Rutherford - Streuung (25)

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Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg
FB Physik
FortgeschrittenenPraktikum
Versuch 25: Rutherford-Streuung
1)
1.1
1.2
1.3
Mit einem Dünnschicht pn-Detektor und einem Digitalzähler sind im Impulsratenmodus
im Winkelbereich von -25°...+25° die α-Strahl-Streuraten für eine Goldfolie zu
registrieren (Foliendicke: dAu = 2 μm). Es ist sinnvoll im Bereich -10° ... 10° mehr
Messwerte zu nehmen, als außerhalb dieses Intervalls.
Mit den Messwerten ist über einen Gauß-Fit die Unsymmetrie der winkelabhängigen
Impulsratenverteilung zu bestimmen (Abweichung des Maximums von 0°).
Unter Berücksichtigung des Ergebnisses von 1.1 ist für jeden Streuwinkel aus der
Rutherford-Streuformel (23) die räumliche Dichte (n) der Streuzentren zu berechnen.
Beachten Sie bei der Berechnung, dass die Energie der -Teilchen durch die
Golddeckschicht der Quelle vermindert wird. Bestimmen Sie die effektive TeilchenEnergie mit dem Ergebnis der Aufgabe 4) und mit Hilfe der Bethe-Bloch-Formel.
Messen Sie nun die Streukurve ohne Metallfolie, nur mit der Schlitzblen de.
Damit erhalten Sie die Winkelauflösung der Apparatur. Benutzen Sie das
Ergebnis zur Diskussion der Ergebnisse von 1.2 und 3.
Hinweise: Der α-Strahler 241Am  237Np + 4He (Aktivität: 330 kBq = 9 μCi; Halbwertszeit:
433 Jahre) ist in Edelmetall eingesintert und mit einer Goldfolie (3μm) abgedeckt.
Primärenergie: (Eα)kin = 5,48 MeV; mα = 6,65.10-27 kg, Impulsrate der abgedeckten Quelle: N =
72,7 ± 0,1 s-1 für dΩ = 2,6410-2 rad. Beachte:1A2s2 = 9109 kg m3s-2.
1.4
1.5
2)
3)
4)
5)
6)
7)
Um wie viel verringert sich diese Zählrate in einem Jahr? Interpretieren Sie die Karlsruher
Nuklidkarte für 241Am und die umgebenden Isotope (s. S. 3). Welche Geschwindigkeit
haben die -Teilchen beim Verlassen der Quelle?
Das arithmetische Mittel <n> ist mit der tatsächlichen atomaren Dichte von Gold zu
vergleichen. Abweichungen sind durch begründete Datenkorrektur in (23) zu beseitigen.
Mit den geänderten Daten ist mit Gleichung (18) der winkelabhängige Stoßparameter (p)
zu berechnen und mit dem Kernradius RAu zu vergleichen (R0 = 1,4 Fermi).
Die Teilchenenergie, die man nach 1.4 bestimmen kann, ermöglicht den α-Teilchen bei
geradem zentralem Stoß eine größte Annäherung pmin an einen Atomkern. Dieser Wert ist
für unseren Fall zu berechnen (bspw. mittels Energieansatz).
Im Winkelbereich von -25°...+25° ist die Streurate für eine Aluminiumfolie zu messen.
Mit den Ergebnissen von 1) ist die Ordnungszahl von Al zu berechnen (Al - Foliendicke
dAl = 8 μm). Messen Sie außerdem die Winkelverteilung ohne Folie zwischen den
Folienhaltern (Messung der Winkelauflösung).
Durch Messung der Impulsrate als Funktion des Luftdruckes in der Messkammer ist die
mittlere Reichweite < R > der α-Strahlen in Luft zu bestimmen. Aus dem Reichweitengesetz von Geiger ist die tatsächliche Teilchenenergie zu berechnen.
Messen Sie außerdem die Impulsrate als Funktion des Abstandes bei Luftdruck außerhalb
der Kammer.
Mit Hilfe eines Einkanalanalysators (SCA) und eines Ereigniszählers ist die differentielle
Impulshöhenverteilung des (α,γ) - Emitters 241Am zu messen.
Bestimmen Sie den Einfluss einer Luftschicht auf die Energieverteilung. Verwenden Sie
vier geeignete Entfernungen zwischen Quelle und Detektor.
8)
Wiederholen Sie diese Messungen mit einem Vielkanalanalysator, der an den Ausgang
des Verstärkers angeschlossen wird.
Hinweise: Experimente zu 1) - 4) im Vakuum durchführen  Vorsicht beim Auspumpen und
Belüften der Streukammer, damit die dünnen Metallfolien nicht zerstört werden. Foliendicken:
dAu = 2 μm; dAl = 8 μm (Wie vielen atomaren Lagen entspricht das?)
Literatur:
Haken, Wolf: Atom- und Quantenphysik
Mayer-Kuckuk: Kernphysik
Finkelnburg: Atomphysik
Spolski: Atomphysik
Graewe: Atom- und Kernphysik
Kontrollfragen:
