Formale Logik PD Dr. Markus Junker Abteilung für Mathematische Logik Universität Freiburg Wintersemester 16/17 Sitzung vom 9. November 2016 Weitere Begriffe Eine Zuweisung von Wahrheitswerten W bzw. F zu den in den betrachteten Formeln vorkommenden Aussagenvariablen heißt üblicherweise Belegung (der Aussagenvariablen mit Wahrheitswerten). Bei n vorkommenden Aussagenvariablen gibt es 2n Belegungen (und somit Zeilen der Wahrheitstafel). Eine Menge von Formeln F1 , F2 , . . . heißt erfüllbar oder konsistent oder widerspruchsfrei, wenn es eine Belegung gibt, unter der alle diese Formeln den Wahrheitswert W bekommen. Andernfalls heißt die Formelmenge unerfüllbar oder inkonsistent oder widersprüchlich. (praktische) Entscheidbarkeit In der Aussagenlogik sind alle Fragen nach logischer Folgerung, logischer Äquivalenz, Erfüllbarkeit, Tautologie etc. im Prinzip maschinell entscheidbar (solange nur endlich viele Formeln vorkommen), indem man Wahrheitstafeln ausrechnet. Allerdings: Bei z. B. 100 Aussagenvariablen muss man im Zweifelsfall 2100 Belegungen überprüfen (das sind etwa 1030 ). Ein Supercomputer im ExaFLOP-Bereich (1018 Operationen pro Sekunde) schafft dies etwa in einem Jahrhundert. Bei 150 Aussagenvariablen wäre der Rechner heute noch nicht fertig, selbst wenn er beim Urknall begonnen hätte. P = NP? Es ist ein großes offenes Problem der theoretischen Informatik / Logik / Mathematik, ob es prinzipiell schnellere Algorithmen z. B. für das Testen von Erfüllbarkeit einer Formel gibt. Zusammenhänge (1) Wenn F eine Tautologie ist, dann ist ¬F eine Antilogie, und umgekehrt: Wenn ¬F eine Antilogie ist, dann ist F eine Tautologie. Hier wird metasprachlich eine Äquivalenz zwischen den Aussagen „F ist eine Tautologie“ und „¬F ist eine Antilogie“ behauptet. Sprechweisen (und Schreibweisen) hierfür: F ist dann und nur dann eine Tautologie, wenn ¬F eine Antilogie ist. F ist genau dann eine Tautologie, wenn ¬F eine Antilogie ist. Notwendige und hinreichende Bedingung dafür, dass ..., ist dass ... (mathematisch: F ist eine Tautologie ⇐⇒ ¬F ist eine Antilogie) Ebenso hat man: F ist dann und nur dann eine Antilogie, wenn ¬F eine Tautologie ist. F ist dann und nur dann erfüllbar, wenn ¬F keine Tautologie ist. F ist dann und nur dann erfüllbar, wenn F keine Antilogie ist. Zusammenhänge (2) F ist dann und nur dann eine Tautologie, I wenn F und > logisch äquivalent sind, I wenn F logisch aus > folgt, I wenn F logisch aus der leeren Menge an Prämissen folgt. (In diesem Sinne sind die beiden Verwendungen des Zeichens ` kompatibel.) F ist dann und nur dann eine Antilogie, I wenn F und ⊥ logisch äquivalent sind, I wenn ⊥ logisch aus F folgt. Zusammenhänge (3) Eine aussagenlogische Formel G folgt dann und nur dann logisch aus F , wenn (F → G ) eine Tautologie ist. Eine aussagenlogische Formel G folgt dann und nur dann logisch aus F1 ,. . . ,Fn , wenn ((F1 ∧ · · · ∧ Fn ) → G ) eine Tautologie ist. Zwei aussagenlogische Formeln F und G sind dann und nur dann logisch äquivalent, wenn (F ↔ G ) eine Tautologie ist. Zwei aussagenlogische Formeln F und G sind dann und nur dann logisch äquivalent, wenn G logisch aus F und F logisch aus G folgt. Bzw.: (F ↔ G ) ∼ ((F → G ) ∧ (G → F )) Zusammenhänge: im Überblick F ist Tautologie: `F >`F F ∼> F ist Antilogie: ` ¬F F `⊥ F ∼⊥ G folgt logisch aus F : ` (F → G ) F `G (F → G ) ∼ > F und G sind logisch äquivalent: ` (F ↔ G ) > ` (F ↔ G ) F ∼G materiale Implikation / Subjunktion / Konditional Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle X sind Y. Alle Y sind Z. Alle X sind Z. korrekte logische Folgerung? ∧ W W F F W F W F W ? ? ? Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle Griechen sind Menschen. Alle Menschen sind sterblich. Alle Griechen sind sterblich. W W W Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle Körper sind Integritätsbereiche. Alle Integritätsbereiche sind Ringe. Alle Körper sind Ringe. W W W materiale Implikation / Subjunktion / Konditional Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle X sind Y. Alle Y sind Z. Alle X sind Z. korrekte logische Folgerung? Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: ∧ W W F F W F W F W F ? ? Alle Griechen sind Menschen. Alle Menschen sind sterblich. Alle Menschen sind Griechen. W W F materiale Implikation / Subjunktion / Konditional Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle X sind Y. Alle Y sind Z. Alle X sind Z. korrekte logische Folgerung? ∧ W W F F W F W F W F ? W Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle Engel sind Menschen. Alle Menschen sind Griechen. Alle Engel sind Griechen. F F F Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle Ringe sind Integritätsbereiche. Alle Integritätsbereiche sind Körper. Alle Ringe sind Körper. F F F materiale Implikation / Subjunktion / Konditional Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle X sind Y. Alle Y sind Z. Alle X sind Z. korrekte logische Folgerung? ∧ W W F F W F W F W F W W Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle Menschen sind Engel. Alle Engel sind sterblich. Alle Menschen sind sterblich. F F W Prämisse 1: Prämisse 2: Konklusion: Alle Integritätsbereiche sind Vektorräume. Alle Vektorräume sind Ringe. Alle Integritätsbereiche sind Ringe. F F W materiale Implikation / Subjunktion / Konditional (F → G ) soll Tautologie sein, wenn G logisch aus F folgt. Sicher ist nur, dass dann nicht sein darf, dass G falsch ist und F wahr: A W W F F B W F W F (A → B) ? F ? ? Die einzige sinnvolle Möglichkeit innerhalb einer zweiwertigen Logik ist, die ? durch W zu ersetzen, weil nur dann eine aussagekräftige Logik entsteht.