LGÖ Ks Ph 13 4-stündig 21.11.2011 Zusammenfassung: Elektromagnetische Schwingungen und Wellen Elektromagnetische Schwingungen Ein elektromagnetischer Schwingkreis besteht aus einem Kondensator und einer Spule. In der gezeichneten Schalterstellung wird der I Kondensator aufgeladen. Nach Umlegen des Schalters beginnt der Kondensator, sich über die Spule zu entladen. Die Selbstinduktion der Spule wirkt dem Stromstärkeanstieg entgegen, so dass sich der U0 U Kondensator nicht schlagartig entlädt. Die Stromstärke ist am größten, wenn der Kondensator gerade entladen ist. Nun bewirkt die Selbstinduktion der Spule, dass der Strom weiterfließt. Dadurch lädt sich der Kondensator mit umgekehrtem Vorzeichen wieder auf. Betrachtet man die Spule als ideal, so dass keine Energie verloren geht, dann liegt schließlich am Kondensator wieder dieselbe Spannung wie zu Beginn, nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Nun wiederholt sich der ganze Vorgang mit umgekehrtem Vorzeichen, bis wieder der Ausgangszustand erreicht ist. Bei einer solchen elektromagnetischen Schwingung pendelt die Energie periodisch zwischen dem elektrischen Feld des Kondensators und dem Magnetfeld der Spule hin und her. Wir betrachten einen Schwingkreis aus einem Kondensator der Kapazität C und einer Spule der Induktivität L. Ist U die maximale Spannung und I die maximale Stromstärke, dann gilt für eine ungedämpfte Schwingung der Energieerhaltungssatz: Wel = Wmag I U C L 2 1 1 2 CU = LI . 2 2 Wir leiten die Differenzialgleichung einer ungedämpften elektromagnetischen Schwingung her: Die Spannung an der Spule, also die Induktionsspannung U ind ( t ) , ist gleich der Spannung U C ( t ) am Kondensator: Es ist C = U ind ( t ) = U C ( t ) • Q (t ) U Q , also U C ( t ) = , und L = − •ind , also U ind ( t ) = − L ⋅ I ( t ) : U C I • −L ⋅ I (t ) = Q (t ) C 1 I (t ) = − ⋅ Q (t ). LC • • • •• Stets gilt I ( t ) = Q ( t ) , also I ( t ) = Q ( t ) . Einsetzen ergibt die Differenzialgleichung einer ungedämpften elektromagnetischen Schwingung: •• Q (t ) = − 10b_zus_elektromagnetischeschwingungenundwellen 1/8 1 ⋅ Q (t ) . LC LGÖ Ks Ph 13 4-stündig 21.11.2011 Diese DGL ist analog zur DGL einer mechanischen Schwingung. Entsprechend ist die Lösung der DGL die (von der maximalen Ladung Q und dem Phasenwinkel ϕ abhängende) Funktion Q ( t ) = Q ⋅ sin (ω t + ϕ ) . Zweimaliges Ableiten dieser Funktion ergibt • Q ( t ) = ω Q ⋅ cos (ω t + ϕ ) •• Q ( t ) = −ω 2 Q ⋅ sin (ω t + ϕ ) = −ω 2 ⋅ Q ( t ) , und Einsetzen in die DGL ergibt 1 −ω 2 ⋅ Q ( t ) = − ⋅ Q (t ) LC 1 ω2 = LC 1 ω= . LC 2π Wegen ω = folgt daraus die T Thomson’sche Schwingungsgleichung: Ein ungedämpfter Schwingkreis aus einem Kondensator der Kapazität C und einer Spule der Induktivität L schwingt mit der Periodendauer T = 2π LC . C L Üblicherweise wird der Kondensator zunächst auf eine Spannung U 0 aufgeladen und von der Spannungsquelle getrennt. Dann ist die maximale Spannung U = U 0 . Die maximale Ladung Q Q berechnet man aus der Beziehung C = , und die maximale Stromstärke I berechnet man aus der U 2 2 1 1 Beziehung CU = LI (siehe oben). Wird der Kondensator zum Zeitpunkt t = 0 mit der Spule 2 2 verbunden, dann gilt U ( t ) = U ⋅ cos (ω t ) Q ( t ) = C ⋅ U ( t ) = CU ⋅ cos (ω t ) = Q ⋅ cos (ω t ) • I ( t ) = Q ( t ) = −ω Q ⋅ sin (ω t ) = − I ⋅ sin (ω t ) . Häufig rechnet man die Stromstärke mit umgekehrtem Vorzeichen, also I ( t ) = I ⋅ sin (ω t ) . Einschub: Transistor C D Ein bipolarer Transistor hat drei Anschlüsse: B Basis (B), Kollektor (C) und Emitter (E). G Ein Feldeffekttransistor hat die entsprechenden Anschlüsse: E S Gate (G), Drain (D) und Source (S). Wir zeichnen im Folgenden einen bipolaren Transistor; man kann aber genauso gut einen Feldeffekttransistor verwenden. 