicht entartete Halbleiter gilt stets das sogenannte Massenwirkungsgesetz

EC  E F
k T

(III.35)
EF EV
k T

EC  EV
k T

Eg
(III.36)
2
n 0  p0  N C  e
 NV  e
 NC  NV  e
 NC  NV  e
 ni
(III.37)
Das Produkt aus Elektronen- und Löcherkonzentration ist also stets gleich dem Quadrat einer materialund sehr stark temperaturabhängigen Konstanten, die Eigenleitungsdichte genannt wird.
Reine Halbleiter, deren Leitfähigkeit nicht durch gezielte Verunreinigungen, die als Dotierung
bezeichnet werden, verändert wurde, nennt man Eigenhalbleiter. Bezeichnen wir das Fermi-Niveau in
einem solchen Eigenhalbleiter mit Ei , so erhalten wir aus den Gleichungen III.35

E C  Ei

k T
Ei  E V
n 0  N C  e k T  n i  N V  e k  T  p 0
(III.38)
oder umgestellt nach der Energie Ei
m
1
1
N
1
3
E i    E C  E V    k  T  ln V    E C  E V    k  T  ln eff ,p
(III.39)
2
2
NC 2
4
m eff ,n
Das Fermi-Niveau eines Eigenhalbleiters liegt also nahezu in der Mitte der verbotenen Zone. Eine
Abweichung tritt lediglich in geringem Maße durch Unterschiede der effektiven Zustandsdichten im Leitund Valenzband auf, die wiederum entsprechend Gleichung III.28 durch unterschiedliche effektive
Massen der Elektronen und Löcher verursacht werden.
Mit Hilfe der Eigenleitungsdichte ni und der Energie Ei entsprechend Gleichung III.39 können die
Gleichungen III.35 schließlich auch wie folgt geschrieben werden:
n 0  ni  e
E F  Ei
k T
p0  n i  e
Ei  E F
k T
für E F  E C , E V  E F
51
(III.40)
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3. Halbleiter mit Störstellen
Bisher haben wir lediglich Eigenhalbleiter betrachtet, worunter wir reine Halbleiter verstehen wollten,
deren Leitfähigkeit nicht durch gezielte Verunreinigungen verändert wurde. Das gezielte Einbringen von
Fremdatomen, die sogenannte Dotierung, ist aber gerade die Grundlage für die Funktion nahezu aller
elektronischen Halbleiterbauelemente. Das Prinzip ist in Bild III.6 illustriert.
Im Eigenhalbleiter kann in Abhängigkeit von der Temperatur eine zumeist geringe Zahl von Elektronen
die verbotene Energiezone überspringen und somit vom Valenz- in das Leitband gelangen. Damit entsteht
ein quasifreies Elektron im Leitband und gleichzeitig ein Loch- im Valenzband. Im Eigenhalbleiter muss
also die Zahl der Elektronen immer gleich der Anzahl der Löcher sein. Es sei nochmals daran erinnert,
dass sich tatsächlich natürlich auch im Valenzband die Elektronen bewegen. Sie unterliegen hier jedoch
anderen Bedingungen, denken wir nur an die effektive Masse, so dass wir künftig nur noch die Löcher als
quasi zweite Ladungsträgersorte betrachten wollen.
Ein n-Halbleiter entsteht, wenn man ein Atom in das Gitter einbringt, das mehr Elektronen für Bindungen
bereitstellen könnte, als zu seiner Einbindung im Gitter erforderlich sind. Derartige Materialien werden
Donatoren genannt. Sie werden so ausgewählt, dass ein zusätzliches erlaubtes Energieniveau in der im
reinen Halbleiter verbotenen Zone dicht unter dem Leitband entsteht. Von dort kann nun ein Elektron
sehr viel leichter die Bindung verlassen und im Leitband zum Stromfluss beitragen. Das Donatoratom
wird dadurch zwar ionisiert, ist jedoch ortsfest und trägt nicht zum Stromfluss bei.
Umgekehrt entsteht ein p-Halbleiter, wenn man ein Atom in das Gitter einbringt, das weniger Elektronen
für Bindungen bereitstellen kann, als zu seiner Einbindung im Gitter erforderlich wären. Derartige
Materialien werden Akzeptoren genannt. Sie werden so ausgewählt, dass ein zusätzliches erlaubtes
Energieniveau dicht oberhalb des Valenzbandes entsteht. Ein Elektron kann nun sehr leicht seine
ursprüngliche Bindung, also das Valenzband verlassen und die Einbindung des Akzeptors komplettieren.
Dadurch entsteht ein Loch im Valenzband, das dort zum Stromfluss beitragen kann. Auch das Akzeptoratom wird dadurch natürlich ionisiert, ist jedoch wiederum ortsfest und trägt nicht zum Stromfluss bei.
Si
Si
Si
As+
Si
B-
Si
Si
Si
Si
Si
Si
Eigenhalbleiter
Si  Si  e   h 
φ
φ
φ
EC
EC
EC
EF
EF
EF
EV
EV
EV
n-Halbleiter
Donator: As  As   e 
Bild III.6: Ladungsträgergeneration in Eigen- , n- und p-Halbleitern
52
p-Halbleiter
Akzeptor: B  B  h 
A. Thiede
Werkstoffe der Elektrotechnik
Die Konzentration der Donatoren bzw. Akzeptoren muss jeweils gleich der Summe der neutralen und der
ionisierten Donatoren bzw. Akzeptoren sein:
N D  N 0D  N D
N A  N 0A  N A
(III.41)
Die Wahrscheinlichkeit für die Ionisierung eines Donators oder Akzeptors ist von der Lage seines
Energieniveaus ED bzw. EA abhängig:
N 0 N  N D
1
N A N A  N 0A
1
(III.42)
FD  D  D

