SI D Religion · Beitrag 2 Hinduismus 1 Reinkarnation und Erlösung – eine Einführung in den Hinduismus Foto: Dpa/picture-alliance. Erik Margraf, München www.netzwerk-lernen.de Foto: Indischer Yogi. Klasse: 8–10 Dauer: 9 Stunden Arbeitsbereich: Religion / Weltreligionen Mit fast einer Milliarde Anhängern rangiert der Hinduismus als drittgrößte Weltreligion direkt hinter dem Christentum und dem Islam. Anders als die westlichen Glaubenssysteme kennt der Hinduismus jedoch keinen Religionsstifter, keine göttliche Weltschöpfung, kein Jenseits und keine Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Die Konfrontation mit dem Hinduismus als der ältesten religiösen Tradition Asiens stellt für Jugendliche also sowohl eine intellektuelle als auch eine ethische Herausforderung dar. Sie lernen die Urform der Wiedergeburtslehre und ihr soziales Gegenbild, die Kastengesellschaft, mit deren ethischer Problematik kennen. Sie fragen nach dem Ausweg aus dem Reinkarnationsgeschehen und werden mit dem idealistischen Welt- und Menschenbild der indischen Philosophie konfrontiert. Schließlich erkennen sie die Plausibilität des hinduistischen Heilswegs und die religiöse Bedeutung von Askese und Meditation. Das vorliegende Unterrichtsmodell will aber nicht nur exotische Eindrücke vermitteln, sondern zugleich modellhafte Einsichten in die Welt der Religionen ermöglichen. Die ausgewählten Materialien schlagen deshalb zum einen die Brücke zur indischen Kultur, beinhalten aber durchweg auch Rückfragen an die westlichen Religionen. zur Vollversion 9 RAAbits Ethik/Philosophie Dezember 2006 D Religion · Beitrag 2 SI M2 Hinduismus 9 Gibt es ein Leben nach dem Tod? nur die tausche h eure t tot, ich h und geh durc h ic n in c u e Ich b in Ich leb ngelo Räume. Michela . e m u ä r T „Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es sein, als lachen alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache.“ Antoine de Saint-Exupéry e die st Sonn u w'gen erz und L e r e ich, d h zu Schm b e g ler rde ie sic Schil Der E wieder, d e Atom gefügt. r in mi Du hast ihn uns nur geliehen, o Herr, und er war unser Glück. Du hast ihn zurückgefordert, und wir geben ihn dir ohne Murren, aber das Herz voller Wehmut. Hieronymus n am e i deren leichs einen an gt, g r e b n sa a a n r d a e o i der T ist von h ist, was m dort s l l a n F r h ander be s wah d, sic Ausw d wenn e orben sin Glück gä t n s s u e e r , t g e Or röß di e alle, elch ein g t es dass w , n ? e s Sokra d e befin l als dies h es wo Dein L Arbei eben war t, e stilles Liebe un in großes d S deine Von-uns-G Verstehen orgen, wa s Wir , und r e h e n k e ns . Doc und i dann werd n ein en la h die Spu verge unserem r n e ge no Herze hen. ch be n n wir stehe st du n nie Wer i m Ge dä der is t nich chtnis se in t t ot , er ist er Lieben nur fe lebt, rn. Senec a Das Ge he der Sch imnis des Lebe önheit. ns liegt im Such en Erinn erung Oscar W gehen en ilde niema , die unse r Her ls ver z ber loren ühren . , www.netzwerk-lernen.de Ic h g la Auge ube, dass n wenn von w schließt, der T w o e Schat lchem un ir in einem d unsere ser S t en is onnen Licht ste t. h l i c ht nur d en, er Arthu r Sc h openh auer ... und wer da stirbt, erwacht zu ewigem Leben. Heiliger Franziskus