 Welche Typen des radioaktiven Zerfalles kennen wir?
 Welche Strahlungsarten unterscheiden wir?
 Was verstehen wir unter Massendefekt?
 Warum entsteht bei der Kernspaltung schwerer Elemente Energie? Warum bei der
Fusion von leichten Elementen?
 Erklären Sie die Wirkungsweise der wichtigsten Strahlungsdetektoren (Geiger-MüllerZählrohr, Szintillationsdetektor mit SEV, Halbleiterdetektor, Dosimeterfilm)!
 Was ist ein Diskriminator, ein Einkanalanalysator und ein Vielkanalanalysator?
 Welches ist die jährliche maximale Dosisleistung für beruflich nicht
strahlungsexponierte Personen? Welches Gesetz regelt das? Welches ist in der BRD die
durchschnittliche natürliche Strahlungsexposition in einem Jahr?
 Was beschreibt die Bethe-Bloch-Formel?
 Was ist die Geiger-Nuttallsche Regel?
 Wie misst man die Auflösungsfunktion eines Spektrometers?
 Interpretieren Sie die folgende Abbildung, die ein Ergebnis eines RutherfordRückstreuexperimentes nach Ionenimplantation (Te mit 300 keV) in GaAs darstellt (vgl.
Kap. 7).
Auszug aus der Karslruher Nuklidtabelle.
1. Das Isotop 241Am
Die -Emission tritt spontan nur bei schweren Nukliden auf (Kernladungszahl größer als 70).
Der Finalzustand des Folgekerns kann angeregt sein, der Übergang in den Grundzustand erfolgt durch -Emission. Als Nuklid findet 241Am95 Anwendung. Americium ist ein -Strahler, der
gleichzeitig noch weiche -Strahlung emittiert. Die Halbwertszeit beträgt 432,2 a.
Es gibt zwei dominierende -Linien bei einer Energie von 5,486 MeV (relative Intensität 86%)
bzw. 5,443 MeV (12,7%). Die Energie der -Strahlung liegt bei 0,06 MeV. Die Lage der Peaks kann sich nach Durchdringung einer Fensterschicht (Präparat, Detektor) nach niedrigen
Energien verschieben. Für unseren Strahler gilt:
241
237
4
95 Am = 93 Np  2 He
Fig. 1: Energiespektrum von 241Am
2. Der atomare Wirkungsquerschnitt bei Streuung schneller Teilchen
Mit der Untersuchung der Wechselwirkung von schnellen Teilchen (Elektronen, -Teilchen)
mit Materie lässt sich deren atomare Struktur untersuchen. Über die Streuung der Teilchen (Abweichung aus der ursprünglichen Bahn) bekommt man Informationen über den einem Atom
zur Verfügung stehenden Raum, über die Verteilung der positiven und negativen Ladung in diesem Raum. Betrachten wir ein Teilchen, das sich durch eine Ansammlung statistisch verteilter starrer Kugeln (Atommodell) bewegt, dann ist die Kollision eine Zufallserscheinung. Die
Wahrscheinlichkeit W eines Zusammenstoßes längs eines Wegstücks dx ist
W  a  dx
(1)
Die Wahrscheinlichkeit, den Abschnitt dx ohne Kollision zu durchlaufen, ist demnach
W '  1  W  1  a  dx
(2)
Interessieren wir uns für die Wahrscheinlichkeit, den Weg (x + dx)
ohne Zusammenstoß zu durchlaufen, dann gehen wir zunächst davon
W  f ( x)
aus, dass
gilt.
(3)
Addition der Wege x und dx ergibt
f ( x  dx)  f ( x) W '  f ( x)  (1  a  dx)
(4)
(4) in eine Taylorreihe entwickelt, die nach der ersten Ordnung abbricht, ergibt:
f ( x)  f '( x)dx  f ( x)  a  f ( x)dx
(5)
f '( x)  a  f (x)
(6)
Also ist
Diese Differentialgleichung hat als Lösung:
f ( x)  c  e ax
(7)
Mit x = 0 ist f(0) = 1, also ist in (7) c = 1.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen ohne Zusammenstoß durch eine Materieschicht geht, ist
W  f ( x)  e ax .
(8)
Welche Bedeutung hat die reziproke Länge a?
Wir bedienen uns zur Beantwortung dieser Frage der Vorstellung einer (stoß)freien Weglänge. Ein Teilchen durchlaufe den Wegabschnitt x stoßfrei, erleide dann im Abschnitt x...dx eine Kollision. Die sich daraus ergebende freie Weglänge tritt mit der folgenden Wahrscheinlichkeit auf:
W ( )  e ax  a dx .
Der erste Faktor bedeutet: Wahrscheinlichkeit für keine Kollision längs x, der zweite die
Wahrscheinlichkeit für die Kollision im anderen Wegabschnitt. Nach dem Mittelwertsatz der
Integralrechnung ist für die normale Verteilung die mittlere freie Weglänge