F



A
ED EF
EA EF
ND
ND
N
N
1
A
A
1   e k T
1  2  e k T
2
Die hier auftretenden Faktoren ½ bzw. 2 liegen in der Tatsache begründet, dass ja jeder Energiezustand
grundsätzlich von zwei Elektronen unterschiedlichen Spins, hier aber natürlich nur von jeweils einem
Elektron besetzt werden kann. Außerdem ist für das Verständnis dieser Gleichung zu beachten, dass ein
Donator ionisiert ist, wenn der durch ihn geschaffene Energiezustand nicht besetzt ist, während ein
Akzeptor ionisiert ist, wenn der durch ihn geschaffene Energiezustand besetzt ist.
Während beim Eigenhalbleiter die Zahl der Elektronen gleich der Zahl der Löcher sein muss, gilt dies
beim n-Halbleiter für die Zahl der Elektronen und die Zahl der ionisierten Donatoren sowie beim pHalbleiter für die Zahl der Löcher und die Zahl der ionisierten Akzeptoren. Allgemein kann diese
Neutralitätsbedingung wie folgt ausgedrückt werden:
n 0  N A  p0  N D
(III.43)
Sind alle eingebrachten Donatoren und Akzeptoren ionisiert
n0  ND
p0  N A
(III.44)
spricht man von Störstellenerschöpfung, andernfalls von Störstellenreserve
n0  ND
p0  N A
(III.45)
Wir werden im Folgenden stets von Störstellenerschöpfung ausgehen können.
4. Kompensierte Halbleiter
Wir wollen nun den Fall betrachten, dass ein Halbleiter sowohl Donatoren als auch Akzeptoren enthält.
Man spricht dann von kompensierten oder auch von vergifteten Halbleitern. Als Beispiel wählen wir
wie in Bild III.7 dargestellt einen n-Halbleiter, der zusätzlich eine schwache p-Dotierung erhält, so dass
also N D  N A gilt. Für den umgekehrten Fall gelten die Aussagen
φ
in entsprechend dualer Weise. Obwohl dann die zusätzlich
eingebrachten Akzeptoren praktisch vollständig ionisiert werden,
EC
erhöht sich die Konzentration der Löcher kaum, so dass p0
EF
vernachlässigt werden kann. Statt dessen sinkt die Konzentration
der Elektronen entsprechend der Neutralitätsbedingung III.43 auf
EV
n 0  N D  N A  N D  N A
(III.46)
Bild III.7: Vergifteter n-Halbleiter
wenn auch für die Donatoren von Störstellenerschöpfung
ausgegangen wird.
Praktische Anwendung findet dieser Zusammenhang z.B. bei der Kompensation unerwünschter flacher
Donatoren oder Akzeptoren durch gezielt eingebrachte tiefe, d.h. eher in der Mitte der verbotenen Zone
liegende Akzeptoren bzw. Donatoren. Diese, daher auch als Traps bezeichneten, tiefen Störstellen, fangen
zwar die durch flache Donatoren und Akzeptoren erzeugten Elektronen bzw. Löcher ein, können
aufgrund ihres energetischen Abstandes zu den Bandkanten jedoch selbst keine Elektronen oder Löcher
erzeugen. Auf diese Weise kann der spezifische Widerstand von Substraten weit über die durch
unvermeidbare Verunreinigungen gesetzten Grenzen hinaus vergrößert werden.
53
A. Thiede
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5. Elektrische Leitfähigkeit von Halbleitern
Die Dotierung eines Halbleitermaterials erfolgt mit dem Ziel, quasifreie Ladungsträger, also Elektronen
und Löcher zu erzeugen, und so gezielt die elektrische Leitfähigkeit des Halbleiters zu beeinflussen. Da
der Betrag der Ladung eines Elektrons bzw. Loches jeweils die Elementarladung q ist, ergeben sich als
