Mathematische Logik 2 Modelltheorie

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Skript
Mathematische Logik 2
Modelltheorie
geschreiben von
Jacob Palczynski
Sommersemester 2003
RWTH Aachen
ii
Vorwort
Dieses Skript umfaßt den zweiten Teil der Vorlesung Mathematische Logik 2.
Literatur
Hodges, Model Theory
Hodges, A Shorter Model Theory
Poizat, A Course in Model Theory
Marker, Introduction to Model Theory
iii
iv
Inhaltsverzeichnis
1 Homomorphismen und Einbettungen
1.1 Erhaltungssätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Amalgamation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
v
1
1
7
vi
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Homomorphismen und Einbettungen
1.1
Erhaltungssätze
Definition 1.1 Seien A, B τ -Strukturen. Eine Formel ϕ(x̄) bleibt unter Abbildung f : A → B
erhalten, wenn für alle ā ⊆ A gilt:
A ² ϕ(ā) ⇒ B ² ϕ(f ā)
(1.1)
Definition 1.2 (1) Eine Formel ist ∃+
1 (existenziell positiv), wenn sie weder Allquantoren
noch Negationen enthält.
(2) Eine Formel der Form ∃x̄ϕ mit quantorenfreiem ϕ heißt ∃1 (existenziell).
(3) Eine Formel der Form ∀x̄ϕ mit quantorenfreiem ϕ heißt ∀1 (universell).
(4) Eine Formel der Form ∀x̄∃ȳϕ mit quantorenfreiem ϕ heißt ∀2 .
(5) etc.
Lemma 1.1 Jede ∃+
1 -Formel bleibt unter Homomorphismen erhalten.
Beweis: Induktion über den Formelaufbau.
ϕ = t1 = t2 :
A ² t1 (ā) = t2 (ā) ⇔ tA1 (ā) = tA2 (ā)
¡
¢
¡
¢
⇒ f tA1 (ā) = f tA2 (ā)
B
⇒ tB
1 (f ā) = t2 (f ā)
⇒ B ² t1 (f ā) = t2 (f ā)
ϕ = Rt1 . . . tn :
¢
tA1 (ā) , . . . , tAn (ā) ∈ RA
¢¢
¢
¡
¡ ¡
⇒ f tA1 (ā) , . . . , f tAn (ā) ∈ RB
¡
¢
B
B
⇒ tB
1 (f ā) , . . . , tn (f ā) ∈ R
⇒ B ² Rt1 (f ā) . . . tn (f ā)
A ² R(t1 , . . . , tn ) ⇒
¡
1
2
KAPITEL 1. HOMOMORPHISMEN UND EINBETTUNGEN
ϕ ∧ ψ, ϕ ∨ ψ: klar
ϕ = ∃yψ(x̄, y):
A ² ∃yψ(x̄, y) ⇒ ex. b ∈ A mit A ² ψ(ā, b)
⇒ ex. b ∈ A mit B ² ψ(f ā, f b)
⇒ B ² ∃yψ(f ā, y)
¤
Beispiel 1.1 Irreflexivität ist nicht ∃+
1 : ∀x¬Exx.
Lemma 1.2 ∃1 -Formeln bleiben unter Einbettungen erhalten.
Beweis: O.B.d.A ist ϕ in NNF. Die Beweise für t1 = tn , Rt1 . . . tn , ϕ ∧ ψ, ϕ ∨ ψ und ∃yψ gleichen
denen im Beweis von Lemma 1.1. Die Beweise für die Negationen sind dazu analog wegen der
Eigenschaften von Einbettungen.
¤
Definition 1.3 Eine Formel bleibt unter Substrukturen erhalten, wenn aus A ² ϕ und
A0 ⊆ A folgt
A0 ² ϕ
(1.2)
Lemma 1.3 ∀1 -Formeln bleiben unter Substrukturen erhalten.
Beweis: Angenommen, A ² ϕ, aber A0 6² ϕ für A0 ⊆ A. Da ¬ϕ äquivalent zu einer ∃1 -Formel ist
und A0 → A eine Einbettung ist, folgt mit Lemma 1.2, daß A ² ¬ϕ.
¤
Definition 1.4
i < k.
(1) Eine Folge (Mi )i<α von τ -Strukturen heißt Kette, wenn Mi ⊆ Mk für
(2) Die Vereinigung
S
i<α
Mi ist die Struktur N mit Universum N :=
S
i<α
Mi und
(a) ā ∈ RN gdw. ā ∈ RMi für ein/alle i < α mit ā ⊆ Mi ,
(b) f N (ā) = b gdw. f Mi (ā) = b für ein/alle i < α mit ā ⊆ Mi .
(3) Eine Formel ϕ bleibt unter Vereinigung von Ketten erhalten, wenn für jede Kette
(Mi )i<α mit ā ⊆ M0 und Mi ² ϕ(ā) ∀i < α gilt:
[
Mi ² ϕ(ā)
i<α
Satz 1.1 ∀2 -Formeln bleiben unter Vereinigung von Ketten erhalten.