   x a e ax dx
(9)
0
Nach partieller Integration ergibt sich:

1
a
(10)
Eine Vorstellung von der "reziproken" Länge a bekommt man, wenn man von der Streuerdichte (Atome pro Volumeneinheit) n und einem sogenannten Streuquerschnitt  ausgeht, der, als
Kreisscheibe getroffen, einen Streuvorgang auslöst. Es gilt dann
a  n  .
(11)
Das streuende Atom wird durch ein Kreisscheibchen mit dem Flächeninhalt  ersetzt. Die
Wahrscheinlichkeit des stoßfreien Durchdringens von Materie ist also

x
f ( x)  e .

(12)
3. Die Streuung von -Teilchen
-Teilchen sind Heliumkerne He2+. Ein paralleles Bündel von -Teilchen, das auf eine dünne
Metallfolie gelenkt wird, wird um die Primärstrahlrichtung gestreut. Dabei tritt eine Streuung
um kleine Winkel (unter 10 Grad) und eine Großwinkelstreuung (>90°) auf; letztere mit einer
wesentlich geringeren Wahrscheinlichkeit ( 4 Größenordnungen ).
Nach Rutherford ist die starke Ablenkung nur möglich, wenn eine positive Ladung mit einer
großen Masse auf kleinem Raum konzentriert ist. (Kernmodell=Planetenmodell) .
Wenn positive -Teilchen in das positive Kernfeld des Streuers gelangen, werden sie vermittels Coulombwechselwirkung abgelenkt (Fig. 2). Der streuende Kern hat die Ladung +Ze und
die Masse M.
Unter der Voraussetzung, dass die Masse des streuenden Kerns wesentlich größer ist als
die Masse der He-Kerne, kann die Kernmasse beim Streuvorgang als ortsfest angesehen
werden.
Fig.2: Bahn eines -Teilchens im Coulombpotential eines Atomkerns (p:Stoßparameter, 
:Ablenkwinkel; r,:Polarkoordinaten, bezogen auf den Streukern als Koordinatenursprung –
für r gegen Unendlich ist = )
Ohne Wechselwirkung flöge der He-Kern in der Entfernung p (Zielentfernung, 'Stoßparameter) an dem Kern vorbei. Durch die Coulomb-Wechselwirkung durchläuft das Teilchen die eingezeichnete Hyperbelbahn. Aus der Geschwindigkeit des He-Kerns v und
der Kernladung ergibt sich folgender Ablenkwinkel:
2 0 Mv 2 p
cot 
2
Ze2