Ladungsdichten
ρ n  q  n 0
ρp  q  p0
(III.47)
Diese Ladungen treten zwar nicht als Raumladungen in Erscheinung, da ja die ionisierten Donatoren und
Akzeptoren jeweils gleichgroße Ladungen entgegengesetzten Vorzeichens bilden. Aber im Unterschied
zu ihnen können sich die Elektronen und Löcher im Halbleiter mit den Geschwindigkeiten vn und vp
bewegen und somit Konvektionsströme der Dichten
J n  ρn  vn
J p  ρp  vp
(III.48)
erzeugen.
a) Beweglichkeit:
Die Geschwindigkeiten der Ladungsträger sind proportional zu der Stärke des angelegten elektrischen
Feldes
v n  μ n  E
vp  μ p  E
(III.49)
wenn vorausgesetzt werden kann, dass diese Geschwindigkeiten klein gegen die thermische
Geschwindigkeit vth , also die Geschwindigkeit der thermischen Wimmelbewegung sind. Dann ist die
Zahl der Zusammenstöße mit Gitteratomen nämlich allein von der thermischen Geschwindigkeit der
Ladungsträger abhängig. Der Proportionalitätsfaktor µ wird als Beweglichkeit bezeichnet. Stellt man sich
die Bewegung der Elektronen und Löcher nun als ständigen Wechsel einer konstanten Beschleunigung
über eine gewisse Zeit τ, die mittlere Flugzeit, und dem Abbremsen auf Null durch eine Kollision vor, so
erhält man als mittlere Geschwindigkeiten
qE
qE
(III.50)
 τp
vn  
vp 
 τn
2  m n,eff
2  m p,eff
und durch einen Vergleich der Gleichungen III.50 mit III.49 erhält man für die Beweglichkeiten
q  τp
q  τn
μp 
(III.51)
μn 
2  m n,eff
2  m p,eff
v
b) Heiße Ladungsträger:
Steigt die Geschwindigkeit der Ladungsträger soweit, dass sie in
die Nähe der thermischen Geschwindigkeit kommt oder diese sogar
übersteigt, spricht man von heißen Ladungsträgern. Infolgedessen
sinken die mittlere Flugzeit, verringert sich die Beweglichkeit und
es resultiert ein Geschwindigkeits-Feldstärkeverlauf mit einer
Sättigungscharakteristik entsprechend Bild III.8.
E
Bild III.8: v(E)-Kennlinie
bei heißen
Ladungsträgern
c) Gunn-Effekt:
In Abschnitt I.2.5 hatten wir festgestellt, dass entsprechend Gleichung I.107 die effektive Masse durch die
Krümmung der Bandstruktur bestimmt wird. Stellen wir uns qualitativ eine Bandstruktur entsprechend
Bild III.9 vor, wie sie gemäß Bild III.1 z.B. in GaAs auftritt. Die Elektronen werden sich dann zunächst
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A. Thiede
Werkstoffe der Elektrotechnik
im energetisch tiefsten Minimum bei k=0 aufhalten. Durch das Anlegen eines elektrischen Feldes werden
sie beschleunigt und können bei ausreichendem Energiezuwachs in das um ΔE höher liegende
Nebenminimum gestreut werden. Dieser Vorgang wird als Seitentalstreuung bezeichnet. Die geringere
Krümmung dieses Nebenminimums impliziert aber sofort eine gestiegene effektive Masse, sodass die
gestreuten Elektronen nun eine geringere Beweglichkeit haben. In der in Bild III.10 dargestellten v(E)Charakteristik führt dies zu einem Abfall der Geschwindigkeit trotz Zunahme der Feldstärke. Dieses als
Gunn-Effekt bezeichnete Verhalten führt wiederum zu einer Strom-Spannungskennlinie mit einem
negativen differentiellen Widerstand entsprechend Bild III.11, der zur Schwingungserzeugung ausgenutzt
werden kann.
E(k)
v(E)
I
1 dI