r, ut wa a war, d ertra uns v r für uns e i d ibt, me, h, de . Was ble hm c i s t S n e e Deine gt. Der M fehlst uns iemand n n u ei schw t mehr. D , die uns en ch ist ni rinnerung sind E nn. a men k Was ein Mensch an Gutem in die Welt hinausgibt, geht nicht verloren. Albert Schweitzer ... führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen ... Dietrich Bonhoeffer Die S tu Stund nde des T e der o Wahr des ist die heit. Chris tina v on Sc hwed en d ausen sind t n ver, r r e ster ir, H er ge Vor d wie d . e r h 90,4 a g J a Psalm e ne T gang Aus: Süddeutsche Zeitung, August 2004 bis Juni 2006. Aufgaben (M 2) 1. Welche Auffassungen von einem Weiterleben nach dem Tod spiegeln sich in den verschiedenen Sinnsprüchen der Sterbeanzeigen wider? 2. Welche Vorstellungen leuchten dir ein, welche erscheinen dir weniger überzeugend? Begründe deine Meinung. 3. Gruppiere die verschiedenen Vorstellungen nach ihnen gemeinsamen Kennzeichen. zur Vollversion 9 RAAbits Ethik/Philosophie Dezember 2006 12 M4 Hinduismus D Religion · Beitrag 2 SI Die hinduistische Wiedergeburtslehre Nach hinduistischer Überzeugung wird das ganze Weltall und mit ihm auch alles Leben vom „ewigen Weltgesetz“ (Sanatana Dharma oder einfach Dharma) beherrscht. Dem Gesetz sind nicht nur die Menschen unterworfen, sondern auch Pflanzen, Tiere, Geister und Götter. Dem Dharma zufolge ist jedes Wesen des Universums an den Pflichten zu erkennen, die es 5 erfüllen muss. Elefanten haben andere Pflichten als Pferde, Bäume eine andere Funktion als Gräser, Menschen wiederum eine andere Aufgabe als Blumen, Bienen oder Bären. Daraus ergibt sich eine große Stufenleiter der Weltbewohner, die bei den einfachsten Pflanzen undTieren beginnt und bis hinauf zum obersten Gott Brahman reicht. Die Menschen stehen in der Mitte dieser Stufenleiter. 10 15 Diese Rangfolge der Lebewesen stellt auch die Grundlage für die hinduistische Lehre von der Wiedergeburt der Seele dar, der sogenannten „Seelenwanderung“ oder „Reinkarnation“ (lateinisch für „Wiedereinfleischung“). Jedes Lebewesen hat seine eigenen Pflichten zu erfüllen. Je nachdem, wie gut es seinen Aufgaben nachkommt, handelt es also „gut“ oder „böse“ . Nach hinduistischer Vorstellung sammeln sich im Laufe eines Lebens in jedem Wesen die guten und bösen Taten an zu dem, was die Hindus Karma nennen. Wer öfter gut als böse handelt, besitzt ein gutes Karma, wer sehr häufig seine Pflichten verletzt, sammelt schlechtes Karma an. Wenn nun ein Tier oder ein Mensch stirbt, entscheidet sein Karma über die Art der Wiedergeburt. So wird ein Schwerverbrecher eher als Tier denn als Mensch wiedergeboren. Wer hingegen im vorigen Leben viel Schmerz oder Unrecht erleiden musste, hat gute Chancen, im nächs20 ten Leben eine bessere Wiedergeburt zu erreichen. Die Werke, die aus dem vorigen Leben vergolten werden müssen, sind einerseits selten völlig verschieden, andererseits niemals völlig gleich. www.netzwerk-lernen.de Nach hinduistischem Glauben ist das Dasein und das Schicksal eines jeden Einzelwesens also eine notwendige Folge derTaten, welche es in einem früheren Leben vollbrachte. Deshalb heißt 25 die hinduistische Wiedergeburtslehre auch „Gesetz der karmischen Vergeltung“ (Helmuth VON GLASENAPP). Dieses Gesetz treibt den Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) an, der selbst dann nicht aufhört, wenn die Welt zerstört und neu geschaffen wird. Text: Erik Margraf. Aufgaben (M 4) 1. Was bedeutet der Begriff „Dharma“? ___________________________________________________ 2. Erläutere, was Hindus unter „Karma“ verstehen. _________________________________________ 3. Welche Wesen haben aus christlicher Sicht eine Seele, welche aus hinduistischer? _________ 4. Welche Konsequenzen hat die Wiedergeburtslehre für den Umgang der Hindus mit Nutztieren wie Hühnern, Schweinen oder Schafen? 5. Wie werden nach Ansicht der Christen gute und böse Taten vergolten? Wie geschieht dies nach Auffassung der Muslime? 9 RAAbits Ethik/Philosophie Dezember 2006 zur Vollversion 20 M8 Hinduismus D Religion · Beitrag 2 SI Welche Rolle spielt die Religions- und Kastenzugehörigkeit im Alltag? 1. Christliche und hinduistische Händlerin in einer nordindischen Großstadt Am frühen Morgen liegt in einer nordindischen Großstadt ein schwer kranker Jugendlicher, der offensichtlich als Schuster arbeitet, am Straßenrand und bittet um Hilfe. Eine christliche Schmuckhändlerin, die auf dem Weg zur Arbeit ist, geht auf ihn zu und will ihm aufhelfen, um ihn zum Arzt zu begleiten. Doch noch bevor sie ihn ansprechen kann, ruft eine hinduistische Kollegin, die ein Stoffgeschäft im Nachbarhaus betreibt, sie zurück. Der Jugendliche sieht die Hindu-Frau wild mit den Händen fuchteln und hört, wie sie die Christin beschimpft und verächtlich auf ihn zeigt. 2. Brahmane und Muslim im Restaurant Ein brahmanischer und ein muslimischer Unternehmer treffen sich zu einem Geschäftsessen im Restaurant. Der Muslim, der aus religiösen Gründen kein Schweinefleisch essen darf, bestellt ein Lammfleischgericht, der vegetarisch lebende Brahmane ein Gemüsegericht. Der Brahmane erklärt seinem Gesprächspartner die Gründe, warum er kein Fleisch isst. Der Muslim verteidigt seine Speisenwahl. www.netzwerk-lernen.de 3. Bauer und Straßenkehrer auf Sri Lanka Im Dezember 2005 verwüstet ein Tsunami, eine durch ein Seebeben ausgelöste gewaltige Flutwelle, große Teile der Küste Sri Lankas, einer Insel vor der indischen Südküste. Zehntausende Menschen sterben, zahllose Häuser und Hütten werden zerstört, viele Einwohner suchen Schutz in Notaufnahmelagern des Internationalen Roten Kreuzes. Eines Morgens trifft auf einem Lastwagen eine Lieferung von Hilfsgütern aus Australien ein. Die Menschen laufen aufgeregt zum Fahrzeug, die Helfer beginnen schon, hunderte von Lebensmittelpaketen unter den Flüchtlingen auszuteilen. Als sich die Hilfslieferung dem Ende neigt, entsteht vor dem Lastwagen plötzlich ein Gerangel. Ein Straßenkehrer hat ein Paket erhalten, ein Kleinbauer aus demselben Dorf versucht, es ihm mit aller Kraft zu entwenden. Texte: Erik Margraf. Aufgaben (M 8) 1. Lies die drei geschilderten Begegnungen aufmerksam durch. Überlege dabei, welche der Person dem Kastenwesen angehört und an die Wiedergeburtslehre glaubt und welche vielleicht nicht. Welche Rolle spielt die Religions- und Kastenzugehörigkeit in den drei Situationen? 2. Entscheide dich zusammen mit einem Partner oder einer Partnerin für eine der drei Situationen und verfasse einen kurzen Dialog zwischen den beteiligten Personen. 