(13)
Der Messung (Versuchsaufbau Fig.3) nicht zugänglich ist die Zielentfernung p.
Fig. 3: Versuchsaufbau (schematisch).
Deshalb führen wir eine zusätzliche statistische Betrachtung durch. Auf ein streuendes
Scheibchen “F“ (Fig. 4) fallen pro Zeiteinheit N 0 He2+-Teilchen. Bei der Untersuchung
der Streuung wird die mittlere Teilchenzahl N() bestimmt, die in den Raumwinkel d’
in die durch  und Φ vorgegebenen Richtung gestreut werden (Fig.7).
Fig .4:Rutherford-Streugeometrie
Es gilt:
d ' 
R 2 sin  d d
 sin  d d
R2
(14)
Der Raumwinkel, der durch die Öffnungen  und  + d und über  d  2 
festgelegt ist, ergibt sich demnach zu
d   d  '  2 sin  d
(15)
Wir wollen jetzt den Wirkungsquerschnitt der Streuung innerhalb der Grenzen von d bestimmen. Die -Teilchen sollen vor der Streuung in parallelen Bahnen fliegen. Nach (13) und
Fig. 2 wird der Ablenkwinkel durch die Zielentfernung p bestimmt. Dem Winkelbereich
zwischen  und  + d entspricht ein Bereich der Zielentfernung zwischen p und p - dp. Die
Fläche des Rings (Fig.5) beträgt
A(R) = 2  p dp
Der Wirkungsquerschnitt für -Streuung ist
(16)
A(R) = d = 2  p dp
(17)
Mit (13) ergibt sich
2
 2Ze2 

p 
cot 2
2 
2
 4 0 Mv 
2
(18)
Fig. 5: Wirkungsquerschnitt für -Streuung
Nach Differentiation wird

2 cot
d
1  2Ze2 
2
p dp   

2  4 0 Mv 2  sin 2 
2
(19)
Einsetzen in (17) und Absolutbetrag ergibt

2 cot
d
1  2Ze2 
2
d  2 

2  4 0 Mv 2  sin 2 
2
(20)
Mit dem Raumwinkel in (15) ist
2
 Ze2  d 
d  
2 
 4 0 Mv  sin 4 
2
(21)
Das ist die Rutherfordsche Streuformel. Wir nehmen jetzt an, dass n streuende Atomkerne
in einer Schicht der Dicke d vorhanden sind. Dann ist der makroskopische Streuquerschnitt
  n  d  d
(22)
Treffen N -Teilchen auf die Oberfläche eines streuenden Scheibchens, dann ist die mittlere
Zahl der -Teilchen, die um den Winkel  in den Grenzen des Raumwinkels d gestreut werden, gleich
2
 Ze2  d 
dN  N   n  N  d 
2 
 4 0 Mv  sin 4 
2
(23)
ändert sich nur  , so ist
dN  sin 4

