Dr. Mario Helm et al. Institut für Numerische Mathematik und Optimierung Fakultät für Mathematik und Informatik Vorkurs Mathematik 2014 Winkelmessung und trigonometrische Funktionen 6.-10.10.2014 1 Winkel und Winkelmessung Winkel. . . Teil der Ebene, der von zwei Strahlen („Schenkeln“) mit gleichem Anfangspunkt („Scheitel“) begrenzt wird Winkelmessung. . . Quantitative Erfassung der „Öffnungweite“, d. h. lediglich der relativen Lage der Strahlen zueinander Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 1 Bogenmaß Die Winkelmessung im Bogenmaß erfolgt unter Beachtung des Drehsinns am Einheitskreis: 1 ϕ ϕ 0 1 Die Größe des Winkels im Bogenmaß entspricht der Länge des ausgeschnitten Bogens auf dem Einheitskreis. Der Vollkreis entspricht einem Winkel von 2π (Umfang des Einheitskreises). Einheit: Zur Identifikation als Winkel verwendet man mitunter den Radiant: 1 rad= 1 m m = 1. Mathematisch gesehen ist das verzichtbar. Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 2 Gradmaß Beim Gradmaß wird die Größe des Vollkreises auf 360◦ normiert. Damit entspricht dem Winkel π im Bogenmaß die Gradangabe 180◦ . Für beliebige Winkel gelten die Umrechnungsformeln 180 · Winkel in Radiant π π Winkel in Radiant = · Winkel in Grad 180 Winkel in Grad = Wie groß ist der rechte Winkel (90◦ ) im Bogenmaß? Wieviel Grad entspricht 1 rad? Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 3 Winkelmesser mit Grad und Radiant Prägen Sie sich einige Werte auch im Bogenmaß ein. Achten Sie beim Rechnen mit Winkeln auf korrekte Taschenrechnereinstellung (◦ /rad). Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 4 Bogenminuten und Bogensekunden Im Zusammenhang mit der Gradskala sind neben der üblichen Dezimaldarstellung auch kleinere Einheiten in Gebrauch: Eine Bogenminute (10 ) ist der 60-te Teil eines Grads. Eine Bogensekunde (100 ) ist der 60-te Teil einer Bogenminute bzw. der 3600-te Teil eines Grades. Angaben mit Grad, Bogenminuten und Bogensekunden verwendet man vor allem in der Geographie und in der Astronomie. In Google Earth kann man für den Hörsaal WIN 1005 die geografischen Koordinaten 50◦ 550 3000 N und 13◦ 200 0100 O ablesen. Wie lauten die Angaben in Grad mit den gewohnten Nachkommastellen? Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 5 Geographische Längen und Breiten Positionen auf der Erdoberfläche lassen sich immer mittels zweier Winkel (geogr. Länge (links) und Breite (rechts)) angeben: Welchem Weg entspricht 1◦ (10 , 100 ) Breite auf der Erdoberfläche, wenn man sich entlang eines Meridians bewegt? Gehen Sie von einer kugelförmigen Erde mit 40000 km Umfang aus. Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 6 Schätzen Sie Blickwinkel In der Astronomie erfasst man Durchmesser und Abstände von Objekten an der Himmelskugel ebenfalls über Winkelgrößen. Schätzen Sie: den Winkel, den die gespreizte Hand (Ringfinger- bis Daumenspitze); der Handrücken; der Zeigenfinger bei gestrecktem Arm überdeckt, die „Länge“ des Großen Wagens, den Durchmesser der Sonne (des Mondes), den Abstand Mizar-Alkor (mittlerer Deichsel(doppel)stern des Großen Wagens), die Auflösung des menschlichen Auges / die minimale Distanz zweier getrennt sichtbarer Sterne, den maximale Abstand des Gallileischen Jupitermondes Ganymed zum Jupiter, den Durchmesser des Jupiterscheibchens. Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 7 Gon und Strich Neben Grad und Radiant sind vereinzelt noch weitere Einheiten in Gebrauch. Insbesondere wären zu nennen: das Gon ist der 400-te Teil eines Vollkreises, ein rechter Winkel entspricht also 100 gon. Gebrauch vor allem im Vermessungs- und Markscheidewesen. der nautische Strich ist der 32-te Teil eines Vollkreises. Gebrauch vor allem in der Seefahrt zur Grobpeilung. Kompassrose mit Strichteilung Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 8 2 Winkelfunktionen und Trigonometrie Unter dem Begriff Winkelfunktionen fasst man die Funktionen Sinus, Kosinus, Tangens und Kotangens zusammen. Wir erinnern uns zunächst an die Definition von Sinus und Kosinus am Einheitskreis. 