(1.3)
1.1. ERHALTUNGSSÄTZE
3
Beweis: Sei (Mi )i<α eine Kette, ā ⊆ M0 und ϕ(x̄) = ∀ȳψ(x̄, ȳ) , ψ ∈ ∃1 , so daß
Mi |= ϕ(ā) ∀i < α
¡ ¢
S
S
Sei b̄¯ ⊆
M
.
Zu
zeigen:
N
:=
M
|=
ψ
ā, b̄ .
i
i
i<α
i<α
¯
¡ ¢
Da ¯b̄¯ ¡< ω,
gibt
es
ein
i
<
α
mit
b̄
⊆
M
.
Wegen
Mi |= ψ ā, b̄ und Mi ⊆ N folgt, daß
i
¢
N |= ψ ā, b̄ .
¤
Definition 1.5
(1) Eine Theorie T ist eine konsistente Menge von FO-Sätzen.
(2) T ist vollständig, wenn für jeden Satz ϕ (der entsprechenden Signatur) gilt:
T |= ϕ oder T |= ¬ϕ
(1.4)
Die Theorie einer Struktur M ist
Th(M) := {ϕ ∈ FO | M |= ϕ }
(1.5)
Definition 1.6 (1) Sei M eine ²-Struktur und A ⊆ M . MA bezeichnet die Expansion von
M um je eine Konstante a für jedes Element a ∈ A.
(2) Ist T eine vollständige Theorie und M ein Modell von T mit A ⊆ M , so setzen wir
T (A) := Th(MA )
(1.6)
Im Fall A = M heißt T (M ) elementares Diagramm von M.
Beispiel 1.2 (G, ·), T (G) = {g · h = k, . . .}
Definition 1.7 (1) Eine elementare Einbettung ist eine Funktion f : A → B, unter der
alle FO-Formeln erhalten bleiben.
(2) B ist eine elementare Erweiterung von A: A 4 B, wenn A ⊆ B und die Einbettung
i : A → B elementar ist, d.h. für alle ϕ(x̄) und ā ⊆ A gilt:
A |= ϕ(ā) gdw. B |= φ(ā)
Beispiel 1.3
• (N, ≤) ⊆ (Q, ≤) ist nicht elementar:
N |= ¬∃x (0 < x ∧ x < 1)
Q 6|= ¬∃x (0 < x ∧ x < 1)
• (Q, ≤) 4 (R, ≤) (ohne Beweis)
Bemerkung: A 4 B ⇒ A ≡ B
(1.7)
4
KAPITEL 1. HOMOMORPHISMEN UND EINBETTUNGEN
Lemma 1.4 A ⊆ B
A 4 B gdw. BA |= Th(AA )
(1.8)
Beweis:
A |= ϕ(ā) ⇔ ϕ(ā) ∈ Th(AA )
⇔ B |= ϕ(ā)
¤
Satz 1.2 (Tarski-Vaught-Test) Seien A ⊆ B τ -Strukturen.
Dann ist A 4 B gdw. für jede Formel ϕ(x̄, y) und für alle ā ⊆ A gilt:
B |= ∃yϕ(ā, y) ⇒ B |= ϕ(ā, b) für ein b ∈ A
(1.9)
Beweis:
(⇒):
B |= ∃yϕ(ā, y) ⇒ A |= ∃yϕ(ā, y) (da A 4 B)
⇒ A |= ϕ(ā, b) für ein b ∈ A
⇒ A |= ϕ(ā, b) (da A 4 B)
(⇐): Induktion über den Formelaufbau. Zu zeigen: A |= ψ(ā) gdw.B |= ψ(ā).
Sei ψ ∈ NNF. Die Fälle Rt̄, ¬Rt̄, ϑ ∧ η, ϑ ∨ η, ∃xϑ sind genauso wie im Beweis von Lemma
1.2.
Sei ψ = ∀yϕ(x̄, y). Angenommen
A |= ∀yϕ(x̄, y) und B 6|= ∀yϕ(x̄, y) ⇒ B |= ∃y¬ϕ(ā, y)
⇒ B |= ¬ϕ(ā, b) für ein b ∈ A
Nach Induktionsvoraussetzung folgt
A |= ¬ϕ(ā, b) ⇒ A 6|= ∀yϕ(ā, y)
¤
Definition 1.8 Eine Kette (Mi )i<α heißt elementar, wenn
Mi 4 Mk für i < k
(1.10)
Satz 1.3 Ist (Mi )i<α eine elementare Kette, so gilt
Mk 4
[
i<α
Mi für alle k < α
(1.11)
1.1. ERHALTUNGSSÄTZE
Beweis: Sei N :=
S
i<α
5
Mi und ϕ(barx) ∈ FO. Wir beweisen per Induktion, daß
Mk |= ϕ(ā) gdw. N |= ϕ(ā) für alle ā ⊆ Mk
atomar: klar, da Mk ⊆ N Einbettungen.