0
r dU
ΔE
k
Δk
E
Bild III.9: Seitentalstreuung
als Ursache des
Gunn-Effekt
Bild III.10: v(E)-Diagramm
infolge des
Gunn-Effektes
U
Bild III.11: Negativer differentieller Widerstand infolge
des Gunn-Effektes
d) Velocity-Overshoot-Effekt:
Wie ebenfalls Bild III.9 zu entnehmen, ist die Seitentalstreuung nicht nur mit einer Energiezunahme
sondern auch mit einer Impulsänderung verbunden. Dies bedeutet aber, dass jeder Streuvorgang einen
Zusammenstoß mit einem Gitteratom, genauer gesagt eine Wechselwirkung mit einem Phonon,
voraussetzt.
Bei
sehr
kurzen
Flugzeiten
sind
solche
v(t)
Wechselwirkungen aber relativ unwahrscheinlich, was im Extremfall
zum Begriff des Ballistischen Transportes führt. Jedoch auch beim
nah-ballistischen Transport kann die Geschwindigkeit für kurze Zeit
deutlich oberhalb des durch die statische v(E)-Kennlinie entsprechend
Bild III.10 vorgegebenen Wertes liegen. Nach dem Einschalten eines
elektrischen Feldes zum Zeitpunkt t=0 ergibt sich also die in
t
Bild III.12 dargestellte dynamische v(t)-Kennlinie, die trotz ihrer
Ähnlichkeit mit der statischen v(E)-Kennlinie nicht mit dieser
Bild III.12: Velocity-Overshoot verwechselt werden sollte. Aufgrund des Überschwingens der v(t)im v(t)-Diagramm
Kennlinie wird der Effekt als Velocity-Overshoot bezeichnet.
d) Hall-Effekt:
Im Unterschied zu den bisher diskutierten Effekten im elektrischen Feld, wollen wir jetzt die auf bewegte
Elektronen in einem Magnetfeld ausgeübte Lorentz-Kraft

 
F  q  v  B
(III.52)


betrachten. Die Geschwindigkeit vx kann für eine quaderförmige Halbleiterprobe mit der Elektronenkonzentration n entsprechend Bild III.13 bei bekanntem Strom mit Gleichung III.48 durch
I
vx  
(III.53)
qn db
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A. Thiede
Werkstoffe der Elektrotechnik
ausgedrückt werden. Die aufgrund der Lorentz-Kraft zur Seite abgelenkten Elektronen erzeugen ein
elektrisches Feld, dessen Kraftwirkung auf die Elektronen seinerseits im Gleichgewichtsfall der LorentzKraft entgegengerichtet und betragsmäßig gleich sein muss:
(III.54)
 q  E y  e y     nIdBzb  e y   0


Damit ergibt sich die zwischen den Seitenflächen der Probe messbare Hall-Spannung
I  Bz
U H  E y  b 
(III.55)
q

n

d
z
Bz
y
Bestimmt man mit Hilfe einer
einmaligen Strom-Spannungs-Messung
x
zuvor den spezifischen Leitwert der

I
Probe
vx
I L

 n  q  n  µn  
(III.56)
F
U db
b
so können die Beweglichkeit der
d
Elektronen bzw. die magnetische
Flussdichte in Abhängigkeit von der
L
gemessenen Hallspannung ausgedrückt
Bild III.13: Zur Erläuterung des Hall-Effektes
werden:
U d
μn  H
(III.57)
I  Bz
Der Hall-Effekt kann also gleichermaßen sowohl zur Messung der magnetischen Flussdichte als auch der
Beweglichkeit der Elektronen, und in dualer Weise natürlich ebenso der Löcher, ausgenutzt werden.
e) Seebeck-Effekt, Peltier-Effekt:
Abschließend soll anhand zweier thermoelektrischer Effekte gezeigt werden, dass neben elektrischen und
magnetischen Feldern auch Temperaturgradienten die Ladungsträger beeinflussen.
Gehen wir zunächst von einer n- oder p-dotierten Probe aus, so entsteht in ähnlicher Weise wie bei
Metallen eine Thermospannung, wenn die beiden Enden der Probe eine unterschiedliche Temperatur
aufweisen. Dieser Effekt, den wir bereits in Abschnitt II.5.d als Seebeck-Effekt kennengelernt hatten,
kann bei Halbleitern sogar verstärkt auftreten, da die Diffusion hier
T1
nicht nur durch die am wärmeren Ende verstärkte Wimmelbewegung
der Elektronen und Löcher sondern auch durch ihre entsprechend
Gleichung III.35 dort höhere Konzentration angetrieben wird.
n
p
Erzwingt man diesen Strom durch ein elektrisches Feld und kombiniert
T0
entsprechend Bild III.14 einen n- und einen p-Halbleiter, so müssen die
Elektronen und Löcher an der oberen Elektrode ständig neu gebildet
werden und es kommt bei konstant gehaltener Temperatur T0 zu einer
Absenkung der Temperatur T1 . Dieser für Kühlelemente nutzbare
U
Effekt wird als Peltier-Effekt bezeichnet.
Bild III.14: Peltier Element
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