Der Sternenhimmel im Laufe der Jahrtausende (Referat zu L1 vom 22.3.2010, Helmut Koller) Veränderungen unseres Sternenhimmels dauern sehr lange. Für einen irdischen Beobachter müssen große Zeiträume vergehen bis sie sich deutlich abzeichnen. Die Zeitmaßstäbe für diverse Änderungen/Verschiebungen reichen je nach Ursache von Jahrtausenden bis vielen Mio. Jahren: 1.) Verschiebung des konventionellen Systems der Himmelskoordinaten wegen Nutation der rotierenden Erdkugel in Jahrtausenden, 2.) Relativbewegung der „Fixsterne“ (relativ zu unserer Sonne) in der Größenordnung von 100.000en Jahren, 3.) Enstehen und Vergehen einzelner Sterne. Ihre Lebensdauer reicht von Mio. bis Mrd. von Jahren. ad 1) Himmelskoordinaten und Nutation Diese Verschiebung betrifft den gesamten von der Erde aus beobachteten Sternenhimmel gleichermaßen. Die Himmelskoordinaten werden nach einem Äquatorialsystem angegeben. Im Prinzip wird einfach das Gradnetz der Erde auf das Himmelsgewölbe projiziert. Somit liegen die HIMMELSPOLE in der selben Richtung wie die Erdpole, durch welche die Rotationsachse der Erde geht. Der HIMMELSÄQUATOR entspricht dem „verlängerten/ausgedehnten“ Erdäquator. Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Begriffe und Bezugskreise (Nullgradlinien) des Erd-/ Himmelsäquatorialsystems: Erde Länge Breite Himmel Erde Himmel Gradnetz geteilt in: Verlauf der Nullgradlinien Deklination (δ) durch Greenwich durch Frühlingspunkt* Rektaszension (RA od. α) Erdäquator Himmelsäquator *Zum Frühlingspunkt: Die nebenstehende Skizze zeigt die Verhältnisse am Himmelsgewölbe, wobei hier die Rotationsachse der Erde und somit Erd- und Himmelspole genau in der Senkrechten liegen! Die Lage eines Gestirnes wird durch seine „Richtung“ und seine „Höhe“ bestimmt. Richtung: Koordinate am Himmelsäquator ausgehend vom Frühlingspunkt, welcher 0° markiert. (Skalierung in Stunden – 360° = 24h) = Rektaszension Höhe: 0-90° nördliche bzw. südliche Deklination (also „oberhalb“ bzw. „unterhalb“ des Äquators. Der Frühlingspunkt ist einer der beiden Schnittpunkte der EKLIPTIK (=am Himmel projizierte jährliche Bahn der Sonne) mit dem HIMMELSÄQUATOR. Wir erreichen diesen Punkt jedes Jahr am 21.3. – zu diesem Datum herrscht Tag-Nachtgleiche. 1 Um die Dynamik am Sternenhimmel und der Jahreszeiten zu verstehen, ist es wichtig sich vor Augen zu führen, dass die Erdachse (= ihre Rotationsachse) nicht normal auf die Umlaufebene Erde um Sonne(= Ekliptikebene) steht. Die Ekliptikebene und die Ebene des Himmeläquators schließen einen Winkel (ε) von ca. 23° ein. Die folgende Skizze verdeutlicht die eigentliche Lage des Himmeläquators zur Ekliptikebene. ACHTUNG, vgl. vorige Skizze: Die Erdachse liegt nun nicht in der Senkrechten – sondern in einem Winkel von 23°. Damit stehen die Ekliptikebene und die Ebene des Himmelsäquators ebenso in einem Winkel von 23° zueinander. Abb. 2: Lage des Himmeläquators zur Ekliptik Wenn die Sonne im Frühlingspunkt (am 21.3.) steht bzw. genau gegenüber am 23.9. herrscht Tagund Nachtgleiche. Gäbe es die Neigung der Erdachse nicht, würden Ekliptik und der Himmelsäquator zusammenfallen (sich decken), und somit wäre an jedem Tag im Jahr Tag- und Nachtgleiche. Weiters vollführt die Erdachse eine Taumelbewegung (NUTATION). Mit ihr wandert der Himmelsnordpol (wie Südpol) entlang einer Kreisbahn, wobei ein Durchlauf dieses Kreises ca. 26000 Jahre benötigt. Der jetzige Polarstern bleibt relativ dazu weitgehend in Ruhe. Das bedeutet: In wenigen 1000 Jahren werden sich andere Sterne finden, die den Himmelsnordpol markieren – so wie es heute unser Polarstern tut. 2 Diese Taumelbewegung der Erdachse wird natürlich auch vom Himmelsäquator vollführt – ähnlich einem flachen Teller, der zu einer Oberfläche geneigt in Rotation versetzt wird, und nun entlang des Tellerrandes abrollt. Man stelle sich diese Bewegung des Himmelsäquators vor – unter Betrachtung von Abb. 2. Dann wird klar, dass die Schnittpunkte Himmeläquator X Ekliptikebene nicht fixiert sind. Sie vollführen ebenso wie die Nutation der Erdachse eine Umkreisung in 26000 Jahren. Einer der beiden Schnittpunkte ist aber der Frühlingspunkt, der ja der Angelpunkt für die Vermessung des Sternenhimmels ist. Seine Wanderung muss also berücksichtigt werden. Für präzise Sternenkarten bedeutet das, dass das Datum an dem der Frühlingspunkt angenommen wurde vermerkt sein muss, da für genaue Messungen bereits über wenige Jahre erhebliche Abweichungen der Himmelskoordinaten zustande kommen – eben wegen der Nutation der Erdachse. ad 2) Relativbewegung von Fixsternen Die meisten Sterne unserer Galaxis kreisen um das galaktische Zentrum. Unsere Sonne benötigt für einen Umlauf 200 Mio. Jahre – bei einer Geschwindigkeit von 220 km/s. Es gibt aber Einzelsterne und Sternengruppen die einen deutlich anderen Geschwindigkeitsvektor haben. Sie vollführen eine Relativbewegung zur Sonne; wobei nur wenige Sterne Relativgeschwindigkeiten über 140 km/s erreichen. Im Laufe von vielen Tausend Jahren werden sich allerdings einzelne Sternkonstellationen beträchtlich ändern – siehe dazu folgende Skizze zum Sternbild: Cassiopea. vor 100.000 Jahren heute in 100.000 Jahren ad 3) Entstehung und „Sterben“ von Sternen Die Lebensdauer von Sternen reicht von vielen Mio. bis einigen Mrd. Jahren – wobei kleinere Sterne älter werden, da der Prozess der Kernfusion wesentlich „sparsamer“ abläuft. Dazu sei die Geschichte der Entstehung der Krebsnebels (=Krabbennebel) angeführt. Er findet sich im Sternzeichen Stier und stellt die auseinanderdriftenden Überreste eines ehemaligen Sternes dar. Am 4. Juli 1054 entdeckte ein chinesischer Hofastronom erstmals einen zweiten Stern, der auch tagsüber neben der Sonne sichtbar war. Auch in Nordamerika stellen Zeichnungen diese Supernovaexplosion dar, aus welcher der Nebel anschließend entstand. Der nebelartige Überrest wurde 1731 von John Bevis sowie unabhängig davon durch Charles Messier am 28. August 1758 entdeckt. Als man Anfang des 20. Jahrhundert die ersten Fotografien aufnahm, stellte sich heraus, dass der Nebel expandiert. Durch Zurückberechnung dieser Expansion schloss man auf eine Supernovaexplosion vor rund 900 Jahren. Tatsächlich fand 1054 dort eine Supernova statt. 3