3. Bereite mit dem Partner oder der Partnerin ein Rollenspiel vor, sodass ihr vor eurer Klasse oder eurem Kurs den Dialog aufführen könnt. 9 RAAbits Ethik/Philosophie Dezember 2006 zur Vollversion 22 Hinduismus M9 D Religion · Beitrag 2 SI Das indische Kastenwesen – ethisch problematisch? Christen und Hindus in Indien Ivan Cardinal Dias, katholischer Erzbischof von Mumbai (früher: Bombay), berichtet in einem Interview vom 5.4.2005: Vor vier Jahren verbrannten strenggläubige Hindus einen evangelischen australischen Missionar und seine zwei Söhne bei lebendigem Leib, weil sich dieser um Lepra-Kranke1 gekümmert hatte. Als Vorwand gaben sie an, dass er widerrechtlich denen half, die gemäß dem hinduistischen Glauben an die Wiedergeburt mit ihrer Krankheit ihre in einem vorherigen Leben begangenen Sünden abbüßten. Die Christen dagegen sind die Freunde aller. Fast ein Drittel aller Hilfswerke für Arme, Waisen, Lepra- oder Aids-Kranke in Indien ist das Werk von Christen. MutterTeresa sah und liebte Jesus in den Armen, denen sie zu Hilfe eilte, und in den Lepra-Kranken, und allein aus diesem Grund fand sie den Mut, diese verwesenden Leiber zu umarmen. Aus: http://www.cardinalrating.com/cardinal_26__article_933.htm. Anmerkung 1 Lepra (auch: Aussatz): Eine Infektionskrankheit, die mit Hautausschlag beginnt und später zum Verlust des Tastsinns und zu Muskellähmungen führt. Heute ist Lepra mithilfe von Antibiotika heilbar. www.netzwerk-lernen.de 1910 geboren in Skopje (Makedonien) 1946–1997 Betreuung von Leprakranken in Calicut (früher: Kalkutta), genannt „Engel von Kalkutta“ 1950 Gründung des Ordens „Missionarinnen der Nächstenliebe“ 1979 Friedensnobelpreis für ihre Tätigkeit in Kalkutta 1997 gestorben in Calicut Bild: Dpa/picture-alliance. Mutter Teresa (eigentlich Agnes Gonxhe Bojaxhiu) Aufgaben (M 9) 1. Gib mit eigenen Worten den Vorfall wieder, über den der Erzbischof von Mumbai berichtet. 2. Erläutere, warum strenggläubige Hindus die Arbeit christlicher Missionare missbilligen. 3. In Indien, einem Staat mit einer Milliarde Einwohnern, leben dreiundzwanzig Millionen Christen. Berechne den Anteil von Christen an der indischen Bevölkerung und den Anteil christlicher Hilfswerke an allen indischen Hilfsorganisationen (in %). Erkläre die auffällige Abweichung. 4. Stell dir vor, du bist ein (a) Brahmane, (b) Vaishya oder (c) Paria. Wie würdest du MutterTeresas Tätigkeit beurteilen? 9 RAAbits Ethik/Philosophie Dezember 2006 zur Vollversion 26 Hinduismus D Religion · Beitrag 2 SI M 12 Der hinduistische Kreislauf der Wiedergeburten – Teil II www.netzwerk-lernen.de M 13 Der hinduistische Kreislauf der Wiedergeburten – Teil III 9 RAAbits Ethik/Philosophie Dezember 2006 zur Vollversion SI D Religion · Beitrag 2 Hinduismus 29 M 14 Ein indischer Yogi www.netzwerk-lernen.de Bild: Dpa/picture-alliance. Aufgabe (M 14) Beschreibe den Yogi. Was fällt dir an ihm auf? zur Vollversion 9 RAAbits Ethik/Philosophie Dezember 2006 SI D Religion · Beitrag 2 Hinduismus 37 M 18 Hinduismus-Memory – Begriffe Karma Shiva Vishnu Dharma Einsiedler Brahmanen Kshatriyas Wanderasket www.netzwerk-lernen.de Moksha Bhakti Jnana Yoga Schüler Parias/Dalits Mahatma Gandhi Hausvater zur Vollversion 9 RAAbits Ethik/Philosophie Dezember 2006