10b_zus_elektromagnetischeschwingungenundwellen 2/8 LGÖ Ks Ph 13 4-stündig 21.11.2011 IC Mit nebenstehender Schaltung erhält man die Kennlinie eines I Transistors, also die AbhängigU0 keit der Stromstärke I C der Kollektor-Emitter-Strecke von U der Spannung U BE zwischen U Schw U BE Basis und Emitter. Ab der sog. Schwellspannung U Schw wird der Transistor leitend. Die Schwellspannung ist bei einem bipolaren Transistor ungefähr 0,7 V und bei einem Feldeffekttransistor ungefähr 3 V. Meißner-Schaltung zur Erzeugung ungedämpfter Schwingungen: Stelle mit dem Potentiometer den Arbeitspunkt des Transistors ein, d. h. eine Spannung knapp unterhalb der Schwellspannung. Die Schwingkreisspule ist über einen Eisenkern mit einer Induktionsspule gekoppelt. Wird in der Induktionsspule eine Spannung mit der eingezeichneten Polarität induziert, dann wird der Transistor leitend. Dadurch wird das U0 Aufladen des Kondensators unterstützt, und dem Schwingkreis wird Energie zugeführt. Der Transistor wird also nach dem Prinzip der Rückkopplung gesteuert, d. h. der Schwingkreis steuert selbst den Zeitpunkt, zu dem der Transistor leitend wird. Der Widerstand dient zur Strombegrenzung bei der Aufladung des Kondensators. Elektromagnetische Wellen 1. Hertz’scher Dipol Denkt man sich bei einem Schwingkreis die Kondensatorplatten auseinander gebogen und jeweils zu einem Stück Draht entartet und denkt man sich die Spule zu einem geraden Draht auseinander gezogen, dann erhält man ein gerades Stück Draht. Ein solcher Hertz’scher Dipol ist zu elektromagnetischen Schwingungen fähig: Koppelt man einen Hertz’schen Dipol an einen hochfrequenten Schwingkreis, dann entsteht in der Umgebung des Dipols ein sich änderndes elektrisches Feld (am stärksten in der Umgebung der Dipolenden) und ein sich änderndes Magnetfeld (am stärksten in der Umgebung der Dipolmitte): 3 T T t= T: t= : t= : t = 0: 4 4 2 E I B E I B 2. Ausbreitung elektromagnetischer Wellen Aus dem Kapitel „Induktion“ ist bekannt: Ein sich änderndes Magnetfeld erzeugt ein elektrisches Wirbelfeld, d. h. die elektrischen Feldlinien verlaufen kreisförmig um die Magnetfeldlinien. 10b_zus_elektromagnetischeschwingungenundwellen 3/8 LGÖ Ks Ph 13 4-stündig Nebenstehend ist ein anwachsendes Magnetfeld dargestellt. Die Richtung der elektrischen Feldlinien bestimmt man mit der Lenzschen Regel. 21.11.2011 B E Ohne Begründung: Es gilt auch die „Umkehrung“: Ein sich änderndes elektrisches Feld erzeugt ein magnetisches Wirbelfeld, d. h. die magnetischen Feldlinien verlaufen kreisförmig um die elektrischen Feldlinien. Nebenstehend ist ein anwachsendes elektrisches Feld dargestellt. Die Richtung der Magnetfeldlinien soll hier nicht begründet werden. E B Betrachte das von einem schwingenden Hertz’schen Dipol erzeugte sich ändernde elektrische Feld. Es erzeugt ein sich änderndes Magnetfeld. Dieses erzeugt wiederum ein sich änderndes elektrisches Feld usw.: eine elektromagnetische Welle breitet sich aus. Man zeigt experimentell, dass elektromagnetische Wellen Transversalwellen sind, d. h. die elektrischen und die magnetischen Feldlinien verlaufen orthogonal zur Ausbreitungsrichtung (und sind orthogonal zueinander). Wie jede fortschreitende Welle transportiert eine elektromagnetische Welle Energie. 3. Ausbreitungsgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle Trifft eine elektromagnetische Welle auf eine Metallwand, dann wird sie (zu einem erheblichen Teil) reflektiert, und vor der Wand bildet sich eine stehende Welle, wobei an der Wand ein Knoten der elektrischen Feldstärke ist. Hat die Welle die Wellenlänge λ, dann haben (wie bei jeder stehenden λ . Durch Ausmessen der Abstände der Knoten der 2 elektrischen Feldstärke kann man also experimentell die Wellenlänge einer elektromagnetischen Welle bestimmen. Kennt man die Frequenz f der Welle, dann kann man ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit c berechnen. Welle) zwei benachbarte Knoten den Abstand Herleitung siehe „Für Experten“: In einem Stoff der Dielektrizitätszahl ε r und der Permeabilitätszahl µ r breitet sich eine elektromagnetische Welle mit der Geschwindigkeit 1 c= ε 0 ε r µ0 µ r aus. In Vakuum (und näherungsweise in Luft) ist ε r = µ r = 1 , also c = c0 = 1 ε 0 µ0 1 = ≈ 2,99792 ⋅ 108 m . s F Vs ⋅ 4π ⋅ 10−7 m Am Also breitet sich eine elektromagnetische Welle im Vakuum mit der (Vakuum-)Lichtgeschwindigkeit m km c0 ≈ 3, 00 ⋅ 108 = 300 000 s s aus. 8,85419 ⋅ 10−12 10b_zus_elektromagnetischeschwingungenundwellen 4/8 LGÖ Ks Ph 13 4-stündig 21.11.2011 4. Resonanzbedingung bei einem Hertz’schen Dipol An einem schwingenden Hertz’schen Dipol läuft eine elektromagnetische Welle entlang, die an den Enden des Dipols reflektiert wird. Der Dipol schwingt nur kräftig, wenn sich dabei eine stehende Welle bildet. An den Dipolenden • häufen sich die elektrischen Ladungen am stärksten an; das elektrische Feld hat dort einen Bauch; • ist die Stromstärke Null, also auch die magnetische Flussdichte; das Magnetfeld hat dort einen Knoten. Dies sind die Randbedingungen eines beidseitig begrenzten Wellenträgers mit zwei festen bzw. mit zwei freien Enden. Also tritt bei der Wellenlänge λ nur Resonanz auf, wenn für die Länge l des Hertz’schen Dipols gilt: l =k⋅ λ 2 Die kürzeste mögliche Dipollänge ist also l = ( k = 1; 2; 3; …). λ 2 . 5. Elektromagnetische Wellen in Materie Eine elektromagnetische Welle breitet sich 1 in Vakuum mit der (Vakuum-)Lichtgeschwindigkeit c0 = • in einem Stoff der Dielektrizitätszahl ε r und der Permeabilitätszahl µ r mit der Geschwindig1 aus. keit c* = ε 0 µ0 = 3, 00 ⋅ 108 m aus; s • ε 0ε r µ0 µr Für alle nicht ferromagnetischen Stoffe (also alle Stoffe außer Eisen, Nickel und Kobalt) ist µ r ≈ 1 . In solchen Stoffen gilt in guter Näherung c c* = 0 . εr Definition: Die Brechungszahl n eines Stoffs ist n= c0 . c* c0 , und für Stoffe mit µ r ≈ 1 ist n = ε r . n Beim Übergang einer elektromagnetischen Welle von Vakuum in einen Stoff der Brechungszahl n bleibt die Frequenz gleich; also ändert sich die Wellenlänge. In Vakuum ist c0 = λ0 f , und in dem Also ist c* = Stoff ist c* = λ * f . Daraus folgt (dividiere die erste Gleichung durch die zweite Gleichung und vertausche im Ergebnis die Seiten): λ0 c0 = . λ * c* Die rechte Seite der Gleichung ist nach Definition die Brechungszahl n; also gilt λ0 =n. λ* Merke: Die Wellenlängen verhalten sich wie die Ausbreitungsgeschwindigkeiten. Stets ist ε r ≥ 1 , also n ≥ 1 , also c ≤ c0 und λ * ≤ λ0 . 10b_zus_elektromagnetischeschwingungenundwellen 5/8 LGÖ Ks Ph 13 4-stündig 21.11.2011 6. Polarisation Eine elektromagnetische Welle (z. B. Licht) heißt linear polarisiert, wenn die elektrischen Feldlinien längs eines Wellenstrahls immer in derselben Ebene liegen. Beispiele: • Von einem Hertz’schen Dipol erzeugte elektromagnetische Wellen sind linear polarisiert. • Laserlicht ist linear polarisiert. • Sonnenlicht ist unpolarisiert. • Das Licht einer Glühlampe ist unpolarisiert. Trifft eine elektromagnetische Welle auf einen Polarisator (z. B. Licht auf eine Polarisationsfolie), dann wird nur die zur Durchlassrichtung des Polarisators parallele Komponente E des elektrischen Felds E durchgelassen. Die Intensität einer elektromagnetischen Welle (z. B. von Licht) ist proportional zum Quadrat des maximalen Betrags der elektrischen Feldstärke. 