ψ ∧ ϑ, ¬ψ: einfach
φ = ∃yψ(x̄, y): Angenommen N |= ∃yϕ(ā, y)
⇒ N |= ψ(ā, b) für ein b ∈ N
Es gibt ein k ≤ i < α mit b ∈ Mi
IV
⇒ Mi |= ψ(ā, b)
⇒ Mi |= ϕ(ā)
⇒ Mk |= ϕ(ā) da Mi 4 Mk
Die andere Richtung folgt analog.
¤
Definition 1.9 Sei M eine Struktur und A ⊆ M .
(1) Ein n-Typ über A ist eine Menge p von Formeln, in welcher höchstens die freien Variablen
x0 , . . . , xn−1 vorkommen, so daß p ∪ Th(MA ) erfüllbar ist.
(2) Der Typ eines Tupels ā ⊆ M n über A ist
tp(ā/A) := {ϕ(x̄, c̄) | M |= ϕ(ā, c̄) , c̄ ⊆ A }
(1.12)
(3) M realisiert einen n-Typ p über A, wenn
p = tp(ā/A) für ein ā ∈ M n
(1.13)
(4) Ein n-Typ p über A ist vollständig, wenn kein n-Typ q über A existiert, mit q ⊃ p.
(5) Der Stone-Raum Sn (A) ist die Menge aller n-Typen über A.
Beispiel 1.4
(1) M = (N, suc) , suc(n) := n + 1
S1 (∅) = {p0 , . . . , p∞ }
pn := tp(n/∅) |= x = 1| + .{z
. . + 1}
n
p∞ := x 6= 1| + .{z
. . + 1} für alle n ∈ ω
n
Dieser Typ ist nicht in M realisierbar.
6
KAPITEL 1. HOMOMORPHISMEN UND EINBETTUNGEN
(2) T := Th((Q, ≤)) , A ⊆ Q, mögliche 1-Typen über A:
• p |= x = a für a ∈ A.
• (a+ ) direkt über a“:
”
p |= x > b für b ≤ a a, b ∈ A
p |= x < b für b > a
• (a− ): analog
• (+∞):
p |= x > a für alle a ∈ A
• (−∞):
p |= x < a für alle a ∈ A
• irrationale: A = A0 ∪A1 , wobei A0 kein größtes und A1 kein kleinstes Element besitzen
und
p |= x > a für a ∈ A0
p |= x < a für a ∈ A1
Lemma 1.5 Sei M eine Struktur, A ⊆ M und p ein n-Typ über A. Es gibt eine elementare
Erweiterung N < M, in der p realisiert ist.
Beweis: Sei Φ := p ∪ Th(MM ). Wenn N |=Φ, dann ist N < M und es gibt ein ā ∈ N n mit
tp(ā/A) = p.
Also zu zeigen: Φ ist erfüllbar.
¡ ¢
¡ ¢
V
Sei Φ0 ⊆ Φ endlich. Sei Φ0 = ϕ(x̄, ā) ∧ psi ā, b̄ mit ā ⊆ A, ā ⊆ M \ A und M |= ψ ā, b̄
⇒ ∃ȳψ(x̄, ȳ) ∈ Th(MA )
Sei N |= p ∪ Th(MA ) (existiert nach Definition)
⇒ N |= ϕ(x̄, ā) ∧ ∃ȳψ(ā, ȳ)
¡ ¢
Wähle bN
i , so daß N |= ψ ā, b̄ .
Dann ist N |= Φ0
¤
1.2. AMALGAMATION
1.2
7
Amalgamation
Satz 1.4¡(Amalgamationssatz)
Seien B und C τ -Strukturen und ā ⊆ B, b̄ ⊆ C Folgen mit
¢
(B, ā) ≡ C, b̄ . Dann gibt es
(1) eine elementare Erweiterung D < B und
(2) eine elementare Einbettung g : C → D mit gc̄ = ā.
⊆
f:
hāi −→ B




ā→c̄y
y4
g
C −→ D
Beweis: Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei ā = c̄ und B ∩ C = (ā).
T := Th(BB ) ∪ Th(CC )
Sei D |= T . Wegen D |= Th(BB ) ist D < B.
Setze g(d) := dD für alle d ∈ C. Wegen D |= Th(CC ) folgt, daß g : C → D eine elementare
Einbettung ist. Weiter haben wir gc̄ = āD = ā.
¤
Index
Amalgamtionssatz, 7
elementar
Diagramm, 3
Einbettung, 3
Erweiterung, 3
Kette, 4
Erhaltung
unter Abbildung, 1
unter Substrukturen, 2
unter Vereinigung von Ketten, 2
existenziell, 1
positiv, 1
Expansion, 3
Kette, 2
Stone-Raum, 5
Tarski-Vaught-Test, 4
Theorie, 3
vollstandig, 3
Typ, 5
realisieren, 5
Tupel, 5
vollstandig, 5
universell, 1
Vereinigung
Kette, 2
8
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