2
 const.
(24)
Zur Überprüfung von (24) ist es sinnvoll, die auf eine Zeiteinheit bezogene Zahl der Streuer-
eignisse mit sin4 zu multiplizieren, und für ein Material das konstante Produkt nachzuweisen. Dabei können erhebliche Abweichungen auftreten. Das erste Experiment führen wir an
einer Goldfolie durch (Z=79, Dicke: 2μm). Für kleine Z, d.h. bei Streuung an leichten Kernen
und für Zielentfernungen p unterhalb von 10-12 cm sind die experimentellen Abweichungen
von (24) noch deutlicher (Begründung?). Dafür führen wir das Experiment erneut mit einer
Aluminiumfolie (Dicke : 8 μm) durch, um die Kernladungszahl von Al "bestätigt" zu bekommen.
4. Die Bestimmung der Kernladungszahl
Nach (24) gelingt uns die Bestimmung von Kernladungen (Ordnungszahlen), wenn uns
ein Standardwert (ZAu = 79) bekannt ist. Für konstante Streuwinkel gilt, da  proportional der
Foliendicke d ist:
2
dN Au Z Au
d
 2 Au
dN Al
Z Al  d al
(25)
woraus folgt:
ZAl 
792  2  dN Al
dN Au  8
(26)
Analog lässt sich für weitere Folien und verschiedene Streuwinkel verfahren.
5. Strahlungsdetektion
Sie erfolgt mit einem Halbleiterdetektor, der sich durch eine hohe Energieauflösung
auszeichnet. Der Detektor hat eine Si(p-i-n)-Struktur und wird in Sperrrichtung betrieben. Die eigenleitende Schicht ist einige cm dick und dient als großes Absorpt ionsvolumen für -Strahlung. Die kurzreichweitige -Strahlung benötigt zum Nachweis besser Dünnschichtdetektoren in Form von Si(p-n)-Strukturen (dünne Goldschichtkontaktierung!). Der Sperrschichtdetektor funktioniert wie eine Solarzelle. Die
Kernstrahlung erzeugt ebenso wie sichtbares Licht in der Sperrschicht Elektronen Loch-Paare, deren Rekombination durch ein inneres elektrisches Feld verhindert wird.
Dadurch entstehen im externen Stromkreis Spannungsimpulse, deren Höhe der Energie der einfallenden Strahlung direkt proportional ist. Fig. 6 und 7 erläutern die Funktionsweise und die Entstehung des inneren elektrischen Feldes.
Fig.6: Halbleiter-Sperrschichtdetektoren (Wie erzeugt man im i-Gebiet schwache pLeitung?; warum wird dotiert?)
Die Dauer eines Stromstoßes liegt im Bereich von Nanosekunden. Das Detektorvol umen wird durch die Länge der Raumladungszone bestimmt. Die Raumladung wird
gebildet durch die ortsfesten ionisierten Störstellen im jeweiligen Gebiet.
Die Dicke der Sperrschicht ist:
d s  d s (n)  d s ( p)
mit d s (n)  2n n
(27)
Fig. 7: p-n-Übergang als Strahlungsdetektor.
Man kann durch Anlegen einer externen Spannung bei geeigneter Polung die Raumladungszone vergrößern. In (27) erscheint dann anstelle von  der Term +U ex . Das bedeutet, dass das Messsignal von der Betriebsspannung abhängt. Insofern ist es besser,
mit einem ladungsempfindlichen Vorverstärker zu arbeiten. (Man beurteile unter diesem Aspekt die eigenen Am-Spektren).
6. Absorption von -Strahlung
Schnelle Teilchen verlieren ihre Energie durch unelastische Stöße. Das geschieht
durch Ionisations- bzw. Anregungsbremsung in mehreren Einzelschritten. Der mittlere
Energieverlust -dE, den das Teilchen durch Ionisation in einer Materieschicht der D icke dx erleidet, ergibt sich gemäß der Bethe-Bloch-Formel zu


