RECHNITZ (DER WÜRGEENGEL) von Elfriede Jelinek Schweizerische Erstaufführung Regie: Leonhard Koppelmann Premiere: Samstag, 19.12.2009, 20.30 Uhr an wechselnden Spielorten in Zürich Treffpunkt: Pfauen-Foyer BEGLEITVERANSTALTUNGEN: ELFRIEDE JELINEK. EIN PORTRÄT mit Roland Koberg, Verena Mayer, Isabelle Menke und Frank Seppeler Donnerstag, 10.12.2009, 20.30 Uhr, Pfauen/ Kammer TOTSCHWEIGEN – FILMVORFÜHRUNG UND GESPRÄCH Sonntag, 13.12.2009, 19 Uhr, Pfauen/ Kammer „Ab in die Schweiz! Auf in die Schweiz!“ - RECHNITZ (DER WÜRGEENGEL) der Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, 2009 von der Fachzeitschrift ‚Theater heute’ zum Stück des Jahres gewählt – handelt von einer überstürzten Abreise. Man will schnell weg von Schloss Rechnitz an der österreichisch-ungarischen Grenze, die Rote Armee steht vor der Tür. Stunden zuvor haben die Schloss-Gäste bei einem Massaker 180 jüdische Zwangsarbeiter erschossen. Auf dieser Flucht wird das Publikum die Schauspielerin Isabelle Menke begleiten. Inszeniert wird die Schweizerische Erstaufführung von Leonhard Koppelmann. Treffpunkt ist jeweils das Foyer des Pfauen, den eigentlichen Spielort erreichen die Zuschauerinnen und Zuschauer mit dem Bus. Jede Vorstellung wird an einem neuen Spielort aufgeführt werden. 2 Frühjahr 1945. Die „Gräfin“ ist auf der Flucht, hinter sich ihr brennendes Schloss und die Rote Armee, vor sich die Schweiz. Auf Schloss Rechnitz an der österreichisch-ungarischen Grenze hat Gräfin Margit von Batthyány eben noch eines ihrer berühmt-berüchtigten Feste gefeiert, eingeladen waren SS-Offiziere und Gestapoführer. Auf dem Höhepunkt dieses Festes griff die Gesellschaft zu den Waffen und ermordete 180 jüdische Zwangsarbeiter, die via Rechnitz deportiert werden sollten. Rechnitz steht für ein Kriegsverbrechen, das nicht gesühnt ist. Die Leichen der Opfer wurden nie gefunden, ein Prozess kurz nach dem Krieg verlief im Sande, die Täter tauchten unter oder flüchteten unbehelligt. Und die Gräfin, eine geborene Thyssen-Bornemisza, wählte als ihren neuen Lebensmittelpunkt die Familienvilla am Luganer See. Aus diesem Stoff entwickelt Elfriede Jelinek einen Theatertext von monumentaler Wucht und Bedrohlichkeit. Sie lässt Boten sprechen, und zwar in heutiger Zeit, in der Zeugenschaft über die NS-Verbrechen ein rares Gut geworden ist. Diese fiktiven Boten haben lange geschwiegen oder, falls sie unter Druck doch gesprochen haben, wahrscheinlich die Unwahrheit gesagt – nun plappern sie los, in einem unaufhörlichen, gewaltigen Redestrom. Sie vereinen sämtliches Wissen und Nichtwissen zum Fall Rechnitz und weit darüber hinaus, bleiben auf sich gestellt und eingeschlossen wie die Festgesellschaft in Bunuels Film „Der Würgeengel“. Die Boten repräsentieren das Gerede, das vor der Erinnerung schützen soll. Aber wie schon in ihrem Opus Magnum „Die Kinder der Toten“ zeigt Jelinek eindrucksvoll, dass es vor manchen Abgründen keinen Schutz gibt. Die Gespenster kommen immer wieder. Nach „Macht nichts“ (2001) und „In den Alpen“ (2002) wird erstmals wieder ein Theatertext der Nobelpreisträgerin am Schauspielhaus Zürich aufgeführt. Leonhard Koppelmann war von 1995 bis 1999 als Regieassistent und Regisseur am Hamburger Thalia Theater tätig. 1996 führte er zum ersten Mal bei einem eigenen Hörspiel Regie. Seitdem arbeitet er vorwiegend als freier Hörspielautor und -regisseur. Dem Werk Elfriede Jelineks ist Leonhard Koppelmann durch mehrere Regiearbeiten verbunden: er inszenierte, zuerst als Hörspiel und später auch als Theatermonolog am Deutschen Theater Berlin, die Uraufführung von „Sportchor“ (mit Stefan Kaminski), als Hörspiele setzte er ausserdem Jelineks ersten Roman „bukolit“ sowie ihr RAF-Stück „Ulrike Maria Stuart“ um. Isabelle Menke arbeitete nach ihrer Schauspielausbildung in freien Projekten mit Robert Hunger-Bühler in Bonn und hatte Engagements in Wilhelmshaven und Lübeck. Von 1993 bis 1999 war sie Ensemblemitglied am Theater am Neumarkt Zürich und spielte anschliessend am Theater Basel, am Schauspielhaus Zürich und war Ensemblemitglied am Schauspiel Hannover. 2007 wechselte sie erneut ans Theater Basel. Wichtige Regis- 3 seure der letzten Jahre waren Stefan Bachmann, Christoph Marthaler, Barbara Frey, Sebastian Nübling, Elias Perrig und Florentine Klepper. Begleitveranstaltungen zu RECHNITZ(DER WÜRGEENGEL): Am 10. Dezember widmet sich der Abend ELFRIEDE JELINEK. EIN PORTRÄT dem Leben der Literaturnobelpreisträgerin. In ihrer Jelinek-Biographie erzählen Verena Mayer und Roland Koberg, Dramaturg am Schauspielhaus Zürich, die Geschichte einer Karriere vom dressierten musikalischen Wunderkind zur Schriftstellerin von Weltrang. Begleitet von Bild- und Tonbeispielen lesen dazu Isabelle Menke und Frank Seppeler Texte von Jelinek, die diese von einer sehr persönlichen Seite zeigen. Am 13. Dezember zeigt das Schauspielhaus in Zusammenarbeit mit OMANUT, Verein zur Förderung jüdischer Kunst, den Dokumentarfilm TOTSCHWEIGEN, den Margareta Heinrich und Eduard Erne 1994 über das Massaker von Rechnitz gedreht haben. Zu sehen sind die tatkräftigen Bemühungen der Israelitischen Kultusgemeinde, auf den Feldern von Rechnitz die sterblichen Überreste der 180 dort erschossenen Zwangsarbeiter zu finden sowie Rechnitzer Bürger, womöglich Mitwisser, die sich hinter ihren Fenstern verschanzen. Im Anschluss findet ein Publikumsgespräch mit Eduard Erne und Beteiligten der „Rechnitz“-Aufführung statt. RECHNITZ(DER WÜRGEENGEL) von Elfriede Jelinek Schweizerische Erstaufführung Mit: Isabelle Menke Regie Bühnenbild Kostüme Dramaturgie Leonhard Koppelmann Nadia Schrader Agnes Raganowicz Roland Koberg Weitere Vorstellungen an verschiedenen Orten in Zürich: 21./ 22.12. und 6./ 7./ 25.01., jeweils 20.30h; Treffpunkt Pfauen-Foyer Kontakt Medienstelle Kathrin Gartmann Leiterin Medien/PR Tel. +41 (0)44 258 72 39 [email protected]