7. Messung der Lichtgeschwindigkeit Drehspiegelmethode nach Foucault: Aufbau: Endspiegel Drehspiegel Ein Laserstrahl fällt auf einen Drehspiegel D, läuft von d D E dort zum Endspiegel E, wo er in sich reflektiert wird, trifft wieder auf den Drehspiegel D und wird in die l Laser ∆ϕ s Laseröffnung zurückreflektiert. Neben dem Laser ist Schirm ein Schirm angebracht. Durchführung: Der Drehspiegel wird in Rotation versetzt. Während der Laufzeit ∆t des Lichts von D nach E und zurück hat sich der Drehspiegel um den Winkel ∆ϕ weitergedreht. Deshalb wird der vom Endspiegel kommende Laserstrahl nicht in die Laseröffnung zurückreflektiert, sondern trifft um eine kleine Strecke s versetzt auf dem Schirm auf. Auswertung: Die Strecke s wird auf einer Millimeterskala abgelesen. Den Winkel ∆ϕ , um den sich der Drehspiegel gedreht hat, erhält man aus der Strecke s auf dem Schirm und der Entfernung l des Schirms vom Drehspiegel. Die Drehfrequenz des Drehspiegels bestimmt man mit einem Stroboskop. Die Laufzeit ∆t erhält man aus dem Drehwinkel ∆ϕ und der Drehfrequenz des Drehspiegels. Ist d die Entfernung zwischen dem Drehspiegel und dem Endspiegel, dann ist die Licht2d geschwindigkeit c = . ∆t Für Experten: Seit 1983 ist die Lichtgeschwindigkeit im SI-System eine Grundeinheit; sie ist definiert als die Geschwindigkeit 299 792 458 m s . Dafür ist seither die Einheit Meter eine abgeleitete Einheit. Streng genommen misst man also nicht die Lichtgeschwindigkeit, sondern die Einheit Meter. 10b_zus_elektromagnetischeschwingungenundwellen 6/8 LGÖ Ks Ph 13 4-stündig 21.11.2011 Vergleich: Mechanische Schwingungen und elektromagnetische Schwingungen Elektromagnetische Schwingung Mechanische Schwingung Trägheit der Masse •• s (t ) = − D ⋅ s (t ) m Masse m (Richtgröße D) s ( t ) = s ⋅ sin (ω t + ϕ ) ω= Eigenschaft, die das „Durchschwingen“ bewirkt: Selbstinduktion der Spule Differenzialgleichung: •• 1 Q (t ) = − ⋅ Q (t ) LC entsprechende Größen: Induktivität L 1 (Kehrwert der Kapazität) C Lösung der DGL: Q ( t ) = Q ⋅ sin (ω t + ϕ ) Winkelgeschwindigkeit: 1 ω= LC D m Periodendauer: T = 2π m D T = 2π LC Für Experten Herleitung der Ausbreitungsgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle: Aus dem Kapitel „Induktion“ ist bekannt: Bewegt sich ein Leiter der Länge d in einem Magnetfeld der Flussdichte B mit der Geschwindigkeit v ( d ⊥ B und v ⊥ d und v ⊥ B ), dann werden in dem Leiter Elektronen verschoben, und in dem Leiter entsteht ein elektrisches Feld der Feldstärke E. Es stellt sich ein stationärer Zustand ein, in dem die elektrische Kraft Fel auf ein Elektron gleich der Lorentzkraft FL ist; es gilt also Fel = FL eE = Bev E = Bv Betrachtet man diesen Vorgang im Bezugssystem des Leiters, dann bewegt sich das Magnetfeld der Flussdichte B mit der Geschwindigkeit v; die elektrische Feldstärke E bleibt gleich. Ohne weitere Begründung: Dies gilt auch ohne Vorhandensein eines Leiters: Ein mit der Geschwindigkeit v über einen Punkt hinwegziehendes Magnetfeld der Flussdichte B erzeugt dort ein elektrisches Feld der Feldstärke E = Bv . 10b_zus_elektromagnetischeschwingungenundwellen 7/8 LGÖ Ks Ph 13 4-stündig 21.11.2011 Nimmt man an, dass bei einer elektromagnetischen Welle die Energiedichte ρel des elektrischen Felds gleich der Energiedichte ρ mag des Magnetfelds ist, dann kann man die Ausbreitungsgeschwindigkeit v in einem Stoff der Dielektrizitätszahl ε r und der Permeabilitätszahl µ r berechnen: ρel = ρ mag 1 1 B2 ε 0ε r E 2 = 2 2µ 0 µ r ε 0ε r ( Bv ) = 2 ε 0ε r v 2 = v= 10b_zus_elektromagnetischeschwingungenundwellen 8/8 1 µ0 µr B2 1 µ0 µr 1 ε 0ε r µ0 µr