dE
( c) 2
z 2   2mc 2  2 
2
 4 2
n
ln 
 
0
2
2 
2
dx
mc
   (1   ) I 

Dabei bedeuten  
e2
4 0 c

(28)
1
die Feinstrukturkonstante, mc 2 = 0,511 MeV die
137
Ruheenergie des Elektrons, n 0 die Elektronendichte im Material, z  e die Ladung des
Teilchens und  = v/c 0 die auf die Lichtgeschwindigkeit bezogene Geschwindigkeit
des Partikels. Die Größe I beschreibt ein mittleres Ionisationspotential, das durch den
Ausdruck I  16  Z 0,9 (eV) gegeben ist, wobei Z die Kernladungszahl des Materials ist.
Der Energieverlust durch Ionisation ist demnach eine universelle Funktion der G eschwindigkeit v    c , unabhängig von der Masse m des Teilchens. Im nichtrelativi stischen Bereich nimmt dE/dx mit 1/ 2 ab und erreicht ein sehr breites, flaches Minimum bei einer kinetischen Energie von etwa 3mc 2 , d.h. der dreifachen Ruheenergie
(Fig. 8). Teilchen in diesem Energiebereich nennt man minimal ionisierend, und der
Energieverlust liegt dort zwischen 1…2 MeV g -1 cm 2 . Bei sehr hohen Energien be2
1
 E 
wirkt der Term  
  2  einen langsamen logarithmischen Wiederanstieg
2
1 
 mc 
des Energieverlustes.
Fig. 8: Der Energieverlust von schnellen Teilchen gemäß der Bethe -Bloch-Formel.
Der physikalische Grund dafür ist, dass die Transversalkomponente des elektrischen Feldes
des Teilchens proportional zu  anwächst. Dadurch können auch Atome in größerem Abstand
von der Teilchenbahn ionisiert werden, solange das Feld nicht durch näher liegende Atome
abgeschirmt wird. So erhält man bei Gasen ca. das 1,5fache des Minimalwertes, bei dichten
Materialien dagegen Werte nur etwa 10 % oberhalb des minimalen Werts.
Interessant ist, dass der Ionisationsverlust des gestreuten Teilchens nicht von seiner Masse abhängt, sondern von der Ladung (Kernladungszahl) und der Geschwindigkeit. (Bremsstrahlungsverluste, die dann in einem Schritt vorkommen, treten nur bei leichten Teilchen auf,
bspw. bei Elektronen). Für die mittlere Reichweite von -Strahlung in Luft gilt folgende empirische Zahlenwertgleichung (Reichweitengesetz von Geiger):
R  3,1 E 3/2 ( E in MeV; R in mm)
(29)
Für diesen Wert ist die Strahlungsintensität auf 50% reduziert. Diese Gleichung kann
man im Versuch benutzen, um die verbleibende Energie der -Strahlung nach Durchtritt durch die Goldabschirmung der Quelle zu bestimmen.
7. Die Rutherford-Rückstreuung als Methode der Festkörperphysik
Die Rückstreuung leichter Teilchen von einem Target (engl. Rutherford Backscattering –
RBS) kann unter anderem zur Bestimmung von Tiefenprofilen von Kristalldefekten bspw.
nach Ionenimplantation genutzt werden. Bei einer solchen Implantation, die bspw. zur Dotierung von Halbleitern verwendet wird, entstehen Leerstellen und Zwischengitteratome
Fig. 9: Ernest Rutherford, 1871-1937, Nobelpreis für Chemie 1908
In Fig. 10 wird das Prinzip der RBS-Messung gezeigt. Leichte Teilchen wie Protonen oder Teilchen werden entlang niedrig indizierter Kristallrichtungen in die kristalline Probe implantiert. Im Fall eines perfekten Kristalls werden nur wenig Teilchen zurückgestreut. Wenn sich
aber Atome im Zwischengitterbereich befinden, bzw. die Sondenatome auf eine amorphe Zwischenschicht treffen, werden viele davon rückwärts gestreut und detektiert. Durch eine Energieanalyse der Teilchen im Detektor gewinnt man die Tiefeninformation.
Fig. 10: Prinzip der RBS-Messung zur Bestimmung von Defektprofilen an Festkörperoberflächen.
Fig. 11 zeigt Beispiele für die Rückstreuung. Die linke Abbildung zeigt die Intensität der
Streuereignisse als Funktion der Probenverkippung um eine kristalline Hauptachse in defektarmen Ni (<110>-Richtung). Nur in der Hauptachse verschwindet die Rückstreuung. Die rechte Abbildung zeigt die Rückstreu-Intensität von 350-keV Protonen in <110>-Richtung, wenn
der Kristall in eine zufällige Richtung orientiert ist, oder wenn die oberflächennahe Schicht
amorphisiert wurde (bspw. bei Ionenbeschuss bei tiefen Temperaturen) als Funktion der Protonenenergie. Begründen Sie, warum die maximal zu detektierende Energie kleiner als 350
keV ist! Wird dieser „Energieverlust“ bei leichten Kernen größer oder kleiner?
Fig. 11: Ergebnisse von RBS-Experimenten an einkristallinem Nickel (Erläuterungen s. Text).
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