1 sin ϕ ϕ ϕ 0 cos ϕ 1 Durch Skalieren der Skizze erhält man die klassischen Winkelbeziehungen im rechtwinkligen Dreieck – doch dazu später. Vorkurs 9 TU Bergakademie Freiberg Betrachtet man Sinus und Kosinus in Abhängigkeit vom Winkel x, entstehen zwei 2π-periodische Funktionen, deren Graphen lediglich um π 2 gegeneinander verschoben sind: Sinus 1 0 −1 −2π −π π 0 2π Kosinus 1 0 −1 −2π −π π 0 Vorkurs 2π TU Bergakademie Freiberg 10 Eigenschaften von Sinus und Kosinus sin(x + 2π) = sin(x), cos(x + 2π) = cos(x), d. h. Sinus und Kosinus sind 2π-periodisch, sin(−x) = − sin(x), cos(−x) = cos(x), d. h. der Sinus ist ungerade, der Kosinus gerade, sin(x) = cos(x − π/2) und cos(x) = sin(x + π/2), d. h. die Graphen sind um π/2 gegeneinander verschoben, sin2 (x) + cos2 (x) = 1 (Satz des Pythagoras), sin(x) = 0 ⇔ x = kπ mit k ∈ Z und cos(x) = 0 ⇔ x = (k + 0.5)π mit k ∈ Z, sin(x) ist auf [−π/2, π/2] streng monoton wachsend und cos(x) ist auf [0, π] streng monoton fallend. Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 11 Markante Funktionswerte Es ist empfehlenswert, sich wenigstens einige Funktionswerte für Sinus und Kosinus einzuprägen: 0/0◦ sin x cos x 0 1 π ◦ 6 /30 1 √2 3 2 π ◦ 4 /45 √ 2 √2 2 2 π ◦ 3 /60 √ 3 2 1 2 π ◦ 2 /90 1 0 Aufgrund von Periodizität, Symmetrien usw. kann man daraus auf eine Reihe weiterer Werte schließen. Zum Beispiel ist √ 3 sin 120◦ = sin 60◦ = . 2 Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 12 Bestimmen Sie sämtliche Lösungen der Gleichungen √ π 3 sin(2x + 1) = 0 und cos( − 3x) = . 2 2 Nutzen Sie die die Eigenschaften von Seite 11 wie auch die Funktionswerttabelle auf Seite 12. Zeichnen Sie die Graphen der Funktionen f (x) = sin(2x + 1) = 0 und g(x) = cos( π − 3x). 2 Interpretieren Sie Ihre Ergebnisse aus dem vorigen Beipiel graphisch. Was ändert sich am Graphen einer Funktion y = f (x), wenn man x durch kx (k > 0), −x bzw. x − c ersetzt? Was ändert sich wenn man y = kf (x) (k > 0) statt y = f (x) betrachtet? Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 13 Tangens und Kotangens Der Tangens von x ist definiert durch f : R \ k + 12 π : k ∈ Z → R, x 7→ tan(x) := sin(x) . cos(x) Der Kotangens von x ist definiert durch f : R \ {kπ : k ∈ Z} → R, x 7→ cot(x) := cos(x) . sin(x) Im Gebrauch ist vor allem der Tangens. Wichtige Eigenschaften: tan und cot sind π-periodische Funktionen, tan(−x) = − tan(x) und cot(−x) = − cot(x), d. h. beide Funktionen sind ungerade, tan ist auf (−π/2, π/2) streng monoton wachsend und cot ist auf (0, π) streng monoton fallend. Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 14 Graphische Darstellung Tangens Kotangens 4 cot(x) 1 2 x tan(x) 0 sin(x) 0 −2 cos(x) −4 −2π −π −1 2π π 0 −1 0 1 Dargestellt sind die Graphen von Tangens und Kotangens sowie die graphische Interpretation am Einheitskreis. Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 15 Seiten-Winkel-Beziehungen im rechtwinkligen Dreieck Im rechtwinkligen Dreieck sollten Sie zumindest folgende Beziehungen (auswendig!) kennen: Satz des Pythagoras: a2 + b2 = c2 . Winkelbeziehungen: sin β = Flächeninhalt: A= b c 1 2 ab cos β = ac , tan β = b a α c b β a Machen Sie sich klar, dass die Winkelbeziehungen unmittelbar aus der Definition von Sinus und Kosinus am Einheitskreis folgen. Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 16 Seiten-Winkel-Beziehungen im allgemeinen Dreieck Allgemein gelten in Dreiecken die folgenden Beziehungen: Kosinussatz: c2 = a2 + b2 − 2ab cos γ Sinussatz: a sin α Flächeninhalt: A = 12 chc = 21 ab sin γ = b sin β = c sin γ γ b a hc α β c Man leite Sinus- und Kosinussatz unter Rückführung auf die Beziehungen in rechtwinkligen Dreiecken her. Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 17 Arkusfunktionen Die Umkehrfunktionen der trigonometrischen Funktionen nennt man Arkusfunktionen. Da die trigonometrischen Funktionen auf R nicht eineindeutig sind, muss man Einschränkungen auf bestimmte Intervalle vornehmen. Man schränkt Kosinus und Kotangens auf [0, π] sowie Sinus und Tangens auf − π2 , π2 ein, und erhält die Umkehrfunktionen arcsin : [−1, 1] → − π2 , π2 , y = arcsin(x) :⇔ x = sin y, y ∈ [− π2 , π2 ], arccos : [−1, 1] → [0, π] , y = arccos(x) :⇔ x = cos y, y ∈ [0, π], arctan : R → − π2 , π2 , y = arctan(x) :⇔ x = tan y, y ∈ [− π2 , π2 ], arccot : R → [0, π] , y = arccot(x) :⇔ x = cot y, y ∈ [0, π]. mit Namen Arkussinus, Arkuscosinus, Arkustangens und Arkuskotangens. Vorkurs 18 TU Bergakademie Freiberg Graphische Darstellung π π arccot arccos π/2 π/2 0 0 arcsin −π/2 −1 0 arctan 1 −π/2 −4 −2 0 2 4 Graphen sämtlicher Arkusfunktionen. Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und einen guten Start ins Studium an der TU Bergakademie Freiberg! Originalfoto: Regi51 Vorkurs TU Bergakademie Freiberg 20